Episode 01/16: Cut the Cutter; (Run 62)

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WELCOME BACK, CHUMMER

ON THE RUN1:  BCG, Bloody Guts, Glam Sam, Mr.Jack, Moxi, Shark Finn, Snowcat und TriXhot.

TIMESTAMP2: 03/09/75, 08:25:17 - 03/10/75, 07:19:22

SPOILERALERT: Cut the Cutter enthält Hinweise auf den ‚Copycat‘ Killer / die Mission Carbon Copy aus Sprawl Wilds3.

RUN NO: 62

TODAYS HEADS UP: Von 2069 an hielt der Mayan Cutter, ein Serienkiller, Seattle in Atem. Er wurde von Knight Errant zur Strecke gebracht. 2073 kehrte er in Form eines Nachahmungstäter zurück. 2075 geschieht plötzlich wieder ein Ritualmord nach exakt dem selben Muster. Der Kerl scheint nicht tot zu kriegen. - Host

POSTET BY SNOWCAT:

Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern wie der Mayan Cutter Seattle Anfang der 70iger in Angst und Schrecken versetzte. Tatsächlich wurde auch bei den Ancients eine Warnung ausgesprochen, da SIN-lose Metamenschen zunächst die Hauptbeute des Killers gewesen waren. Eigentlich nichts, worum sich die Cops von Lone Star geschert hätten, wenn der Cutter seine Opfer nicht immer ausgeblutet öffentlich zu Schau gestellt hätte und nicht irgendwann auf rechtmäßige, schützenswerte Bürger mit SIN umgestiegen wäre. Was Lone Star nicht gelang, schafften die neuen Cops von Knight Errant mit ihrem frischen Vertrag in der Tasche. Man fand  den Mayan Cutter - und die Stadt atmete auf. 

Eigentlich sollte die Geschichte mit dem Tod eines Serienkillers zu Ende sein. 

‹Drachenkätzchen, es ist überhaupt nicht ungewöhnlich, dass der Tod nicht das Ende einer Geschichte ist. Schon gar nicht in der 6.Welt. Einige behaupten sogar, der Tod wäre nicht das Ende, sondern ein Anfang. Du solltest das wissen!›

‹Das weiß ich auch, Katze. Ich glaube selbst nicht daran, dass der Tod das Ende ist, jedenfalls nicht das Absolute. Aber wenn ein Serienkiller stirbt, sollte die Geschichte und der Schrecken, den er verbreitet, vereinfacht gesehen zu Ende sein.›

‹Na gut, Drachenkätzchen. Vereinfacht gesehen, stimme ich dir zu.›

Für mich war die Geschichte mit der Nachricht über den Tod jedenfalls zu einer Notiz am Rande geworden. Abgeheftet unter der Überschrift, ,Wie krank können Metamenschen eigentlich sein?’. 

Der Nachahmungstäter schaffte es nur kurz in die Schlagzeilen. 

Wer hätte ahnen können, dass ich mich irgendwann einmal so intensiv mit dem Mayan Cutter beschäftigen würde? 

Dabei fing alles ganz harmlos an. 

Nämlich mit einer persönlichen Nachricht an mich im JackPoint.

❄❄❄︎

[Song 1: Ms Mr -Bones5] Die Sonne schien durch das Küchenfenster auf den Tisch und erfüllte mich mit Energie. Ich saß beim Frühstück und genoß frischen, echten Orangensaft und eine Schale Jogurt mit Nüssen und Heidelbeeren, als eine PN via AR in meinem Sichtfeld aufpoppte und meine Aufmerksamkeit verlangte.

Eindringlich, fast schon aufdringlich, hüpfte das Icon auf und ab. Überrascht stellte ich fest, dass es an meinen Account im JackPoint gesendet worden war. Die Nachricht musste also über einen JackPointer an mich geschickt worden sein.

Neugierig öffnete ich sie. Ein Ork-Smiley erfüllte den Bildschirm und eine Männerstimme las im ernsten Ton vor, «Wir hatten noch nicht persönlich das Vergnügen, aber ich muss dich und dein Team dringend sprechen. Triff mich im Big Rhino um 10.00 Uhr. Bull»

Bull, The Best Orkdecker You Never Met, eine Strassen- und Deckerlegende, mit bürgerlichem Namen William MacCallister und seit einiger Zeit Admin im JackPoint, wollte mich dringend sprechen und ich sollte mein Team mitbringen, - wow.

Meine Neugier war augenblicklich erwacht.

Bis 10.00 Uhr war nur etwas mehr als 1:30 Zeit. Ich informierte Moxi und Shark Finn, dann setzte ich eine Nachricht ins Teamnetzwerk.

❄❄

Glücklicherweise lag unser Haus in Downtown, Ebenso wie das The Big Rhino, ein Urgestein an Restaurant und Touristenattraktion von Seattle - wer mag kann sich gerne mal den Werbeflyer ansehen [LINK] - da war der Weg nicht weit und es blieb ausreichend Zeit für Haare, Nägel und Make Up. 

Wenige Minuten vor 10 Uhr trafen wir nach und nach ein. 

Ein leichter Wind wuschelte durch die Federn meines hellgrauen Minirocks [BILD]. Dazu hatte ich graue Overknee-Wildleder-Boots [BILD] und einen Poncho-Pullover in Dunkelgrau an [BILD], unter dem ich eine weißes Korsett [BILD] trug, was man jetzt natürlich nicht sehen konnte, da ich den Pullover ja noch an hatte. Eine extravagante,hellgrau Lederhandtasche mit Zopfmuster [BILD] und ein Strickschal [BILD] bildeten den Abschluss der heutigen Kreation. Mein Haar war zu einem Pferdeschwanz zusammen gebunden. Schmuck trug ich keinen.

Shark Finn hatte einen schwarzen Anzug, ein weißes Hemd und geputzte Schuhe an. Selbstverständlich hatte er die Sonnenbrille nicht vergessen. 

Moxi trug ebenfalls einen Anzug. Dennoch hätte sie nicht sexyer aussehen können. Ihre weiße Bluse saß eng und gab den Blick auf einen schwarzen Spitzen BH frei. Die graue Weste war mehr eine Korsage und der feminin Schnitt wirkte durch die 12 Zentimeter High Heels gerade zu verführerisch. 

Wir standen in einer Seitenstrasse und warteten auf die anderen.

Zuerst entdeckte ich TriXhot, die die Strasse herunter geschlendert kam. 

Ja, genau, TriXhot.

Nach 1 1/4 Jahr Pause hatte sie sich bei UC gemeldet und nachgefragt, ob wir sie noch brauchen konnten. Wir hatten ohne zu zögern ja gesagt, denn die junge Frau konnte mit ihren Pistolen das gesamte Haus rocken. Sie war erfahren und sie kannte die Strukturen bei UC. Da Doc als ihr ehemaliger Mentor sowieso immer ein Auge auf sie gehabt hatte, war auch die Sicherheitsfrage kein Problem gewesen. Sie war augenblicklich wieder zum vollständigen Mitglied bei UC geworden. Ich hatte sie zwar seit ihrer Rückkehr noch nicht persönlich getroffen, aber sie hatte sich kaum verändert. 

Oder eigentlich doch, aber da das mehr ein ‚zurück zu den Wurzeln‘ war, kam sie mir umso vertrauter vor. Sie trug ein schwarzes T-Shirt mit diversen geometrischen Formen in orange, schwarze Lederleggins, kniehohe schwarze Lederstiefel und eine schwarze Bolero-Lederjacke. Ihr Haar war zu einem schwarzem, asymmetrischem, kurzem Bob geschnitten, der Ponybereich leuchtete in Orange-Rot. Das Lächeln von TriXhot kam mir sogar noch ein bisschen strahlender als früher vor und das lag sicher nicht nur an dem orangenen Lippenstift.

Obwohl ich die hübsche junge Frau zuerst entdeckt hatte, traf sie nicht als erste bei uns Dreien ein.

Diesen Part übernahmen Bloody Guts und Mr. Jack, die in einem Teamwagen gekommen waren und einen Parkplatz ganz in der Nähe erwischt hatten. Ich war mir ziemlich sicher, dass das mit Glück nichts zu tun gehabt hatte. Bloody Guts  hatte wohl seine guten Beziehungen zur sicheren Matrix genutzt, um so nah am Rhino stehen zu können. Ungleicher hätte ein Paar nicht sein können. 

Mr, Jack, Mensch, schlank, athletisch, gut aussehend im hochklassigen Nadelstreifen-Anzug und Bloody Guts, Troll, groß, breit, mit schiefem Gesicht in seinem postapokalyptischem Outfit samt Teddy-Kette. Ja die zwei waren eine ungewöhnliche Kombination. Doch da die Meisten hier in Downtown dem Troll keine Beachtung schenkten, fiel das nicht weiter auf. Über hässliche Trolle sah man hinweg. Vor dem Rhino würde Bloody Guts vielleicht noch zu einem authentischem Original-Gast für die Touristen werden, allerdings würden die, die sich nach dem Ork-Restaurant umgehört hatten, dennoch nicht starren. Authentischen Ärger mit einem Troll versuchten Touristen möglichst zu vermeiden.

BCG kam von der anderen Strassenseite zu uns. Es war gekleidet wie beim letzten Mal, Hoodie mit aufgesetzter Kapuze, Brille, Baggy und festem Schuhwerk. Um keine falschen Gerüchte aufkommen zu lassen, ja, er hatte die Sachen seit Samstag gewechselt oder zumindest gewaschen. Seinen Sinn für Mode war darum natürlich keinen Deut besser.

Im Gegensatz von dem von Glam Sam, der in einem Top-modischen Anzug und einem Hemd in der Farbe der Saison ebenfalls über die Strasse kam. Der Mann zog jede Menge Blicke auf sich und die nicht nur wegen seines schicken Anzuges. 

Glam Sam ist ein Satyr, eine selten auftretende Unterklasse der Orks. Einen Mann mit Ziegenbeinen sah man nicht so oft, schon gar nicht, wenn er so gut aussah, wie dieses Exemplar. Sein mehr als schulterlanges schwarzes Haar glänzte und wurde durch eine extravagante, goldene Haarspange zusammen gehalten. An Geld schien es ihm also nicht zu mangeln. Seine Hörner waren mit einem Muster bemalt.

Wir hatten Glam Sam vor ziemlich genau zwei Jahren in New York kennen gelernt. Ein Kontakt, den uns eigentlich Yankee, Trixhots Vater, vermittelt hatte. Ich war mit Glam Sam in Verbindung geblieben und bei einem Gespräch im Februar diesen Jahres war mehr beiläufig die Idee entstanden, er könne zu UC kommen. 

Relativ kurzfristig würde er nun seinen Proberun bei UC haben, ebenso wie BCG. Dass einige von uns Glam Sam bereits persönlich kannten, ersparte ihm das Speed-Dating vor dem Proberun, obwohl er das sicher glamourös gemeistert hätte.

Glam Sam erreichte uns nur einen kurzen Augenblick vor TriXhot, die mit ihrem Erscheinen die Runde derer komplettierte, die so kurzfristig hatten hier sein können. 

Je mehr wir wurden, desto mehr bemühten sich die anderen Metamenschen Abstand von uns zu halten. Es gehörte sich nicht, sich durch eine Gruppe zu drängeln, schon gar nicht durch eine wie unsere. 

Eine Knight Errant City Watch-Drohne hoverte einen Moment über uns. Wahrscheinlich checkte sie, ob sich ein reales Bild von uns mit dem deckte, das wir via AR in den Äther pusteten.

Glam Sam begrüßte mich mit einem Kuss auf die Wange und ich erntete sogleich ein Vielzahn von Komplimenten für mein Äußeres. Allein dafür würde ich ihn gern im Team haben. Und was Moxi und ich mit ihm nach einem Run für Shopping Touren unternehmen können würden, um das verdiente Geld in etwas Schönes zu verwandeln - da machte sich in mir sogleich Vorfreude breit.

A pro pos Shopping, der Aston Store in der Nähe sandte mir Bilder von Schuhen zu und wollte wissen, ob er mir das eine oder andere Angebot vielleicht für die nächsten 2 Stunden reservieren sollte. Ich lehnte ab, obwohl ich bei einem Paar tatsächlich zögerte. Was das System selbstverständlich registrierte und sich merken würde. 

Findet ihr nicht auch, dass abgelehnte AROs immer so traurig aus sehen, wenn sie sich auflösen?

Ich begrüßte die anderen mit Küsschen, das und Glams Sams Bemerkungen zu diversen Outfits, sein überschwängliches Versprechen, BCG brauche sich keine Sorgen zu machen, er würde auch ihm zu Stil verhelfen können, überzeugten die City-Watch-Drohne endgültig davon, dass sich hier nur ein paar Freunde trafen und sie flog davon.

Nicht alle kannten einander, deshalb stellte ich kurz vor und erwähnte beiläufig, dass TriXhot bereits zu UC gehörte, Glam Sam und BCG jedoch nicht. 

Selbstverständlich sprach ich leise, obwohl die Drohne weg war. Via Teamnetzwerk würden mich alle verstehen. Sicher war sicher und immerhin waren wir hier auf einem Run, man konnte ja nie wissen, wer einem so zuhörte. 

Moxi grinste TriXhot an, „Hübsch. Schickes Outfit übrigens. Aber beim Make Up können wir noch was rausholen.“

Glam Sam warf noch einen Blick in die Runde, „Rausholen lässt sich so einiges. Selbstverständlich mit einigen wundervollen Ausnahmen.“ Der Satyr warf mir einen Kussmund zu und fragte Mr.Jack, ob er ihm wohl die Adresse seines Schneiders nennen könne, da dieser ausgezeichnet sei.

Genug des Smalltalk, wir mussten zum Geschäft kommen, «Schön, dass ihr da seid.», eröffnete ich, «Ich weiß nicht, worum es bei dem kurzfristigen Job geht. Wir treffen im The Big Rhino gleich einen Mann, den ich selbst nur über die Matrix kenne…» 

Bloody Guts hob eine seiner buschigen Augenbrauen.

«… aber er ist so weit vertrauenswürdig, wie das möglich ist. Es handelt sich um einen Ork und Decker mit dem Namen Bull.»

Bloody Guts schnaufte belustigt, «Bull? Ja na klar.» Der Troll glaubte mir nicht. Da würde er sicher gleich überrascht sein, wenn er auf die Matrix-Legende traf.

Ich zwinkerte Bloody Guts zu, «Ich weiß, es heißt ‚The Best Ork-Decker You Never Met‘, aber das wird sich jetzt gleich ändern. Worum immer es auch geht, es muss ihm wichtig sein und ich nehme an, dass es gleich im Anschluss los geht. Kennen alle das Big Rhino?», wollte ich noch wissen.

Glam Sam, BCG und Mr.Jack schüttelten den Kopf. 

«Ich freue mich aber schon sehr darauf!», meinte der Satyr sofort.

Ich ließ den Blick über die Runde schweifen und grinste, «Nun, wir werden dadrinnen auffallen, aber sie sind an Paradiesvögel wie uns gewöhnt, fangt dennoch keinen Ärger an.»

Trixhot holte eine Packung Alka Selzer hervor, «Will jemand? Das Essen ist da gut, aber heftig gewürzt.»

Ich griff zu, wie gesagt, sicher war sicher.

[Song 2: Sara Hickman - Mad World5] Wir betraten das rustikale The Big Rhino durch den Haupteingang. Der Duft von gebratenem Speck, exotischen Gewürzen, Kaffee und Hurlg ergab eine eigenartige Mischung. 

Einige Stühle waren umgefallen und auf den Tischen stapelten sich Becher und Teller in einem heillosen Durcheinander. Was aussah, als hätte gerade ein Gangangriff stattgefunden, war in Wahrheit nur die vergangene Rushhour des Frühstücks. Im Moment war nur noch eine Handvoll Gäste anwesend.

An dem langen Tisch hinten an der Wand saß ein einzelner, älterer Ork im Anzug, mit schwarzen, kurzem Haar und Brille.

Das musste Bull sein.

Vor ihm standen drei große Whisky-Gläser, zwei davon waren leer, das dritte war noch halb voll … mit Whisky.

Wir hielten auf den Tisch zu. 

Bloody Guts fielen fast die Augen aus dem Kopf. Er flüsterte, „Das ist ja wirklich Bull.“

Ich lächelte strahlend. 

Bull nahm seine Brille ab. Beim Näherkommen konnte ich sehen, dass der Anzug getragen aussah.

Ich setzte mich neben Bull. „Hey, guten Morgen.“, sagte ich fröhlich.

Bull nickte. Er fixierte mich einen Moment länger, sagte aber zunächst nichts, dann räusperte er sich, „Hmmrr, ich bin natürlich erfreut, dich kennen zu lernen.“ Sein Atem roch nach Whisky, „Auch wenn die Umstände nicht ganz einfach sind. Schön, dass du es einrichten konntest.“

Die Bedienung kam und wir orderten Kaffee und Frühstück, einfach, weil es sich so gehörte und es weniger auffällig war. Bloody Guts nahm zum Beispiel das Große Frühstück mit Rippchen und Speck, während ich nur schwarzen Kaffee und Dattelkuchen orderte. 

Als die Bedienung weg war, warf Bull einen Blick in die Runde, „Ihr seid also das berühmt, berüchtigte UC?“, fragte er.

Ich lächelte, „Teile davon.“

Der Ork hob eine Augenbraue, „Ja? Na, ich hab schon davon gehört, dass ihr viele seid. Ich hab auch davon gehört, dass ihr schnell seid, selbst wenns schwierig wird. Wie gesagt, die Umstände sind nicht ganz einfach.“

Ich legte den Kopf leicht schief und schmunzelte, „Das hoffe ich doch. Wenn es einfach wäre, könnte es ja jeder.“

Es gab die Andeutung eines Lächelns, für mehr war Bull zu angespannt, „Heute morgen, zwischen halb acht und acht, wurde der leblose Körper von Elisa Murphy, Elf und Reporterin, vor dem alten Propostion 23 Bürogebäude aufgefunden. Sie hing kopfüber, nackt und ausgeblutet vor der Tür.“ Bull sah zu mir und laß meine Reaktion ab.

„Ausgeblutet?, fragte ich überrascht, „Wies ihr Oberkörper zahlreiche Schnitte in einem Muster auf?“

Bull nickte und trank sein drittes Glas Whisky aus. „Genau. Alles deutet auf den Mayan Cutter hin. Es sieht aus, als wäre Elisa ihm zum Opfer gefallen.“

Die Geschichte nahm den gestanden Runner anscheinend stark mit, „Hatte Murphy irgend etwas mit dem Mayan Cutter zu tun?“, fragte ich.

Bull zuckte mit den Schultern, „Indirekt. Sie war damals an der Aufdeckung der Identität des ersten Mayan Cutters interessiert und war wohl noch an der Story dran, ob KE wirklich den echten Cutter gefangen und getötet hat. Da gab es ja einige Gerüchte. Gefunden hat sie nichts. Aber ich weiß nicht, warum sie jetzt noch dran gewesen sein sollte. Vielleicht ging es ihr auch um die Proposition 23, dafür hat sie sich eingesetzt und hat an allem gearbeitet, was damit zu tun hatte.“

„Könnte der Nachahmungstäter zurück sein? Was meinst du?“, fragte ich.

Bull schüttelte den Kopf, „Der ist tot.“

Das Essen wurde gebracht. Bevor mein Teller abgestellt wurde, zog Glam Sam ein großes Tuch aus seiner Jacket-Tasche und wischte den Tisch vor mir sauber. Moxi warf ihm einen Kussmund zu, woraufhin Glam Sam ihr zuzwinkerte. Ich hatte doch gewusst, dass Glam Sam eine Bereicherung für das Team werden würde.

‹Darum hast du das Gespräch mit dem Männchen auch so elegant in die Richtung gelenkt, Drachenkätzchen.›, bemerkte Katze während sie skeptisch an meinem Kaffee schnüffelte. Berechtigterweise, denn was man hier Kaffee nannte, war dickflüssig und konnte Tote aufwecken. 

Als die Bedienung erneut gegangen war, meinte ich zu unserem zukünftigen Auftraggeber, „Bull, vielleicht kannst du kurz für meine Leute zusammen fassen, was es mit dem Mayan Cutter auf sich hat? Nicht alle sind hier aus Seattle.“

‹Sehr clever von dir, Drachenkätzchen. So erfährst du gleich, was er weiß.›, bemerkte Katze.

Ich lächelte fein.

Bull nickte, „Der Mayan Cutter ist ein Serienkiller. Den gab’s bisher zwei mal. Der Erste wurde von Knight Errant mit frischem Polizeikontrakt getötet, nachdem er Seattle 2 Jahre in Atem gehalten hatte. 48 Opfer gingen direkt auf sein Konto, 20 weitere kommen zusätzlich in Frage. Lone Star hatte sich an dem die Zähne ausgebissen, hat ihn einfach nicht gekriegt. Kaum kommt KE an den Vertrag, finden sie eine Spur. Da kann man schon auf dumme Ideen kommen. Der Cutter überlebte seine Festnahme nicht. Danach hörte das rituelle Morden aber auf. Ein Großteil seiner Opfer waren Metamenschen, die ersten alle ohne SIN. Er hat sie überwältigt, betäubt und dann bewegungslos aber bei vollem Bewusstsein gefoltert. Er hat ihnen mit einem Obsidian-Messer sein rituelles Muster reingeschnitten, sie ausbluten lassen und dann öffentlich zur Schau aufgehängt. Einige Zeit später tauchte ein Nachahmungstäter auf. Mit viel weniger Opfern und der wurde auch gefasst.“

Bull machte eine kurze Pause und ich war mir ziemlich sicher, dass er nicht alles gesagt hatte, was er dazu wusste, sondern einfach nur weiter sprang. Da steckte definitiv mehr dahinter.

„Der neue Todesfall sieht wieder danach aus, als wäre es der Cutter.“ Bull wurde lauter, „Ich will das ihr das Schwein findet und aufhaltet.“ Dann fing er sich wieder und sprach ruhiger, „Wenn möglich, will ich was über sein Motiv wissen.“ Bull sah jeden von uns einen Moment lang an und sagte dann an mich gewandt, „Ich kann jedem von euch 8000 nuY zahlen, 10, wenn ihr ihn lebend fangt und an mich übergebt.“

Ich schenkte Bull eines meiner schönsten Lächeln, welches er nur wenig reflektierte. Hmm? Bull schien ziemlich fertig zu sein. Der Fall nahm den Ork wirklich mit. „Weil du es bist und mich die Sache interessiert, werde ich nicht mit dir verhandeln. Wir übernehmen den Auftrag.“

Bulls Augen weiteten sich vor Überraschung, „Das rechne ich euch hoch an, dass ihr nicht verhandelt.“ Er sah auf seine Whiskygläser, die waren alle leer. Er bestellte sich einen weiteren Drink. Bloody Guts schob der Legende einen Kaffeebecher rüber. Bull bedachte ihn mit einem milden väterlichen Blick - und er trank sogar einen Schluck.

„Ich hab hier den abschließenden Bericht über den Mayan Cutter von dem Cop, der an der Sache dran war, Detective Theodore ‚Tosh' Athack. Die kann ich euch geben.“, erklärte der Ork. 

Bloody Guts öffnete ein Fenster und Bull schob uns die Datei rüber. „Der Mord heute früh war am Pioneer Square, das ist hier um die Ecke. Wenn ihr dem Officer den Code gebt,“ Bull sandte uns einen zu, „solltet ihr keine Schwierigkeiten haben, euch den Tatort ansehen zu können.“

Warum auch immer, Bull schien gute Kontakte zu Knight Errant zu haben. 

„Außerdem habe ich die Comm-ID von Athack für euch, falls es Fragen zum ursprünglichen Killer gibt. Mich könnt ihr ebenfalls jederzeit erreichen. Meldet euch bei Fragen oder Erkenntnissen.“

Ich trank meine Kaffee aus und versprach, „Machen wir. Wir werden dann jetzt auch gleich loslegen, je frischer der Tatort, desto besser. Gerade wenn Magie im Spiel sein sollte.“

Bull schien mehr als einverstanden, dennoch war er weit davon entfernt ruhiger zu sein. Die Sache nahm ihn eben wirklich mit. Vielleicht würde ich noch herausfinden warum.

Während wir das Restaurant verließen, las ich den Polizeibericht [LINK]. Als erster Mayan Cutter war Jose Martine, ein ehemaliger Fabrikarbeiter von Aztechnology, identifiziert worden. Knight Errant hatte ihn über die Spur der Obsidian-Dolche lokalisiert, mit denen er immer sein rituelles, teuflisches Schnitzwerk durchgeführt hatte. Ich gebe zu, dass mich das Aufdecken der Spuren, genau nachdem die Ares Tochter Knight Errant den Polizeikontrakt erhalten hatte, stutzig machte. Dass der Killer bei seiner Verhaftung starb, war dann ziemlich praktisch gewesen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Wie auch immer, das Morden hörte auf und jegliche Verschwörungstheorien in Bezug darauf, waren im Moment unwichtig. 

Ich rief mir die alten Bilder der Opfer in Erinnerung. Das Muster, mit dem der Mayan Cutter sie versehen hatte, erinnerte an Symbole der Maya oder Azteken. 

Es erinnerten daran. 

Das was sich da auf ihren Köpern befunden hat, war kein eindeutiges Symbol und in keinem Fall war das magisch relevant. Wenn der Mayan Cutter etwas mit Blutmagie oder Geisterbeschwörung zu tun gehabt hatte, dann hatte er nur etwas imitiert und von der eigentlichen Magie so wenig Ahnung gehabt, dass ich nicht zu erkennen vermochte, was genau er hatte imitieren wollen.

‹Das soll schon etwas heißen Drachenkätzchen.›, meinte Katze dazu, ‹denn du weißt inzwischen schon ziemlich viel über Magie.›

Ich lächelte erfreut, ‹Danke für das Kompliment Katze.›

‹Nun, Drachenkätzchen. Als Lob war das nicht gedacht. Nur als Einschätzung. Denke bloß nicht, dass du genug über Magie weißt.›, korrigierte Katze.

‹Genug Wissen? Eine solche Torheit wäre mir nicht einmal im Traum eingefallen, Katze›

‹Was nicht all zu viel bedeutet, da du dich an deine Träume nicht erinnern kannst, Drachenkätzchen.›

Der Tatort lag tatsächlich gleich um die Ecke und unsere außergewöhnliche Truppe konnte den Weg zu Fuss bewältigen.

„Das war wirklich Bull.“, meine Bloody Guts sofort als wir draußen vor dem Rhino waren.

Ich grinste, „Hab ich doch gesagt.“

Bloody Guts sah schüchtern drein, „Ja schon, aber ich dachte, du verarschst mich nur.“

Auf dem Weg tauschten wir die Erkenntnisse aus, die wir aus dem Polizei-Bericht gezogen hatten.

„Um irgendeinen Jahrestag handelt es sich jedenfalls nicht.“, schloss ich meine Ausführungen. 

„Könnte das irgendwie so eine Besessenheitssache durch einen Geist sein?“, fragte BCG.

„Könnte schon, das kann man nie ausschließen. Bisher weißt nichts auf Magie hin und Nachahmungstäter hat es auch ohne Magie schon öfter gegeben.“

Virtuelles und reales Absperrband informierten uns, dass sich in dem alten, zweistöckigen Bürogebäude ein Tatort befand.

‚Crime Scene Investigation. Do Not Cross!‘

Die Reporterin war offenbar im Türrahmen, also direkt in der Eingangstür, aufgehängt worden. Darunter befand sich noch eine kleine Blutlache. Wirklich klein, das Ausbluten musste an anderer Stelle stattgefunden haben.

Vor dem Band stand ein einzelner Cop. Regen setzte ein, aber das machte hier niemanden nervös. Die Spurensicherung war bereits weg.

Somit auch die Leiche. Einerseits war das gut, andererseits schlecht, denn die Tote Elisa Murphy hätte mir zeigen können, was ihr passiert war.

Der Knight Errant Gardist hatte tatsächlich bereits externe Spezialisten erwartet und ließ uns nach ein paar Worten und der Übersendung des Codes durch.

TriXhot bat Bloody Guts zu checken, ob der Cop wirklich ein Cop war. Sicher war sicher.

Direkt am Türrahmen gab es nicht viel zu entdecken. Der Mord war drinnen geschehen. Intakte Überwachungskameras gab es hier keine. Das war zwar Downtown, aber ein schlechterer Part davon. So einfach hatte der Täter uns es also nicht machen wollen. 

[Song 3: Ruelle - Monsters5] Die Spuren im Staub wiesen uns den Weg. Sicher hatten die Ermittler versucht so wenig Spuren wie möglich zu verwischen, aber irgendwo musste man ja laufen.

Der Gestank des Todes lag noch in der Luft. Deutlicher, als es uns lieb sein konnte. 

Blut, Angstschweiß und ein Hauch von Exkrementen. Das Ganze wurde stärker, als wir uns dem großen Konferenzraum näherten, in den die Fussspuren führten. 

Auf den ersten Blick war zu sehen, dass dort ein Kampf stattgefunden hatte. Stühle waren umgeworfen und Schreibtischlampen lagen am Boden. 

Obwohl, vergesst das mit dem ersten Blick. Man brauchte einen zweiten, denn der erste Blick gehörte der riesigen Blutlache rund um den leergeräumten Tisch. Womit dann auch feststand, wo das Ritual stattgefunden hatte.

Wir verteilten uns und sahen uns um.

Hier war so viel Blut, ich musst aufpassen, dass ich mir nicht meine Wildlederstiefel ruinierte.

Ich nahm astral wahr. Ein Rest von Gewalt lag noch in der Luft, aber magisch relevant war hier absolut nichts. Keine schwindenden Signaturen.

TriXhot und Glam Sam wollten sich das obere Stockwerk ansehen, aber sie kamen gleich wieder zurück. Laut den Spuren war dort oben schon Monate keiner mehr gewesen. 

Wir fanden keinerlei Hinweise darauf, warum Elisa hierher gekommen war. 

Eine Kleinigkeit hatte die Spurensicherung allerdings übersehen. Am Griff an der Tür zum Bad klebte Blut. Nicht viel, nur ein bisschen. Wenn es der Reporterin gelungen war ihren Angreifer zu verletzen, war das vielleicht das Blut des Täters. Wir nahmen mit Hilfe des Medkits eine Probe. Zum Glück hatte Mr.Jack schärfere Augen, als die Männer und Frauen vom CSI- Knight Errant. 

Für die Analyse der Blutprobe brauchten wir ein Labor und wenn ich die Leiche anfassen wollte, mussten wir irgendwie in die Gerichtsmedizin kommen.

Leider wusste der Cop auf der Strasse nicht, wohin man den Leichnam gebracht hatte. 

Doch zum Glück kostete es Bloody Guts nicht viel, das heraus zu bekommen. Elisa sollte in einer Privatklinik in der Nähe obduziert werden, Knight Errant hatte Räume in dieser Klinik gemietet und nutzte sie als Gerichtsmedizin. 

Da unbemerkt ran zu kommen, würde schwer werden.

„Warum denn unbemerkt?“, fragte Bloody Guts. „Können wir nicht einfach den Detective anrufen, dessen Nummer wir haben?“ Der Troll sah zu mir, „Und mit wir meine ich dich, Snowcat. Der kann uns doch bestimmt Zugang verschaffen.“

Trixhot nickte, „Hier hat das ja auch prima geklappt.“

„Hmm?. Können schon, aber ich weiß nicht, wie gut es ist, wenn wir dem Typen unsere Gesichter zeigen.“, überlegte ich laut.

BCG sagte, „Ach, ich denk, das können wir riskieren. Ich hab schon was von Tosh Athack gehört. Der ist soweit in Ordnung. Nimmt alles nicht so streng, wen man ihm die offenen Hand schüttelt.“

„Du meinst, er ist bestechlich?“, fragte Mr.Jack.

BCG nickte.

Na sieh mal einer an, woher unser Anwärter das wohl wusste?

Nach einem kurzem Commcall hatte ich eine Verabredung mit Athack in der Tasche. Er war bereit, sich um 12.30 Uhr mit mir im unteren Food Court in der Center Court Mall zu treffen. Auch dahin konnten wir von hier aus laufen.

Überraschender Weise hatte Tosh nicht gewusst, wer Bull war, bei der Nennung des Namens MacCallister hingegen sofort mit, ‚ah ja, kann mir schon vorstellen, dass MacCallister an dem Mordfall Interesse hat.‘ reagiert.

BCG hatte noch die Info, dass es sich bei Tosh Athack um einen großen Troll hatte. Der sollte im Food Court zu finden sein.

Ich teilte Zweierteams ein. Shark Finn würde direkt mit mir kommen, die anderen sollten sich in meiner Nähe rumtreiben.

Als ich fertig war, warf Glam Sam ein, „Nein Snowcat, BCG kann in keinem Fall mit Mr.Jack gehen. Das passt vom Style her überhaupt nicht.“ 

Ich schmunzelte, „Ja, da hast du natürlich recht. Dann gehen Mr.Jack und du zusammen.“

Bloody Guts zog einen Schmollmund. „Keiner passt zu mir.“

Moxi lächelte, „Doch ich.“, bestimmte sie und harkte sich bei ihm ein.

Nun, ich hatte die Paare ja auch nur eingeteilt, damit sich etwas bewegte. Wenn sich das am Ende anders ergab, sollte es mir Recht sein. 

Auf die Kombination von persönlichem Stil würde ich das nächste mal aber achten. Style war immer wichtig.

Kurz vor halb traf ich im unteren Food Court ein. Via Teamnetzwerk war ich mit meinen Kollegen verbunden. Tosh Athack war schnell ausgemacht. Er saß, fast schon klischeehaft in einem Coffee-Shop.

«O mein Gott.», entfuhr es Glam Sam entsetzt, als er den Detective sah. «Werden die denn wirklich so schlecht bezahlt?!?»

Wir lachten. «Das oder der Mann hat keinen Stil.», mutmaßte ich.

❄❄

Detective Athack grinste nur kurz, als er mich sah. Er hatte noch einen Kaffee vor sich und wollte keinen weiteren. Allerdings machte der Rüpel auch keine Anstalten, einen für mich zu holen, was dann Shark Finn für mich übernahm. 

Athack war offensichtlich nicht der Typ für Smalltalk, darum kam ich gleich zur Sache, nachdem ich von meinen doppelten Espresso getrunken hatte.

Der Detective unterbrach mich bevor ich meine erste Frage zu Ende gestellt hatte.

„Hören sie, ne Lady wie sie geht doch bestimmt gerne Tanzen? Demnächst steht doch der Polizeiball an, wie wäre es, wenn ich ihnen da zwei Karten für besorge?“

Für einen Sekundenbruchteil hatte mich Tosh verwirrt, dann war es mir jedoch klar geworden. Er wollte zu allererst die Bezahlung aushandeln. Schade eigentlich. Auf dem Polizeiball hätte es mir vielleicht gefallen. „Ja, natürlich, das ist eine großartige Idee. Ich nehme sogar vier Karten, wenn sie die besorgen können und unsere Gespräch hier gut verläuft.“

Er hielt mir sein Commlink hin und ich überwies die 400 geforderten NuYen.

Tosh rieb sich zufrieden die Hände, „Abgemacht. Wie nah der jetzige Killer am Original dran ist, wollten sie wissen? Ziemlich nah. Das Muster der Schnitte stimmt. Das Opfer war während der Tat betäubt, aber bei Bewusstsein. Er hat es so weit wie möglich ausbluten lassen und dann Nahe des Tatorts auf die selbe Art öffentlich zu Schau aufgehängt. Er gibt keine Zeugen. Genaueres muss die Autopsie ergeben.“

„War beim ersten Nachahmungstäter auch alles wie beim Mayan Cutter?“, wollte ich wissen.

„Ja. Vom Muster bis hin zur Obsidianklinge. Nur mit viel weniger Opfern. Eines davon war ja Rebecca MacCallister…“

Ich zog innerlich scharf die Luft ein, darum war Bull also so betroffen gewesen.

„ .. und danach wurde der zweite Typ schnell zur Strecke gebracht.“

„Wie das?“, fragte ich nach.

Tosh zog die buschigen Augenbrauen zusammen, er war offenbar überrascht, dass ich das nicht wusste. „Na weil MacCallister sich den geschnappt hat.“

Das war selbstverständlich ein Grund - und so fügte sich eins und eins zusammen. 

Diese Informationen machten mich irgendwie betroffen. Betroffener, als ich es vielleicht hätte sein sollen. Bull hatte seine Frau an einen Serienkiller verloren, den zwar offenbar geschnappt, doch nun war er wieder da. Das musste ein Albtraum sein.

‹Vorsicht, Drachenkätzchen.›. mahnte Katze, ‹ein weiches Fell steht dir gut, aber wenn es zu weich wird, könntest du damit irgendwo hängen bleiben.›

Weitere Fragen hatte ich eigentlich nicht mehr, doch da war noch die Sache mit der Psychometrie und um zur Toten zu können, war ich her gekommen. „Können sie dafür Sorgen, dass ich einen Blick auf den Leichnam werfen kann?“, fragte ich mit meiner neutral, freundlichen Stimme.

Detective Athack nickte, „Wenn sie bereit sind, die Polizei mit dem Erwerb von vier weiteren Karten für den Ball zu unterstützen, kann ich das möglich machen.“

Ich zögerte.

Tosh warf ein, „So eine Frau wie sie hat doch sicher viele Freunde.“

Ich lächelte leicht und meinte verschwörerisch, „Aber für vier Karten kann ich dann mit der Leiche allein sein.“

Der Detective verzog ganz kurz das Gesicht und erwiderte etwas barsch. „Lady, das kann ich nicht garantieren, das müssen sie vor Ort klären. Ich besorg ihnen nur den Zugang.“

Womit ich dann beschlossen hatte, dass ich den Kerl nicht mochte.

Ich überlegte kurz, Athack runter zu handeln, doch das würde ihm im Nachhinein vielleicht böse aufstoßen und vielleicht würden wir ihn eines Tages noch als Kontakt brauchen, also kaufte ich vier weitere Tickets - und er ging telefonieren. 

Vorsichtshalber hörten wir ihn ab. Sicher war sicher, wie ich heute bereits mehrmals fest gestellt hatte.

Tosh sprach mit einer Doctor Alma Johrean, einer afroamerikanischen Elfe mit silbernen Cyberaugen. Er erklärte, er wolle ihr ein paar Berater schicken. Sie war davon gar nicht begeistert, nahm es aber hin. Im Anschluss wählte er noch eine Nummer und informierte die Leute, die den Zugang regelten.

Als Tosh zurück kam, überreichte er mir via AR eine virtuelle Visitenkarte, „Die wissen Bescheid. Aber benehmt euch und nehmt keine Waffen mit rein.“

Ich lächelte, „Wir werden artig sein, versprochen. Wir sehen uns dann spätestens auf dem Polizeiball.“

Nun war der Detective kurz verwirrt, dann fing er sich, „Ach so, ja. na klar. Bis dann.“

❄❄

[Song 4: Michael Giacchino /Fringe - I see frozen people5] Mr.Jack, Moxi, Shark Finn und ich betraten das Krankenhaus durch einen Seiteneingang. Ein Sicherheitsmann geleitete uns zum Fahrstuhl und wir fuhren nach unten. 

Es blieb dabei, dass die Gerichtsmedizinerin von unserer Gegenwart nicht begeistert war. Sie fing uns ab, führte uns schnellen Schrittes in die Autopsie und versuchte uns möglichst schnell mit Informationen loszuwerden, „Das Opfer wurde mit Gamma-Scopolamine betäubt und bewegungsunfähig gemacht. Bei vollem Bewusstsein wurde ihr mit einem scharfen Gegenstand, wahrscheinlich ein Dolch mit Opsidianklinge, diverse Schnitte zugefügt, die ein Muster ergeben. Die Schnitte waren tief und wurden ohne zu zögern ausgeführt. Da das Opfer noch am Leben war und sich wahrscheinlich in Panik befand, pumpte das Herz das Blut weiter aus dem Körper. Was letztendlich, vereinfacht ausgedrückt, zu eine Unterversorgung der Organe und zum Tod führte.“

Dr. Johrean hatte die gesamte Zeit, wenn überhaupt jemanden, nur mich angesehen. Mich beschlich das Gefühl, dass sie mit toten Metamenschen besser konnte, als mit Lebenden. 

Ich schien eine Ausnahme zu stellen, denn je länger sie sprach, desto öfter hielt sie den Augenkontakt zu mir und ganz am Ende ihrer Ausführung schenkte sie mir die Andeutung eines Lächelns.

Ich stellte ein paar simple Zwischenfragen, wie ob sie eindeutige Spuren von Obsidian entdeckt hatte oder ob sie frühere Berichte von Opfern der Vorgänger zum Vergleich kannte, um sie weiter aufzutauen. Schließlich fragte ich, „Kann ich einen Moment mit der Toten allein sein?“

Die Elfe schüttelte fast schon entsetzt den Kopf,, „Da…das kann ich leider nicht erlauben, die Beweismittelkette muss gewahrt bleiben.“

Ich nickte verständnisvoll. „Natürlich. Dürfte ich die Tote dann vielleicht berühren? Mit Handschuh selbstverständlich.“

Die Augen der Gerichtsmedizinerin weiteten sich für Überraschung und Erkenntnis, , „Oh, so eine Art von Berater sind sie. Forensische Thaumaturgie. Verstehe. Das ist faszinierend.“ Sie überlegte einen Moment, „Reicht es, wenn sie einen Zeh berühren?“ 

Ich nickte.

Ich zog Laborhandschuhe an und konzentrierte mich.

Eigentlich ist konzentrieren nicht der richtige Ausdruck. Genau genommen ließ ich das Schild fallen, welches ich quasi ständig aufrecht hielt. Mit Psychometrie ist es so eine Sache. Hat man die Tür zu den Eindrücken, die die Welt auf toten Dingen hinterlässt, einmal aufgestoßen, bekommt man sie nie wieder zu. Eine Tatsache, der man sich bewusst sein sollte, bevor man diesen Weg beschreitet. Wer möchte schon die Lebensgeschichte eines jeden Barhockers hören, auf den man sich setzt? Jedes Objekt sammelt Eindrücke und wenn man die Kunst der Psychometrie erlernt hat, muss man sich davor schützen, dass jedes Objekt sie einem auch erzählt. Da für Aurenkontakt kein Hautkontakt erforderlich ist, die Aura strahlt ja ein Stückchen über den Körper hinaus, reicht es nicht, Handschuhe zu tragen. 

Es sei denn, die Handschuhe wurden direkt dafür gebaut, Aurenkontakt zu vermeiden. Alchimisten nutzen solche Handschuhe zuweilen, um einen Zauber auf einem Gegenstand nicht versehentlich oder frühzeitig auszulösen. Dank Tiernan besitze ich solche Handschuhe seit letztem Weihnachten selbst. Ich trage sie allerdings nur selten und darum spielt das hier keine Rolle.

Übrigens ist nicht jeder der Psychometrie lernt, auch dazu in der Lage die Technik bei Toten anzuwenden. Ich denke, das liegt an der inneren Einstellung gegenüber einem Leichnam. Doch nun zurück zum Geschehen.

Ich zog also Laborhandschuhe an, wappnete mich gegen die Eindrücke, die gleich über mich hinweg schwämmen würden und ließ mein mentales Schild fallen.

Nein, ich werde jetzt nicht beschreiben, was ich erlebte. Jedem sollte klar sein, dass es keine schöne Sache ist, den gewaltsamen Tod eines Metamenschen nach zu erleben. Wenn es dann noch der Tod durch einen verrückten Serienkiller ist, der einem bei vollem Bewusstsein aufschneidet und die Innereien ausweidet …. stellt es euch schlimm vor und multipliziert das mit 10. 

Shark Finn hatte die ganze Zeit hinter mir gestanden, nun reichte er mir ein Glas Wasser. Ich trank einige Schlucke, reflektierte das Erlebte im Schnelldurchgang und fokussierte meine Sinne auf den Täter. Ein weiterer Vorteil des eidetischen Gedächtnisses. Man kann etwas sehen und erleben und später auf die Details achten.

Der Typ hatte die ganze Zeit von der ,Überlegenheit der weißen menschlichen Rasse‘ gesprochen und die Elfe auf Übelste beschimpft. Freak der Natur war noch eine von den harmlosen, rassistischen Beleidigungen gewesen. Seiner Aussprache nach war er aus Seattle. Er hatte sich in Rage geredet, dabei aber nicht durchgeknallt, besessen oder verrückt gewirkt. Jedenfalls nicht jenseits dessen, was alle Fanatiker und Rassisten an sich haben. 

Ich hörte mir die Tiraden des Mannes ein weiteres Mal an. Nein, er sprach nicht wie ein Verrückter. Dabei müsste er das doch! 

Denn dieser Cutter war ein Ork.

Wie kann ein Ork von der Überlegenheit der weißen, menschlichen Rasse reden, wenn er doch selbst ein Ork ist? Das war extrem merkwürdig, befremdlich und gruselig.

Ich war nun in der Lage ein Bild von dem Ork zu zeichnen. Wir hatten also etwas, wonach wir suchen konnten. Dennoch sah ich mir den Kerl im Mechaniker-Overall wieder und wieder an. War er auf Drogen gewesen? Lief da ein Persona Chip? Warum bei allen Drachen der 6.Welt verhielt sich ein Ork wie ein metahassender Rassist und tötete eine Elfe auf die selbe Art, wie der Mayan Cutter?

Doch die Antworten auf diese Fragen fand ich nicht in Erinnerung an die Szene. 

Der Ork hatte keine sichtbaren Datenbuchsen oder durch Drogen geweitete Augen gehabt, letzteres bedeutete jedoch nichts, da es sich um Cyberaugen handelte. In seinem Gesicht stand nur der Hass auf die nicht-menschlichen Rassen. Er sprach nicht unbedingt manisch zu sich selbst, es war mehr ein Selbstgespräch und ein Niederreden des Opfers.

Letztendlich entdeckte ich doch noch einen brauchbaren Hinweis auf dem Overall. Über der Brusttasche war der Name High Speed eingestickt.

Die meisten dieser Erkenntnisse behielt ich erstmal für mich. 

Niemand hatte mich angesprochen, als ich das Gesehene schweigend verarbeitet hatte. Nun trank ich den Becher leer, räusperte mich, sah Dr. Alma Johrean an und sagte, „Meiner Vermutung nach handelt es sich bei dem Täter um einen Ork, von eher durchschnittlicher Statur und Größe, aber mit trainierten Oberarmen.“ Ich lächelte zart, „Ich weiß, damit lässt sich nicht viel anfangen. - Haben sie schon unter den Fingernägeln des Opfers nachgesehen?“, wollte ich wissen.

Die Gerichtsmedizinerin schüttelte den Kopf, „Nein, soweit war ich bisher noch nicht.“

„Unter der linken Hand sollten sie etwas finden. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es ihr gelungen ist, ihren Angreifen am Hals zu kratzen.“

Dr. Johrean nickte erfreut und machte sich sofort daran, die Proben unter den Fingernägeln zu entnehmen und sie ordnungsgemäß einzutüten.

„Magie kam während der Tat nicht zu Anwendung und es war auch nur ein Täter anwesend.“, erklärte ich noch. 

Ich überlegte kurz. Dann hielt ich per Textnachricht mit dem Team Rücksprache. ‚Jemand was dagegen, wenn wir ihr die Blutprobe vom Tatort überlassen?‘

Da niemand etwas einzuwenden hatte, fragte ich laut, „Dr.Johrean, wir haben eine Blutspur entdeckt, die eventuell ebenfalls vom Täter stammen könnte. Wahrscheinlich haben die Spezialisten von Knight Errant das übersehen. Ob sie die wohl für uns analysieren könnten?“

Die Elfe zögerte nur kurz, dann nickte sie, „Ja, das kann ich machen.“

Ich musste gar nichts sagen, Mr.Jack griff umgehend in die Innentasche seines Jackets und gab dem Doktor die Probe. 

„Vielen Dank.“, erklärte ich, „Wir lassen sie jetzt auch gleich wieder ungestört ihre Arbeit tun. Eine Bitte hätte ich aber noch. Könnten sie so freundlich sein und uns informieren, wenn das Ergebnis der Proben da ist?“

Diesmal zögerte die Frau länger, doch mein Lächeln überzeugte sie schließlich, und ich beamte ihr eine Comm-ID zu. 

Ja, inzwischen war ich mir ziemlich sicher, Dr.Johrean verstand sich mehr auf die Toten, als auf die Lebenden und war froh, dass wir nun gingen, aber mir gegenüber hatte sie ihren Argwohn abgelegt.

Zurück bei den anderen, verschwanden wir alle kurz in einer Seitengasse. Ich erzählte, was ich erfahren hatte und zauberte eine Illusion von dem Ork, die wir fotografierten. Mit Bild und dem Namen High Speed ließ sich sicher etwas anfangen. 

Wir gingen in ein Starcaf in der Nähe, deckten uns mit Coffee To Go und Leckereien ein und setzten uns dann in die Wagen, damit Bloody Guts in Ruhe in der Matrix suchen konnte.

«Wissen wir denn etwas über die Rasse des ersten Nachahmungstäters?», fragte Mr.Jack.

«Nein, bisher nicht.», erwiderte ich. Kannst du dich auch noch nach dem Nachahmungstäter umhören Bloody Guts? Irgendwo ist doch bestimmt zu finden, wer das war.», bat ich noch.

 «Klar mach ich.», erwiderte der Troll.

Bei Kaffee und Leckereien diskutierten wir ausgiebig die Fakten und was sie bedeuten könnten.

«Das ist ja alles sehr merkwürdig.», bemerkte BCG. «Und du bist dir sicher Snowcat, dass es keine Magie oder ein Geist ist, der den Typen dazu bekommen hat?»

«Bisher gibt es jedenfalls keine Hinweise darauf.»

«Vielleicht ist der Ork irgendwie mit einem der Vorgänger verwandt? Und will den Tod rächen?», mutmaßte Mr.Jack.

Trixhot meinte, «Ach, der muss nicht verwandt sein. Es gibt so viele kranke Freaks auf der Welt. Aber stimmt schon, merkwürdig ist das. Vielleicht will er seine eigne Rasse nicht wahr haben?» Nach einer kurzen Pause wechselte sie das Thema. «Sag mal BCG, wofür steht eigentlich BCG? Oder wissen wir das schon?»

«Bisher nicht.», warf Moxi ein.

BCG hüllte sich in Schweigen.

TriXhot meinte darauf fröhlich, «Sag das mal lieber irgendwann. Der letzte, der eine Buchstabenkombi als Namen hatte, ist gestorben, bevor das rauskam. Das ist irgendwie schade. Und wer weiß, vielleicht lebt man ja länger, wenn alle wissen, wofür das steht.»

BCG kam nicht mehr zu einer Erwiderung, denn kurz hintereinander geschahen zwei Dinge.

[Song 5: Mark Isham/Blade OST - Intruder5] Als erstes hatte Bloody Guts Daten über den Nachahmungs- und den aktuellen Täter ausgegraben. 

Der Name des Nachahmungstäters war Shawn Walker gewesen. Ein ehemaliges Mitglied der UCAS-Special Forces, der unehrenhaft entlassen worden war, weil er Azzies, also Aztlaner, gefoltert hatte. Ein Mensch und wie sich später heraus stellte, Rassist in mehrfacher Hinsicht. 

Zu seinem Profil passten Parolen über die Überlegenheit der weißen, menschlichen Rasse doch gleich viel besser.

High Speed war der Name eines Mechanikers, der für die örtlichen Urban Brawl Teams arbeitete und mit bürgerlichem Namen Gus Torres hieß. In den letzten paar Tagen hatte man ihn offenbar nirgends gesehen. Gus besaß neben seiner Wohnung eine Werkstatt. Bloody Guts hatte beide Adressen ausfindig gemacht. Damit nicht genug, unser Decker hatte noch etwas ausgegraben, was tiefer versteckt gewesen war. Auf Kelton Island befand sich ein altes Tonstudio, welches Gus vor längerer Zeit erworben hatte. Angeblich zog er sich gelegentlich dorthin zurück, um an neuen Ideen für Motoren und Drohnen zu tüfteln. Rassismus warf Gus niemand vor, schon gar nicht gegen Metamenschen. Werkstatt und Tonstudio wirken vielversprechend, doch beide Adressen mussten warten, denn als zweites meldete sich Bull bei uns. 

Nur wenige Minuten zuvor war offenbar ein neues Opfer im Orkuntergrund aufgetaucht. Auch den Underground konnten wir von hier aus zu Fuss erreichen. Er war nicht sonderlich weit von unseren Parkplätzen entfernt, denn die Wagen standen ja noch in der Nähe des The Big Rhino, unter dem sich bekannter Weise ein Eingang in die Unterstadt befindet.

Wir machten uns umgehend auf den Weg. Vielleicht war Gus ja noch da.

Diese Treppe war nicht ganz so breit, wie die, die meine Kollegen noch vor ein paar Wochen hinunter gegangen waren. Dennoch war sie imposant. Die Schnitzereien an den Säulen waren wundervoll, aber keiner von uns hatte jetzt Zeit dafür. Wir liefen im Eiltempo die Stufen hinab. Nicht einmal Glam Sam gönnte sich einen intensiven Blick, obwohl das erst sein zweiter Besuch hier im Underground war, soweit ich wusste.

Den brüllenden AR-TAG ‚Hey, sieh dir gefälligst die Regeln an oder wir treten deinen Arsch wieder nach oben, gezeichnet die Skraacha!’, ignorierte ich einfach. Ich kannte sie eh auswendig. 

A pro pos Skraacha, ich schnappte mir den ersten Scratcher, den ich finden konnte und zog den hölzernen Token aus der Tasche, den ich vorsorglich eingesteckt hatte und der mich als ‚Friend Of The Ork-Underground‘ auswies.

‹Wie überaus weise von dir, Drachenkätzchen.›, lobte Katze.

Der Skraacha-Ork hatte bereits zu grinsen begonnen, als ich auf ihn zu gelaufen war. Als ich ihm das Token zeigte, weiteten sich seine Augen zu der Größe von Tellern. 

Ich beugte mich ein wenig vor und raunte ihm zu, „Wir haben gehört, dass es hier einen blutig aufgehängten Toten gegeben hat. Wir untersuchen einen ähnlichen Mordfall, kannst du uns da hin führen, wo man ihn gefunden hat? Vielleicht können wir helfen.“

Der Skraacha war bei der Erwähnung des Toten ein wenig blass um die Nase geworden, doch nun nickte er, gab mir ein Zeichen ihm zu folgen und lief los.

Zunächst ging es die Treppe runter, dann bog er ab und wir kamen bald auf eine breite, zweispurige Strasse einer Wohnsektion des Undergrounds. Das hier hatte mit seinen kleinen Reihenhäusern mit bis zu drei Etagen fast schon etwas wie Vorstadtflair. Es gab sogar künstliche Bäume am Strassenrand. Nur die Fahrzeuge fehlten. 

Schon als wir hier entlang rannten, hielten wir Ausschau nach Gus. Ein Ork im Overall im Ork-Underground zu finden würde allerdings keine einfache Angelegenheit werden.

Andererseits hatte Gus zwei Morde innerhalb weniger Stunden begangen. Er musste erschöpft und höchst wahrscheinlich voller Blutsspritzer sein.

Vor einem der Häuser hatte sich eine Metamenschentraube gebildet. Scatcher hielten die Menge auf Abstand.

Der Geruch von Blut lag in der Luft. 

«Haltet die Augen weiter nach Gus offen. Wenn ihn jemand sieht, sollten Trixhot, Moxi, BCG oder Mr.Jack an ihm dran bleiben. Vielleicht sieht er in Menschen nicht so eine große Bedrohung.», wies ich an. 

Unser Führer zeigte auf das Haus.

Ein Troll hing kopfüber vor der Tür. 

Das Schnittmuster der Wunden deckte sich ziemlich gut mit denen von Elisa, wenn man denn den Größenunterschied des Oberkörpers berücksichtigte.

Wie zur Hölle hatte der einen Troll unbemerkt dort aufhängen können? Wie hatte er den Troll überhaupt da hoch bekommen? Der Kerl wog mindestens das doppelte von Gus.

BCG musste den selben Gedanken gehabt haben.« Doch Magie?», fragte er leise.

Ich nahm astral wahr. doch von Magie war keine Spur zu entdecken. Die Gewalt faserte noch nach. Kein Wunder, das Blut an den Schnitten war ja noch nicht mal ganz trocken.

Ich dankte dem Skraacha und wir sahen uns um.

BCG ließ eine Minidrohne aufsteigen und machte mit ihr Bilder von den Metamenschen in der Menge. Doch Gus schien nicht darunter zu sein. 

Ich schob mich, begleitet von Shark Finn, durch die Menge und wandte mich an den Skraacha Wachposten vor dem Haus. Bevor ich etwas sagte, zeigte ich ihm selbstverständlich den Token. 

Er rang sich ein Lächeln ab, doch so ein Toter war ein übler Anblick, auch für einen harten Ork.

„Hey, können wir irgendwie helfen?“, fragte ich.

„Nee, lasst mal.“, antwortete der Scratcher sofort, „Wir haben schon Knight Errant informiert. Das da ist einer von ihren Männern. “

Verdammt, das war gar nicht gut.

Genau in diesem Moment meldet Bloody Guts, «Stimmt, der Tote ist der ehemalige Partner von Tosh Athack und hat mit ihm am Fall des Nachahmungstäter gearbeitet. Walker hat übrigens überwiegend Opfer gehabt, die irgendwie mit dem Ork- Underground oder Proposition 23 zu tun hatten, wie ich grad erfahren habe.»

Noch mal verdammt. 

„Gab es Zeugen?“, fragte ich den Scartcher.

„Nee, gabs nicht.“

„Wer lebt denn in dem Haus?“, wollte ich nun wissen.

„Niemand. Das ist das Haus von Rebecca MacCallister. Nach ihrer Ermordung ist da keiner mehr eingezogen.“

Fragg.

BCG ließ seine Mini-Drohne unauffällig höher steigen, suchte sich ein Fenster und verschwand ins Haus. Die Bilder, die er aus dem Inneren lieferte, zeigten, dass der Überfall, Kampf und Mord dort stattgefunden hatten. 

Ein Knight Errant Cop war tot. Wie hatte Gus ihn dazu bekommen in dieses Haus zu gehen? Egal, gleich würde es hier von weiteren Polizisten wimmeln. 

Wir wussten, wer es gewesen war. Mehr gab es hier erstmal nicht zu holen.

Abgesehen davon mussten wir jemanden warnen.

Die Jungs und Mädels von UC waren unterdes ausgeschwärmt gewesen, doch von Gus hatten sie keine Spur finden können.

Fest installierte Überwachungskameras gab es hier selbstverständlich nicht.

BCG jagte die kleine Drohne noch schnell in die eine oder andere Seitengasse, aber Gus ging offenbar viel zu zielgerichtet vor, um sich hier an dem Schock der Bewohner zu erfreuen und das Ganze zu beobachten. Es war fast, als habe er eine Mission.

Wir eilten die Treppe also wieder hoch, um besseren Matrix-Zugang zu bekommen. Noch unterwegs wählte ich die Nummer von Tosh Attack und stoppte die Wahl sofort wieder, denn Dr. Johrean rief an.

«Das Ergebnis der DNA Untersuchung ist da. Beide Proben stammen von dem selben Mann. Sie hatten Recht, es ist ein Ork. Ein Mann mit dem Namen Gus Torres.»

Ich lächelte leicht, «Vielen Dank Doktor.»

Es gab ein kurzes Lächeln zurück, dann legte die Frau auf. 

«Das war eben der Doc, die DNA hat unsere Vermutung bestätigt.»

«Das ging aber schnell.», meinte TriXhot darauf.

«Ja, so ist das, wenn man eine SIN hat.», kommentierte ich.

Dann tippte ich erneut die Nummer des Detectives ein.

«Sie schon wieder Lady.», meinte er nur.

«Ja, ich kann einfach nicht genug von ihrer männlichen Stimme bekommen. Aber das ist nicht der einzige Grund. Haben sie gehört, dass es im Ork Underground einen weiteren Toten gab?»

«Ja, habe ich.»

«Wissen sie auch wer es ist?», fragte ich nach.

«Nein, noch nicht. Ich weiß nur, dass es sich um einen Knight Errant Gardisten handelt.»

Ich holte tief Luft, «Es tut mir leid, ihnen das sagen zu müssen. Es ist ihr alter Partner, der mit ihnen zumindest am Shawn Walker Fall gearbeitet hat.»

«Okay.» Athack trug es mit Fassung. Das hatte ich nicht anders erwartet.

Ich erklärte, «Ich vermutete, dass der aktuelle Täter sich Personen und Orte vornimmt, die etwas mit dem Shawn Walker Fall zu tun gehabt haben. Das sieht mir ganz nach einem Rachefeldzug aus. Ich wollte sie nur warnen. Sie könnten auch auf der Liste stehen. Seinen sie bitte vorsichtig. Besonders, wenn sich ihnen ein Ork nähert oder sie mit Informationen irgendwo hin lockt.»

Mit jedem meiner Worte trat etwas mehr Milde in die Gesichtszüge auf dem AR-Bild, «Danke. Ein Ork … richtig … gerade kommt die Information rein, dass es sich bei dem Verdächtigen um einen Gus Torres handelt.»

Ich nickte, «Gut, dann wissen sie ja, vor wem sie sich in Acht nehmen müssen. Ich weiß noch nicht wie Torres in Verbindung zu Walker steht, aber er hat es geschafft einen Mann zu überwältigen, der das Doppelte seines eignes Gewichtes hat. Passen sie bitte auf sich auf!»

«Keine Sorge.» Athack lächelte sogar leicht und meinte deutlich freundlicher als zuvor, «Lady, wenn sie etwas über den Aufenthaltsort des Verdächtigen heraus bekommen, dann informieren sie doch die Polizei, damit alles den richtigen Weg gehen kann?»

Ich log ohne zu zögern, «Aber selbstverständlich.»

Wenn Gus Torres die jagte, die etwas mit dem Shawn Walker Fall zu tun gehabt hatten, dann stand natürlich auch Bull auf dessen Liste, inzwischen war das allen von uns klar und darum war es nur logisch, dass ich mich bei ihm meldete und ihn dringend um ein weiteres Treffen bat.

Wir hatten schon heute morgen vorsichtshalber eine bewaffnete Drohne vorbereitet. Ich gab BCG den Zugangscode und unser Anwärter auf den zweiten Riggerposten im Team, schickte sie auf den Weg zu den Koordinaten des ehemaligen Tonstudios. Das war ein gutes Stück zu fliegen und wenn die Drohne da war, hatten wir schon mal ein paar Augen vor Ort. 

[Song 6: Johnny Cash- I See A Darkness5] Praktischer Weise war Bull immer noch im The Big Rhino, in dem wir sozusagen augenblicklich eintrafen, als wir den Underground verließen.

Bull saß immer noch oder schon wieder an dem selben Tisch.

„Und? Was gibt es?“, fragte er, nachdem wir uns gesetzt und zumindest etwas zu Trinken bestellt hatten - das restliche Mittagsgeschäft war noch im vollen Gange, aber die Plätze um Bull herum waren frei. Dem Geschirr nach waren sie es nicht die ganze Zeit über gewesen, aber nun waren sie es wieder und wir konnten uns im Lärm der Mittagsgäste diskret unterhalten. 

Diesmal hatte Glam Sam übrigens mein Stück Tisch gewischt, bevor ich mich gesetzt hatte. Etwas, was Mr.Jack begrüßte, während es von BCG und Trixhot belächelt wurde. Aber das nur so nebenbei.

Ich saß wieder neben Bull. Das was er nun hören würde, was sicher nicht leicht, darum sprach ich in einem sanften Ton, „Wir wissen bereits, wer der Täter ist …“

Bulls Augen begannen zu leuchten.

„ … überraschenderweise ist es ein Ork mit dem Namen Gus Torres.“

Dass es sich um einen Ork handelte überraschte Bull nur kurz. Bloody Guts schnippte ihm via AR ein Bild vom Täter zu. Bull wandte seinen Blick kurz nach oben, um es anzusehen. Dann verschränkte er die Finger ineinander und legte seine Hände auf seinem Schoß ab, um möglichst gelassen zu hören, was ich noch zu sagen hatte.

„Er ist eigentlich Mechaniker, arbeitet für einige Urban Brawl Teams und galt bisher als relativ umgänglicher Typ. Wir haben die Adresse seiner Werkstatt und Bloody Guts hat sogar einen Ort entdeckt, an dem er sich wahrscheinlich aufhalten könnte, um unterzutauchen. Wir sind also dran.“

Bull nickte, „Gut!“

„Es scheint im Moment so, als wenn er die jagt, die mit dem Shawn Walker Fall zu tun hatten.“ Ohne Pause fuhr ich fort, „Denn sein letztes Opfer war einer der Knight Errant Ermittler und den hängte er vor ein Haus von Walkers Opfern auf.“ Ich beschrieb ihm die Lage des Hauses.

Bull wusste sofort, welches Haus ich meinte. Er schluckte schwer.

Ich fuhr fort, „Du und alle die mit dem Ergreifen von Walker zu tun hatten, könnten also in Gefahr sein.“

Er nickte, „Ich werde mein Team zusammen rufen.“

Ich lächelte zart, „Das ist gut. - Eines ist übrigens extrem merkwürdig. Es ist, als wenn Torres sich verändert hat oder sogar zu jemand anderem geworden wäre, obwohl es keine Anzeichen von Besessenheit gibt. Er hat bei seiner Tat mit rassistischen Parolen um sich geworfen und etwas von der Vorherrschaft der weißen, menschlichen Rasse gesagt und behaupte,t alle Nicht-Menschen wären Abschaum.“

Bull hatte die Augen weit aufgerissen und sah zu mir. In seinen Gesichtszügen war Zorn aufgetaucht, nicht gegen mich natürlich, „Weißt du einen genauen Wortlaut?“

Natürlich wusste ich das und ich zitierte einige der Sätze, die ich vor und bei der Tat gehört hatte.

Bulls Blick verfinsterte sich und auch die anderen hier schienen nun ein besseres Bild davon zu bekommen, was für ein Typ der Killer war.

Bull schlug kurz gegen den Tisch, „Das ist genau der selbe verdammte Scheiß, den Walker von sich gegeben hat!“

BCG schob sich aufgeregt ein Stück vor, „Wirklich genau der selbe Scheiß?“

Bull nickte, „Exakt seine Worte.“

BCG überlegte, „Vielleicht ist das ein Schüler von Walker oder der hat ihm eine Gehirnwäsche verpasst? Ich meine, wenn es keine Magie ist.“

„Ist es denn sicher, das Shawn Walker tot ist?“, fragte ich nach.

Bull nickte, „Ich war dabei, als meine Frau das Schwein erschossen hat. Walker ist tot!“

Die Erkenntnis aus diesen Worten traf mich wie ein Schlag ins Gesicht. Rebecca MacCallister war gar nicht die Frau von Bull gewesen, sie war seine Tochter. Mir schnürte sich die Kehle zu, denn ich wusste nur all zu gut, auf welche furchtbare Art Rebecca gestorben war.

Ich ließ mir das nicht anmerken. 

TriXhot meinte ruhig, „Dann ist deine Frau bestimmt auf seiner Liste.“

Bull nickte ernst, „Stimmt, ich ruf mein Team zusammen und passe auf.“, der gestandene Ork wirkte eine Spur geistesabwesend.

„Hast du irgendeine Ahnung, wie Torres an die Ideen von Walker gekommen sein kann?“, fragte ich.

Bull zögerte, „Nicht wirklich. Das ist mehr so eine Ahnung. Wenn er sich jetzt wirklich für Shawn Walker hält… Ich brauche mehr Information. Im Moment kann ich dazu noch nichts sagen. Ihr müsst unbedingt versuchen den Kerl zu fangen!“

Ich erhob mich. „Machen wir. Wir ziehen jetzt auch los. Wir haben keine Zeit zu verlieren. Knight Errant kennt den Namen Torres inzwischen auch und bevor wir uns bei Bloody Guts Tipp umsehen, wollen wir noch zur Werkstatt. Mal sehen, ob wir was über das Verhalten von Torres in den letzten Wochen herausbekommen können.“

„Sehr gut.“, betonte Bull, „Das könnte wichtig sein. Geht mal. Ich übernehm’ das.“ Er zeigte auf unsere Getränke.

«Wie kann denn so was gehen?», fragte BCG neugierig, als wir in die Wagen stiegen.

Mr.Jack erklärte, «Nun, ich habe schon davon gehört, dass es möglich ist, jemandem mit Hilfe von moderner Medizin und Technik eine neue Persönlichkeit zu verschaffen.»

‹Und du bist das beste Beispiel, wie gut das geht.›, kommentierte Katze leise.

«Aber wer ist den so krank und verpasst sich die Identität eines Serienkillers?», fragte TriXhot herausfordernd.

«Ein Psychopath?», mutmaßte Mr.Jack.

Moxi lachte, «Naja, wie du vorhin gesagt hast, Trixhot, kranke Freaks gibt es jede Menge.»

Trixhot konterte, „Aber die Identität eines Nachahmungstäters? Das Original würde ich ja noch irgendwie verstehen, aber die Kopie?»

Moxi nickte, «Ja, damit hast du natürlich auch wieder recht.»

«Ehrlich gesagt, glaube ich auch nicht an eine medizinische Persönlichkeits-Wandlung.», meinte Glam Sam darauf, «Wenn ich es richtig verstanden habe, trug Torres immer noch seinen Torres-Overall. Hätte man ihm eine völlig neue Persönlichkeit verpasst, hätte er sich doch wohl zumindest umgezogen.»

Ich musste kurz lachen. 

Unrecht hatte Glam Sam damit allerdings nicht.

Über den Besuch in der Werkstatt ist schnell berichtet.

Ich gebe gerne zu, dass die Show, die Moxi und ich abgezogen hatten, zwar eine genaue Beschreibung wert gewesen wäre, aber darauf einzugehen, halte ich bei dieser Dramatik irgendwie für unangemessen.

Während Moxi und ich also unter dem Schutz von Glam Sam und Shark Finn die Ablenkung gaben und erfuhren, dass Gus sich in letzter Zeit schon irgendwie geändert habe, weil er nicht mehr so tolle Ideen gehabt, seinen eigenen Anweisungen widersprochen und sich öfter auf die komische Insel zurück gezogen hatte, brachen Mr.Jack, BCG und Trixhot in den hinteren Teil der Werkstatt ein und durchsuchen die Spinde, ebenso wie das Büro. 

Bloody Guts hackte sich unterdes über die total sichere Matrix in den Anschluss der Werkstatt.

Sie brachten folgende Dinge ans Tageslicht. 

Bis vor ungefähr 4 oder 5 Wochen hatte Gus immer Nudeln bei Cho Cho bestellt, dann war er plötzlich zu Rickys Burger gewechselt und hatte dort die Burger mit extra Fleisch geordert, wobei es sich genau genommen natürlich um Fleischimitat handelte. 

Ungefähr zu dieser Zeit hatten laut seinen Leuten auch die Verhaltensänderungen begonnen.

Außerdem fanden die Drei diverse leere Ampullen für Learning Stimulus- und Neo Kortikale Naniten. Der Mann hatte sich also Gehirnjogging in Form von Minirobotern besorgt. 

Das war jetzt vereinfacht ausgedrückt und ich weiß, Liam würden sich die Fussnägel kräuseln, wenn er dieses Bild aus meinem Mund hören würde .

Ferner hatte TriXhot eine Ares Light Fire 75 gefunden und eingesteckt, die mit Panzertape unter dem Schreibtisch festgeklebt gewesen war. Das jemand eine Waffe in der Nähe seines Schreibtisches hatte, war nicht ungewöhnlich. Die Waffe an sich schon. Die Pistole war schwer zu bekommen und besonders bei den Special Forces der UCAS-Armee beliebt, wie Trixhot uns erzählen konnte.

Tja, es gab keinen Zweifel mehr. Aus dem Ork und Mechaniker Gus Torres war der Rassist und Ex-Soldat Shawn Walker geworden. Und zwar mehr oder wenig auffällig in einem unregelmäßigen  Prozess, innerhalb der letzten vier bis fünf Wochen. 

Ich vermutete, dass der ‚Schalter‘ dann irgendwann vor heute Morgen endgültig umgelegt worden war und darum hatte Torres zu Morden begonnen. Dabei musste er auch über Wissen um den Tod von Walker verfügen, denn sonst hätte er den toten Ermittler doch nicht vor das Haus von Rebecca MacCallister gehängt. Selbstverständlich konnte er diese Informationen aus der Matrix gezogen haben, aber warum sollte Gus danach gesucht haben?

Wie es zu der Persönlichkeitsveränderung gekommen war, wusste ich ebensowenig, wie ich wusste, ob Gus noch da oder für immer verloren war. 

Was ich aber wusste war, das Gefahr im Verzug war. Walker würde weiter töten, bis jemand ihn aufhielt.

Und die, die ihn aufhielten, wollten im Idealfall wir sein.

Wir verließen die Werksatt genau in dem Augenblick, als zwei Männer von Knight Errant dort vorfuhren.

❄❄

Wir waren zum Bootshaus gefahren, um uns auszurüsten und umzuziehen. Jedenfalls die meisten von uns. 

BCG und Glam Sam waren ja noch nicht im Team und darum trafen wir sie an einer Anlegestelle in den Tacoma-Docks.

Da Moxis Spezialfähigkeiten auf der Insel nicht gebraucht werden würden, sollte sie dann im einem Team-SUV an der selben Anlegestelle warten und sich bereit halten, um uns gegebenenfalls irgendwo abholen zu können. Man wusste ja nie, wo man wieder an Land kam.

Sieben Personen waren immer noch zu viel für das kleine Aztech Night Runner Schnellboot, besonders, wenn die Personen ausgerüstet und zwei von ihnen Trolle waren. Also nahmen Shark Finn, TriXhot und ich Jetski. 

Ich beschwor noch Undine Flush, bat ihn um ihre Hilfe bis zum Sonnenuntergang und füllte meinen Zauberspeicher mit einem Deflection-Spruch. 

Sicher war sicher.

‹Was hast du denn heute immer nur mit diesem sicher ist  sicher, Drachenkätzchen?›

❄❄

TriXhot sah zu BCG, der das Boot fahren würde. „Kannst du meinen Rucksack nehmen, BCG?“, fragte sie.

BCG verzog das Gesicht, „Was ich? Ich hab selber genug zu tragen.“

TriXhot verdrehte die Augen. „Nicht nachher, sondern jetzt. Ich will nicht, dass meine Sachen auf dem Jetski nass werden.“

„Ach so. Na klar.“

TriXhot warf ihm die Tasche zu. „Aber schön drauf aufpassen. Übrigens ist es nicht zu viel verlangt, wenn ein Kerl mal eine Tasche von nem Mädel nimmt. Man, man, man.“

Damit hatte TriXhot uneingeschränkt Recht

Es war ein merkwürdiges Gefühl ausgerüstet mitten am Nachmittag über die Gewässer vor Tacoma zu fahren. Normalerweise bewegten wir uns nachts, wenn wir auf einem Run waren. 

Aber das war ja auch ein ganz besonderer Run, der mich irgendwie beunruhigte. Gus, ein umgänglicher Typ, war irgendwie zu einem rassistischen Serienkiller geworden. Seine Persönlichkeit war durch eine andere ersetzt worden und Magie schien bisher nicht im Spiel zu sein. Es war natürlich möglich, dass sich ein hochstufiger Geist in ihm versteckte, aber es sah einfach nicht danach aus.

Nun, im Moment war es wichtiger, dass wir Gus, nein ich sollte besser sagen das wir den Ork Shawn Walker fingen, bevor er noch jemanden tötete.

Ketron Island liegt vor Tacoma und ist nur 2,3 Kilometer lang und zirka 600 Meter breit. Es gibt dort viel Wald und zwei öffentliche Anlegestellen, eine im Norden und eine im Süden. Ein paar Wohnhäuser stehen auf der Insel, von denen laut Bloody Guts derzeit drei bewohnt waren. Durchschnittlich lebten auf der Insel in den vergangenen Jahren 20-30 Metamenschen. Die Insel verfügt über einige Wege, die zu den einzelnen Grundstücken führen und am südlichen Ende der Insel gibt es eben dieses alte Tonstudio, das Gus erworben hatte und wenn der Ork Shawn Walker an diese Information gekommen war, wovon wir ausgingen, dann könnte er sich durchaus auf die Insel zurück gezogen haben. 

Unsere Drohne hoverte schon über dem Tonstudio und wir konnten noch während der Fahrt eine Karte vom Gelände erstellen.

Seit die Drohne über dem Gelände Ausschau hielt, hatte sich da unten keine Metamenschenseele bewegt, aber das musste nicht bedeuten, dass niemand da war. In das Haus konnte sie nicht gucken. Zumindest wurde da geheizt. Auf Infrarot hob sich das Haus von der Umgebung ab.

[Song 7: From Hell - Whitechapel Murders5] Als wir landeten, vertäuten wir Boot und Jetskis am südlichen Steg.

Ich verschwand kurz im Boot, um den Neopren aus- und Jeans und Pullover anzuziehen. Auch TriXhot zog sich um und nahm ihre geliebten Babies, ihre Pistolen, wieder an sich.

Wir entschieden uns dafür, uns dem Tonstudio zunächst auf dem normalen Weg zu nähern und dann in Wald abzubiegen.

Wir bewegten uns vorsichtig durch das Geäst, dennoch knackten so einige Zweige unter unseren Schritten.

Nach wenigen Metern im Wald blieben wir stehen. BCG hatte vorgeschlagen das Gelände zunächst per Minidrohne zu erkunden. Das war eine gute Idee. Der Mann mit der Brille setzte sich, lehnte sich an einen Baum und startete das kleine Flugobjekt.

Es dauerte nicht lange, dann entdeckte er einen Lüftungsschacht, durch den er von oben in das einstöckige Gebäude fliegen konnte.

Das Bild, dass uns die Drohne zeigte, nachdem sie in den Raum unter den Schacht geflogen war- bei dem es sich früher wohl um das eigentliche Aufnahmestudio gehandelt hatte- war das einer Orkfrau fortgeschrittenen Alters, die an einen Stuhl gefesselt war. 

Ich erschrak ein wenig.

In ihrem Gesicht zeichneten sich eine Vielzahl von Gefühlen ab. Da war Angst, aber auch Zorn und Entschlossenheit.

«Ich wette, dass ist Bulls Frau.», bemerkte ich leise. 

‹Ich wette du hast Recht, Drachenkätzchen.›, kommentierte Katze.

«Dann befürchte ich, wir müssen uns beeilen.», stellte Mr.Jack ruhig fest.

Trixhot bestätigte, «Yep, glaub ich auch.»

Die Drohne wandte ihre Sensoren der Scheibe zu, durch das man in den Raum mit den Mischpulten sehen konnte. Dort stand Gus ‚Shawn Walker‘ Torres und brabbelte offenbar aufgeregt vor sich hin. Es war nicht zu hören, was er sagte, dann so war ein Tonstudio nicht konstruiert. 

«Mit wem spricht der denn da?», fragte BCG.

«Na mit sich selbst.», erwiderte Glam Sam.

«Hast du noch nie Selbstgespräche geführt?», wollte Bloody Guts wissen.

BCG maulte, «Nein, jedenfalls …»

Mr.Jack unterbrach ihn, «Gentlemen darf ich euch an die Dringlichkeit erinnern.» 

«Noch ist er in dem anderem Raum, aber ich möchte ihm nicht die Gelegenheit geben, der Frau etwas zu tun. Wir sollten so schnell wie möglich vorrücken. Ich werde uns verschleiern lassen.», begann ich mit der Planung, «Das geht allerdings maximal für sechs Personen.»

BCG meinte sofort, «Ich bleib hier. Mit der Minidrohne bin ich eure Augen und mit der Team-Rotordrohne, kann ich zumindest das Außengelände abdecken.» 

Bloody Guts fügte hinzu. «Hacken kann ich auch von hier aus. ich bleib dann auch hier.»

«Copy, so machen wir es.», bestätigte ich. „Ich sehe auf den Bildern zwei Zugänge, einmal durch die Eingangstür und dann durch eine Dachluke, die nahe des Lüftungsschacht liegt. Wenn möglich, sollten wir beide nutzen und in zwei Gruppen gleichzeitig eindringen. Mr.Jack und TriXhot könnten über die Dachluke gehen und die Frau schützen, während wir uns den Typen holen. Einverstanden?»

Keiner widersprach. 

«Glam Sam, hast du dich mit der Netzpistole vertraut gemacht?», fragte ich noch.

«Ja. Zumindest für den Schuss aus kurzer Entfernung sollte es reichen.», erwiderte er.

Bloody Guts meldete, «Ich hab hier einen Mini-Host gefunden. Da sind 2 Geschütze und ein Commlink angemeldet. Außerdem ist da das Schloss für den Eingang, die Tür ist zu, aber nicht abgeschlossen.»

Die Position der Geschütze erschien auf unserer AR-Karte.

Glam Sam erklärte, «Das hintere Geschütz betrifft uns nicht. Wenn wir beim Anschleichen einen kleinen Umweg machen, können wir von der blinden Seite kommen, was das vordere Geschütz angeht.»

«Dann machen wir das.», bestätigte ich.

BCG sagte, «Ich flieg mit der Kampfdrohne zu dem hinteren Geschütz. Solltet ihr Ablenkung brauchen, kann ich das mit der bewaffneten Drohne unter Beschuss nehmen.»

Ich nickte, «Gute Idee.»

«Wenn der sich jetzt als Marine fühlt,» begann TrIXhot.

«Nur Special Forces.», korrigierte Bloody Guts.

Trixhot grinste, «Okay, wenn der sich jetzt also für einen Special Forces Soldaten hält, mit was für Vorkehrungen von seiner Seite aus können wir noch rechnen?»

Das war eine ausgesprochen gute Frage. «Stolperdrähte und kleine Fallen aus eher herkömmlichen Material.», erklärte ich. «TriXhot hat recht, wir sollten uns die Zeit nehmen, danach Ausschau zu halten.»

Ich bat Flush um die Verschleierung unserer Gegenwart und dann ging es los.

Schon nach wenigen Metern zeigte sich, wie gut der Hinweis von TriXhot gewesen war. Ich entdeckte einen Draht, der zwischen zwei Bäumen dicht über dem Boden gespannt war und der den Stift einen Handgranate ziehen würde, wenn man an ihm riss. 

Wir markierten die Stelle auf der Karte und stiegen dann darüber hinweg. 

Das Bild der kleine Flugdrohne im Inneren des Gebäudes zeigte, das Gus Shawn Walker Torres sich stärker in Rage brachte. Er wirkte wütend und völlig von sich überzeugt. Lange würde es nicht mehr dauern, bis er zum Messer griff. 

Wir erreichten die vordere Wand des Hauses ohne weitere Zwischenfälle.

Shark Finn hob zunächst Mr.Jack und dann Trixhot aufs Dach. Mr.Jack hatte seinen Regenschirm dabei und trug, ebenso wie Glam Sam, immer noch seinen Anzug. 

Ich glaube übrigens, Mr.Jack hatte sich zu einem Teil aus Höflichkeit nicht umgezogen, da Glam Sam das auch nicht hatte tun können. 

Trixhot fragte plaudernd, «Ist der Regenschirm eigentlich kugelsicher?» 

«Noch nicht.», erwiderte der Gentleman, «Aber ich hoffe, er kann es eines Tages sein.» 

Die beiden warteten an der Luke. Wenn alles gut ging, würden sie erst eindringen, wenn wir vor der Tür zu Gus standen.  

«Du BCG. Du kannst doch die Luke von innen sehen?», wollte TriXhot wissen, «Kannst du nicht noch mal nah dran fliegen und gucken, ob da auch eine Falle ist? Da würdest du echt Punkte bei mir sammeln.»

«Mach ich.», erwiderte BCG und kurz darauf meldete er, «Da ist tatsächlich eine Sprengfalle. Das ist doch sicher die doppelte Punktzahl wert?»

«Klar.», meinte TriXhot ehrlich.

Also würden wir alle gemeinsam die Vordertür nehmen.

Da die Tür ins Haus unverschlossen war, zog Finn sie vorsichtig ein Stück auf. 

Glam Sam hielt nach Fallen Ausschau. Als er ‚Frei‘ meldete, riss Shark Finn die Tür auf und Glam Sam trat ein, «Sauber.», meldete er erneut.

Wir landeten in einem Vorraum mit Empfangstresen. Hinten links gab es eine Tür, die laut Zeichen darauf zu den sanitären Anlagen führte. 

Ganz rechts war eine weitere Tür. Hinter jener Tür musste sich der Gang befinden, über den man die beiden Zielräume betreten konnte. BCG hatte mit der Drohne zwei Türen im Blick. Beide waren geschlossen.

Wir sprachen uns kurz ab.

Ich wusste, das Finn in jedem Fall bei mir bleiben wollen würde, also sagte ich, «Shark Finn und ich schleichen weiter zur zweiten Tür und sichern Mrs. MacCallister und ihr drei schnappt euch den Killer. Einverstanden?»

«Klar.», bestätigte TriXhot, «Mr.Jack macht die Tür auf und Glam Sam und ich fangen und betäuben ihn.»

So schnell konnte ein Plan stehen.

Mein kleines Team musste zuerst durch die Tür, also schlichen wir vor.

Wir hatten in etwa die Hälfte des Vorraums durchquert, als mir etwas merkwürdig vorkam. Ich gab das Haltzeichen.

Tatsächlich, da vor uns war ein Brett im Dielenboden lose. Ich hob es vorsichtig hoch und entdeckte darunter vier Schrotpatronen. Wenn man auf dieses Brett trat, würde es einem die Beine wegreißen. Mein Bodyguard entschärfte die Falle, indem er die Patronen einsteckte.

So lautlos wir möglich öffneten wir die Tür. 

Die Mini-Drohne würde uns warnen, wenn der Killer den Raum verließ.

Shark Finn und ich bewegten uns flink zur zweiten Tür. 

Wir stellten uns in Position.

Drei.

Zwei.

Eins.

Go!

Gleichzeitig wurden die Türen aufgerissen.

Glam Sam feuerte das Netz ab und traf.

Trixhot schoss zwei mal. Auch sie traf. Der Ork begann zu zucken und verstrickte sich tiefer im Netz.

Mr Jack huschte in den Raum, griff dem Ork in den Nacken und der Körper erschlaffte. 

Das war schnell gegangen. 

Special Force hin, Serienkiller her, am Ende war es nur ein Ork gegen drei Shadowrunner.

Er hatte keine Chance gehabt.

Ich bat Flush darum, die Verschleierung aufzuheben und sagte im freundlichen Ton, „Mrs MacCallister, erschrecken sie nicht. Ihr Mann schickt uns. Wir werden sie jetzt befreien.“

Ich gebe zu, ich war erfreut zu hören, dass die Orkin tatsächlich Bulls Frau Mary war und ich war erleichtert, dass sie so gut wie unverletzt geblieben war. 

Da wir die Lage unter Kontrolle hatten, griff ich zum Commlink und gab die Nummer unseres Auftraggebers ein. 

Er nahm ab, bevor der erste Rufton verklungen war. Decker und so.

«Hey Bull. Wir haben ihn.», meinte ich nur.

Er atmete hörbar auf.«Sehr gut. Könnt …»

Ich unterbrach ihn, «Warte mal kurz, da möchte dich jemand sprechen.»

Ich gab das Commlink weiter. 

Das folgende Gespräch war emotional und rührend. Ich werde das hier nicht wieder geben. Das gehört nur den beiden Eheleuten.

Bull bat uns den Ork Shawn Walker zu einem Lagerhaus bei den Tacoma Docks zu bringen. 

Wir fanden noch einige Waffen, APDS Munition - Gus musste also Kontakte von Shawn Walker genutzt haben, da war nicht leicht ran zu kommen- und fünf Obsidian-Dolche. 

Dann kehrten wir zum Boot und den Jetskis zurück. 

Da wir nun zwei Orks mehr zu transportieren hatten, wurde das eine kuschlige Fahrt, aber das störte niemanden.

Moxi wartete ja bei den Wagen und wir konnten gleich weiter fahren.

Noch weit bevor die Sonne unterging, trafen wir im Lagerhaus in Tacoma ein.

Zunächst wurden wir Zeuge einer wundervollen Familienzusammenführung. Ein junger Ork wurde ebenfalls geherzt. Er hatte einen Cyberarm und schien der Sohn von Bull und Mary zu sein.

Bulls gesamtes Team war auch anwesend. 

Ich sah einen menschlichen Ameri-Indianer in Fransenkleidung und mit Schwert auf dem Rücken. Ferner zwei Frauen, eine war ähnlich gekleidet, wie der Native, die zweite Frau war kleiner und wirkte irgendwie schmuddelig angezogen. Des weiteren war da ein menschlicher Mann, den ich ungefähr auf Bulls Alter schätzte und der eine Robe mit einem hermetischen Symbol darauf trug. Sonderlich reich schien das Team nicht durch Runs geworden zu sein. Aber vielleicht war das auch nur Tarnung,

Wie auch immer - Legenden waren sie dennoch.

Da Mary als Einzige nicht erschienen war, als Bull alle zusammen gerufen hatte, hatte man schon das Schlimmste befürchtet. Umso schöner, dass es nicht eingetreten war.

Bull kam zu mir, umfasste meine Hand mit seinen Händen und schüttelte sie. „Ich danke euch vielmals. Abgesehen davon war das beeindruckende Arbeit.“

„Gern geschehen und danke.“, erwiderte ich charmant lächelnd.

„Wir werden ihn jetzt verhören.“, erläuterte Bull, „Ihr könnt gerne dabei bleiben. Aber auch gehen. Wie ihr wollt. Wenn ihr gehen wollt, dann treffen wir uns nachher einfach noch mal im Rhino und dann sag ich euch, was wir erfahren haben.“

Ich warf einen kurzen Blick zu meinen Leuten. Zumindest TriXhot und BCG wollten lieber gehen. So sah ich es auch. Es konnte durchaus sein, dass Bull und seine Leute eine Grenze überschritten, die wir nicht mit überschreiten wollten. Da war es besser, wenn wir gingen.

Ich umarmte Bull kurz freundschaftlich, was ihn dann doch überraschte und sagte, „Bis nachher dann.“

❄❄

[Song 8: Aloe Blacc - Ticking Bomb5] Ich kann gut und gerne behaupten, dass ich zum allerersten Mal in meinem Leben drei mal am selben Tag im The Big Rhino gewesen bin und ich glaube auch nicht, dass es so schnell wieder vorkommt.

Diesmal war das Abendgeschäft im vollen Gange, aber Bull hatte es dennoch geschafft, die erforderlichen Plätze für uns frei zu halten. Ich denke, die Wahrscheinlichkeit war groß, dass er gute Beziehungen zu diesem Laden hatte.

Kaum dass wir da waren, wurde eine große Platte mit all dem geliefert, für das das Rhino so berühmt war. Schweinebauch, Krautsalat, Paprika-Huhn, Grünkohl, Pfeffer-Biskuits, Rippchen und und und. Selbstverständlich gab es dazu jede Menge Hurlg, Bier und für die, die es weniger heftig mochten, Cidre und sogar Wasser. 

Bevor wir das erste Mal anstießen, erledigte Bull das geschäftliche und schob mir 8 Credsticks mit je 15.000 nuYen rüber. Die Rettung seiner Frau war ihm einen deutlichen Bonus wert gewesen.

Er sah um ein vielfaches besser aus, als heute Morgen, aber völlig sorgenfrei war er nicht.  

Dennoch hatte er, hatten wir, Grund zu feiern. Immerhin hatten wir einen Serienkiller gefangen und Mary MacCallister gerettet. Also feierten wir auch, wenn auch nicht extrem ausgelassen.

❄❄

Zum Nachtisch wurde Bull dann wieder richtig ernst, „Gus Torres hat sich wirklich für Shawn Walker gehalten. Da war nichts mehr von Gus übrig. Wir konnten bestätigen, dass keine Magie im Spiel war.“

„Und hast du nun irgendeine Idee, wie es dazu kommen konnte?“, fragte ich.

Bulls blickte für einen Moment in sein Glas, „Nun jaaa. Nicht richtig. Allerdings ist es nicht der erste Fall dieser Art, von dem ich höre.“

BCG beugte sich neugierig vor.

Ich neigte den Kopf leicht, „Nicht? Und von welchen Fällen hast du gehört?“

„Na, eigentlich ist das sogar der Grund, warum ich Admin vom Jack Point bin und es neue Einladungen unter anderem auch an dich gegeben hat, Snowcat.“

Nun war ich wirklich überrascht und zeigte es auch.

Bull kratzte sich am Kopf, „Fast Jack hat zunächst nur kleine Ausfälle …“

Ich zog scharf die Luft ein. Fast Jack? Der berühmte Fast Jack? Das war ja furchtbar.

„ … an sich bemerkt. Er konnte sich nicht erinnern, was er vor einer Stunde getan hatte oder wusste nicht, warum etwas an einer anderen Stelle lag. Andere haben kleine Veränderungen in seiner Art bemerkt, aber nicht immer, sondern nur manchmal und es war manchmal auch nur eine andere Art zu sprechen oder so.“ 

Bull trank einen Schluck und erzählte dann weiter. „Irgendwann ging das aber so weit, dass er ganze Nächte, Runs oder mehrere Tage verlor. Bekannte sprachen ihn auf etwas an, an das er sich nicht erinnern konnte. Man bestätigten hm dann auch, dass er nicht mehr der Selbe gewesen war. “

„Weiß du etwas über seine andere Persönlichkeit? War das auch die eines Serienkillers?“, wollte ich wissen.

Bull zuckte mit den Schultern, „Keine Ahnung, ich weiß nichts darüber. Fast Jack hat Nachforschungen angestellt, wenn er er selbst war. Aber wirklich erfolgreich war er nicht. Dann hat er beschlossen unterzutauchen und den JackPoint an mich und andere zu übergeben. Manchmal kontaktiert er uns. Aber ich weiß nicht, wo er ist.“

Ich schluckte, „Irgendeine Ahnung, was das sein könnte und wo es herkommt?“

Wieder zuckte er mit den Schultern, „Nicht richtig. Fast Jack vernutet, dass das etwas mit einer Forschung über KI, Technomancer und Matrix-Entitäten vom Großen Drachen Celedyr zu tun hat. Die Echse hat da eine Anlage nahe Albuquerque.“

„Dun meist, die in dem Berg?“, fragte ich nach.

Bull nickte überrascht, „Ihr wisst davon?“

Nun nickte ich, „Wir waren mal da. Wir mussten zwei Freunde von uns rausholen, die da gefangen waren.“

„Echt? Dann behaltet die Freunde gut im Auge. Fast Jack glaubt, dass er sich das Ganze da eingefangen hat. Was auch immer es ist.“

Ich griff möglichst ruhig nach meinem Glas Wasser, um das Entsetzten damit runter zu spülen.

Bull fuhr fort, „Jedenfalls halten einige von uns jetzt die Augen und Ohren danach offen. Leider hat mir der Fall Gus Torres nicht wirklich weiter geholfen. Ein weiterer Name auf der Liste.“

„Wer steht denn noch auf der Liste?“, fragte Trixhot.

Bull zögerte kurz, zählte dann aber auf, „Da ist Miles Lanier, ehemals Troubelshooter von Fuji, beziehungsweise NeoNet und die Runnerlegenden Riser und Plan 9.“

Riser? Auch den Namen kannte ich. Er war zusammen mit Yankee und Doc im Smokers Club gewesen - ein Zusammenschluss von Auftragskillern - und hatte, nachdem sich Yankee daraus zurück gezogen hatte, eigentlich die Führung übernommen.

Das war alles höchst beunruhigend.

❄❄

Oh, nun ist aber schon wieder eine Menge Zeit vergangen. Zum Glück befinde ich mich bereits fast am Ende meiner heutigen Geschichte. Fast.

Im Anschluss an das Abendessen im The Big Rhino fuhren wir alle gemeinsam ins Bootshaus. Dort nahmen wir BCG und Glam Sam feierlich bei UC auf. 

Doc war zu meiner großen Freude auch zugegen, denn ich wollte unbedingt mit ihm über den Schrecken sprechen, den ich bekommen hatte.

Average. Wir hatte ihn damals aus der Anlage befreit und als wir Monate später im Hort von Alamais unterwegs gewesen waren, hatte er sich anders verhalten, als wir es von ihm kannten. Nicht dramatisch anders, aber bemerkbar und er hatte immer wieder Hai, das Japanische Wort für Ja benutzt. Average sprach eigentlich nicht einmal Japanisch.

Vielleicht waren wir dichter an diesem Phänomen dran, als uns allen lieb sein konnte.

Ich schmückte meine Sorge nicht weiter aus, aber wir teilten den anderen aus dem Team zumindest mit, dass Average in dieser Anlage gewesen war, und dass sie Doc oder mir mitteilen sollten, wenn ihnen an Average etwas merkwürdig vorkam.

So wie ich Average kenne, würden wir gerade von den Neuen bei UC eine Menge Meldungen über Merkwürdigkeiten erhalten, aber Doc und ich werden die Relevanten von den Uninteressanten unterscheiden können. 

Dessen bin ich mir ganz sicher.

Tja, ein Serienkiller, eine nacherlebte Folterung mit anschließender Tötung und ein ominöses, Identität-überschreibendes-Phänomen, sind nicht gerade Bilder und Gedanken, die man gerne für immer in seinem Kopf hat. Doch in meinem würden sie nun für immer sein.

Um dennoch gut schlafen zu können, hilft nur eines. Man muss schöne Bilder und Erinnerungen in den Vordergrund ziehen - und das tat ich vor dem Einschlafen.

‹Hmm, Drachenkätzchen. Ich finde, du kannst ruhig zugeben, dass du es dir vorhin damit einfach gemacht und Harlequin angerufen hast.›

‹Das brauche ich nicht Katze, denn das hast du ja gerade für mich getan. Ich hoffe, du behältst zumindest für dich, was wir gesprochen haben.›

‹Natürlich tue ich das, Drachenkätzchen. Für solche Geschichten ist das hier sowieso nicht das richtige Portal.›

Also, Freunde des Tages und der Nacht. Haltet Ausschau nach Metamenschen, die sich anders benehmen als sonst und wenn ihr einen Blackout habt, dann schiebt das nicht leichtfertig auf die Drogen, die ihr euch reingezogen habt.

Denn denkt immer daran, es ist nicht die Frage ob du paranoid bist …

Und solltet ihre mal das Glück haben und auf mich treffen, dann sprecht mich auf diese Geschichte nicht an. ich würde wahrscheinlich alles abstreiten. Es sei denn natürlich, ihr habt mir einen ähnlichen Fall zu melden.

03/10/75, 07:19:22

Hier kannst du deine Kommentare zu Cut the Cutter hinterlassen: The Tale Goes On, Part One [LINK].

Fussnoten:

0. Bei den Episoden handelt es sich um in Geschichten umgewandeltes Pen & Paper RPG. Durch die Umstellung von SR4A auf SR5 und zusätzlichen Regelerweiterungen kann es in den Geschichten zu Unbeständigkeit oder Widersprüchen zu früheren Episoden kommen. So kann zum Beispiel ein Charakter eine Sache nicht mehr, die er vorher konnte oder das Wirken einer Kraft hat andere Ergebnisse, als zuvor. Für den Charakter ist es aber so, als wäre es immer schon so wie nach den neuen Regeln gewesen.  

1. Die Episode wurde am 29.12.2015 und 08.01.2016 erspielt. Der Spieler von Mr.Jack war am zweiten Abend nicht anwesend. Wegen den Widrigkeiten und Schönheiten des RL können nicht immer alle Spieler am Spielabend teilnehmen, obwohl ihr Charakter mit auf dem Run ist. In diesen Fällen wird der Charakter zwar mitgeführt, sein Handeln gerät, wenn möglich, in den Hintergrund. Der Spotlight steht auf Charakteren, deren Spieler anwesend sind. Eine Beschreibung aller Charaktere findest du hier[LINK].

2. Der Zeitstempel wird an unsere Zeitlinie angepasst und ist maximal an die offizielle Timeline angelehnt.

3. Sprawl Wilds ist ein Shadowrun® 5 Missions-Band von Catalyst Game Labs. Der Run wurde an unsere Spielergruppe angepasst und kann stark verändert sein. An dieser Stelle danken die Spieler unserer Runde den Autoren von Shadowrun® für ihre Arbeit. Ohne sie wäre unser Spiel nicht möglich.

4. Bull, The Best Ork Decker You Never Met ist ein schon lange im SR-Universum existierender Charakter. Wir hoffen, dass unsere Interpretation nicht allzu weit von der seines Schöpfers abweicht und entschuldigen uns dafür, sollte dies doch so sein.

5. Die verlinkten Songs sollen lediglich zu Stimmung beitragen und enthalten keine versteckten Hinweise. Jedenfalls meistens nicht. Eine komplette Episoden Playlist findest du hier [LINK].

*reckundstrekgenüsslich* Hoffe Ihr habt Spass; *knutschi*