Episode 11/15 (vom 22.05.) Run 57/16

Welcome back, Omae!

Schön, dass Du wieder vorbei schaust.

Derzeit On The Run sind: Blackstone, Bloody Guts, Chang*, Gunner, Metge, Moxi, Rubber Duck, Shark Finn, Snowcat, Thunderstrike, Tiernan, Triple S und TriXhot*. (*Spieler war nicht anwesend.)

Datum in unserer SR-Timeline: 19.-23.11.2073

Was bisher geschah: Die Runner sammeln in ganz Asien Telesma für ein Ritual, mit dem sie einen Yama König beschwören können, der zwischen ihnen und einem Coin Of Luck steht, den sie für ihren Auftraggeber besorgen sollen. Auf Yakut werden sie von einem Toxischen Schamanen überfallen, doch sie können Wutaqui fangen und daraus Kapital schlagen. Bei der Übergabe an eine Gruppe Söldner bekommen sie Verstärkung von unerwarteter Seite. Snowcats Mentor schickt ihr eine P.A., Moxi, die bereits für 6 Monate Begleitung bezahlt ist. Da noch Reparaturen zu erledigen sind, teilt sich das Team. Ein Teil bleibt in Vladivostok um das Equipment in Ordnung zu bringen und ein anderer Teil fliegt nach Hong Kong, um Foki zu bestellen und Qi 4 Money das nächste Telesma zu geben. Als man sich bei dem Taliskrämer und Kontakt, Shen melden will, nimmt dieser nicht ab. Das Team forscht nach und muss feststellen, dass Shen tot ist. Er wurde ermordet und zwar -wie Snowcat mit Hilfe von Metamagie erfährt, - durch zwei östliche rote Drakes. Ferner taucht in der Vision ein bekanntes Gesicht auf: Lin Yao Chang, der Shen nach dem Verbleib der „anderen Münze“ fragt. Shens Antwort lautet, er vermutet, die Münze habe Fu Peng, der mysteriöse Mitbesitzer der AAA-Konzerns Wuxing.

Wir schalten uns nur wenige Augenblicke nachdem wir die Runner das letzte Mal verlassen haben in Geschehen zurück.

Dabei erleben wir wie immer alles aus den eisblauen Augen von Snowcat mit und nehmen wieder direkt an einem Part ihrer Gedanken teil.

Eine Beschreibung der Runner findest Du hier [LINK].

Hat ein Wort im Text eine andere Farbe, verbirgt sich darunter wahrscheinlich ein Link und es wird im Glossar erklärt. Du kennst ein anderes Wort aus dem Shadowslang nicht? Dann schau doch einfach auf gut Glück im Glossar vorbei. [LINK]

Noch eine Kleinigkeit: die Songs zum Text sollen lediglich zur Stimmung beitragen und sind keine versteckten Hinweise- jedenfalls meistens nicht. ;-) (Ich versuche immer Videos ohne störende Werbung raus zu suchen. Ich kann allerdings nicht garantieren, dass sie auch ohne Werbung bleiben. Manchmal werden die Videos von Songs sogar schneller komplett entfernt, als ich die Episode hoch laden kann, darum nenne ich vorsichtshalber Künstler und Titel neben dem Link. Wegen Lizenzrechten muss ich bei You Tube immer öfter auf Coverversionen oder schlechte Live-Varianten zurückgreifen, oder ich finde ein anderen Anbieter. Die komplette Episoden-Playlist findest Du hier [LINK].)

Bereit Omae? Na dann los!

[Song 1: Dryer - Seen Enough] Moxi hatte vorgeschlagen zum Beschwören des kleinen roten Drachengeistes von der Größe einer Trollfaust, der hoffentlich unsere Verbindung zu Mr.Johnson war, einfach einen Konferenzzimmer hier im Pensinsula zu mieten. Das war eine ganz hervorragende Idee und als ich ihr zunickte, erledigte sie die Buchung auch prompt. 

Ich hatte eine P.A. und kam mir unglaublich wichtig vor. 

‹Was du selbstverständlich auch bist, Elfenmädchen.›, kommentierte Katze.

Und Katze hatte immer Recht.

Wenn wir den Johnson-Geist nicht über den Drachengeist erreichen konnten, mussten wir uns etwas anderes einfallen lassen, um ihn zu kontaktieren. Doch so weit waren wir noch nicht. 

Erst einmal war in den letzten Minuten Metge aus Seattle zurück gekehrt. Wie hatten ihn über das jüngste Geschehen ins Bild gesetzt und er hatte sich meine Aufnahmen von der Leiche von Shen angesehen. Der Mediziner konnte bestätigen, dass man den Y-Schnitt bei Shen nicht mit einem Skalpell, sondern seiner Meinung nach mit einer Klaue geöffnet hatte. Ferner entdeckte er auf einem Bild, dass in einem von Shens Knochen ein Fremdkörper steckte, wahrscheinlich handelte es sich um das Fragment einer Drake-Klaue. 

Wenn wir das in die Finger bekämen, dann hätten wir einen Beweis und zudem einen materiellen Link zu einem der Drakes. So etwas konnte immer von Nutzen sein.

An dem Link hatten wir im Moment kein Interesse, aber ein Beweis wäre schon etwas, zumal in der Presse nur von einem bewaffneten Überfall gesprochen wurde und niemand in den Nachrichten oder Foren den rituellen Aspekt und den ausgeweideten Shen erwähnte.

„Was mich ein bisschen wundert.“, erklärte Bloody Guts, „Anti-Drachen Demos gibt es inzwischen in eigentlich allen großen Städten und manche eskalieren auch. Die Aktien von SK und NeoNet fallen, also die von den beiden Cons mit Drachen an der Spitze. Nicht ins Bodenlose, aber die Gewinne schrumpfen. Da ist das mit den Taliskrämer-Morden doch ein passendes Thema. Ich kann gar nicht verstehen, dass das vertuscht wird.“

Ich seufzte ganz zart, „Naja, vielleicht wird es vertuscht, um den Unmut gegen Drachen nicht weiter zu schüren.“, mutmaßte ich.

Bloody Guts zuckte mit den Schultern, „Ja vielleicht. Ist trotzdem unüblich. Das riecht nach einer weltweiten Verschwörung.“ Dann erhellte sich sein Gesicht, „Oh ich weiß was, wie wäre es, wenn Chang sich auch so einen Mao-Heritage Anzug kauft und wenn wir Infos brauchen oder jetzt den Splitter wollen, dann verkleidet er sich als Lin Yao Chang und fordert den einfach.“

Chang wurde auf der Stelle ganz blass.

Ich hob beschwichtigend die Hand, „Die Idee ist nur für einen winzigen Augenblick gut. Denn Chang ist erstens nicht alt genug und zweitens beherrscht er weder das Auftreten von Lin, noch verfügt er über dessen Wissen. Er würde sofort auffliegen. Aber die Idee den Splitter zu holen, halte ich für gut.“ Ich warf einen Blick auf die Uhr, „Shen lag zumindest bis vor drei Stunden noch auf dem Tisch in seinem Laden. Hinterher wird man ihn in die Pathologie gebracht haben.“ Ich sah nun zum Arzt im Team, „Was meinst du Metge, haben wir noch eine Chance, dass die Obduktion noch nicht erfolgt ist und wir uns den Splitter holen können, bevor er in die Asservartenkammer kommt?“

Der Zwerg überlegte kurz, „Si Senora. Isz denkä, wir habän noch ein paar Sztundän, dasz ist einä großä Szprawl. Szelbst wenn die Autopszie szon fertig isztä, iszt noch Szeit, denn man wird ihn nicht gleich freigäbän oder verbrännän.“

Ich nickte, „Gut, dann sollten wir versuchen, an den Splitter zu kommen. Vorschläge?“

Bloody Guts meinte sofort, „Metge könnte sich als Leiche einliefern lassen.“

Nun verzog Metge das Gesicht.

Wir planten ein bisschen und fassten schließlich den Beschluss, dass Metge sich als Mitglied der UTA, der United Talismonger Assoziation ausgeben sollte, der frisch aus Mumbai gekommen war, wo es vor Tagen einen ähnlichen Vorfall gegeben hatte und der sich nun davon überzeugen wollte, ob es hier einen Zusammenhang geben konnte. Triple S würde ihn für den Fall, dass weitere Magie benötigt wurde, begleiten und Moxi sollte ebenfalls mit, um für zusätzliche Ablenkung zu sorgen, wenn nötig. 

Wer hätte gedacht, dass wir meine P.A. so schnell als Runner einsetzen würden? Doch wenn man es mit Toten zu tun hatte, umgab man, wenn möglich alles mit einem Hüter, um sich vor Shedim zu schützen. Leider verwehrten Hüter Shedim und Dualen Wesen den Zutritt. So würde ich mich also durch einen Hüter drücken müssen, wozu ich wahrscheinlich in der Lage wäre, aber womit ich Alarm auslösen konnte, darum würde ich zurück bleiben und so war die Wahl dann auf Moxi gefallen.

„Was möchtest du für deine Beteiligung an dem Job haben?“, fragte ich meine P.A., als sie dem Plan zugestimmt hatte.

Sie lächelte fein, „Hmm, wir haben da gestern doch das paar Schuhe gesehen. Die hätte ich gern.“

Damit war es abgemacht. 

Doch bevor wir diesen Part in die Tat umsetzten konnten, musste Bloody Guts erst einmal heraus bekommen, wohin man Shens Leichnam gebracht hatte und, viel wichtiger, er musste die notwendigen Matrix-Dokumente fälschen, die Metge zu einem Mitglied der UTA und Moxi und Triple S zu dessen Assistenten machen würden.

Das würde ein wenig dauern.

Ich begab mich nur in Begleitung von Shark Finn in den gebuchten Konferenzraum. Wir mussten nicht mal die Stühle rücken, damit ich nach dem kleinen Geist rufen konnte. 

Zu meiner Freude erschien das hübsche, geflügelte, Minidrachen-Wesen augenblicklich. Ich dankte ihm erst einmal für sein Kommen und sagte dann, „Wir müssen Mr.Johnson, also den, der mir zeigte, wir ich dich rufen kann, sprechen. Weist du, wen ich meine?“

Der Drachenkopf bewegte sich auf und ab.

„Sehr gut. Kannst du ihm bitte etwas ausrichten?“

Der kleine, rote Drache nickte noch einmal. 

„Sag ihm bitte, wir müssen ihn sprechen. Dafür möchte er bitte heute Abend um 18.00 Uhr im Victoria Park bei dem großen Löwenbrunnen sein. Wenn er es zu heute Abend nicht schafft, dann werden wir morgen um 8.00 Uhr erneut dort auf ihn warten.“

Der Drache wiederholte brav exakt, was ich gesagt hatte, versprach es auszurichten und löste sich auf.

Als wir auf die Suite zurück kehrten, sagte Metge gerade, „Szenior, esz isste mir aufgefallän, dasze szie unleidlich szind szeit szie die Foki nich’ mehr habän.“ 

Triple S sah mit einem stechenden Blick zu dem Zwerg rüber, „Möchtest du mir etwas sagen?“ 

Metge hob beide Augenbrauen, „Szenior, ich habä schon etwasz gezsagt!“

Ich musste ein Grinsen unterdrücken, setzte mich und behielt die beiden im Auge, falls etwas eskalierte.

Moxi warf locker dazwischen, „Wenn du unleidlich bist, Triple S, Sex würde helfen!“

Metge nickte ohne rot zu werden, „Ja, durchausz!“

Triple S schüttelte den Kopf, „Nein, in dem Fall nicht.“ 

Moxi zwinkerte Triple S zu und hauchte mit tiefer Stimme selbstbewusst, „Ich bin sicher, dass es hilft.“ 

Metge fügte in völlig neutralem Ton hinzu, „Endorphine helfen immer, um die Sztimmun’ szu verbezzern. Dem Körper iszt egal, woher szie kommän.“

Moxis lächelte noch verführerischer, „Das denke ich auch, ich könnte Triple S da bestimmt helfen, daa bin ich mir absolut sicher!“

Triple S schien kurz gedankenverloren, dann sah er zu Moxi und meinte in fast schon gelangweiltem Ton, „Wie sexuelle Dienstleistungen?“ und nach einer kurzen Pause sagte er, „Na gut.“ 

Metge sah Triple S leicht verdattert an, schüttelte dezent das Haupt und meinte, „Isz szehä szchon, szie szind ein Gentleman:“

Nun konnte ich ein Lachen nicht mehr unterdrücken.

Als Blackstone, Triple S, Metge, Shark Finn, Chang und ich aufbrachen, um Johnson hoffentlich im Park zu treffen, fragte Moxi Bloody Guts, der sich gerade etwas aus dem Kühlschrank der Suite geholt hatte, „Sag mal, hast du das Outfit eigentlich allein zusammen gestellt?“

Bloody Guts sah mit ein wenig Stolz an sich herab, „Ja einiges hab ich so gar gebaut, man muss als Troll natürlich sehen, wo man bleibt.“ 

Damit hatte er so recht. Obwohl es Trolle nun auch schon seit gut 60 Jahren gab, war die kommerzielle Welt nur in wenigen Bereichen auf sie angepasst. Alles was sie nutzen, musste größer und stabiler sein und das ließen sich die Hersteller so einiges kosten. Der doppelte Preis war die Regel. So viel besser hatten es Zwerge in dieser Hinsicht allerdings auch nicht, sie zahlten gut 50 % mehr. Aber immerhin konnten sie leichter improvisieren. Eine Tritterhöhung hier, ein Teleskop-Griff da und schon kamen sie damit klar, was für die mittelgroßen Rassen gemacht war.

Ich lächelte zufrieden, heute würde Moxi schon dafür sorgen, dass unser Hacker trotz seiner Arbeit und den RL Hindernissen in den nächsten Stunden den Spaß nicht verlor und Trixhot würde gut auf die beiden aufpassen.

[Song 2: Ilan Eshkeri - Oishi’s Tale] Chang trug erneut unter der Körpermaske, die Triple S ihm aufgezaubert hatte, eine technische Nanomaske. Sicher war sicher.

Ich hatte eines meiner neuen extravaganten Kostüme angezogen und den riesigen Hut ebenso aufgesetzt, wie ich farblich passenden Handschuhe und Schuhe angezogen hatte. Dieses Kostüm war asiatisch angehaucht und ein limitiertes Model eines Designers aus Hong Kong. Der Stoff war dunkelblau mit einem Muster in Gold, Türkis und Weiß. Hut und Handtasche waren ebenfalls Türkis, während High Heels und die eleganten Handschuhe vom selben Blau waren, wie die Grundfarbe des Stoffes für das Kostüm. Moxi hatte mir zu einem perfekten, dunkelblauem Lidstrich, dunkel getuschten Wimpern und zartrosa Lippen geraten und das auch gleich aufgetragen. Zudem hatte ich die hübschen Achat-Türkis-Ohrringe angelegt, die mir Rubber Duck als kleines Geschenk bei unsere Abreise nach Hong Kong überreicht hatte. Sie passten ganz hervorragend dazu. Vielleicht war ich eine Spur overdressed, aber hey, der riesige Hut und das an ein traditionelles chinesisches Gewand angelegte Ballon-Jackett fiel hier weniger auf, als es zum Beispiel in Boston auffallen würde. Außerdem warf der Hut lange Schatten auf mein Gesicht und man musste sich schon vorbeugen, um mir in die Augen sehen zu können. Mein Haar hatte Moxi mir zu einem kunstvollen Knoten hochgesteckt, der sich irgendwie auch an den Hut anpasste und überhaupt nicht störte. Auch wenn ich das Gewicht natürlich spüren konnte. Der Ballonschnitt am Rücken des Jacketts ließ auch nicht jede Bewegung zu und erforderte ein gewisses Maß an Geschick, wenn man darin elegant aussehen wollte. Etwas, was ich besaß. Optisch war ich mit der Gesamtkomposition mehr als nur zufrieden. Es sah perfekt aus, besonders nachdem Moxi hier und da noch etwas zurechtgerückt und angepasst hatte. 

Moxi war nicht nur meine P.A. sondern auch ein hervorragende Stylistin und das nutzte ich vollkommen aus. 

Am pompösen Eingang des Parks lungerten gut 10 junge, chinesische Männer in Anzügen der gehobenen Preisklasse herum. Sie waren ein wenig zu laut für das, was hier als höflich galt und sie grinsten breit, als Finn und ich den Park betraten. Von meiner Hautfarbe konnten sie so gut wie nichts sehen, aber das mein Bodyguard ein Gwailo war, entging ihn natürlich nicht. 

Blackstone und Chang betraten ein Stück nach uns den Park, während Metge und Triple S ein wenig Vorsprung hatten.

Blackstone meldete, «Die tragen Knarren unter ihren Jacketts.»

«Dann gehören sie sicher zu einer Triade.», erwiderte ich.

Wie gut, dass der Brunnen ein Stück weit tiefer im Park lag. 

Ich hätte mich beinahe direkt an den Brunnen gesetzt, doch dann fiel mir gerade noch rechtzeitig ein, dass Johnson ein Geist war und einen Schlangen-Unterleib besaß. Der wäre so exponiert dann doch ein ungewöhnlicher Anblick gewesen. Darum setzte ich mich auf eine Bank, die vor einigen Büschen stand. Wenn Johnson sich nun hinter der Bank materialisierte, dann würde man seinen Unterleib kaum sehen, besonders, wenn ich mich leicht schräg setzte. 

Finn blieb neben der Bank stehen. Blackstone und Chang warteten am Brunnen, während Triple S und Metge zwei Bänke weiter Platz genommen hatten. Natürlich waren wir über Commlink verbunden.

Punkt 18.00 Uhr materialisierte sich Mr.Johnson hinter der Bank, „Guten Tag.“, sagte er mit einer höflichen Verbeugung.

Ich verbeugte mich ebenfalls, allerdings ohne aufzustehen, so, wie es im Hotel noch geübt hatte. Es sollte ja auch mit dem Hut eine schöne harmonische Bewegung sein. 

„Guten Tag Mr. Johnson. Vielen Dank, dass sie gekommen sind. Wir hatten schon Sorge, sie nicht mehr erreichen zu können, jetzt, wo wir die Verbindung über Shen nicht mehr nutzen können. Haben sie von dem gehört, was Shen geschehen ist?“

Mr. Johnson nickte traurig, „Ja, wie überaus bedauerlich. Wir leben in schlimmen Zeiten, wo solche Dinge geschehen können. Shen war ein ehrenwerter Mann und es ist traurig, dass er einem Raubüberfall zum Opfer fiel.“

Ich hob eine meiner schmalen Augenbrauen, „Ein Raubüberfall sagen sie? Nachdem was ich gehört habe, war es doch kein normaler Raubüberfall.“

Nun war der Geist sichtlich überrascht, „War es das nicht? Haben sie Anhaltspunkte, dass es etwas mit ihrem Auftrag zu tun hatte.?

Ich zögerte, „Wir haben gehört, dass es sich um einen Ritualmord handelte.“

Johnson war erneut überrascht, „Ein Ritualmord? Wie kommen sie darauf? Wo haben sie das gehört? Es war ein Raubüberfall, ich bin ganz sicher.“

Ich seufzte kaum hörbar und zögerte erneut. Ich wahr mir nämlich nicht sicher, was ich preis geben sollte. Ganz bestimmt wollte ich zu diesem Zeitpunkt nicht zugeben, dass Lin Yao Chang, ein Agent von Lung, etwas damit zu tun hatte. Ich konnte mein Zögern nicht begründen, es war, als wenn ich irgendwie eine Loyalität zu Lung verspürte. Etwas, wofür es überhaupt keinen Grund gab. Hinzu kam, dass ich Geheimnisse eben nicht gerne teile. Ich tat mein Baugefühl jedoch nicht einfach ab und darum sagte ich, „Meine Quellen sagen etwas anderes.“

„Ah.“, Johnson entspannte sich ein wenig, „dann sind ihre Quellen nicht ganz richtig informiert. Der Auftraggeber hat den Polizeibericht gesehen. Es war ein Raubüberfall.“

„Oh. Und wie erklärt man dann dort den Y-Schnitt, den man Shen beigebracht hat und die entfernten Organe?“, fragte ich so, als hätte ich keine Zweifel daran, dass der Polizeibericht richtig sei. Übrigens fand ich es interessant zu wissen, dass der Auftraggeber den Polizeibericht gelesen hatte.

Das Entsetzen war Johnson anzusehen, ein Mensch wäre nun blass geworden. „Davon stand nichts im Polizeibericht. Vielleicht liegt hier eine unglückliche Verwechslung der Ereignisse vor?“

Ich schüttelte milde den Kopf, „Das glaube ich nicht. Ich habe…“, ich zögerte noch einmal kurz. Chang hatte simultan für die anderen übersetzt, da wir ja Kantonesisch sprachen. Nun trudelte eine Textnachricht von Metge und Triple S auf meinem AR-Sichtschirm ein, ‚Erzähl ihm einfach alles.’, war darauf zu lesen.

Davon war ich nicht überzeugt. Deshalb beendete ich den Satz mit, „… ein Foto gesehen.“

Jetzt war Johnson schockiert, „Sie sind sicher, dass es keine Fälschung ist?“

Ich nickte, „Ich kann ihnen das Foto zukommen lassen, wenn sie mir sagen, wohin ich es senden soll. Wahrscheinlich waren die Bilder dem Polizeibericht irrtümlich nicht angehängt. Und wenn das Beweisbild der Auftraggeber überzeugt, bin ich gerne dazu bereit, ihnen zu geben, was ich sonst noch habe. Die Großzügigkeit des Auftraggebers in solchen Dingen ist mir ja bereits bekannt.“

Johnson gab mir eine Comm-Id und einen einmaligen Aktivierungscode, damit ich die Bilder verschicken konnte. 

Ferner machten wir eine neue Kontaktmöglichkeit aus. Ich erhielt eine Adresse auf Apleichau Island, dort sollte ich auf dem Restaurant-Schiff Shangrilar einen Tisch auf den Namen Shen für uns und einen Gast bestellen, wenn möglich immer einen Tag im Voraus. Wir machten vorsorglich sofort einen Termin für morgen um 20.00 Uhr aus, denn Johnson würde uns auf jeden Fall sagen wollen, was der Auftraggeber zu dem Foto meinte. 

Ich erzählte Johnson noch, dass wir ihn ursprünglich hatten kontaktieren wollen, um nachträglich doch noch etwas von dem ausgemachten Betrag in NuYen in magische Güter umzutauschen, wenn es keine Umstände machte, und dass wir die Details dazu morgen besprechen konnten. Dann verabschiedeten wir uns und Johnson löste sich mit einem leisen Puff in einer kaum sichtbaren Rauchwolke auf.

Zurück im Peninsula fuhren wir erst gar nicht rauf in die Suite und warteten stattdessen gleich im Parkhaus auf den Rest von UC.

Bloody Guts hatte alle nötigen Unterlagen fertig und nicht nur das, er hatte Shens Leichnam in der Haupt-Pathologie der Hong Kong Police in Central City lokalisiert. 

In diese Richtung fuhren wir jetzt. Wir hatten beide Wagen genommen, obwohl Moxi, Triple S und zukünftiger Hauptakteur Metge, Taxi fuhren.

Wir parkten so nah es ging um noch unauffällig bleiben zu können, nur für den Fall, dass wir eingreifen mussten und dann betrachteten wir das Geschehen via Teamnetzwerk. Die Auswahl und Qualität an Feeds war zwar nicht so gut, als wenn Drohnen dabei gewesen wären, aber ausreichend, um alles mitzubekommen.

[Song 3: The Who -Who are you] Selbstverständlich trugen sowohl Metge, als auch Triple S geschäftsmäßige Anzüge. Moxi trug ein schwarzes Business-Kostüm, dazu eine weiße Bluse und dadrunter schwarze Spitzenunterwäsche, wie man problemlos sehen konnte. Selbstverständlich trug sie schwarze High Heels und schwarze Stümpfe und sie hatte zu dem selben Trick gegriffen, den auch ich gerne nutzte, der Rock des Kostüms war eine Spur gekürzt worden. Gerade um so viel, dass es ungewöhnlich und extravagant war, aber dennoch anständig genug bleib, um durchzugehen. Zudem hatte Moxi eine AR-Brille mit Kamera und Mikro aufgesetzt und dann war in ihrem gut platzierten Kettenanhänger ebenfalls ein Kamera integriert, wie ich gerade feststellen konnte. Aus dieser Perspektive speiste sie nämlich einen weiteren Feed ins Teamnetzwerk.

Der schwere Akzent von Metge machte mir ein wenig Sorge, als er sich auf die Tritterhöhung für Zwerge vor den Counter stellte. Immerhin war die offizielle Amtssprache hier Kantonesisch, auch wenn durchweg alle in öffentlichen Positionen oder Konzernen zusätzlich Englisch sprachen, konnte es zu Problemen kommen.

Meine Sorge entkräftete Metge ziemlich schnell, der er nutzte auftretende Kommunikationsprobleme als Chance, um noch einmal nachzudenken oder etwas zu korrigieren. 

Mrs. Lin am Counter zögerte nur kurz, als die drei vor den Counter traten und sich vorstellten. Die Hintergrund-Informationen von Bloody Guts hielten. Triple S half mit der einen oder anderen auswendig gelernten Fachbemerkung nach, Moxi gab die perfekte, sexy Assistentin und Metge war nun einmal tatsächlich Arzt und musste sich mit seinem Auftreten nicht weiter verstellen. 

Die drei Mitglieder der UTA bekamen ihre Besucherausweise, wurden durch die Sicherheitstür eingelassen und fuhren mit dem Fahrstuhl ganz nach unten, wo ein beflissener Pathologe, mit dem klingenden Namen Dr.Wang und mit wehendem Kittel auf die drei zustürmte, um sie in sein Büro zu bitten. 

Dr. Martines alias Metge dankte Dr.Wang für die volle Kooperationsbereitschaft und wollte statt in das Büro lieber gleich den Leichnam des Taliskrämers sehen. Schließlich sei er ja extra den weiten  Weg aus Mumbai gekommen, um im Auftrag der UTA herauszufinden, ob der Mord von Shen mit anderen weltweit ausgeführten Moden in Zusammenhang stehen konnte. 

Dr Wang wurde blass um die Nase und versprach mit der hier typischen Beflissenheit, volle Einsicht in den Autopsie-Bericht.

Hupps.

Man betrat also zunächst nur das Büro. Dort ging es dann eine Weile hin und her und immer, wenn Metge davon sprach, Shen selbst sehen zu wollen, wurde Dr.Wang eine Spur blasser, wich aus und bot den Bericht an. 

Moxi konnte ihm zwar mit einer sexy Bewegung etwas Röte zurück ins Gesicht zaubern, aber irgendwann war klar, rein theoretisch wollte Dr.Wang behilflich sein. 

Doch eigentlich wollte er niemanden von Außen einen Blick auf den Leichnam werfen lassen, wo doch sein Vorgesetzter, ein weltweit angesehener und anerkannter Pathologe, höchstpersönlich die Autopsie durchgeführt hatte.

Ah, daher wehte der Wind, das Gesicht musste gewahrt werden. Wenn der Doktor aus dem Ausland etwas anderes bei der Autopsie feststellte, als der Chef-Pathologe, würde dieser sein Gesicht verlieren und somit würde auch Dr.Wang sein Gesicht verlieren, da er zugelassen hatte, dass sein Vorgesetzter das Gesicht verlor.

Ich wollte zunächst - musste das dem Team in der Pathologie der Hong Kong Police dann aber gar nicht erklären, denn in Moxis Anhänger steckte nicht nur eine Kamera, sondern auch Körpersprache-Analyse-Software und die war gerade zu dem selben Schluss wie ich gekommen und da Moxi wiederum Metge den kompletten Feed schickte, wusste dieser es nun auch. 

Der Zwerg beugte sich vor, „Szenior. Mir geht ezs darum, den Mann szu szehen und der UTA einen geheimen Bericht szukommän zu laszän. Die Betonun’ liegtä aufä geheim. Niemans musz dasz auszerhalb der UTA szähän und szelbsztversztändlich nennä isz keinä Namän.“

Die Erleichterung war Dr.Wang anzusehen und so erklärte er sich bereit, die drei in den Autopsie-Raum und somit zum Leichnam von Shen zu bringen.

«Sehr gut gemacht, ihr drei.», lobte ich zwischendurch.

Übrigens war die gesamte unterirdische Etage mit mehreren Hüter magisch abgeschirmt, denn man musste ja unbedingt vermeiden, dass ein Shedim hier Zugang fand. Wie gut, dass ich im Wagen geblieben war.

«Lasst mal irgendeinen Gegenstand fallen.», bat Moxi via Teamnetzwerk, kurz bevor man durch die Tür in den Flur trat.

Triple S tat wie erbeten und als Moxi sich - selbstverständlich mit durchgedrückten Beinen - danach bückte, stieß sie ungeschickt mit ihrem knackigen Hintern gegen Dr.Wang, der abermals rot wurde und im Anschluss ein wenig verwirrt wirkte. 

Wow, das hatte sie drauf. Ich schickte ihr ein Smiley aufs Commlink. 

So landete Dr.Wang mit leichten Konzentrationsschwierigkeiten im Autopsie-Raum 2. Er trat vor die Wand, überlegte kurz und zog dann ein Kühlbett heraus. Der Autopsie-Tisch war natürlich eine Drohne, die sich Sensor-gestützt unter das Kühlbett bewegte, es fasste, festklammerte und dann damit in die Mitte des Raumes fuhr. 

Metge ließ das Bett auf eine für ihn bequeme Höhe hinunter und öffnete den Leichensack. Dann runzelte er die Stirn. Dr. Wang hielt Abstand.

Triple S tippte ins Commlink, ‚Besser wäre es, wenn der Typ raus wäre und die Kameras aus sind. Kannst du die Kameras ausmachen, Bloody Guts?’

«Nö, ich hab mich jetzt nicht bei Knight Errant reingehackt und ehrlich gesagt, würde ich das auch ungern tun.»

Metge sah Dr.Wang an, „Iszt esz vielleicht möglich, die Karmerasz ausze’szu’ szaltän? Dasze isze bessär wegen die Geheimhaltung’.“

Dr. Wang zögerte, er war wohl hin und her gerissen, aber dann sagte er, „Ja, ja, natürlich, das kann ich machen.“ Er bewegte sich leicht hin und her, machte aber keine Anstalten, den Raum zu verlassen. Er war nervös und unentschlossen.

Moxi sagte via Commlink, «Ich kann ihn ablenken und sicherstellen, dass die Kameras ausgehen. Wie lange braucht ihr?» Dr. Wang konnte Moxis Worte nicht hören, da sie über ihr internes Commlink kommunizierte.

Metge tippte, ‚6-7min’.

Moxi säuselte, „Kommen sie Dr.Wang. Ich begleite sie und gehe ihnen zur .. Hand.“, beim letzten Wort war eindeutig Zweideutigkeit in der Stimme mitgeschwungen.

Nun war Dr.Wang sofort bereit zu gehen, auch wenn er weiter ein wenig verwirrt wirkte. 

Metge und Triple S überbrückten die Zeit mit medizinischem Kauderwelsch, bis die Lichter der Kameras erloschen waren. Triple S traf mit seinen Worten den Nagel nicht immer auf den Kopf, aber er schlug sich gut und es brauchte schon gute medizinische Kenntnisse, um den Schwindel zu erkennen.

Dann meldete Moxi, «Okay, Kameras sind aus. Ich beschäftige ihn für ne Weile, lasst euch soviel Zeit, wie ihr braucht.» ‚Dr.Wang sie sind ein…‘, hörte ich Moxi noch hauchen, dann nahm sie ihre Feeds aus dem Teamkanal. 

Ich konnte mir auch ohne Bild und Ton vorstellen, auf welche Art Moxi Dr.Wang ablenkte. Der Pathologe würde sich zukünftig bestimmt gern an den heutigen Tag erinnern. Ich hoffte, dass Moxi auch irgendwie auf ihre Kosten kam.

Metge öffnete den frisch zugenähten Y-Schnitt mit einen Skalpell, das hier vorhanden war und sagte irritiert, ein wenig zu uns und ein wenig zu sich selbst, «Ezs wurde überhaupt keinä Autopszie vorgenommän.»

Interessant.

Dann führte der Zwerg eine flüchtige Untersuchung durch und entfernte schließlich den Splitter. Wie ein echter Assistent hielt Triple S ihm schon ein Probenglas hin, welches er aus einem der Schränke entnommen hatte.

Metge ließ den Splitter hinein fallen. Triple S schloss den Becher und steckte ihn in sein Jackett.

Nun wirkte Metge Magie und der eben geöffnete Schnitt schloss sich von selbst. Um den Schein zu waren, nahm Metge etwas Garn und eine Nadel aus dem Vorrat und nutzte die vorhandenen Löcher in Shens Leichnam, um den Faden flüchtig durchzuziehen. 

Sie schlossen den Sack und schickten das Bett wieder zurück in seine Kühlkammer, dann meldete Metge, «Szeniora Moxi, wir wärän jetszt szo weit.»

Moxi erwiderte, «Ja, bin gleich da. Wir treffen uns am Fahrstuhl.»

Als die drei gemeinsam auf den Fahrstuhl warteten, wippte Metge unruhig von einem Bein auf das andere, «Können wir jetszt denn wirklich gehän?. Esz iszt unhöflich szich nicht szu verabsziedän.»

Moxi winkte ab, «Das wird Dr. Wang nicht stören. Glaub mir. Du könntest zurück gehen, aber er wird dann vielleicht noch ein bisschen … na sagen wir mal … aufgeregt sein.»

Leicht widerwillig betrat Metge den Fahrstuhl, nur um oben angekommen, dann doch noch mal runter zu fahren.

Ich war mir zunächst nicht ganz sicher, ob Metge wirklich meinte, sich aus Höflichkeit verabschieden zu müssen oder ob er Dr.Wang in einer unangebrachten Situation erwischen wollte, um ihn erpressbar zu machen und sich so sein Schweigen zu sichern. 

Dr. Wang war verwirrt, wurde rot, als Metge eintrat und die Panik vor einem verlorenen Gesicht stand ihm in das Selbe geschrieben, als er hektisch sein falsch zusammen geknöpftes Hemd glatt strich und so schnell er konnte den Kittel überzog. 

Metges kurzes Innehalten und seine neutrale Höflichkeit zeigte, dass er nicht ahnte, dass er den Mann den Schreck seines Lebens bereitet hatte. Einzig und allein die Tatsache, dass Metge, Moxi und Triple S nur Gwailos waren, würde Dr. Wang vor einem totalen gesellschaftlichen Tod bewahren, wenn das je herauskam.

Als die drei falschen UTA’s zufrieden und ausgelassen in das gerufene Taxi stiegen, meinte Triple S fröhlich, «Moxi, das war super Arbeit dadrinnen, besser als jeder Influence Zauber von mir.»

«Oh danke.», erwiderte Moxi erfreut.

Auch Metge war voll des Lobes für Moxi und bedankte sich zudem für den hilfreichen Feed mit Emotions-Analyse aus dem praktischen Anhänger.

Ich lächelte flüchtig und sagte via Commlink, «Moxi, Triple S, Metge, das war wirklich ganz ausgezeichnete Arbeit. Sehr schön umgesetzt. Vielen Dank. Und Moxi, du hast dir deine Schuhe ganz wunderbar verdient. Wir sollten als Bonus nach einer passenden Tasche schauen.»

«Das freut mich zu hören und da sag ich natürlich nicht nein.», erwiderte Moxi.

❄❄

Zurück im Hotel waren sich Metge und Bloody Guts einmal einig. Sie konnten es nicht fassen, dass die Sache mit dem rituellen Mord an Shen so weitreichend vertuscht und so völlig liegen gelassen wurde. 

Ich betrachtete den Splitter in dem Glas, welches mir Triple S inzwischen gegeben hatte. Mich beschlich ein völlig anderes ungutes Gefühl. Ich ging fest davon aus, dass der Auftraggeber an der Gesichte um Shens Tod interessiert war. Wenn ich nun morgen erzählte, was ich wusste, würde ich dann nicht sogar einen Krieg zwischen Fu Peng und Lung entfachen? Immer voraus gesetzt, dass Fu Peng unser Auftraggeber war. 

Katze sprang auf meinen Schoss, ‹Das Kostüm ist wirklich schön und steht dir gut, Elfenmädchen. Du siehst wunderschön aus.› Katze ließ sich nieder und machte es sich gemütlich, ‹Ich glaube, Fu Peng und Lung sind sowieso keine Freude, da kannst du nichts schlimmer machen. Sie sind beide hinter den Münzen her. Das klingt jedenfalls nicht nach Freundschaft.›

Ich seufzte, ‹Da hast du recht, Katze. Weder die Beteiligung von Drakes, noch die eines Drachen rechtfertigt, dass ich den Auftraggeber betrüge, hintergehe oder auch nur benachteilige. ›

‹Eben, Elfenmädchen, eben.›

Sanft fügte ich hinzu, ‹Danke, für das Kompliment Katze.›

Katze schnurrte laut. 

Auch diesen Splitter im Glas abzugeben, behagte mir nicht. Ich gab damit jemandem die Chance in die Hand, einem Drake schaden zu zufügen. Zumindest etwas in mir sträubte sich dagegen. Doch wenn ich mir selber treu bleiben wollte, dann durfte es keine Rolle spielen, ob jemand ein Drake war.

Zum Glück war der Splitter nicht sonderlich groß, er würde maximal für einen rituellen Zauber reichen.

Ich stellte den Becher mit dem Splitter hörbar auf dem Tisch ab, „Wer weiß, was in den Leuten vorgeht. Vielleicht haben sie Befehl, die Dinge zu ignorieren. Ich denke, wir brauchen den Splitter nicht weiter und können ihn an Johnson geben, wenn an Beweisen Interesse besteht. Bloody Guts, stell doch bitte mit dem Material aus Shens Laden einen Chip zusammen. Ich fertige noch eine Zeichnung von Lin Yao Chang an, damit Johnson einen Anhaltspunkt hat. Ich werde aber nicht sagen, dass wir wissen, wer der Mann auf dem Zeichnung ist.“

❄❄

Der nächste Tag begann ruhig mit ein wenig Schwimmen, einer erholsamen Massage und einem ausgiebigen Frühstück.

Moxi testete einige Makeup Varianten an mir, um meine perfekte Gesichtsstruktur besser kennen zu lernen. Zur Erholung gab es dann von ihr eine Gesichts- und Nackenmassage, gepaart mit einem sanften Peeling für mich. Auch das hatte Moxi also drauf.

Während der Massage fragte Moxi mich, „Was von den neuen Schätzen willst du denn hier behalten und was kann weg?“ Sie lachte kurz, „Also weg, wie weg nach Hause? Du möchtest doch sicher nicht alles mit nach ‚wohin auch immer‘ nehmen?“

Ich schmunzelte, „Nein, jetzt wo du es sagst, eigentlich nicht. Unterwegs brauche ich nur wenige der neuen Sachen.“

„Super, dann sag einfach an, was mit auf Reisen bleiben soll und ich kümmere mich darum, den Rest einzupacken und nach Hause zu schicken. Wenn du keinen Ort hast, können wir auch einen Warencontainer am Flughafen mieten!“

[Song 4: The Pierces - Secret] „Nein, das ist nicht nötig. Bei meiner Wohnung in Seattle gibt es einen Portier-Service, dahin kann man alles bringen lassen und die lagern das dann, bis man kommt oder bringen es in die Wohnung, je nachdem, wie man es deklariert.“ Ich überlegte und erklärte dann, „Also bei mir bleiben soll das Bohemian-Zeug und die Schwimm-Suits. Der Rest der neuen Sachen kann nach Seattle. Die Adresse ist praktischer Weise auf der SIN, mit der ich auch eingekauft hab, da kannst du sie dir einfach runternehmen. Das aktuelle Codewort, um die Sachen ins Appartement liefern lassen zu können ist 2893bramstokA, mit einem großen A am Ende.“

Ja, ich traute Moxi bereits völlig und das nicht nur, weil ich einen Code von ihr bekommen hatte, mit dem ich ihr Langzeitgedächtnis ausschalten konnte, damit sie in wenigen Minuten nicht mehr wusste, was zuvor gesprochen worden war.

Eine halbe Stunde vor dem gemeinsam geplanten Mittagessen mit dem Team, klopfte es an der Tür meiner Suite.

Shark Finn öffnete und davor stand Chang. Diesmal hatte er keine Einladung zu einer Teezeremonie dabei, stattdessen bat er um ein Gespräch mit mir unter vier Augen. 

Shark Finn hob zwar eine Augenbraue, lies uns dann aber allein und gesellte sich zu Moxi in einem anderem Teil des großen Wohnzimmers. 

Wie unterhielten uns leise auf chinesisch uns ich hatte zusätzlich den White Noise Generator eingeschaltet. 

Chang war wegen der vergangenen Ereignisse persönlich besorgt, wie er mir auf seine bescheidene Art mitteilte. Ein Umstand, der nicht weiter überraschend war.

Es behagte ihm gar nicht, mit dem jüngeren Gesicht eines Agenten von Lung herum zu laufen und überall auf der Welt das Gefühl zu haben, jedes asiatische Gesicht könne eine Bedrohung sein, weil es der Red Dragon Triade angehören könnte. Selbst nicht in der Lage zu sein, sich zu verkleiden, machte ihn wahnsinnig und jetzt besorgte ihn zudem, die restlichen Teammitglieder in Gefahr bringen zu können. 

Ich beruhigte ihn, soweit es ging. Die doppelte Verkleidung würde zunächst ausreichen, aber er hatte recht, auf die Dauer musste eine andere Lösung her, als die, ständig auf eine Körpermaske von Triple S angewiesen zu sein und sich so nicht mehr nach eigenem Ermessen frei bewegen zu können.

Ich versprach ihm, mir so schnell es ging etwas einfallen zu lassen und noch heute mit Mystique Kontakt aufzunehmen.

Beinah hätte ich mir selbst einen kleinen Konferenzraum über das Haussystem des Hotels gebucht, doch dann bat ich Moxi darum, dies für mich zu tun.

❄❄

Ich setzte das Trodes-Netz auf, lehnte mich auf dem Stuhl im Konferenzraum zurück, gab die ID ein und tauchte hinab in die tiefen der Matrix.

Als sich das Bild um mich herum wieder zusammensetzte, stand ich vor dem Fist Full Of Data- Saloon. Neben mir wieherte ein Pferd und stupste mich leicht mit seinem Kopf. Ich hatte die Wahl zwischen einem Cowboyhut, einem indianischen Stirnband, einer Federboa oder einem Pilgerhut. Ich schnappte mir den Cowboyhut - und der 3D Avatar meiner selbst bekam ein Cowboy-Outfit übergezogen. 

Schwungvoll stieß ich die Tür in den Vorzeigesaloon auf. Hier war alles so, wie man es sich in einem Klischee-haften Saloon aus einem Wild West Film vorstellte. Samt Klavierspieler und Barman, der schmutzige Gläser schmutziger putzte.

Mystique war bereits da und saß mit einem Pitcher Bier und zwei Gläsern an einem Tisch weiter hinten im Raum. Hier konnten wir ungestört alles besprechen.

❄❄

Fast zwei Stunden später kehrte ich in die reale Welt zurück. Es war jetzt kurz nach 16.00 Uhr, also war noch genug Zeit Chang in den Konferenzraum einzuladen und ihm zu berichten, was Mystique und ich ausbaldowert hatten.

❄❄

Ich flog noch einmal über meine Bestellliste bei Johnson. Jedes mal hatte der Geist betont, dass wir den dreifachen NuYen Betrag in magischen Material ausgezahlt bekommen könnten. 250.000 NuYen waren noch in Geld offen. Wenn ich nun umswitchte und nur magisches Equipment erbat, war der Betrag selbst dann nicht erreicht, wenn wir zu Triple S Foki noch Beschwörungsmaterial auf die Liste setzten, was ich getan hatte. Überschlug ich die Beträge, wären im Anschluss noch 100.000 Nu¥ offen. Über eine erneute Splittung wollte ich jedoch nicht noch einmal verhandeln. Das hatte mich auf eine Idee gebracht. 

Wenn Fu Peng unser Auftraggeber war, dann besaß er 12 % von Wuxing und dann käme er an alles, was Wuxing produzierte, egal, wie schwer es auf dem Schwarzmarkt zu bekommen war. Zugegeben, Wuxing war nicht gerade Ares, also kein Waffenkonzern, aber im Drohnenbereich gab es gleich zwei Wuxing Produkte, die unserem Team gut zu pass kommen würden und die rein von ihrem Marktwert im finanziellen Rahmen unserer Summe lagen, wie ich nach einer Nachricht an Rubber Duck erfahren hatte.

Zum einem war das die Wuxing Red Samurai, eine für Wuxing typische Sicherheits-Boden-Drohne, deren beweglicher Waffenport dem Oberkörper eines Samurai nachempfunden war und die mit einem Schnellwechselsystem für Waffen nur schwer zu bekommen war.

Außerdem gab es die Wuxing Hussar, ebenfalls eine Bodenkampf-Drohne mit Hovercraft-Funktion, die preislich eigentlich ein Schnäppchen gewesen wäre, wenn man sie den irgendwo zu kaufen bekommen würde. Von der Hussar setzte ich gleich drei auf die Liste, denn über so ein Sammlerstück würde sich Liam auch freuen.

Würde uns Johnson am Ende drei dieser Hussar-Drohnen überlassen, sprach das definitiv für mehr als nur gute Kontakte zu Wuxing. Die Red-Samurai hatte ich mehr mit auf die Liste gesetzt, weil sie extravagant aussah und sie den Fakt verschleiern sollte, dass es sich bei den Hussar-Drohnen um einen Test handelte.

Unser Bestellung hatte ich selbstverständlich auf einen anderem Chip gespeichert, als die Informationen über Shens Tod.

❄❄

Ich hatte einen Moment überlegt, was ich zu dem Abendessen anziehen sollten. Moxi hatte mir schließlich zu dem feminin geschnittenen, silbergrauen Hosen-Anzug mit den filigranen, schwarzen Libellen an einigen Stellen geraten. Da wir genügend Zeit hatten, flocht Moxi mein Haar zu einem Flechtkunstwerk von schwerem Zopf zusammen. Wobei ihr anzusehen war, wie viel Spaß es ihr machte mit meiner Haarpracht zu werkeln. Moxi trug über dem schwarzen Lidstrich einen silbernen auf, tuschte meine Wimpern schwarz und wählte dazu passend einen Lippenstift in Zart-Rosé. Meine Fingernägel erhielten die selbe, silberne Lackfarbe, die der breite Gürtel des Hosenanzugs hatte. Silberne Angelboots mit 6 cm Absatz, eine silbergraue Handtasche, ein schwarzer Mushroom-Hut, schwarze Handschuhe und die schmalen Platinohrringe mit den kleinen schwarzen Perlen, die ich jüngst vom Tzaren bekommen hatte, vervollständigten das Outfit. Ich hatte den Anzug schon vor längerer Zeit in Seattle erworben, aber so kombiniert und zusammen mit dem Make Up hatte Moxi so einiges rausgeholt. 

Moxi selbst, Bloody Guts und Trixhot würden erneut im Hotel bleiben. Bloody Guts hatte von sich aus gefragt, ob er hier bleiben könne, denn schwankende Boote waren nichts für ihn. 

Triple S, Blackstone, Metge, Chang und Shark Finn begleiteten mich und sie alle trugen Anzüge. 

[Song 5: Ilan Eshkeri/47 Ronin - Kira’s Wedding Quartett] Wenn man von Down Town Hong Kong an die Southern Coasts kommt, kann man kaum glauben, das es sich hierbei noch um den selben Sprawl handelt. 

Urplötzlich verlässt man die moderne, bunte, technisch überladene Vielfalt und landet übergangslos im traditionellen China. In den Southern Coasts werden die Boote noch von Hand gepaddelt und man trägt die Dinge mit seinen Händen, statt sie mit einer Transportdrohne hinter sich her fahren zu lassen. Das Summen von Klimaanlagen wird ersetzt durch das Rauschen des Windes, der Wellen und dem Klang von Windspielen. Hier arbeiten dutzende von Geomancern im Auftrag der Regierung daran, die Dragon Lines, also die Ley-Linien, zu erhalten. Die größte moderne Ansiedlung in dem Bezirk ist Aberdeen, mit dem berühmten Wuxing Skytower. Seit 2061 ist das Gebiet um den Tower ein Astral Shallow. Schon bei meinem ersten Besuch in Hong Kong hatte ich Gelegenheit, mit diese permanente, astrale Untiefe anzusehen. Irgendwie freute ich mich sogar darauf, wieder in ihrer Nähe zu sein. Den Ausflug hierher hatten wir ebenfalls schon beim letzten Mal gemacht, damit jeder aus dem Team die Erfahrung machte, wie die Astra-Ebene so aussah. Einige unkonventionelle Gemeinschaften haben sich in der Umgebung des Astral Shallows angesiedelt. Eine Brücke führt von Aberdeen aus auf das Apleichau Island. Auf der Insel hat sich auch wiederum auf Grund der Nähe zu den Dragon Lines eine bunte, magische Community breit gemacht. Rund um die Insel herum ankern diverse Restaurant-Schiffe auf denen Touristen und Einheimische das beste Seafood Hong Kongs serviert bekommen. Dank der Umweltpolitik von Wuxing können die Fische dafür direkt und frisch gleich vor Ort aus dem Wasser gezogen werden, denn das Wasser ist so sauber und klar, dass es seines Gleichen sucht. 

Genau eines dieser Restaurant-Schiffe, die Shangrilar, war gestern zu unserem neuen Treffpunkt mit Mr.Johnson erklärt worden. Interessanter Weise trug das Restaurant-Schiff den gleichen Namen, wie ihn auch das Restaurant in Seattle trug, an dem wir Mr.Johnson zum ersten Mal getroffen hatten.

Wir fuhren pünktlich vor, parkten auf dem dezent ausgewiesenen Parkplätzen und legten das letzte Stück zum Schiff zu Fuss zurück. 

Der Duft nach Seafood ließ mir das Wasser im Mund zusammen laufen. Zum Glück hatte ich mich heute Mittag auf einen kleinen Salat beschränkt.

‹Bestell den Edelfisch auf mediterranem Gemüsebett in einem Meer aus Lachs-Champagnersoße, Elfenmädchen.›, verlangte Katze, kaum das ich den Steg an Bord betreten hatte.

Eine sehr gute Wahl, denn das Shangrilar war für die exquisite Mischung aus mediterraner und asiatischer Küche bekannt.

In nannte unsere Reservierung für sechs Personen und Gast auf den Namen Shen und dann wurden wir von der zierlichen Frau direkt in eine abgeschlossene Kabine geführt, die als Esszimmer mit eigenem Bad eingerichtet war. An den Trollstuhl hatte man zwar gedacht, aber das Bad war so klein, Shark Finn würde es nicht einmal betreten können.

Ich bestellte Grünen Kirschtee, maritime Mini-Frühlingsrollen, den von Katze geforderten Edelfisch und ein Matscha-Joghurt-Eis zum Nachtisch.

Nachdem unsere köstliche Hauptspeise abgeräumt worden waren, materialisierte sich Johnson an der Kopfseite des Tisches, wo man vorsorglich nicht eingedeckt hatte.

Der Smalltalk fiel relativ kurz aus, dann sagte der Geist mit dem Schlangenunterleib, „Der Auftraggeber hat die Bilder mit Bedauern zur Kenntnis genommen und ist an den Informationen über Shen interessiert. Auf welche Art können wir die Mühen, die sie mit den Informationen hatten, kompensieren?“

„Wir hätten gern einen Sustaining-Fokus für Manipulation der fünften Stufe.“, erwiderte ich ohne zu zögern.

Johnson zögerte ebenso wenig, „Das ist ein sehr fairer Preis. Sie sind sehr großzügig. Abgemacht. Brauchen sie den Fokus bald?“

Ich nickte, „So bald wie möglich.“, und schmunzelte gleichzeitig in mich hinein. Wenn er erstmal wusste, was ich an Informationen zu bieten hatte, würde ich ihm tatsächlich großzügig vorkommen. 

Dann begann ich ruhig, hier und da ein wenig blumig, natürlich auf Kantonesisch, zu erzählen. Ich berichtete, dass wir nach Hong Kong gekommen waren, um ein weiteres Telesma bei dem Wujen-Magier, der die Formel erstellt hatte, abzugeben und, um ihn, Mr. Johnson zu bitten, uns anstelle des Geldes doch magische Materialien zur Verfügung zu stellen, da wir für verlorene Güter Ersatz benötigten. Ich erzählte, dass wir uns bei dem ehrenwerten Shen gemeldet hatten und was wir vorgefunden hatten, als wir ihn etwas später aufsuchen wollten. Dann berichtete ich, wie es in Shens Laden ausgesehen hatte, natürlich ohne dabei zu erwähnen, auf welche Art wir an die Informationen gelangt waren. Schließlich zeigte ich auf den Chip, den ich vorhin am Kopfende des Tisches abgelegt hatte, „Dort auf diesem Chip befindet sich das Bildmaterial, welches wir aus dem Laden und vom Leichnam des ehrenwerten Shen haben. Außerdem findet sich dort eine schriftliche Zusammenfassung dessen, was ich ihnen erzählte. Vorsichtshalber sind es zwei Dateien, eine auf Kantonesisch und eine auf Englisch, da ich unbedingt Fehlinformationen vermeiden wollte, die von meinen mangelnden Sprachkenntnissen herrühren.“

Mr. Johnson nickte nachdenklich und versicherte, „Danke. Ich bin beeindruckt. Haben sie Hinweise darauf, wer für diese schreckliche Tat verantwortlich ist oder warum dies geschah?“

Ich nickte abermals, „Tatsächlich habe ich das. Wie ich gestern bereits sagte, glaube ich, dass es sogar einen Zusammenhang mit unserem Auftrag gibt, allerdings …“ Ich zögerte absichtlich so lange, dass man es bemerken musste, „ … habe ich diese Informationen mit Hilfe von magischen Fähigkeiten erlangt, Ich kann es ihnen also nicht zeigen oder gar beweisen. Ich kann es ihnen nur erzählen. Sie werden mir glauben müssen.“

Mr. Johnson nickte, „Selbstverständlich werde ich das. Ihr guter Ruf ist ihr bester Leumund und eilt ihnen voraus.“

Ich trank einen Schluck Tee, sammelte mich und erzählte in möglichst neutralen Worten, was ich gesehen hatte. Hierbei sah ich weder Johnson, noch meine Teamkollegen an. Es war nicht schön, sich daran zu erinnern und der Ausdruck in den Augen eines anderen hätte mich ablenken können.

Als ich fertig war, sah ich zu Johnson auf und erklärte, „Es ist davon auszugehen, dass es genau so geschehen ist. Allerdings ist die Wahrnehmung durch die des ehrenwerten Shen geprägt und begrenzt. Von der Person, die Shen nach der Münze fragte, habe ich eine Zeichnung angefertigt, das Bild befindet sich ebenso auf dem Chip, wie die schriftliche Beschreibung der Ereignisse.“ Ich holte etwas tiefer Luft und fuhr fort, „Später ist uns auf den Bildern ein Splitter in Shens Knochen aufgefallen. Es ist uns gelungen, ihn zu besorgen.“ Ich nickte Shark Finn zu und der holte das Proben-Gefäß aus seiner Jackett-Tasche. Wenn er es übergab, würden sich darauf keine Fingerabdrücke finden, da er keine hatte. Ich selbst hatte zum Essen meine Handschuhe ausgezogen. 

Natürlich hinterließen einige von uns Fingerabdrücke auf Besteck und Gläsern, aber wir mussten sie Johnson ja nicht auf dem Proben-Behälter präsentieren. 

Chang zumindest hinterließ heute übrigens keine Abdrücke, da er Latex-Plättchen auf den Fingerspitzen trug. Ich mochte die Dinger nicht sonderlich, da sie nicht gefühlsecht waren und man schnell mal etwas fallen lassen konnte.

„Es handelt sich dabei um den Splitter einer Drake-Klaue, der einem der beiden Drakes abgebrochen ist.“

„Vielen Dank. Ich bin wirklich beeindruckt. -. Sie wollten mich ursprünglich sprechen, weil sie einen anderen Wunsch wegen ihre Bezahlung haben?“, fragte Mr.Johnson.

„Ja, so ist es. Es gibt ein paar Dinge, die wir inzwischen ersetzen wollen.“ Ich nickte Finn abermals zu.

Er holte einen zweiten Chip hervor, der in seinen Händen winzig wirkte und legte ihn auf dem Tisch ab. 

Ich erklärte, „Darauf befindet sich eine Liste mit unseren Wünschen, von denen ich hoffe, dass sie sie uns erfüllen kön…“ und während ich dies sagte, fiel mir etwas ein. Ich beendete das Wort Gedankenverloren. „ … nen.“ Nach einer Pause fuhr ich fort, „Mr.Johnson, gerade ist mir eingefallen, wie ich ihnen und dem Auftraggeber zumindest zeigen kann, was ich gesehen habe. Wenn sie mich und einen meiner Kollegen für ein paar Minuten entschuldigen würden, dann werde ich auf den Nachtisch verzichten und etwas später mit einem weiteren Chip für sie zurückkehren.“

Während ich das sagte, tippte ich ins Commlink: ‚Ich kann das Geschehen via Trid-Phantasm darstellen und Finn kann es aufnehmen und es so weiter geben. Lasst euch den Nachtisch schmecken. Wir sind gleich wieder da.’

Mr. Johnsons Schlangenunterleib bewegte sich sanft hin und her, als er sagte, „Oh bitte gehen sie ruhig. Ich werde hier in der angenehmen Gesellschaft ihrer Kollegen auf sie warten.“

Ich hatte mir beim Zaubern der dreidimensionalen Illusion richtig Mühe gegeben und dafür sogar leichte Kopfschmerzen kassiert. Darum überreichte ich Johnson unseren dritten Chip nicht ohne Stolz. Da ich inzwischen wieder Handschuhe trug, konnte ich ihm den Chip selbst geben. 

Ich hoffte, dass ich die Grausamkeit, den Schmerz, die Angst vor dem Tod, aber auch die Schicksalsergebenheit von Shen und die kühle Art von Lin Yao Chang irgendwie in Bild und Tod hatte mitschwingen lassen können, damit das Trideo nicht zu steril wirkte. Dort war ein Metamensch gestorben und da ich weder den miterlebten Geruch, noch Gedanken oder gar Gefühle mit auf das Trideo übertragen konnte, hatte ich mit ein wenig künstlerischer Freiheit in Form von Farbe und Überzeichnung nachgeholfen, damit der Auftraggeber zumindest erahnen konnte, was dort geschehen war.

„Hier drauf befindet sich die Aufnahme einer illusionären Darstellung der Szene.“, erklärte ich zufrieden.

Mr.Johnson verbeugte sich tief, „Ich danke ihnen und der Auftraggeber wird ebenso beeindruckt sein.“

Wir vereinbarten noch wo wir morgen Abend um 20.00 Uhr den Fokus für Triple S abholen konnten und dann übergab ich Mr. Johnson einen weiteren Chip mit einem Codeschlüssel, damit ich hier auf dem Shangrilar auch Nachrichten abgeben konnte, ohne dass einer von uns zum Essen kam. 

Im Anschluss machten wir uns dann auf den Weg zurück ins Hotel.

Wenn es eine Chance gab, Fu Peng kennenzulernen, dann war meine heute Abend gestiegen.

❄❄

Die Übergabe des Fokus verlief ohne Zwischenfälle. 

Auf der Fahrt zum Drop-Point bat ich Penelope, sich nach einem Boten für uns umzusehen, dem ich eine verschlüsselte Nachricht schicken konnte, die dieser dann auf Chip und so zum Shangrilar bringen konnte. Sie versprach sich darum zu kümmern.

Da dies ein Rückflug war, hatte Dobs Erdbeeren und Champagner für mich. Ich fand, wir waren erfolgreich gewesen und darum ließ ich mir beides schmecken. 

Unser nächstes Ziel würde die Taklamakan -Wüste sein, doch wir würden sicher nicht alle dorthin müssen, darum bat ich Dobs nach der Landung, sich noch einen Tag, für einen weiteren Rückflug bereit zu halten. 

Da er die Maschinen sowieso warten mussten, war das Warten kein Problem.

❄❄

Wieder vereint im Seven Seas, hatten wir den vier Männern einiges zu erzählen.

Die LSV waren inzwischen fertig repariert und alles war wüstenbereit. Die Suche nach den beiden Edelsteinen würde sicher Wochen dauern und auch Thunderstrike sah es wie ich, wir mussten nicht alle in die Wüste, wenn nur ein paar über die dafür nötigen Fähigkeiten verfügten. 

Thunderstrike erklärte, „Rubber Duck, Bloody Guts, Gunner, Tienan und ich werden uns auf die Suche nach einer passenden Schürfstelle machen. Wenn wir eine gefunden haben, geben wir Beschied und dann brauchen wir zumindest dich Snowcat, denn du bist die einzige, die sich mit Arkana und Geologie auskennt. Aber wenn es mit der Bergung der Steine los geht, wäre vielleicht auch andere Verstärkung nicht schlecht. Dann fliegen wir euch ein oder holen euch ab und bergen die Steine zusammen.“

Ich nickte zufrieden, Auch von den anderen legte niemand ein Veto ein.

So kam es, dass ich bereits am Abend des 22.11.2073 die erste verschlüsselte Nachricht an den Courier sandte, den Penelope mir besorgt hatte.

Darin erklärte ich Johnson, dass wir für die Suche nach dem nächsten Teil vier bis sechs Wochen veranschlagten, in denen unsere Ausgaben geringer wären. Darum bat ich ihn für diesen Zeitraum, statt der vereinbarten 9000 NuYen am Tag, nur noch einmal in der Woche 25.000 NuYen auf unser Spesenkonto zu überweisen. 

Ja, vielleicht wäre das nicht nötig gewesen, aber die Suche würde wirklich dauern und einige von uns würden in der Zeit nicht an dem Run arbeiten und außerdem konnten wir so getrost ein paar Tage Weihnachtsferien machen, sollte sich das anbieten.

Am Vormittag des 23.11.2073 stiegen Blackstone, Moxi, Shark Finn, Metge, Triple S, Trixhot, Chang und ich zu Dobs in den T-Bird Richtung Seattle.

                                              UC - UNIVERSAL CONSULTANTS - UC

               UC - Unknown Consequences -das TOP-Runnerteam aus Seattle- You See! 

Ob und wann die fünf Jungs eine geeignete Schürfstelle finden, was die anderen in dieser Zeit tun und ob es Weihnachtsgeschenke gibt, wird demnächst hier zu lesen sein. Schau also bald mal wieder vorbei, omae.

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*reckundstrekgenüsslich* Hoffe Ihr habt Spass; *knutschi*