Teil 5

5

Es regnete wieder mal in Strömen. Snowcat sah dem Wasser zu. Es floss in Bahnen am Fenster herunter. Das neongrüne Licht der Außenbeleuchtung des Hauptquartiers der Ancients tanzte über die Regenflüsse hinweg. Im Oktober regnet es immer so viel, dachte sie.

Katze erschien in ihrem Blickfeld und setzte sich neben sie auf das Fensterbrett. Snowcat kraulte Katze hinter den Ohren. 

„Und Elfenmädchen?“, schnurrte Katze, „Stört dich der viele Regen?“

„Nein, Katze. Ganz im Gegenteil. Ich mag es, wenn ich hier drinnen im Warmen sitze und der Regen die Stadt ein bisschen sauberer wäscht.“

„Gute Einstellung, Elfenmädchen, ich bin da ganz deiner Meinung. Nur grüner Regen wäre schöner anzusehen.“, erwiderte sie, streifte an Snowcats Bein entlang und kletterte auf ihren Schoß. Nun sahen sie beide eine Zeit lang dem Regen zu.

Nach und nach füllte sich der große Versammlungsraum hinter ihr. Vor zwei Stunden hatte Sting ausnahmslos allen Ancients die Nachricht zukommen lassen, sich im Hauptquartier einzufinden. Niemand würde es wagen, nicht zu erscheinen.

Der Regen sorgte dafür, dass keiner länger als unbedingt nötig draußen blieb. Snowcat blickte auf die Uhr. In einer viertel Stunde startete die angesetzte  Sonderbesprechung. Irgendetwas war gestern Nacht vorgefallen und im Laufe des heutigen  Tages eskaliert. Snowcat hatte bereits am Vormittag erhöhtes Kommen und Gehen bemerkt. Sting, Green Lucifer und Ghostfinger hatten sich am frühen Nachmittag mehr als eine Stunde in Stings Büro zurückgezogen. Dann trudelten nach und nach die Lieutenants ein. Die hatten dann eine weitere Stunde in Klausur verbracht.

Die Tür des kleinen Aufenthaltraums, in dem Snowcat gerade auf dem Fensterbrett saß öffnete sich. Bloody Mary kam herein. Sie war in ihre übliche Gangkluft gekleidet und ihre roten Haare waren nass vom Regen. Snowcat konnte die Reflektion ihrer Silhouette in der Fensterscheibe sehen.

„Ahh, Snowcat, da bist du ja. Se’ latarin. Weißt du, was los ist?“ Bloddy Mary schlenderte zum Fenster hinüber, und Snowcat wandte sich ihr mit einem Lächeln zu.

„Se’latarin. Nö, ich hab keine Ahnung, aber irgendwas versetzt unsere Spitze schon den ganzen Tag in Aufregung.“

Bloody Mary verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln. Sie küsste Snowcat auf die Wange, dabei tropfte etwas Wasser von ihren Haaren auf Snowcats Gesicht: „Man, da hab ich den anderen gesagt, dass ich bald mehr weiß, weil eine gute Freundin von mir so…“, dabei kreuzte sie Zeige- und Mittelfinger ihrer linken Hand, „…mit Sting ist und nun sagst du mir, du weißt nichts? Jedenfalls nichts Konkretes.“ 

„Sorry, aber so ist’s nun mal. Die wuseln hier den ganzen Tag schon rum. Bin gegen Mittag davon wach geworden. Mir haben sie nichts gesagt. Mit Vermutungen will ich dich nicht langweilen.“ Mit einem süßen Lächeln fügte sie hinzu: „Und ich bin nicht so…“, sie ahmte Bloody Marys Geste nach, „…mit Sting!“ Darauf hin wischte sie sich mit der Rückseite derselben Finger die Wassertropfen aus dem Gesicht. „Aber in zehn Minuten wissen wir alle mehr.“, sagte sie, streckte sich und ging dann Hüften schwingend an Bloody Mary vorbei zur Tür. Dort blickte Snowcat über ihre Schulter und fragte: „Kommst du?“

Beide betraten den überfüllten Versammlungsraum. Eine Woge aus schwarz-grün gekleideten Elfen brandete hier umher.

„Wenn ich einen Tipp abgeben sollte, dann würde ich sagen, dass dies ein Kriegsrat ist und, dass es was mit den Spikes zu tun hat, Elfenmädchen.“

„Na, Katze. Mal sehen, ob du recht hast.“


Snowcat schlängelte sich durch die Elfenmenge bis in die gegenüber liegende Ecke des Raumes. Dort erklomm sie eine Leiter, bis sie den Catwalk an der Decke der ehemaligen Lagerhalle erreicht hatte. Über die Eisenverstrebungen hinweg bewegte sie sich an eine Stelle, von der aus sie einen guten Überblick über die anwesenden Ancients hatte. Sie setzte sich und ließ die Beine baumeln. In wenigen Augenblicken würde Sting auf dem in halber Höhe angebrachten Balkon erscheinen, um den Ancients zu berichten, was geschehen war. Dieser „Balkon“ war irgendwann nachträglich angebracht worden. Man hatte ihn um den Treppenaufgang in die Räume in der 2. Etage drum rum gebaut. Er diente als Rednerpult. Allerdings hatte er mit seinen sechs Metern Länge und vier Metern Breite dafür gigantische Ausmaße. Sechzehn Lieutenants standen bereits vor der Tür Spalier. 

Snowcat blickte hinab und bemerkte, dass ihr Blick erwidert wurde. Craven sah vom Balkon zu ihr hinauf. Sie unterdrückte den Impuls, ihm zuzuwinken und nickte stattdessen nur. Es fiel ihr sogar schwer, den Blick abzuwenden. Irgendwie hatte sie das Gefühl, er würde sie gerade fragen, ob sie nicht nachher was mit ihm trinken wolle. Sie ignorierte das und schaute dann auf Blackheart. Schließlich war der ihr Lieutenant. 

Trommeln kündigten Sting an.

„Guter Platz, Elfenmädchen, von hier aus können wir alles sehen, ohne dass wir in der Masse stehen müssen.“

„Ich wusste, dass es dir hier gefallen würde, Katze!“

Zunächst erschienen Ghostfinger und Green Lucifer auf dem Balkon. Der Rhythmus der Trommeln änderte sich. Beide trugen eine schwere, dornenbesetzte  Motorradkluft. Green Lucifer hatte den langen Teil seiner Haare zu einem komplizierten Zopf geflochten. Das zu Stacheln aufgestellte Deckhaar blitzte chromfarben und grün. An seiner linken Hand trug er einen Schlagring. Seine Miene war ernst.

Die martialische Aufmachung teilten nun alle auf dem Balkon. Alle trugen ihre klassische Ancientskleidung. Sämtliche Dornen wirkten scharf und blitzblank geputzt.

„Ja, Katze, ich glaube, du hast Recht. Sieht ganz nach Krieg aus.“

„Selbstverständlich hab ich Recht, Elfenmädchen!“

Die Trommeln verstummten, ebenso wie jegliches Gespräch. Green Lucifer sagte einfach nur: „Ancients! -  Sting!“ 

Sie betrat den Balkon. Auch Sting trug ihr „Kampfoutfit“ Das grüne Leuchten ihrer Haare schien sich von ihr aus auf den gesamten Raum zu übertragen.

„Ja“, dachte Snowcat, „Ghostfinger hat das mit den AR-Effekten echt gut drauf.“

Augenblicklich begann Sting zu sprechen, mit einer einfachen Geste unterband sie aufkommenden Applaus: „Ancients, zwei Winégs, die sich Spikes schimpfen, haben es gestern Nacht gewagt Tropfen unseres ehrenwerten Blutes vor dem Underworld zu vergießen. Das ist der dritte Vorfall innerhalb weniger Tage. Einmal zuviel hat Lord Togo damit seine Dummheit bewiesen. Wieder einmal ist es an der Zeit die Spikes in ihre Schranken zu weisen. Das unglaublich kurze Gedächtnis ihrer winzigen Hirne, verschafft uns die Möglichkeit sie erneut zu bestrafen. Denn eine angemessene Entschuldigung ist nicht bei uns eingegangen. Mit ihrem stinkenden Blut werden wir sie nun in die Gosse zurückspülen, in die sie gehören. Ancients, macht euch bereit! ZUM KRIEG!“

Das Schlagen von Trommeln wurde nun von den Rufen und Johlen der Ancients begleitet. Nach einigen Minuten, ergriff Green Lucifer das Wort: „Bitte geht nun zu euren Lieutenants. Sie werden euch noch Genaueres mitteilen.“

Der allgemeine Jubel ging langsam in Gebrabbel über. Die Lieutenants verließen nacheinander den Balkon und gingen die Treppe hinunter. Sting war bereits mit Ghostfinger wieder hinter der Tür verschwunden. Nur Green Lucifer blieb noch allein auf dem Balkon zurück.

Snowcat spürte auf ihrem Platz über der Menge erneut einen Blick auf sich ruhen. Craven stand am Fuße der Treppe und beobachtete sie, während sich sein Team um ihn scharrte. Nach und nach teilten sich die Ancients in Gruppen auf. Einige davon verließen den Versammlungssaal. Die üblichen Besprechungs-Spotlights leuchteten im Raum nebenan auf. Schließlich setzte sich auch Craven in Bewegung. Nicht jedoch ohne Snowcat noch einen letzten Blick zuzuwerfen. „Dann vielleicht ein anderes Mal!“, schien er ihr zu sagen.

Draußen hatte der Regen nicht nachgelassen. 

Einen Augenblick verblieb Snowcat noch auf ihrem Platz. Dann machte auch sie sich auf. Lieutenant Blackheart würde schon auf sie warten, denn sie war mit Sicherheit die letzte, die kam, um sich „Genaueres“ anzuhören. 


Der eigentlich große Raum wirkte mit den vielen Elfen ziemlich voll. Alle Sitzgruppen waren gefüllt, teilweise standen einzelne Ancients davor herum, da sie keinen Sitzplatz mehr gefunden hatten. Der Effekt, der Besprechungslichter ging beinahe verloren. Ein paar Ancients liefen noch mit Getränken beladen umher. 

Snowcat sah sich nach ihrer Gruppe um, konnte aber keinen daraus entdecken. Auch Lieutenant Craven schien mit seinen Leuten nicht im Raum zu sein. Snowcat wunderte sich darüber, dass sie darauf überhaupt geachtet hatte. In diesem Augenblick meldete sich ihr Comlink: „Wir sind im „Lagerraum“ im zweiten Stock, B.“

Bedächtig durchquerte Snowcat den „Besprechungsraum“ und ließ dass Gewusel hinter sich. Über einen kurzen Flur erreichte sie die schmale Treppe nach oben. Neben dem Lastenaufzug, der in Stings Bereich führte, war dass die einzige Möglichkeit, von hier aus nach oben zu gelangen. 

Dort angekommen drückte Snowcat schnell noch die Bestätigungstaste ihres Comlinks, bevor sie den Flur entlang blickte. Gedämpftes, grünes Licht empfing sie. Der grüne Schein wurde an einer Stelle durch einen weißblauen Schein überblendet. Dort stand also eine Tür offen, hinter der ein Besprechungspot leuchtete. Snowcat bewunderte wieder einmal die komplette Vernetzung des Gebäudes. Ghostfinger hatte dass echt alles im Griff. 

Manchmal hatte sie sich  bereits gefragt, welchem Zweck dieses Gebäude oder besser dieses Gelände, wohl früher einmal gedient hatte. Für eine Lagerhalle gab es ihr hier einfach zu viele kleine Räume, und für eine Fabrik zu wenig Zeugnisse schwerer Maschinen. Mit einen Schulterzucken betrat sie den Raum hinter der offenen Tür.

Blackheart und alle anderen aus ihrem Team waren schon da. Man hatte es sich auf und zwischen den hier gelagerten Getränkekisten bequem gemacht. Bloody Mary grinste Snowcat an. Die Stimmung schien leicht angespannt, doch fröhlich.

Snowcat setzte sich wortlos ebenfalls auf eine Kiste. Blackheart sagte: „Nun, nachdem wir vollzählig sind, können wir ja loslegen. Nightmare, schließt du bitte die Tür!“

Nachdem Nightmare der Aufforderung gefolgt war, fuhr Blackheart fort: „ Also, ihr Schönen, ihr habt’s gehört. Wir befinden uns im Krieg mit den Spikes. Zum Glück vermehren die sich immer so schnell, dass auch bei einer offenen Schlacht genug Opfer für jeden von uns übrig bleiben.“ Freudiges Gelächter erfüllte den Raum. 

„Nach dem gestrigen Vorfall vor dem neutralen Underworld ist es also mal wieder Zeit Lord Togos Spatzenhirn daran zu erinnern, wer hier in der Stadt das Sagen hat. Zwei von uns wurden von einigen Spike-nahen-Trogs angepöbelt, was eigentlich nicht weiter schlimm ist, da man ihr Genuschel eh nicht verstehen kann. Irgendwann wurde es den Unsrigen zu bunt und sie baten die Winégs höflich darum, die Klappen zu halten. Die holten, statt ihre Chance zu nutzen, zwei Spikes hinzu. Die nun wiederum prahlten rum und zogen schließlich Messer. Die Unsrigen konnten dass nicht auf sich sitzen lassen und zogen ebenfalls blank und erinnerten an unseren Waffenstillstand und das neutrale Gebiet. Man einigte sich, trotz der Verständnisprobleme und des widerlichen  Gesabbers der Trolle darauf, ohne Blutvergießen abzuziehen. Als Unsere bereits auf den Motorrädern saßen und abfuhren, warfen die Trogs eine Sakedose. Die traf einen von uns am Kopf. Er blutete…“ 

Diesmal wurde die Rede von Blackheart von vereinzeltem Raunen unterbrochen    „… Nach Absprache mit den Lieutenants hat Sting Lord Togo ein Ultimatum für eine Entschuldigung gestellt. Lord Togo hat das nicht eingehalten. Es ist unwichtig, ob der dumme alte Trog es einfach nur nicht verstanden hat oder, ob es andere Gründe gab. Sting hat den Kriegszustand ausgerufen. Heute Nacht werden immer zwei Teams gemeinsam die I5 durch Tacoma in Richtung Fort Lewis runterfahren, um zu sehen, ob wir nicht ein paar von den Winégs aus ihren Löchern locken können. Da es, wie bereits gesagt, genug von dem verdammten Pack gibt, müssen wir uns dabei um unsere Patrouillen- Stunde nicht prügeln, obwohl es mir gelungen ist, uns die Stunde nach Mitternacht zu sichern, denn da ist die Wahrscheinlichkeit ziemlich groß, dass wir auf den stinkenden Abschaum der Metamenschheit treffen.“ Applaus brandete auf. 

Blackheart grinste, hob dann aber beschwichtigend die Hand und redete dann weiter: „Zwei Teams werden also heute ständig über die Combatzone der I5 fahren und auf ihr Glück hoffen. Nach einer Stunde werden sie abgelöst. Ab sofort läuft der Killcount. Wie immer wird er über dem Hauptquartier schweben. Jeder tote Trog bringt 10, Verletzte 5 Punkte. Nachgewiesene Anführer bringen das Doppelte. Der Killcount wird einmal per Team und einmal für jeden einzelnen gezählt. Wir fahren heute nur über die I5. Das ist die EINZIGE Kriegszone. Wir dringen nicht in andere Strassen in ihrem Gebiet ein und wir überfallen auch nicht ihre Läden oder ähnliches.“

Nightmare meldete sich: „Und was, wenn die feigen Arschfressen sich nicht zeigen?“

Blackheart antwortete: „Auch dann dringen wir nicht tiefer in die Strassen ein, von denen sie glauben, sie gehören ihnen. Wir verfolgen sie auch nicht, wenn sie fliehen. Doch ich denke, wenn erstmal ein paar von den Idioten auftauchen, wird es uns nicht schwer fallen, sie zum bleiben zu bewegen und sie zu einem Tänzchen auf Ancient-Art aufzufordern.“

Wieder lachten einige. Blackheart erklärte weiter: „Jetzt aber neben der Vorfreude noch was Wichtiges. Wir haben Krieg und das heißt, es gelten die dazu gehörigen Sonderregeln.“

Snowcat horchte auf, was um Himmels Willen sollte es in einer Gang für Sonderregeln geben, fragte sie sich. Sie richtete sich auf, legte den Kopf schief und hörte besonders aufmerksam zu. 

Blackheart lächelte sie an, er schien sich vergewissert zu haben, ob er auch ihre volle Aufmerksamkeit genoss: „Ich erinnere daran, vor allem für die, die noch keinen Kriegszustand erlebt haben. Erstens, betritt jeder Ancient ab sofort nur ausreichend bewaffnet die Strasse. Unter ausreichend verstehen wir, dass jeder mindestens eine vollständig geladene Schusswaffe mit sich führt, mit der er umzugehen weiß. Jeder hat ab sofort immer mindestens eine Waffe griffbereit. Egal wo er sich befindet, selbst auf dem Klo. Wer keine eigene Schusswaffe besitzt und nicht mehr ausreichend Munition hat, lässt sich welche aushändigen. Zweitens,  jeder Ancient ist über Comlink ständig erreichbar. Jedes anfunken wird bestätigt. Jeder von uns, ist in der Lage sich kampfbereit innerhalb einer Stunde in der Kampfzone oder im Hauptquartier einzufinden. Sollte man sich aus diesem Bereich entfernen, dann meldet man sich ab. Einer solchen Abmeldung kann widersprochen werden. Drittens und das ist bei einem Krieg mit den Spikes besonders wichtig, kein Ancient geht allein auf die Strasse. Egal wohin der oder die Einzelne von uns hin geht, fährt oder auch fliegt, er oder sie lässt sich von mindestens einem weiteren Ancient begleiten. Wenn keiner Zeit hat, einen zu begleiten, dann wartet man ab. Dabei muss sich in jeder Gruppe mindestens ein männlicher Ancient befinden. Habt ihr dass alle verstanden?“

Snowcat schaltete sich ein: „Hab ich das richtig verstanden? Wenn ich mir beim Stuffer Shack um die Ecke `nen Kaffee ziehen will, dann muss ich erst einen von den Jungs fragen, ob er mich begleitet? Ich kann nicht einfach nur Bloody Mary bitten? Und wenn ich sowieso mit ihr dahin wollte, dann müssen wir trotzdem einen der Jungs fragen?“

Blackheart nickte zustimmend: „Genauso ist es mein Herzchen, nur, dass ihr zusätzlich alle darauf achten müsst, ausreichend bewaffnet zu sein!“

Snowcat zog die Augenbrauen zusammen und dachte über diese Regel nach. Während dessen fügte Blackheart noch hinzu: „Ach und Snowcat, es gibt dabei solange keine Ausnahmen, bis der Kriegsstatus aufgehoben ist. Auch nicht, wenn du in der Nacht mal wieder verschwinden willst. Ich hoffe, ich hab mich klar ausgedrückt!“ Er machte eine Pause und sah ihr dabei eindringlich in die Augen.

„Ja, keine Ausnahmen, ich hab’s kapiert, aber …“

Blackheart fuhr ihr dazwischen: „Gut! … Dann sagt mir mal, wer von euch noch Waffen oder Muni braucht und was ihr nachher mit in die hoffentlich statt findende Schlacht nehmen möchtet?“

Einzeln gingen die Ancients nun zu Blackheart hinüber und besprachen ihre diesbezüglichen Wünsche. Snowcat wollte noch etwas bei ihm nachfragen, aber Bloody Mary kam zu ihr herüber: „Was willste denn noch wissen, Zuckerstückchen? Ich kann dir sicher auch helfen.“

„Naja, ich versteh das mit dem nicht alleine gehen ja irgendwie schon, aber ich kapier es nicht ganz. Warum müssen wir immer nen Jungen mitnehmen? Hey, der Boss unserer Gang ist ne Frau. Ich dachte wir sind gleichberechtigt.“ Snowcat zog den Mund leicht schmollend zusammen.

„Ja, Süße“; antwortete Bloody Mary ihr, „sind wir ja auch. Nur, hierbei geht es um die Sachen, die die Trogs mit den Mädels machen, wenn sie sie lebend erwischen. Verstehste? Das darf einfach nicht passieren! Kein Winég darf sich damit brüsten, eine von uns gefickt zu haben. Wenn das einer mal verbreitet, dann müssen wir absolut sicher sein, dass das ne Lüge ist. So, und wenns nun mal bei nem Feindkontakt knapp wird und ein paar von uns wegen irgendeines dummen Zufalls in Bedrängnis geraten, dann ist es bei uns Ancients Brauch, dass ein Junge den Hasen spielt und sich notfalls sogar schnappen lässt, damit die Mädels entkommen.“

Snowcat wurde etwas blass, Bloody Mary sprach weiter: „Sollte selbst das nicht reichen, ist dafür zu sorgen, dass das Mädel tot ist, bevor es verschleppt wird. Klar?“

Snowcat nickte stumm. Bloody Mary lächelte ihr aufmunternd zu: „Hey, ist nur ne Vorsichtsmaßnahme. Gegen die Spikes ist dass halt besonders wichtig! Die würden nur all zu gerne mal was Hübsches flachlegen.“ 

Bloody Marys ernstes Gesicht öffnete sich nun zu einem Grinsen: „Aber heute Nacht, da sind wir eh erstmal zusammen unterwegs und da besorgen wir es ihnen so richtig! Auf die einzige Art, die die Hackfressen verdient haben! - Und, brauchst’e noch was an Waffen, zuckersüße Snowcat?“

Blackheart sammelte die Bestellungen. Snowcat besaß immer noch Ticket, die Colt Manhunter, die sie vor nun schon fast zwei Jahren gefunden hatte. Sie bestellte drei Clips  Munition. Ferner bat sie um eine Maschinenpistole und um eine Schrotflinte oder ein Sturmgewehr mit je drei Clips. Blackheart wusste, dass sie mit allen Waffen umzugehen vermochte. „Brauchst du noch ein Messer oder etwas anderes für den Nahkampf?“ fragte er.

Snowcat lächelte so geheimnisvoll wie möglich: „Nein, danke. Ich hab seit Kurzem die Erlaubnis mein Schwänzchen jederzeit zu benutzen.“ Die Freude darüber konnte man ihr deutlich ansehen. 

Blackheart grinste leicht. Snowcat wusste nicht, ob es daran lag, dass er genau verstand, was sie damit meinte oder ob er grinste, weil er es eben nicht verstand. Doch er sagte weiter nichts dazu.

Blackheart machte sich auf, das Zeug zu holen, er nahm Heavy mit, einen relativ kräftig gebauten Elfen, mit kastanienbraunem Haar und großen, braunen Augen in einem kantigen Gesicht, damit der ihm beim Tragen helfen konnte. Die anderen acht des heute vollständig anwesenden Teams gingen in das Gemeinschaftszimmer zurück. Nachdem der letzte von ihnen den Lagerraum verlassen hatte, verlosch automatisch das Licht.

Snowcat suchte sich mit Bloody Mary einen freien Platz. Der gesamte Raum war bereits vollkommen in gelbes Licht mit grünen Highlights getaucht. Sie schnappten sich ein paar kalte Biere und fläzten sich gemeinsam auf einen großen Sessel. Bloody Mary kraulte Snowcat den Nacken.

Nach einigen Schluck Bier bemerkte Bloody Mary: „Hey, guck mal Zuckerstück, der goldgelockte Zommers, schaut neidisch zu uns rüber.“

Snowcat kniff die Lippen etwas zusammen: „Golden ja, aber wo sind denn Locken? Oder hat der die etwa an Stellen, die man jetzt gerade nicht sehen kann? Wahrscheinlich kennst du ihn ziemlich prima, denn ich kann auch nicht sehen, dass er neidisch schaut. Ist der nicht in Lady Bonnies Team?“

Bloody Mary hörte nicht mit dem Kraulen auf, als sie antwortete: „Jep, Zommers ist einer von Bonnies Jungs. Aber Zuckerstück, dass der neidisch ist, das sieht doch nun wirklich jeder. Und damit ist er nicht der einzige. Du hast hier doch vielen den Kopf verdreht und die gucken alle neidisch. Ich hab übrigens keine Ahnung, ob er Locken hat, die man nicht sehen kann, aber ich hoffe doch nicht. Wenn dann hätten wir davon bestimmt schon gehört. Aber ganz niedlich sieht er schon irgendwie aus. Oder was meinst du?“ 

Snowcat betrachtete Zommers genauer. Ja, er war drahtig, muskulös, und sein Haar sah zum rein greifen aus. Nach ihrem Geschmack hätte er zwar ruhig noch ein paar Zentimeter großer sein können, aber er war passabel. Seine dunklen Augen wirkten warm. Bloody Mary hatte Recht, er war ganz süß und er sah ständig rüber. Er saß mit drei anderen Jungs, von denen zwei Teamkumpane waren, zusammen auf einer Couch und sie schienen eigentlich irgendwas anzusehen. Snowcat nahm an, dass zwei von ihnen ein AR-Spiel spielten. 

Ja, er war schnuckelig und die anderen waren auch ansehnlich. Und Zommers war kein Lieutenant. Nach der Denkpause sagte Snowcat: „Du Hast Recht, der ist süß!“ Sie stand auf. 

Bloody Mary zögerte kurz, bevor sie sie los ließ. „Oh man, hätt ich bloß nichts gesagt, da schwindet sie hin und mit ihr die Gemütlichkeit.“

Snowcat lächelte Bloody Mary über die Schulter hinweg an. Bloody Mary zwinkerte ihr aufmunternd zu.

Jetzt schlenderte Snowcat kokett auf direktem Weg zu den Vieren rüber. Als sie in deren Netzwerknähe kam, postete ihr das System umgehend die Frage zu, ob sie dem Spiel „Slayerheaven“ beiwohnen wolle. Snowcat antwortete mit ja und wählte dann passiv aus. Nun stellte sie sich genau im Sichtfeld der vier in Pose. Es kam Bewegung in die Jungs, irgendwie brachten sie sich alle in eine aufrechtere Stellung. Nur Zommers nicht, denn der hatte Snowcat schon zuvor bemerkt und war bereits in „Position“.

„Ich sehe“; sagte Snowcat, „Hier ist genau noch ein Platz für mich frei.“ Dann drehte sie sich und ließ sich sanft auf den Schoß von Zommers fallen. Hier rückte sie sich zurecht und sagte dann, zu dem nun neben ihr sitzenden, sein Name war Wracker und Snowcat wusste, dass er prima im Reparieren von Motorrädern war: „Man hat dir übrigens gerade die Kehle aufgerissen!“

 „Upps. Scheiße!“, wütete er, lächelte danach aber zaghaft, „Naja, ich hab noch nen Auferstehungsamulet.“ Dann begann er wild zu gestikulieren.

Unterdessen flüsterte Zommers Snowcat ins Ohr: „Du bist tatsächlich leicht, wie eine Feder. Schön dich näher kennen zu lernen, Snowcat“ Dann kraulte er ihr den Nacken. Er ging dabei weiter unter ihr Shirt, als Bloody Mary zuvor.

„Und, er hat seine Waffe schon griffbereit.“, dachte Snowcat, aber sie sprach es nicht laut aus, sondern lächelte nur in sich hinein.

Draußen ließ der Regen langsam nach.

„So ist es richtig, Elfenmädchen!“, Katze erschien und schmiegte sich schnurrend an sie: „Aber der Regen ist immer noch nicht grün!“


Eine halbe Stunde später kam Blackheart mit den Waffen zurück. Er hatte Heavy in Schlepptau, der das Meiste zu schleppen hatte. Snowcat begab sich ohne zu zögern zur Ausgabe. Das „Schade“ von Zommers nahm sie nur am Rande war. Das Kraulen hatte sie genossen, aber dafür war jetzt keine Zeit mehr. Freudig nahm sie ihre Waffen entgegen. Eine H&K MP5, ein Ares Alpha mit Granatwerfer. Je vier Clips zusätzliche Munition, wovon je zwei Clips mit rotem Klebeband und einem roten AR-Tag markiert waren, was bedeutete, dass es sich hierbei um Doppelt-Explosiv-Munition handelte. Der Granatwerfer war mit sechs Granaten gefüllt. Die Standart-Befüllung bestand aus einer IR-Rauch Granate, einer Schockgranate, einer weiteren IR-Rauch Granate, zwei HE Granaten und zwei White Phosphor Granaten. Dann bekam sie acht weitere Clips mit Munition für Tiket, drei waren ebenfalls rot markiert. Ferner bekam sie ein komplettes Medkit.

 Zuletzt überreichte ihr Blackheart ein grünes Synthleder-Armband, durch das ein schwarzes, dünneres Band geflochten war. In drei der so entstandenen Schlaufen steckten Kapseln. „Hier hast du drei Popper, soll heißen, in den Kapseln ist Jazz. Das Zeug macht dich noch schneller, wenn’s drauf ankommt. Wirkt dann bis zu ner Stunde. Danach biste allerdings wieder langsam und fühlst dich für ne Weile hundeelend oder todtraurig. Schluck das Zeug nicht zum Spaß und immer nur eine zurzeit. Kapiert?! Das Medkit gibst du nach der Tour wieder ab. Ebenso das Sturmgewehr, aber gereinigt. Die MP behältst du, bis der Kriegszustand aufgehoben wird. Das Zeug gibt’s du entweder bei mir, Ghostfinger oder bei Neon ab.“ Blackheart machte eine kurze Pause und fuhr dann fort: „Du weißt, wer Neon ist?“ 

Snowcat verdrehte leicht die Augen. Natürlich kannte sie Neon. Der blasshäutige, etwas schlackzige Elf mit den roten Augen und den grünen, langen Haaren, hatte sich bereits das ein oder andere Mal um Snowcats kleinere Verletzungen gekümmert. Sie mochte ihn und er war ein prima „Krauler“. 

Neon war so was wie ein Sanitäter der Ancients und er war im Team von Craven, Außerdem hatte Snowcat gerade mit Neon auf der Couch gesessen. Wenn sie so neben einander saßen, konnte man die zwei auf den ersten Blick fast für Geschwister halten, denn sie hatten beide diese fast schneeweiße Hautfarbe. Allerdings wusste Snowcat, dass Neon im Gegensatz zu ihr ein echter Albino war. Er färbte neben seinen Haaren auch die Augenbrauen grün, das Tragen von gefärbten Kontaktlinsen lehnte er jedoch ab.

Blackheart hatte sie eben zusammen gesehen, warum also die Frage.

Sie zuckte mit den Schultern. Ihr Lieutenant wartete immer noch auf die Antwort. Snowcat lächelte möglichst süß und unschuldig und nickte dann.

„Okey“, meinte Blackheart dazu, „Wir treffen uns um 2315 beim vorderen Parkplatz. Du wirst nachher mein Gunner sein.“ Snowcat zog missmutig die Luft ein, es klang wie ein kurzes Fauchen. Blackheart fasste ihr zärtlich an die Wange: „Nicht stinkig sein, ich möchte dich doch nur in ne gute Position bringen, damit du Winég-  Geschnetzeltes fabrizieren kannst. Ach ja, und wir fahren heut Nacht zusammen mit Cravens Team.“

Snowcat strahlte breit. Das lag aber ausschließlich an dem Gedanken an das Spike- Geschnetzelte.  

„Na klar doch, Elfenmädchen!“, meinte Katze schnippisch.

„Genauso, Katze und nicht anders. Komm mit, ich muss noch mein Zeugs vorbereiten, und vor allem Whisper bescheid geben, dass ich in den nächsten Tagen wohl auf unsere gemeinsamen Stunden verzichten muss. Aber danach ist noch Zeit übrig dann kuscheln wir uns in die Kissen und ruhen uns noch etwas aus.“

„Na gut, Elfenmädchen. Gegen kuscheliges Ausruhen hab ich nie was einzuwenden. Außerdem ist es bei dir nicht so voll. Hier ist es ja fast wie in einer Mäusehöhle.“

„Hey, Katze, pass auf! Die Ancients mit Mäusen zu vergleichen, ist nicht passend!“

„Ich vergleiche ja auch nicht sie, sondern nur das Gewusel, Elfenmädchen.“

*reckundstrekgenüsslich* Hoffe Ihr habt Spass; *knutschi*