Episode 25/14 (vom 07.11.) Run 56/3 und 57/1

Welcome back, Omae. 

Wir freuen uns sehr, dass Du auch heute wieder dabei bist.

Derzeit On The Run sind: Blackstone*, Bloody Guts, Chang*, Gunner, Metge, Rubber Duck, Shark Finn, Snowcat und Triple S. (*Spieler war nicht anwesend)

Datum in unserer SR-Timeline: 21.- 30.09.2073

Was bisher geschah: Die Runner von UC erhalten einen Auftrag, der es wieder mal in sich hat. Man soll eine Ladung stehlen und wenn möglich das andere Team eliminieren. Im gegnerischen Team finden sich Drakes, Gorgonen und ein Elder Lindwurm. Um sich zu verstärken, bestellt UC drei Runner ins Banshee, die vorher schon durch Doc überprüft wurden und führt mit ihnen ein Speed-Interview durch, an dessen Ende man alle drei in den aktuellen Run einbezieht. Es gelingt ihnen den Run erfolgreich durchzuziehen. Gleich im Anschluss nimmt UC die drei Neuen ohne zu zögern bei UC auf. Man kommt im Bootshaus zusammen.

Wir schalten uns in dem Augenblick in das Geschehen zurück, an dem wir die Runner das letzte Mal verlassen haben.

Wie so oft erleben wir alles aus den eisblauen Augen von Snowcat mit und tauchen wieder tief in ihre Gedankenwelt ein.

Deine Kommentare zur Episode passen am Besten unter ‚A Tale So Far, Part IX‘ [LINK].

Eine Beschreibung der Runner findest Du hier [LINK].

Hat ein Wort im Text eine andere Farbe, verbirgt sich darunter wahrscheinlich ein Link und es wird im Glossar erklärt. Du kennst ein anderes Wort aus dem Shadowslang nicht? Dann schau doch einfach auf gut Glück im Glossar vorbei. [LINK]

Noch eine Kleinigkeit: die Songs zum Text sollen lediglich zur Stimmung beitragen und sind keine versteckten Hinweise- jedenfalls meistens nicht. ;-) (Ich versuche immer Videos ohne störende Werbung raus zu suchen. Ich kann allerdings nicht garantieren, dass sie auch ohne Werbung bleiben. Manchmal werden die Videos von Songs sogar schneller komplett entfernt, als ich die Episode hoch laden kann, darum nenne ich vorsichtshalber Künstler und Titel neben dem Link. Wegen Lizenzrechten muss ich bei You Tube immer öfter auf Coverversionen oder schlechte Live-Varianten zurückgreifen, oder ich finde ein anderen Anbieter. Die komplette Episoden-Playlist findest Du hier [LINK].)

Bereit Omae? Na dann los

[Song 1: Elwood Sundown ] Rubber Duck machte das mit dem Massieren wirklich gut. Ich war nach dem Durchsehen der drei Transportkisten zwar nicht verspannt, aber ich hatte die ganze Zeit vorn übergebeugt gesessen. Abgesehen davon war es auch einfach so ein gutes Gefühl massiert zu werden. Einen Grund brauchte es dazu nicht und für so eine gute Massage durfte der asiatische Neuzugang im Team mich gern auch länger anfassen. 

Metge kam von seiner Schicht im Krankenhaus ins Bootshaus zurück. Er hatte sich wieder mal völlig verkleidet und wäre jetzt als guter Bekannter von Bloody Guts durchgegangen. Postapokalypse und Goth passten ganz hervorragend zusammen. Metge trug ein völlig schwarzes Outfit mit Netzteilen und anderen Grufti-Applikationen, sein Haar war schwarz und er hatte seine Augen mit einem fetten schwarzen Kajal-Strich umrandet. So wie er sein Äußeres jedes Mal veränderte, konnte ich nur hoffen, er würde niemals die via AR markierten Wege auf dem Gelände des Bootshauses verlassen. Ich traute den Sentry Guns nicht weit genug und noch weniger traute ich dem Arachne Drohnen-Pack, dass sich seit dem Tod von FTW immer irgendwo auf dem Gelände rumtrieb und langsam aber sicher einen verwilderten Eindruck machte.

Überraschung zeichnete sich auf Metges Gesicht ab, als er die vielen unbekannten Metamenschen sah. Ich stellte vor und erklärte ganz kurz wie wir zu den Jungs gekommen waren.

„Team-Azrt?“, fragte Gunner erstaunt.

Bloody Guts nickte, „Bon-Zen-Run-Ner.“ Er betonte jede Silbe. Der Luxus, den wir als Team in den letzten Jahren zusammen getragen hatten, beeindruckte den Troll mit Gang-Hintergrund nachhaltig. 

Wir hatten für den Luxus ja auch deutlich Blutzoll gezahlt.

Ich lächelte, „Die Betonung lag auf UND. Er ist Kollege, Magier UND Teamarzt.“

Katze verzog skeptisch das Gesicht, ‹Ach ja? Und worauf beziehst du das Und Elfenmädchen?›

‹Hat nicht schon allein die Magie ein Und verdient, Katze?‹, fragte ich nach.

Katze veränderte die Position leicht und schloss die Augen, ‹Vielleicht wenn es andere sagen, Elfenmädchen, aber bei dir hätte ich auf eine treffendere Bezeichnung wie magischen Teamarzt gesetzt.› Die Kritik war unüberhörbar in ihrer Stimme mitgeschwungen.  

Bloody Guts grinste breit und sagte an Rubber Duck gewandt, „Siehste, sag ich ja, der kann bestimmt so eine Umwandlungs-Op machen.“

Rubber Duck schüttelte den Kopf, „Hab ich dir doch schon gesagt. Ich will so einem Umwandlung nicht. Ich fühle mich als Mann wohl und ich steh auf Frauen. Nur wenn Snowcat lesbisch wäre, dann könnte ich darüber nachdenken.“

Er warf einen fragenden Blick zu mir runter, aber ich verzog keine Miene, so als hätte ich es nicht gehört. 

Rubber Duck wartete einen Moment und fuhr dann fort, „Ich hab auch nur gesagt, dass wir wenig Frauen im Team haben. Dafür ist die eine schöner, als alle Frauen, die ich kenne und von denen ich gehört habe und die ich im Trideo oder so gesehen habe. Das gleicht es aus.“

Für das Kompliment hatte er ein an ihn gewandtes Lächeln verdient. Endlich mal jemand, der mein Aussehen zu schätze wusste und das auch sagte. 

‹Für ein Männchen wie ihn gar nicht mal so schlecht.›, fand Katze.

„Average?“, fragte ich

Der behäbige Mann schenkte mir sogar sofort seine Aufmerksamkeit.

„Bist du bitte so lieb und stellst einen Chip von der Explosion und dem Tod des Teams als Beweis für Johnson zusammen?“ Ich schätze Averages Talent für solche Filmclips. Das Talent hatte er aus L.A. mitgebracht. „Natürlich darf man nichts von uns sehen.“

Average nickte, „Klar mache ich. Soll ich noch irgendeinen Schlusssatz schreiben?“

Ich schüttete den Kopf, „Keine Kommentare. Einfach nur die Fakten. Von der Explosion nach dem Gasleck hat er dann vielleicht schon gehört, also kann er das in Einklang bringen. Er soll aber keine Beweise gegen uns haben.›

Ich genoss meine Nacken- und Schultermassage noch einige Minuten. Rubber Duck hatte das sicher nicht zum ersten mal gemacht. Es tat wirklich gut. Doch dann war es an der Zeit, Johnson anzurufen. Ich legte Rubber Duck zart meine Hand auf seine, wandte den Kopf und lächelte ihn von unten an. „Ich danke dir Rubber Duck, das hat gut getan.“

Katze mauzte, ‹Nein, warum jetzt schon Elfenmädchen? Auf eine oder zwei weitere Stunden wäre es doch nun wirklich nicht angekommen.›

Der junge Asiat errötete ein wenig und erwiderte mit leicht trockener Stimme, „Han. Freunde nennen mich Han.“ Nach einer Atempause fügte er hinzu, „Gern geschehen und jederzeit wieder.“

‹Da siehst du mal wie fies du bist, Elfenmädchen. Das Männchen ist neu im Team und du nimmst ihm die Freude.›, sprach Katze und drehte mir den Hintern zu, um in Richtung Garten zu verschwinden.

Ich schenkte Han eines meiner besten Lächeln und dann zog ich mich ein wenig zurück, um Mr. Johnson anzurufen. Ich schaltete das Wegwerf-Commlink ein, welches ich vor ein paar Tagen von ihm bekommen hatte und wählte die einzige Nummer, die darin abgespeichert war. Es war 8.12 Uhr.

Johnson öffnete die Verbindung nach dem 2. Signalton. Natürlich schaltete er das Bild nicht ein und da ich damit gerechnete hatte, blieb sein Bildschirm auf der anderen Seite auch schwarz und nicht nur das, ich hatte die Kamera sogar mit einem Stück Tape verklebt. Paranoid und so. 

Katze gähnte gelassen. 

«Guten Morgen Mr.Johnson. Wir sind jetzt soweit und können die Ladung übergeben.». begann ich direkt und im geschäftsmäßigen Ton.

Die Stimme von Johnson war eindeutig seine oder zumindest genau die, die ich beim letzten Mal gehört hatte und er klang sogar ein wenig aufgeregt. «Ja, sehr schön. Dann schicke ich ihnen eine Adresse. Passt ihnen heute Mittag? Sagen wir um 12.00 Uhr?»

Ich nickte, was er nicht sehen konnte, «Ja, das passt.»

«Und?», fragte er. Die Neugier war seiner Stimme anzuhören.

Ich grinste in mich hinein, «Oh, es sind drei große Standart- Transport-Kisten mit Material.»

«Ja gut. Aber ich wollte wissen, ob ich den Bonus mitbringen soll?»

Na da wollte doch jemand ganz besonders, dass der ‚Abschaum‘ eliminiert worden war. Meinen Ton ließ ich neutral. «Ja, Mr Johnson. Wir haben auch das Bonusziel erfüllt.»

Sein strahlender Gesichtsausdruck war deutlich zu hören. «Dann bis später.» Eine Adresse traf auf dem Commlink ein, die ich weitergab, dann schaltete ich das Commlink aus.

„Ich würde gerne vorfahren und vor Ort die eine oder andere Drohne platzieren.“, meinte Rubber Duck sofort.

Ich lächelte ihn an, „Das ist sicher eine gute Idee.“, allerdings solltest du nicht allein fahren.

„Ich begleite ihn.“, erklärte Gunner.

Tja und wenn sie schon mal dabei waren, konnte ich ihnen auch gleich noch Triple S mit schicken. Obwohl ich vermutete, das kein Zauber gebraucht werden würde, wenn Drohnen die Überwachung erledigten. 

❄❄

[Song 2: The Bourne Ultimatum Score - Faces Without Names ] Kurz vor 11.45 Uhr kam Leben in die Gegend um den verfallenen Block, in dem die Übergabe in den Redmond  Barrens stattfinden würde. Gleich drei Wagen trafen in der ehemaligen Autowerkstatt ein, wie die Bilder der Drohne zeigten.

Zum einen ein Bulldog Stepvan Transporter, aus dem zwei Männer von Wulverine Security stiegen, hier hatte also jemand Zugang zu Mietbullen der besseren Art. Interessant. 

Dann war da noch der Mietwagen von Mr.Johnson, aus dem auch nur Mr.Johnson in genau den Klamotten stieg, die er auch schon vor drei Tagen getragen hatte. Nun, zumindest waren es Sachen, die genau aussahen, wie die von vor drei Tagen. Für meine Nase hoffte ich sehr, dass Mr.Johnsons sie nicht auch schon seit drei Tagen getragen hatte und für Mr.Johnson hoffte ich das auch. Niemand sollte drei Tage lang den selben Anzug tragen müssen.

‹Niemand sollte irgendwas drei Tage tragen müssen, Elfenmädchen. Es sei denn natürlich es ist Fell.›, meinte Katze berechtigter Weise. 

Ich lachte leise. 

Bei dem dritten Wagen handelte es sich um einen Ford America, der maximal zwei Jahre auf dem Buckel hatte. Aus ihm stiegen zunächst ebenfalls zwei Security Männer von Wulverine aus, die übrigens alle mit Sturmgewehren bewaffnet waren. Dann folgten zwei menschliche Männer mittleren Alters in Marken Panzerjacken, Jeans und schwerem, festem Schuhwerk der gehobenen Preisklasse. 

Ich fragte mich, ob es was zu bedeuten hatte, dass hier nur Menschen versammelt waren oder, ob das der Tatsache geschuldet war, dass die Menschen immer noch den größten Part der Metamenschheit darstellen, Obwohl sich die Orks wirklich Mühe gaben, das Verhältnis zu ihren Gunsten umzukehren. 

Wobei mir gerade auffiel, dass wir derzeit keinerlei Orks im Team hatten.

‹Ist mir auch schon aufgefallen, Elfenmädchen.›, bemerkte Katze und sprang neugierig auf die Seitenlehne meines Sitzes, um besser aus dem Fenster sehen zu können. 

Mr.Johnson begrüßte derweil die Zivilisten in den Panzerjacken. Nicht überschwänglich oder gar kumpelhaft, aber immerhin schien es ihm wichtig genug, um ihnen die Hand zu schütteln, selbstverständlich ließ er die Handschuhe an. 

Blackstone, Shark Finn, Metge und ich fuhren pünktlich zum verabredeten Zeitpunkt vor und stiegen gemeinsam aus. Ich wartete selbstverständlich, bis Finn um den Wagen gelaufen war und kam, um mir die Tür zu öffnen. 

Auch mein dunkelgrauer Catsuit betonte die vielen Vorzüge meiner Figur und so war es nicht weiter verwunderlich, dass ich sofort die Aufmerksamkeit aller Security Guards und der beiden Zivilisten erhielt, die sich etwas zurück gezogen hatten. Mein Haar war wie immer in solchen Situationen zu zwei festen, an den Seiten entlanglaufenden, französischen Zöpfen geflochten. Einzelne Haare hatten es so schwer, sich unbemerkt aus dem Staub zu machen, selbst wenn sie ausgefallen waren. 

Auch Johnson freute sich, mich wieder zu sehen. Allerdings kam ein Großteil der Freude wohl eher daher, dass wir erfolgreich gewesen waren. 

Er gab mir nicht die Hand, doch ich hatte auch keinerlei Anstalten gemacht, ihn dazu aufzufordern. So vom Nahen konnte ich feststellen, dass er zwar tatsächlich exakt die gleiche Kleidung wie Montag Abend trug, doch zumindest roch es nicht danach, als hätte er den Anzug die gesamte Zeit über anbehalten und auch knittertechnisch sah es nicht danach aus. 

Ich übergab Johnson den Beweis-Chip, den er in weiteres Wegwegcommlink einlegte, um ihn sich anzusehen.

„Sehr schön. Das ist als Bestätigung völlig ausreichend.“ Er lächelte mich an, „Und die Ladung?“, fragte er nach.

Ich lächelte zurück, wohldosiert natürlich, „Die erhalten Sie, nachdem Sie uns den Betrag für den Bonus gegeben haben.“

Vielleicht war das ein wenig dreist, aber immerhin hatte das Zeug einen beachtlichen Wert, selbst wenn man die Seltenheit nicht berücksichtigte. 

Johnson nickte ohne Argwohn und händigte mir vier zertifizierte Barsticks aus. Drei a Hunderttausend und einen a Fünfzigtausend NuYen. Ich steckte die Sticks alle in die kleine Tasche am Multitool-Gürtel und ließ mir die Zufriedenheit dabei nicht anmerken.

Ich nickte Shark Finn zu und der gab, ohne es zu verbergen, direkt das Signal an unseren Transporter, den Average und Bloody Guts fuhren und der bis eben an der Stoßstange von Rubber Duck geparkt hatte. Wie abgesprochen fuhren sie rückwärts die Einfahrt der verfallenen Werkstatt hoch. 

Es hatte leicht zu regnen begonnen und da es hier kein Dach mehr gab, würden wir alle gleich nass werden, also ein kleines bisschen nass zumindest. 

‹Was bei der Drecksbrühe die da vom Himmel fällt, eindeutig zu viel ist Elfenmädchen.›, nörgelte Katze.

‹Ach was, wie sind in Seattle, da macht der Regen viel weniger nass, als woanders, Katze.›, konterte ich und zwinkerte ihr zu.

Shark Finn trug die drei Kisten eigenhändig zu den Empfängern hinüber. Es war ja nicht nötig, dass die Security Guards sahen, was wir im Wagen hatten, selbst wenn es da gerade nichts zu sehen gab. 

Mr Johnson übergab mir die zwei Kredsticks auf denen sich die korrekte Summe für die Beschaffung der Ladung befand. „Ich bin wirklich sehr zufrieden mit ihrer Arbeit. Sie waren gut und schnell, wie versprochen.“

Ich lächelte geschäftsmäßig, „Ich sagte ja, wie sind noch besser als unserer Ruf.“ nach einer kleinen Pause fügte ich hinzu, „Mr. Johnson, sie hatten ja von weiteren Engagements gesprochen…“

Sein Gesicht erhellte sich und er meinte dazwischen, „Oh ja, ich werde sicher auf sie zurück kommen.“

Ich hob eine Hand, „Das freut uns natürlich sehr. Doch damit es nicht zu Missverständnissen kommt, möchte ich etwas anmerken. Wir haben in dem Fall das Team ausgelöscht, weil wir es für das Beste hielten. Wetwork ist aber nicht unsere Spezialität.“

Johnson nickte und lächelte breit, „Dafür waren sie aber sehr gut.“

Er hatte nicht verstanden worauf ich hinaus wollte. Ich musste konkreter werden, „Das stimmt. Doch wir hinterlassen generell lieber so wenig Tote wie möglich bei unserer Arbeit und sind da manchmal sogar eigen. Wir töten nicht jeden, nur weil die Summe hoch ist. Es könnte also sein, dass wir einen Hit ablehnen.“

Mr. Johnson hob eine Augenbraue und dann huschte für einem Moment Enttäuschung über sein Gesicht. Es war also gut, dass ich das gesagt hatte. Sein nachfolgendes Lächeln war hingegen ehrlich, wir hatten gute Arbeit geleistet und man konnte auf uns zurück kommen, „Gut, ich werde das berücksichtigen. Sie hören von mir.“

Er bekam ein strahlendes Lächeln, „Fein, dann bis zum nächsten Mal.“

Shark Finn öffnete mir die Tür unseres Wagens und ich stieg an. Nachdem alle Platz genommen hatten, fuhren wir los. 

Rubber Duck ließ die Überwachungsdrohne vor Ort. 

Auf dem Feed war zu sehen, wie Johnson noch zu den beiden Männern in Zivil ging, „Sie werden das Material gemäß unserer Absprache verwenden?“, wollte er wissen.

Beide Männer nickten und einer erwiderte beflissen, „Ja, wir werden es nutzen, um einen Schutz gegen die Drachen zu entwickeln.“

Interessant, Mr. Johnson arbeitete definitiv für Metamenschen, die Drachen nicht ausstehen konnten und da er selber von Abschaum gesprochen hatte, vermutete ich, dass da mehr war, als nur der Wunsch einem Drachen nicht unterlegen zu sein. 

Irgendwann in den letzten Tagen war das Stichwort ‚Sons of Siegfried‘ gefallen, eine Organisation, die sich dem Kampf gegen die Drachen verschrieben hatte. Vielleicht arbeitete Johnson für sie oder war gar Mitglied? Und vielleicht lohnte es sich, mehr über den Verein rauszufinden?

Rubber Duck, Gunner und Triple S hatten das Bootshaus früher verlassen und nun trafen sie später als wir anderen dort ein. 

Rubber Duck hatte die Zwei-Wagen-Kolonne der Käufer bis zu einem Anwesen Seattle Downtown direkt am See verfolgt. An dem Zaun hatte ein elegantes und dezentes Schild gehangen auf dem ‚Illuminati Of The New Dawn‘ gestanden hatte. 

Das war nun wirklich interessant.

Die größte magische Vereinigung der 6.Welt forschte nach einem Schutz gegen Drachen. 

Ich für meinen Teil fand das weder möglich, noch nötig. Es war, als wenn man einen Schutz gegen Orks oder Infizierte erschaffen wollte. Auch Drachen waren Individuen mit unterschiedlichen Wünschen. Bedachte ich aber die Macht, die ein einzelner von ihnen hatte, selbst wenn er nicht groß war, war die Sorge der Metamenschen verständlich und wenn einem dann bewusst wurde, wie wenig sich einige großen Drachen um das Schicksal eines einzelnen oder gar duzenden Metamenschen so scherten, war die Sorge unumgänglich. Metamenschen fürchteten, was sie nicht verstanden und Drachen hatten sich nicht als die großen Erklärer ihrer selbst erwiesen. Ich seufzte, denn irgendwie fand ich, dass Drachen auch nur Metamenschen waren, auch wenn sie das selber wohl vehement bestreiten würden und ich es ihnen auch nicht ins Gesicht sagen würde.

❄❄

Im Anschluss an den Run wollte ich so bald wie möglich nach Boston zurück. Das Semester hatte erst vor Kurzem begonnen und wie ich mein Leben kannte, würde ich im Laufe des Jahres noch genug versäumen und mein geehrter Meister Ehran fand sowieso, dass jeder Tag Abwesenheit, ein Tag zu viel war. 

Doch mit dem Team den erfolgreichen Run zu feiern, konnte ich mir einfach nicht entgehen lassen. Ich hatte nach kurzem Überlegen das Dark Light vorgeschlagen, auch wenn es eigentlich nicht mehr zu meinen Lieblingsclubs gehörte, hielt ich es schon allein wegen Bloody Guts für passend und die Musik mochte ich immer noch.

Mein Kleiderschrank barg eine Menge in sich, was für das Dark Light geeignet war. Allerdings war mir schon seit Wochen nicht mehr danach Schwarz zu tragen. Ich entschied mich für einen Kompromiss. Das hochgeschlossenen Minikleid aus mitternachtsblauem Samt mit langem Arm und bodenlanger Schleppe, war bei Nacht natürlich nur dem Namen nach Blau. Das Blau schimmerte nur bei vollem Tageslicht durch. Aber es hatte einen weißen Blusenkragen, der von einem hübschen Samtband verziert wurde. Und mischte man in ein Mitternachtsblau ein wenig Weiß, war es dann doch Blau genug.

‹Aus meiner Sicht ist es ziemlich schwarz, Elfenmädchen.›, kommentierte Katze.

‹Allerdings bist du auch nicht gerade ein Experte, was das Sehen von Farben angeht.›, konterte ich.

Katze begann sich zu putzen und meinte dann gelassen, ‹Nun, gerade Blau kann ich aber ziemlich gut erkennen, Elfenmädchen.›

‹Dann kannst du ja sehen, dass die High Heels, die ich trage wundervoll blau sind, silberne Sprenkel aufweisen und an einen Sternenhimmel erinnern.›

Katze warf einen sehr gelangweilten Blick auf die Schuhe und meinte dann, ‹Ja Elfenmädchen, ebenso wir Strümpfe und Strumpfband blau sind, allerdings ohne Sprenkel. › Es folgte eine kurze Pause und dann fügte sie hinzu, „Egal ob Blau oder Schwarz, du siehst in jedem Fall auch heute wieder schön und bezaubernd aus Elfenmädchen, und darauf kommt es doch an.›

‹Danke für das Kompliment, Katze.›

‹Gern geschehen. ›

❄❄

[Song 3: Him - Join Me In Death] Blackstone und Rubber Duck waren unabgesprochen im Partnerlook erschienen. Beide trugen je einen schwarzen Anzug und ein blutrotes Hemd. Metge hatte nicht lange überlegen müssen und sein Outfit vom Morgen angezogen oder auch anbehalten. 

Bloody Guts trug eine schwarze Hose, ein passendes Shirt und diverse postapokalyptische Accessoires verliehen dem Outfit Pep. Auf die heraus hängenden Gedärme, der er neulich genutzt hatte, hatte er diesmal zum Glück verzichtet. Dafür zierten seine Hose Hautlappen und Nieten. 

Gunner stellte einen absoluten Augenschmaus dar. Er trug ein schwarzes, eng anliegendes Sport-Shirt, nebst schwarzer Cargohose, er hatte sich also dem vorherrschenden Schwarz des Clubs angepasst, aber die Farbe seiner Kleidung spielte bei dem Body keine Rolle. 

Shark Finn trug ebenfalls Schwarz, was dann ausgezeichnet zu den Tribals seiner Cyberarme passte. 

Oh, sogar Average trug Schwarz und diesmal war sein Outfit sogar sauber.  

Auch Trple S trug Schwarz, in Form eines gut sitzenden Anzugs nebst weißem Hemd. 

Sogar Chang trug Schwarz. Sein Anzug war Beweis dafür, was alles unter das Stichwort Anzug fiel. Er hatte einen asiatisch geschnittenen Anzug aus leicht glänzendem Stoff an. Ein Schnitt, der immer ein wenig an einen Schlafanzug erinnerte. 

Selbstverständlich trugen alle Jungs auch Schuhe, aber keines der Paare fand ich erwähnenswert, außer die von Blackstone vielleicht. Die Schuhe waren aus echtem Leder, handgenäht und blank geputzt. Allerdings trug er immer Schuhe, die all seinen anderen zum Verwechseln ähnlich waren. Wirklich all seinen anderen Paaren, wenn man von den Combat-Boots einmal absah.

Gunner gab die erste Runde aus. Ich nahm ein Green Flying Fairy. Es war tatsächlich eine gefühlte Ewigkeit her, dass ich das letzte Mal hier gewesen war. Absinth mochte ich immer noch und der war hier ziemlich gut, da konnte ich also beruhigt auf meinen alten Lieblingscocktail zurück greifen. Die meisten anderen nahmen Bier. Es gab nur zwei weitere Bier-Ausnahmen. Average, der ja allergisch gegen Alkohol war und Triple S, der einen extravaganten Likör verlangte, den man zu seine Bedauern hier aber nicht hatten. Er wechselte zu einem Creme de Minte. 

Ich hatte zum Dark Light immer noch V.I.P-Zugang. Dennoch hatte ich darauf verzichtet, die gesamte Lounge zu buchen und mich stattdessen nur auf eine Tisch-Reservierung auf der Balustrade beschränkt. In die V.I.P Lounge waren wir völlig unter uns und ich nahm an, dass zumindest einige der Jungs in der Lage sein wollten, mit anderen weiblichen Wesen in Kontakt zu kommen.

Der Drink, gepaart mit der Musik, dem Lichtspiel, das durch die Kirchenfenster zu kommen schien und den AR-Fledermäusen, hatte mich der Club schon immer fasziniert. So auch heute und zumindest Bloody Guts schien sich hier wohl zu fühlen. 

„Wie, du bist so richtig gegen Alkohol allergisch?“, fragte Rubber Duck Average ungläubig.

Der Mann mit der leicht grauen Haut nickte.

„Das tut mir leid.“, erklärte Gunner und er meinte es ernst.

„Noch irgendwelche Allergien, außer gegen Blei oder so?“, wollte Rubber Duck dann wissen und blickte in die Runde.

Ich nickte, „Ich bin gegen Silber allergisch.“

„Gut zu wissen.“, meinte Rubber Duck sofort und schien sich auch gleich eine geistige Notiz zu machen. Was ich höchst löblich fand.

Der asiatische Neuzugang war offen und hielt das Gespräch in Gang. Interessiert sah er nun Metge an, „Sag mal, hast du auch irgendwo eine Praxis, Metge?“

„No Senior, aber ich arbeitete in einem Krankänhaus.“ erwiderte der Zwerg.

„Da könnte man dich aufsuchen?“, fragte Rubber Duck weiter.

„Si senior.“

„Dann kann ich die vielleicht ein paar Mädels vorbei schicken?“

Gunner lachte.

Bloody Guts grinste breit, „Na klar, gleich ein paar. Was für Mädchen überhaupt?“

„Na Mädchen oder auf Frauen aus dem Wohnblock oder so. Ich fahr öfter mal wen zum Arzt. Und wenn ich jetzt einen Arzt kenne, dem ich vertraue, wäre das doch mal was.“

Sehr interessant. Rubber Duck schien das Herz am rechten Fleck zu haben und sich gelegentlich um wen zu kümmern. Er hatte das ganz klar ohne Hintergedanken und Argwohn gesagt.

Metge hingegen schüttelte den Kopf, „No Senior, das ist keine gute Idee. Das Krankänhaus ist in einer weniger guten Gägend. Da ist es nicht ratsam.“

Tja, das verstand ich nun gar nicht. Denn es hatte weder danach geklungen, dass Rubber Duck kostenlose Dienste nutzen wollte, noch danach, dass er die Mädchen nicht beschützen konnte. Abgesehen davon war ich ja schon mal dort gewesen und so unmöglich fand ich die Gegend gar nicht. Ich hätte viel mehr erwartet, dass Metge jederzeit hilfsbereit war, wenn es um kranke Metamenschen ging und das auch anbot. So konnte man sich täuschen. 

Rubber Duck nahm es gelassen hin, „Gut. Hätte ja passen können.“ Er wechselte das Thema, „Interessanter Akzent, wo kommst du her?“

Metge erwiderte freundlich, „Aus dem schönen Andalusien.“ Da er ahnte, dass das nicht jeder kennen würde, fügte er hinzu, „Das liegtä in Spanien. Europa.“

Ah, Andalusien also. Auf Grund seines Akzentes und da er Katalanisch und nicht Spanisch sprach, hatte ich vermutet, dass er aus Katalonien kommen würde. Also war Metge eben entweder nicht ganz ehrlich gewesen, um uns geografisch auf eine falsche Fährte zu locken oder aber er sprach aus anderen Gründen Katalanisch. Spanien war seit Jahrhunderten voll von ethnischen Völkern, von denen es einige immer mal wieder mit der Unabhängigkeit versucht hatten. Doch was wusste ich schon davon, wer was wie warum der Regel nach sprach? Nichts, jedenfalls nicht, wenn ich mich nicht darüber informiert hatte.

Average sah Metge an, sein Blick war irgendwie ein wenig verklärt, „Andalusien. Das klingt alt. Habt ihr da Matrix?“

Für einen Moment huschte Verwunderung über das Gesicht von Metge, doch dann erwiderte er in ziemlich ernsten Ton, „Si Senior und auch Strom.“

Ich begann zu grinsen.

Average nickte, „Okay und Strassen? Habt ihr auch Strassen?“

Bei jedem anderen hätte ich vermutet, dass er die Fragen stellte, um zu provozieren oder sich lustig zu machen. Doch bei Average war ich mir nicht ganz sicher. Es gab natürlich technisch völlig unterentwickelte Gegenden, aber Average hatte doch nun auch schon viel von der Welt gesehen und da sollte er doch wissen, dass die meisten Regionen in Europa in ihrer technischen Entwicklung den UCAS zumindest ebenbürtig waren. 

Metge richtete sich auf und verkündete mit stolz geschwellter Brust, „Si Senior. Wir habän sogar besonders breite Strassen. Die Strassen sind sogar so breit, dass zwei Zwerge näbeneinander gehen können.“

Gunners Lachen übertönte meines bei Weiten. Das hatte der Zwerg wirklich trocken serviert. 

Rubber Duck forderte mich zu Tanzen auf. Han, wie ich ihn nach seiner Bitte hin und wieder nannte, verstand sich aufs Flirten und er schaffte es, mir eine angenehme Zeit zu bereiten. 

Wie ich vermutet hatte, versuchte er auf mich einzuschwingen. Er war vorsichtig, was Berührungen anging und lotete genau die Grenzen aus. 

Er sparrte nicht mit Komplimenten, was ich zur Abwechslung mal ganz erfrischend fand. Hatte ich schon mal erwähnt, wie selten ich Komplimente zu hören bekomme? Und damit meine ich nicht, dass sich die Leute nach mir umdrehen, wenn ich eine Strasse entlang gehe oder sich die Augen weiten, wenn ich einen Raum betrete. Ich meine ausgesprochene Komplimente, die man direkt an mich wendet, egal ob ausformuliert oder dahin gestottert. 

Dave stotterte gelegentlich ein Kompliment und auch darüber freute ich mich jedes Mal. Natürlich weiß ich, dass ich schön bin, aber ich höre Komplimente dennoch gern. Jede Frau tut das und zwar selbst in Situationen, in denen es ungünstig ist, sich darauf reduzieren zu lassen. Das hat etwas mit unserer genetischen Programmierung zu tun, aus der die meisten von uns Metamenschen noch nicht ganz entwachsen sind. Es gibt übrigens Studien, die das rassenspezifisch unterscheiden, die mir aber ziemlich egal sind, da Drakes nicht darin auftauchen. 

Gunner forderte mich ebenfalls zum Tanzen auf. Er war weitaus sparsamer mit Worten, was Komplimente mit einschloss. Gunner war wirklich überaus attraktiv und ich konnte trotz meiner High Heels zu ihm aufsehen. Ich mag es, wenn Männer größer sind als ich. 

Shark Finn behielt mich die ganze Zeit über von oben im Auge. Allerdings glaubte ich nicht, dass irgend jemand etwas versuchen würde, wenn Gunner in meiner Nähe war. Wir bekamen beide mehrere neidische Blicke zugeworfen und das obwohl wir für diesen Club eigentlich etwas zu hell waren. Hier stand man ja mehr auf düstere Exemplare einer Gattung. Natürlich würde ich schon allein wegen meiner Hautfarbe einen ziemlich guten Banshee abgeben. Zum Glück war ich gegen den Virus immun, hatte man mir gesagt.

‹Und da ‚man‘ dein Mentor Ehran ist, gibt es nichts daran zu zweifeln, Elfenmädchen.›, betonte Katze.

Mit Gunner war es also auf der Tanzfläche ebenfalls sehr unterhaltsam. Er strahlte einfach Partylaune aus. 

Als wir oben zurück an den Tisch kamen, meinte Rubber Duck gerade. „Keine Ahnung, ob Ghule überhaupt Sex haben?“

Nanu, wie waren sie denn auf dieses Thema gekommen? Rubber Duck stand auf und half mir in den Stuhl. Ich setzte mich und erklärte, „Ghule können sich untereinander fortpflanzen und geborene Ghule bekommen, soweit ich weiß.“

Triple S sah mich interessiert an.

Average unterband jegliches Nachfragen, denn er verkündete, „Siehst du, dann geht ja Ghul-Porn doch. Kann man in der Matrix bestimmt finden.“

Rubber Duck verzog angewidert das Gesicht,. „Also Average, du bist echt so was von abartig. Sag doch einfach, ‚Ich will nicht sagen, ob ich auf Männer oder Frauen stehe.‘ Da musst du doch nicht mit so einer Perversität kommen und von Ghul-Porn sprechen. Das machst du immer. Du weichst allem aus und irgendwann setz du einen drauf, damit man sich ekeln muss. Und du hast es geschafft, ich will gar nicht mehr wissen, worauf du stehst. Ist mir echt zu widerwärtig.“ Er machte Anstalten aufzustehen.

Metge wandte ein, „Ich glaube, Average hat schon gesagt, wenn’e auch nicht eindeutig’ä, dass er Sex in der Matrix bevorzugt.“

„Ja genau.“, bestätigte Average.

Rubber Duck zuckte mit den Schultern, „Mir jetzt egal, ich gehe tanzen.“

Es dauerte nicht all zu lange, dann kehrte er an unseren Tisch zurück. Von Abscheu gegenüber Average war nichts mehr zu merken. Allerdings hatte der junge Asiate auch jegliches Interesse an Average verloren. Etwas, was Average völlig egal war. Er hatte es wieder einmal geschafft, jemanden zu vergnatzen, allerdings schien ihm das auch jedes Mal egal zu sein. Vielleicht war das sogar wahr, immerhin hatte Average die Matrix und dort befand sich wahrscheinlich sein liebstes soziales Umfeld. Es gab ein paar Wochen, da hatte ich geglaubt, Average würde sich für andere Technomancer und deren Schicksal interessieren, aber nicht einmal dessen war ich mir jetzt sicher. Average war eben anders. 

Der gesamte Abend verlief jedenfalls höchst angenehm und ich forderte sogar noch Chang zum Tanzen auf. Mit Chang zu tanzen, war etwas, was dann irgendwie schon sehr niedlich war. Chang war sehr schüchtern und obwohl er über eine perfekte Körperbeherrschung verfügte, verhinderte diese Schüchternheit, dass beim Tanzen viel davon zu sehen war.

Die Anspannung war ihm bei jedem Schritt anzumerken und ein Teil der Anspannung kam vielleicht daher, dass man ihn an meiner Seite nun mal bemerkte. Allerdings glaube ich nicht, dass sich später jemand an ihn erinnern würde. Unangenehm war ihm meine Gegenwart jedoch nicht. Warum sollte sie auch?

❄❄

Den Donnerstag nutzte ich für einen ausgiebigen Besuch bei meinem Patenkind Hope.

❄❄

[Song 4: The Dark Knight Score - Why so serious] Donnerstag Abend ging mein Rückflug nach Boston. 

Freitag nach der Uni fuhr ich zum Training zu Tango. 

So kuschelte ich mich erst nach Mitternacht in mein Bett. Körperlich fühlte ich mich auf die schöne Art erschöpft. Doch beim Einschlafen kam mir Halloween in den Sinn, wahrscheinlich inspiriert durch den Besuch im Dark Light und ich schlug noch mal die Augen auf. 

Ich hatte es mir vor wenigen Jahren zur Tradition gemacht, Süssigkeitenpakete fertig zu machen und diese unter den Kindern in Tarislar zu verteilen. Ich hatte verkleidete Kindergruppen angehalten oder aber Kindergärten in ganz schlechten Gegenden besucht oder einfach irgendeinem Kind in der Mall eine Geschenktüte überreicht. Allerdings hatte ich das immer im Namen der Ancients oder zumindest in der Gangkluft gemacht. Letztes Jahr hatte ich die Tradition unterbrochen und stattdessen zwei Kinderheime in Boston besucht. Dabei hatte es sich jedoch um Heime gehandelt, die auf irgendeiner wohltätigen Liste gestanden hatten und eigentlich wollte ich lieber nach Tarislar. Was mich an ein kleines Hindernis brachte. 

Natürlich konnte ich einfach bei den Ancients Bescheid geben und durch Tarislar ziehen, ich war immer noch eine von ihnen und würde es immer bleiben. Doch selbst wenn ich das gewollt hätte, ging das eben nicht, wenn ich Shark Finn mitbrachte. Und ohne Shark Finn würde mich Shark Finn nicht gehen lassen. Oh, ich traute mir durchaus zu den größten Stress zu verhindern. Aber ich wollte Finn schon aus Prinzip nicht den rassistischen Sticheleien der Ancients aussetzten. Besonders nicht, da es zwischen mir und meiner alten Familie, die ich immer noch schätzte und denen ich immer dankbar sein würde, gerade so schön ruhig geworden war. Ein fragiles Konstrukt, welches ich nicht zum Einsturz bringen wollte. 

Doch vielleicht gab es ja eine Lösung, die mir meinen Willen in allen Punkten ließ?

Ich angelte nach meinem Commlink und wählte Harlequins Nummer.

Er öffnete die Verbindung nach dem fünften Signalton. Sein geschminktes Gesicht erschien auf meinem Bildschirm. Er lächelte und sagte mit schmeichelnder Stimme, «Hallooo!» Er freute sich, vom mir zu hören und mich zu sehen.

Ich schnurrte ein Hallo zurück. «Hast Du Halloween schon was vor?», fragte ich ohne Umschweife.

«Bisher nicht. Gehen wir wieder auf eine Party?»

«Hinterher.»

«Hinterher? Das klingt gut.», erwiderte er mit einem leicht anzüglichen Grinsen.

Ich lachte perlend, «Genau, hinterher und vorher oder auch Zwischendurch würde ich gerne etwas anderes tun….»

Harlequin hörte mir aufmerksam zu, während ich ihm kurz erläuterte, worum es ging. 

«Klingt doch gut, lass uns Süßigkeiten in Tarislar verteilen, auch wenn das eine erweiterte Auffassung von Halloween ist.»

Wir plauderten noch über eine Stunde. Ich seufzte verträumt, nachdem die Verbindung beendet war. Ich hatte Harlequin seit über drei Wochen nicht gesehen und ja, ich vermisste ihn, aber wirklich lange hin war es bis Halloween nicht mehr. Nicht mal ganz sechs Wochen. Das waren doch gute Aussichten.

Katze bleckte die Zähne, ‹Jetzt musst du nur noch dafür sorgen, dass du Halloween nichts zu tun hast oder gar auf einem Run bist, Elfenmädchen.›

Ich kuschelte mich tief in mein Kissen, ‹Ach das schaff ich schon, Katze.›

❄❄

Freitag war nicht nur der letzte Tag des Septembers 2073, sondern auch der Tag, an dem ich mitten in der Vorlesung in Kunstgeschichte bei Professor Popow eine Nachricht von einem meiner Fixer erhielt. 

Etwas, was selbstverständlich nicht weiter auffiel, da mir die Nachricht einfach eingeblendet wurde und ich es mir nicht anmerken ließ. Ich hielt es nur deshalb für erwähnenswert, weil es das erste Mal war und weil es bedeutete, dass sich meine beiden Leben endgültig vermischt hatten. Ich war mir noch nicht ganz sicher, ob ich das gut oder schlecht fand.

Jedenfalls antwortete ich meinem Professor auf eine Frage und im Anschluss rief ich die Nachricht des Fixers auf. 

Heute Abend, 20.00 Uhr Peaceble Kingdom, Tacoma, Codewort: Atem des Himmels, bei Zusage bitte unter folgendem [LINK] bestätigen und [hier] bis 18.00 Uhr die Anzahl der Gäste bekanntgeben. 

Ich warf einen Blick auf die AR Uhr in meinem Sichtfeld. Wenn ich gleich nach dieser Vorlesung die Uni verließ, konnte ich das problemlos schaffen. Ich bestätigte, fertigte eine Rundmail ans Team an, informierte Shark Finn, indem ich ihm eine Nachricht rüber schnippte, und buchte die Flüge. 

Gleich nach der Vorlesung sagte ich Dave Bescheid und sprach Hausgeist Henry auf den lautgestellten AB, damit er auch Bescheid wusste und schon mal packte.

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Um fünf Uhr am Nachmittag Seattle Zeit saß ich dann mit Shark Finn, Bloody Guts, Blackstone, Chang, Gunner, Triple S und Metge im Bootshaus.

Über den Job wusste ich nichts, aber zumindest hatte Bloody Guts - Average hatte den Job abgelehnt, das Geld von letzter Woche reichte ihm erstmal - etwas über das Peaceable Kingdom zusammen gestellt, ein Restaurant, welches mir eher weniger geläufig war.

- Peaceble Kingdom: Traditionelles Amerikanisch-Chinesisches Restaurant, mit klassischer Dekoration und softer chinesischer Musik, die die Atmosphäre unterstützt. Die Karte bietet eine große Bandbreite an Chinesischem, Japanischem und Thai-Gerichten zu moderaten Preisen an, die Schärfe variiert von mild bis spicy. Außerdem sind private Esszimmer mietbar. Genau diese privaten Zimmer sind das, was dem Peaceable Kingdom das große Geld bringt, mit dem kleinen Zusatz, dass man dort exotisches Essen bestellen kann und zwar Dinge, die über die Haifischflossensuppe hinaus gehen. Dort gibt es knusprige Phönix-Filets oder Steaks vom Schreckhahn. Einige Speisen sind sogar tödlich, wenn der Koch sie nicht richtig zubereiten kann. Zudem gibt es das Gerücht, dass die Special Menüs über das Essen erwachter Tiere hinaus gehen. Es wird nämlich gemunkelt, dass dort auch für ganz spezielle Diäten gekocht wird und Infizierte oder Andere dort Menschenfleisch, Blut oder ganz Exotisches serviert bekommen können wie Naga oder Yeti.

Das waren höchst interessante Neuigkeiten, die die Möglichkeit eröffneten, dass unser Auftraggeber jemand ganz besonderes war. Ich fand es wirklich nur interessant, nicht widerlich, obwohl ich mir wohl niemals ein Phönixsteak bestellen würde. „Zumindest ist da jemand in eine Marktlücke gesprungen und auch HMHVV- Infizierte wollen vielleicht mal zivilisiert essen. Obwohl mich natürlich frage, wie das Restaurant da Großbestellungen erledigt, aber solange wir nicht das Essen sind, soll es mir egal sein.“, erklärte ich

Chang nickte und zitierte, „Der Satte weiß nicht, wie der Hungrige hungert.“

Womit er natürlich absolut recht hatte. Nach Tagen des Hungern war es mir völlig egal gewesen, was ich als Nahrung bekam und so gut wie nichts hatte mich abschrecken. können. 

Ich lächelte und nickte Chang zu, „Wie müssen uns zurückmelden, um die Anzahl an Gästen bekannt zu geben. Wer von euch, außer Shark Finn, möchte mich denn begleiten?“, fragte ich in die Runde.

Triple S und Metge meldeten sich. Gunner und Rubber Duck lehnten kopfschüttelnd ab. Auch Blackstone reizte der Laden nicht. 

„Dann wären wir zu viert.“, schlussfolgerte ich, „Codewort und Meeting-Location lassen mich allerdings eher auf einen traditionsbewussten, asiatischen Auftraggeber schließen. Vier steht zumindest im Chinesischen für den Tod, da die Zahl ausgesprochen so ähnlich klingt wie das Wort Tod. Also sollten wir nicht zu viert gehen.“ Ich sah Chang an, „Würdest du uns dorthin bgkleiten?“

Er nickte und damit war es abgemacht. Dass er nicht begeistert wirkte, überging ich einfach. Er würde dort nicht weiter auffallen, was hilfreich sein konnte.

In der Wahl meines Outfits hatte ich mich schwer getan. Alles, was ich vom Stil her passend gefunden hatte, beinhaltete zu viel Weiß und Weiß war in China nun mal die Farbe der Trauer und wenn wir schon auf die Zahlen achteten, dann konnte ich auch auf die Farbe Rücksicht nehmen. Mein eisweißes Haar und meine helle Haut waren da schon Weiß genug. Obwohl die Kombination mit den hellblauen und silbernen Reflexen im Haar mir wieder etwas von dem Todesengel-Image nahm. Also entschied ich mich für einen silbernen Hosenanzug. Die Ärmel des Jacketts liefen ab dem Ellenbogen glockenförmig aus und die dazu gehörige Bluse war eigentlich eine Korsage, die ich mir natürlich hatte auf den Leib schneidern lassen. 

Mein Haar steckte ich mir streng hoch. Ein spezieller Metallring aus der Silk-Jewel Reihe von Telestrien Industries vereinfachte den Aufwand dafür enorm. Zum Schluss musste man die Ringe einfach nur noch umklappen und sie krallten sich wie zwei Dutzend unsichtbare Haarnadeln am Kopf fest. Ich besitze neben sämtlichen Evo-Haidresser-Produkten auch so gut wie alles aus der Silk-Jewel Reihe von Telestrien Industries. 

Ein Hauch Rouge, Wimperntusche, silberne Pumps und passende Handtasche. Perfekt. 

Gunner, Blackstone, Rubber Duck und Bloody Guts warteten im Wagen, ganz in der Nähe des Restaurants, um eingreifen zu können. Nur für den Fall, dass wir doch das Essen sein sollten. Das war natürlich ein Scherz. Ich ging in keinem Fall davon aus, dass dem so war. Sie blieben einfach in der Nähe, falls jemand verfolgt werden musste, es von da aus los ging oder sonst etwas in der Art.

[Song 5: Crouching Tiger, Hidden Dragon OST - Yearning Of The Sword ] Ich nannte der Frau am Eingang des Peaceable Kingdom den Codesatz und sie rief jemanden, der uns sofort nach hinten geleitete. 

Selbstverständlich sehr diskret. Dennoch sahen einige der Anwesenden zu uns, als wir durch das zwei Etagen umfassende Restaurant schritten. Die Gäste hier mischten sich aus Konzernangestellten und Familien der Mittelklasse bis unteren Oberklasse zusammen und ob es nun an der Musik oder der asiatischen Atmosphäre an sich lag, die Aufmerksamkeit war ebenso diskret, wie alles andere hier. 

Dafür ließ mir der Duft von exotischen Gewürzen und echtem Essen das Wasser im Mund zusammen laufen. Wie auch immer die Verhandlung mit Johnson endete, der Weg hierher für das Essen hatte sich gelohnt. 

Im Hinterzimmer erwartete uns eine kleine Überraschung und damit meine ich nicht den Aperitif, der uns angeboten wurde. Nein, es war nur für 5 Personen eingedeckt worden und es gab auch nur fünf Stühle, einer davon war für Trolle, allerdings war an dem Tisch eine Stirnseite freigelassen worden. Johnson würde also nicht mit uns essen, ob das nun daran lag, dass er via AR bei uns sein würde oder ob es an seinen Essgewohnheiten lag, würde sich noch zeigen.

Vorsichtshalber würde ich mein Essen vorsichtig probieren und es erstmal geschmacklich auf Gifte untersuchen. Meine Zunge war fein genug, um jedes Gift herauszuschmecken. Leider bezog sich das nicht auf mögliche Naniten, aber einen Tod musste man schließlich sterben.

‹Nachdem du dann immer noch mindestens sieben deiner neun Leben übrig hättest, Elfenmädchen.›, meinte Katze gelassen. 

Man brachte uns RL-Speisekarten auf denen keine Preise standen und zudem wurden wir höflich gefragt, ob wir Spezial-Wünsche hätten. Obwohl es mich in den Fingern juckte, nach einer speziellen Karte zu fragen, unterließ ich das, denn ich würde mich eh auf das Beschränken, was auf der Hinterzimmer-Karte stand. Auch die anderen beließen es bei dem, was sich auf der Karte fand

Als Vorspeise wählte ich eine Thai-Curry-Suppe und frittierte Reisbällchen und als Hauptgericht ‚neun elementare Köstlichkeiten‘, eine Spezialitätenplatte auf der Sushi ebenso enthalten war, wie Rindfleischstreifen oder Thai-Gemüse. 

Auch wenn Chang eigentlich nicht mit gewollt hatte, so lächelte er doch fein, als er die Tee-Auswahl betrachtete. 

Eine Weile nachdem der junge, menschliche Angestellte gegangen war, um unsere Bestellung in Auftrag zu geben, begann es am anderen Kopfende des Tisches gegenüber von mir zu flimmern, dann rauchte es ein wenig und dann materialisierte sich ein Wesen. 

Wir waren wohl alle auf so etwas vorbereitet gewesen und niemand von uns erschrak. Außerdem hatte das Wesen durch die flimmernde Luft auf sich aufmerksam gemacht. 

Ich sage Wesen, weil es sich auch optisch nicht um einen herkömmlichen Metamenschen handelte. Der Oberkörper war der eines klassischen, alten Chinesen, mit Spitzbärtchen und stark geschlitzten Augen in den traditionellen Gewändern eines Gelehrten. Der Unterkörper war der einer Schlange. Eine Optik, die mich an Thais, den Sohn von Aina erinnerte. 

Mr.Johnson verbeugte sich respektvoll und begann mit den Worten, „Entschuldigen Sie bitte den dramatischen Auftritt. Guten Abend.“ Sein Englisch hatte einen chinesischen Akzent. 

Ich verbeugte mich ebenfalls, „Guten Abend Mr.Johnson.“

Er lächelte fein, „Ihr Ruf eilt ihnen über den ganzen Erdball voraus und ich bin sehr erfreut, dass das Schicksal so freundlich war und sich nun unsere Wege einmal kreuzen.“

Ich erwiderte das Lächeln angemessen, „Viellein Dank, sie sind zu großzügig. Ich danke ihnen, für ihre Einladung.“

Die Vorspeise wurde gebracht und ich nutzte die Gelegenheit, um astral wahrzunehmen. Johnson war übrigens so platziert, dass sein Unterkörper vom Eingang aus schwer zu sehen war.

Das sanfte Farbenspiel des Astralraums eröffnete sich mir. Ich konnte also schon mal festhalten, was immer hier gegessen wurde, es wurde nicht hier getötet. Der Raum erzählte vom Genuss und zeigte keine Spuren von Gewalt. Das bedeutete selbstverständlich nicht, dass hier nie Gewalt stattgefunden hatte, man konnte den Astralraum auch von solchen Spuren reinigen. Dennoch war die Aussage des Raumes irgendwie beruhigend. 

Johnson war, die Vermutung hatte nahe gelegen, kein Metamensch, sondern ein Geist. Genauer gesagt, er war eine Form eines sogenannter Guidance Spirit, der sich selbst wohl eher als Ancestor-Spirit bezeichnen würde. Die chinesische Tradition sah die Weisesten unter den Geistern gerne als die Inkarnation ihrer Vorfahren an. Der hier war potent, aber nicht übermächtig. Der kurze Blick genügte mir und ich kehrte zur mundänen Wahrnehmung zurück. 

Als Duales Wesen hatte der Geist meinen Sichtwechseln zwangsweise bemerkt. Duale Wesen sind immer auch astral aktiv. Drakes in ihrer metamenschlichen Gestalt bilden eine rare Ausnahme von der Regel und in Drake Gestalt nehmen auch wir immer gleichzeitig astral und mundän wahr. Der Geist hatte es also bemerkt, aber nicht darauf reagiert. Er hatte mich nicht angelächelte oder mir zu gezwinkert, sondern einfach mit dem weiter gemacht, was er zuvor getan hatte. Was dann sehr höflich von ihm war und zu seiner asiatischen Verhaltensweise passte. 

Während der schmackhaften und giftfreien Vorspeise und auch während des Hauptganges unterhielt Johnson uns mit gepflegtem Smalltalk über die eine oder andere chinesische Provinz, in der dieser Reis oder jener Tee angebaut wurde. 

Erst als wir mit der Hauptspeise fertig waren, kam er zur Sache. „Wie ich bereits sagte, ist ihnen ihr hervorragender Ruf um den gesamten Erdball vorausgeeilt und mein Auftraggeber bat mich, sie davon zu überzeugen, einen kurzfristigen, leicht delikaten Auftrag für ihn auszuführen.“ Er machte eine kurze Pause und fuhr dann fort, „Es geht um den Transport eines Gegenstandes, der nicht größer als ein Aktenkoffer ist. Ich werde bei der Übergabe anwesend sein und mich von der Authentizität des Gegenstandes überzeugen und sie sollen ihn dann bitte sicher an einen anderen Ort überführen. Tatsächlich rechnet mein Auftraggeber damit, dass noch andere Parteien an dem Gegenstand Interesse haben und es so zu Komplikationen kommen könnte.“ Ohne dass ich nachfragen musste, fügte der Geist hinzu, „Der Job findet außerhalb von Seattle statt. Ich werde also entweder die Reise für sie organisieren oder ihnen Reisespesen zur Verfügung stellen. Für den Transport des Gegenstandes bieten wir ihnen 10.000 Nu¥ pro Teammitglied. Danach könnte es im Anschluss, dazu zukommen, dass mein Auftraggeber zwei weitere Wünsche hat, für deren Erfüllung er sie ebenfalls engagieren möchte. Die Wartezeit wird ihnen ebenfalls entlohnt.“

Johnson hatte viele Fakten genannt und zwar bevor wir zugestimmt hatten. Sehr aufschlussreich. Schon allein weil Mr.Johnson ein Geist war, fand ich das Jobangebot interessant. Außerdem begann meine rechte Ohrspitze zu kribbeln, was darauf hindeutete, dass es bei dem Run um ein Artefakt gehen konnte.

‹Ach tatsächlich Elfenmädchen? Deine rechte Ohrspitze kribbelt, wenn es um Artefakte geht? Bist du auch sicher, dass es die Rechte ist, und nicht die Linke?›, fragte Katze amüsiert.

‹Ja Katze, bin ich. Die Linke kribbelt, wenn teurer Schmuck, den ich gerne hätte, in meine Sichtweite kommt. Etwas, was beinahe seltener vorkommt, als dass ich es mit Artefakten zu tun habe.›

Niemand hatte mir einem Einwand oder eine dringende Frage, die vor der Zusage geklärt werden musste, aufs Commlink geschickt, also sagte ich, „Sie haben mich überzeugt Mr. Johnson. Wir nehmen an.“

Mr. Johnson verbeugte sich, „Ausgezeichnet.“

„Wohin wird uns die Reise führen?“, wollte ich zunächst wissen.

„Nach Hong Kong und sie müssen in 48 Stunden dort sein.“, lautete die simple Antwort.

Fein. In Hong Kong hatte ich einen Fixer-Kontakt, Penelope Wang. Bei ihr konnte ich Equipment besorgen. Außerdem war ich sicher, einen Shadow-Flight für jeden von uns mit samt Equipment besorgen zu können, was uns pro Person sechs bis siebentausend NuYen in einer Richtung kosten würde, den Rückflug musste ich gleich mit organisieren, selbst wenn ich nicht wusste, wann er stattfinden würde. So kam ich auf 12-14 Tausend NuYen pro Teammitglied. 12 wäre eine gute Zahl gewesen. Sie als Summe zu nennen, war mir allerdings etwas zu knapp bemessen. 14 und 15 waren wegen der vier und der fünf nicht gut, die sechs hingegen stand für Profit und wenn ich 16K an Reisekosten pro Teammitglied verlangte, blieb noch genügend Geld für das Mieten von Fahrzeugen in Hong Kong übrig. Ich wollte Johnson zwar nicht übervorteilen, aber draufzahlen sollte das Team auch nicht. 

„Sie wissen, dass wir ein großes Team sind?“, fragte ich nach.

Der Geist nickte, „Mir ist bekannt dass ihr Team aus vielen talentierten Mitgliedern besteht und dies  mit ein Grund für ihren ausgezeichneten Ruf sind.“

„Wir werden zu neunt sein und uns gerne selbst um die Reise nach Hong Kong kümmern., wenn es ihnen Recht ist und sie bereit sind, 16 Tausend NuYen für die Reisekosten pro Person zu zahlen.“

Johnson verbeugte sich leicht, lächelte und nickte, „Damit bin ich einverstanden.“

‹Was ist mit den Wagen vor Ort? Besorgt er die?›, fragte Triple S schriftlich über Commlink.

Bilder von winzigen Autos, in die wir uns quetschten oder gar Rikschas auf denen einige von uns strampelten schossen mir durch den Kopf. Ich tippte eine Nachricht ein, ‹Die besorgt uns ein Fixer Kontakt, den ich kenne, vor Ort.›

Ich überflog die anderen Teamnotizen und wandte mich dann wieder Johnson zu, „Wie weit muss der Gegenstand transportiert werden?“

„Innerhalb der Freien Handelzone Hong Kong.“, antwortete der Geist freundlich.

Womit die Verhandlungen eröffnet waren.

An deren Ende erhielten wir schon mal pro Tag, den wir uns für Job 2 oder 3 bereit hielten, pro Person 1.000 Nu Yen. Dafür konnte man gepflegt unterkommen. Wer von uns weniger ausgeben wollte, hatte Pech gehabt. Ich wollte gerne wieder ins Peninsula und dem Ruf von Bonzenrunnern mussten wir ja gerecht werden. Warum er woanders hin wollte konnte derjenige ja gerne mit mir besprechen. 

Johnson war nach der Verhandlung bereit jedem Teammitglied fünftausend NuYen mehr zu zahlen oder das dreifache der zusätzlichen Summe in magischen Materialien und Gegenständen zu besorgen. Ich musste nicht lange überlegen, 135.000 NuYen im magischem Material waren einen Gewinn für das Team, selbst wenn man die Verfügbarkeit außer acht ließ. 

Sah ich da etwa ein Leuchten in den Augen von Triple S oder täuschte ich mich? Die Antwort erhielt ich postwendend, als ich das magische Angebot annahm und ins Teamnetzwerk fragte, ob jemand einen besonderen Wunsch hätte. Triple S meldete sich sofort mit der Bitte um einen Sustaining-Focus.

Blackstone erwiderte grinsend, «Na das gibt denn aber eine schöne Spell-Prepaid-Card für uns.»

«Das ist mir bewusst.», kam von Triple S knapp zurück.

Als Standart-bezahltes Mitglied von UC konnte ich einen noch potenteren Sustaining-Fokus auf die Liste setzten, ohne ihn abarbeiten zu müssen. 

‹Unterbezahlt und vor allem unterschätztes Teammitglied müsste es heißen, Elfenmädchen.›

Ich lächelte Katze zu.

Da keine weiteren Wünsche genannt wurden,  bestellte ich den kleinen Rest der Summe in Beschwörungsmaterialien.

Während unserer kurzen Team-Absprache, hatte sich Mr. Johnson diskret in eine Ecke des Speiseraums zurück gezogen und interessiert die Kunst dort betrachtet. Jetzt kam er zurück an seinen Platz und wir klärten weitere Details.

An Ende fasste ich noch einmal zusammen, „Es handelt sich um einen Transport innerhalb der Stadt. Wir bewegen etwas von der maximalen Größe eines Aktenkoffers, das zwar keine besonderen Transportvorkehrungen bedarf, allerdings wird ein Angriff vermutet, darum wird auch unser Schutz benötigt. Über die Angreifer ist nichts bekannt und es könnte mehr als einen weiteren Interessenten geben. Sie identifizieren das Objekt und übergeben es an uns. Für letzte Details treffen wir uns am 2.Oktober 18.00 Uhr Ortszeit im Yau Tsim Mong Distrikt, bei einem Taliskrämer mit dem Namen Shen in der Tong Mi Road.“

Johnson verbeugte sich, „Genau so ist es. Wenn weiter nichts ist, werde ich mich jetzt verabschieden.“

Ich erhob mich, um mich angemessen verbeugen zu können, „Dann bis übermorgen.“

„Bis übermorgen.“, sprach der Geist, verbeugte sich ebenfalls und entstofflichte. 

Wir hatten noch viel zu tun, aber für einen Nachtisch war genügend Zeit. Die Obstplatte war sogar eine Sünde wert.

                                              UC - UNIVERSAL CONSULTANTS - UC

               UC - Unknown Consequences -das TOP-Runnerteam aus Seattle- You See!

Wie die Runner nach Hong Kong reisen, was sie dort erwartet und ob es sich bei dem Run tatsächlich um ein Artefakt dreht, wird demnächst hier zu lesen sein. Schau also bald wieder rein Omae. 

*reckundstrekgenüsslich* Hoffe Ihr habt Spass; *knutschi*