Episode 24/14 (vom 24.10.) Run 56/2

Welcome back, Omae.

Schön, dass Du vorbeischaust.

Derzeit On The Rund sind: Average, Blackstone, Bloody Guts, Chang, Metge*, Shark Finn und Snowcat. (*Spieler war nicht anwesend)

Datum in unserer SR-Timeline: 19.- 21. 09. 2073

Was bisher geschah: Zwei Monate sind seid den Ereignissen im Rift in DeeCee vergangen. Bei UC stehen Veränderungen an. Es wird der Gefallenen gedacht. Doch irgendwann ist es auch mal wieder an der Zeit in die Schatten abzutauchen und Kohle bei einem Run zu verdienen. Als ein Angebot eintrifft, erscheint der verfügbare Teil von UC und geht zum Meeting. Johnson entpuppt sich als ziemlich paranoid, aber der neue Job ist gut bezahlt. UC soll einem 10 Mann starken Team, welches mordend durch die UCAS zieht und Taliskrämer und Magier ausraubt, die Drachen-Reagenzien besitzen, die Ladung abnehmen. Es gibt einen gewaltigen Bonus, wenn das generische Team „ausgelöscht“ wird. Leider entpuppt sich das generische Team als gefährlicher, als erwartet, denn zu ihm gehören vier Drakes, 2 Gorgonen und ein Elder Lindworm.

Wie schalten uns genau in dem Augenblick in das Geschehen zurück, an dem wir die Runner das letzte Mal verlassen haben. 

Wir erleben alles aus den eisblauen Augen von Snowcat mit und dringen tiefer denn je in ihre Gedankenwelt ein.

Deine Kommentare zur Episode passen am Besten unter ‚A Tale So Far, Part IX‘ [LINK].

Eine Beschreibung der Runner findest Du hier [LINK].

Hat ein Wort im Text eine andere Farbe, verbirgt sich darunter wahrscheinlich ein Link und es wird im Glossar erklärt. Du kennst ein anderes Wort aus dem Shadowslang nicht? Dann schau doch einfach auf gut Glück im Glossar vorbei. [LINK]

Noch eine Kleinigkeit: die Songs zum Text sollen lediglich zur Stimmung beitragen und sind keine versteckten Hinweise- jedenfalls meistens nicht. ;-) (Ich versuche immer Videos ohne störende Werbung raus zu suchen. Ich kann allerdings nicht garantieren, dass sie auch ohne Werbung bleiben. Manchmal werden die Videos von Songs sogar schneller komplett entfernt, als ich die Episode hoch laden kann, darum nenne ich vorsichtshalber Künstler und Titel neben dem Link. Wegen Lizenzrechten muss ich bei You Tube immer öfter auf Coverversionen oder schlechte Live-Varianten zurückgreifen, oder ich finde ein anderen Anbieter. Die komplette Episoden-Playlist findest Du hier [LINK].)

Bereit Omae? Na dann los.

[Song 1: Holly Figueroa - Everybody Knows] Ich warf einen weiteren langen Blick auf einen Teil des AR-Bildschirms, der mir ins Sichtfeld eingeblendet wurde. 

Den, der die Aufnahmen der Drohne aus dem Lagerhaus zeigte. 

Der Elder Lindwurm schlängelte sich friedlich schlafend um den Tisch mit den drei Beutekisten. Er, oder auch sie, sah majestätisch aus. Was für ein schönes, edles Wesen. Ich seufzte innerlich. Es behagte mir ganz und gar nicht, ihn - oder sie, töten zu müssen. Allerdings würde er -oder sie, schon gut, ich höre auf damit, ich kannte das Geschlecht einfach nicht und es war optisch unmöglich zu sagen, ob es sich bei einer dragonischen Lebensform um Männlein oder Weiblein handelte -  allerdings würde er sowieso sein Leben verlieren, da er als Wache für die Ladung zurück bleiben würde. Da er nichts von uns sehen würde dürfen, - und wenn ich nichts sage, dann schloss das jedes Futzelchen Aura mit ein,- und da es unsinnig war, zu hoffen, man könne die Ladung stehlen, ohne dass der Lindworm etwas bemerkt, würden wir ihn also töten müssen.

Tja und wenn wir Ihn töten konnten und mussten, dann konnte auch der Rest der Kindermordenden Mannschaft das Zeitliche segnen. Drakes hin oder her.

„Was nun?“, fragte Bloody Guts. Sein schiefes Gesicht blickte ob der Opposition finster drein, was es nicht gerade hübscher machte, eine Tatsache die mich vor ein paar Jahren noch gestört hätte. Troll und hässlich, eine irgendwie klassische Kombination. 

Nun lächelte ich Bloody Guts an, „Das komplette Lagerhaus mit allen darin in die Luft zu sprengen, scheint mir immer noch der beste Weg. Was meinst du dazu, Blackstone?“

Blackstone nickte. Es ist schier unglaublich auf wie viele unterschiedlich Arten ein Metamensch eine einzige Bewegung ausführen und was er damit alles ausdrücken kann. Dieses Nicken war entschlossen, eine Spur nachdenklich und dazu da, ihn das letzte Stück selbst zu überzeugen. Blackstone war so nett, sein Nicken auch mit Worten zu erläutern, das macht er nicht immer. „Ist der einzige Weg bei der Gegnern. Geht aber über meine Fähigkeiten hinaus. Wir brauchen einen Experten.“ Er sah fragend zu mir rüber, „Liam?“

Ich schüttelte sacht den Kopf, „Nein. Er ist nicht da.“

„Mist!“, entfuhr es Blackstone.

Jetzt musste ich grinsen, „Keine Sorge, seine Schülerin Bubbles ist ja da. Liam meinte, wir können uns vertrauenswürdig an sie wenden.“ Ich beantwortete die unausgesprochne Frage, die sowieso folgen würde. „In Liams Werkstatt müssen wir aber dennoch.“

Blackstone warf mir einem Blick zu, der meinte, ‚Also doch Liam, warum machst du es immer nur so kompliziert.‘

„Können wir vorher nicht noch etwas essen gehen?“, wollte Average wissen. Ich konnte seinen Magen förmlich knurren hören. Verständlich, immerhin hatte er mehrere Stunden lang überwacht, was natürlich nicht unbedingt ein Faktor war. Der behäbige Mann konnte und wollte eigentlich immer essen.

Ich schenkte ihm einen milden Blick, gepaart mit einem Lächeln, „Wir haben noch eine Menge vor und es muss Einiges besorgt und geplant werden. Wir fahren in ein Drive Inn.“, Prostet wollte in Averages Gesichtszügen auftauchen, darum fügte ich schnell beschwichtigend hinzu, „In ein wirklich gutes Drive Inn und da nehmen wir mit, so viel jeder mag. Das essen wir dann in der Werkstatt.“

„Und wenn ich später noch was essen will?“, fragte Average leicht schmollend.

Shark Finn erwiderte eine Spur angespannt, „Wir nehmen noch ein paar extra Sachen mit, ist doch kein Ding.“

Ich wandte mich noch mal an Average und legte ihm sogar sanft und leicht meine Hand auf den Arm, „Wir sollen dich also nicht irgendwo absetzten, damit du im doppelten Sinn aussteigen kannst?“

Average seufzte hörbar. Der graue Schimmer auf seiner Haut ließ ihn älter wirken, als er wahrscheinlich wahr, „Nee. Ich hab beschlossen, ich tu mal so, als hätte ich keine moralischen Bedenken und mach mit.“

Das folgende Lächeln erstrahlte von selbst auf meinem Gesicht. Das war wohl das Zugänglichste, was Average jemals gesagt hatte. Ich wusste nur zu gut, dass er gerade über seinen eigenen Schatten gesprungen war und bei seinen Maßen war das kein kleiner Hüpfer „Danke.“, sagte ich leise, „Ich verspreche Dir, ich verliere deine Bedenken nicht aus den Augen.“

Nach einem Moment des Schweigens meldete sich Metge zu Wort, „Äh, Seniora Snowcat. Mein Dienst im Krankenhaus beginnt baldä und wenn sie mich nicht dringend brauchen, würde ich ihn gerne anträtän.“

Ich drehte mich zu ihm, um ihm direkt ansehen zu können, „Klar, mach ruhig. Wenn wir dich brauchen, wissen wir ja, wo wir dich finden. Und ich hoffe, wir brauchen dich überhaupt nicht.“

Eigentlich kam es mir sogar recht, wenn er jetzt ging. Es reichte schon, dass wir einen dabei hatten, der über seinen moralischen Schatten springen musste. Und für Metge würde es nun mal auch ein moralischer Schatten sein, das komplette Team zu töten.

Ich warf noch einen sehnsüchtigen Blick via AR auf den Kamerafeed. Die meisten im Lagerhaus schliefen friedlich. Der Elder Lindworm sah wirklich schön aus. 

Ich könnte es auch einfach mit Überreden versuchen. Ich könnte die Gruppe bitten, ab jetzt die Kinder in Ruhe zu lassen. 

‹Vergiss es, Elfenmädchen.›, meinte Katze.

Katze hatte ja recht. So weit war ich einfach noch nicht. Die Betonung lag auf noch.

Bubbles freute sich Finn zu sehen, doch sie freute sich auch mich zu sehen. Alle vom Clan der O’Nialls behandelten mich wie ein Familienmitglied. Der Gedanke umschmeichelte mich, wie ein Löffel süßer Honig. Da sich mir die O’Nialls nie aufdrängten, mich jedoch stets aufnahmen, erhielt ich den Besten Part, den Familie bieten konnte und zwar völlig frei von Nachteilen. 

Wir stellten das mitgebrachte Essen auf dem großen Tisch ab und Bubbles sprang auf einen der Arbeitstische und sah uns erwartungsvoll an. Die quirlige kleine Frau war heute in eine blaue Latzhose, ein pinkes T-Shirt mit wechselnder AR-Aufschrift und pinken Knee-High Chucks mit lila Schnürsenkeln gekleidet. Da Bubbles die Chucks runtergeklappt trug, konnte man ihre Regenbogen-Kniestrümpfe gut sehen. Die Strümpfe waren optisch perfekt auf ihr schulterlanges Haar abgestimmt, welches in Strähnen geteilt war, von denen jede in einer anderen Farbe des Regenbogens leuchtete. 

Ich wollte das Mädchen nicht auf die Folter spannen und sagte darum, „Wie ich über Commlink geäußert habe, würden wir gerne von deiner Kunstfertigkeit gebrauch machen.“

Blackstone fuhr fort, „Du sollst uns etwas bauen. Wir bezahlen dich natürlich dafür.“

Bubbles Augen wurden noch größer, was den kindlichen Eindruck den sie heute wieder machte, verstärkte. „Hat es was mit sprengen zu tun?“, fragte sie aufgeregt.

Blackstone nickte.

Bubbles klatschte in die Hände und rief, „Oh ja. Wie fein. Ich verlang 500 NuYen.“ Sie wedelte mit den Armen, „Und ihr müsst mir natürlich das Material ersetzen. Was darf ich kaputt machen? Ist es groß?“

Ich schmunzelte in mich hinein. Kaum zu glauben, dass in einer solch hibbeligen Person jemand steckte, den man auch nur in die Nähe von etwas Explosiven lassen wollte. 

Wir erklärten ihr worum es ging und sie hörte uns aufmerksam zu.

Dann sagte sie, „Okay, ich biete euch drei Möglichkeiten zur Auswahl. 1.: den Klassiker, eine ANFO Bombe. Ihr besorgt ein Boot, das füllen wir mit Dünger und Treibstoff. Dann lasst ihr das Boot ferngesteuert reinfahren und Kabumm. 2.: die Moderne, die Fuil-Air-Explosive-Bombe. Hier ist das Timing etwas trickreich, da man warten muss, bis die kleinen Tröpfchen sich in der Luft verteilt haben und bis dahin hört man ein leises Zischen. Ich schätze, es dauert so 3 Minuten bis der Raum ausreichend gefüllt ist. Aber dann gibt es eine wundervolle Explosion, die sicher keiner dadrinnen überlebt. 3.: Die Plattwalze. Hier bringt man außen viele kleine C4-Pakete an, die zündet man programmiert und dann breitet sich der Druck nach innen aus und die Wände fallen weg und das Dach fällt runter und macht sie alle platt. Das Anbringen der Päckchen dauert eine Weile.“

Welche Bombe gebaut werden sollte, war mir eigentlich so ziemlich gleich. Blackstone und Average favorisierten zunächst zwar den zweiten Vorschlag, doch das Risiko, das während der Wartezeit etwas passierte und dann nicht alle im Lagerhaus waren, war einfach zu groß. Also würde es der gute alte Klassiker werden. 

Average bemerkte etwas dazu und da fiel es mir auf. Bubbles überhörte ihn komplett und das nicht zum ersten mal. Ich ließ die vergangenen Minuten noch einmal Revue passieren und dann war es mir völlig klar, Bubbles behandelte Average, als gäbe es ihn nicht. Da schien wohl der O’Niall-Clan zugeschlagen zu haben. Sparky und Arcade hatten Average noch nicht verziehen, dass er vor ein paar Monaten nicht Danke gesagt hatte, als wir ihn rausholten. Man mochte ob der Notwendigkeit ein Danksagung geteilter Meinung sein, doch wie auch immer, der Clan missbilligte gemeinsam. Tja und da Bubbles nicht zu UC gehörte, konnte sie Average nun schneiden. 

Ich warne jeden davor, das als kindisch zu bezeichnen. Denn dieses vielleicht kindische Verhalten ziehe ich der erwachsenen Alternative jederzeit vor. Die O’Nialls waren die beste Familie, die man haben konnte. Doch unverblümt gesprochen waren sie genau so trinkfest, wie sie stur und rachsüchtig waren. Wer einmal mit einem O’Niall getrunken hat, weiß wovon ich rede.

Nun stellte Bubbles jedenfalls bereits eine Einkaufsliste zusammen und dabei lieferte sie gleich die Adresse mit, an der man so viel Dünger problemlos entwenden konnte. 

„Das scheint mir eine Aufgabe für nach dem Sonnenuntergang zu sein.“, stellte ich fest. „Wie wäre es, wenn wir uns vorher noch im Banshees mit potenzieller Verstärkung von Docs Liste treffen? Ich könnte das Hinterzimmer für 21.00 Uhr mieten.“

Ein Vorschlag mit dem alle einverstanden waren und das sogar ohne zu nörgeln.

Ich bat Bubbles beiseite. 

Eigentlich hatte ich sie zum frisch angeregten Quatermaster von UC machen wollen. Ich hoffte, damit mehrere Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Ersten konnten wir jemanden brauchen, der so genial war wie die Kleine und sich um unsere Equipment kümmerte. Zweitens würde die Wartung des Bootshauses nicht mehr Thunderstrike allein zufallen und drittens würde Bubbles während Liams Abwesenheit nicht mehr ständig ohne Gesellschaft in der Werkstatt rumhängen. Es war nicht gut für sie, allein zu sein.

Nun war mir ihre Abneigung gegen Average bewusst geworden und ich wusste nicht, ob das gut fürs Teamklima war, sie dann mit an Bord zu holen.

Als ich Bubbles auf Average ansprach, fragte sie zunächst, „Von wem sprichst du, Cousine?“ Dann grinste sie und zuckte mit den schmalen Schultern, „Ich kann ihn nicht ausstehen, aber als Teamkameraden werde ich ihn nicht mehr ignorieren.“ 

„Möchtest du denn gerne festes Mitglied bei UC werden?“, frage ich sie und bedachte sie mit liebevollem Blick.

Das Grinsen des Mädchens wurde ein wenig breiter, „Kann ich dann sagen, dass ich Shadowrunner bin?“, fragte sie nach.

Ich nickte und zwinkerte ihr zu, „Klar.“

„Gut, dann ist es abgemacht.“ Sie spuckte in ihre Hand und hielt sie mir hin. Ohne zu zögern schlug ich ein, obwohl ich keine Handschuhe an hatte.

Bubbles hüpfte zum Kühlschrank, leuchtete im Vorbeigehen mit der Taschenlampe unter die Ecke links daneben und nahm sich erst im Anschluss eine Dose Cola.

Unser Bootshaus ist sicherlich bald ‚totally insectfree‘, dachte ich schmunzelnd.

❄❄

Da wir das nötige Zeug erst mit unseren Team-Kandidaten requirieren wollten und die Drohne das Lagerhaus an den Docs fein auch ohne direkte Steuerung überwachen konnte, bot uns der Nachmittag Zeit für ein wenig Schönheitsschlaf, den ich immer dringend benötige. Schönheit ist ein vergängliches Gut, auch bei einer Elfe wie mir. Nun, vielleicht nicht so ganz vergänglich, aber ausreichend Pflege war nicht nur gut für den Körper, sondern auch für die Seele. In einem gesunden Körper wohnt eine gesunder Geist, das ist allgemein bekannt. Ich erweitere das gern um: in einem gepflegten Körper, wohnt eine schöne Seele. Darum schadete Schönheitsschlaf nie. 

Ich hatte mir den Wecker eine habe Stunde früher gestellt als nötig, damit ich noch genügten Zeit für meine Haarpflege hatte. 

Jeder Zentimeter meines eisweißen Haares ist ein Beweis dafür, wie gut es mir geht. Strassenkinder können sich keine langen Haare leisten. Mein Haar reicht mir inzwischen gut 10 Zentimeter bis über die Hüften hinaus. Abgesehen davon, dass ich es liebe, lässt einen langes Haar zart und fruchtbar wirken. Männer stehen unterbewusst auf letzteres. Ich gebe gerne zu, dass es aufwendig und sogar ein wenig anstrengend ist, diese Haarpracht zu bürsten und zu pflegen. Etwas von der Arbeit hat mein lieber Hausgeist Henry mir in den letzten Monaten abgenommen. Er bürstet mein Haar gern und schwebt dabei zufrieden auf und ab. 

Seit ein paar Tagen war ich nun in der Lage mit zwei Zaubern Haare und Make Up in Sekunden zu richten. Aber jeder Katze weiß nur all zu gut, dass die Pflege der halbe Spaß ist, also ersetzten die Zauber die Prozedur nicht.

[Song 2: Jem- They ] Ich saß also gestriegelt und wunderschön in hellgrauer Lederhose, dunkelgrauem Pullover und silberner Stiefelette mit meinem Kollegen im Banshees. 

Bis die Kandidaten für den Teamzuwachs erscheinen würden, hatte wir noch gut eine Dreiviertel Stunde Zeit, es war jetzt 20.18 Uhr.

„Habt ihr irgendwelche besonderen Ideen, wie wir das Treffen gestalten wollen?“, fragte ich in die Runde. Ich schenkte Average vorsichtshalber ein besonders charmantes Lächeln und hob die Hand, „Eh du es sagst, komm bitte nicht wieder mit der Idee, ein Plane in die Tür zu legen und die Reaktionen darauf zu testen.“

Der glatzköpfige Mann ließ die Schultern ein wenig sinken und sagte nichts. Dennoch tauchten nun einige Irrwitzige Vorschläge auf, an die ich mich gar nicht weiter erinnern möchte. 

Etwas spröde lachend fügte ich hinzu, „Da können wir ja gleich eine Art Speed-Dating veranstalten.“

Blackstone sah mich fragend an. „Speed-Dating?“

Ich lächelte wohl dosiert und geheimnisvoll. Mit meiner 50 % Schmeichelstimme erklärte ich, „Jemand setzt sich einem Gegenüber und dann hat man eine bestimmte kurze Zeit, sagen wir mal zwei Minuten, sich kennen zu lernen, Fragen zu stellen oder sich auch nur in die Augen zu sehen. Wenn das Signal ertönt, bleibt einer sitzen und der andere zieht einen Platz weiter. Am Ende sagt man, wenn man gerne näher kennen lernen würde. Unter den entstandenen Pärchen werden neue Treffen vereinbart.“ Ich hatte das eigentlich nur als Scherz eingeworfen, aber jetzt, da ich Blackstones interessiertes Gesicht sah, klang ein improvisiertes Interview gar nicht mehr so unsinnig. Ich konnte aus den Zügen des Zwergs lesen, was ihn daran interessierte. „Du meinst jeder von uns denkt sich ein paar Fragen aus und wir sehen, was sie innerhalb von, sagen wir mal zwei Minuten, antworten?“

Blackstone nickte.

Ja, schlecht klang das wirklich nicht, „Gut, machen wir es so.“

Ein Blitzinterview war nichts für Shark Finn, er wollte lieber schützend hinter mir stehen und Bloody Guts wollte während der Fragerunde lieber deren Commlinks checken. Also nur Average, Chang, Blackstone und ich. 

Jetzt wo es fest stand, freute ich mich richtig auf dieses Spiel. Nicht nur, weil es ein Spiel war, sondern auch, weil es mir etwas über alle verraten würde, sowohl über die, die die Fragen stellten, als auch über die, die antworteten. 

Drei Runner waren der Einladung gefolgt, Gunner, Rubber Duck und Triple S. 

Es klopfte ziemlich pünktlich um 21 Hundert und drei Männer betraten das Hinterzimmer, nachdem Blackstone „Herein“ gerufen hatte. 

Der Größte von ihnen hatte sofort meine Aufmerksamkeit, was ich mir natürlich nicht anmerken ließ. Bei Gunner handelte es sich um ein äußerst ansprechendes Exemplar von männlichem Elf. Über zwei Meter groß, blond, breitschultrig und mit einem, man höre und staune, Bart. Ich kannte nicht sonderlich viele Elfen, die Bartwuchs hatten. Seine Haare waren hinten und an den Seiten ausrasiert, das Haar am Oberkopf war hingegen ungefähr schulterlang, im Moment trug er es allerdings zu einem Pferdeschwanz zusammen gebunden. Gunner hatte klare, blaue Augen, Lachfalten und das wohl trainierte Eightpack zeichnete sich unter seinem grauen Athleten-Shirt ganz hervorragend ab. Dazu trug er eine Cargohose und Combatboots. An seinem Gürtel hing ein moderner Tomahawk. Seine Unterarme waren auf den Innenseiten mit nordischen Runen tätowiert. Gunner hatte den Raum kurz abgescannt und fixierte mich dann grinsend. Er wusste also, was sich gehört. 

‹Lecker.›, kommentierte Katze

Die anderen beiden Männer waren Menschen. 

Rubber Duck, ein Asiat, sah ansprechend aus, - für einen Menschen. Etwas über 1,80 m groß mit schwarzem Haar und braunen Augen. Seine Haare hatte er zu einer stylischen Manga-Frisur zurecht gezupft. Er trug eine gepolsterte Combat-Biker Hose, ein dunkelblaues T-Shirt und ein farblich darauf abgestimmtes Seidenhemd, nebst Motorrad-Stiefeln. An seinem Gürtel hing eine violette Gummiente mit grimmigem Gesichtsausdruck und Zigarette im Mundwinkel. Um den Hals trug er eine Goldkette mit einem Riesigen Ying Yang-Anhänger. Zumindest die Punkte in der Mitte waren aus Edelsteinen. Er sah ebenfalls zu mir und seine Augen strahlten. Ein schönes Kompliment.

Der andere Mensch, Triple S, hatte braunes Haar, das ein wenig zerzaust wirkte. Er trug einen schwarzen Anzug und ein fliederfarbenes Hemd. Der Anzug saß leger und war definitiv gehobener Qualität. In seinem Gesicht spross ein 3-Tage-Bart und seine Haut war ein wenig auf die Art blass, die in der Regel bedeutete, dass er sich nicht viel an der frischen Luft bewegte. Wahrscheinlich bewegte er sich überhaupt nicht sonderlich viel. Er war zwar von normaler Statur, also nicht dick sogar eher etwas untergewichtig, doch sein Körperbau war kaum definiert. Ein Eindruck, der sicher durch den legeren Anzug verstärkt wurde. Er hatte die Hände lässig in die Taschen gesteckt und sondierte uns mit einem leicht überheblichen Blick. Um den Hals trug er eine Perlenkette. 

Ich erklärte den Jungs, was wir nun vorhatten und sie alle sammelten schon mal Punkte, weil sie nichts dagegen einzuwenden hatten.

„Also erst das Kennenlernen und wenn es danach keine Bedenken gibt, dann erkläre ich euch genauer, worum es geht.“, schloss ich meine Erläuterung und warf ein besonders schönes Lächeln in die Runde. „Wer möchte den Anfang machen?“

Gunner trat vor, „Ich.“ Auch die wenigen Worte, die er bisher gesprochen hatte, stellten klar, dass er nicht von hier kam. Weder aus Seattle, noch aus den UCAS. Seinen Akzent ordnete ich irgendwo in Nordeuropa ein. Ich deutete auf den Platz gegenüber von Average. „Die Runde geht da los. Setzt dich doch schon mal.“ Ich sah Rubber Duck und Triple S an, „Euch beide bitte ich, noch mal kurz rauszugehen.“ Ich legte mehr Timbre in die Stimme und fügte etwas verführerischer hinzu, „Dann ist die Überraschung nachher größer.“

Triple S nickte, Rubber Duck riss sich von meinem Anblick los und beide verließen das Hinterzimmer. 

[Song 3:Fever Ray - If I had A Heart (Vikings Theme)] Gunner sah Average erwartungsvoll an. Dieser betätigte den Timer und legte dann los. 

„Wie viele Metamenschen hast du getötet?“

Gunner zuckte leicht mit den Schultern, „Weiß nicht genau. So 300.“ 

Wow, nicht schlecht.

„Was ist dein Lieblingseis?“

Die Antwort kam überzeugend, „Kaltes.“

„Welche Drachen-Namen kennst du?“

Gunner überlegte nur kurz, „Lofwyr, Alamais, Nachtschwinge, Kaltenstein.“

Nordeuropa, wie ich es mir dachte.

„Wieso ist dein Commlink so alt?“

Er grinste leicht, „Kauf ich nicht so oft.“

„Du hast jetzt noch 10 Sekunden zu leben. Was tust du?“

Gunner antwortete schnell und fixierte Average dabei, „Ich wehre mich. - PENG.“, kam es laut und plötzlich.

Ich war mir ziemlich sicher, dass der Elf tatsächlich in dieser kurzen Zeit hätte schießen können. Wahrscheinlich hätte er Average sogar töten können, während er Peng sagte. Zum Glück bewegte sich Gunner nicht mal ansatzweise. Shadowrunner waren Raubtiere und Panik unter Raubtieren war unbedingt zu vermeiden. 

Als nächste war Chang an der Reihe seine Fragen zu stellen. 

Der unauffällige Asiate sprach eine Spur schneller, als ich es von ihm gewohnt war. Dabei sah er Gunner die ganze Zeit aufmerksam an.

„Kennst du UC?“

Gunner antwortete im gleichen schnellen Tempo, „Nein.“

„Was qualifiziert dich für uns?“ 

Es war doch tatsächlich ungewohnt, Chang mehrere Sätze sprechen zu hören, die keine chinesischen Weisheiten waren. Er ließ die Texte also doch nicht von einem Chip abspielen, stellte ich schmunzelnd fest.

„Ich bin ein guter Krieger!“

„Was ist deine Schwäche?“

„Sage ich dir nicht!“

Na, das war zu erwarten gewesen. Krieger gaben ihre Schwächen nicht preis.

„Mit was verbringst du deine Zeit?“

„Ich trainiere und bereite mich auf das Ende aller Tage vor.“

Ah, das könnte Rückschlüsse auf seinen Glauben zulassen. Das Ende aller Tage klang sehr nach Mythologie.

‹Ich vermute, er spricht von Ragnarök, Elfenmädchen.›, bemerkte Katze.

„Wofür würdest du dein Leben geben?“, stellte Chang seine nächste Frage.

Wieder zögerte Gunner nicht. „Für Freunde, die Familie, Kameraden und für die richtige Sache.“

„Was ist für dich die richtige Sache?“, fragte Chang nach.

„Das finde ich noch heraus.“

Chang nickte, „Danke!“ Er hob seine kleine Teetasse, denn er hatte wieder seine Thermoskanne mitgebracht, „Tee erleuchtet den Verstand, schärft die Sinne, verleiht Leichtigkeit und Energie.“

Doch noch eine chinesische Weisheit. Chang trank einen Schluck. Die Flüssigkeit dampfte noch. Ich hatte wieder einmal nicht ausreichend auf Chang geachtet, denn mir war gar nicht bewusst geworden, dass er sich frisch Tee eingegossen hatte.

‹Nun Elfenmädchen, dass ist ja auch nicht gerade eine aufregenden Angelegenheit, die man bemerken muss.›, betonte Katze leicht gelangweilt. 

‹Ja. Da hast du recht Katze.›, bestätigte ich. Dennoch war uninteressant zu sein, eine bemerkenswerte Fähigkeit, die für mich nicht in Frage kam, aber Chang irgendwie gut stand.

Gunner nahm nun gegenüber von Blackstone Platz und sah ihn gezwungenermaßen ein wenig von oben herab an.

Blackstone blickte ernst zurück, „Hast du was gegen Zwerge?“, fragte er im neutralen Ton.

Gunner grinste, „Ja! Messer, Axt, Pistole!“

Ein Lächeln huschte über das Gesicht von Blackstone, „Kannst du Befehle befolgen?“

„Ja!“

„Ist dein Name Programm?“

„Klar.“

„Wie?“, fragte Blackstone nach.

„SCAR-H3. Modifiziert.“, kam die Antwort schnell und flüssig.

Blackstone deutete mit einem Nicken in Richtung von Gunners Gürtel, „Welche Beziehung hast du zu deinem Tomahawk?“

„Keine. Ist eine Axt, wie jede andere.“

„Wer sagt, dass du gut bist?“ Blackstone sah Gunner in die Augen.

Dieser antwortete überzeugt und selbstbewusst, „Ich.“

„Welche ist deine Lieblingswaffe?“

„Die, die zur Hand ist.“

Blackstone nickte. „Danke. Das war es von meiner Seite aus.“

Gunner setzte sich mir gegenüber, lächelte einnehmend und meinte erfreut, „Ah, jetzt kommt der Preis, die schöne Frau.“

Gunner verströmte einen angenehmen Duft. Würzig und männlich. Nicht übermäßig geschwitzt, ein Hauch von Bieratmen, ein Hauch von Seife, kein Parfum. Um Augen und Mund zeichneten sich winzige Lachfältchen ab. Sein muskulöser Oberkörper war perfekt definiert. Es war anzunehmen, dass er überall gut gebaut war und die Art, wie er mich ansah, ließ mich vermuten, dass er ein guter Liebhaber sein würde. Vielleicht stand er nicht auf Konversation und langes Vorspiel, aber es würde ihm wichtig sein, dass auch sie dabei ihren Spaß bekam. 

Ja, ich dachte an Sex. Mehrmals am Tag an Sex zu denken, ist nichts was Männern vorbehalten ist.

Ich lächelte ihn an und er erwiderte sowohl Lächeln, als auch Blick. „Sprichst du andere Sprachen, außer Englisch?“

Er nickte, „Norwegisch, Deutsch und Alt Norse.“

Ich horchte auf, Alt Norse, das war nicht sonderlich weit verbreitet. „Würdest du mir das beibringen?

„Klar, jederzeit.“

Ich gab einen kurzen, schnurrenden Laut von mir, „Gut.- Wie magst du deinen Kaffee?“

„Heiß!“, erwiderte Gunner im Ton einer neutralen Antwort und ohne jegliche Anspielung.

„Gibt es einen Ort, an den du noch reisen möchtest?“

Er zuckte mit den Schultern, „Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht.“

„Wie denkst du über Infizierte?“

„Mit Abstand.“

„Gibt es etwas, was du nicht tun würdest?“
Auch bei meiner letzten Frage zögerte Gunner nicht, „Ich töte keine Kinder.“

Diese Antwort passte ganz hervorragend zu meiner Einstellung und so wie er das gesagt hatte, würde er bestimmt Verständnis dafür zeigen, dass einige von uns das andere Team aufhalten wollten. Ich lächelte Gunner noch einen Moment lang fast schon grinsend an, dann kam der nächste an die Reihe.

Gunner setzte sich an die Seite und Triple S betrat das Hinterzimmer. 

[Song 4: Passive - A Perfect Circle] Als ich auf den Platz vor Average wies, nickte er und verzog ein winziges bisschen den Mundwinkel. Eine Spur von Verachtung gegenüber dem behäbigen Mann. Interessant.

Average hatte das nicht bemerkt, „Wie viele Metamenschen hast du getötet?“, fragte er drauf los.

Triple S zögerte, dann sagte er zunächst, „Muss ich erst überlegen.“, und nach einer Pause fügte er hinzu, „So 30.“

Hmm. Auch ihm war es also egal. Wen das scherte, der wusste, wie viele er auf dem Gewissen hatte.

 „Was ist dein Lieblingseis?“

„Schokolade.“

Ob man wohl Rückschlüsse vom Lieblingseis auf das Wesen eines Metamenschen schließen konnte? Nein, wahrscheinlich nicht, nur auf seinen Geschmack. 

Was lernte ich nun aus den beiden Eis-Antworten? Was das Essen anging, hatte Gunner keine Vorlieben und Triple S hatte einen Mainstream Geschmack, aber zumindest schon mal Eis  gegessen, was auch nicht jeder von sich sagen konnte. Ob Triple S wohl behütet aufgewachsen war?

‹Wenn dich das wirklich interessiert, wirst du das noch rausfinden, Elfenmädchen.›, meinte Katze.

„Welche Drachennamen kennst Du?“

Triple S sah Average nun in die Augen und erwiderte leicht überheblich, „Das würde dich was kosten. 5000 pro Drachennamen.“

Ich hätte beinahe laut aufgelacht. Er wollte Geld für Namen, die man täglich aus dem Trid ziehen konnte? Wie blöd sollte jemand sein, für das willkürliche Nennen von Namen zu zahlen? Wenn er das für ein Geheimnis hielt, hatte er keine Ahnung über den Wert von echten Geheimnissen. Oder aber, er glaubte an die Geschichte, dass das Nennen von Drachennamen Unglück brachte oder ihre Aufmerksamkeit erregte. Dann waren 5000 NuYen ein Zeichen dafür, dass er für Geld Risiken auf sich nahm. 

Die Frage war viel besser, als ich zunächst dachte. Ich amüsierte mich gerade prächtig.

„Wieso ist dein Commlink so alt?“, stand bei Average als nächstes auf der Liste.

Triple-S zuckte mit den Schultern, „Ich brauche selten eins.“ 

Hupps, ein ganz, ganz dummer Fehler. Hoffentlich machte er sich damit nicht irgendwelche Notizen und viel wichtiger, hoffentlich überprüfte er regelmäßig, ob Kamera und Micro aus waren. Metamenschen, die ihrem Commlink zu wenig Beachtung schenkten, konnte man ganz hervorragen darüber ausspionieren. Es sei denn, man hielt es wie Harlequin oder Blackstone und blendete die AR-Welt manchmal völlig aus.

„Du hast noch zehn Sekunden zu leben, was tust du?“

„Ich belebe mich wieder.“, meinte er völlig von sich selbst überzeugt.

Ich grinste in mich hinein. Wie jetzt? Bevor er gestorben war? Oder nachdem? Oder im Sterben? Triple S schien Magie für das Allheilmittel zu halten. Seine Aura war zwar maskiert und wirkte mundän, aber selbst ohne die Agenda von Doc, die ihn als ‚Mage for Hire' auswies, hätte ich darauf gewettet, dass er magisch aktiv war. Unbewaffnet, Perlenkette, überheblich und Runner, das konnte nur ein Magier sein. 

Als Triple S einen Stuhl weiter rückte, strahlte er ganz klar aus, dass die anderen sich eigentlich zu ihm hätten setzten müssen. Da diese anderen auch Menschen waren, schied normaler Rassismus aus.

Chang war an der Reihe. Sein Gesichtsausdruck war völlig neutral. 

„Kennst Du UC?“, fragte er leise und ruhig. 

„Nein.“, erwiderte Triple S. 

„Was qualifiziert Dich für uns?

Von der Tatsache überzeugt meinte der Mann, „Ihr braucht mich!“

Chang bliebt weiter völlig neutral und fragte nach; „Woher willst Du das wissen?“

Arroganz fand sich nun in Haltung und Ton, „Ich weiß es! Ohne Magie kommt man nicht weit!“

Etwas, was ich nicht unterschreiben würde. Allerdings half Magie, sofern man sie wirklich beherrschte extrem weiter. Doch wenn der Heer im fliederfarbenen Hemd glaubte, UC wäre auf seine seltene Magie angewiesen, dann irrte er. In den Reihen von UC befand sich so viel Magie, dass wir Hintergrundstrahlung verursachten, wenn wir lange an einem Ort waren. Was natürlich ein scherzhafter Gedanke war. Allerdings würde wohl so mancher blass werden, der nach Magie scannte und UC checkte. Natürlich nur, wenn nicht der Großteil von uns seine Magie tarnen würden.

„Was ist Deine Schwäche?“, stellte Chang seine nächste Frage.

„Wer Magie hat, hat keine Schwäche!“, lautete die simple Antwort.

Oh, oh, was für eine Fehleinschätzung der Lage. Mit dieser Antwort hatte er gerade schon seine erste Schwäche offenbart. Interessant. Blackstones geistige Notiz konnte ich förmlich hören und das Grinsen von Shark Finn praktisch sehen. 

„Wofür würdest du dein Leben geben?“, fragte Chang nun.

Diesmal überlegte Triple S einen Moment, „Für noch mehr Magie, für viel Geld, für schöne Frauen.“

‹Nehmt ihn auf, Elfenmädchen.›, kommentierte Katze, ‹Er ist magisch und schon jetzt bereit, sein Leben für dich zu geben.›

Ich schmunzelte, ‹Ja, da hast du recht Katze. Ich frage mich nur, was er mit dem Geld nach seinem Tod anfängt.› Ich lachte, ‹ Doch ich verstehe das schon richtig. Es geht hier ja um das Risiko, welches er bereit ist für etwas einzugehen. Und da ich nun mal sehr schön und definitiv eine Frau bin, wird er wohl ein hohes Risiko für mich eingehen.›

Chang hob seine Tasse, die Flüssigkeit darin dampfte nicht mehr, „Danke! Tee erleuchtet den Verstand, schärft die Sinne, verleiht Leichtigkeit und Energie.“

In Blackstones Augen war ein leichtes Blitzen getreten. Triple S hatte irgendwas in ihm herausgefordert. „Hast Du auch passende Kleidung?“, fragte er leicht spöttelnd.

Die Frage überraschte Triple S, „Ähm ja.“

„Welches ist deine Lieblingswaffe?“, wollte Blackstone nun wissen.

„Mein Verstand!“, erwiderte er ohne zu zögern.

Was bei mir die Vermutung aufkommen ließ, dass er in die Richtung hermetischer Magier ging. Das war natürlich nur eine grobe Schublade, mehr schon ein komplette Kommode. Das genaue Fach würde sich erst mit der Zeit offenbaren. 

„Mehr destruktiv oder regenerativ?“, harkte Blackstone nach.

Triple S hob die Augenbrauen, „Wie bitte?“

Blackstone sah Triple S herausfordernd an, „Na dein Verstand scheint nicht deine beste Waffe zu sein.“, konterte er.

Gunner lachte laut und ansteckend. Ich ließ mich zu einem Schmunzeln hinreißen. 

„Bist du Rassist?“, fragte Blackstone ohne noch mal auf die Frage davor einzugehen. Mein Verstand war irgendwie angeheitert. Ich hatte doch glatt Bassist gehört. Bilder von Recall-Karten, die wir über AR verteilten, huschten durch meinen Kopf und ich musste mich zwingen, mich zu beherrschen. 

‹Herzlichen Glückwunsch, du bist im Recall und darfst mit UC ausziehen, um Draco-Formen zu töten. Das klingt doch nett, Elfenmädchen.›, meinte Katze ebenfalls amüsiert. 

Was es mir nicht gerade leichter machte, ernst zu bleiben.

„Nein.“, antworte Triple S hingehen ernst auf diese Frage. Er war kein Rassist, - gut. Was natürlich nicht hieß, dass er nicht trotzdem voller Vorurteile war. Doch wer war schon frei von Vorurteilen? Der werfe dann die erste Sake-Dose oder so.

„Arbeitest du lieber im Team oder allein?“

„Im Team, wer sollte mich sonst bezahlen?“

„Kannst Du Befehle befolgen?“, stellte Blackstone seine anschließende Frage.

„Ja.“, war die simple Antwort darauf.

Jetzt kam Triple S zu mir. Es sah mich interessiert an. Seine Züge waren etwas weicher geworden. Allerdings nahm er dieses Interview zu professionell, als das er auch nur mit den Augen geflirtet hätte. Sein Duft war nicht unangenehm. Definitiv männlich, ein dezentes Aftershave. Saubere Kleidung, kalter Rauch, eventuell Snuff, die er wohl gelegentlich genoss. Die Perlenkette schien mir aus echten Perlen zu sein und schon mal einen Wert zu haben. Obwohl es sich eventuell anders anhörte, sah es nicht unmännlich aus, eine Perlenkette zu tragen. Jedenfalls nicht an ihm.

Ich begann wieder mit, „Welche Sprachen, sprichst du außer Englisch?“

„Latein.“

Passend, aber langweilig. Mein Latein war gut genug. Eine Aussage, die mein Mentor nicht unterschreiben würde.

„Wie magst du deinen Kaffee?“

„Schwarz.“

Auch passend. Ich überlegte kurz, den Kopf ein wenig schief zu legen, um ein bisschen Unruhe ins Spiel zu bringen, entschied mich dann aber dagegen. Triple S war nicht unattraktiv, schon gar nicht für einen Menschen. Seine Figur mochte nicht meinem Idealbild entsprechen, aber das war nicht entscheidend. Durch seine Art zu antworten schloss ich auf einen Traditionalisten, was Sex anging. Vielleicht kamen sogar ein paar klassische Männerträume von Frauen, die ihn bedienten und bewunderten hinzu. Von ihm würde ich weder Leidenschaft, noch sonderlich starke Gefühlsbekundungen erwarten. Er fiel durch mein erstes ‚Männer mit denen ich mir vorstellen könnte, Sex zu haben‘ Raster. Zwar war er damit noch nicht im Moor der Männern, mit denen ich sicher keinen Sex haben würde, gelandet - schließlich besaß er das nötige Maß an Selbstbewusstsein und darauf stehe ich nun mal, aber den Kopf schief zu legen, lohnte sich dennoch nicht.

„Gibt es einen Ort, den du mal besuchen möchtest?“

Triple S überlegte nur kurz und sagte dann, „Istanbul.“

„Oder Konstantinopel.“, fügte ich lächelnd hinzu. Er reagierte nicht weiter darauf. Also kam ich gleich zu meiner nächste Frage. „Wie stehst du zu Infizierten?“

„Meistens mit Abstand.“, erwiderte er knapp. 

Jetzt lächelte ich breiter, „Und nun zu meiner letzten Frage. Gibt es etwas, dass du nicht tun würdest?“

„Ohne Bezahlung arbeiten.“

Was dann ganz hervorragend zu der Aussage mit den Drachennamen und der Bereitschaft für Geld Risiken einzugehen passte. Ich lächelte charmant. „Danke dir. Wenn du magst, kannst du dich zu Gunner gesellen.“

Was er dann auch tat. 

Ob er wohl schon nachgesehen hatte und wusste, dass Gunner magisch aktiv und somit höchstwahrscheinlich Adept war?

[Song 5: Grits- My Life Be Like] Rubber Duck bildete den letzten in dieser feinen Runde. Er grinste jungenhaft, als er den Raum betrat. „Ich hab noch ne Frage. Geht es vielleicht, dass mir Snowcat all eure Fragen stellt? Ihr würde ich sicher viel ausführlicher antworten.“

Shark Finn bleckte die Zähne, „Vergiss es, aber wenn du magst, stell ich dir alle Fragen.“

Rubber Duck winkte ab, „Nee, lass mal. Aber den Versuch war es in jedem Fall wert.“ Er nahm lässig gegenüber von Average Platz.

„Wie viele Metamenschen hast du schon getötet?“

Rubber Duck besaß eine völlig andere Körpersprache, als die beiden davor. Er blieb zwar auch cool, bewegte sich aber mehr. So zuckte er gleich zweimal mit den Schultern, „Keine Ahnung. Ich guck ja nicht nach ob sie wirklich tot sind. Es sei denn, das gehört zum Job.“ Und er redete mehr.

Average zeigte kurz einen missbilligenden Gesichtsausdruck, dann fragte er, „Was ist dein Lieblingseis?“

Diesmal zögerte Rubber Duck nicht und erläuterte es auch nicht weiter, „Mango.“

„Welche Drachennamen kennst du?“

Schnell und unbekümmert erwiderte Rubber Duck, „Bestimmt 12. Also du meinst sicher große Drachen.“ Nun überlegte er sichtbar, „Gibt es überhaupt so viele?“ Er zählte sie offenbar durch. 

Da der Timer lief, ging Average nicht weiter darauf ein und stellte seine nächste Frage, „Warum ist dein Commlink so alt.“

Rubber Duck blickte erstaunt drein, beugte sich etwas vor und fragte, „Warum hältst du ein anderes Commlink für meins?“

Average und auch Blackstone grinsten.

„Du hast noch zehn Sekunden zu leben, was tust du?“

„Na das ist ja ne merkwürdige Frage.“ Rubber Duck schien ernsthaft nachzudenken.

„8, 7, 6.“, zählte Average runter.

Rubber Duck zuckte mit den Schultern, „Rausreden oder welche mit in den Tod nehmen.“ Dann sah er Average interessiert an, der ausdruckslos zurück blickte. Rubber Duck zog die Stirn in Falten, „Oder hattest du die Frage bedrohlich stellen wollen?“

Nun grinste Average noch mal und verwies ihn mit einer Geste an Chang.

„Kennst du UC?“, begann Chang wieder in seiner neutralen, ruhigen Art.

Der viel temperamentvollere Asiate grinste, „Noch nicht. Aber ich habe schon von Euch gehört.“, und nach einer kurzen Pause fügte er hinzu, „Aber wer hat das nicht.“

„Was qualifiziert dich für uns?“

Rubber Duck lehnte sich zurück, „Das ist eine lange Liste. Ich kann zum Beispiel schöne Autos fahren. Am besten ich zeige es Euch!“ Wieder folgte eine kurze Pause und dann der Zusatz, „Und natürlich mein Aussehen!“

„Was ist deine Schwäche?“

„Frauen. Definitiv Frauen.“, er hatte nicht mal den Bruchteil einer Sekunde mit dieser Antwort gezögert.

„Mit was verbringst du deine Zeit?“

Nun lächelte Rubber Duck sogar verträumt, „Mit Frauen, Autos und Musik!“

„Wofür würdest du dein Leben geben?“

Rubber Duck atmete hörbar aus und sah zu mir rüber, „Für Snowcat.“ 

Eine perfekte Antwort.

Etwas nachdenklich fuhr er fort, „Und bestimmt auch für andere gut aussehende Frauen.“ Er sprach wieder lauter weiter, „Für Freunde und Teamkollegen natürlich.“

Chang lächelte leicht, „Danke! Tee erleuchtet den Verstand, schärft die Sinne, verleiht Leichtigkeit und Energie.

Rubber Duck grinste, „Kanpai! Lass es dir schmecken.“

Chang nickte, „Gan bei.“, und trank einen Schluck.

Blackstone fixierte Rubber Duck einige Sekunden, erst dann fragte er, „Du sagtest, du kannst uns fahren. Nur Autos oder auch andere Transportmittel?“

„Ja klar, ich beweg alles, was eine Steuereinrichtung hat. Egal ob an Land, in der Luft oder Im Wasser. Unter Wasser hab ich bisher noch nicht versucht, schaff ich aber sicher auch.“

„Und was ist, wenn die Fahrzeugsteuereinrichtung kaputt ist?“, fragte Blackstone nach.

Rubber Duck grinste wieder, „Na dann setzte ich auf das eingebaute Steuer und hoffe, dass ich es damit noch fahren kann und das nicht auch kaputt ist.“

„Was ist deine Lieblingswaffe?“

Rubber Duck verzog den Mund, „Hab ich nicht. Ich nehme die, die verfügbar ist und schraube sie an einen Wagen oder eine Drohne.“

„Du wirst von eine schönen Frau mit einer Pistole bedroht. Was tust du, flirten oder schießen?“

Blackstone hatte sein Programm angepasst.

„Boah, das ist ziemlich unfair.“, Er spielte an seiner YinYang- Kette, „Kommt drauf an wo das ist, aber besonders darauf, wie bedrohlich sie wirkt.“

Blackstone beschrieb, „Sie krümmt den Finger.“

„Ich schieße.“ 

Das klang glaubwürdig. Wenn sie ihn wirklich bedrohte, wäre es egal, wie schön sie war. Eine gesunde Einstellung, mit der er nicht alleine da stand. Snowcat Rulz Of Life No.16, ‚Wenn Du einem erst die Knarre ins Gesicht hältst, kann er dein Lächeln nicht mehr sehen.‘

Katze bleckte die Zähne, ‹Ja und an all die vielen Lächeln davor, kann er sich wahrscheinlich auch nicht mehr erinnern, Elfenmädchen.›

Rubber Duck kam nun charmant lächelnd zu mir rüber. 

Er bemühte sich, mir nur ins Gesicht zu sehen, aber das gelang ihm nicht ständig. „Wow, du weißt sicher, wie unglaublich schön du bist, aber ich sage es dir besser trotzdem.“, begann er unser Interview und sammelte Punkte.

Auch er besaß Lachfalten. Seine Haut war grobporiger, als die von Gunner, aber er pflegte sie definitiv. Ich erschnupperte Aftershave und Deo, die auf einander angestimmt waren und außerdem irgendeine Creme. 

Ich schenkte ihm zur Belohnung für das Kompliment ein besonders schönes Lächeln und fragte dann, „Sprichst du andere Sprachen, außer Englisch und wenn ja, welche?“

„Koreanisch, Japanisch, Chinesisch. Erstes sogar richtig gut.“

Diese Aussage ließ die Vermutung zu, dass er Koreanische Wurzeln besaß. Seinem Englisch nach war er aber in Seattle aufgewachsen oder zumindest schon lange hier. Ich schätze ihn auf Ende 20, während ich Triple S ein Jahrzehnt mehr zutraute. Bei Elfen konnte man das ja nicht sagen und nein, auch als Elf konnte man das nicht. 

„Wie magst du deinen Kaffee?“

„Schwarz mit Milch und Zucker.“, erwiderte er mit dem jungenhaften Grinsen.

Rubber Duck war mit ziemlicher Sicherheit ein Liebhaber, der auf ausgiebige Vorspiele stand und den Spaß einer Frau in den Vordergrund stellte. Er würde wahrscheinlich sogar auf eine romantische Umgebung achten und eine Frau umwerben. Zudem vermutete ich bei ihm eine gewisse Experimentierfreudigkeit und Spontanität, was Spielereien anging, die aber nicht zu ausgefallen werden durften. 

„Gibt es einen Ort, an den du mal reisen möchtest?“

Er nickte, „Hawaii.“ 

Die Antwort entlockte Shark Finn sicher ein Grinsen. 

„Wie stehst du zu Infizierten?“ Bei dieser Frage hatte ich meinem Gegenüber jedes mal in die Augen gesehen und tat dies auch hier. Auch bei Rubber Duck gab es keine Spur von Abscheu.

Er zuckte mehrmals mit den Schultern. „Keine Ahnung. Ich kenn mich nicht damit aus. Also dann so, wie man mir es sagt.“

Ich lächelte, „Gut. Nun zu meiner letzte Frage.“

„Schade.“, bemerkte der junge Mann dazwischen.

„Was würdest du nicht tun?“

Rubber Duck holte tief Luft, „Kinder töten oder ihnen überhaupt nur Gewalt antun und Tiere ohne Grund töten würde ich auch nicht.“ Er sah zu Blackstone rüber, „Und wenn sie mich angreifen wollen oder die Wachtiere sind, ist das schon ein Grund.“

Rubber Duck stand auf, sah mich aber noch eine ganze Zeit an und stellte sich dabei zu den anderen. 

„Sollen wir noch mal raus gehen, damit ihr euch besprechen könnt?“, fragte Gunner.

Ich sah in die Runde meiner Kollegen und da niemand mir ein Zeichen gab, antwortete ich. „Nein, bleibt nur, ihr könnt das ruhig hören.“

Bloody Guts schickte eine Nachricht durchs Teamnetzwerk. «Gunner hat bei der Frage, ob er UC kennt, gelogen.»

Hmm? Interessant, warum er das wohl getan hatte?

Laut sagte ich, „Ich würde gerne alle drei einladen, mitzumachen, was meint ihr?“

Alle nickten, Blackstone sogar über sein normale Mass hinaus deutlich. 

Ich bat die drei, sich zu uns zu setzen. „Okay, wie denken zwar auch generell über eine Teamverstärkung nach. Wie sind ja mehr so etwas wie eine Runner-Vereinigung.“, erläuterte ich, „Doch im Moment brauchen wir kurzfristig und mit kurzfristig meine ich sofort, Verstärkung. Der Job, den wir gerade angenommen haben, übersteigt unsere aktuelle Kampfkraft und das würden wir gerne ändern. Wir wollen ein Team ausschalten, dass es in sich hat. Sie sind zu zehnt und zu ihnen gehören zwei Gorgonen und ein Elder Lindworm.“

Die drei stellten kurze Zwischenfragen, bestätigten dann zu meiner Freude jedoch ohne Ausnahme, dass sie mitmachen wollten.

Ich lächelte, „Gut. Vor den Details, komme ich zur Bezahlung.“

Triple S hob die Hand.

Ich sah ihn fragend an, „Ja?“

„Ich lasse mich immer nach Zaubern und abverlangten Geisterdiensten bezahlen. Die Kosten berechnen sich nach dem sogenannten Entzug. Das mache ich immer so und weiche nicht davon ab. Ist das für euch okay?“

Wow, das war ja mal etwas völlig anderes.

Blackstone fragte nach, „Müssen wir in Vorkasse gehen?“

Triple S nickte, „Erst das Geld, dann der Zauber!“

Blackstone legte die Stirn in Falten, „Dann brauche wir aber eine Liste, mit den Zaubern, die du kannst.“

„Die bekommt ihr mit der Preisliste.“

Nun fragte ich etwas nach, „Dann sagen wir, mach mal bitte den und dann führst du das ohne zu zögern aus?“

Triple S nickte abermals, „Solange es in meinen Möglichkeiten liegt, ja.“

Ich spielte beim Nachdenken mit einer meiner Haarsträhnen. Im ersten Moment klang das unmöglich, aber wenn ich einen Moment länger darüber nachdachte, dann hatte das auch seine Vorteile. 

Blackstone war zu dem selben Schluss gekommen, „Ist in Ordnung. Wir können es zumindest ausprobieren.“

Ich nickte nun und fügte ein wenig nachdenklich hinzu, „Ich hoffe aber, dass du uns kostenlos beim Planen hilfst. Schon allein, weil du ja am Besten weißt, was du kannst.“

Nun nickte Triple S.

Eines musste ich aber zusätzlich klären, „Da ich im Einsatz nicht erst nach meinem Commlink kramen will, würde ich dir gerne ein Prepaid-Guthaben zahlen, von dem du dann zauberst. Einverstanden?“

Der Mann überlegte kurz, nickte dann aber, „Gut.“

„Fein. Euch anderen beiden zahlen wir je 10.000 ¥ für den Job …“

Gunner pfiff durch die Zähne, „Wow.“

„… und wir finanzieren Spezialausrüstung, wenn nötig.“

Da wir keine Zeit zu verlieren hatten, verlegten wir die Besprechung von Details in den offiziellen Bereich von Liams Werkstatt, wo Bubbels schon mit einigen Vorbereitungen beschäftigt war. 

❄❄

[Song 6: Thousand Foot Krutch - We Are] Am frühen Mittwoch Morgen, es war der 20.09.2073, hatten wir bereits den Kram von Bubbles Liste besorgt und den Plan verfeinert. 

Nun saß ich mit Gunner und Rubber Duck in der Werkstadt und füllte Munitionkapseln mit Narcojet und DMSO. Unser Plan sah vor, den Lindwurm so müde wie möglich zu machen. 

Bubbles, Bloody Guts und Blackstone werkelten derweil am Sprengstoff, während Average das Lagerhaus an den Docs aktiv im Auge behielt. 

Da blieb zum Glück alles ruhig. Wenn das lange genug so blieb, konnten wir unseren Plan völlig umsetzten. Ob er aufgehen würde, würde sich dann noch zeigen.

Rubber Duck gab sich wirklich Mühe, mich nebenbei näher kennen zu lernen und er war aufmerksam genug, so dass er schnell wusste, wie ich meinen Kaffee mochte ohne gefragt zu haben.

Gunner lachte viel, laut und gern. Sein nordischer Akzent ließ ihn noch freundlicher wirken. 

Mein Blick fiel auf Bloody Guts und Shark Finn, die in der Küche gerade dicht neben einander standen. Shark Finn behielt mich die ganze Zeit über im Augen und lächelte, als ich zu ihm sah. Es war unglaublich, wie verschieden zwei Vertreter der gleichen Rasse aussehen konnte. Bloody Guts bewegte sich mit seinem schiefen, mit Hautknorpeln übersäten Gesicht, der braunen Haut, den kleinen, tiefliegenden Augen und den krummen Hörnern auf der hässlichen und Shark Finn mit seiner glatten gepflegten Haut, seiner rotblonden Haarpracht, den ebenmäßigen Gesichtszügen und den klaren blauen Augen auf der attraktiven Seite der Skala. Shark Finn war innen und außen schön. Seine Schönheit zu entdecken war leicht, doch bei Bloody Guts musste man die Schönheit im Verborgenen erkennen.

❄❄

Um 16.00 Uhr stand alles bereit. Bis zum Sonnenuntergang waren es noch gut 3 Stunden, dennoch würden wir uns bald Richtung Docs aufmachen. Immerhin mussten wir noch ein Motorboot stehlen und präparieren.

❄❄

Um 17.30 Uhr war auch das erledigt. Dann begann das Warten. Wir gingen davon aus, dass das gegnerische Team sich irgendwann aufmachen würde, um ihr nächstes Ziel auszuspionieren. Dann würden Average und Bloody Guts ihnen hinterher fahren und sie im Gegenzug ausspionieren und wenn sie sich auf den Rückweg machten, würden wir zuschlagen, die Kisten stehlen und dabei den Lindwurm und hoffentlich nur eine Gorgone ausschalten müssen. 

Average im Team derer sein zu lassen die die Gruppe verfolgten, löste gleichzeitig sein moralisches Problem. Er war defacto nicht an den Kämpfen beteiligt und würde auch später nicht darin eingreifen. Auch während der feinen Bastelstunde hatte er sich nur um die Überwachung gekümmert und dies alles ging als, 'ich helfe meinen Freunden’ durch.

Wir saßen also alle in den Teamwagen auf einem großen kostenlosen Parkplatz in der Nähe der Docs und waren bereit zuzuschlagen. Wann es soweit sein würde, wussten wir nicht. Es konnte in ein paar Stunden so weit sein, aber auch erst in einem Tag. Ich nutzte die Wartezeit, um die Vorlesungen aufzuholen, die mir Dave bereits geschickt hatte. Da ich gleichzeitig auch an den Gesprächen mit meinen Teamkollegen teilhaben konnte, fiel das nicht auf. 

Kurz vor 21.00 Uhr kam Bewegung ins Lagerhaus und die Drohne zeigte, wie die Männer und eine Gorgone in den Roadmaster stiegen und losfuhren. Unsere Männer folgten ihnen im einigen Abstand.

Die Aufregung stieg. Wir bezogen unsere Warteposition nahe des Lagerhauses. Die Gespräche über den Teamkanal beschränkten sich nun auf leise Geschichten und unverfängliche Dialoge, wenn überhaupt gesprochen wurde. 

Die Mannschaft, die für Alamais spielte, fuhr nach Renton und dort spähten sie dann einen Taliskrämer und seinen Laden aus. 

Als der Mann abschloss, folgten sie ihm nach Hause, checkten seinen Weg und die Umgebung. Sie gingen gründlich und heimlich vor. 

Wenn wir nicht wären, hätte der Mann wohl nur noch 24 Stunden zu leben. 

Doch da wir da waren, würden 2 Menschen, 1 Elfe, 1 Ork, vier Drakes, zwei Gorgonen und ein Elder Lindwurm stattdessen den neuen Tag nicht mehr kommen sehen. Ich seufzte.

[Song 7: Alexandre Desplat - Godzilla] Dann kam das Signal. Sie machten sich auf den Rückweg, und wir stiegen kampfbereit aus. Kletterten über den Zaun an den Docs und schlichen zum Lagerhaus. 

Nur Rubber Duck blieb bei unserem Roadmaster, um die Kisten entgegen zu nehmen, die ihm Triple S rüber schweben lassen würde.

Mein Strumpfband mit den Foki saß. Ich hatte den von Liam gebauten Chamäleon-Anzug an, meinen Dolch und vorsichtshalber meine Monopeitsche dabei und zwei Geister im Schlepptau. Abgesehen davon, stand Shark Finn zu meinem Schutz bereit. 

Dennoch war ich aufgeregt, wie selten zuvor vor einem Gefecht. Der Gegner war mächtig und immerhin würde ich zum ersten Mal mit meinen veränderten Fähigkeiten an den Start gehen. 

Rubber Duck hatte eine seiner kleinen Krabbeldrohne so im Lagerhaus in Position gebracht, dass wir hervorragend sehen konnten, wie es da drinnen aussah. Der Elder Lindwurm schlängelte sich wieder in dragonischer Anmut um den Tisch mit den drei Transportkisten. Die Gorgone bewegte sich etwas weiter hinten umher. 

Tripels S levetierte zunächst sich und dann Blackstone aufs Dach, während Gunner, Shark Finn Chang und ich bis an die Tür auf der zur Strasse gewandten Seite schlichen. 

Mein Herz pochte heftig. 

Ich wusste genau, wo die anderen waren. Das Tacnet lieferte mir, lieferte uns allen zusätzliche Informationen.

Shark Finn schickte mir eine Nachricht aufs Commlink, die nur für mich bestimmt war. «Bleib dicht hinter mir.»

Ich erwiderte, «Copy. Schräg links, sonst kann ich nichts sehen. Ich muss was sehen können, um Spruchabwehr geben zu können.» 

Finn nickte knapp.

Ich spürte nach Magie, meine Sinne bewegten sich durch die Astralraum. Da war die beiden Dualen Wesen, aber sonst war da nichts.«Es gibt keine Wachgeister.», gab ich bekannt.

«Sind bereit, ich kann die Gorgone sehen. Zaubere jetzt den verabredeten Spruch.», meldete Triple S.

Ich kreuzte die Finger. Wenn es funktionieren würde, dann würde die Gorgone den Lindwurm angreifen, was uns die entscheidende Ablenkung verschaffen würde.

Tik, tak, tik tak.

Dann zeigte der Kamerafeed, wie die Gorgone sich auf den ahnungslosen Lindwurm zu bewegte und ihn kräftig in die Seite biss. 

Go.

Adrenalin wurde freigesetzt. 

Die Zeit schien sich zu verlangsamen. 

Der Tanz begann.

Gunner riss die Tür auf und ich gab meine Befehle. 

Der Lindwurm wehrte sich gegen die Gorgone und bald würde er als Sieger feststehen. Das Drachenwesen war unglaublich stark gepanzert und kräftig, er schleuderte die Gorgone förmlich ein Stück davon. Dennoch griff sie unter dem Zwang des Zaubers ein weiteres mal an. 

Blackstone, Shark Finn und Gunner eröffneten praktisch gleichzeitig das Feuer aus ihren schallgedämpften Sturmgewehren auf den Lindwurm. Blackstones erste Kugeln drangen durch ein Fenster im Dach. Halb durchsichtiges Plastik fiel auf den Boden. 

Die Treffer blieben in der Panzerung des Lindwurms stecken und ich konnte nur hoffen, dass das Narcojet durchdringen und irgendwann Wirkung zeigen würde. 

Wie viel er wohl davon vertrug?

Triple S levtierte die erste Kiste mit Brachialgewalt durch ein Oberlicht. Es regnete weitere  Scherben in die Lagerhalle und langsam aber sicher bemerkte der Lindwurm, was abging. 

Doch zunächst musste er die Gorgone ein weiteres Mal abwehren. Er schleuderte sie quer durch den Raum.

Ich sah mich um und gab noch mal Anweisungen. 

Unaufhörlich donnerten weitere Kugeln auf die Panzerung des Lindwurms ein und einige hinterließen sogar sichtbare Treffer. 

Doch dann wandte sich der Lindwurm direkt uns an der Tür zu. 

Meine Nackenhaare stellten sich unter der Masse von magische Energie auf, die er sammelte. 

Ja, er war durch die Angriffe der Gorgone angeschlagen. An einigen Hautstellen zeichnete sich sogar einige Versteinerung ab. Doch ob das ausreichen würde?

Ein gewaltiger Feuerball löste sich aus seiner Richtung und brandete über uns hinweg.

Shark Finn war vor mich getreten.

Ich hielt den Atem an. Mir wurde heiß. 

Doch ich brannte nicht. 

Keiner von uns Vieren tat das. 

Es roch nach Feuer, aber wir brannten sich! Ein Hochgefühl machte sich in mir breit.

Die Gorgone rappelte sich auf. 

Die zweite Kiste schwebte durch das Loch im Dach davon.

Der Lindwurm bewegte sich weiter auf uns zu. 

Aus meiner Position sah er überhaupt nicht mehr majestätisch aus. Er wirkte einfach nur noch unglaublich gefährlich.

Dennoch gab ich konzentriert meine Anweisungen und koordinierte unsere Angriffe. 

Das Dauerfeuer rüttelte den Lindwurm durch. 

Dieses verdammte Narcojet sollte endlich hin machen.

Dann verschwand der Lindwurm aus unserem Sichtfeld. 

Verdammt. Er hatte sich verschleiert.

«Ich versuche ihn zu taggen.», meldete Rubber Duck.

Tatsächlich bekamen wir gleich darauf ein Signal.

[Song 8: Alexandre Desplat - Last Shot/Godzilla Score] Bei allen Drachen der 6. Welt, wie schnell war der denn? 

Er hatte über die Hälfte der Stecke zu uns überbrückt. Und er war unglaublich groß.

Ein weiterer Feuerball raste auf uns zu. Ich hielt der Atem an. 

Wieder nur heiße Luft. 

Was den Lindwurm nicht gerade zufriedener machte. Er brüllte auf. 

Ein Teil von mir wollte sich umdrehen und weglaufen. Zum Glück nur ein kleiner Teil. 

Er näherte sich uns weiter. 

Shark Finn hatte den Arm nach hinten zu mir ausgestreckt, nun jederzeit bereit, mich wegzuschieben.

Irgendwas hatte den Lindwurm geschwächt.

Er verlor an Tempo. Hoffentlich bildete ich mir das nicht bloss ein.

Egal, er war immer noch schnell genug.

Verdammt, gleich war er da. 

Nur noch wenige Meter.

Ich rief nach Arielle, meinen Spirit Of Air und stellte mich zudem auf den Gebrauch der Monopeitsche ein. Aber ehrlich, ich würde nicht kämpfen, sondern mich einfach von Finn wegbringen lassen.

Changs Stimme erklang, «Ziel in Reichweite, gehe in den Nahkampf!» 

Und dann stellte er sich Lindwurm tatsächlich einfach in den Weg. 

Blackstone und Gunner wechselte das Ziel, um nicht versehentlich Chang zu treffen. Immerhin war der Lindwurm noch unsichtbar. Sie feuerten Schaumgranaten auf die Gorgone ab, die inzwischen auch kapiert hatte, dass wir die Bösen waren. 

Shark Finn stellte sein Feuern ein. Er hielt sich bereit.

Chang deckte den Lindwurm mit einer Serie von Schlägen ein. 

Ein beeindruckendes, aber auch irgendwie eigentümliches Schauspiel, da ich nur erahnen konnte, wo der Lindwurm war. 

Das Biest schnappte nach Chang… 

… doch es verfehlte ihn um Haaresbreite.

Eine weitere Serie von Schlägen folgte.

Der Lindwurm bewegte sich ungelenk. 

Ich hoffte, das hier nicht Wunsch Vater des Gedanken war.

Doch vielleicht zeigten die Liter an Narcojet, die wir in ihn gepumpt hatten, nun doch Wirkung.

Ein weiterer gezielter Schlag von Chang. 

Der Lindwurm wurde sichtbar und sackte in sich zusammen. 

Er war so nah, dass ich nur einen Schritt machen und die Hand ausstecken musste, um ihn zu berühren.

Unglaublich, Chang hatte einen Lindwurm im Nahkampf ausgeschaltet. 

Einen Elder Lindworm!

«Lindwurm down.», gab ich ein wenig atemlos bekannt.

Gunner feuerte eine weitere Barrierschaumgranate ab und zwar direkt in das Maul der Gorgone. Das Wesen war schon ziemlich eingeschäumt und dieser Treffer gab ihr den Rest.

«Gorgone down.», fügte ich erleichtert hinzu.

«Dritte Kiste an Bord.», gab Triple S bekannt. 

Wir zogen uns zurück, schlossen die Tür hinter uns und begaben uns in Lauerposition.

❄❄

Gut 30 Minuten später näherte sich der Roadmaster der anderen aus dem Team Alamais.

Das Boot war in Position.

Bloody Guts meldete, «Wir starten jetzt den Fehlalarm und locken Polizei und Feuerwehr in die falsche Richtung. 

«Copy.»

Es wurde noch mal spannend, doch wenn alles gut ging, kam dann jetzt der simple, hinterhältige Teil.

Sie fuhren mit dem Roadmaster direkt ins Lagerhaus. Völlig ahnungslos. Als sie ausstiegen, was die meisten taten, rochen sie den Braten. Sie sahen sich um. Das Boot registrierten sie zu spät.

Nur einen Augenblick zu spät, doch das reichte. 

Ich sah nicht hin, als das Boot explodierte und sie in Stücke fetzte und verbrannte. 

«Da kommt keiner mehr raus!», bestätigte Rubber Duck im neutralen Ton.

Vorsichtshalber blieben wir noch einen Moment, um uns davon zu überzeugen.

Weder ich, noch die Drohne registrierten Bewegung,

«Wohin jetzt?», fragte ich, als wir durch die Strassen Tacomas fuhren. 

Langsam begann ich mich zu freuen. Wir hatten es geschafft und niemand von uns hatte etwas abgekriegt.

Die Kämpfe, nach denen wir Metge nicht brauchen, waren die Besten.

Blackstone grinste, «Ich denke mal, du musst kurz den Inhalt der Kisten sichten?», fragte er.

«Ja, das muss ich. Johnson rufen wir später an. »

Der Zwerg grinste immer noch. «Na dann lasst und doch alle ins Bootshaus fahren und da gleich das mit der Aufnahme der Neuen ins Team klar machen.»

Nun grinste ich ebenfalls breit, «Echt?», fragte ich rein rhetorisch, aber echt überrascht nach. «Na von mir aus gern. Wenn keiner etwas einzuwenden hat?»

Was wirklich niemand hatte.

Ich lachte leise. Speed-Dating war eine feine Sache.

Rubber Duck pfiff laut, als wir unser Clubhaus betraten.

Bloody Guts schubste ihn leicht, „Ich sag doch. Wir sind Bonzenrunner.“

„Aii!“, bestätigte Gunner.

Unser neuer Quatermaster Bubbles kam von hinten und fragte, „Habt ihr mir eine Aufnahme von der Explosion mitgebracht? Das Feuer ist ja in den Nachrichten, aber die Explosion nicht.“

„Kann ich dir geben, Kleine.“, meinte Rubber Duck fröhlich. 

Blackstone verteilte bereits Bier und Cola, während ich mich nach hinten in die Werkstatt zurück zog, um den Inhalt der Kisten zu sichten. 

Die Stimmung war ausgelassen und das war einfach großartig.

Drei Stunden später verstaute ich einen eingeschweißten Beutel mit Dragon-Clippings, die man mit ‚Hestaby‘ deklariert hatte und einen von den Knochen, den man bei einer Ausgrabung entdeckt hatte und die wohl zu einem Drachen gehörten, der es nicht in die 6. Welt geschafft hatte, in meinem Daypack. 

Ein wenig abgespannt, aber sehr zufrieden schlenderte ich zu den anderen und setzte mich an den Frühstückstisch.

„Und?“, fragte Blackstone.

„Die Kisten sollten wohl nach GeMiTo.“, erwiderte ich.

„GeMiTo?“, wiederholte Average fragend.

„Der Genua-Milan-Turin-Sprawl. Das ist in Europa.“, erklärte ich. „Soweit ich sagen kann, stammt das meiste Zeug tatsächlich von Drachen. Allerdings nicht unbedingt von großen Drachen.“ 

Von dem, was ich entwendet hatte, sagte ich natürlich kein Wort.

‹Richtig so, Elfenmädchen.›, bestätigte Katze, ‹Frauen sollten ihre Geheimnisse haben und auf dich trifft das besonders zu.›

Shark Finn reichte mir eine heiße Schokolade und Rubber Duck fragte, „Soll ich dir die Schultern massieren?“

Ich nickte lächelnd, „Ja gerne.“

„Aber pass auf deine Hände auf.“, kam es von Shark Finn und Blackstone gleichzeitig.

Gunner klopfte Chang auf den Rücken, „Na Lindwurmbezwinger. Wie gehts?“

Chang nickte bescheiden, „Danke der Nachfrage, es geht mir gut.“

War das Leben nicht einfach wundervoll? - Natürlich war es das! - Ich hatte nie daran gezweifelt.

                                              UC - UNIVERSAL CONSULTANTS - UC

               UC - Unknown Consequences -das TOP-Runnerteam aus Seattle- You See!

Wie die Übergabe an Johnson verläuft und welcher Run dann auf UC wartet, wird demnächst hier zu lesen sein, schau also bald wieder vorbei Omae. 

*reckundstrekgenüsslich* Hoffe Ihr habt Spass; *knutschi*