Tales of Snowcat 39: 50 Minutes (Run 83/2)

TALES OF SNOWCAT (39)

PERIOD4: Magician

ERA4: Modern Baroque

AGENDA8: Shadowrun

TIMESTAMP1: 04/30-05/01/2077

RUN NO: 83/2

ON THE RUN: Blackstone, Drizzt9, Hamaka, Snowcat

APPEARANCE2: Medaron, Phoenix

SPECIAL APPEARANCE2;5: Hell Bent, Laurent Nazaire, 

SPOILER ALERT: Die Episode enthält Spoiler auf den Missions-Band „Boundless Mercy“ von CatlaystGameLabs. 

WARNING: Dieser Text ist für Leser unter 17 Jahren nicht geeignet. Sexualität, Gewalt, Magie, Tod, Kraftausdrücke, Folter, Rassismus, Alkohol- und Drogenkonsum können vorkommen. 

DAS GESCHAH ZULETZT:

Nachdem Blackstone und Mr. Tea - in teuren Maßanzügen - am Einsatzort erschienen sind, macht man sich an die Verfolgung der Illuminaten. Während Drizzt, Blackstone, Hamaka und Mr. Tea ihren Weg durch die Kanalisation finden, fahren Snowcat und Bloody Guts überirdisch hinterher. Unterwegs bekommen es die Runner unten mit einem Basilisken zu tun. Als die Spur aus der Kanalisation herausführt und die Runner ihr folgen, löst Hamaka eine magische Falle an einem Gullideckel aus. Durch den Feuerball verliert der Ork eine Hand. Gemeinsam gelingt es den Runnern, die vier Zauberer der Nachhut der Illuminati auszuschalten. Eine Befragung eines Überlebenden ergibt eine neue Spur: eine Adresse in Green River. Obwohl das Team bereits seit Stunden unterwegs ist, beschließt es, gleich noch im Anschluss die Adresse aufzusuchen. 

In Green River muss das Team feststellen, dass das Ziel auch dort bereits abgereist ist. Es gelingt jedoch, einen Hinweis auf den Aufenthaltsort zu bekommen. Giradi ist nach Montréal gegangen. Als das Team den Auftraggeber darüber informiert, wird es ohne zu zögern bezahlt. Man vereinbart, dass UC die Suche auch in Montréal fortsetzen wird.

Am 30.04.2077 kommen die Runner in Montréal an. Am von Nazaire gemieteten Safehouse erwartet das Team ein unangenehmes Begrüßungskomitee in Form von vier Loup-Garou, einem Gnawer und einem wahrscheinlich auch untoten Zauberer. Das Team kann den Angriff abwehren, dabei wird Phoenix von einem Blutgeist angegriffen, während sie in der Matrix ist. Blackstone verwandelt sich, um den Geist auszuschalten, doch Snowcat kommt ihm mit ihrem Eisatem zuvor und vernichtet den Geist. Über einen Microtransceiver gelingt es, mit dem Anführer der Angreifer zu sprechen und ihn zu fragen, was das soll. Die Antwort ist simpel: Auftraggeber Nazaire ist in Montréal nicht erwünscht. Als Snowcat mit Nazaire Kontakt aufnimmt, stellt sich heraus, dass es sich bei den Angreifern um Mitglieder des Ordo Maximus handelt, die offenbar denken, Nazaire wäre persönlich in der Stadt. Nazaire verspricht, die Sache zu klären und sich um ein neues Safehouse zu kümmern.

Anmerkungen:

1. Der Zeitstempel wird an unsere Zeitlinie angepasst und ist maximal an die offizielle Timeline angelehnt.

2. Die Episode wurde am 19.07.19 erspielt. Neben mir und dem GM waren der Spieler von Blackstone und der Spieler von Hamaka anwesend. Da wir eine große Gruppe von 8 Spielern sind, nimmt jeder Spieler meist nur einen Charakter mit auf den Run. (Unter Umständen kann ein weiterer Charakter für den Run notwendig sein.) So sollen zu viele gleichzeitige Handlungsstränge vermieden werden. Nur in der ausgespielten Downtime kann ein Spieler alle seine aktiven Charaktere ausspielen. Wegen den Widrigkeiten und Schönheiten des RL können nur selten alle Spieler am Spielabend teilnehmen. Deshalb können Charaktere in einer Episoden ohne weitere Erklärung auftauchen, verschwinden oder nicht weiter erwähnt werden. Darüber, welche Charaktere mit auf einen Run gehen, entscheiden die Spieler nach eigenem Gefallen. Das muss nicht immer die logischste Entscheidung sein, und entspricht in keinem Fall nur Snowcats Willen, auch wenn es in der Geschichte anders zu lesen ist. Manchmal ist ein Charakter mit auf einem Run, obwohl sein Spieler abwesend ist. In diesen Fällen wird der Charakter zwar mitgeführt, sein Handeln gerät, wenn möglich, aber in den Hintergrund. Das Spotlight soll auf Charakteren liegen, deren Spieler anwesend sind. Gegebenenfalls hinterlassen Spieler beim GM Regieanweisungen. 

Eine Beschreibung aller Charaktere findest du hier [LINK].

3. Die verlinkten Songs sollen lediglich zu Stimmung beitragen und enthalten keine versteckten Hinweise. Jedenfalls meistens nicht :). Übrigens kaufen wir jeden in den Episoden verwendeten Song, sollte er sich nicht schon vorher in unserem Besitz befunden haben. Nicht nur, damit wir die Songs jeder Zeit auf all unseren Geräten abspielen können, sondern auch, weil wir damit den jeweiligen Künstler unterstützen möchten. Eine Liste mit dem kompletten Soundtrack findest du hier [LINK]. Eine YouTube Playlist zur aktuellen Season findest du hier [LINK].

4. In den ‚Tales of Snowcat’ erzählt Snowcat einem imaginären, nicht näher definierten Zuhörer die Ereignisse aus ihrer ganz persönlichen Sicht. Seit dem Weggang von Katze führt Snowcat auch Tagebuch. Was ihr zunehmend wichtiger wird, da ihr die Dialoge mit Katze fehlen. Man kann ToS demnach auch als Tagebuchauszug betrachten. ‚Period‘ beschreibt dabei den Lebensabschnitt auf dem sich Snowcat befindet. ‚Era' beschreibt das Thema, unter das Snowcat in dieser Zeit den Inhalt ihres Kleiderschranks gestellt hat. ‚Broadcast‘ fasst zusammen, was von dem per Drohne gedrehten Material dem Trideo-Zuschauer der Serie Snowcat and the Howling Shadows zur Verfügung gestellt wird und wann es gestreamt wird.

5. Einige der Namen, die in der Geschichte auftauchen, sind auch in der offiziellen Shadowrun-Welt ein Begriff. Ähnlichkeiten sind beabsichtig. Allerdings kann das hier dargestellte Bild auch deutlich von dem Bild im SR-Kanon abweichen, da es unserer Spielwelt angepasst wurde.

6. Teilweise stehen Dialoge in diesen » « Textzeichen. Die gesprochenen Worte werden dann vornehmlich via Teamnetzwerk oder Commlink verbreitet und sind für Wesen, die keine Mitglieder im Teamnetzwerk sind, nicht oder nur schwer zu hören. Ferner stehen in <> schriftliche Nachrichten und in ‹ › stehen Dialoge via Geistesverbindung, wie zum Beispiel die mit einem Geist unter Kontrolle, Gespräche via Mindnet oder Dragonspeech. Wird zusätzlich eine andere Schriftart verwendet, handelt es sich um unausgesprochene Gedanken oder extra-persönliche Anmerkungen von Snowcat.

7. Snowcat sieht die Geister, die einen Element zugeordnet sind als klassische Elementarwesen:  Luftgeister sind Sylphen, Erdgeister Gnome (früher Brownies), Feuergeister Salamander und Wassergeister sind Undinen. Jeder Geist, den sie beschwört, hat für sie zudem einen eigenen Namen. Guidance Spirits sieht Snowcat als weise Paten, die sie mit Godfather und Godmother betitelt. Guardian Spirits sind für sie Warden, also Krieger verschiedenen metamenschlichen Rassen. Die Warden tragen als Hommage an meine Lieblingsbuchsreihe den ‚Dresden Files‘ von Jim Butcher, die Namen von den Warden des White Council. Spirits of Man sind für sie Leprechauns (Kobolde) und Task Spirits sind Brownies. Beast Spirits bekommen den Titel Master und Plant Spirits den Titel Mother (z.B. Master Wolf oder Mother Oak). 

8. Schlagwort(e), Überschrift(en) unter denen die Episode steht.

9. Der Name ist eine Hommage an die wundervolle Welt Forgotton Realms/Dungeon and Dragons. 

• Weitere Begriffserklärungen findest Du dort: [LINK].

POSTED BY SNOWCAT

[Song 1: Ed Sheeran, feat 50 Cent & Eminem - Remember The Name3] »Wohin soll ich erstmal fahren?«, fragte Medaron, nachdem ich das Team über das Gespräch mit Nazaire informiert hatte. 

„Wir sollten umdrehen und einfach das alte Safehouse behalten«, schlug Drizzt vor. 

Blackstone meinte sofort: „Find ich auch. Nazaire soll aber trotzdem eine neues Safehouse  besorgen, zur Ablenkung. Da gehen dann die übrig gebliebenen Feinde hin, und wir haben hier unsere Ruhe, weil, hier waren sie ja schon.“ 

Drizzt griente und zeigte auf Blackstone. „Das, was mein kleiner Zwilling sagt!“

„Aber Snowcat, erzähl dem das nicht!“, fügte Blackstone hinzu. „Ich trau dem nicht!“

Drizzt sah Blackstone fragend an. „Du meinst Nazaire?“

Blackstone nickte.

„Ach was, der ist schon in Ordnung!“, kommentierte Drizzt, fest davon überzeugt, dass dem auch so war. 

Da für mich ein Safehouse genauso sicher war wie das andere, stimmte ich der Rückkehr zur alten Villa zu. 

Während Medaron wendete, war die entsprechende Nachricht an Nazaire schnell geschrieben. Ich fügte noch hinzu, dass er für das zweite Safehouse nicht unbedingt viel Geld ausgeben müsse, da wir genügsam waren. 

❄️

Die Villa roch alt und ein wenig modrig, war dafür aber groß und verfügte über sechs Schlafzimmer und vier Badezimmer, wovon eines sogar für Trolle oder Orks geeignet war. Zwerge mussten sich mit der üblichen Erhöhungen begnügen, mit denen sie dann Bäder für Norms nutzen konnten. Doch immerhin hatte man hier an alle Rassen gedacht, was mehr war, als man normalerweise in einem Safehouse vorfand. Ach, was sage ich? Das war mehr, als man irgendwo üblicherweise vorfand. Das Erwachen der Welt war nun bald 70 Jahre her, und noch immer waren Anpassungen für Trolle eine Rarität, und Zwerge mussten sich mit Kindersitzen begnügen, die unter ihrem erwachsenen Gewicht ächzten.

Was in diesem Haus mal als Tapeten vorhanden gewesen war, war überwiegend dem Zahn der Zeit zum Opfer gefallen, aber hier und da hatte sich noch ein Flecken gehalten, der von einer glorreicheren Zeit in Montréal zeugte.

Ich suchte mir ein großes Schlafzimmer im 1. Stock aus, in das ich meine Tasche mit Kleidung stellte, die Moxi noch für mich gepackt hatte. Natürlich entschied ich mich erst für den Raum, nachdem ich die Luft dort tief eingeatmet hatte. Schließlich musste ich mich vergewissern, dass es hier weder Schimmel noch Rattenkot oder andere Unannehmlichkeiten gab. 

Das metallene Gestell des französischen Bettes hatte auch schon bessere Nächte gesehen, doch es war groß und sauber. Sauber sogar, was die Bettwäsche anging. Man konnte es tatsächlich schlechter treffen.

Als ich mitsamt meinem Equipment wieder die Treppe herunter kam, hatte Medaron lässig am niedrigen Tisch im Wohnzimmer Platz gefunden und die Cyberspace Design Owl Drohne darauf abgestellt. Er wartete sie und lud die verbrauchte Munition nach. 

Phoenix saß im Schneidersitz, den Kopf angelehnt, auf einem großen Sessel. Ihr langes, leicht lockiges Haar schimmerte in den diversen Rottönen. Sie war bereits in die Matrix abgetaucht. In ihrer Aura schwangen Neugier und Konzentration mit. Wahrscheinlich befand sie sich auf der Suche nach irgendwelchen Informationen.

Hamaka, Drizzt und Blackstone hielten sich in der Küche auf. 

Hamaka lehnte am Türrahmen zum Durchgang ins Esszimmer. Der Ork sah auf seine rechte Hand. Er war fasziniert von ihr. Eine der beiden austauschbaren Hände, die Liam für ihn gebaut hatte, war als ‚Knochenhand‘ gemacht. Sie sah aus, als wäre sie skelettiert, war ansonsten aber voll funktionstüchtig und in ihr waren trotz der knochigen Finger noch Werkzeuge integriert. Nicht so viel wie in der schwarzen Hand, aber immerhin. Der Zeitraum, in dem der Ork rechts nur einen Stumpf gehabt hatte, war unglaublich kurz gewesen. Nachdem Hamaka sich für den Cyberersatz entschieden hatte, waren nämlich nur Stunden vergangen, bis Liam ihm den Cyberhand-Adapter in der Klinik in unserem Clubhaus eingebaut hatte.

Drizzt hatte sich auf einen Stuhl am Esstisch gesetzt und die langen Beine so darauf gelegt, dass seine Schuhe nicht auf dem Tisch waren. Seine pelzigen Arme hatte der Nocturna hinter seinem Kopf verschränkt. Sein schwarzes Fell bildete ein schönen Kontrast zu seinem weißen Haar, welches er wieder zu einem Knoten zusammengebunden hatte.

Blackstone stand auf einer kleinen Trittleiter und inspizierte die Vorräte in den Küchenschränken. 

„Und? Sind Kasnudeln dabei?“, fragte ich breit grinsend und spielte damit auf die Fertiggerichte in Europort bei unserem legendären ‚Long Run‘ an.

Blackstone begann ebenfalls breit zu grinsen. „Nö! Mehr Eintöpfe, Rühreipulver und Instand-Brot. Aber immerhin ist alles noch bis mindestens 2089 haltbar. Das Zeug ist demnach ziemlich frisch besorgt worden.“ 

Der Zwerg zwinkerte mir zu. Mehr war gar nicht nötig. Ich wusste, dass er mir damit sagen wollte, dass wirklich alles besser geworden war, seit damals 2070, als wir unerfahren in das große Abenteuer gezogen waren. 

Gerade erst Anfang diesen Monats hatten Blackstone und ich uns in einer Bar getroffen, um den 7. Jahrestag unseres ersten Runs zu feiern. Weil uns nach Runnergeschichten, Intimität, Bier und Party gewesen war, hatten wir spontan ein paar von den Chummern dazu geladen, die wir inzwischen zu den alten und/oder besonders vertrauenswürdigen Hasen zählten: Mr. Tea, AveRage, TriXhot und Shark Finn. Es war ein schöner, feuchtfröhlicher Abend geworden [BILD]. Intensiv und gemeinsam, so wir früher. Denn auch wenn wir es inzwischen weit gebracht hatten, schöne saubere Kleidung, Schmuck und Luxus besaßen, wir viel an Macht hinzugewonnen hatten und uns kaum noch um die Finanzierung des nächsten Tages sorgen mussten, so war der Zusammenhalt und das Verständnis füreinander von damals doch etwas ganz besonderes gewesen. Ich warf einen kurzen Blick über meine Schulter. Medaron und Phoenix zum Beispiel interessierten sich kaum für die Geschichte eines der anderen Runner, konsumierten und nahmen, was das Team ihnen gab. Oh, ich verübelte ihnen das nicht. Zusammenhalt wird auch aus der Not heraus geboren. Und in Not waren wir eben noch nicht gemeinsam geraten. Für die beiden war Shadowrunner zu sein ihre Art, den Lebensunterhalt zu verdienen. Mehr nicht. Zumindest noch nicht. 

„Soll ich dir was zu essen machen?“ Blackstone lächelte mich warmherzig an.

Ich winkte ab. „Verlockend, aber nein danke. Ich hab erst auf dem Flug hierher gegessen. Außerdem wollte ich Hamaka davon überzeugen, zusammen mit mir einen Hüter aufzustellen, damit wir nicht uneingeladenen zauberhaften Besuch bekommen können.“ Ich sah zum Ork mit den kurzen Rastalocken. „Na? Wie sieht es damit aus?“

Hamaka drückte sich vom Türrahmen ab, der dabei knarzte wie ein alter Dielenboden. „Ja klar, machen wir!“

Dass wir offensichtlich nicht der selben Tradition folgten und dass das stundenlange Arbeit bedeutete, schockte ihn nicht. 

Blackstone, der immer noch auf der doppelstufigen Tritterhöhung stand und eine Mega-Packung Fertigessen in den Händen hielt, fragte: „Wirklich nicht vorher noch was essen? Ich hab hier was landestypisches gefunden.“ Mein alter Freund zog die Stirn kraus. „Nennt sich Poutine.“

Hamaka schob die Unterlippe zwischen seinen Hauern vor. „Davon hab ich schon gehört. Das sind knusprige Fries, die man mit Bratensoße übergießt.“

Ich war mir nicht sicher, ob ich das gut fand.

Blackstone saß es ähnlich. Er verzog das Gesicht.

„Wir lassen es Medaron probieren! Also nicht die Fertigpackung, sondern 'ne frische Portion aus dem Stuffer Shack, oder wie das hier heißt“, legte Hamaka fest. „Wir sagen ihm das ist wie Motoröl, dann isst er es.“

Blackstone war nicht überzeugt. „Warum sollte er Motoröl essen wollen? Sagen wir ihm lieber, dass er 'ne Wette verloren hat!“

Das war Hamaka auch recht. Er rief nach hinten: „Medaron, du musst nachher dieses Poutine-Gericht testen!“

Unsere Rigger sah vom Munition nachfüllen hoch. „Warum ich?“

Blackstone antwortete ohne zu zögern: „Wir haben Stäbchen gezogen und deins war am kürzesten!“

❄️

[Song 2: Bat For Lashes  - Sleep Alone3] Erfreut hatte ich beim Gespräch mit Hamaka feststellen können, dass er in puncto ritueller Hexerei gut bewandert war. Auch darin, bei einem Ritual mitzumachen, das er nicht selbst anführte. 

Bevor Hamaka und ich mit dem vierstündigen Ritual begannen, bat ich alle Anwesenden um Aufmerksamkeit. 

Für alle sichtbar heftete ich mit Geckotape einen handgroßen, flachen, schwarzen Flussstein auf dem Boden. ‚Don’t move this stone‘, stand in neonblauen, schwungvollen Buchstaben darauf geschrieben. „Das ist ernstgemeint“, betonte ich. „Der Stein stellt den Anker für den Hüter dar. Wenn ihr ihn auch nur einen Millimeter verschiebt, egal ob während des Aufbaus oder später, dann fällt der Hüter in sich zusammen und unser Schutz vor Geistern oder magischem Abhören ist dahin. Gerade, wo wir vorhin schon Besuch von einem Blutgeist hatten und noch einen Magier gefangen halten wollen, ist der Hüter absolut wichtig.“ 

Dann begann ich, das nötige Equipment auszupacken, um das Ritual vorzubereiten. Hamaka betrachtete den bunt gefärbten Sand und die Kiesel interessiert. Hätte er die Führung über das Ritual, würden wir wahrscheinlich Graberde und jede Menge Knochen benutzen. „Sand, Farbe und Kerzen verflüchtigten und verbrauchen sich sowieso früher oder später“, erklärte ich. „Es ist also nicht schlimm, wenn ihr hiervon etwas verwischt.“ Ich grinste wölfisch. „Jedenfalls meistens nicht. Da man bei Magie aber nie so weiß, seid lieber vorsichtig.“

Hamaka sah erst zum feinen hellblauen und rosa Sand und dann zu Blackstone hinab. „Jetzt brauchst du nicht staubwischen!“ 

Blackstone verzog das Gesicht. „Wieso sollte ich Staubwischen wollen?“

Hamaka betrachte meinen alten Freunden einem Moment aufmerksam und deutete dann auf dessen blank geputzte Schuhe. „Du siehst pedantisch aus! - Aber nun muss alles liegen bleiben, damit das Ritual nicht gestört wird.“ Plötzlich erschien ein breites und zufriedenes Lächeln auf dem Gesicht des Orks, welches sich bis über seine Hauer hinweg ausbreitete. „Snowcat denkt doppelt an dich, die Frau hat's drauf!“ 

Blackstone widersprach dem nicht. 

Ich schmunzelte in mich hinein. 

Kurz bevor ich mein Commlink in den Nicht-Stören-Modus stellte, was meine AR auf ein Minimum reduzierte und Nachrichten nur von ausgewählten Personen und nur im absoluten Notfall zu mir durchstellte, erhielt ich noch eine Notiz von unserem Johnson. 

>Weiteres Safehouse ist gebucht. Adresse im Anhang. Ihr könnt beide Häuser nutzen. Ich bin mir sicher, dass es bezüglich Maximus keine Probleme mehr geben wird. Gruß LN.<

Wunderbar, dann stand dem ‚Tanz‘ in den nächsten vier Stunden ja nichts mehr im Weg.

❄️❄️

Wie ich bereits erwähnte, war Hamaka bewandert in ritueller Hexerei. Dass ihm der Entzug am Ende so wenig zu schaffen machte, beeindruckte ihn und brachte mir einen weiteren Punkt in Sachen Führungskompetenz bei dem Ork ein.

Als wir die letzten Schritte des Rituals vollendet hatten und die güldenen Fäden des magischen Hüters im Astralraum ihr Sicherheitsnetz durch das Haus spannen, zeichnete sich der Beginn der Dämmerung bereits am Horizont ab. 

Phoenix war auf ihrem Sessel eingeschlafen, sie wirkte zufrieden. Vielleicht hatte sie in der Matrix gefunden, wonach sie gesucht hatte, oder aber sie träumte von Fang. 

Medaron blickte gedankenverloren schräg nach oben in Richtung eines Abflussrohres, das auch schon bessere Tage gesehen hatte. Entweder dachte er intensiv über eine Karriere als Maler nach, oder aber er hing in einer seiner Drohnen ab, um in ihr die Freiheit des Fliegens zu genießen. 

Drizzt lag gähnend auf der Couch. Müdigkeit und schlechte Laune quollen nur so aus seiner Aura.

Eine sinistre Idee formte sich in meinem Kopf. Nur ein wenig Magie, eine zarte Handbewegung, und schon würden in Medaron Gefühle für Drizzt aufkommen. Ein plötzliches Begehren würde ein wenig Pep in den Morgen der beiden Elfen bringen. Ich grinste böse. Wie gut, dass ich diesen Zauber nicht beherrschte. Sowas gehörte sich nicht.

Blackstone saß aufmerksam und ruhig am Küchentisch. Ich kannte ihn noch immer gut genug, um zu wissen, dass er die Feeds der draußen positionierten Überwachungsdrohnen im Auge behielt.

Vor ihm auf dem Tisch lagen die vier Ares Sigma 3 Maschinenpistolen, mit je 100 Schuss regulärer Munition, und die vier Ares Victorinox-Klingen, die wir unseren Angreifern abgenommen hatten. Blackstone war zwar nicht Thunderstrike, aber er hatte die Zeit dennoch genutzt, um die Waffen zu reinigen und auf TAGs zu untersuchen. 

Das gekaperte Proteus Poseidon Remote Control Deck lag ebenfalls auf dem Tisch. Die Spuren des Angriffs durch Phoenix waren noch auf dem Deck zu sehen, aber der Schaden war nichts, was sich nicht reparieren ließ. Wenn Medaron das Deck nicht für sich nutzen wollen würde, würde ich es ins Safehouse meines ersten Center of Beauty and Arts bringen, ebenso wie den Rest des Equipments, welches wir hier einsammelten und das am Ende übrig blieb.

Der Gedanke an CoBaA sandte einen wohligen Schwall Wärme durch meinen müde Glieder. Die Eröffnung der ersten physischen Centers stand bald an. Das war übrigens der Grund, warum Mr. Tea in Seattle geblieben war. Als Art Director des Seattle Centers hatte er vor der Eröffnung noch einiges zu tun. 

„Wo sind denn die fünf Leichen?“ Hamakas Frage riss mich aus meinen schönen Gedanken.

Blackstone sah zu dem Ork und antwortete ruhig: „Die stapeln sich in dem Schrank unter der Treppe nach oben.“

Hamaka setzte sich in Bewegung.

„Was hast du vor?“, wollte Blackstone wissen. 

„Ich will die konservieren, dann bleiben die länger frisch und stinken nicht gleich los!“, antwortete der Ork.

„Eine ganz hervorragende Idee“, lobte ich. 

Da war es ja doch zu was gut, einen Nekromanten dabei zu haben. 

❄️

Blackstone übernahm freiwillig die erste Wache. Ich war tatsächlich ziemlich müde und umso erfreuter, bald ins Bett zu kommen, auch wenn ich alleine darin würde schlafen müssen. 

Die Sehnsucht nach meinem Liebsten stillte ich mit einer Videobotschaft an ihn. Oder versuchte es zumindest. Was nicht ganz gelang. Beim Einschlafen dachte ich an ihn, dann stellte ich fest, dass er mir fehlte, und dann vermisste ich ihn. Darum wollte ich ihm näher sein, indem ich mich bei ihm meldete, was auch kurz funktionierte, doch dann dachte ich mehr an ihn und vermisste ihn mehr. Der infernale Kreis meines Verliebtseins. Aber es gab schlimmeres. Außerdem hatte ich ja noch mein eidetisches Gedächtnis und eine grandiose Fantasie. 

Für diesen Morgen hatte ich sowieso vor, mich für vier Stunden in meditativen Schlaf zu begeben. Der Schlaf wäre dann erholsam wie acht Stunden, allerdings auch so tief, dass ich nur schwer daraus erwachen konnte. Etwas, was ich sonst nur wagte, wenn ich zu Hause oder wenn Shark Finn mit auf dem Run war. Blackstone traute ich genug, um es auch heute damit zu versuchen.

Nach 17 tiefen Atemzügen war ich eingeschlafen.

❄️

„ … wir sind aufgeflogen…“

Die Stimme klang eindringlich, aber ich glaubte weder Panik noch Nervosität herauszuhören. 

„Snowcat, los, wach auf!“

Blackstone, das war Blackstones Stimme. 

Jemand rüttelte an meiner Schulter. … Blackstone rüttelte an meiner Schulter.

Ich konnte mich nur schwer aus den Tiefen des Schlafs lösen.

Doch schließlich brachte ich ein genuscheltes „Bin gleich wach!“ heraus.

„Gut!“, erklärte Blackstone. „Wir sind aufgeflogen. Komm schnell runter. Da schleichen Gestalten ums Haus.“

Er entfernte sich. 

Ich konnte keine Tür hören.

So schnell es das Erwachen erlaubte, setzte ich mich auf. 

Montréal, wir waren in Montréal. 

Zum Glück hatte ich in ‚Second Skin Line‘-Panzerung geschlafen. Ich fühlte mich wie gerädert, doch es half ja nichts. 

Ich warf meine schicke blaue Panzerjacke über, schnappte Rucksack und Blacktooth Dagger und lief leise und geschwind die Treppe hinunter.

Es war kein Kampflärm zu hören, Warden MacCoy7 hatte nichts auf dem Schirm, also nutzte ich ein paar Sekunden für einen Healthy-Glow-Zauber. 

Die Sonne war gerade am Aufgehen. Ein Blick auf das AR-Sichtfeld bestätigte: Ich hatte nicht mal ganz eine Stunde geschlafen. 

Ich kam in die große Küche. 

Ein schnelles Umsehen offenbarte folgendes: 

Medaron, sitzend, eingestöpselt, Stuhl am Küchentisch.

Blackstone, bewaffnet, stehend, am Fenster, Blick auf die Einfahrt.

Phoenix, Schneidersitz am Boden, in die Matrix abgetaucht.

Hamaka, sitzend, abwartend, Stuhl am Küchentisch.

Drizzt, bewaffnet, sitzend, angepisster Gesichtsausdruck, auf dem Küchentresen neben der Spüle.

Nichts hatte versucht, durch den Hüter zu kommen.

Ich hörte weder, noch roch ich Kampf oder Gefahr.

„Was ist passiert?“, fragte ich.

Blackstone beschrieb, ohne zu mir zu sehen: „Da waren grad Schatten auf der Straße. So was wie sehr große Hunde, glaub ich. Schulterhöhe gut ein Meter. Die sind einer Spur gefolgt, haben auf der Einfahrt geschnüffelt und sind dann langsam und vorsichtig bis zur Haustür. Sind dann aber weggeschlichen. Zielstrebig bis zum Ende der Straße. Da hab ich sie aus den Augen verloren. Sie sind irgendwie mit den Schatten verschmolzen. Ich nehme an, wir sind aufgeflogen. Kommt sicher gleich ein Angriff.“

„Haben wir Aufnahmen von den Hunden?“, wollte ich wissen.

»Ja klar«, antwortete Medaron sofort. »Allerdings nur von oben.«

„Macht nichts, schick sie mir bitte.“

Ich schnippte den Feed via AR in den Hauptbereich meines Sichtfeldes. Als die wirklich großen Hunde ins Bild kamen, zoomte ich sie heran, so nah, wie die Auflösung der Drohnenkamera es zuließ. „Das sind Shadowhounds!“, teilte ich den anderen meine Vermutung mit, ließ es aber so klingen, als wenn ich absolut sicher wäre. „Die Tiere leben in Rudeln, sind organisiert wie Wölfe, haben es nicht mit Sonnenlicht und können sich gut in Schatten verstecken. Außerdem sind sie dual, nehmen also immer auch gleichzeitig astral wahr. Die beiden Exemplare sehen weder gepflegt aus, noch konnte ich Halsbänder oder etwas in der Art entdecken. Das sind keine Haustiere von irgendwem. Das Schnuppern wirkte auch nicht ungewöhnlich. Die werden hier in der Umgebung leben und der Geruch von Blut wird sie angelockt haben. Der Hüter ist eine eindeutige Barriere für sie. Es wird leichtere Beute geben als uns. Wir können uns also wieder hinlegen!“

„Überzeugt!“, kam sofort von Drizzt, der von der Arbeitsplatte glitt und in Richtung seines Zimmers verschwand.

Blackstone sah kurz zu mir. „Ich kauf’s auch!“, bestätigte er. „Geht ruhig wieder schlafen. Ich pass weiter auf!“

Ich schenkte Blackstone ein dankbares Lächeln und entschwand ebenfalls wieder in Richtung meines Zimmers. Auf mediativen Schlaf würde ich auf diesem Run ab jetzt verzichten.

Memo an mich: Blackstone ist vertrauenswürdig, aber er ist nicht Shark Finn.

❄️❄️

Gut eine Stunde vor Sonnenuntergang erschien Drizzt auf der Bildfläche. Wahrscheinlich hatte ihn der Duft von gebratenem Steak, Bohnen und Kartoffeln angelockt. Nein, Blackstone war nicht einkaufen gewesen, also war das hier kein echtes Fleisch und auch keine frischen Kartoffeln. Und nein, Blackstone war auch nicht Tiernan, also war das auch kein magisches Gericht. Allerdings konnte ich erfreut feststellen, dass jemand, der versiert darin war, etwas zu kochen, tatsächlich auch aus lange haltbaren Standard-Vorräten mit mundanen Mitteln etwas zaubern konnte, was richtig gut schmeckte. Blackstone hatte sogar seine eigenen Gewürze mitgebracht.

Was für uns also Abendessen war, war für Drizzt Frühstück. Der Nocturna hatte überhaupt kein Problem damit, eine würzige, warme Mahlzeit zum Frühstück zu bekommen. Schon gar nicht, wenn es Kaffee dazu gab. Der Kaffee war übrigens wirklich echt und sehr gut, denn Blackstone hatte ihn ebenfalls mitgebracht.

Nachdem Drizzt sich - zwischen Medaron und mich - an den Tisch gesetzt hatte, schnupperte ich unverhohlen an ihm. Er hatte geduscht und sein weißes Haar war noch leicht feucht. 

Er legte den Kopf schief und bedachte mich mit einem skeptischen Blick.

Ich zuckte mit den Schultern und sah verspielt und unschuldig drein. „Ich wollte nur wissen, ob du jetzt nach nasser Katze oder nach nassem Hund oder so riechst.“

Drizzt verdrehte die Augen.

„Aber nein, tust du nicht“, ergänzte ich.

Drizzt machte sich an sein Essen und warf zwischen zwei Bissen ein: „Abtrocknen ist tatsächlich eine Herausforderung!“, ein.

Woraufhin ich ihm die Evo-Hairdresser-Line empfahl und von meiner Dusche zu Hause schwärmte, in die ein Ganzkörper-Föhn eingebaut war, damit ich mein knielanges Haar leichter trocknen konnte.

Hamaka schob seine Zunge seinen rechten Hauer entlang. Ein Zeichen, dass der Ork über etwas nachdachte oder versuchte, sich etwas vorzustellen. Nach ein paar Sekunden fragte er: „Aber wenn du so einen Föhn nehmen würdest, Drizzt, würdest du dann nicht aussehen wie so ein Fluffi-Ball? Alle Haare stehen ab und so?“ 

Drizzt schüttelte den Kopf. „Nein, mein Fell ist ja ganz kurz.“

„Außerdem gibt es dagegen sehr gute Conditioner!“, fügte ich sanft lächelnd hinzu.

❄️❄️

[Song 3: LeeDeWyze - Blackbird Song3] Wenn man jemanden fangen wollte, egal ob Magus oder Norm, musste man ihn zunächst einmal lokalisieren. In Ermangelung jeglicher genauerer Hinweise, die über den Montréal-Sprawl hinausgingen, bedeutete das gute alte Legwork. Was nicht ohne Grund Beinarbeit hieß, war es doch meist mit jeder Menge Metern verbunden, die man eben zu Fuß zurücklegte.

Hier in Montréal kannten wir uns so gar nicht aus, weshalb wir erstmal eine Basis für die Suche herstellen mussten. Wir mussten Kontakte zu den Metamenschen knüpfen, die sich auskannten.

Wir hatten über Montréal gehört, dass hier nichts unbemerkt an den Hell Souls, einer gemischtrassigen Gang, vorbeiging.

Also eignete sich eben jene Gang als Connection für unsere Suche nach Magus Tirone Giradi. 

Da wir nicht einmal wussten, wo wir Mitglieder besagter Gang finden konnten, bedeutete das - ihr ahnt es sicher - mehr Legwork. 

So verschlossen wir die Haustür, stiegen alle in den Roadmaster und fuhren zunächst ein kleines Stück, bis wir den belebteren Teil der riesigen Barrens erreicht hatten. Dort stiegen Blackstone, Drizzt, Hamaka und ich aus.

Das hier war eine Z-Gegend, und wir alle hatten uns dementsprechend gekleidet. Auch Blackstone. Ich trug einen meiner Catsuits, der sich auch mit verwandeln konnte. Sämtliche Addons waren ausgeschaltet, also keine neonblauen Verzierungen oder durchsichtigen Stellen. einfach nur der Anzug in Dunkelblau. Den passenden Mantel hatte ich schon allein darum übergezogen, um mehr Equipment dabei haben zu können. 

Die Jungs trugen je eine klassische Straßenuniform bestehend aus schwarzer, gepanzerter Baggy-Pants, schwerem Schuhwerk, T-Shirt und Panzerjacke in individueller ethnischer oder persönlicher Ausführung, was bei Drizzt noch zusätzlich einen Hoodie in einem dunklen Lila beinhaltete. 

Natürlich waren wir alle bewaffnet. 

Ungefähr eine halbe Stunde liefen wir durch die heruntergekommen, trostlosen Straßen, vorbei an verfallenen Häusern und fragten Metamenschen, die am Rande der erträglichen Existenz lebten, nach der Gang. Dabei scheuchten wir Ratten und andere Kleinlebewesen auf und verteilten Energieriegel an die Metamenschen, die wir befragten. Vielleicht spielte der eine oder andere kurz mit dem Gedanken, uns unsere teure Ausrüstung abzuziehen, doch sein Überlebensinstinkt hielt ihn davon ab. Spätestens, sobald ich die ersten Worte mit ihnen gesprochen hatte, war der Gedanke sowieso vergessen.

Schließlich hatten wir den Namen einer Bar erfahren: Ore Liquid, dort sollte man Hell Souls finden können.

Für Phoenix im Wagen war es ein Leichtes die entsprechende Adresse herauszufinden.

Nur Minuten später setzte Medaron uns in der Nähe der Bar ab.  

❄️

Zwei männliche Typen, ein Mensch und ein Ork, in dunkeln Bikerklamotten, auf denen diverse Clubabzeichen in Form von Teufelsfratzen und anderen dämonischen Symbolen gepatcht waren, standen vor dem Ore Liquid. Sie wirkten nicht wie Rausschmeißer, sondern eher wie Beobachter des Eingangs. Das waren mit ziemlicher Sicherheit Hell Souls.

Natürlich bemerkten sie uns, grinsten und starrten uns an. 

Wir nickten den Gangern zu. Ich schenkte ihnen sogar ein Lächeln, und dann betraten wir ohne zu zögern die Bar. 

Hamaka rückte seine Wollmütze zurecht, als die alkoholgeschwängerte Luft der Bar uns entgegenschlug. 

„Du fällst unangenehm auf!“, bemerkte Blackstone an Hamaka gewandt.

„Was? Nein! Hast du nicht gesehen, wie der Ork mich angelächelt hat? Ich sehe mega cool aus!“ Er blickte auf seine Cyberhand. „Aber vielleicht hätte ich doch lieber die Knochenhand anstelle der schwarzen anziehen sollen.“ Dann begann der Ork so breit zu grinsen, dass die Spitzen seiner Hauer an seine Wangen stießen. Er beugte sich zu mir runter und flüsterte: „Hat der jetzt eigentlich gelächelt oder mich ausgelacht?“

„Er hat gelächelt“, bestätigte ich.

Das Ore Liquid war im Stil des Spätbarock eingerichtet und hatte sicher auch schon bessere Tage gesehen. Das falsche Blattgold blätterte von den Fresken ab und die 3D-Tapete war an diversen Stellen eingerissen. Dafür waren der Tresen gepflegt und die Regale mit Flaschen gefüllt. 

Ein männlicher Mensch in Jeans und Pullover stand hinter der Bar. Wir zählten sechs weitere menschliche Männer im Raum verteilt, bei denen es sich höchstwahrscheinlich um Bewohner aus der Umgebung handelte. Direkt an der Bar saßen zwei menschliche Mädels, die hier bedienten, die man aber mit ziemlicher Sicherheit auch zu einem Drink und einem Besuch der Toilette einladen konnte. An einem Tisch in einer Ecke versteckten sich zwei junge menschliche Männer in besserer Kleidung, die eingeschüchtert in ihr Bier blickten. Sie wirken wie zwei Studenten, die wegen einer schlechten Reiseführer-App falsch abgebogen waren. Doch da niemand hier so aussah, als wolle er die Jungs angreifen oder ausrauben, konnten wir es bei einem flüchtigen Blick belassen. 

Viel interessanter war da der große runde Tisch in der Nähe des virtuellen Gameboards, an dem vier weitere Hell Souls ihr Bier tranken. 

Natürlich war es kurz still geworden, als wir eingetreten waren, und natürlich sahen uns alle an.

Ohne Umschweife schritt ich mit ausreichend Lockerheit in der Hüfte an die Bar, um dort auf Französisch für mich, meine Freunde und die Hell Souls eine Runde Bier zu bestellen. 

Nachdem unser Biergeschenk geliefert worden war, schnappte ich mir mein Glas und schlenderte direkt an den Tisch.

Das Eis war schneller gebrochen, als ich es in Drakeform ausspucken kann. 

Klar konnten wir Kontakt zu den Hell Souls bekommen, besonders, wenn wir Geschäfte machen wollten. 

Wir tranken unser Bier aus und gingen raus. 

Im Anschluss folgten wir mit unserem Wagen dem ihren.

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[Song 4: Rev Theory - Hell Yeah3] Es dauerte nicht lange, dann zeigten sich an den Straßen vermehrt TAGs und Graffiti mit Dämonengesichtern, die das Kernrevier der Hell Souls markierten. 

Schließlich hielten wir auf ein Haus im französischen Kolonialstil mit einem umzäunten Gelände zu. Okay, das Wort Haus trifft es nicht wirklich. Es handelte sich um ein großes Herrenhaus im Kolonialstil, welches man mit modernen Materialien instand gesetzt hatte. Soweit möglich hatte man sogar versucht, das Haus durch Verstärkungen oder Ausbesserungen nicht allzu sehr zu verschandeln. 

Bereits vor der Einfahrt zum Gelände standen ein paar aufgemotzte, gepanzerte Wagen mit Teufelsfratzen. Mit jedem weiteren Meter die Einfahrt herauf häuften sich den Fahrzeuge. 

Trog-Rock und Heavy-Rap-Musik drangen aus dem Haus zu uns herüber. Medaron hielt gleich hinter dem Auto, das vorgefahren war. 

Er würde mit Phoenix im Wagen bleiben. 

Sicher war sicher. 

Straßenkünstler hatten die Veranda und die Hausfront sowie die steinerne Einfahrt bemalt. Das Ganze hatte was von Dante’s Inferno und dem Tor zur Hölle. Einige der Werke waren gar nicht mal so schlecht. Wo man hinsah, überall grinsten uns teuflische Fratzen entgehen. Die Musik und blitzende rote Lichter taten ihr übriges. 

Zum Glück gruselte mich nichts so leicht.

Auch meine drei Begleiter konnte das nicht schrecken. Hamaka schon gar nicht. Wahrscheinlich waren die Bilder auch gar nicht abschreckend gedacht. 

Sechs bewaffnete Orks mit gleich mehreren Patches auf den Jacken standen einer Garde gleich vor der Haustür. Die Patches zeigten die flammende Gabel des Teufels, und je mehr Patches dieser Art man hatte, desto höher stand man offenbar in der Gang.

An Rassen und Geschlechtern war hier alles vertreten. Ich entdeckte sogar einen weiblichen Elf. Wenn man die Hell Souls in die Mitglieder der verschieden Rassen aufteilen und jene dann zählen würde, könnte man vielleicht die Verteilung wieder finden, die sich in der Region ergab. Jedenfalls so grob. Was ich mit dieser komplizierten Beschreibung zum Ausdruck bringen wollte: Die Hell Souls wirkten frei von Rassismus. 

Bei einem schnellen Rundumblick konnten wir weitere Wachen auf dem Gelände ausmachen. In der ersten Etage gab es einen Balkon. Die Türen nach innen waren geöffnet und davor standen zwei weitere Wachen.

Blackstone betrachtete interessiert ein größeres Graffiti, das auf den Fußweg zur Veranda gesprayed war. Er raunte mir zu: „Du könntest denen was zeichnen oder malen. Das finden die bestimmt cool.“ 

Höchstwahrscheinlich taten sie das. Aber diese Ehre würden sie sich erst verdienen müssen. 

Direkt vor der doppelflügligen Eingangstür ins Haus stand ein eindrucksvoller Troll. Selbst für einen Troll war er groß. Die Deckenhöhe und die Doppeltüren des Kolonialstils würden ihm gestatten, sich drinnen zu bewegen, aber dennoch würde er sich vorbeugen und bücken müssen, um einzutreten. Haut und Hörner des Trolls waren rötlich. Dazu hatte er eine ballistische Maske aufgesetzt, auf der ein Dämonenteufels-Gesicht so gemalt worden war, dass es Gesichtszüge suggerierte. Über der Schulter des Trolls hing ein mit Flammen verzierter Bogen, in seinem Gürtel  steckte eine Kampfaxt, die ich gerade mal so mit zwei meiner zarten weißen Hände würde halten können. - Ja, so wie diesen Troll konnte man sich einen Wächter des Höllentores vorstellen. 

Der Troll deutete eine Verbeugung an. „Ich bin Hell Bound!“, verkündete er auf Französisch, drehte sich dann um, packte an zwei Türgriffe, die definitiv für Hände seiner Größe gemacht waren, und stieß uns fast schon dramatisch gekonnt die Türen auf. „Tretet ein!“, proklamierte er in dem tiefen, grollenden Bariton, wie ihn nur eine Trollbrust hervorzubringen vermag. 

Hell Bound bewegte sich einen Schritt zurück, um uns Platz zu machen. 

Blackstone ging vor. Auf Höhe des Wächters blieb er stehen, sah zu ihm auf und meinte bewundernd auf Französisch: „Coole Hautfarbe!“ 

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Bei unserem Eintreten empfing uns für ein Gang-HQ übliches Bild: Zahlreiche Ganger, die mit Gang-Operationen beschäftigt waren. Waffen wurden geputzt, Chips sortiert und Drogen verpackt.

Klar schenkte man uns Aufmerksamkeit. Aber es ist unter der Würde der Coolness eines jeden Gangers, Besucher anzustarren oder gar beeindruckt von ihnen zu sein. 

❄️

Wir wurden ins Wohnzimmer geführt.

Auf ein imposantes Sofa hatte sich ein athletisch gebauter Ork mit dunklem Haar und einem hübschen Gesicht gelümmelt. Er war vielleicht Anfang 20, also in der Blüte seiner erwachsenen Männlichkeit. Das gepaart mit der Ausstrahlung des uneingeschränkten Herrscher, den gepflegten Hauern und dem interessierten Lächeln, welches er mir zuwarf, machte ihn in meinen eisblauen Augen gleich noch mal attraktiver. 

Auf dem niedrigen Tisch vor ihm standen zwei Flaschen mit wahrscheinlich alkoholischen Getränken, ein paar leere, unbenutzte Gläser, eine Zigarrenkiste, ein Aschenbecher und ein Tischfeuerzeug.

Einladend deutete er auf die Reihe von Sesseln auf unserer Seite des Tisches. 

>Der Gangboss heißt Hell Bent.<, traf perfekt rechtzeitig die Information im Teamnetzwerk ein. Wir setzten uns. Selbstverständlich nahm ich genau gegenüber von Hell Bent Platz,

Der Boss sah mich aufmerksam und weiter lächelnd an. Das sagte er: „Cherie, wo warst du so lange?“ 

Ich ließ mein Gesicht erstrahlen. Das würde eine angenehme Verhandlung werden. „Ach, Hell Bent“, begann ich im bezaubernden Ton, „Ich war mal hier, mal da. Hauptsächlich in Seattle. Doch nun bin ich endlich hier. Ich bin Snowcat.“  

„Natürlich bist du das!“, meinte er seufzend. Was auf Französisch gleich noch verträumter klang.

Alle Verhandlungen auf der Welt sollten auf Französisch geführt werden, und alle Männer mit Macht sollten diesen Charme haben. Von der Fähigkeit, Frauen zu bewundern und sie dennoch gleichberechtigt zu behandeln, mal ganz zu schweigen. 

Langsam und überdeutlich griff ich mir an das rechte Revers meines zum Catsuit passenden Mantels, um ihn zur Seite zu schlagen. Mit der linken Hand zog ich weiter langsam und vorsichtig die Flasche Rum aus der Innentasche, die ich mitgebracht hatte, und stellte sie auf den Tisch. 

Echter Rum, kein Synthahol, versteht sich. „Ein Gastgeschenk!“, erklärte ich lächelnd. 

Hell Bent war zufrieden. „Großzügig!“, befand er. „Jacque-Jacque sagt, ihr wollt Geschäfte machen?“ 

Das war mein Stichwort, zu erklären, warum wir hergekommen waren.

Hell Bent hörte mir aufmerksam zu. Noch bevor er dazu das erste Wort gesprochen hatte, war mir klar, dass der Gangboss bereits wusste, wo sich Tiradi aufhielt. Er sah nämlich ungeheuer entspannt aus. „Ich könnte euch schon den Gefallen tun, euch zu sagen, was ich über den Aufenthaltsort von dem Typen weiß. Ich kenne nämlich nicht nur die Adresse, ich weiß noch mehr. Vielleicht könnt ihr mir vorher auch einen Gefallen tun?“

Das war fair genug und etwas, womit ich gerechnet hatte. Ich lächelte. „Gefallen gegen Gefallen sozusagen. Das kommt natürlich ein kleines bisschen auf den Gefallen an. Aber generell klingt die Idee großartig.“

Hell Bent sah mich an. „Ihr seid doch Shadowrunner, richtig?“

Ich nickte nur leicht. „Das kann ich weder verneinen noch bestätigen. Welchen Gefallen könnten Shadowrunner dir denn tun?“

Der Ork beugte sich vor. „ Ich sag euch schon mal gratis, da wo der Typ untergetaucht ist, das ist kein einzelnes Haus. Das ist ein ganzer Komplex. Den Gefallen, den ihr mir tun könnt: Es gibt da ein Lagerhaus in der Rue St Maurice. Da sucht ihr einen Container der Francois-Bla-Bla-Irgendwas-Gesellschaft.  Ist so ein verpisster kleiner Konzern, der Fracht verschifft. Die Ladung, um die es geht, wird vom Yukon weiter in die UCAS verschifft. In dem Paket sind fünf Kästen. Ich gebe euch ein Gerät mit, das genau dafür da ist, und in das steckt ihr die Träger, dann wartet ihr, bis das Lämpchen an dem Gerät grün wird und nehmt den nächsten und macht das nochmal. Das könnt ihr doch?“ Hell Bent lehnte sich wieder zurück und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. 

Er wäre sicher enttäuscht gewesen, hätte ich nicht zumindest versucht, mit ihm zu verhandeln. Ich begann damit, mir das Gerät zeigen zu lassen. 

Es war 5 mal 10 mal 30 Zentimeter groß, besaß eine Klappe, eine Leuchtdiode und hatte irgendwelche Elektronik in den Boden eingebaut.

„Ich nehme an, wir sollen bei der Aktion nicht bemerkt werden?“, fragte ich nach.

Hell Bent nickte. 

❄️

Nach ein paar Minuten hatte ich ihn darauf hochgehandelt, dass wir 500 Nuyen pro bearbeitete Kiste bekommen würden. Das Geld konnte wir auch in Gang-Credits bekommen, was bedeutete, dass wir es bei der Gang gegen Waffen, Munition und Drogen tauschen konnten. 

Perfekt!

Wir hatten für den Job nur zwei Tage Zeit, denn dann würde das Paket weiter verschifft werden. Ich wollte das lieber gleich hinter mich bringen und begann, uns zu verabschieden. Der Abend war noch jung genug für einen Run.

Hell Bent mochte uns wirklich, denn er gab uns noch einen Rat mit auf den Weg: „Ihr seid ja nicht von hier. Hier gibts Hell Hounds und Gabriel Hounds, die streunen hier rum und sind keine Seltenheit. Passt da auf! Und wenn euch ein Gebäude plötzlich interessiert, dann solltet ihr auch vorsichtig sein, dann wohnt da ein Incubus drin!“

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[Song 5: Daft Punk - Robot Rock3] Wir hatten alles dabei, was wir für den Job brauchten, wir waren frühestens am späten Nachmittag aufgestanden, also fuhren wir ohne Umweg zur angegebenen Adresse. 

Der Weg führte in ein älteres Gebiet in der Stadt, was hieß, dass wir erneut ordentlich durchgerüttelt wurden. Die Straßen wurden enger, unter dem Asphalt oder Beton lag Kopfsteinpflaster, und irgendwann bestand die Straße nur noch aus Kopfsteinpflaster oder dem, was davon übrig war. 

Wir hielten in der Nähe auf dem Parkplatz eines verlassenen Lebensmittelmarktes, von dem aus wir sogar direkte Sicht auf das Gelände hatten.  

Ein erster Drohnenüberflug zeigte zwei einstöckiges Lagergebäude, zwei Kräne und ein kleines Bürohaus mit zwei Etagen. Das Gelände führte hinten bis an die Kaimauer und war mit einem sechs Meter hohen Zaun umgeben. Am Haupttor gab es ein Wachhäuschen. 

Zwei Autos von Angestellten waren vor dem Bürohaus geparkt. 

Nachdem wir uns einen Überblick verschafft hatten, sahen wir ein bisschen länger hin. 

Drei menschliche Wachmänner liefen zu jeder vollen Stunden vom Wachhäuschen eine Patrouille übers Gelände. Für eine Runde brauchten sie ziemlich genau 15 Minuten. Dabei machten sie jedes Mal vor jedem Haupteingang eines Lagerhauses halt, um dort mit jemandem zu sprechen. An den Hintereingängen der Lager betraten sie die Gebäude für zwei bis drei Minuten, wobei man durch die Oberlichter den schwachen Schein von Taschenlampen erkennen konnte.

Phoenix entdeckte neben Kränen, Transportdrohnen und Terminals insgesamt acht Commlinks. Drei gehörten zu den Männer der Patrouille, eines war im Wachaus am Tor, zwei in der zweiten Etage des Bürohauses, das genau genommen nicht mehr als ein großer Container war, und je eines fand sich nahe der Haupttüren in die Lagerhäuser, wo demnach auch Wachmänner sein würden.

Außerdem fand unsere Deckerin noch eine Biodrohne, die sich ebenfalls im Wachhaus am Haupttor befand. 

Zudem hatte ich einen Geist der Luft entdeckt, der die Patrouille astral begleitete.

„Das ist dann aber doch noch ganz schön viel Sicherheit!“, beschwerte Hamaka sich.

»Ich habe das Gerät gecheckt«, erklärte Phoenix nun, »Damit programmiert man Chips. Ich kann auch einfach den Zähler hochsetzen und wir fahren ins Safehouse und legen die Füße hoch.«

Ich lächelte. „Ein verlockender Vorschlag. Doch das scheint mit keine gute Basis für eine zukünftige Geschäftsbeziehung.«

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Einige Minuten später meldete Phoenix: »Okay, ich habe die Kiste entdeckt. Sie steht in Haus 2, Regal 4 in der 3. Ebene und sie hat die Bezeichnung YU8-9832, Cleveland.«

Hamaka hatte sich unterdessen astral umgesehen und in den Lagerhäusern selbst keinerlei relevante Neuigkeiten entdeckt.

„Und wie gehen wir jetzt vor?“, wollte Blackstone wissen.

„Na, so wie wir eben schon besprochen haben!“, legte ich fest. „Hamaka, Drizzt, du und ich gehen nahe an der Kaimauer leise und verschleiert an und über oder durch den Zaun, Hamaka macht hinten an Haus 2 die Tür auf, wir gehen rein, suchen den Container, machen ihn auf, programmieren die fünf Träger um, und dann gehts auf dem selben Weg zurück, auf dem wir gekommen sind. Phoenix und Medaron geben uns Deckung und starten im Fall, dass wir bemerkt werden, eine Ablenkung.“

❄️❄️

Problemlos und unbemerkt waren wir bis an den Zaun geschlichen. Das Wasser plätscherte gegen die Mauer.

»Hamaka, kannst du levitieren?«, fragte Blackstone.

»Nein, den Zauber beherrsche ich nicht«, antwortete der Ork. 

Blackstone legte den Kopf in den Nacken und blickte den Zaun entlang. »Klettern wir rüber oder schneiden wir den Zaun auf?«, überlegte er.

»Ich kann dich auch rüber werfen«, schlug Drizzt vor.

Blackstone verzog das Gesicht. »Vergiss es! Selbst, wenn ich das mit mir machen lassen würde, bekomm ich das Magschloss nicht auf. Und Hamaka kannst du nicht rüber werfen.«

»Phoenix könnte das Schloss übernehmen«, schlug Hamaka vor.

»Blöd, dass niemand levitieren kann!«, sinnierte der Zwerg nun.

Ich räusperte mich. »Ich kann levitieren. Nicht nur mich, sondern auch euch.«

Blackstone überlegte weiter: »Wenn wir uns durch den Zaun schneiden, bemerken sie spätestens morgen was. Besser wäre es ohne.«

Nun schlug Drizzt vor: »Wir könnten auch ein Boot stehlen und vom Wasser her kommen.«

Blackstone lachte. »Was denn, schwimmen willst du nicht? Riecht dein Fell sonst?«

Drizzt nickte. »Das stinkt dann ewig nach der Brühe.«

»Hallo, Jungs? Habt ihr nicht gehört? Ich beherrsche den Levitationsspruch!«

Nun sah Blackstone überrascht zu mir auf. »Ach, echt?« 'Warum lernt ein Drake levitieren, wenn er doch fliegen kann?‘, schien er zu denken. Doch dann kam er selber drauf: Für Situationen wie diese. »Okay. Spricht irgendwas dagegen, uns da alle rüber zu zaubern?«

Ich schüttelte den Kopf. »Nicht wirklich, das ist eben nur sehr langsam. Levitation hat die Geschwindigkeit von langsamem Spazierengehen.«

❄️

Nachdem ich uns nun hatte durch meinen Geist verschleiern lassen konnte es endlich losgehen. 

Blackstone beugte sich erwartungsvoll vor und reckte die Faust Superman-gleich in die Luft. 

Als ich ihn mit dem Zauber sanft anhob und hoch schweben ließ, begann er zu grinsen. Ja, SO langsam war Levitation. 

Die Superman-Pose behielt der Zwerg dennoch bei.

❄️

Auch, wenn es einem wie Äonen vorkommen war, schließlich standen wir alle an der Hintertür. Die nächste Patrouille war noch lange nicht unterwegs. 

Drizzt sicherte, während Hamaka das Werkzeug aus seiner Cyberhand nutzte, um die Tür zu öffnen. 

Das grüne Lämpchen blinkte. 

Ich spürte nach Bewegung - und da ich wie erwartet im Lagerhaus keine ausmachen konnte, traten wir ein und schlossen die Tür leise hinter uns wieder.

Die Lichtmenge war ausreichend, damit wir uns mit Restlicht- oder Nachtsicht sicher bewegen konnten.

Also schlichen wir zu Regal 4. 

Vorne aus dem Wachraum drangen die Geräusche eine Sportübertragung zu uns. 

»Heute ist ein Spiel der Stanley-Cup-Finalserie«, erklärte Phoenix sofort.

Gut, denn dann würde der Wachmann minutenweise ziemlich abgelenkt sein.

In einem kleinen AR-Fenster tauchte der Live-Feed des Spiels auf, den Phoenix uns geschickt hatte. So waren wir in Echtzeit über mögliche Werbepausen informiert. 

Das 2. Drittel war im vollen Gang und bis zur nächsten Drittelpause waren wir sicher wieder raus. 

Nach kurzer Absprache hob Drizzt Blackstone auf Regalebene Nummer drei.

Blackstone machte den unerwartet großen Container problemlos auf …

»Oh!«

»Was oh?«, fragte ich nach.

»Naja, hier sind fünf Kästen drin, aber in jedem Kasten sind 100 Träger«, beschrieb Blackstone.

Verdammt.

»Ich probier mal einen Träger aus und stoppe, wie lange das dauert.« …

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»Okay, dann also 50 Minuten«, resümierte ich. 

»Ich kann immer noch den Zähler hochsetzen«, bot Phoenix erneut an.

»Nee, lass mal«, meinte Blackstone dazu. »Wir sind ja schon hier. Ich kletter einfach in den Container und zieh den Deckel wieder zu. Dann mach ich das von drinnen.«

»Copy that!«, bestätigte ich. »Na dann kommt, Jungs, dann suchen wir uns hier mal ein Versteck, in dem es sich so lange aushalten lässt.«

Hamaka zeigte auf mehrere Kisten ganz unten im Regal. »Die sind nicht so tief, wenn wir die vorziehen, dann müssten wir eigentlich hinter passen, ohne dass die Kisten vorne zu weit rausragen.«

Hamaka hatte recht, und zumindest um die Patrouille zu täuschen müsste das reichen.

❄️❄️

Ein Eishockeyfinalspiel, eine Patrouille, zwei Toilettengänge des Wachmanns und einen epischen Kampf mit unserer Selbstbeherrschung später waren wir wieder zurück über den Zaun levitiert und hielten verschleiert auf unseren Roadmaster zu, in dem Phoenix und Medaron auf uns warteten. 

„Was war denn nun auf den Chips?“, wollte Drizzt wissen, nachdem wir kurz darauf sichtbar eingestiegen waren. 

Blackstone zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Danach habe ich nicht geguckt.“

»Schade!«, kommentierte Medaron. »Wollen wir das Gerät heute noch wieder abgeben?«

„Nein, heute nicht mehr!“, entschied ich sofort. „Lasst uns ins Safehouse fahren.“

„Können wir noch zu 'nem Stuffer Shack und Bier holen oder so?«, fragte Hamaka. »Das Warten hat mich durstig gemacht.«

Natürlich konnten wir das. 


Ende der heutigen Episode.


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Ob Hell Bent mit der Arbeit zufrieden ist, wie es an der Adresse aussieht, und ob man Giradi endlich habhaft werden kann, wird demnächst hier zu lesen sein. 


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Wir freuen uns, dass du uns während dieser Geschichte begleitest hast, danken dir für’s Lesen und verbleiben bis zum nächsten Mal:

Snowcat und die Runner von UC.

An dieser Stelle bedanken sich die Spieler unserer Runde bei allen, die an der Entwicklung und Verarbeitung der Shadowrun®-Produkte mitgewirkt haben. Ohne ihre Arbeit wäre unser Spiel nicht möglich! 

We would like to thank the authors, artists and all others who are involved in the development of the Shadowrun® rules, adventures and stories. Without them, our game would not be possible.

Vielen Dank auch an @Vin für das Korrekturlesen. ;*

*reckundstrekgenüsslich* Hoffe Ihr habt Spass; *knutschi*