Episode 06/13 Part 2 (vom 28.03.) Run 42/1

Welcome back, omae!

Schön, dass Du auch heute wieder reinschaust!

Derzeit On The Run sind: Average, Blackstone, Butcher, Doc, FTW, Mystère, Starbuck, TriXhot und Snowcat.

Datum in unserer SR Timeline: 8.6.72-27.7.72

Nach dem letzten heftigen Run ist nun Party angesagt. Es gilt das Überleben und den erfolgreichen Abschluss eines Runs zu feiern, der tatsächlich Einfluss auf den Krieg zwischen Amazonien und Aztlan genommen hat. Außerdem gilt es Sunrise zu gedenken.

Nach der Party geht das Leben weiter. Entscheidungen müssen getroffen werden und irgendwann nach einiger Zeit, steht der nächste Run an.

Lest nun, wie die Party verläuft, wie es danach weiter geht, welche neuen Connections geschlossen werden, wem Snowcat dabei so alles begegnet und an welche Orte sie das führt, denn wir erleben wieder alles aus ihren eisblauen Augen mit.

Deine Meinung dazu passt am besten unter The Tale So Far Part III [LINK].

Und nun geht‘s los, omae! Bist Du bereit für den zweiten Teil?


Snowcat las ihre letzten Worte noch einmal durch, bevor sie gut fünf Minuten vor Abgabeschluss auf ,Fertig‘ drückte und die Datei schloss. ,Sind sie sicher?‘, fragte das System noch einmal nach. ,Verbleibende Zeit: 4 min:39. Snowcat bestätigte. Das Display blinkte einen Moment, dann kam die Meldung, ,Ihre Datei wurde erfolgreich innerhalb des gesicherten Universitätsnetzwerk versandt. Eine verschlüsselte Sicherheitskopie wurde auf diesem Gerät erstellt. Bitte belassen sie das Tablett an seinem Platz. MIT&T wünscht Ihnen angenehme Semesterferien.‘

Snowcat schaltete ihren Terminal auf Standby und verließ dann den Prüfungsraum. Dave wartete bereits auf dem Flur auf sie. Kaum hatte sich die Tür hinter ihr geschlossen, stürmte er auf sie zu und ließ einen Wortschwall auf sie los, „Na, wie war‘s? Also bei mir ging‘s einigermaßen. Sag mal was hast du bei der Eichenwald-Theorie über das Alchera geschrieben? Hast du die Theorie befürwortet oder widerlegt? Ich war mir mir ganz sicher. Und dann die Entwicklung einer Formel für einen Feuerlöschzauber, hast Du da eine Möglichkeit gefunden eine Schaumbildung...“

Snowcat unterbrach Dave grinsend, indem sie ihm ihre Hand auf den Mund legte, „Dave, beruhig dich doch mal bitte. Die Prüfung ist vorbei. Wir können durch das Besprechen nur noch mehr Panik bekommen. Ich bin sicher, Du hast gut abgeschnitten.“

Dave schloss den Mund und sagte ruhiger, „Ja, hast ja Recht. Ähm, wollen wir noch nen Kaffee trinken gehen oder so?“

Snowcat lächelte, „Nein, wollen wir nicht, Mimi wartet da auf dich, also husch. Ich wünsch dir schöne Ferien.“

Dave winkte Mimi und umarmte Snowcat ein wenig ungelenk, „Ja, wünsch ich dir auch, danke. Wir hören uns.“, dann wurde er rot und stürmte zu seiner Freundin, die ihn ansprang, dabei fast umwarf und ihn zu küssen begann.

Snowcat schmunzelte, als sie um die Ecke bog, knutschten die beiden richtig heftig. Das ließ Dave die Prüfungsfragen sicher schnell vergessen.

Als Snowcat sich dem Parkplatz näherte, fand sie das sonst so volle Gelände relativ leer vor. Kein Wunder, denn Magie Theorie war eines der letzten Fächer gewesen, das geprüft worden war und ihre Prüfung hatte dann auch noch als eine der spätesten begonnen. Sie überlegte, was sie als nächstes tun sollte und zog gerade die Idee ein kleines Schokoladengeschäft zu besuchen in Betracht, als sie bemerkte, dass jemand in einer extrem lässigen Haltung auf ihrer Motorhaube saß. 

Harlequin verzog seinen rot umrandeten Mund zu einem breiten Grinsen. Die Ausläufer der Bemalung reichten dabei fast bis zu seinen Ohren. Snowcat strahlte ihn an und überbrückte die letzten Schritte bis zu ihm. Harlequin schwang sich, wieder extrem lässig, von der Motorhaube und überreichte Snowcat einen Blumenstrauß und einen Coffee To Go Becher, dann umarmte er sie. 

Snowcat schnupperte an den duftenden Blumen, „Sind Blumen nicht etwas verfrüht? Ich weiß doch noch gar nicht, wie ich abgeschlossen hab.“

„Darauf kommt es nicht an. Die Blumen sind dafür, dass du die Prüfungen hinter dich gebracht hast.“

„Oh, dafür gibt es Blumen? Das wusste ich nicht. Danke, sie sind wunderschön.“, dann trank sie einen Schluck aus dem Becher, „Und der Kaffee ist perfekt, mit Milch und Mandel, so wie ich ihn am liebsten mag.“

Harlequin verbeugte sich leicht. „Hast du Hunger? Wir könnten was essen gehen.“

Snowcat musste nicht lange überlegen, sie schwang ihre schneeweißen Haare in eine anmutigen Bewegung nach hinten und meinte, „Ich kann eigentlich immer etwas essen. Also ja sehr gern“

Harlequin hob eine Augenbraue und lächelte wieder dieses leicht spöttisches Lächeln, „Na dann, möchtest du dich vorher noch umziehen?“

Snowcat blickte an sich herab. Sie trug ihren weißen Zoe Rock mit Tüll aus der Girlie-Line, ein grünes Girlie-Shirt, das auf Grund seines Wellenförmigen Schnitts am Bund Haut durchblitzen ließ und ihren Busen hervorragend betonte und ihre neuen Manolo Zoe mit dem schönen Titel ,Flamingo-Love‘, deren Leder tatsächlich rosa gefärbt und in Form von Flamingos genäht war, „Ich weiß nicht, das kommt auf den Dresscode im Restaurant an. Meinst du, ich sollte mich umziehen?“

Harlequin schüttelte den Kopf, „Nein, ich glaube nichts was du trägst, kann einen Koch davon abhalten, sein bestes für dich zu geben. Also wird die Qualität seines Essen unabhängig von deiner Kleidung sein.“

„Gut.- Dann bleib ich so. Ich hätte natürlich nicht nach Hause gemusst, ich habe immer etwas zum Umziehen im Wagen dabei.“

Harlequin grinste kurz anzüglich und sagte dann ernst, „Wenn ich es mir genau überlege, dann gibt es doch einen Dresscode, der ist aber schwer zu beschreiben. Wahrscheinlich ist es am Besten, du führst mir nacheinander an dir vor, was du dabei hast, dann kann ich dir sagen, was am Besten passt.“

Snowcat schüttelte den Kopf, „Ähm, nein!“

Harlequin zog die Augenbrauen skeptisch zusammen und seine roten Stachel-Zöpfe wackelten, als er fragte, „Wie nein?“

„Nein wie, nein, das werde ich nicht tun.“ Sie grinste und öffnete die Verriegelung ihres Wagens. Harlequin, der heute übrigens wieder sein übliches Outfit aus Jeans, T-Shirt, Lederjacke und Cowbowstiefeln trug, machte ihr die Fahrertür auf, wartete bis sie eingestiegen war, schloss die Tür und nahm dann selber auf dem Beifahrersitz platz. 

Als Snowcat den Motor startete, dröhnte laut die Rockmusik los, die sie auf der Fahrt heute Vormittag gehört hatte. Auf dem Chips befanden sich Snowcats Lieblings-Rock Songs von denen einige vor beinah 100 Jahren zum ersten Mal über den Äther gegangen waren. „Huups Sorry.“, sie schaltete die Musik aus.

Harlequin schmunzelte eigenartig und meinte, „Nein, lass ruhig an, vielleicht nur nicht gerade so laut, dass wir uns anschreien müssen.“

Snowcat lächelte niedlich, „Okay, gern.“ Sie drosselte die Lautstärke und schaltete die Musik wieder ein. 

Harlequin wies Snowcat den Weg, ,Rechts‘, ,Links‘, ,übernächste da rum‘, ,äh warte mal, hier jetzt wieder Rechts‘. Snowcat hatte das Gefühl, dass er darum bemüht war, sie die Orientierung verlieren zu lassen. In Boston kannte sich Snowcat noch nicht so gut aus, also gelang ihm das fast. Nur fast, da sie zumindest immer noch wusste, dass sie sich dem Hafengebiet näherten. In einer kleine Gasse sollte sie dann einen Parkplatz suchen. 

Sie liefen noch ein paar Meter zu Fuss, dann kamen sie vor einem kleinem Seafood-Restaurant zum Stehen. Das Vorhänge waren zugezogen und in der Tür mit dem Glasfenster hing ein Schild, ,Sorry we are closed‘.

„Ach, dass ist jetzt aber blöd.“, bemerkte Harlequin in einem gekünzeltem Tonfall. Er zuckte mit den Schultern, „Na mal sehen, ob ich da was tun kann.“ Er klopfte einen relativ komplizierten Rhythmus an die Tür und von drinnen wurde ihm kurz darauf mit einem ebensolchen komplizierten Klopfzeichen geantwortet. Im Anschluss wurde die Tür im weiten Schwung geöffnet und das grinsende Gesicht von Liam kam zum Vorschein. Wirklich baff trat Snowcat ein. Sie hatte eher damit gerechnet, dass Harlequin den Koch des Restaurants überredet hatte, für die beiden zu öffnen, aber niemals wäre sie auf die Idee gekommen, das vorzufinden, was sie nun sah. 

Das Restaurant war altmodisch maritim eingerichtet, mit Fischernetzen an den Wänden und blau-karierten Tischdecken. In der Mitte waren die Tische zu einer Tafel zusammengestellt worden. Ein kleines RL-Feuerwerk wurde entzündet, ,Herzlichen Glückwunsch zur Vollendung des 1.Semesters‘, war in bunt sprühenden Buchstaben zu lesen. Um den Tisch herum standen weitere Gäste, die sich nun alle aufmachten, Snowcat zu begrüßen. Allen voran ging Ehran, dann waren da noch Frosty, Tango, Professor Sean Laverty und, zu Snowcats großer Überraschung, Aina Dupree. 

Henry erschien und nahm Snowcat die Blumen ab, um sie ins Wasser zu stellen, so konnten sie bei den folgenden Umarmungen auch nicht zerdrückt werden. Alle begrüßten Snowcat herzlich. Liam trat hinter die Bar und fragte, „Was möchtest du trinken, Cousine?“

Snowcat warf einen Blick auf den festlich gedeckten Tisch, auf dem sich an jedem Platz unterschiedliche Gläser reihten und antwortete darum, „Eine O-Saft bitte.“

Von hinten aus der Küche duftete es bereits herrlich. Tango verabschiedete sich im selben Augenblick dahin, „Du kochst heute?“, fragte Snowcat erfreut. 

„Aber natürlich meine Liebe, das lasse ich mir doch nicht nehmen.“, sein Echsenschwanz schlug ein paar mal freudig erregt hin und her. 

Frosty kam zu Snowcat „Nun erzähl mal. Wie ist es so, zu studieren?“

Aina, in einem extravagant geschnittenem Hosenanzug, gesellte sich hinzu und ergänzte, „Und besonders wichtig, erzähl was über all die süßen Studenten, die dir zu Füssen liegen.“ Sie zwinkerte ihr verschwörerisch zu. Wow, was hatte die Frau für eine bombastische Ausstrahlung, von ihr könnte Snowcat eine Menge lernen. Snowcat wusste noch genau, was Frosty ihr über Miss Dupree erzählt hatte und, dass Frosty sich in deren Gegenwart immer ein wenig unbehaglich fühlte, davon war hier allerdings nichts zu merken. Die drei Frauen begannen sofort locker und fröhlich zu plaudern und waren nach wenigen Minuten beim Thema ,Schuhe‘ gelandet. Snowcat hob in einer turnerischen Geste ihr rechtes Bein, um ihren jüngsten Erwerb zu präsentieren. 

Dann bat Tango zu Tisch. Den drei Damen wurde in den Stuhl geholfen, Harlequin übernahm das bei Snowcat und setzte sich dann neben sie. Henry servierte. Sie begangen mit einem lauwarmen Gemüseküchlein und Traubenconfi. 

Aina führte das Gespräch mit Snowcat fort, stellte nun aber ernsthaft interessierte Fragen über Snowcats Studium und sie war erstaunlich gut darüber informiert, welche Fächer Snowcat belegt hatte und wer der unterrichtende Professor war. 

Als nächsten Gang gab es dreierlei Geflügel im Knuspermantel auf Feldsalat. Snowcat erzählte locker, dass sie sich im Magietheorie-Unterricht beinah verplappert hätte, als sie die unterschiedlichen Stufen der Hintergrundstrahlung im Astralraum durchgenommen hatten. Fast hätte sie dabei erzählt, dass sie schon mal in den Void in Chicago geblickt hatte. 

Aina hob eine Augenbraue, „Du hast in den Void in Chicago gesehen?“

Ehran wandte ein, „Oh ja, das hat sie und nicht nur das, sie hat ein Bild von dem gemalt, was sie gesehen und gespürt hat, welches wirklich beeindruckend ist. Ich kann es Dir gerne einmal zeigen.“

„Dieses Bild würde mich auch interessieren.“, erklärte Sean in seiner für ihn typisch sanften Art zu sprechen, „Und wie würdest du deine Eindrücke am ehesten beschreiben?“

Snowcat überlegte nur kurz, „In erster Linie beängstigend, verwirrend und das war definitiv etwas, was ich nicht noch mal machen muss.“

Ehran sah Snowcat leicht mahnend an, „Gut, dass Du zumindest die Erkenntnis gewonnen hast, diese Dummheit nicht noch einmal zu wiederholen.“

Snowcat erwiderte nichts. Als sie Ehran vor ein paar Monaten davon erzählt hatte, hatte er zwar nicht das Wort Dummheit benutzt, aber er hatte sie schon darüber belehrt, wie gefährlich das gewesen war.  

Dann wurde der Gaumen durch ein Steinbuttfilet an Jakobsmuschel mit Brunnenkressesauce erfreut. Inzwischen unterhielten sich alle angeregt über diverse Themen. Tango sorgte stets dafür, dass es neben den angerichteten Tellern immer auch eine oder zwei Kleinigkeiten gab, die auf der Tafel abgestellt wurden. So war eine ständige Kommunikation unter den Gästen gewährleistet und wäre es auch dann gewesen, wenn die Anwesenden Probleme damit gehabt hätten, miteinander ins Gespräch zu kommen.

Mit jedem Gang hatte sich Tango mal wieder selbst übertroffen. Vom Taschenkrebs in einer klaren Tomatensuppe hätte Snowcat am liebsten eine zweite Tasse gegessen, aber sie wusste, dass sie damit das perfekt zusammengestellte Menü nicht mehr schaffen würde.

Nach dem Hauptgang, ,Variationen vom Rind‘ brach zwischen Harlequin und Ehran ein fast schon rituelles Wortgefecht aus, dem Snowcat nur fasziniert zuhören konnte, welches dann aber von Aina mit einer schnippischen Bemerkung unterbrochen wurde, als Henry die Käseplatte auftrug.

Beinah 3 Stunden nach dem ersten Gang ließ Tango die Nachspeise servieren. Vom Himbeertarte mit weißem Schokoladeneis war Snowcat dann völlig hingerissen. Auch die anderen erklärten, dass sie selten in ihrem Leben so gut gegessen hätten. Snowcat begann Tango Beifall zu klatschen und die anderen fielen mit ein. Tango verbeugte sich überschwänglich und seinem Echsengesicht war anzusehen, dass ihn das Lob sehr freute.

Während des gesamten Menüs hatte Harlequin ein wenig mit Snowcat geflirtet. Eine gelegentliche Berührung am Arm, ein kurzer, aber tiefer Blick in die Augen hier, ein geflüstertes Kompliment dort. Alles dezent, unaufdringlich, aber durchaus intensiv. 

Henry räumte den Tisch ab, brachte aber noch frisches, italienisches Mandelgebäck. Liam trat an den Kaffeevollautomaten und zauberte für jeden einen himmlischen Espresso daraus hervor. 

Als Snowcat das WC des kleinen Restaurants aufsuchte, fiel ihr mehr zufällig auf, dass sie seit Stunden hier war und immer noch nicht wusste, wo sich hier mögliche Fluchtwege befanden. Soweit sie sich erinnern konnte, war das zum ersten Mal in ihrem Leben so. Sie blickte in den Spiegel, lächelte und beließ es dabei.

Aina zog ein großes, wertvolles Etui aus ihrer Tasche und bot jedem einen Zigarillo daraus an. Bis auf Frosty, Liam und Snowcat selbst, griff jeder zu. Die Stimmung war ausgelassen. Offenbar kannten sich Aina, Sean, Harlequin und Ehran schon eine lange Zeit, hatten sich aber eine Weile nicht von Angesicht zu Angesicht gegenüber gestanden. Sie hatten sich eine Menge zu erzählen. Ehran und Sean waren bald in ein philosophisches Gespräch vertieft und nahmen es an einer Stelle auf, an der sie es offenbar vor einiger Zeit mal unterbrochen hatten. 

Irgendwann sprach irgendwer das Thema Artefakte an. Ehran erwähnte mehr beiläufig, dass die Wege der magischen Schätze sich inzwischen wieder getrennt hatten, nachdem sie eine kurze Weile beisammen gewesen waren. Ihr Mentor hatte Snowcat erst neulich davon erzählt, dass inzwischen sowohl Karte, als auch Sextant wieder gestohlen worden waren. 

Harlequin und Ehran begannen erneut ein kleines Wortgefecht, diesmal duellierten sie sich zur Erheiterung aller mit Limericks. 

Überhaupt wurde den gesamten Abend über viel gelacht.

Harlequin fuhr noch mit zu Snowcat. Sie parkte das SUV fast direkt vor der Tür, auch hier war zu merken, dass die Semesterferien begonnen hatten. Ihre kleine Studentenwohnung war im Vergleich zum Appartement in Seattle mehr als bescheiden, aber Snowcat wusste zumindest, dass beide Residenzen gleichermaßen aufgeräumt waren. Als sie die Tür aufschloss, empfing Henry sie im Flur. Er saß bereits auf gepackten Koffern und baumelte mit den Beinen, seine großen Schuhe schlugen gegeneinander. „Möchtest Du Dich vor der Abreise noch frisch machen?“, fragte Harlequin Snowcat.

„Ist dafür noch Zeit?“

„So viel Du möchtest.“

Snowcat sah Henry an, „Du hast an alles gedacht?“ 

Der kleine Clown nickte. 

Snowcat hatte die Frage absichtlich allgemein gehalten, Henry wusste höchstwahrscheinlich sogar, wohin die Reise gehen würde, also gab es keinen Grund, seine Aussage zu überprüfen. „Gut.“, sie verschwand ins Bad, löste ihre Frisur, bürstete ihr Haar, flocht sich zwei Seitenzöpfe, -die ihr langes Haar hinter den extrem spitzen Ohren zurückhielten, in der Mitte aber offen ließen- wusch sich Gesicht und Hals und war gut 6 Minuten später fertig. 

Dann zeigte sie auf ihre Katze, „Was ist mit Softpaw? Ich nehme an, Henry kommt mit. Können wir sie dann noch schnell zu Tango bringen?“

„Softpaw kann auch mitkommen, wenn sie will.“

Snowcat nickte, „Gut, fragen wir sie.“, sie kniete sich hin und meinte sanft, „Möchtest mit auf eine Reise kommen? Ich weiß nicht wohin, aber es wird bestimmt schön.“ 

Softpaw maunzte und schlug zwei mal mit dem Schwanz hin und her. Dann maunzte es hinter Snowcat und die Laute waren von Harlequin gekommen. Softpaw hob den Kopf, sah den geschminkten Elf eine Weile an und sprang dann plötzlich auf, um in ihrem Katzenkorb zu verschwinden. Faszinierend, mit den Hunden in Frankfurt hatte Harlequin damals auch irgendwie gesprochen. 

Henry schwebte nun ebenfalls in den Katzenkorb und gesellte sich zu Softpaw, die ihm sogar Platz machte, dann winkte er Snowcat und löste sich in Luft auf. 

Im Taxi zum Logan-Airport merkte Snowcat, wie aufgeregt sie war. Sie hatte keine Ahnung wohin es gehen würde, aber sie freute sich sehr.

Ein privater Luxusjet samt Piloten erwartete sie. Es war kurz vor 23.00 Uhr, als die Maschine abhob. Es war ein langer Tag gewesen, das gute Essen, der Alkohol und die Feier forderten ihren Tribut, Snowcat war müde. Nachdem sie die Flughöhe erreicht hatten, musste sie ein Gähnen unterdrücken. Sie brachte den Luxussessel in eine bequeme Liegeposition. Harlequin trat zu ihr, küsste sie zart auf den Mund und wünschte ihr angenehme Träume.

Als sie die Augen wieder öffnete, war der Himmel durch den sie flogen Blau und wolkenlos. Harlequin war bereits wach, er hatte ein frisches T-Shirt angezogen und sein Make Up war erneuert worden, er war heute viel blasser oder besser gesagt unaufdringlicher geschminkt. Er reichte Snowcat einen Kaffee. 

Als sich Snowcats Commlink mit dem lokalen Netzwerk verband, erfuhr sie, dass sie in Marseille landen würden und zwar ziemlich genau zur Mittagszeit. 

Am Hangar wartete eine Fahrservice auf die beiden Elfen, ihr Gepäck wurde in ein SUV verladen und dann wurden sie zum Hafen von Marseille gebracht. Schon während der Fahrt zeigte sich, dass Harlequin ein perfekter Reiseführer war. Er wies auf einzelne Bauten hin und hatte oft die eine oder andere kleine geschichtliche Anekdote parat. 

Am Hafen ließen sie den riesigen Überseebereich links liegen und steuerten einen kleinen, privaten Teil mit Yachten und Motorbooten an. Hier verluden sie das Gepäck in ein Hochgeschwindigkeitsboot. 

Harlequin grinste Snowcat an und meinte, „Jetzt ist eine gute Zeit, etwas essen zu gehen. Komm.“ Er half ihr vom Boot und schlenderte dann mit ihr ein Stück am Hafen entlang. Sie mündeten in einer Gasse mit Meerblick, an deren Ende sich ein kleines Restaurant mit Außenterrasse verbarg. Harlequin hatte den Arm um Snowcat gelegt. 

Ein Kellner warf einen kurzen Blick in ihre Richtung und hatte fast schon wieder höflich weggesehen, als er offenbar Harlequin erkannte. Er winkte kurz, lief dann ins Restaurant und kam mit einem weiteren Mann wieder heraus. „Ah Mounsier! Schön Sie wieder zu sehen.“ 

Harlequin wurde von Jacques, dem Besitzer und Francois, dem Koch mit großem Hallo begrüßt, „Ah und heute mit wunderschöner Freundin, wie schön, extra für Sie Mademoiselle, haben wir perfektes Sommerwetter!“ Es machte auf Snowcat nicht den Eindruck, als wenn Harlequin regelmäßig mit einer Frau im Arm hier her kam. Harlequin erkundigte sich im Gegenzug nach Jacques Familie, während man draußen den besten Tisch auf der Terrasse für die beiden herrichtete. Dann wurde aufgetafelt. Ein unglaublich schmackhaftes, mediterranes Vier-Gänge Menü, mit den frischesten Muscheln und den ersten Austern in Snowcats Leben. Eine Karte bekamen die beiden nicht zu sehen. 

Am späten Nachmittag bestiegen Snowcat und Harlequin das Motorboot und Harlequin setzte Kurs aufs Meer. Sie hielten auf eine weiße Insel mit einer Festung darauf zu. 

Bald drosselte Harlequin den Motor, holte ein Paddel aus eine Kiste und schlug damit einen musikalischen Rhythmus auf den Rumpf des Bootes. Daraufhin tauchten Delfine neben dem Boot auf und umkreisten es tanzend und schnatternd. Harlequin gab wieder Gas und hielt nun auf die Insel zu. Die Delfine begleiteten das Boot und sprangen darüber hinweg. Snowcat stand atemlos an Bord. Harlequin steuerte einen Steg in einer kleinen Bucht auf der Insel an. Hier warteten noch mehr Delfine, die eine Art Formationstanz schwammen. Harlequin vertäute das Boot, verbeugte sich dramatisch und sagte dann, „Das heißt Willkommen auf Château d‘If, meiner Insel.“

Henry erwartete sie bereits und nahm ihnen das Gepäck ab. Ein Delfin vollführte einen besonders wilden Sprung, das Wasser spritze auf und Snowcat bekam davon ein wenig ab. Harlequin grinste, „Wenn ich vorstellen darf, das sind St.Clair und seine Schule. Ich glaube, er mag dich.“

Snowcat lächelte warmherzig, „Das beruht auf Gegenseitigkeit. Die Delfine sind wunderschön.- Ich bin beeindruckt, nicht nur wegen der Delfine. Du hast eine Insel mit einer Festung. Château d‘If, war das nicht mal ein Gefängnis?“

„Ja, eine zeitlang. Der alte Schwätzer hat dir doch sicher eine Literaturliste aufgedrückt. Da hast du vielleicht schon ,der Graf von Monte Christo von Alexandre Dumas‘ gelesen?“

„Habe ich sogar und nicht nur das, ich weiß auch, dass die Idee zu der Geschichte von einer echten historischen Begebenheit kommt, in der tatsächlich ein französischer Offizier hierher gebracht wurde, der dann aber hier starb.“

Harlequin lächelte eigentümlich, „Und wenn das Buch sicherlich viel spannender ist, als es die eigentliche Inhaftierung war, so war doch die Aufdeckung der wirklichen Verschwörung bestimmt fast ebenso spannend.“

„Das weißt du von dem Geist oder besser von der Erscheinung, die hier gespuckt hat?“

Harlequin antwortete nicht direkt, „Ein Geist kann nur hier verweilen, wenn er einen Anker hat und den hat er nur, wenn er glaubt, etwas sei noch nicht erledigt.“

Snowcat schlussfolgerte, „Das heißt also, wenn die Verschwörung aufgedeckt wurde, dann hätte er nicht hierbleiben können.“

„Genau. Komm, ich zeig Dir alles.“, er streckte ihr die Hand hin.

Snowcat zögerte spielerisch, „Ich weiß nicht, ob es so eine gute Idee ist, als Frau allein auf die Insel eines Mannes zu gehen die ein Verließ hat.“

Harlequin grinste diabolisch, „Ich glaube, für diese Vorsichtsmaßnahme ist es jetzt zu spät, Mylady.“, dann verwandelte sich das Grinsen in ein Lachen, „Was für ein Glück, dass Du nicht allein bist, Softpaw ist ja da.“

Snowcat lächelte und gab Harlequin die Hand. „Wie konnte ich das nur vergessen?“

Sie erklommen den Serpentinenweg mit den beinah weißen Stufen und traten durch die Mauer auf den grünen Rasen der 3 Hektar großen Insel. Die Luft duftete nach Mittelmeer und Sonne, die schönen und mächtigen Mauern der alten Festung und ihrer Nebengebäude glänzten im Licht weiß. 

Harlequin begann mit der Führung über die Insel und Snowcat kam aus dem Staunen nicht mehr raus. Aus der ehemaligen Kaserne war ein Hangar geworden, in der ein senkrecht startender Jet der Luxusklasse zu Hause war. In einem anderen Gebäude verbarg sich ein Kino, mit einer Leinwand für 2D Filme, Projektoren aus verschiedenen Zeitaltern, modernem Trideoschrim und luxuriösen Kinosesseln. 

Aus einem Haus war ein Musikstudio geworden, in der sich die riesige Gitarrensammlung befand. Außerdem gab es einen Wasserturm, ein Gästehaus und eine kleine Waffenschmiede und es gab eine schier unglaubliche Waffenkammer mit Trainingsraum. Hier fand man so ziemlich alles, was man in den letzten Jahrhunderten an Feuer- und Nahkampfwaffen entwickelt hatte, von einigen Dingen hatte Snowcat noch nicht einmal gehört und alles war gepflegt und funktionstüchtig. Im Trainingsraum fiel Snowcat eine merkwürdiger Kreis auf dem Boden auf, in den mehrere Linien und kleinere Kreise eingezeichnet waren. „Wofür ist das?“, fragte sie.

Harlequin nahm schwungvoll einen Degen von der Wand, jonglierte kurz damit und erklärte, „Warte, ich zeige es Dir.“ Er betrat den Kreis und vollführte nun einen Tanz mit dem Degen. Gleichzeitig hatte er von irgendwo her ein paar Kastagnetten gezogen und klapperte hinter seinem Rücken einen komplizierten Rhythmus damit. „Das ist das Trainingsfeld einer spanischen Fechtschule, der Destreza, nur Meister beherrschen alle Kreise.“ Seine Bewegungen wurden schneller, sein Rhythmus dramatischer, das was er Snowcat da zeigte war höchste Kampfkunst und wunderschön anzusehen. 

Er kam zum Ende, vollführte eine Drehung und überreichte Snowcat eine rote Rose. Sie machte einen Hofknicks, errötete Mädchenhaft und steckte sich die Rose ins Haar. 

Die Führung über die Insel endete in der Festung und damit gleichzeitig im eigentlichen Wohnhaus. Das rechteckige Gebäude in der Mitte diente als Vorrats- und Hauswirtschaftsbereich. Hier waren eine Wachküche, ein Heizungskeller und die Stromversorgung untergebracht. Alles hochmodern und umweltfreundlich, obwohl auch die alte Anlage der Festung immer noch funktionierte und man das Trinkwasser vom Wasserturm aus mit der Hand her pumpen könnte. Harlequin würde hier einer monatelangen Belagerung standhalten können. 

Im ersten der drei Türme befand sich eine Bibliothek auf sechs Etagen mit Hunderten von Büchern. In der beiden unterirdisch liegenden Abteilungen lagerten alte, handschriftliche, in Leder gebundene Werke und Papiere und Dokumente, die in modernen, nicht brennbaren Hüllen aufbewahrt wurden. In den drei Etagen darüber standen die unterschiedlichsten Bücher beisammen, Poesie, Belletristik bis hin zu Sachbüchern. In der sechsten und letzten Etage lagerten Comichefte und moderne Bibliotheken auf Chip. In jedem Stockwerk gab es Sessel, Stehpulte und kleine Tische, die zum gemütlichen Lesen einluden. Das ganze musste ein Vermögen wert sein. 

Im zweiten Turm verbargen sich mehrere magische Labore und leere Räume in deren Böden Orichalkumsymbole eingelassen waren.

Im höchsten und dicksten Turm der ehemaligen Festung, befand sich der eigentliche Wohnbereich, mit Küche, Speisesaal, Wohnzimmer und vier Schlafzimmer mit Bädern und Ankleideräumen. Harlequins Master-Bedroom war beinah doppelt so groß, wie eines der drei anderen Schlafzimmer. Hier thronte ein Himmelbett, das man nur als feudal bezeichnen konnte. Mindestens drei Trolle hätten bequem darin Platz gefunden. Die Decken und Kissen waren mehrere hundert NuYen wert. Jedes einzelne Teil war aus Seide und teilweise waren sie handbestickt.

Snowcats Gepäck war im Zimmer links daneben untergebracht. Henry hatte bereits die Koffer ausgepackt und den Inhalt in einen Schrank geräumt. 

Alles war in einem eigentümlichen, aber geschmackvollen Stil eingerichtet. Die Fussböden waren aus Holz, die Teppiche, wenn vorhanden, schwer. Es gab überall Fussbodenheizung und in jedem Raum stand ein Kamin, so würde es einem auch im Winter sicher nicht kalt werden. Die Schießscharten waren vergrößert worden und man hatte Fenster eingesetzt. Die Mauern waren so dick, dass Snowcat sich bequem hineinsetzten konnte, wenn sie das innere Fenster geöffnet hatte. Aus dem Dach des Wohnturmes war eine unbeschreiblich schöne Terrasse geworden, die die beiden Elfen genau zu dem Zeitpunkt betraten, als über dem Meer die Sonne unterging. 

Harlequin nahm Snowcat in den Arm und so sahen sie schweigend dem Sonnenuntergang zu. Snowcat seufzte wohlig. Sie würde wohl mehr als eine ganze Nacht brauchen, um all die schönen Dinge, die sie an ihrem ersten Urlaubstag gesehen hatte, zu verarbeiten. Sie drehte sich Harlequin zu, sah ihm tief in die Augen und flüsterte, „Es ist wirklich wunderschön hier, danke, dass Du mir das zeigst.“

Er küsste sie und zum ersten Mal glitt er dabei mit seinen Händen unter ihr Shirt. Seine Finger streichelten ihren Rücken entlang und jagten elektrisierenden Schauer über ihre Haut. Er küsste ihren Hals. Snowcats Puls beschleunigte sich, sie fuhr ihm durchs Haar, küsste sein Ohr und schmiegte sich dann wieder an ihn. Sie vergaßen beide Zeit und Raum. Erst nach mehr als einer halben Stunde lösten sie sich von einander. 

Henry hatte inzwischen Kerzen in großen Laternen entzündet, außerdem servierte er herzhaftes Gebäck, Käse und Rotwein. 

Snowcat nahm auf einer Liege Platz, Harlequin schob eine weitere Liege direkt daneben und warf sich darauf, „Ich dachte, wir bleiben erstmal ein paar Tage hier, machen einen Ausflug nach Marseille, fahren Boot oder liegen am Strand. Was meinst Du?“

„Das klingt sehr gut. Das würde mir definitiv gefallen, mit Marseille hab ich es dabei aber nicht sonderlich eilig. Dein Château d‘If gefällt mir wirklich richtig gut.“ 

Es war nach bereits nach Mitternacht, als Harlequin Snowcat zu ihrem Zimmer brachte. Sie hatten sich über so viele Dinge unterhalten. Harlequin konnte unglaublich gut erzählen und sie hatten sich immer wieder Minutenlang geküsst, das taten sie auch jetzt.

Snowcat schlief bei offenem Fenster, die Brandung rauschte gegen die Insel und Softpaw lag zufrieden auf dem Kissen neben Snowcats Kopf und schnurrte leise. 

Am Vormittag des nächsten Tages gingen sie zunächst an den kleinen Strand. Es dauerte nicht lange und dann erschienen ein paar Delfine, allen voran St.Clair. Snowcat freute sich die edlen Tiere so bald wieder zu sehen. Dann entdeckte sie zwei dunklere, größere Rückenflossen, Harlequin bemerkte sie auch und trat dicht ans Wasser, wo er sogleich zu schnattern und pfeifen begann. Snowcat traute ihren Sinnen kaum, als kurz darauf tatsächlich zwei Sturmdelfine auftauchten, der Grauere von beiden war etwas größer und offenbar ein Männchen, Snowcat konnte es nicht fassen. Sturmdelfine galten als extrem metamenschenfeindlich und nun schwammen zwei von ihnen hier und unterhielten sich mit Harlequin. Der Elf, dessen Gesicht heute viel schwächer als sonst geschminkt war, winkte Snowcat zu sich. Sie überbrückte die drei Schritte zu ihm und stellte sich neben ihn. „Snowcat, das sind Erik und seine Gefährtin Kit. Erik, Kit, ich würde euch gerne Snowcat vorstellen.“

Dann vernahm Snowcat eine Stimme in ihrem Kopf, aber im Gegensatz zum Gebrauch von Dragonspeech, handelte es sich hierbei mehr um so etwas, wie eine telepathische Verbindung. Sie hörte die Delfinlaute und vernahm ein paar gesprochene Worte, Bilder und Emotionen, die als Gesamterlebnis einen Sinn ergaben. „Hallo Snowcat.“, es war Erik, der zu ihr sprach. „Ich muss dich vor Harlequin warnen, er ist ein merkwürdiger Mann, wo er sich doch mit so zweifelhaften Wesen wie uns einlässt.“

Snowcat gab sich Mühe ebenfalls mehrgleisig zu antworten, „Du bist nicht der erste, der mich vor ihm warnt, aber dass er sich mit jemandem wie euch beiden unterhält, spricht viel mehr für, als gegen ihn.“ Vier intelligente, schwarze Knopfaugen starrten sie an und fixierten sie. 

Harlequin schaltete sich in das Gespräch ein, „Das ist Snowcats erster Urlaub überhaupt, sie kommt von weit her.“

Kit fragte, „Von wo kommst du? Gibt es da ein Meer und ist das Wasser da schön?“

„Ich lebe auch in einer Stadt am Meer, wir nennen sie Seattle.“, sie stellte sich die Silhouette der Stadt vor, „leider haben die Metamenschen das Wasser dort nicht sonderlich sauber gehalten.“

Irgendetwas schien Erik überzeugt zu haben, denn er sagte plötzlich, „Harlequin hat meine Gefährtin, meine Eltern und mich aus der Nordsee gerettet und uns hierher gebracht, seitdem sind wir befreundet. Ich freue mich zu sehen, dass er nun selbst eine Gefährtin mit hierher gebracht hat. Wenn du möchtest, kannst du mit uns schwimmen.“

Snowcat war gerührt, „Wirklich? Ich fühle mich geehrt, das wäre wirklich wundervoll.“

Sie verabredeten sich für den Nachmittag. Harlequin fragte Erik, „Darf ich?“ und zeigte auf eine Holzkiste am Strand. Erik wackelte nickend mit dem Kopf. Harlequin öffnete die Kiste und nahm zwei große bunte Wasserbälle heraus und warf sie den normalen Delfinen zu, die augenblicklich damit anfingen zu spielen. 

Snowcat kniete sich in den Sand und begann mit ihren Händen und Meerwasser eine Sandburg zu bauen, nach einigen Minuten war klar, dass es sich dabei um ein Modell der Festung handelte. 

Das Schwimmen mit den Sturmdelfinen war ein einzigartiges Erlebnis. Die beiden zogen Snowcat durchs Wasser und es fühlte sich an, als würde man in einer anderen Welt fliegen. Die Sturmdelfine übertrugen ihre Freude mit und so schaukelte man sich gegenseitig bis zur völligen Glückseligkeit hoch.

Wieder an Land konnte Snowcat gar nicht anders, als in Harlequins Arme zu sinken und ihn wild zu küssen. Atemlos fragte sie ihn, „Kann ich hier eigentlich auch fliegen?“

„Selbstverständlich, wenn Du möchtest.“

Sie stellte sich dicht an ihn, umarmte ihn fest, sah zu ihm auf und sagte sanft „Ja, das möchte ich, aber nicht heute. Erst morgen.“

Gen Mittag des 3.Juli 2072 stand Snowcat auf dem Gelände des Château d‘If, ließ ihren Kimono herabsinken und erhob sich augenblicklich in den Luft. Sie umkreiste die Insel mehrmals dicht an der Wasseroberfläche und spürte die Luftströmungen und Wasserbewegungen unter sich. Dann schraubte sie sich hoch in die Luft und ließ sich im Sturzflug fallen, sie raste direkt auf Harlequin zu, der sie beobachtete. Sie landete geschickter als sie gedacht hatte und sagte zu Harlequin. ,Drehst du dich bitte um!‘

Halequin zuckte mit den Schultern, „Wie Du wünschst.“ Er schlug einen Rückwärtssalto und machte dann einen Handstand. „So kann ich Dir natürlich schlechter in den Mantel helfen.“ Er griff nach Snowcats Kimono, wedelte damit rum um blieb auf einer Hand stehen.

Snowcat lachte perlend, ,Na gut Mylord, ihr habt die Erlaubnis Euch zurück zu drehen.“

Er drehte sich zurück und sie wandelte sich. Harlequin nahm Augenkontakt mit Snowcat auf, beinah hypnotisch zog er ihren Blick in seinen. Er hielt ihr den Kimono hin und sie trat dich an ihn heran. Er griff hinter sie und zog ihr dabei den Morgenmantel über die Schultern, die ganze Zeit hielt er ihren Blick fest. Sie schlüpfte in die Ärmel, sah ihm in seine grünen Augen, wo verschieden-farbige Sterne lustvoll tanzten und sah er ihr die gesamte Zeit in die eisblauen Augen. Snowcat schloss den Mantel lose mit dem Gürtel, trat noch dichter an Harlequin ran und küsste ihn, das brach den Blick. Sie konnte die Wärme seines Körpers durch seine Kleidung spüren. Mit dem rechten Hand griff er unter ihrem Mantel und zog sie an sich. Seine Hand auf ihrer nackten Haut, es fühlte sich aufregend an. Ihr Puls beschleunigte sich. Er griff mit der linken Hand in die Flut ihres Haares und zog ihren Kopf sanft zurück, der Kimono rutschte ein Stück von ihren Schultern. Harlequin küsste ihren Hals und ihr Dekolletee. Er schob ein Knie zwischen ihre Beine, zog sie enger an sich, ließ seinen Mund erneut über Hals und Dekolleté wandern. Er wiegte sie hin und her und auf einmal war daraus ein Tanz in der Mittagssonne geworden, an dessen Ende sie atemlos im Gras lag. Harlequin streichelte ihr langes Bein entlang, dann beugte er sich über sie, schloss züchtig ihren Kimono und küsste Snowcat lang und ausgiebig auf den Mund. 

Am Abend war Kino angesagt. Snowcat hatte unbedingt einen dieser alten zweidimensionalen Filme sehen wollen. Der Film lag in mehreren Rollen bereit und wurde in einen Filmprojektor von 1940 eingelegt, den Henry außergewöhnlich gut zu bedienen vermochte. Harlequin hatte, wie er charmant erzählte, den Klassiker des Film Noir, der ,Malteser Falke‘ nach dem gleichnamigen Roman von Dashiell Hammett mit Humphrey Bogart in der Hauptolle ausgesucht. Harlequin kannte eine Menge Anekdoten zu Filmpremiere, Schauspieler und Buch. Das Ganze war wieder ein einzigartiges Erlebnis.

Zurück im Wohnturm widmete sich Snowcat einer alten Seemannskiste, in der sich klassische Brettspiele befanden. Die Schatullen waren alle schön anzusehen, durchweg alt und die Spielfiguren waren reine Handarbeit. Harlequin setzte sich zu Snowcat auf den Boden und erklärte ihr die einzelnen Spielregeln. Ein Kinderspiel mit dem Namen ,Fang den Hut‘ hatte es ihr besonders angetan. „Können wir das mal spielen?“

Harlequin lachte, „Klar, warum nicht.“ 

Snowcat verlor die Partie, aber sie gewann die Revange und freute sich, wie ein kleines Kind. Als sie im Anschluss die Figuren verpackte und die Spiele ordentlich wieder in die Kiste verstaute, beobachtete Harlequin lächelnd jeden ihrer Handgriffe. Sie saßen immer noch auf dem Boden auf einem weichen, tiefen Teppich. Snowcat krabbelte auf allen Vieren zu Harlequin rüber und küsste ihn sanft auf den Mund, „Abermals danke für einen tollen Tag.“, hauchte sie.

Er stellte sein Weinglas ab und zog sie in seinen Arm, dann küsste er sie und seine Hand verschwand unter ihrem Shirt. Er roch so männlich und warm, sie genoss jede Berührung seiner  starken Hände auf ihrer perlweißen Haut. Sie lehnte sich gegen ihn, drückte ihn sanft zu Boden, setzte sich auf ihn und zog sich ihr T-Shirt über den Kopf, dann beugte sie sich runter, um ihn zu küssen. Ihr langes schneeweißes Haar fiel einem Vorhang gleich zu Boden. Harlequin richtete sich auf, küsste ihren mit einem Spitzen-BH bedeckten Busen, ihren Bauchnabel und ihren Hals. Seine Hände streichelte über ihren Rücken. Nun zog sie ihm das T-Shirt aus, ließ ihre Finger über zwei längliche, schmale Narben tanzten, die aussahen, als wären die Wunden einst von Schwertern verursacht worden. Aber da waren auch andere, längst vergangene Verletzungen, deren Ursprung sich nicht so eindeutig bestimmen ließen. 

Sie entkleideten sich gegenseitig. Langsam. Nach und nach. Sie erkundeten ihre Körper mit Händen und Mündern. Seine Körper war muskulös, sehnig und voller geheimer Spuren. Ihr Körper war hingegen noch völlig makellos. Irgendwann gab es kaum ein Fleckchen Haut, den sie noch nicht berührt und liebkost hatten. Snowcats Erregung hatte sich bis ins Unermessliche gesteigert, sie wollte ihn auf und in sich haben. 

Bald bewegten sie sich im gemeinsamen Rhythmus, ihre Körper innig vereint in langsamen Bewegungen, die sich ein wenig im Tempo steigerten, bis sie gemeinsam den Höhepunkt erreichten. 

Als ihr Puls wieder völlig die normale Geschwindigkeit erreicht hatte, fragte Harlequin grinsend, „Möchtest Du eine Zigarette?“

Snowcat hob ihren Oberkörper, ihr Haar ergoss sich auf seiner Brust, sie streckte ihm die Zunge raus, „Pfui, wie klischeehaft. Aber Eiscreme wäre jetzt fein.“, fügte sie im neckischen Ton nach einer Pause hinzu. „Hast du so was da?“

„Weiß Henry, dass du das magst?“ Sie nickte. „Dann mit Sicherheit.“ 

Snowcat schnappte sich Harlequins T-Shirt und zog es über, dann lief sie die Wendeltreppe zur Küche herunter, wo Henry gerade sauberes Geschirr wegräumte. Im Gefrierschrank fand Snowcat eine große Auswahl an Eisbrechern  vor, schnappte sich ein 2 Liter Behältnis mit Nougat, zwinkerte Henry kurz zu und verschwand wieder nach oben. Harlequin lag lässig auf einem Canapé, er war immer noch nackt und er rauchte eine Zigarette. Snowcat setzte sich vor das Canapé, mopste sich die Zigarette, nahm einen Zug und aß dann ein wenig Eis. Sie legte den Kopf leicht schief und erinnerte sich an eine ganz besondere Narbe, die sich in Harlequins linker Seite befand, sie strich zärtlich darüber, „Wovon stammt die?“, fragte sie neugierig. 

Der Elf sah an sich herab, „Von einer Lanze.“

„Eine Lanze? Du veralberst mich.“

„Würde mir nie einfallen.“, sagte er spöttisch und log dabei ohne rot zu werden, denn gelegentlich kam es vor, dass er sie neckte, „jedenfalls nicht in einem solchen Moment. So ungewöhnlich ist eine Lanze nicht. GoGanger benutzen so etwas zum Beispiel noch.“

„Ja ich weiß, nur siehst du mir eben nicht nach GoGanger aus.“

„Wie sehen GoGanger denn aus? Vielleicht so wie Du?“ Er sah sie lüstern an, „Mein T-Shirt steht Dir übrigens.“

Sie grinste, „Stimmt, darum werde ich es auch behalten.“

„Hmm, meinst du?“, er grinste nun wölfisch, „Es sei denn natürlich, ich reiße es dir jetzt wieder vom Leib.“ Das tat er jedoch nicht, jedenfalls nicht sofort. Er zog sie zu sich hoch, nahm sie auf den Arm und trug sie in sein Schlafzimmer, wo in seinem feudalen Bett ein erneutes Liebesspiel begann.

Von dieser Nacht an schlief Snowcat bei Harlequin im Zimmer. 

Für Montagabend war ein Combat Biker Event im Kino geplant worden. Ein Top-Spiel wurde übertragen und Harlequin und Snowcat wollten es sich im Trideo ansehen. Henry war ganz aus dem Häuschen, da er für Snowcat Pizza backen durfte. Es war schon fraglich, wie er die Pizza von einem Meter Durchmesser in dem Ofen in der Küche gebacken hatte, so groß hatte der Ofen gar nicht ausgesehen, aber er hatte es geschafft und das gute Stück mit all dem belegt, was Snowcat mochte und was man auf eine Pizza legen konnte. 

Bei Spiel gingen die beiden Elfen so richtig mit, sie hatten sich auf eine Mannschaft geeinigt und feuerten sie nach Kräften an. „Nein, was für ein dummer Fehler!“, rief Snowcat auf, als ein Line Biker mit der Lanze vom Bike gestoßen wurde. 

„Siehst Du, Lanze.“, meinte Harlequin trocken. 

❅ 

In den folgenden Tagen verbrachten sie unglaublich schöne Stunden miteinander. 

Sie rasten mit dem Boot über das Meer und Harlequin brachte Snowcat die ersten Grundlagen im Steuern von Motorbooten bei.

Sie fochten gegeneinander und Harlequin hatte seine Freude daran, Snowcat dabei immer wieder mit der flachen Seite der Klinge anzüglich auf den Hintern zu schlagen, er kannte keine Gnade, denn er besiegte sie ständig und ohne zu zögern. Dennoch machte ihr das Spaß, außerdem war sie es von ihren Kämpfen gegen Tango gewohnt, hoffnungslos unterlegen zu sein.

Sie tanzten Tango und Salsa. Sie spielten Brettspiele und Snowcat versuchte sich im Schach, aber auch hier war sie gehen Harlequin chancenlos. 

Das Wetter war herrlich und sie verbrachten viel Zeit draußen. Immer wenn Henry ihnen das Essen im Freien servierte, trug er einen riesigen Sonnenhut. Die beiden Elfen sahen weitere Filme im Kino an. Harlequin hatte immer wieder eine Menge Geschichten parat, die er gekonnt und mit schauspielerischen Einlagen erzählte. In der Bibliothek trug er ihr aus Gedichtbänden vor, wobei er oft über den Stümper schimpfte und dann lieber ein eignes Gedicht zu Snowcats Ehren erschuf. 

Snowcat bekam mit, dass Harlequin nicht jeden Tag gleichstark geschminkt war, an manchen Tagen reichte ihm ein einzelnes rotes Karo über einem Auge. 

Sie liebten sich mehrmals jeden Tag, an unterschiedlichen Orten und zu unterschiedlichen Zeiten. Bald kannte Snowcat jede von Harlequin Narben, gelegentlich fragte sie nach einer und hörte sich die wundervollen Geschichten dazu an, die stets brillant erzählt waren, aber niemals abschließend klärten, woher die Narbe stammte. 

Snowcat würde Harlequins Geschichten wohl nie wirklich einordnen können, er nutzte eine Menge moderner und schöner Worte, aber manchmal hatte sie das Gefühl, die Ereignisse waren mehr als nur Jahrzehnte her. Wenn er ihr etwas über ein historisches Ereignis berichtete, dann klang es, als sei er selbst dabei gewesen und wie Ehran kannte er Details, die nur in wenigen Büchern zu finden waren, wenn überhaupt.

Am Sonntag dem 10. Juli 2072 verließen sie Château d‘If. Nur Softpaw würde noch mit Henry eine Zeit lang dort bleiben.

Harlequin hatte in einem wunderschönen Hotel in der Altstadt von Prag ein Zimmer reserviert. Sie schlenderten Arm in Arm durch die Museen und historischen Gebäude der goldenen Stadt, die in der 6. Welt zu einem Schmelztiegel für die unterschiedlichsten Kulturen geworden war. Historisch war hier schon immer eine Menge los gewesen, „Hier,“ so erklärte Harlequin locker plaudernd, „hat der berühmte Prager Fenstersturz stattgefunden. Allerdings war das nicht ganz so, wie es dort auf AR zu lesen ist. Die wirklichen Tatsachen unterscheiden sich in einigen Punkten von denen dort.“ Harlequin zog Snowcat an sich ran, küsste sie und setzte sie dann auf den Rand eines Brunnens, „Genau genommen war das nämlich so...“

Montag Früh legte Harlequin kein Make Up auf, er griff sogar nach einer Tube mit Nanopaste und veränderte sein Gesicht ein wenig. „Du kannst das ja ohne so ein Zeug.“, bemerkte er nebenbei.

„Stimmt. War das eine Aufforderung, dies zu tun?“

„So ist es doch viel spannender, oder nicht?“

Snowcat wusste nicht, was sie erwartete, aber sie veränderte ihr Gesicht ebenfalls ein wenig und färbte ihr Haar im Anschluss rot. 

Ihr Weg führte in die Universität, wo der Große Drache Schwartzkopf einen Lehrstuhl besaß und ein Sommerseminar zum Thema, ,Arcane Künste im Zusammenhang mit Glaubensphilosophien‘ hielt. Sie wohnten seinen gut besuchten Vorlesungen an zwei Tagen hinter einander bei. Abends vertrieben sie sich die Zeit in diversen Studentenkneipen, wo Harlequin zeigte, wie viel er von dem Bier hier hielt und wusste und wo die männlichen Studenten zeigten, wie viel sie von Snowcats Erscheinung hielten. Harlequin schaffte es mit seiner charmanten Art dafür zu sorgen, dass ihm die jungen Männer seine ,Braut‘ gönnten.  

Als sie später im Bett lagen, meinte Harlequin leichthin, „Wie gut, dass wir Ehran davon abhalten konnten, dich hier einzuschreiben. Du hättest ihnen allen das Herz gebrochen und den gesamten Jahrgang ruiniert. Die Bostoner hingegen haben viel zu viel irisches Blut in ihren Reihen, um sich durch ein gebrochenes Herz vom Studieren abhalten zu lassen.“

Donnerstag Früh ging die Reise weiter. Sie landeten im Scotsprawl, sahen sich Edinburgh an und fuhren dann mit einen Mietwagen in die Highlands. Ein Teil der wunderschönen Landschaft war zu einer toxischen Zone geworden, aber dort, wo noch alles in Ordnung war, hatte das Land nichts von seinem einstigen Zauber verloren. 

Nach einer Stunde Fahrt erreichten sie eine Grafschaft, die sich komplett in Privatbesitz befand. Hier schien jemand viel Geld in Umwelt und Dörfer investiert zu haben. Alles wirkte harmonisch und intakt. Weiter nördlich würde die Grafschaft dann in das wilde Land übergehen. Harlequin ignorierte die AR-Hinweise und er schien den Weg zu kennen, denn nach mehreren Kurven und eine weiteren Stunde Fahrt hielten sie auf ein riesiges Herrenhaus zu, dass wie eine Mischung aus einer kleinen Burg und einem Schloss aussah. 

Personal erschien vor der Tür. Sie wurden offenbar erwartet. Ein älterer Mann trat an den Kofferraum, um mit dem Gepäck zu helfen. Harlequin kannte den Mann. „Arran, das ganze Gepäck kann in ein Zimmer. Die Lady und ich werden uns ein Zimmer teilen.“

Ein brummiges, aber nicht unfreundliches, „Aye!“, war die simple Antwort.

Ein jüngere Frau mit dem Namen Brigid begrüßte die beiden freundlich und meinte dann, „Die Hausherrin erwartet sie in der Bibliothek.“ 

Harlequin wusste offenbar, wohin er musste. Das Innere des Schlosses war minimalistisch eingerichtet. Harlequin öffnete eine Tür und in der Bibliothek erhob sich Aina Dupree, die sofort auf Snowcat zuhielt und sie herzlich umarmte. Snowcat hatte nicht damit gerechnet von der beeindruckenden Frau jemals so empfangen zu werden. Die gesamte Grafschaft gehörte ihr offenbar, doch zunächst zeigte sie Snowcat das Anwesen. 

In ihrem Zimmer wartete Softpaw, die es sich auf dem Fensterbrett gemütlich gemacht hatte und zufrieden schlief. 

Bei Tee und Sandwiches kamen die drei Elfen sofort ins Gespräch. Aina gab sich beinah so, als wäre sie für Snowcat so etwas wie eine große Schwester oder zumindest eine geliebte Tante, die sich freute, ihre Nichte wieder zu sehen. Irgendwann nach dem Abendessen landeten sie beim Thema Artefakte und Aina war wirklich daran interessiert, was Snowcat so alles mit den Artefakten erlebt, was sie astral gesehen und was sie dabei gefühlt hatte, ohne dass sie Details über die Runs an sich wissen wollte. 

Harlequin machte keinen Hehl aus seinen Gefühlen für Snowcat. Er berührte sie immer wieder, küsste ihre Hand oder nahm sie in den Arm, ohne dabei besitzergreifend zu sein. Aina schien sich für ihn zu freuen. 

Zu fortgeschrittener Stunde fragte Snowcat, „Ihr zwei scheint euch ja schon etwas länger zu kennen, wie wäre es denn, wenn Du mir jetzt eine peinliche Anekdote aus Harlequins Vergangenheit erzählst? Du kennst doch da sicher so einige Geschichten Aina und eine davon würde ich gerne hören.“

Harlequin sah Aina herausfordernd an, dann begann Aina zu erzählen, „Wie wäre es mit einem Abend, an dem er beinahe zu spät zu einem Duell gekommen wäre, weil er einfach nicht mit dem Zechen aufhören konnte...“ Sie erzählte, dass es zu einem Streit um seine Fähigkeiten als Musiker gekommen war, dass man gewettet hatte, Harlequin seine Niederlage nicht eingestehen wollte und dass man sich darum zu einem Duell verabredet hatte. Betrunken und erst im letzten Augenblick war er erschienen und dann hatte er das Duell mehr schlecht als recht gewonnen.

„Ich erinnere mich kaum noch,“, meinte Harlequin locker, „aber daran, was der Kerl für ein fürchterlicher Sänger war, erinnere ich mich leider immer noch. - Sag mal Aina, können wir uns für morgen zwei Pferde von dir leihen, ich würde mit Snowcat gerne zum oberen See reiten.“ 

Aina nickte, „Natürlich. Ich kann euch leider nicht begleiten, da ich noch einen Termin in der Stadt habe, aber ich denke, ihr werdet euch auch ohne mich amüsieren.“

Snowcat war ein wenig skeptisch, „Reiten? Ich kann nicht reiten, um genau zu sein, habe ich noch nie auf einem Pferd gesessen.“

Harlequin lächelte sie an, „Nachdem wir du die Sturmdelfine im Handumdrehen für dich gewonnen hast, wird es dir sicher ein leichtes sein, ein Pferd zu überzeugen.“

Das Pferd war geduldig und so konnte Snowcat den Ausflug zu dem Bergsee voll und ganz genießen. Das Wasser war klar und kalt und dennoch badeten sie nackt darin. Das Gras und Moos war weich und warm von der Sonne, er fühlte sich auf Snowcats bloßer Haut unglaublich gut an. Wenn es perfekte Orte für fantastischen Sex gab, dann gehörte dieser hier mit Sicherheit dazu und natürlich ließen sich die beiden Elfen diese Gelegenheit nicht entgehen und wieder einmal zeigte Harlequin was für ein außergewöhnlich guter Liebhaber er war. Auf dem Weg zurück dämmerte es bereits und Snowcat spürte tatsächlich ein wenig Erschöpfung. 

Aina empfing das Paar mit einem Irish Coffee und Snowcats Müdigkeit war im Nu wie weggeblasen. Aina hatte hier im Haus einen Billardraum, dessen Tisch wie der Zwilling von Harlequins Tisch in seinem Kino aussah. Sie starteten ein kleines Tunier. Harlequin und Aina gönnten sich dabei ein Glas nach dem anderen aus einer Flasche mit dem 65 Jahre alten Single Malt, Snowcat hielt sich ein wenig zurück. Aina packte einige lustige High Society-Geschichten von der letzten Grand Tour aus und die Frau hatte echt eine bissige Zunge, viele bekannte Namen bekamen ihr Fett weg. 

Gegen 3 Uhr am Morgen goss Harlequin den letzten Tropfen aus der Flasche, Snowcat konnte es nicht fassen, wie kam es nur, dass sie so viele Metamenschen kannte, die Unmengen von Alkohol trinken konnten, ohne betrunken zu werden? Aina nahm Harlequin das Glas weg und kippte dessen Inhalt zu ihrem Whisky dazu. Er protestierten und sie warf ihm eine Antwort in diesem alten Sperethiel an den Kopf, die Snowcat mit, ,Du hast dafür ja deine blutjunge Geliebte, mit der du gleich ins Bett gehst, Caimbeul. Und wenn du mich fragst, hast du den besseren Part erwischt.‘ übersetzten würde. Snowcat war sich mit der Übersetzung nicht völlig sicher, aber zumindest was sie sicher, dass dieser Aussage jegliche Boshaftigkeit gefehlt hatte.

Harlequin verbeugte sich überschwänglich und antwortete auf Englisch, „Ich wage es nicht, dir zu widersprechen, lass dir jeden Tropfen schmecken.“

Der Aufenthalt in Schottland endete am 18.Juli 2072 mit dem Besuch einer Destille, wo Snowcat drei Flaschen Whisky erstand. Dann ging es mit einem Jet zurück über den großen Teich, aber der Luxusjet steuerte weder Boston noch Seattle an. Es ging ein Stück weiter in den Norden. Sie landeten in Calgary und legten dann noch einige Kilometer im Hubschrauber zurück. Ihr Ziel war Lake Louise, das Gelände, welches sich im Besitz von Dunkelzahn befunden hatte, Snowcat kam nun endlich nach ,Da‘.

Man hatte sie angekündigt, denn als der Hubschrauber landete, kamen bereits einige Drakes in ihrer metamenschlichen Gestalt vom See herüber. So weit sie es beurteilen konnte, waren alle dabei, die sie in Vladivostok gesehen hatte. Allen voran Troubel, der die letzten Schritte rannte und Snowcat fröhlich umarmte. Zu Snowcats Freude war Sal ebenfalls hier und als besondere Überraschung traf sie im Laufe des Tages auf Liam, der hier gerade etwas zu erledigen hatte. 

Snowcat lernte Azadey, die schöne, weibliche rechte Hand von Ryan Mercury, Rainwalker, einen weiblichen Drachen und Ryan Mercury aka Quicksilver höchstpersönlich kennen. In den wenigen Tagen freundete sie sich mit ihnen ebenso an, wie mit Jane in the Box, dem Hacker von Assests und all den anderen gut zwei Dutzend Drakes, die hier lernten und lebten.

Außerdem lernte sie eine Herde von Zentauren kennen, die in der Umgebung wohnten und auch zu ihnen entwickelte sie ein freundschaftliches Verhältnis.

Sie half Liam bei seiner ,Erledigung‘, trainierte im Parcours mit den anderen Drakes und machte zwei wundervolle Tagesausflüge in die Wälder, einen davon nur mit Harlequin. Am Ende des vierten Tages hier überreichte ihr Liam einen Rucksack, den sie hier alle Daypack nannten und eine Form Fitting Body Armor, die die Wandlung in einen Drake mitmachten. 

Snowcat fühlte sich in der Nähe der anderen Drakes ausgesprochen wohl. Sie alle waren begeistert von Liams Genie und dem, was das für sie bedeutete und Harlequin wurde von allen hier mit sehr viel Respekt behandelt. 

An ihrem letzten Abend am Lake Louise gab es ein riesiges Barbecue. Die Sonne war bereits im See verschwunden, als sich Quicksilver mit einem Bier in der Hand neben Snowcat stellte. „Harlequin ist ein guter Lehrer.“, er deutete mit dem Kopf in eine Richtung, wo sich der Elf gerade mit Rainwalker unterhielt, „Ich weiß das aus eigener Erfahrung, er hat mir nach dem Tod von Dunkelzahn eine Menge beigebracht.“

Das war zumindest mal ein interessanter Fakt, Ryan Mercury, war wie sie selbst Adept, während Harlequin wohl eher so etwas wie ein Magier war, sie lächelte Quicksilver an, „Das glaube ich dir sofort, aber er ist nicht mein Lehrer.“

Mercury schien überrascht, „Oh ist er nicht. Dann sollte er es aber sein.“, er fuhr sich mit der Hand durchs Haar, „Du hast echt ein tolles Lächeln, Troubel hat auch im Punkt Schönheit nicht übertrieben, als er jedem von uns von dir erzählt hat. - Eine Menge Personen hier würden sich sicher sehr freuen, wenn du bei Assets Inc. einsteigen würdest.“

Snowcat legte ein Schnurren in ihre Stimme, „Ist das ein Angebot, Ryan?“

„Klar und zwar ein unbegrenztes, wir würden Dich jederzeit nehmen.“

Snowcat seufzte, „Das ist ein wirklich großzügiges und sehr verlockendes Angebot, ich danke dir dafür, doch ich habe ja bereits ein Team.“

„Ich weiß, aber Zeiten ändern sich.“

Sie nickte, sie empfand es als ein wenig beunruhigend, dass sie dieses Angebot wirklich verdammt verlockend fand. 

❅❅❅

Am 23. Juli 2072 flog Harlequin Snowcat höchstpersönlich in einem Luxusjet nach Seattle zurück. Snowcat saß neben ihm in Cockpit und genoss die Aussicht aus den großen Fenster oder sie las in der Nummer 122 ihrer Literaturliste, die Dämonen von Fjodor Dostojevski. 

Harlequin schaltete mit einem lauten Klick den Autopiloten ein, entriegelte die Verankerung seines Sitze und wandte sich mit samt dem Sessel Snowcat zu. Er lächelte sie an. 

Sie sah zu ihm auf und erwiderte das Lächeln. „Ja?“

„Ich hätte da noch einen Job für Euch.“

Snowcat wischte das Buch zu, „Oh, einen Moment, wenn es um etwas Geschäftliches geht.“ Sie nahm die Füsse vom Sitz, schlüpfte in ihre Schuhe, steckte sich mit zwei geübten Handgriffen das Haar hoch, zog ihre Kleidung glatt und setzte sich aufrecht hin. „Gut, worum geht es?“

Für einen kurzen Moment war wieder dieses leichte spöttische Grinsen in Harlequins Gesicht gewesen, jetzt blickte er völlig neutral, „Um ein magisches Artefakt, den Shroud Of Shadows, schon mal davon gehört?“

Snowcat schüttelte den Kopf.

„Nicht weiter schlimm, ich erzähle gleich mehr. Das Artefakt ist natürlich, wie sollte es anders sein, verschwunden.“  Der Elf lehnte sich zurück und legte die Fingerspitzen seiner Hände zusammen, eine Geste, die Snowcat an Ehran erinnerte, dann begann er in der Art eines geübten Erzählers, die sie in den letzten Tagen immer wieder so fasziniert und begeistert hatte, „Dunkelzahn hat den Shroud Of Shadows, ein seidenweiches, schattenschwarzes, großes Tuch mit hauchdünnen, silbernen und kupfernen Fäden, die man aber irgendwie nicht einzeln packen kann, in seinem Testament Aden vermacht. Gekoppelt mit der Bemerkung, ,möge er Dir Schatten spenden und dein Temperament ein wenig kühlen.‘ Natürlich hatte der alte Wurm diese Bemerkung nicht umsonst hinzugefügt. Bis vor wenigen Jahren war Aden vor allem für den bis dato gewalttätigsten Angriff eines Drachen in der 6. Welt bekannt. Aden lebt auf dem Berg Ararat in gleichnamigen Gebirge, welches heute wiederum in der Kurdisch-Autonomen-Zone liegt. Als die Ayatollah 2020 zum heiligen Krieg gegen alle Erwachten aufriefen, kam sie von seinem Berg und machte ganz Teheran dem Erdboden gleich, samt Mann, Frau, Kind, Maus und...“ Harlequin zwinkerte Snowcat kurz zu, „Katz. Aden überließ das gute Stück kürzlich Hestaby.“ der Elf wedelte nun mit der linken Hand, „wobei wir kürzlich nicht weiter definieren wollen. Jedenfalls wurde von mehreren Treffen berichtet. Und nun ist der Shroud Of Shadows irgendwie abhanden gekommen. Agenten von Aden suchen danach, ebenso wie dies Agenten von Hestaby tun. Hinzu kommen die üblichen Verdächtigen, wie die Atlantean Foundation, das APEC-Konsortium, andere Große Drachen und wer da noch alles so auf den Plan gerufen wird, naja, du kennst das ja von den anderen Artefakten.“

Snowcat nickte, „Und wir sollen nun ebenfalls danach suchen und ihn, wenn möglich besorgen?“

„Das hast du ganz brillant geschlossen. Genau so ist es.“

Snowcat grinste, „Gut, wie viel bietest Du dafür?“

„Ach ja, der Preis.“, er schien ernsthaft nachzudenken, „Sagen wir 300.000¥?“

„Das ist bei der Gefahrenstufe natürlich viel zu wenig, wo wir doch nicht einmal wissen, wohin uns die Suche führen wird. Wie wäre es mit 500.000¥?“

Sie verhandelten ernsthaft eine Zeit lang und Harlequin machte es Snowcat nicht leicht. Am Ende einigten sie sich bei 400.000¥.

Harlequin bemerkte zum Schluss, „Hört Euch erstmal um, wo das Artefakt sein könnte, dann melde dich noch mal bei mir, damit wir uns abstimmen können.“

Snowcat nickte, „Gut Mr. J., dann brauch ich noch eine Comm-Id unter der ich dich erreichen kann.“

Er lächelte leicht, „Selbstverständlich.“, dann zog er sein merkwürdig aussehendes Commlink hervor und beamte ihr die Nummer zu. 

Im Gegenzug sandte sie ihm eine Nummer zurück,  lernte seine auswendig und löschte den Eintrag gleich wieder. „Danke. Ich glaube, dann ist soweit alles geklärt.“

Harlequin nickte. 

„Fein.“, Snowcat zog ihre Schuhe wieder aus, löste ihr Haar, welches ihr wie ein schneeweißer, glänzender Vorhang über ihren Rücken fiel, stand dann auf, setzte sich auf Harlequins Schoß und küsste ihn leidenschaftlich. 

Blackstone hatte darum gebeten von Snowcat über ihren Rückkehrzeitpunkt nach Seattle informiert zu werden, sie hatte ihm den Gefallen getan und nun wartete er am Flughafen auf sie, um sie abzuholen. Seit sie beim letzten Artefakt mit Drachen zu tun gehabt hatten, war der Zwerg irgendwie stets darauf bedacht, sie nicht allein zu wissen. Nun würden sie es wieder mit Drachen zu tun bekommen, seine Sorgen würden also nicht geringer werden. 

Sie brachte ihr Gepäck nach Hause und rief dann wegen eines neuen Jobs ein Team-Meeting im Safehouse ein. Das Bootshaus war inzwischen fast völlig fertiggestellt worden. 

Snowcat stellte den Job zunächst Doc, Mystère und Blackstone vor. 

Mystère war total davon begeistert, endlich mal wieder Zeit für eine Artefaktjagd zu haben, auch Doc wollte sich den Job diesmal nicht entgehen lassen. Blackstone zog mit, obwohl sich Snowcat nicht ganz sicher war, ob er wirklich an dem Job interessiert war. Average und Starbuck würden ebenfalls mit von der Partie sein, ferner beschloss man FTW und TriXhot einen Proberun mit UC anzubieten. 

Und dann begann die UCler augenblicklich mit der Informationsbeschaffung. Doc schickte Average und Starbuck los, er nannte ihnen verschiedene Suchparameter und sie mussten Informationen in der Matrix zusammenzutragen. Dann hieß es Daten sichten und im Anschluss hier und da vorsichtig nachzufragen und dann ging das Ganze wieder von vorne los. Nach beinah vier relativ langweiligen Tagen hatten sie drei mögliche Ziele ausgemacht. 

In London versammelten sich Druiden aus unterschiedlichen Zirkeln. 

In Washington DC erwarteten die Illuminati eine Lieferung.

In Québec zog der Orden von St.Silvester Mitglieder zusammen, wobei besonders brisant war, dass die Magie-lehrenden Organisation des Vatikans von den New Knight Templern als Deckmantel genutzt wurde.

Snowcat zog sich ein wenig zurück und wählte Harlequins Nummer. Er war geschäftlich kurz angebunden, meinte aber, dass er sich ziemlich sicher sei, dass sich das Tuch auf dem Nordamerikanischen Kontinent befand. Er selber wollte nach Washington gehen, um sich dort umzusehen, das Team sollte Québec in Angriff nehmen. 

Da sie nun eingeschränkte Suchparameter hatten, machten sich Average und Starbuck erneut an die Arbeit. 

Tatsächlich hatte der Orden von St. Silvester im besten Hotel am Platz, -dem Charmont Hotel de Fontenaqu mit 618 luxuriösen Räumen und Suiten-, Zimmer und einen 190 Quadratmeter großen und 7 Meter hohen Konferenzsaal, den Saal Versheres gemietet. Doc schätze, dass gut 25-30 Templer erwartet wurden. Es war zu vermuten, dass es sich bei den meisten von ihnen um Kampfmagier handelte. Eine gewaltige Opposition.

In der Republik Québec mit seiner Hauptstadt Québec City war Französisch die Landessprache, was Blackstone dazu veranlasste, sofort seinen Franzosisch-Chip zu holen.

Nachdem klar war, wohin es nun gehen würde, war es an der Zeit, sich bei TriXhot zu melden und ein kurzfristiges Treffen auszumachen. Snowcat hatte bereits ihr Commlink in der Hand, als Doc sagte, „Einen Moment noch bitte, Snowcat. Ich habe während unserer Matrix-Recherche noch etwas bemerkt. Es gibt da offenbar jemanden, der uns sucht. Auf der Strasse wird sich nach einer auffälligen, gut aussehenden Führungspersönlichkeit unter Runnern umgehört. Die Beschreibung passt entweder auf die schöne Snowcat oder auf mich.“, er lächelte leicht, „Man soll denjenigen Abends im Lost Unicorn treffen können, wo er bereit ist, für Kontaktmöglichkeiten zu bezahlen.“

Snowcat verzog skeptisch das Gesicht, „Das ist nicht gut, oder?“

Doc zuckte mit den Schultern, „Hm, nicht unbedingt, aber es ist auch nicht unbedingt schlecht. Da es sich meine Analyse nach nicht um eine Bedrohung handeln muss, bisher klingt es wirklich danach, als wolle jemand Kontakt aufnehmen. Ich denke aber, wir sollten noch heute Abend nachsehen, ob dem so ist und nicht mit einer ungeklärten Angelegenheit im Rücken nach Québec aufbrechen.“

Snowcat nickte, „Gut, machen wir es so.“ Sie bestellte TriXhot zu 22.30 Uhr ins Banshees, das Hinterzimmer hatte sie bereits reserviert. Dann rief sie bei FTW an und bat ihn, sie vorm Lost Unicorn zu treffen. 

Als Blackstone, Doc, Mystère, Average, Starbuck und Snowcat am 27.7.2072 wenige Minuten vor 20.00 Uhr am Lost Unicorn eintrafen, wurden sie von FTW bereits erwartet, Snowcat setzte den Ork kurz darüber ins Bild, warum sie hier waren. Im Anschluss betaten sie die Bar in geschlossener Formation. Bis auf Snowcat setzten sich alle an einen Tisch, sie selbst schlenderte zur Theke. Der Barkeeper grinste sie breit an, „N‘abend Lady.“

Sie lächelte zurück, „Hey, guten Abend. Hausbier für meine Jungs“, sie deutete mit dem Kopf in Richtung des Tisches, „und mich, bitte.“ 

Er nickte und begann mit dem Zapfen.

Snowcat lächelte niedlich, „Und dann hab ich noch eine Frage. Hier soll jemand sein, der jemanden sucht und ich suche jetzt den, weil ich vielleicht weiß, wo er findet, was er sucht. Weißt Du wovon ich spreche?“

„Klar, du suchst den komischen Typen da beim Dart, der mit dem Norm am Tisch.“

Snowcat blickte in die Richtung und kommunizierte die Information gleichzeitig an Doc weiter, der daraufhin aufstand und mit Average und Starbuck ans Dart trat und ihnen etwas über Wurftechniken erzählte. 

An dem Tisch neben der Dartscheibe saßen zwei Männer oder viel mehr ein menschlicher Mann und eine Person von schlanken Wuchs, die von blauschwarzen und indigoblauen Gewändern, wie sie in der Wüste getragen wurden, verhüllt wurde. Samt Kopfbedeckung und Mundschutz. Bis auf die dunklen Augen und ein wenig gebräunter Haut war von dem Metamenschen nicht viel zu erkennen. Snowcat vermutete jedenfalls, dass es sich um einen Mann handelte, als Rasse kam nur Mensch oder Elf in Frage. 

Der Mensch hatte ein durchschnittliches, aber freundlich aussehendes Gesicht, war mittelgroß, von durchschnittlicher Statur, er hatte braunes, lockiges Haar, braune Augen und war eine dunkelblaue Jeans, ein dunkelgraues Hemd und festes Schuhwerk gekleidet. 

Snowcat schnappte sich ihr Bier und schlenderte dann hüftschwingend auf den Tisch mit dem ungleichen Paar zu, das dünne Leder ihres Sommer-Catsuits knarzte ganz leicht. Während ihrer Schritte nahm sie astral wahr. Der Wüstenmann war magisch aktiv, wahrscheinlich Vollzauberer, sein Magieattribut war niedriger als das ihre, seine Essenz war vollständig und er trug drei Foki bei sich. 

Der andere Mann wirkte auf den ersten Blick mondän. Snowcat konzentrierte sich und zu ihrer großen Freude gelang es ihr seine Maskierung zu durchbrechen. Überrascht hob sie eine Augenbraue, da hatte sie aber einen sehr interessanten magisch aktiven Menschen vor sich. 

Der Wüstenmann erhob sich, um Snowcat in den Stuhl zu helfen. Er trug ein auffälliges Medaillon an einer langen Kette und um seinen Ärmel wand sich am Unterarm ein goldener Schlangenarmreif. An seinem Stuhl lehnte ein Gehstock. Es war nicht zu erkennen ob er lächelte, sein „Guten Abend.“, hatte einen außergewöhnlichen Akzent, der durchaus im arabischen oder hebräischen seinen Ursprung haben konnte. 

„Hey, ich bin Snowcat und ihr?“, meinte sie locker, nachdem sie sich lächelnd gesetzt hatte.

Der junge Mann meldete sich zu Wort und streckte Snowcat die Hand hin, „Hi, ich bin Butcher und er nennt sich Tuareg.“

Snowcat schüttelte Butcher die Hand. Doc teilte ihr mit, dass sich Average und Starbuck sofort nach den beiden umhören würden. „Hallo Butcher, sehr erfreut dich kennenzulernen. Ich hab gehört, ihr sucht nach jemandem.“

Butcher meinte fröhlich „Er. Aber jetzt nicht mehr, jetzt hat er dich ja gefunden.“

Snowcat sah Tuareg fragend an, „Und warum suchst du mich?“

Die Stimme des Mannes klang ein wenig gedämpft, „Das möchte ich noch nicht sagen, bis ich mir völlig sicher bin, dass du wirklich diejenige bist, die ich suche.“

„Doch, das ist sie, vertrau mir.“, meinte Butcher.

Doc erklärte, dass die REP der beiden in Ordnung sei. Beide waren Zauberer von gutem Ruf, Butcher war aus Seattle, Tuareg hatte bisher überwiegend in Europa und Asien gearbeitet, Amerika war Neuland für ihn.

Snowcat lächelte Tuareg an. Sein Name ließ vermuten, dass er tatsächlich zum Volk der Tuareg gehörte, alles andere wäre wohl eher eine Beleidigung für das Volk, „Aber wenn ich nicht weiß warum Du mich suchst, wie soll ich dir dann auch nur ansatzweise trauen?“

Wieder meldete sich Butcher, „Ach trauen, Vertrauen dauert doch eh lange, aber ich kann dir sagen, warum ich mich hier dazu gesetzt habe. Ich weiß, dass du Shadowrunner bist, bin ich zufällig auch und ich könnte Arbeit gebrauchen. - Wir sind und übrigens schon mal begegnet. Weiß nicht, ob du dich daran erinnerst? Du siehst inzwischen übrigens echt heiß aus.“

Von Doc kam ein, ,billige Anmache‘.

Snowcat schüttelte den Kopf. „Bisher kann ich mich leider nicht an Dich erinnern.“ 

„Kein Ding. Hätte ich auch nicht gedacht. Ich geb Dir nen Tipp, wenn ich darf?“

Snowcat nickte, „Okay!“

Butcher verschränkte die Arme hinter seinem Rücken, als Zeichen, dass er sie nicht anfassen würde, dann beugte er sich vor und flüsterte Snowcat etwas ins Ohr.

Nun war Snowcat richtig überrascht, „Natürlich!“

Schnell kommunizierte sie an Doc, ,Er hat bei mir einen Vertrauensbonus, wir sind uns schon mal begegnet, meintetwegen können wir ihn gleich mit ins Banshees nehmen, aber Tuareg, er sagt nicht mal, weswegen er jemanden sucht.‘

,Genau darum sollte wir ihn mitnehmen, wenn sich herausstellt, dass er etwas im Schilde führt, können wir uns seiner in Quebec viel einfacher entledigen.‘, erklärte Doc.

,Gut‘, laut sagte sie zu Tuareg, „Trägst du diese Kleidung ständig?“

„Ja.“

„Das ist aber ziemlich auffällig.“

„Na und, du bist doch auch ziemlich auffällig.“

Sie lächelte, „Da hast du natürlich recht.“ Wow, so uncharmant hatte noch nie jemand ihre Schönheit bemerkt, aber er hatte sie zumindest bemerkt. Vielleicht trug er die Kleidung aus Glaubensgründen. Der Glauben der Tuareg war schon seit langer Zeit mit dem Glauben an die Existenz von Geister verwurzelt. Um sich vor bösen Geistern in der Wüste zu schützen, verhüllen die Männer dort ihren Mund. In der 6. Welt gab es eine Menge böse Geister, auch und gerade auf den Strassen der schlechten Gegenden. Soweit Snowcat wusste, gehörte der überwiegende Teil der Tuareg dem Islam an. Der Islam hatte ein gespaltenes Verhältnis zur Magie, Frauen war sie völlig verboten. Die Tuareg verehrten ihre Frauen und räumten ihnen mehr Freiheiten ein, als es im Islam üblich war. Das Zelt war ihr Bereich. Snowcat fiel noch ein, dass das Teetrinken einen hohen Stellenwert bei den Tuareg hatte. Inwieweit dies alles eine Rolle für den Mann mit dem Namen Tuareg spielte, würde sich noch zeigen.

„Dein Team sollte sich vielleicht im Matrix-Bereich verstärken.“, erklärte Tuareg gelassen. Womit er einer völligen Fehleinschätzung unterlag, er erklärte sogleich, wie er darauf kam, „Jemand hat versucht mein Commlink zu hacken, ich hab einen Alarm bekommen.“

Innerlich schmunzelte Snowcat, nach außen sagte sie kühl, „Vielleicht war das ja auch genau unsere Absicht, dich das merken zu lassen.“

Tuareg schien das nicht zu glauben, „Ich meine ja nur.“

Snowcat holte Luft und sagte dann direkt, „Wie es der Zufall so will, haben wir gerade einen Job an Land gezogen. Unser Team hat derzeit noch zwei weitere potenzielle Kandidaten an der Hand- nein, keiner von ihnen ist Hacker- mit denen findet gleich ein Meeting um den Job im Banshees statt, wenn ihr wollt, dann kommt doch da hin.“

Butcher stand sofort auf.

Tuareg hingehen fragte nach, „Wann würde der Job dann losgehen?“

Snowcat wurde ein wenig skeptisch, „Quasi sofort und wir werden auch bald die Stadt verlassen.“

„Dann muss ich leider einen Rückzieher machen, ich habe erst noch etwas Dringendes zu erledigen.“

„Okay, dann tauschen wir Comm-Ids aus. Vielleicht weißt du bis dahin dann auch, ob ich diejenige bin, die du suchst.“

Wieder kommunizierte sie wortlos mit Doc, er antwortete, ,Ich habe gerade die Infos an Mystique weiter gegeben. Sie wird sich um Tuareg kümmern.“

Gut 45 Minuten später saßen Doc, Mystère, Blackstone, Average, Starbuck, TriXhot, FTW, Butcher und Snowcat im Hinterzimmer des Banshees. 

TriXhot bat Snowcat und Doc kurz beiseite, „Ihr wisst ja inzwischen sicher, was es mit meine Empfehlung durch Yankee auf sich hat. Bevor es hier losgeht, möchte ich euch um nen Gefallen bitten, können wir das vielleicht nicht an die große Glocke hängen? Ich würde mir nämlich gerne selber einen Namen machen und nicht nur im Schatten eines anderen Namen stehen.“

Snowcat lächelte, „Das verstehe ich total. Kein Problem.“ 

TriXhot schien sichtbar erleichtert, „Gut, dann mal los. Zeit für meinen Proberun.“

Sie verabredeten mit den drei ,Anwärtern‘, dass jeder von ihnen 10.000¥ für den Job bekommen würden, dafür waren Kost und Logie inbegriffen.

Snowcat setzte sie über das, was sie bisher wussten ins Bild und dann begannen sie gemeinsam mit der Planung. Schnell war klar, dass sie einen Schattentransport nach Québec City buchen würden, um auch großes Equipment mitnehmen zu können. Doc würde ein Safehouse besorgen, da er über Kontakte in der Stadt verfügte. Snowcat, Doc, Blackstone und Mystère würden allerdings in dem luxuriösen Hotel unterkommen.


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                              UC - Unknown Consequences -das TOP-Runnerteam aus Seattle- You See! 


Ob die Runner den Shroud Of Shadows zu Gesicht bekommen, ob die Templer wirklich alle Kampfmagier sind, wie sich die Neuen machen und welche Geheimnisse sie hüten, wird demnächst hier zu lesen sein. Schau also bald wieder rein omae!

*reckundstrekgenüsslich* Hoffe Ihr habt Spass; *knutschi*