Episode 21/14 Intermezzo

Welcome back, Omae!

Schön, dass Du uns besuchst.

Während ein Großteil der Runner von UC in unterschiedlichen Teams geschäftlich unterwegs sind, begibt sich Snowcat auf eine Reise mit Harlequin. Was Snowcat nach ihrer Ankunft in Begleitung von Harlequin und Aina im Ausgrabungslager in Ägypten erlebt hat, blieb uns bisher verborgen, doch nun ist es uns gelungen diese Ereignisse aus der Matrix zu ziehen. 

Datum in unserer SR-Timeline: 11.06.- 08.07.2073

Deine Kommentare zu diesem Intermezzo passen am Besten unter „A Tale So Far Part VIII“ [LINK].

Hat ein Wort im Text eine andere Farbe, verbirgt sich darunter wahrscheinlich ein Link und es wird im Glossar erklärt. Du kennst ein anderes Wort aus dem Shadowslang nicht? Dann schau doch einfach auf gut Glück im Glossar vorbei. [LINK]

Noch eine Kleinigkeit: die Songs zum Text sollen lediglich zur Stimmung beitragen und sind keine versteckten Hinweise- jedenfalls meistens nicht. ;-) (Ich versuche immer Videos ohne störende Werbung raus zu suchen. Ich kann allerdings nicht garantieren, dass sie auch ohne Werbung bleiben. Manchmal werden die Videos von Songs sogar schneller komplett entfernt, als ich die Episode hoch laden kann, darum nenne ich vorsichtshalber Künstler und Titel neben dem Link. Wegen Lizenzrechten muss ich bei You Tube immer öfter auf Coverversionen oder schlechte Live-Varianten zurückgreifen, oder ich finde ein anderen Anbieter. Die komplette Episoden-Playlist findest Du hier [LINK].)

Bereist für eine märchenhafte Reise, die Snowcats erlebt, Omae?

Na dann los!

Sonntag, den 11. Juni 2073

[Song 1: David Arnold - Stargate Overture] Snowcat saß mit Harlequin, Aina und deren außergewöhnlichem Sohn Thais am Frühstückstisch und griff gerade nach ihrem Kaffee, als ihr Commlink einen Anruf zu ihr durchstellte. 

Mystique!

Snowcat lächelte in die Runde und meinte, „Entschuldigt mich bitte kurz.“ Ohne eine Antwort abzuwarten stand sie auf und trat ein paar Schritte beiseite, wandte sich ab, nahm das Gespräch an und wechselte augenblicklich ins Hebräische. Hebräisch war keine all zu verbreitete Sprache. Die beiden Elfinnen nutzen sie sozusagen als ihren eignen Code. In diesem Moment ging es Snowcat jedoch nicht um Geheimhaltung. Die Wahrscheinlichkeit, dass alle hier am Frühstückstisch Hebräisch sprachen, war sogar ziemlich groß. In diesem Moment geschah das mehr aus einem Reflex heraus und, um der Sicherheit auf der anderen Seite, denn wenn das dort am anderen Ende wirklich Mystique war, würde sie Hebräisch verstehen, «Guten Morgen, wie ist dein Kaffee?»

Mystique erwiderte, ebenfalls auf Hebräisch, «Besser als der in Hong Kong alle mal.», erst dann erwachte der AR-Bildschirm zum Leben und das Gesicht einer jungen braunhaarigen, menschlichen Frau erschien. Ein Gesicht das Snowcat noch nie zuvor gesehen hatte. Ein Umstand, der bei Mystique nie ungewöhnlich war. Auch Mystiques Stimme war zuweilen nicht mal ansatzweise als ihre eigene wieder zu erkennen, aber der Codesatz, den die beiden Frauen soeben ausgetauscht hatten, hatte klar gestellt, dass alles soweit in Ordnung war und sie bis zu einem gewissen Grad frei sprechen konnten. 

Mystique fuhr fort, «Jedenfalls ist es schön, dich strahlend und wohlauf zu sehen. Du ahnst gar nicht, wie du mir in den letzten Stunden gefehlt hast, aber das erzähle ich ein anderes Mal und komme zum Geschäftlichen. Wir haben die primäre Lösung!»

UC hatte also das Ritual besorgt. Snowcat unterbrach, «Ich gratuliere.»

Mystique grinste kurz, «Danke. Wir sind in Texas und würden sie gerne schnellstmöglich irgendwo in der Nähe präsentieren. Meinst du, du kannst da was arrangieren?» 

Snowcat lächelte und betrachtete Mystique dabei genau. Es war schwer in den veränderten Gesichtszügen der Elfe zu lesen, aber wenn sie nicht alles täuschte, lag da eine gute Portion Müdigkeit in ihren Augen. «Noch weiß ich es nicht, aber zufälligerweise habe ich einen Experten zu Hand. Ruf mich doch bitte noch mal in 15 Minuten an! Dann weiß ich sicher mehr.»

Mystique nickte und beendete die Verbindung. 

Snowcat bewegte sich geschmeidigen Schrittes an ihren Platz und setzte sich. Alle drei sahen sie an. Snowcat nutzte die entstandene Gesprächspause und fragte, «Aina, kann ich vielleicht kurz etwas Geschäftliches mit dir besprechen?»

Aina gestikulierte elegant und forderte Snowcat auf, unverblümt loszulegen.

Als Mystique 15 Minuten später zurück rief, konnte Snowcat ihr bereits Dallas als Präsentationsort nennen. «Die Details schicke ich Dir per Mail, sobald ich sie habe. Sonst alles in Ordnung bei euch?»

Mystique grinste schief, «Bis auf kleine Probleme mit dem Jet Lag ist alles prima. Ach ja und das Haupt-Präsentationsobjekt hat dummerweise etwas Chanel Nummer 5 abbekommen, doch inzwischen konnten wir den Duft abwaschen. Hoffen wir. Mit Düften ist das ja immer so eine Sache.»

Übersetzt hieß das, sie hatten wenig Schlaf bekommen und an der Ritual-Formel hatte etwas Magisches geklebt, ein Zauber oder ein Ortungsversuch. Das waren sie jetzt los, aber sie konnten nicht garantieren, dass es nicht wiederkam.

Snowcat lachte, «Oh je, dieses Team und seine Vorliebe für Parfums. - Wenn ich sonst noch irgendwas für euch tun kann, dann melde dich einfach. Du bist sicher, dass ich weder zur Präsentation, noch zur Nachbesprechung kommen soll?»

Mystique nickte, «Wir haben soweit alles im Griff. Wenn sich was ändert oder wir noch was brauchen, sage ich bescheid.»

Wieder lächelte Snowcat, «Gut, dann bis nicht in allzu ferner Zukunft. Friede sei mit dir.“

«Und mit Dir.»

UC hatte es tatsächlich wieder mal geschafft. Snowcat war stolz auf das Team.

Mit etwas mehr Enthusiasmus von Ainas Seite aus hätte Snowcat nach der Erfolgsverkündigung schon gerechnet. Doch Aina hatte die Information darüber, dass man die Formel für das Ritual bekommen hatte, mit der gleichen dezenten Freude aufgenommen, wie die Gegenwart des Sextanten. Von Eile war keine Spur. Aina hatte offenbar nicht vor sofort aufzubrechen, um so bald wie möglich einen Blick auf die Formel zu werfen. Was natürlich nicht hieß, dass Aina kein Interesse an der Formel gezeigt hätte, denn eine gewisse Zufriedenheit und eben Freude war erkennbar gewesen. 

❄❄

Irgendwann nach Mittag trat Harlequin von hinten an Snowcat heran, umarmte sie und zog sie dicht zu sich. „Die Übergabe der Formel ist abgeschlossen, wenn ich richtig verstanden habe?“, fragte er.

Sie nickte und schmiegte sich dabei näher an ihn, „Ja, das hast du. Das Team macht sich zwar erst in ein paar Tagen auf die Rückreise, aber der Run ist abgeschlossen.“

Harlequins Stimme wurde zu einem verführerischen Hauchen, in Snowcats Bauch begann es zu kribbeln,  „Hervorragend. Semesterferien sind auch noch, du musst also nicht so bald zurück nach Boston. Wie wäre es denn, wenn wir eine kleine Reise unternehmen? Ich dachte an eine ausgiebige Tour mit dem Motorrad. Wir machen Stop in Jerusalem, Bagdad und anderen Städten und reisen bis nach Wolgograd. Den Splitter hast du doch dabei?“

Snowcat drehte sich in Harlequins Arm und strahlte ihn an. „Ja, das habe ich und die Idee ist einfach wunderbar.“ 

Tatsächlich hatte Snowcat den Splitter des Lebensfelsen, den das Team mehr zufällig aus den Räumen der Society of Hawks in New York entwendet hatte, gleich zum Beginn der Sommerferien Ende Mai eingesteckt. 

Durch die schnelle Aufeinanderfolge von Runs, war ihr kaum bewusst geworden, dass sie schon das zweite Studienjahr hinter sich gebracht hatte. Sie war einfach nur froh gewesen, Studium und das Shadowrunnerdasein überhaupt unter einen Hut bekommen zu haben. Auch an die geplante Reise hatte Snowcat bei all der Aufregung um den überraschend zufällig gefundenen Sextanten der Welten nicht gedacht. Nun freute sie sich umso mehr. 

„Fahren nur wir zwei?“, wollte sie kokett lächelnd wissen.

Harlequin grinste, „Wir können Aina fragen, ob sie mit will, aber mein Gefühl sagt mir, sie wird ablehnen.“

Harlequins Gefühl täuschte ihn nicht, Aina lehnte freundlich dankend ab. Ein kleiner Teil von Snowcat bedauerte es, dass sie die beginnende Freundschaft zu der außergewöhnlichen Frau, von der sie so viel gelernt hatte, nicht auf einer Reise weiter vertiefen konnte. Doch der größte Teil von ihr wünschte sich viel Zweisamkeit mit Harlequin und die würde sie auf einer mehrere Tausend Kilometer langen Reise auch bekommen.

Aina brachte Harlequin und Snowcat mit dem Jeep bis nach Alexandria, wo sie bei Sallah, Harlequins Freund und Experten für das Ausrichten von Expeditionen, einkehrten. 

Die beiden Frauen umarmten sich zum Abschied herzlich und Snowcat bekam noch den Rat von Aina mit auf den Weg, sich von Harlequin nicht die Butter vom Brot nehmen zu lassen.

Etwas was, wie Harlequin seiner alten Freundin und einstigen Geliebten - Snowcat war sich inzwischen ziemlich sicher, dass die beiden einmal ein Paar gewesen waren und sie immer noch einen Menge miteinander verband - versicherte, niemals tun würde.

Harlequin und Snowcat übernachteten bei Sallah, ganz zur Freude seiner Kinder. 

Sallah konnte zwar Wunder vollbringen, brauchte aber dennoch ein paar Stunden um die Ausrüstung für die beiden Elfen zusammen zu tragen.

❄❄

Montag, den 12.Juni 2073

Nach einem ausgiebigen Frühstück führte Sallah Harlequin und Snowcat in den Innenhof, wo zwei perfekt gepflegte Gaz Niki Wulverine, also zwei Offroad-Motorräder mit Ketten statt Rädern und einige Taschen mit Gepäck für sie bereit standen. 

Zur Ausrüstung gehörten ein Zelt, klimatisierte Schlafsäcke, Wasserkanister, ein Sensorstab mit Satelliten-Uplink, Rationen, ein Gaskocher, Campinggeschirr und all das auf dem neuesten Stand der Technik. Der Platz für den Wasservorrat war großzügig berechnet. Immerhin führte ein Teil der Strecke durch die Wüste und hier herrschten im Juli bis zu 50 °C Tagestemperatur. 

Zu all dem gab es einen Stapel mit langärmliger, heller Outdoorkleidung, für Snowcat, überwiegend T-Shirts aus modernen Fasern. 

Harlequin zeigte Snowcat wie man ein Tuch geschickt um den Kopf zusammenband, so dass sowohl Haar als auch Haut vor der Sonne, vor allem aber das Gesicht vor dem feinen Sand geschützt war, der auf den Strassen in den nächsten Tagen ihr ständiger Begleiter sein würde. 

❄❄

Ihr Mittagessen nahmen die beiden Elfen bereits in einem verträumten Restaurant in Kairo ein.

Dann fuhren sie weiter bis nach Suez, wo Harlequin Snowcat viel über den Suez-Kanal und seine einstige Bedeutung erzählte. Seine Erzählung war lehrreich und zugleich bildgewaltig.

Sie übernachteten in der Nähe der Stadt im Freien. 

Harlequin schien Übung darin zu haben, ein Campinglager aufzubauen. Allerdings scherte es sich weder darum, ob das wilde Campen hier erlaubt war, noch darum, welche gefährlichen Tiere in der Gegend vorkamen. 

Zwei Fragen, die Snowcat vorsichtshalber checkte, nachdem der Sensorstab mit dem Satelliten-Uplink aufgestellt worden war.

Worin Harlequin auch Übung hatte, war aus dem mitgebrachten Lebensmitteln über dem Feuer einen extrem schmackhaften Eintopf zu kochen, den man unter einem cleveren Namen sicher auch in einem Restaurant hätte anbieten könnte. 

Vom Kochen oder gar Backen verstand Snowcat selbst so gut wie gar nichts. Sie konnte allenfalls etwas zubereiten, was genießbar war. Ein Fakt, den sie selbst als völlig ausreichend empfand. Wenn sie selbst kochte, tat sie das, um zu überleben. Für alles andere gab es Restaurants, Lieferdienste, gute Autoküchen oder Freunde, die kochen konnten. Seit Hausgeist Henry bei ihr lebte, sah sie noch weniger Grund dazu, das Kochen jemals zu erlernen. Weshalb sie auch immer  Tangos Küche verließ und sich dem Studium anderer Themen widmete, wenn er Blackstone eine weitere Lektion im Kochen erteilte und die Vorbereitung der Lebensmittel abgeschlossen war. Denn wenn es darum ging, wie man einen Fisch richtig ausnahm, Gemüse putzte, Schalentiere knackte oder welchen Part man überhaupt essen konnte, sah und hörte Snowcat aufmerksam zu. Denn diese Informationen könnten vielleicht eines Tages für das Überleben wichtig sein. Womit sich der Kreis schloss. 

Im Anschluss an das schmackhafte Abendessen zog Harlequin zwei Lederhäute, einige Nadeln und Tinte aus seinem Rucksack und begann Snowcat in die hohe Kunst des Tätowieren einzuweisen. Nach und nach würde sie zudem lernen, wie man Magie in die Arbeit einfließen ließ, erklärte er ihr. 

Unter dem leuchtenden Sternenhimmel, beim Schein eines Feuers, mit Farbe auf der Haut eines Tieres ein Bild entstehen zu lassen, war für Snowcat beruhigend und erfüllend zugleich. Sie wurde sich dabei ihrer selbst und der Umgebung auf eine ausgeglichene Art bewusst, die nur schwer zu beschreiben war.  

❄❄

Dienstag, den 13.Juni 2073

Das Mittagessen bestand aus Leckereien, die sie auf einem kleinen Markt in Aqaba zusammen gesucht hatten und auf einem Aussichtsplatz mit Blick über den Golf von Aqaba einnahmen. Die Sonne brannte vom Himmel, aber Snowcat kam im allgemeinen mit heißen Temperaturen ebenso gut zurecht, wie mit kalten.

Dann machten sie sich auf den Weg in eine der geschichtsreichsten Städte der Welt: Jerusalem.

❄❄

[Song 2 : Harry Gregson-Williams - Kingdom of Heaven/ To Jerusalem] Die Aura der Stadt war unglaublich präsent. Jeder Quadratmeter von Jerusalem wies Hintergrundstrahlung auf. 

Fast schien es so, als gäbe es hier nicht einen Stein, der Snowcat nicht sofort in seinen Bann ziehen würde, um sie in seine Geschichte zu reißen, wenn sie ihn konzentriert berührte.

Diese Stadt hatte Streit, Konflikt und Blut gesehen, wie kaum eine Zweite. Doch hier gab es auch Glaube und Hoffnung. Wobei es im Astralraum keinen Glaubenskrieg gab. Hier sah der Glaube an einen Gott, wie der eines anderen aus.

Die Steine des historischen Kerns Jerusalems bekamen die Gelegenheit zum Erzählen ihrer Geschichte jedoch nicht, denn das Vergnügen übernahm Harlequin.

Sie kehrten in einen kleinen, romantischen Gasthof ein, wo sie ein Zimmer mit einem Dachfenster mieteten. 

Harlequin begann zu erzählen und er versetzte Snowcat mit wenigen Worten in die Zeit der Kreuzzüge zurück. Snowcat glaubte schon bald den Lärm von Schlachten aus der Ferne zu hören. 

Bei einem nächtlichen Spaziergang durch die Altstadt berichtete er auf seine fantastische, einzigartige Art von besonderen Events an einzelnen Stellen. Es klang, als wäre er selber dabei gewesen. Snowcat ließ sich auf das Geschehen ein und so konnte sie nicht nur Schwerter klirren hören, sondern auch Blut riechen. 

Snowcat lernte Gassen kennen, durch die Muslime gekommen waren und hörte von Orten, an denen sie gemeinsam mit Kreuzrittern gestorben waren. 

Ein, zwei Mal machte Snowcat die Probe aufs Exempel und konzentrierte sich mit alle ihren Sinnen auf jene Umgebung. Tatsächlich untermauerten Mana und Magie, was Harlequin erzählt hatte. 

Als sie sich spät in der Nacht unter dem Gemisch aus den Lichtern der Stadt und den Sternen darüber, welches durch das Dachfenster auf das Bett fiel, liebten, war Snowcat sich nicht ganz im Klaren darüber, in welcher Zeit sie eigentlich gerade war. 

Doch ein Höhepunkt war zeitlos und so spielte es keine Rolle.

❄❄

Mittwoch, den 14.Juni 2073

Auch in Jerusalem erhob sich Snowcat noch vor Morgengrauen, um ihr Ritual pünktlich durch zu führen. An solchen Tagen kam ihr das kleine Ritual so zu pass, dass sie sich nicht lange mit dem Einkuscheln im Bett aufhielt. Sie nutze diese spezielle Meditation, um die wundervollen, aber auch aufregenden Eindrücke des letzten Tages zu verarbeiten. 

[Song 3: Harry Gregson-Williams - Kingdom of Heaven/ Ibelin] An Nachmittag machten sie sich wieder auf den Weg. Sie fuhren an die Ufer des Toten Meeres, folgten einer Strasse Richtung Süden und bogen am Ende Richtung Osten ab. Ihr nächstes Ziel hieß Al-Karak, eine Stadt in der nördlichen Ecke des Arabischen Kalifat.

In einer Trinkpause berichtete Harlequin, „Al-Karak ist besonders für das Karak-Castle bekannt, das von europäischen Kreuzzüglern gebaut wurde, um Überfälle auf Muslimische Karawanen zu starten. Unter der Führung von Saladin wurde die Burg erobert und eingenommen.

Das Bauwerk ist typisch für die Zeit der Kreuzzüge. In der Architektur finden sich Byzantinische, Europäische und Arabische Einflüsse wieder. 

Drei Wochen nach der Zerstörung Teherans sah man den großen Drachen Aden über Karak-Castle kreisen, bevor er in seine Höhle zurück kehrte.“

Harlequin lächelte Snowcat lange an und fuhr dann fort, „Die Beduinen-Stämme hinterlassen ihren Tribut für Aden mit der Bitte um eine sichere Reise im westlichen Teil des breiten Burggraben.

Da der Drache noch nie kam - oder zumindest noch nie dabei gesehen wurde, - um etwas abzuholen, häuft sich der Berg immer weiter an. Doch nichts von all den Tributen ist jemals zerfallen, noch sind Lebensmittel schlecht geworden und das, obwohl sie teilweise schon seit Jahren in der Hitze liegen.“

Alles was Harlequin erzählt hatte, war tatsächlich wahr. Auch das mit den Lebensmitteln, die immer noch genießbar schienen, obwohl sie schon eine geraume Zeit dort lagen. 

Ein astraler Blick offenbarte, dass auf der Fläche eine Art von Magie lag, die Snowcat mit Harlequins Hilfe teilweise entschlüsseln konnte. Ein anderer Teil blieb ihr unergründlich und musste wohl etwas mit der Magie des Drachen oder der des Ortes zu tun haben. 

Snowcat ließ ihren Blick über den Berg von Tributen schweifen und meinte dann, „Ich denke, ich sollte auch ein Geschenk für Aden da lassen.“

Harlequin sah sie einen Moment lang an, dann grinste er, „Wenn du das möchtest, mach das. Was für ein Geschenk schwebt dir vor?“

„Ich habe nichts passendes dabei, aber ich könnte etwas zeichnen oder malen.“

Harlequin nickte, „Eine gute Idee. Du könntest ein Bild malen und es mit Astralfarben ergänzen. Vielleicht vom dem Vortex in Chicago. Es könnte durchaus sein, dass Aden ihn noch nicht gesehen hat.“

Nun grinste Snowcat, „Das ist eine gute Idee, allerdings habe ich keine Astralfarben dabei.“

Harlequin überlegte einen Moment, dann sagte er, „Du weißt doch sicher, was man zum Anmischen braucht?“

Sie nickte. 

„Dann lass uns sehen, ob wir die Zutaten auf dem Markt und der Umgebung zusammen suchen können.“

So kam es, dass zwei Elfen in der Gegend um Al-Karak durch die Landschaft stiefelten und Ingredienzien zusammen suchten und das überaus erfolgreich. 

Am frühen Abend saßen sie zu Füßen der Burg und mischten die Farben an. Eine Schale, ein Mörser und andere Utensilien zog Harlequin aus seiner Tasche mit Kochgeschirr. Was sich für Kräuter eignete, half auch beim Farben mischen weiter. 

Am Ende war die Farbpalette zwar nicht vollständig, aber es reichte, um einer Zeichnung mit Aquarellfarben einen hübschen Astral-Schliff zu verpassen.

Vor den Toren der Stadt machte Snowcat sich ans Werk. Die Erinnerung an die wenigen Sekunden, die Snowcat in den Vortex geblickt hatte, war schnell präsent und inzwischen weniger befremdlich, als sie es beim ersten zu Papier bringen gewesen war.

Mit der fertigen Arbeit war Snowcat ebenfalls zufrieden, auch wenn sie nicht ganz sicher war, ob sie mit so einem negativen Bild als Geschenk das richtige Zeichen setzte. Andererseits verschenkte sie mit dem Bild auch das Wissen, den ihr Blick gebracht hatte. Demzufolge war es ein höchst passendes Geschenk für einen Großen Drachen. Vor allem aber traute sie Harlequins Urteil und von ihm war der Vorschlag für das Bild gekommen.

❄❄

Donnerstag, den 15.Juni 2073

Nach dem Frühstück packten Snowcat und Harlequin ihr Zeug zusammen, gingen zum Burggraben und legten das Bild an einer hübschen Stelle ab. „Komm, lass uns noch ein bisschen warten.“, schlug Harlequin vor.

Sie lümmelten sich in der Nähe zurecht und begannen zu Plaudern. 

[Song 4: Harry Gregson-Williams - Kingdom of Heaven/ Rise A Knight ] Irgendwann näherte sich eine dragonische Gestalt am Himmel. Für einen Moment erschrak Snowcat, doch dann entpuppte sich die Gestalt als Sirrush-Drake. Sirrush sind östlichen Drachen ähnlich, allerdings sind ihre Gliedmaßen länger und ihnen fehlen die Barthaare. Der Drake landete in ihrer Nähe, warf sich mit einer geübten Bewegung einen Niqab über, den er in den Klauen getragen hatte und wandelte sich geschickt. Nun trat er an den Berg aus Tributen, nahm Snowcats zusammengerolltes Bild auf und drehte sich um.

Snowcat hätte verdammt gerne gewusst, woher in aller Welt der Drake gewusst hatte, dass das vor kurzen dort von ihnen hingelegt worden war.

Da der Niqab nur die Augenschlitze der metamenschlichen Gestalt des Drakes freigab, konnte Snowcat nicht viel erkennen. Die Augen waren dunkel und sein Gang wirkte männlich.

Er kam auf die beiden Elfen zu. Harlequin verspeiste den letzten Bissen eines Apfels, erhob sich lässig und half dann Snowcat auf. 

Der Drake blieb vor ihnen stehen und sagte … Nichts. Er verbeugte sich auch nicht. Er stand einfach nur da. 

Snowcat lächelte charmant und sagte, „Guten Tag!“ Selbstverständlich auf Arabisch. 

Der Drake wandte sich ihr zu, sagte jedoch weiter Nichts.

Harlequin warf eher beiläufig ein englisches, „Hallo.“, ein. 

Noch bevor das ‚O‘ richtig verklungen war, ließ sich der Drake dazu herab Snowcats ‚Guten Tag‘ zu erwidern. Sein Gang hatte männlich ausgesehen und auch seine Stimme klang männlich, es sprach ebenfalls Arabisch und obwohl nur seine Augen zu sehen waren, war zu erkennen, dass er nicht lächelte. 

Harlequin zog die die Augenbrauen zusammen und er sagte im herausfordernden Ton, „Das ist aber ein ärmliche Begrüßung für die schönste Frau, die deine Augen je gesehen haben.“

Ganz langsam wandte sich der Drake nun von Snowcat ab uns ließ seinen Blick zu Harlequin geiten, „Ich bin ein Diener des große Drachen Aden, Herrscher über das Land, auf dem ihr steht und über die Luft, die ihr atmet. ICH,“ er betonte das Wort extra, „erwarte mir gegenüber den gebührenden Respekt.“

Harlequins Haltung änderte sich leicht, er wurde größer, trat ein Stück vor Snowcat und auf einmal schien es, als verdunkle sich das Licht der Umgebung. Harlequins Stimme war zu einem bedrohlichen Grollen geworden, „Du schätzt die Situation falsch ein. Wir haben ein Kunstwerk als großzügige Gabe abgelegt, ein Bild, welches diese talentierte, schöne, junge Frau gemalt hat. Du bist der, dem es an Respekt und Manieren fehlt, Lakai!“ 

Der Drake brauchte einen Moment, um das abzuschütteln. Schließlich verneigte er sich leicht und sprach, „Verzeiht meinen Fehler. Ich bin Rashid und ich danke euch im Namen meines Meisters und heiße euch willkommen.“

Das Licht wurde heller, das Zwitschern der Vögel war wieder zu hören und Harlequin entspannte sich, „Na geht doch.“ Er trat wieder zurück, um sich neben Snowcat zu stellen. 

Snowcat gönnte sich ein Inneres, verträumtes Seufzen. Sie stand einfach darauf, wenn Harlequin so etwas tat. Sie lächelte den Drake an und meinte, „Hallo Rashid, ich bin Snowcat und zudem erfreut Euch kennen zu lernen.“

Harlequin stellte sich nicht vor und da Snowcat nicht wusste, ob dies eine besondere Bewandtnis hatte, stellte sie ihn auch nicht vor. 

Nach einigen weiteren Sekunden des Schweigens fragte Rashid, „Und Ihr erbittet nun Glück für Eure Reise, wie all die anderen?“

Solche Sätze konnte Snowcat partout nicht leiden, sie war niemals wie all die anderen. Katze fauchte bei den Worten sogar, doch Snowcat behielt ihr Lächeln unverändert bei und sagte stattdessen, „Das nicht gerade. Doch Glück kann man nie genug haben und man sollte den Gebräuchen anderer Metamenschen und Kulturen immer Respekt entgegen bringen.“ 

Rashid nickte. Dann betrachtete er die Bildrolle, ohne sie zu öffnen. 

Harlequin grinste, „Ja, ich weiß, das Geschenk ist ein bisschen zu großzügig gewählt, aber wir hatten gerade nichts anderes zur Hand.“ 

Rashid schluckte diese Spitze ohne mit der Wimper zu zucken. „Ich werde meinem Meister Eure Gabe überbringen. Vielen Dank.“ Dann wandte es sich zum Gehen.

Harlequin rief ihm nach, „Ach ja und es heißt SNOWCAT!“ 

Rashid hielt kurz in seiner Bewegung inne und versteifte sich, lief dann aber weiter, ohne sich umzusehen.   

Snowcat wartete, bis Rashid hinter einer Ecke verschwunden war, dann legte sie den Kopf leicht schief und grinste Harlequin an, „Wie funktioniert das?“, sie deutete in Richtung des Tribut-Bergs. Harlequin zuckte leicht desinteressiert mit den Schultern, „Keine Ahnung. Vielleicht gibt es hier Spione?“ 

Snowcat zog skeptisch die Stirne in Falten, „Es waren aber keine Spione zu sehen.“

„Nun ja, gute Spione sollten sich auch nicht sehen lassen. Nicht wahr?“ Er sah sich um, „Da hinten sind Schafe, die ziemlich offen hier her sehen.“

Snowcat lachte, „Schafe als Spione? Nein, die verraten sich zu schnell und verlieren bloß die Nerven, wenn mal etwas Ungewöhnliches passiert.“ Snowcat überlegte einen Moment, dann kam ihr eine Idee. Sie sagte amüsiert, „Vielleicht schicke ich mal einen Feind mit etwas Beleidigendem hierher und sehe was passiert.“ 

Harlequin grinste verschmitzt, „Ja, aber dann solltest Du selbst Abstand halten und ein Schaf mit der Überwachung beauftragen. Komm, lass und weiter fahren!“

❄❄

Auf der Fahrt nach Damaskus sahen sie immer mal wieder einen braunen Östlichen Drachen am Himmel. „Kennst Du ihn?“, rief Snowcat, um das Rasseln der Ketten zu übertönen.

Harlequin schüttelte den Kopf, „Nein. Es ist jedenfalls nicht Aden. Der dort ist nicht einmal ein Sirrush“

Gut - und beruhigend, dass er das hinzugefügt hatte. Für Aden schien ihr der Drache auch ein wenig zu klein, aber die Größe war vom Boden aus schwer zu schätzen, da man niemals wusste, wie hoch etwas flog. Außerdem war Snowcat sich nicht sicher gewesen, ob Aden wirklich ein Sirrush war. „Könnte es sein, dass das ein Drache ist, der mit Aden zusammen arbeitet?“, fragte sie nach.

„Das ist unwahrscheinlich. Aber er wird für Aden arbeiten.“

Natürlich, auf diesen wichtigen Unterschied hätte Snowcat auch selber bestehen können. Sie wusste nicht, ob es ein gutes, ein schlechtes oder überhaupt ein Zeichen war, dass der Drache sich immer wieder am Himmel zeigte. Für den Fall, dass er wegen ihnen hier war, warf das die Frage auf, wen er beobachtete und warum, aber es war müßig sich um so einen unwahrscheinlichen Fall zu viele Gedanken zu machen. „Ist Aden eigentlich eine Sie?“, fragte Snowcat stattdessen. 

„Wer kann das bei einem Drachen schon so genau sagen?“, konterte Harlequin, „Zumindest aber zeigt sich Aden in seiner metamenschlichen Gestalt meist als Frau, hab ich gehört.“

„Für die Erhaltung der Art wäre es aber wichtig, wenn zumindest die Drachen erkennen ob ein Drache männlich oder weiblich ist.“, befand Snowcat lachend.

Harlequin sah ernst zu ihr rüber, „Ich denke schon, dass sie das können.“

Snowcat zuckte mit den Schultern, „Egal. Ich kann jedenfalls nicht mal erkennen, ob ein Drake männlich oder weiblich ist, wenn ich ihn in der Drake-Gestalt sehe.“

Harlequin lächelte wieder, „Das kommt sicher noch. Ich kann jedenfalls erkennen, dass du du bist, wenn ich dich in deiner Drake-Gestalt sehe und das ist doch auch schon mal was.“

Snowcat lachte, „Ja und ob.“ Snowcat war sich ziemlich sicher, dass Harlequin sogar noch viel mehr erkennen konnte.

[Song 5: Brandon Fletcher - Arabien Nights] Der nächste Streckenabschnitt führte die beiden Elfen bis nach Damaskus.

Ärger mit Strassengangs oder Behörden bekamen sie unterwegs nie. Dafür kamen sie immer mal wieder mit einer Gruppe von Metamenschen ins Plaudern und so lernte Snowcat hier und da ein Detail über die Lebensweise der hiesigen Bevölkerung. 

Sie wurden zu Tee, Kaffee und Gebäck eingeladen und verweilten immer wieder eine Zeit, denn sie hatten keine Eile.

In Damaskus übernachteten sie in einem orientalischen Hotel der Oberklasse. Die Böden waren mit Mosaiken versehen, das Bett hatte einen Baldachin und vom Balkon aus hatte man einen fantastischen Blick. 

Das Badezimmer war ein Traum. Feinster Marmor und eine riesige, relativ flache Badewanne an deren Umrandung Flakons mit Badezusätzen und Kerzen standen, lösten bei Snowcat einen Ruf der Entzückung aus. Das Orientalische Flair zeigte sich in jedem spitz zu laufenden Bogen und in jedem Mosaiksteinchen. 

Harlequin und Snowcat ließen sich das Abendessen aufs Zimmer bringen. Katze saß zufrieden auf einem verzierten Kissen und schnurrte, während Snowcat eine Köstlichkeit nach der anderen probierte. Sie aß mindestens so viel wie Harlequin, wenn nicht sogar mehr. 

Irgendwann nach dem Essen saß Harlequin nackt auf dem Rand der Badewanne und übergoss Snowcats Rücken mit einem Gemisch aus Wasser und duftendem Öl aus einer goldenen Kanne. Der Duft aus der Kanne vermischte sich mit dem des Badewassers und hülle Snowcat berauschend ein. 

Langsam und gewissenhaft verteilte Harlequin eine Pflegekur auf Snowcats eisweißem Haar und massierte es behutsam ein. Er ging zu eine Kopfmassage über, legte das Haar zusammen und überbrückte die Einwirkzeit mit eine traumhaften Massage von Nacken und Schultern.

Währenddessen begann Harlequin Snowcat ein Märchen aus der berühmten Sammlung ‚1001 Nacht‘ zu erzählen, von der Snowcat zumindest schon mal gehört hatte.

Durch die Verbindung von Harlequins Erzählung mit der orientalischen Atmosphäre, wurde Snowcat in das Geschehen um Sheherazade und ihre teilweise erotischen Märchen hinein gezogen. 

Sie fühlte sich wie eine Persische Prinzessin. 

Viel Schlaf bekamen die beiden Elfen in dieser Nacht nicht. 

❄❄

Freitag, den 16.Juni 2073

Den Vormittag verbrachten Harlequin und Snowcat in Damaskus damit ihre Vorräte aufzufrischen, Wasser aufzunehmen und das Equipment zu kontrollieren. Die Reise bis Bagdad würde sie auf einer wenig befahrenen Strasse direkt durch die syrische Wüste führen. Da war es besser auf alles vorbereitet zu sein. 

Eine Fahrt durch die Wüste empfand Snowcat als aufregend, beängstigend, erhebend und besinnlich zugleich. Wahrscheinlich konnte man sich nirgendwo anders als hier in der Wüste seiner selbst so sehr gewahr werden. Nicht umsonst hatten schon viele die Erkenntnisse oder Visionen in der Wüste gesucht. Snowcat war nicht auf der Suche nach irgendetwas, dennoch war sie vom Zauber der Wüste fasziniert. 

Sie nutzen die modernen Wasserstellen entlang der Strasse für ein Gespräch mit anderen Reisenden und Beduinen. Trucks und Pick Ups parkten hier direkt neben Kamelen.

Harlequin hielt jedes Mal an, wenn sie einer Gruppe begegneten. Er fragte, ob alles in Ordnung sei, - Satelliten-Uplink hin oder her, in der Wüste war man noch auf den Metamenschen angewiesen - und jedes Mal tauschte er am Ende des Zwischenstopps etwas ein. 

Schmunzelnd musste Snowcat an Sugmani denken.

Allein für den Sternenhimmel hatte sich der Weg hierher gelohnt. Ihr Abendessen hatte aus Fladenbrot, Datteln und eingelegtem Gemüse bestanden. Sie hatten kein Feuer gemacht und so trübte nichts das Sternenlicht. Sie hatten darauf verzichtet, das Zelt aufzubauen und nur den Sensor-Stab aufgestellt.

[Song 6Lana Del Rey - Young and Beautiful] Nun lag Snowcat in Harlequins Arm. Ausgestreckt auf ihren Luftmatratzen, blickten sie gemeinsam in den Sternenhimmel. Sie unterhielten sich über Sternbilder und deren astronomische und astrologische Bedeutung. Harlequin zeigte Snowcat ihr unbekannte Sternbilder mit unbekannten, exotischen Namen wie Astendar, Garlen oder Jaspree.

Snowcat hätte ewig hier so liegen können. Sie war vollkommen glücklich.

Für einen Augenblick spielte sie mit dem Gedanken, Harlequin zu sagen, dass sie ihn liebte. Doch war das hier schon Liebe? Brauchte es für Liebe nicht mehr Zeit? Glaubte man den Poeten, reichte ein Augenblick.

Und wenn es Liebe war, war es dann die große Liebe? Gab es überhaupt eine große Liebe? 

Nein, wahrscheinlich nicht. Gefühle waren nicht gern für die Ewigkeit bestimmt. Sie waren flüchtig und verspielt, kamen und gingen, schwächten ab und nahmen zu, wie es ihnen gefiel. Und Gefühle wollten sich schon gar nicht fangen oder festnageln lassen. All das traf im ganz besonderen Mass auf die Liebe zu. 

Eines war Snowcat jedoch klar, Harlequin bedeutete ihr derzeit mehr, als jeder andere Mann. 

Es war ja nicht so, dass sie andere Männer nicht mehr anziehend fand. Es hatte immer wieder verlockende Augenblicke und Angebote gegeben, aber am Ende hatte sie bei aller Anziehung freiwillig auf jeden körperlichen Akt verzichtet. Snowcat war im Glück in der Lage solche Spiele bis zum point of no return zu reizen und dennoch die Kontrolle zu behalten.

Was immer Harlequin und Snowcat da gemeinsam zu laufen hatten, existierte nicht mal ganz ein Jahr. Doch ein Funke in ihr wünschte sich, dass es gegenseitige Liebe war und, dass diese Liebe ewig wäre, oder zumindest für ein Jahrhundert halten würde. 

Liebe, Leidenschaft, waren der Atemzug, der sich lohnte. Der sich immer lohnen würde, egal wie düster, dunkel und böse die Welt auch war oder noch werden würde und gäbe es ewige Liebe, dann gäbe es ewige Hoffnung, einen ewigen Grund zu leben und zu kämpfen. Dann gäbe es ein ewiges Licht. 

Snowcat war sich nicht sicher, welche Art von Gefühlen Harlequin ihr entgegen brachte. Nicht einmal jetzt. Sie wusste ja nicht einmal, ob er sie inzwischen ernst nahm. Da war immer mal wieder dieser amüsierte Blick, auch wenn er seltener geworden war.

Snowcat grinste plötzlich in sich hinein. Wenn Harlequin sie nicht ebenfalls liebte, war er ein Trottel. Sie war perfekt, warum sollte er also so dumm sein, sie nicht zu lieben? Wenn nicht jetzt, dann eben irgendwann. 

Snowcat entschied sich dagegen nun ‚Ich liebe dich‘, zu Harlequin zu sagen. Shakespeare hatte einen seiner weiblichen Protagonisten einmal sagen lassen, ‚Umwerben mag zu Männern passen, wir müssen uns nun mal umwerben lassen‘. Snowcat ersetzte zumindest in ihrem Fall das ‚müssen‘ durch ‚sollten‘. Ob sie es sagte oder nicht, tat ihren Gefühlen keinen Abbruch und ob er sie liebte oder nicht, ebenfalls nicht. Warum sollten seine Gefühle auch die ihren verändern? Zu lieben war ein tolles Gefühl, wenn es erwidert wurde, kam glücklich sein dazu. 

Nach ihrer derzeit ziemlich romantischen Meinung oblag es dem Mann zuerst ‚Ich liebe Dich‘ zu ihr zu sagen. 

Dem Mann? Sie kicherte in sich hinein. Viele Männern. Männer sollten ihr in Scharen ihre Liebe erklären und sie würde nur einzige eine Erklärung erwidern. 

Wie immer dem auch war, seit sie mit Harlequin die - als was man das auch immer bezeichnen wollte - führte, hatte sie zu träumen begonnen. Von einer eignen Insel, einem Schloss, ihrer Zukunft. Sie wagte es nach all den Jahren, von ihrer Zukunft zu träumen, was sich gut anfühlte.

›Träum nur Elfenmädchen, so lange du dabei nicht den Boden unter den Füssen verlierst.‹, mahnte Katze.

›Darum mach ich mir keine Sorgen, Katze.‹, erwiderte Snowcat glücklich, ›Ich brauche keinen Boden unter den Füssen. Ich kann fliegen.‹

Snowcat lächelte geheimnisvoll und kehrte mit ihren Gedanken ins Hier und Jetzt zurück. „Womit verdienst du eigentlich dein Geld?“, fragte sie leise, sanft und unvermittelt.

Harlequin hob überrascht eine Augenbraue und dachte dann eine Weile nach.

Snowcat erläuterte, „Aina ist Vizepräsident der Draco-Foundation, Ehran im Vorsitz des DIMR.“

„Ach so, das meinst du.“ Harlequin überlegte noch einem Moment und erklärte dann, „Ich bin ein Lebenskünstler. Ja, das könnte man wohl sagen. Ich hatte Startkapital, das wurde angelegt und außerdem hab ich mal was gefunden und so ist es mehr geworden und so weiter.“ Er grinste verschmitzt .“Ich brauch ja auch nicht viel, oder?“

„Hmm, sagen wie mal so, du hast jedenfalls immer genug dabei, um zu kaufen wonach dir gerade ist. Außerdem hat du Freunde und Kontakte.“

Harlequin merkte erfreut auf, „Genau. Ich esse mich so durch. Bei Sallah mussten wir ja auch nichts bezahlen.“

Snowcat lachte leise, „Ja, das stimmt. Jedenfalls was das Essen angeht. Das Equipment hast du schon bezahlt.“

Harlequin nickte, „Ja das schon.“

Snowcat drehte sich in seinem Arm und sah ihn nun an, sie spielte zart an seinem roten Haar, „Damit wäre der Punkt abgeharkt, kommen wir zum zweiten Punkt auf der Frageliste. Hast Du Kinder?“

Harlequin antwortete ohne zu Zögern, „Nein.“  

Dass Snowcat eben von einer Liste mit Fragen gesprochen hatte, schien ihn nicht zu stören oder gar zu verärgern. „Fein, die Frage ist dann auch abgeharkt. Das ging schnell.“

Er grinste, „Ich spare mir hier solche Zusätze, wie ‚keine Kinder, von denen ich weiß‘.“

Snowcat nickte, „Perfekt. Mir ist es eh nur um die Kinder gegangen, die wir irgendwann mal treffen und mir als dein Kind vorgestellt werden könnten. So wie bei Aina und Thais.“

Harlequin bestätigte, „Nein, da gibt es keine Aktuellen.“, fügte er hinzu.

Snowcat kuschelte sich zurück in seinen Arm und meinte, „Damit ist die Frageliste auch schon leer.“ 

Harlequins Brustkorb senkte und hob sich ruhig und kraftvoll. Snowcat glitt mit ihrer Hand unter sein T-Shirt und wanderte mit ihren Fingern spielerisch und zart auf Harlequins Oberkörper umher. Sie schob sein Shirt hoch und beugte sich über ihn. Ich langes, eisweißes Haar ergoss sich einer Kaskade gleich auf seine Brust. Snowcat begann damit Harlequins Narben zu küssen und zu liebkosen. Sie arbeitete sich langsam weiter nach unten vor. 

Heute Nacht würde sie ihn verwöhnen. Etwas, was selten genug vorkam. 

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[Song 6: Loreena McKennitt - Night Ride Across the Caucasus ] Samstag, 17.Juni 2073

Die nächste Nacht verbrachten die beiden Elfen in Bagdad. Sie schliefen wieder in einem Hotel, das Harlequin schon einmal besucht haben musste. Nach nur zwei Tagen Wüste kam Snowcat die Dusche noch wertvoller vor als sonst. Sie war dankbar dafür, Wasser in der Art verschwenden zu dürfen. 

Zum Einschlafen erzählte Harlequin die Mythen aus 1001 Nacht weiter. Zu ihrem eigenen Bedauern, war Snowcat zu müde, um zwei Geschichten hören zu können.  

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Den kompletten Sonntag verbrachten sie in Bagdad. Harlequin zeigte ihr die Stadt und berichtete aus einer Zeit, als man Dieben noch die Hand abgeschlagen hatte, um sie an erneutem Diebstahl zu hindern.

Heutzutage waren Diebe nicht nur Taschendiebe. Datendieben müsste man zum Beispiel lobotomisieren. Was wohl auch eine zweifelhafte Angelegenheit wäre, zumindest juristisch gesehen, was nicht hieß, dass es heutzutage nicht irgendwo dem Gesetz nach erlaubt war.

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In kleinen Etappen ging es weiter bis nach Baku, das sie am Freitag, den 24. Juni erreichten. 

Am Abend erhielt Snowcat einen Anruf von Aina. Der Sextant sollte, wenn möglich, bis Mitte Juli in DC sein. 

Snowcat setzte sich mit Thunderstrike in Verbindung, der erfreut feststellte, dass sie nun eine Weltumsegelung schaffen würden und ja, sie konnten es gerade bis zum 15 .Juli nach ‚Federal District of Columbia‘, wie die Hauptstadt der UCAS offiziell hieß, schaffen, obwohl es auch der 16. oder 17. werden konnte. 

Da Aina meinte, auf die zwei Tage käme es nicht an, war das besprochene Sache und somit erledigt.

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Nach mehr als 4500 Kilometern Strecke, die die beiden Elfen auf den Motorrädern zurück gelegt hatten, erreichten sie am Donnerstag den 29. Juni Wolgograd. Hier sprach man Russisch und wie es in Russland so üblich war, beäugte man die nicht-russischen Elfen skeptisch und es brauchte ein wenig mehr Charme, um die Metamenschen für sich zu gewinnen. Was Harlequin und Snowcat größtenteils früher oder später gelang.

Nach einer Nacht in Wolgograd fuhren Snowcat und Harlequin nach Nord-Osten, außerhalb der Stadt, aufs freie Land hinaus und schlugen am Ufer der Wolga ihr Lager auf.

Von hier aus begann die Suche nach dem Fels, der zum Splitter des Lebensfels passte. 

Zunächst schwang Snowcat sich auf den Splitter ein. Sie tastete mit ihren Sinnen für den Astralraum nach der lebendigen Aura und nahm sie bildlich in sich auf. 

Nach Harlequins Anleitung kombinierte Snowcat magische Fähigkeiten und nach mehreren Stunden erhielt sie tatsächlich ein Gefühl davon, in welcher Richtung sie zu suchen hatten. Ihr feines Gespür für den Manafluss der Umgebung kam Snowcat hier genau richtig.

Unterwegs bezeichnete Harlequin die Wolga und ihre Ausläufer immer wieder als ‚den großen Schlangenfluss’. Einen Titel, den die Wolga zweifelsohne verdient hatte. Die Wolga war mit einer länge von 3530km einer der längsten Flüsse der Erde, der wasserreichste Fluss Europas und umfasste mit ihren 200 größeren Nebenflüssen ein Einzugsgebiet von 1,36 Millionen Quadratkilometern. Groß war die Wolga also wahrlich. 

Die nächsten Tage meditierte Snowcat viel und sie nahm so oft astral wahr, dass ihr die normale Wahrnehmung zwischenzeitlich sogar schon unvollständig vorkam. 

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Am vierten Tag ihrer Suche wurde die astrale Spur immer stärker und schließlich standen sie in den Ausläufern des Gebirges vor einer freistehenden Felsnadel.

„Und?“, fragte Harlequin leise.

Snowcat konnte es nicht fassen, sie nickte eifrig, „Ja, das ist es. Der Fels hat eine lebendige Aura und die gleicht auf vielen Arten der des Splitters, den ich hier habe.“ 

Sie hüpfte vor Freude und umarmte Harlequin, dann tanzte sie einmal um ihn herum und erst dann nahm sie wieder die ihr gewohnte, edle Haltung an, „Wir haben es gefunden. Und nun?“

Harlequin stellte die Gegenfrage, „Was schlägst du vor? Hast du eine Idee?“

Snowcat überlegte laut, „Wir suchen auf dem Fels nach abgeplatzten Stellen, versuchen es mit eine Art von Puzzeln im Astralraum und wenn wir die Stelle gefunden haben, legen wir den Splitter auf und heilen ihn an?“

„Klingt doch ganz hervorragend.“

Snowcat war immer noch euphorisch, „Ja.“, sagte sie keck, „Das finde ich auch. Allerdings kann ich keine Zauber wirken und somit keine Heilmagie anwenden.“ Sie sah ihn erwartungsvoll an.

Harlequin nickte, „Dass du das, was man heute als ‚Zauber wirken‘ bezeichnet, nicht kannst, stimmt schon. Das heißt aber nicht, dass du hier nicht heilen kannst.“ Er streckte die Hand aus, „Komm, ich zeige es dir.“

Snowcat legte ihre Hand in einer höfischen Geste in die seine. Heute von genau einem Jahr hatten die beiden sich auf Harlequins Insel das erste Mal geliebt und ihre - was inzwischen auch immer - hatte ein anderen Level angenommen. 

Und nun standen sie hier. 

Mit einer solchen Entwicklung hatte Snowcat nicht gerechnet. Sie zwinkerte Harlequin zu, nahm seine Hand nun fest in ihre, umarmte und küsste ihn spontan und stimmte ihm zu, „Ja, sehr gern.“

In mehrstündiger Arbeit legten die beiden Elfen ein rituellen Kreis um die Felsnadel an. Harlequin zeigte Snowcat, was sie wie zu tun hatte und Snowcat führte es dann aus. Es war aber nicht so, dass er ihr die gesamte Arbeit überlies. Harlequin leitete sie und half ihr zugleich.

Sie mischten Farben an, die den Astralfarben der arkanen Kunst nicht unähnlich wahren. 

Snowcat nutzte zudem mit Orichalkum versehene Kreide, flüssige Farbe und dickflüssige Farbe, auf die im Anschluss Sand gestreut wurde, der auf der Farbe kleben blieb. 

Nach gut zehn Stunden aufwendigen Arbeit war der Kreis bis auf einige Kleinigkeiten fertig.

„Was kommt als nächstes?“, fragte Snowcat ein wenig erschöpft.

Harlequin strich ihre sanft eine Strähne aus dem Gesicht. „Als nächstes kommt etwas Schlaf. Zum Sonnenaufgang vollendest du das Werk.“

Snowcat widersprach nicht und war eingeschlafen, kaum dass sie in ihren Schlafsack gekrochen war.

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Dienstag, den 4.Juli 2073

Der Tag versprach wunderschön zu werden. Die Vögel zwitscherten und begrüßten ihn. Der Himmel war wolkenlos und es wehte eine leichte Brise.

„Der Morgen ist deine stärkste Stunde und ein guter Zeitpunkt, um das Ritual zu wirken. Du schließt jetzt den Kreis, legst den Splitter auf die Stelle, an der er einst gewesen ist und konzentrierst dich auf die Heilung.“, erklärte Harlequin.

„Ich mache das?“, fragte Snowcat überrascht.

Harlequin nickte, „Was dachest du denn? Es ist dein Kreis.“

Aufkommende Selbstzweifel waren noch nie Snowcats Problem gewesen, also würde sie einfach loslegen und sehen, was geschah.

Sie vollendete den Kreis und summte dabei die Melodie, die Harlequin ihr beigebracht hatte. Während ihrer gestrigen Arbeit am Ritualkreis, war ihr irgendwann auf einmal bewusst gewesen, wo der Splitter abgebrochen war. An der im Vergleich winzigen Stelle flossen die Energie nicht ganz regelmäßig. 

Nun holte Snowcat den Splitter aus seinem Kästchen und legte ihn mit wenig Druck auf seinen Platz, dann konzentrierte sie sich und sang immer wieder das Lied im alten Sperethiel. Magie sammelte sich in ihr und verband sich mit den Runen des Kreises, mit dem Fels und dem Splitter. Das war gut. Ihr Herzschlag beschleunigte sich ein wenig und dann, erst nur ein bisschen und dann immer weniger, bewegte sich das Mana nicht mehr zwischen Splitter und Fels hindurch. Snowcat sang noch einige Wiederholungen, nur um völlig sicher zu gehen und ließ erst dann den Splitter los.

Der Splitter blieb an Ort uns Stelle und nicht nur das, es war kaum noch zu erkennen, dass hier mal etwas anderes gewesen war. Astral wirkte noch Magie an der Verbindungsstelle nach, Heilung war noch aktiv, aber alles was nun noch nötig war, war Zeit.

Sie hatte es geschafft. Snowcat hatte ein lebendes Wesen komplettiert und die Heilung mit Magie angestoßen. Ja, es war nur ein irgendwie lebendiger, tief schlafender Stein, aber sie hatte geholfen. 

Bis vor ein paar Monaten hatte Snowcat nicht mal gewusst, dass so etwas wie Leben und Stein überhaupt zusammen passten.

Snowcat lief zu Harlequin hinüber, umarmte und küsste ihn. 

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Von Snowcat unbemerkt hatte das Anheilen gut zwei Stunden gedauert und es war auch anstrengender gewesen, als sie zunächst bemerkt hatte.

So blieben die beiden Elfen noch den ganzen Tag, erholten sich und genossen die Zweisamkeit, an diesem offenbar unscheinbaren Ort, der ein solch schönes Geheimnis in sich barg.

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Mittwoch, den 05.Juli 2073

[Song 7: 30 Seconds To Mars - From Yesterday] Das letzte Ziel auf ihrer geplanten Reise lautete Kiew. 

Allerdings hatte Harlequin einen Umweg geplant, der sie einen weitläufigeren Bogen machen ließ, als es eine Ideal-Route vorgesehen hätte. 

Sie planten noch ein weiteres Mal im Freien zu übernachten, irgendwo am Fusse eines Berges, wie Harlequin erklärte. 

Sie waren für Snowcat eher ziellos eine Weile auf kleinen Strassen herum gefahren, bis Harlequin endlich das Stück Natur gefunden, nachdem er offenbar gesucht hatte. 

Sie hielten. Er sah sich um, lief ein paar Schritte umher und verkündete dann, „Ja, hier ist es, hier werden wir übernachten.“

Snowcat schmunzelte. Ihr war es nur recht.

Fast jeden Abend hatte Harlequin Snowcat in den vergangenen Tagen ein Märchen aus der Sammlung von 1001 Nacht erzählt. 

Heute zog er Snowcat sanft an eine ganz bestimmte Stelle, drehte sie umher, zeigte in ausgelassener Stimmung in die Umgebung und begann, „Genau hier stand einmal eine Stadt. Heute Abend erzähle ich dir von dem größten Schurken, den ich jemals gekannt habe…“

Er hatte gekannt gesagt, also erwartete Snowcat heute offenbar kein Märchen, dennoch würde es eine mitreißende Geschichte werden, dessen war sie jetzt schon sicher.

„ … Er trug den Namen Vistrosh. Klingt das nicht schon nach Schurke und Halsabschneider?“ Harlequin wartete keine Antwort ab, „Ja finde ich auch. Hier von Kratas aus, die Stadt die auch Stadt der Diebe genannt wurde, schmiedete Vistrosh seine Ränkespiele und komplizierten Pläne.“

Das war der Auftakt zu einer wundervollen Erzählung, die Harlequin nun wortgewandt und gestenreich darbrachte und die Snowcat wie immer in ihren Bann zog.

Als Harlequin endete, saßen die beiden Elfen bereits beim Schein eines Feuers beisammen. Funken stieben in den Nachthimmel auf. „Und wie lange ist das nun her?“, fragte Snowcat unvermittelt.

Harlequin streckte die Beine aus und grinste leicht. Die Flammen warfen faszinierende Schatten auf sein Gesicht. Die Sprenkel, die in seinen grünen Augen umher tanzten, wirkten im Feuerschein rotgolden. Seine Stimme klang gelassen und fast fröhlich, aber sein Blick wirkte, als würde er sich an etwas längst Vergangenes erinnern. „Wie lange ist das wohl her?“ Er schien angestrengt zu überlegen, „Och, das ist jetzt schon ein ganze, lange Weile her.“ 

Ausweichender hätte diese Antwort nicht sein können. Damit hatte Snowcat schon gerechnet. Das machte sie erst besonders hellhörig. 

Er fügte hinzu, „Ich glaube Ehran war da schon alt.“

Snowcat lachte leise. Von einer Stadt wie Kratas hatte Snowcat noch nie etwas gehört, aber das allein hieß nichts. Selbst das allgemeine Wissen über eine Stadt an dieser Stelle konnte beim Crash verloren gegangen sein. Dass es hier keinerlei Ruinen gab, war da schon außergewöhnlicher.

Harlequin sagte im Plauderton, „Na, obwohl einem das natürlich nicht weiter hilft, denn manchmal glaube ich, Ehran wurde schon alt geboren.“

Snowcat lachte abermals, „Das glaube ich nun wieder nicht, auch wenn ich zugeben muss, dass es schwer ist, ihn sich als Kind vorzustellen.“

Harlequin nickte, „Genau das meine ich.“

Weiter sagte er nichts. es war mehr als verwunderlich, dass ein Mann wie Harlequin, der sich sonst an so gut wie alles bis hin zum kleinsten Detail erinnern konnte, nun auf einmal nicht mal einen ungefähren Zeitraum rausrückte. 

Stand diese Stadt vor Jahrzehnten oder Jahrhunderten hier? „Gar keine anderen Anhaltspunkte?“, harkte Snowcat nach.

Harlequins Grinsen wurde breiter, „Doch, ich bin mir ziemlich sicher, dass der Sand der Wüste da noch bunt war.“

Snowcat hob eine ihrer schmalen Augenbrauen, „Du meinst, der Sand war wirklich einmal bunt? Ich dachte, das war nur ein Märchen.“

Harlequin sah ihr in die Augen. „Vielleicht sind das ja alles nur Märchen?“

Snowcat seufzte leicht, „Das könnte sein, immerhin soll jedes Märchen einen wahren Kern besitzen.“

„Das habe ich auch gehört.“ Er kam ihr näher, um sie zu küssen.

Damit würde er sie gleich völlig vom Thema abbringen. Doch vergessen würde Snowcat diese Unterhaltung nicht. Hinter dem Alter von Harlequin, Ehran und hinter dem von Aina, verbarg sich ein Geheimnis. Sie waren mindestens Elfen der ersten Generation, wahrscheinlich sogar Spikebabies. 

Das einige Elfen bereits Jahre vor dem Erwachen unter sogenannten Manaspikes geboren worden waren, war schon mehr eine Tatsache, als ein offenes Geheimnis. Nur, wie lange vor dem Erwachen Spikebabies geboren worden waren, war nicht klar. Konnten das auch Jahrhunderte sein? Konnte es sein, dass Harlequin oder Ehran bei den geschichtlichen Ereignissen, von denen sie berichteten wirklich dabei gewesen waren? Wie viele Jahrhunderte konnten sie alt sein, ohne kurz vor ihrem Ende zu stehen?

Über Ehran existierte das Gerücht, es habe vor seinem ersten Auftritt nach dem Awakening als Elf, schon Auftritte als Mensch im geschätzten Alter von um die 30 Jahre gegeben. Und immerhin hatte Ehran die Theorie der Manazyklen überhaupt erst wissenschaftlich erklärt.

Bevor Harlequins Snowcats Lippen berührten, meinte sie, „Ich werde Ehran mal fragen, wie lange er sich schon alt fühlt, vielleicht hilft mir das ja weiter.“

Harlequin lachte kurz, „Tu das.“ Dann küsste er sie und  Zeit wurde zu einer völlig zweitrangigen Angelegenheit.

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Harlequins Reisepläne endeten also in Kiew. 

Da Snowcat neugierig auf die Erkenntnisse über das Ritual von Aztechnology war und gerne etwas über die Formel, die ihre Freunde und Kollegen von UC besorgt hatten, wissen wollte und da Aina bereits in DC war, wählte Snowcat eben die Hauptstadt der UCAS als nächstes Reiseziel aus, wo sie am Samstag, dem 8.Juli 2073 landeten. 

Harlequin begleitete Snowcat schon allein deshalb nach DC, weil Shark Finn immer noch unterwegs war und Harlequin bis zu dessen Rückkehr Snowcats Schutz übernommen hatte. Aber Snowcat war sich ziemlich sicher, dass das nicht der einzige Grund war, aus dem er sie begleitete.

Was Snowcat über das Ritual erfährt, ob die Handlungsfäden der Teammitglieder von UC wieder zusammen laufen und was als nächstes geschieht, wird bald hier zu lesen sein. Schau also auch nächste Woche wieder rein, Omae. 

*reckundstrekgenüsslich* Hoffe Ihr habt Spass; *knutschi*