Teil 3

3

Snowcat tanzte auch in dieser Nacht voller Leidenschaft im bunten AR- Gewitter. Sie drehte sich wild zum Rhythmus der Musik und vergaß alles um sich herum. Sie registrierte nicht einmal, wer in ihrer Nähe tanzte. Sie hatte immer noch das Gefühl, dass das Adrenalin der vergangenen Stunden  durch sie strömte.  

                   *****

Craven beobachtete die tanzende Snowcat schon eine ganze Weile. Was er sah, gefiel ihm gut. Sehr gut. Auch als Bullet ihn ansprach wandte er seinen Blick nicht ab.

„Na Craven, auf wen hast’e dein blassgraues Auge da geworfen?“, er folgte seinem Blick: „Ah, seh’ schon…“ Bullet überlegte kurz, ob er einen Scherz machen konnte und einen der Jungs nannte, wagte es dann aber doch nicht, „auf den Anziehungspunkt für unsere Augen: Auf die Schmusekatze.“

Craven ignorierte ihn völlig und Bullet fuhr fort: „Hey, lass mal. Ich meine gucken kannste ja, aber die fängt nichts mit Lieutenants an. Nur, falls de es nicht wusstest.“

Craven zeigte weiter keine Reaktion. „Verstehe, das wusstest du schon und deshalb guckst du nur.“ Bullet grinste breit. „Na, zum Glück gibt’s noch genug andere Schnecken, die willig sind und nicht solche Grundsätze haben. Aber lecker ist die Kleine schon!“

Immer noch keine Reaktion. „Aber hab auch gehört, dass sie nen bisschen makanagée ist.“ Bullet stupste Craven seinen Ellenbogen in die Seite: „Versteh’ste? Die Schnecke hat nen Rad ab.“

Craven griff blitzschnell nach Bullets Arm und verdrehte ihn leicht: „Ich verstehe alles, aber du nichts. Erstens: Dunkelgrau. Zweitens: Wenn ICH sie anspreche, spielen Grundsätze keine Rolle.  Drittens: makanagée klingt aufregend. Und viertens: Es ist noch nicht so weit.“ Dann wuschelte er Bullet kräftig über den Kopf und grinste wölfisch.

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Irgendetwas zog Snowcats Aufmerksamkeit zurück in die Realität. Sie brauchte einen Moment und fokussierte dann ihre tanzende Umgebung, um zu erkennen, wer oder was das verursacht hatte.

„Elfenmädchen, rechts von dir steht eine nicht zu ignorierende Persönlichkeit.“, schaltete sich Katze ein.

„Ah, rechts. Danke Katze.“

Snowcat wandte sich in die genannte Richtung und blickte in die purpurfarbenen Augen von Sting. Schrillend Lila Lippen strahlten sie breit an. Heute trug sie ein tief ausgeschnittenes Oberteil in dunklem grün. Der Ausschnitt ließ praktisch den kompletten BH sichtbar und fiel wellenartig über dem Bauch zusammen. Der schwarze BH war ebenso aus Lackleder wie ihre enge Hose.

 Eine kleine Weile tanzten sie gemeinsam. Dann kam Sting noch näher, sie musste sich zu Snowcat etwas hinunter beugen, da sie um einige Zentimeter größer  war und sprach direkt in ihr Ohr, um die laute Musik zu übertönen: „Das war gute Arbeit heute.“ Snowcats Hand wurde gefasst: „Komm, ich geb dir nen Kesáera aus.“, dann zog Sting sie hinter sich her und verließ mit ihr die Tanzfläche.

Sie gingen gemeinsam zu einer Sitzgruppe im inneren Partybereich des Lagerhauses. Die dunkelgrünen Couchteile waren zu einem fast geschlossenen Kreis um einen ebenfalls runden, schwarzen Tisch angeordnet. Das fehlende Segment stand etwas Abseits.

Nahe der Öffnung saß bereits Green Lucifer. Ein simple geschnittenes, extrem enges schwarzes T-Shirt und eine gleichermaßen enge, schwarze Lederhose betonten seinen trainierten Oberkörper. Er hatte seine Beine seitlich von sich gestreckt und nur die Sohlen seiner schweren Stiefel berührten nicht die Polsterung. So lässig auf die Couch gefläzt, mit einer dunklen Flasche in der Hand, grinste der First Lieutenant seinen Boss an. Dann schwenkte sein Blick zu Snowcat und sein Grinsen wechselte ins Anzügliche. Er zog sie förmlich aus.

Eine dunkelhaarige Elfe, Snowcat glaubte sich zu erinnern, dass ihr Name Hellfire war, die auf der anderen Seite der Kreisöffnung gesessen hatte, stand unverzüglich auf und verschwand an die Theke. Sie beäugte Snowcat mit einem giftigen Blick, den diese mit einem innerlichen Schulterzucken abtat.

„Ich glaub, die ist eifersüchtig. Oder was meinst du Katze?“

„Ja, denk ich auch, fragt sich nur wegen wem!“, antwortete Katze und bleckte die Zähne.

Sting bemerkte Green Lucifers Blick und rief zu ihm rüber, bevor sie sich mittig auf die Couch warf: „Wenn du bei der Unterwäsche angekommen bist, dann hör damit auf. Irgendne Überraschung solltest du dir noch übrig lassen.“

„Meine Gedanken sind nur durch meine Phantasie begrenzt und auch mein König kann sie nicht bannen.“, antwortete er und war zuvor ins Elfische gewechselt.

Sting klopfte mit ihrer Hand auf den freien Platz zwischen sich und Green Lucifer und meinte dann: „Komm in unsere Mitte und nimm dir, was de magst!“

Snowcat folgte der Einladung und nahm sich eine Flasche eiskaltes Kesáera, bevor sie sich in die Lücke setzte. Als sie sich niedergelassen hatte, fand sie, dass ihr Platz nicht gerade üppig bemessen war und überlegte kurz, wo sie ihre Beine lassen sollte ohne gegen den Tisch zu stoßen, als ihr diese Frage von Sting abgenommen wurde. „So, ich stehe ja eher auf Brust und da ich hier immer das erste Wahlrecht habe, bleiben dann für dich die Keulen.“, sprach sie zu Green Lucifer, und legte umgehend ihren Arm um Snowcat und zog sie an sich ran.

Fast gleichzeitig setzte sich Green Lucifer etwas auf, schnappte sich Snowcats Beine und legte sie sich auf seinen Schoß. Er begann sofort spielerisch darüber zu streicheln.      

Snowcat legte ihren Kopf auf der Schulter von Sting ab und genehmigte sich möglichst cool einen Schluck aus ihrer grünen Flasche. Interessiert beobachtete sie Green Lucifers Finger und fragte sich, ob er ihr irgendwann zu weit gehen würde, beantwortete dies umgehend mit Nein, um sich dann im Geist auf die Suche nach jemandem zu machen, mit dem sie sich im Anschluss heute Nacht austoben konnte. Heißgewordenes musste schließlich auch abkühlen.

Noch bevor sie wieder einmal vollkommen in ihre Gedankenwelt abtauchen konnte, sprach Sting sie an: „Pass mal auf mein Schnucki. In meiner unendlichen Weisheit hab ich beschlossen, dass du es wert bist, dass wir, die Ancients, kräftig in dich investieren. Das wird deine Lebenserwartung erhöhen und unseren Ruf mehren. Da bei uns aber immer noch jeder sein eigener Herr ist, schließlich sind wir Elfen und nicht irgendwelche bepissten Menschen, stinkenden Zwerge oder gar abgefuckten Winégs“, an dieser Stelle wurde ihr Stimme kurz deutlich härter, „soll das ganze mit keinerlei Verpflichtungen für dich uns gegenüber verbunden sein. Geschenke bieten sich da also als Lösung an und so kommt uns dein Geburtstag gerade recht. Deshalb bekommst du jetzt also von uns allen nachträglich was geschenkt, und weils unser aller Erster Teufel war, der die Idee dazu hatte, schwingst du jetzt deinen süßen Arsch wieder hoch und folgst ihm mal ne Runde.“ Dann packte sie Snowcat an den Haaren, zog ihren Kopf etwas zurück und küsste sie ziemlich heftig auf den Mund.

Wäre der Kuss nicht so aggressiv ausgeführt worden, dann hätte Snowcat vielleicht etwas daran finden können. So aber dachte sie nur, dass es Übel erregend war eine Frauenzunge ungefragt in den Mund gesteckt zu bekommen.

Zu ihrem Glück beendete Green Lucifer das Ganze, kurz nachdem es begonnen hatte, in dem er lachend sagte: „Erstick sie nicht, oder wolltest du das Geschenk am Ende doch für dich behalten?“

Sting ließ los und sagte dann: „Nee, hab doch eben schon erwähnt, ich steh nicht ganz so auf Schwänze, meistens jedenfalls.“ Breit grinsend fuhr sie fort: „Ich wollt nur Happy Birthday sagen. Na los, hopphopp, schließlich hab ich JETZT gesagt.“ Mit den letzten Worten schob sie Snowcat diesmal mit einer sanften Berührung am Hintern hoch.

Etwas verwirrt streckte sich Snowcat und ging in die Richtung, die Green Lucifer mit einer übertrieben galanten Handbewegung angezeigt hatte.

Green Lucifer lief geradewegs zu den Motorrädern, die hinter dem Lagerkomplex abgestellt waren. Snowcat folgte ihm zunächst einfach doch dann sagte er: „Larast-qua réantil keltic, lallmantéah!“ – Holst du deinen Mantel, bitte. Wobei der fragende Anhang qua die niedere Fragestellung war und lallmantéah wörtlich - ich bitte dich freudig darum - bedeutete. Snowcat konnte dank ihrer Sperethiel - Kenntnisse also einiges aus den Endungen ableiten. 

Ihre Gedanken trieben wieder einmal davon und sie ging die Endungen schnell durch. Li larastig wäre in jenem Fall die höhere Fragestellung gewesen und hätte einen gleichen bis höheren Rang zum Inhalt gehabt. Von den sieben möglichen Endungen des Wortes bitte/lallman, hatte Green Lucifer eine freundliche gewählt, die Sympathie und eine gleiche oder nahezu gleiche Position der Betroffenen zum Ausdruck brachte. 

Snowcat besann sich und antwortete schließlich mit: „Llayah! Garanthéah.“ – Für dich gern, und verschwand dann kurz in ihrem Zimmer.

Einige Minuten später trat sie nach draußen. Dort wartete Green Lucifer an sein Bike gelehnt. Als First Lieutenant besaß er selbstverständlich eine der besten Maschinen, die es zurzeit gab: Eine BMW Blitzen 2070xx, superneu, schnell, mit allen Extras und zusätzlich gepimpt. Allerdings hatte er sämtlichen AR Schnickschnack ausgeschaltet und so wirkte das Motorrad geradezu gewöhnlich schwarz. Auch er hatte seinen Ledermantel übergezogen und bat Snowcat nun darum zu ihm aufzusteigen, aber vorher sollte sie noch das Ancient- Symbol auf dem Rücken ihres Mantels verschwinden lassen. Die gesamte Zeit über sprach er Sperethiel und schien auch nicht vorzuhaben, das demnächst zu ändern.

Neugierig stieg Snowcat zu ihm aufs Motorrad. Sie bedauerte zwar etwas nicht ihr eigenes benutzen zu können, denn sie fuhr wirklich gern selbst, aber die Freude auf das, was da auch immer kommen möge, überragte ein solches Gefühl bei weitem.

Die am Tor stehenden Wachen nickten ihnen zu. Snowcat hatte das Gefühl, dass die „Besetzung“ dieses Fahrzeug unter den Ancients die Runde machen würde. Sie konnte sich nicht erinnern im vergangen Jahr jemals etwas Ähnliches über den First Lieutenant gehört zu haben. Natürlich konnte es auch so sein, dass einfach niemand darüber sprach, ob oder mit wem Green Lucifer irgendwo hinfuhr. 

Mit Bestimmtheit wusste sie jedoch, dass sie etwas derartiges noch nie mit eigenen Augen beobachtet hatte. Bisher war er immer in Begleitung mehrer Ancients gewesen und niemals war Eine von ihnen hintendrauf mitgefahren.

Sie durchquerten Tarislar. Green Lucifer schaltete die Scheinwerfer auf Restlicht und gab dann Vollgas. Rasend schnell brausten sie los Richtung Hell’s Kitchen. 

Snowcat musste sich festhalten. Sogar richtig festhalten. Sie hatte ein klein wenig das Gefühl Green Lucifer wollte sie mit seinen Fahrkünsten beeindrucken. Das tat er jedoch nicht. Er weckte höchstens den Ergeiz in ihr, eines Tages viel besser als er zu sein. Aber Spaß machte es ihr durchaus. Nach einem besonders spektakulären Sprung über eine Hausruine musste sie ein Jauchzen unterdrücken, denn er sollte sich gar nichts darauf einbilden können.

„Du sag mal Katze, hast du ne Vorstellung davon, um was für ein Geschenk es sich handeln könnte?“

„Nein Elfenmädchen, hab ich nicht.“

Grinsend fuhr Snowcat fort „Naja, hätte ja sein können, dass du bei deinen Streifzügen etwas aufgeschnappt hast. Du Katze, was mach ich den nur, wenn er selbst irgendwie das Geschenk ist?“

„Ganz einfach Elfenmädchen: Wenn du gerade Bock hast, suchst du nach der Schleife um seinen Schwanz und wenn du keine Lust hast, dann sagst du ihm, dass er sich sein Geschenk sonst wo hin stecken kann, nur nicht in dich“, kam die prompte Antwort und wurde von einem miauzten Lacher begleitet.

Lauthals fiel Snowcat in das Lachen ein. Sollte sich Green Lucifer dabei ruhig denken, was er wollte.

Irgendwo im Nirgendwo Puyallups hielten sie an. Green Lucifer gestikulierte in der Luft, wahrscheinlich telefonierte er. Snowcat blickte auf ihr Comlink. Der AR Output ließ deutlich zu wünschen übrig. Mit wem auch immer er gerade Kontakt aufnahm, der war sicher in Reichweite seines Comlinks. 

Dann sagte Green Lucifer zu ihr: „Komm Kleine, wir werden bereits erwartet.“ Er sprach immer noch Sperethiel.

Sie betraten ein dreistöckiges Gebäude, das mehr oder weniger von seinem Schutt befreit worden war. Irgendwo musste es eine Lichtquelle geben, denn Snowcat konnte auch Details gut erkennen. Das ehemalige Wohnhaus besaß außer der Eingangstür keine Türen mehr, und so konnte man einen Blick in die Wohnungen erhaschen. In einigen schienen sogar noch Möbel zu stehen. Hier war es zwar nicht gerade sauber, aber zumindest hatte sich jemand alle Mühe gegeben einen Bereich frei von Spinnweben und Asche zu halten. 

Das Treppenhaus am Ende des Flurs schien ebenfalls benutzbar zu sein, denn eine Elfe kam die Treppe herunter. Ihre Gesichtszüge zeugten von einer asiatischen Herkunft, ihr schwarzes Haar trug sie kurz geschnitten. Sie war in eine graue, weich fließende Hose und einen grauen Kapuzenpullover gekleidet. Leichte, ebenfalls graue Boxerschuhe bildeten ihr Schuhwerk. In der rechten Hand trug sie einen schmalen, schwarzen Koffer und sie hatte ein Katana über den Rücken geschnallt.

Ohne eine Mine zu verziehen ging sie auf Green Lucifer zu und begrüßte ihn. Zu Snowcats Überraschung sprach sie ebenfalls Sperethiel: „Weisheit sei mit dir, Teuflischer. Schön, dass du so pünktlich den Weg hier her gefunden hast.“

Green Lucifer antwortete ihr: „Möge die Weisheit dir ebenfalls Begleiter sein. Ich danke dir für dein Erscheinen und möchte dir eine von den Leuten vorstellen. Ich hoffe, sie kann sich deiner als würdig erweisen. Das Geschenk, welches du bei dir trägst ist für sie bestimmt. Sicher erinnerst du dich noch, ihr Name ist <Snowcat>, was so viel wie aus Schnee gewobene Katze bedeutet. Darf ich euch miteinander bekannt machen?“

Sie nickte. Snowcat dachte, wie ihr Lehrer ihr immer geraten hatte, über die Information nach, die ihr die eben geführte Unterhaltung bieten konnte: Formell, aber du; Ihr Name erst englisch, dann übersetzt; Aus Schnee gewobene Katze -  hübsch; … Aber wie auch immer, die Tante hatte das Geschenk!

„<Whisper>, das hier also ist <Snowcat>, von der ich hoffe, dass du sie zur Schülerin nimmst!“ Green Lucifer wandte sich nun an Snowcat: „<Snowcat>, ich habe die Ehre, dir <Whisper> vorzustellen.“

Snowcat war ziemlich unsicher, was jetzt von ihr erwartet wurde, sie lächelte verlegen und versuchte es mit: „Telegit thelensa, Whisper.“- Weisheit sei mit dir.

Nun, allzu falsch war es wohl nicht gewesen, dachte sie, denn Whisper lächelte, nickte kurz und sprach dann weiterhin auf Sperethiel zu Green Lucifer: „Gut, ich werde sie mal genauer betrachten, dazu begleitet sie mich nach oben. Ich nehme an, du lässt die Zeit derweil hier verstreichen? Machs die irgendwo bequem, wird sicher etwas dauern. Und hol bitte noch dein Motorrad rein.“

„Wie du wünscht“, antwortete er und sagte dann zu Snowcat: „Versau’s nicht!“ Jedenfalls nahm sie an, dass er das gemeint hatte. Das war die einzige Übersetzung, die einen Sinn ergab.

*reckundstrekgenüsslich* Hoffe Ihr habt Spass; *knutschi*