Teil 4 (Run 5)

4

12:48:52

Unbehelligt waren sie der nicht allzu stark befahrenen Interstate gefolgt. 

Candy hatte sich erinnert, dass sie sich nahe der Schmuggler-Route „The Long Weekend“ befanden und dass es kurz hinter der kommenden Grenze einen illegalen Lufthafen gab, der von einer Lady Jane betrieben wurde, die Schokolade über alles liebte. Dieser Hafen war ihr nächstes Ziel und von da aus wollten sie sich dann um eine fliegenden Weiterbeförderung kümmern. Sie hatten sich sogar schon für einen abgelegene Strasse und den dortigen Grenzposten entschieden, den sie für die Überquerung der Grenze nutzen wollten.

Leider mussten sie noch einmal dringend tanken.

Candy lenkte den Bus zu einem riesigen Truck-Stopp. Niemand von ihnen sah aus, wie ein Ameri-Indianer und so würden sie schlimmer auffallen, als ein bunter Hund in einem Gänsestall.

Zum Glück konnte Candy dank ihrer Cyber und Bioware ihr Aussehen wieder etwas verändern. Sie färbte ihre Haare erneut schwarz, flocht sich wieder daraus Zöpfe und färbte dann ihre Haut abermals rotbraun. Fiddler veränderte Candys Kleidung mit Hilfe eines Zaubers zu einer Mischung aus Jeans und Fransen und so gewappnet trat Candy an die Zapfsäule.

Gemeinsam mit Lestat, der ja von Natur aus wenigstens einen dunklen Teint aufwies, ging Candy dann in den Shop um den Sprit zu bezahlen und um Verpflegung für das Team und Schokolade für Lady Jane zu besorgen. Auch Fiddler begleitete sie, er hatte sich einen Kapuzenpullover „geschneidert“, ihn übergezogen und hielt den Kopf gesenkt.

Die anderen blieben still im Bus sitzen. Starbuck hatte die Scheiben auf dunkel gestellt und dem Bus eine falsche Identität besorgt, die ihn als von einem Linienbusbetreiber ausgesondertes Model auswies.

Natürlich warf man der ungewöhnlichen Gruppe aus einer gutgebauten Trollin, einem Troll und einem Elfen, den einen oder anderen Blick zu, aber da hier um die Mittagszeit wirklich viel los war, kamen sie problemlos und vollbepackt zurück zum Bus.

Starbuck meldete: „Hinter uns hat gerade ein Highway-Patrol-Car gehalten, die zwei Bullen daraus sind um den Bus herum gegangen und warten jetzt hier in der Nähe!“

„Copy!“, bestätigte Candy. 

Schnell stieg Lestat in den Bus und Fiddler folgte ihm. Candy stellte gerade die letzte der beiden großen mit braunen Papiertüten gefüllten Kisten auf einem vorderen Sitz ab, als sie von einer dunklen Stimme angesprochen wurde: „Mame, würden sie bitte langsam wieder aussteigen und mir ihre Papiere zeigen! Und würden dann bitte auch ihre Freunde aussteigen!“

Mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen trat Candy langsam und vorsichtig aus dem Wagen und versperrte dabei mühelos den Blick ins Innere. Lestat kam dicht hinter sie und Fiddler folgte ihm nach. Zwischen den Zähnen presste Candy hervor: „Wat nu?“ 

Fiddler antwortete: „Ich werde ihm suggerieren, dass mit deinen Papieren alles in Ordnung ist, mach nur langsam!“

Starbuck sagte im Anschluss: „Ich unterstütz das elektronisch, dann merken die auch hinterher nichts.“

Laut sagte Candy dann: „Eh ja, die Papiere. Klar doch, Officer.“, dann griff sie nach ihrem Kedstick.

„Ganz langsam!“, drohte der Ameri-Indianische Sheriff scharf. Seine Augen funkelten böse und er griff nach seiner Waffe. Dann sagte er zu seinem Kollegen: „Joe, sie du dir die Papiere an, und lass die den Flattermann machen. Ich werfe mal kurz einen Blick rein.“ Mit gezückter Waffe wartete er, bis er alle drei ausgestiegen waren und sich mit erhobenen Händen und breitbeinig an den Bus gelehnt hatten.  

Candy schnaufte und hielt ihren Kredstick mit der linken Hand hoch.

Lestat flüsterte: „Verhaltet euch alle still, dann wird er dadrinnen nichts finden. Verliert nur nicht die Nerven.“

Joe, ebenfalls ein Ameri-Indianischer Mensch griff nach dem Kedstick und durchsuchte die beiden Trolle und Lestat halbherzig.

Der andere Cop bestieg den Wagen und ging langsam hindurch. Dabei blickte er unter jede Bank. Obwohl er sich Zeit ließ und Snowcats Haare streifte, schien er niemanden von ihnen so sehen oder zu spüren. 

Nachdem der Cop langsam wieder nach vorne ging, atmete Snowcat zitternd und so leise wie möglich aus.

Joe sagte dann: „Hey Bob, die Papiere sind in Ordnung und sie haben auch nichts dabei.“

Bob war schon fast heraus, als er stockte und dann nach einer der Papiertüten griff. Als er herauskam zeigte er vorwurfsvoll auf die Tüte und sagte dann angewidert und irgendwie erfreut zugleich: „Mame, in dieser Tüte befinden sich Bierdosen.“

Candy lächelte: „Äh, ja und.“

„Das Mitführen von alkoholischen Getränken im während der Fahrt zugänglichen Bereich des Fahrzeuginneren ist verboten.“

Candy entglitten die Gesichtszüge: „Oh, äh und nun!“

Bevor Bob antworten konnte grätschte Joe ein: „Nun werden sie einfach die Dosen in den Kofferraum tun und leider ein Ordnungsgeld entrichten müssen.“ Eindringlich fügte er hinzu: „Nichtwahr Bob?“

Bob nickte und Candy zahlte ein Ordnungsgeld von 45 New Yen. Wofür sie tatsächlich einen kleinen Fetzen geblichen Altpapiers als Quittung entgegen nehmen durfte.

Als sie dann endlich zufrieden weiterfahren konnten, konnte Snowcat es nicht fassen. Es gab doch wirklich jede auch nur erdenkliche Art von Rassisten. Immer und Überall.


21:04:26

Sie hatten neben der kleinen Strasse angehalten, um zu warten, bis es dunkel geworden war. 

Fiddler zog sich sich nörgelnd die Jacke aus: „Jetzt flieg ich also als Rabe im Dunkeln los und suche nach dem Grenzhäuschen und dem illegalen Flughafen, ganz allein. Obwohl ich im Dunkeln als Rabe nicht fantastisch sehen kann?“

„Genau!“, antwortete Craven ihm nur. „Und wir ruhen uns derweil alle ne Runde aus.“

Candy stubste Craven leicht: „Lass doch mal!“ Dann lächelte sie Fiddler an: „Jedenfalls wäre das ganz lieb von dir.“ Ihre Stimme wurde sehr sanft, was Craven zu einem „Pfft!“ veranlasste. „Nur du kannst so was, weißt du? Und nur so wissen wir, was uns erwartet. Also, bist du so lieb? Ich pass auch auf deine Sachen auf.“

Fiddler lächelte sie an: „Na klar mach ich das. Ich geh dafür nur hinter den Wagen und da lass ich die Sachen auch liegen!“

„Oh, wirklich großzügig von dir, uns den ekelhaften Anblick deines nackten Hinterns diesmal zu ersparen.“ , rief Craven ihm zu.

Doch Fiddler ignorierte Craven dieses Mal und trat einfach zufrieden hinter den Bus, um sich auszuziehen.




5/10/70, Samstag - 23:22:38

Vollkommen übermüdet ließ sich Snowcat in die Ecke einer kleinen Couch in dem Appartement fallen, welches ihnen nun als Safehouse mitten in den Docks von Boston diente.

Ihre Teamkollegen hatten sich alle wo sie gerade gingen oder standen niedergelassen und die meisten von ihnen schlossen umgehend die Augen. Candy stellte eine kleine Drohne zur Wache vor die Tür und murmelte noch: „Nacht!“ bevor sie schnarchend einschlief.

Snowcat war so müde, dass sie das nicht im geringsten störte. Selbst die Dusche musste noch etwas warten. 

Überraschend schnell waren sie nun doch noch alle gemeinsam in der grünen Stadt an der Ostküste der UCAS angekommen. Fiddler war nach zwanzig langen Minuten zurückgekehrt und hatte nicht nur den Flughafen gefunden, sondern auch den Grenzposten in Form eines Yellowjackets. Den Piloten hatte er nebenbei gleich ausgeschaltet und so trafen sie etwas später mit einem Ein-Mann-Helikopter für Lady Jane als Geschenk am illegalen Airport ein.

Zufälligerweise landete bereits 3  Stunden später ein schwarzer Banshee auf diesem Flughafen zwischen, und die Crew erklärte sich gegen ein geringes Endgeld von nur 15.000 New Yen bereit, die Runner bis in die Umgebung von Boston mitzunehmen.

Während des Wartens hatte OC ihre Beziehungen spielen lassen und beim telefonieren etwas auf die Turbotaste gedrückt und so für einen Transport nach Boston und für dieses Safehouse gesorgt.

Bald würde es also weitergehen, doch jetzt verlangte diese lange aufregende und anspruchsvolle Zeit, die hinter ihnen lag erstmal eine tiefe Mütze voll Schlaf.

*reckundstrekgenüsslich* Hoffe Ihr habt Spass; *knutschi*