Tales of Snowcat 42: Car Theft (Run 85)

TALES OF SNOWCAT (42)

PERIOD4: Magician

ERA4: Modern Baroque

AGENDA8: Shadowrun

TIMESTAMP1: 06/16/2077

RUN NO: 85

ON THE RUN: Bloody Guts, Hamaka, Mr. Tea, Snowcat

APPEARANCE2: Harlequin, Moxi, Shark Finn

SPECIAL APPEARANCE2;5: None

SPOILER ALERT: Dieser Run enthält Spoiler auf den Kampagnenband Bloody Business

WARNING: Dieser Text ist für Leser unter 17 Jahren nicht geeignet. Sexualität, Gewalt, Magie, Tod, Kraftausdrücke, Folter, Rassismus, Alkohol- und Drogenkonsum können vorkommen. 

DAS GESCHAH ZULETZT:

Die Gruppe beschließt, im alten Safehouse zu bleiben. Am frühen Abend des nächsten Tages beginnt man mit der Suche nach Giradi. Dazu soll zunächst Kontakt zu einer örtlichen Gang hergestellt werden: den Hell Souls. Die Kontaktaufnahme gelingt. Der Boss der Gang, Hell Bent, ist bereit, sein Wissen über den Aufenthaltsort von Giradi preiszugeben, wenn die Runner ihm auch einen Gefallen tun. Das Team soll unbemerkt Chips aus einem Container umprogrammieren. Als das Team sich im Ziellagerhaus befindet, stellt es überrascht fest, dass dort mehr Chips sind als erwartet. Das Ganze dauert 50 Minuten, was die Geduld der Runner auf die Probe stellt. Da sie die Nerven bewahren können, erledigen sie den Auftrag problemlos. Danach geht es erstmal zurück ins Safehouse. 

Als man den Chip-Progammierer am nächsten Abend bei den Hell Souls abgibt und den Chip mit den Informationen über den Aufenthaltsort von Giradi erhält, hat Hell Bent, der Boss der Gang, noch eine Bitte: Die Runner sollen nach einer kleinen Kinderklinik sehen, in der in den letzten Wochen sechs Kinder verschwunden sind. Die Runner sehen nach dem Rechten und können die Entführer ausmachen, als diese das nächste Mal zuschlagen: Hungrige Ghoule. Es gelingt, die Ghoule auszuschalten und letztendlich zu eliminieren.  

In den nächsten Tagen kümmert man sich endlich um die Extraktion Giradis. Der Plan steht bald. Genau, als man den Compound infiltrieren will, erscheint ein SUV zu einem Meeting. Es stellt sich heraus, dass die Illuminates um Giradi für den Ordo Maximus forschen. Snowcat bricht den Auftrag ab und setzt den Auftraggeber über die neuen Fakten ins Bild. Dieser ändert darauf die Parameter. Man soll nun die Versuchsobjekte befreien. Wenig später schlägt das Team zu. Eine Befreiung der beiden HMHVV-Infizierten gelingt. Noch auf der Fahrt zum Treffpunkt mit dem Auftraggeber Nazaire erreicht das Team die Nachricht vom Brand auf dem Compound. Ein Zeichen dafür, dass der Ordo Maximus keine Fehler duldet und Giradi nun Geschichte ist.

Anmerkungen: 

1. Der Zeitstempel wird an unsere Zeitlinie angepasst und ist maximal an die offizielle Timeline angelehnt.

2. Die Episode wurde am 30.08.19 erspielt. Neben mir und dem GM waren die Spieler von Hamaka und Mr. Tea anwesend. Da wir eine große Gruppe von 8 Spielern sind, nimmt jeder Spieler meist nur einen Charakter mit auf den Run. (Unter Umständen kann ein weiterer Charakter für den Run notwendig sein.) So sollen zu viele gleichzeitige Handlungsstränge vermieden werden. Nur in der ausgespielten Downtime kann ein Spieler alle seine aktiven Charaktere ausspielen. Wegen den Widrigkeiten und Schönheiten des RL können nur selten alle Spieler am Spielabend teilnehmen. Deshalb können Charaktere in einer Episoden ohne weitere Erklärung auftauchen, verschwinden oder nicht weiter erwähnt werden. Darüber, welche Charaktere mit auf einen Run gehen, entscheiden die Spieler nach eigenem Gefallen. Das muss nicht immer die logischste Entscheidung sein, und entspricht in keinem Fall nur Snowcats Willen, auch wenn es in der Geschichte anders zu lesen ist. Manchmal ist ein Charakter mit auf einem Run, obwohl sein Spieler abwesend ist. In diesen Fällen wird der Charakter zwar mitgeführt, sein Handeln gerät wenn möglich aber in den Hintergrund. Das Spotlight soll auf Charakteren liegen, deren Spieler anwesend sind. Gegebenenfalls hinterlassen Spieler beim GM Regieanweisungen. 

Eine Beschreibung aller Charaktere findest du hier [LINK].

3. Die verlinkten Songs sollen lediglich zu Stimmung beitragen und enthalten keine versteckten Hinweise. Jedenfalls meistens nicht :). Übrigens kaufen wir jeden in den Episoden verwendeten Song, sollte er sich nicht schon vorher in unserem Besitz befunden haben. Nicht nur, damit wir die Songs jeder Zeit auf all unseren Geräten abspielen können, sondern auch, weil wir damit den jeweiligen Künstler unterstützen möchten. Eine Liste mit dem kompletten Soundtrack findest du hier [LINK]. Eine YouTube Playlist zur aktuellen Season findest du hier [LINK].

4. In den ‚Tales of Snowcat’ erzählt Snowcat einem imaginären, nicht näher definierten Zuhörer die Ereignisse aus ihrer ganz persönlichen Sicht. Seit dem Weggang von Katze führt Snowcat auch Tagebuch. Was ihr zunehmend wichtiger wird, da ihr die Dialoge mit Katze fehlen. Man kann ToS demnach auch als Tagebuchauszug betrachten. ‚Period‘ beschreibt dabei den Lebensabschnitt auf dem sich Snowcat befindet. ‚Era' beschreibt das Thema, unter das Snowcat in dieser Zeit den Inhalt ihres Kleiderschranks gestellt hat. ‚Broadcast‘ fasst zusammen, was von dem per Drohne gedrehten Material dem Trideo-Zuschauer der Serie Snowcat and the Howling Shadows zur Verfügung gestellt wird und wann es gestreamt wird.

5. Einige der Namen, die in der Geschichte auftauchen, sind auch in der offiziellen Shadowrun-Welt ein Begriff. Ähnlichkeiten sind beabsichtig. Allerdings kann das hier dargestellte Bild auch deutlich von dem Bild im SR-Kanon abweichen, da es unserer Spielwelt angepasst wurde.

6. Teilweise stehen Dialoge in diesen » « Textzeichen. Die gesprochenen Worte werden dann vornehmlich via Teamnetzwerk oder Commlink verbreitet und sind für Wesen, die keine Mitglieder im Teamnetzwerk sind, nicht oder nur schwer zu hören. Ferner stehen in <> schriftliche Nachrichten und in ‹ › stehen Dialoge via Geistesverbindung, wie zum Beispiel die mit einem Geist unter Kontrolle, Gespräche via Mindnet oder Dragonspeech. Wird zusätzlich eine andere Schriftart verwendet, handelt es sich um unausgesprochene Gedanken oder extra-persönliche Anmerkungen von Snowcat.

7. Snowcat sieht die Geister, die einen Element zugeordnet sind als klassische Elementarwesen:  Luftgeister sind Sylphen, Erdgeister Gnome (früher Brownies), Feuergeister Salamander und Wassergeister sind Undinen. Jeder Geist, den sie beschwört, hat für sie zudem einen eigenen Namen. Guidance Spirits sieht Snowcat als weise Paten, die sie mit Godfather und Godmother betitelt. Guardian Spirits sind für sie Warden, also Krieger verschiedenen metamenschlichen Rassen. Die Warden tragen als Hommage an meine Lieblingsbuchsreihe den ‚Dresden Files‘ von Jim Butcher, die Namen von den Warden des White Council. Spirits of Man sind für sie Leprechauns (Kobolde) und Task Spirits sind Brownies. Beast Spirits bekommen den Titel Master und Plant Spirits den Titel Mother (z.B. Master Wolf oder Mother Oak). 

8. Schlagwort(e), Überschrift(en) unter denen die Episode steht.

• Weitere Begriffserklärungen findest Du dort: [LINK].

POSTED BY SNOWCAT:

[Song 1: Blackthorn - As I Roved Out3] Erholt und darum äußerst beschwingten Schrittes betrat ich am Nachmittag des 16. Juni 2077 das Haunted Mug. 

Der Himmel war leicht bewölkt und die Temperaturen lagen bei angenehmen 25 Grad C°. Darum waren alle bodentiefen Fenster des Café-Pubs weit geöffnet. Das gab einem das Gefühl, draußen zu sitzen - wenn man denn überhaupt einen Platz bekam. Das Haunted Mug war rappelvoll. Das war es seit etwas mehr als einem Jahr ständig.

Die Kochkünste von Tiernan, die Backkünste von Henry und Mac, das gute Bier, die magischen Drinks und nicht zuletzt, dass jemand wie Sionn fast jeden Abend auf der Bühne saß und musizierte, hatten dem einstigen Geheimtipp Flügel verliehen.

Zum Glück war für mich immer ein Platz frei, entweder am Familientisch oder gleich nebenan, an einem für UC reservierten Tisch.

Nicht wenige der Gäste hoben erfreut lächelnd die Hand zum Gruß, als ich mich auf den Tisch zubewegte. Immerhin war ich längere Zeit nicht hier gewesen.

Nach der Eröffnung des „1. Centers of Beauty and Art“ Mitte Mai war ich mit einigen O’Nialls, Moxi und Harlequin für zwei Wochen nach Hawaii zum Surfen geflogen, und anschließend hatte ich noch zwei weitere Wochen mit meinem Liebsten auf der Isle of Arran verbracht. Klimatisch war das schon eine recht krasse Tour von Insel-Hopping gewesen, doch beide Inseln schafften es stets, mich zu verzaubern.

Auch, wenn ich nicht mit Harlequin verheiratet war und so keinerlei Anspruch auf den Titel hatte, betrachteten mich inzwischen viele Bewohner der Isle of Arran als ihre Duchess und betonten das, indem sie mich mit ,Her Grace’ betitelten. Wahrscheinlich spürten sie einfach, dass es mir jedes Mal eine Freude machte, oder es hatte sich rumgesprochen, dass ich generell auf Titel stand. 

Ja, ich bin leicht zu beeinflussen, wenn man denn weiß, womit. 

Aber mal ehrlich, wenn mir solche Titel nicht stehen, wem dann? Immerhin ist ‚Never fall from Grace’ mein Lebensmotto, und die Fähigkeit, selbst in den schlimmsten und schmutzigsten Situationen noch Grazie und Würde zu bewahren, wird meiner Meinung nach deutlich unterschätzt. 

Wie auch immer. Nach vier gemeinsamen Wochen mit meinem Liebsten war ich euphorisiert und somit noch schöner als ich es sowieso schon bin. 

Sionn saß in Gedanken oder in der Matrix versunken am Familientisch. Ich begnügte mich damit, ihm im Vorbeigehen einen Kuss auf die Wange zu geben, was ihn immerhin zufrieden lächeln ließ, und setzte mich dann zu Mr. Tea und Hamaka an den für UC reservierten Tisch. 

Gut sahen beide aus. 

Hamaka hatte die Energie der neu gesammelten Erfahrungen aus den letzten Monaten in frisches magisches Wissen umgewandelt, wie ich nach einem kurzen astralen Blick zufrieden feststellen konnte. Darum hatte er sich also für mehrere Wochen im Teamnetzwerk als ‚nicht verfügbar‘ gemeldet.

Mr. Tea erhob sich und half mir in den Stuhl. Mein strahlendes Lächeln war ihm Dank genug. Ein wohlig-innerliches Seufzen für Mr. Tea.

„Also, was hast du in den letzten Wochen so gemacht?“, führte Hamaka das Gespräch fort, das er vor meinem Eintreffen begonnen hatte.

„Ich habe gearbeitet!“, erwiderte Mr. Tea ausweichend.

„Aber nicht für UC, oder?“, hakte Hamaka nach. 

Mr. Tea lächelte leicht. „Nein, ich hatte anderes zu tun“, antwortete er. 

Ich wusste, dass er mit dem Center, dessen Leiter er war, und mit dem geheimen Part meiner neuen Organisation, den ‚Knights of Beauty and Art‘, zu tun gehabt hatte. Selbstverständlich würde er nicht darüber sprechen. 

„Fragst du mich aus oder bist du einfach nur neugierig?“, konterte Mr. Tea darum nun.

Hamaka zuckte mit den Schultern. „Nee, nicht ausfragen. Ich wollte dich einfach nur näher kennen lernen!“

Die große Erscheinung von Bloody Guts schob sich ins Bild. Seine schiefes Grinsen ließ sein Gesicht noch verschrobener wirken, verlieh ihm aber gleichzeitig etwas Liebenswertes. „Wie nah ist denn näher kennenlernen?“, fragte er.

❄️

Irgendwann während wir so nett plauderten machte mich mein Commlink auf eine Nachricht von einem Kontakt aufmerksam, von dem ich schon ewig nichts mehr gehört hatte. Jedenfalls, wenn man von der Antwort auf meine Neujahrsgrüße einmal absah. Han, der Pilot der Black Hole, einem T-Bird, war in der Stadt und wollte mich so bald wie möglich geschäftlich treffen. 

Schon allein aus Neugier antwortete ich. Wenn man sechs Jahre nicht mehr persönlich miteinander zu tun gehabt hatte und man sich plötzlich meldete, dann war das schon extrem interessant. 

Auf meine Frage nach Wann und Wo erhielt ich die Antwort: Heute Abend 21.00 Uhr im Everett Aboretum and Gardens, bei der Orchideen-Ausstellung. Außerdem war ein Zusatz angehängt: Bitte haltet Arbeitsmaterial bereit. 

Der Run würde also zeitnah nach dem Meeting losgehen. 

Ich sah zu den drei Männern bei mir am Tisch. „Lust auf 'nen kurzfristigen Job?“

Alle drei bestätigten, auch, wenn ich nicht wusste, worum es ging. Gut, denn viel mehr als die drei Herren hier stand mir an UClern auch gar nicht zur Verfügung. Ein Großteil unserer Truppen arbeitete aktuell an einem 14 Wochen währenden Auftrag irgendwo in den NAN. 

„Du hast heute mal die Chromhand an“, stellte Bloody Guts fest und deutete auf die Cyberhand von Hamaka.  

Der Ork mit karibischen Wurzeln nickte. „Ja, genau, die wechsle ich öfter mal.“

„Und woran machst du das fest? Welche Hand du nimmst, mein ich?“, fragte der Troll neugierig. „An der Wahl deiner Unterhose?“ 

„Nee, einfach nach Lust und Laune“, antwortete Hamaka. „Ich hab nicht mal 'ne Unterhose, die zu meiner Chromhand passt!“

Bloody Guts zuckte mit den Schultern. „Das ist ganz leicht, da kannst du einfach Alufolie nehmen und eine daraus basteln!“

Bei dieser Vorstellung lief Hamaka sichtbar ein unangenehmer Schauder über den Rücken.

❄️

Das Gute an dieser Zusammensetzung des Teams war, dass es nicht viel brauchte, um für einen Run ausgerüstet zu sein. Magie hat man immer dabei, und Bloody Guts hielt es mit seinem Deck ebenso. Unser aller Kleidung war eh immer gepanzert. 

Der botanische Garten am nördlichen Ende von Everett lag an der Stadtgrenze und war eine Attraktion bei Einheimischen und Touristen.

Eine wunderschöne Elfe wie ich war in jeglicher Kleidung auffällig, auch, wenn ich es mit Shorts, Top und Hoodie eher unauffällig hielt. 

Dazu ein englischer Gentleman im leichten Sommeranzug, ein Troll im postapokalyptischen Outfit und ein Ork in T-Shirt und 3/4-Hose mit entspanntem schlendernden Gang - oh ja, wir fielen so was von auf.

„Alle glotzen auf dich!“, stellte Bloody Guts grinsend fest und sah auf Hamaka herab.

Was nur halbwegs stimmte. Die Metamenschen versuchten entweder, Bloody Guts zu ignorieren, oder mich nicht anzustarren. Wir beide bekamen den Großteil der Aufmerksamkeit geschenkt.

„Sag nicht, dass ich dicke Hüften hab?“, meinte Hamaka im gespielten Entsetzen.

Das Grinsen von Bloody Guts dehnte sich bis über seine Hauer aus. „Nee, Hüften nicht, aber deine Oberschenkel sind fett!“ 

Hamaka lachte und streckte seinen Arm so hoch es ging, damit der Troll zum High-Five einschlagen konnte. Was dieser auch tat.

❄️

[Song 2: The Wind and the Wave - The Heart It Beats the Thunder Rolls3] Gleich beim ersten Blick auf Han war mir klar, dass der Mann unter latentem Druck stand. Er war ihm nicht leicht gefallen, mich um diesen Termin zu bitten. Natürlich waren wir beide älter geworden, was man ihm als Menschen ansah. Mir sah man es zwar weniger an, dennoch hatte ich mich verändert. Bei unserer ersten Begegnung waren wir ja noch Frischlinge gewesen, und eigentlich lagen wir inzwischen auch über seiner Preisklasse.

Seine Augen weiteten sich, als ich in sein Sichtfeld trat, doch er bekam sich relativ schnell in den Griff.

Da seine Zeit drängte, setzten wir uns zwischen die Orchideen auf ein paar Bänke, schalteten den White-Noise-Generator ein und kamen zum Punkt. 

Wir sollten zwei GMC Universe, also zwei Transporter, unauffällig und schnell hijacken. Auf Wunsch des Kunden sollten wir nicht in die Ladefläche gucken, also nicht kontrollieren, was wir da stahlen. Wir sollten 25.000 Nuyen pro Van bekommen. Der Kunde kannte Start- und Endpunkt, den die Transporter nehmen würden, wusste aber nichts über die Route. Irgendwann zwischen 23.00 Uhr und Mitternacht sollte der Transport losgehen.

Das waren gerade mal zwei Stunden zur Vorbereitung. Ich ließ meinen Blick kurz über meine Teamkollegen schweifen. 

Kein Rigger, teilweise wenig Straßenerfahrung - deshalb würden wir den Job völlig anders angehen müssen, als wenn wir ein klassisches Team wären. Wenn es denn so was wie ein klassisches Team von Shadowrunner überhaupt gab.

Als Han mein Nachdenken bemerkte, wurde er sofort nervös. „Wenn das zu wenig ist, kann ich meine Provision verringern. Der Kunde zahlt mir 30k pro Van.“

Ich schüttelte den Kopf. „Lass gut sein. Gib uns einfach die Start- und Zielkoordinaten und die Adresse, wo wir die Wagen hinbringen sollen.“

„Echt, du, ich meine ihr, macht das? Cool. Ich spreche gleich mal mit Johnson!“ Han zog sich kurz zurück, um Kontakt mit seinem ‚Kunden‘ aufzunehmen. Seine Körpersprache hatte sich bereits verändert. Er war zweifelsohne erleichtert.

❄️

„Der Transport startet von Everett aus, am Huweit Terminal sollen die beladen werden, dann fahren die nach High Rent, das liegt auch in Everett“, berichtete Han kurz darauf. 

Ich lächelte. „Gut, und wohin sollen wir die Ladung bringen?“

Han wurde blass, versuchte das aber zu verbergen. „Ähm. Ihr ruft mich an, wenn ihr die Wagen übernommen habt, dann melde ich mich bei dem Kunden und dann sagt er, wohin wir, also ihr, kommen sollen.“

Ich hob eine meiner wohlgeschwungenen Augenbrauen. „Das macht es komplizierter“, stellte ich im sachlichen Ton fest. „Müssen die Wagen unversehrt sein?“

Han kratzte sich am Kinn. „Naja, sie müssen noch fahren können. - Also gut“, fuhr er schnell fort, „Ich geb euch 28k pro Wagen!“

❄️

Schon auf dem Weg zum Terminal begangen wir mit der Planung. Wir erwogen diverse Pläne, wie wir den Wagen anhalten konnten. Von der Idee, dass Mr. Tea sich ihnen in den Weg stellte und sie bremste, über die Unfallkraft eines Geistes, bis hin zur Idee, sie mit einer Illusion, verstärkt durch die Einfluss-Kraft eines Geistes, zum Halten zu bringen, war alles dabei. Schnell hatten wir uns für eine Illusion entschieden. Welcher Art die Illusion sein sollte, war da schon deutlich schwieriger. 

Hilflose Frauen, eine Herde Schafe, Schildkröten, Rinder oder Kängurus, ein umgestürzter LKW mit Bier, all das wurde auf die Agenda geworfen. Besonders die Herren waren verschiedener Meinung, wofür ein LKW-Fahrer anhalten würde. 

Irgendwann hatte ich genug davon. Ich weiß, Zeit ist eigentlich keines meiner Probleme, aber im Moment hatten wir einfach nicht genug davon. „Das Detail ist egal, die Beeinflussung des Geistes wird dafür sorgen, dass der Fahrer anhält!“ 

Am Ende war ich die, die die Illusion zauberte, und konnte mich jederzeit spontan entscheiden.

„Und wenn da gar keine Fahrer sind, weil das automatische Wagen sind?“, gab Bloody Guts zu bedenken.

Ich zog die Stirn in Falten. „Die Illusion wirkt auch gegen Sensoren. Dann muss das Hindernis einfach groß genug sein. Vermute ich jedenfalls.“

Bloody Guts nickte. „Das reicht - ja. Soweit ich weiß, darf das Autosystem eine Gefahrenstelle nicht eigenständig umfahren. Dann hält es an und sagt der Zentrale Bescheid, und dann übernimmt ein Rigger die Fernsteuerung. Die Zeit können wir nutzen, um zu hijacken.“

„Noch besser ist es, der Rigger schafft es dann nicht in den Wagen“, erklärte ich.

Der Troll nickte erneut. „Das stimmt. Wir könnten die Frequenzen stören oder die Antennen kaputt machen.“

„Wo sitzen die Antennen denn?“, fragte Hamaka nun.

Bloody Guts rief via AR eine Folge von Bildern auf und zeigte dem Ork so, wie die Antennen aussahen und wo sie saßen.

„Ich übernehme die Antennen“, erklärte Hamaka darauf.

Auch, wenn nicht mehr sonderlich viel Zeit bis zum Start war, lohnte es, die Anlage, an der die Wagen beladen werden würden, so lange es ging zu beobachten. Schon allein, um mit etwas Vorlauf zu erfahren, ob die Transporter nun automatisch gesteuert wurden oder nicht.

Wahrend unserer Observation kamen wir sogar auf die Idee, in dem Moment zuzuschlagen, in dem die Wagen das Gelände verließen. Doch bald darauf verwarfen wir den Plan wieder. Wenn wir auf offener Strecke zuschlugen, würde es länger dauern, bis sie überhaupt merkten, dass Wagen fehlten. Schlugen wir am Tor zu, würden aus den Wärtern Zeugen werden, die wir ausschalten  müssen würden. 

❄️

Magie hatten sie da drüben jedenfalls keine, und Fahrer für die Vans auch nicht, wie sich bald herausstellte. 

Also Plan A mit der fahrerlosen Option.

Übrigens hatte ich bei dem Plan außergewöhnlich viel zu tun, wie mir so gar nicht nebenbei auffiel. Nicht nur, dass ich die einzige aus unserem Viererteam war, die die Illusion zaubern konnte, ich war auch diejenige, die einen Transporter sowohl kurzschließen als auch ordentlich fahren konnte. 

Wo sind unsere verdammten Rigger, wenn man sie braucht?

Für den Moment ließ ich meine Eyeball-Drohne fliegen - und wir alle starrten wie gebannt auf den Feed, den die Sensoren uns sandten.

❄️

Um 23.15 Uhr erschienen zwei Lagerarbeiter beim Terminal. Einer zündete sich eine Zigarette an. Als sich zwei automatisierte GMC Universe näherten, machte er die Zigarette aus und begann, die Beladedrohnen zu steuern. 

Zeta-ImpChem war auf den Kisten zu lesen. 

Der Prozess des Beladens dauerte ca. 20 Minuten. Dann wurden die Türen geschlossen und die Fahrzeuge setzten sich Richtung Tor in Bewegung.

Das war der Moment, in dem ich den Motor unseres SUVs startete und gleichzeitig mit einer Handbewegung mein Commlink betätigte, um Han anzurufen. »Wir haben die Vans!«, erklärte ich selbstbewusst und nicht ganz wahrheitsgemäß, aber so, wie wir es im Team beschlossen hatten. Wir wollten Unannehmlichkeiten für uns vermeiden, die sich durch einen unbekannten Übergabeort ergeben konnten.

Han versprach, mir commlinkwendend die Adresse zu schicken.

Wenig später traf sie ein.

So weit, so gut. 

Unser SUV sah aktuell übrigens aus wie ein kleiner Transporter, da ich eine Fahrzeugmaske gezaubert hatte und sie durch einen Zauberspeicher aufrecht halten ließ.

Im gemäßigten Tempo folgten wir der kleinen Zwei-Wagen-Kolonne, die genau die Route über die einsame Straße nahm, die wir vermutet hatten.

Das hier war eine schwach besiedelte Gegend des Seattle Sprawl.

Nach knapp zehn Minuten beschleunigte ich, um die Wagen zu überholen. 

[Song 3: Anya Marina - High on the Ceiling3] Ich gab weiter Gas, holte einen kleinen Vorsprung raus, nahm mir die Zeit, unser Fahrzeug abermals anders aussehen zu lassen, und parkte dann rechts neben der Fahrbahn. 

Hamaka und Mr. Tea stiegen aus, während Bloody Guts und ich im Wagen blieben. Ich konzentrierte mich, formte die Magie nach meinem Willen und ließ auf der Straße einen umgestürzten LKW erscheinen. Kisten und diverse Einzelteile lagen überall herum. Ich hatte mir vorher von Bloody Guts Bilder solcher Szenen aus der Matrix ziehen lassen. Dank meines eidetischen Gedächtnisses war das Ganze detailgetreu und wirkte sehr realistisch. Letzteres lag bereits im Kern der Magie dieses Zaubers. 

Unsere beiden Ziele drosselten ihr Tempo, kaum, dass meine Illusion in den Bereich ihrer Sensoren gekommen waren. 

Dann bremsten sie - wie wir es erwartet hatten. 

Wir standen bereit und schlugen zu. 

Hamakas Feuergeistwesen, das er kurzerhand Balrog getauft hatte, kümmerte sich um die Antennen der Transporter. Es zermalmte sie mit Schlägen aus seinen feurigen Fäusten.

Bloody Guts hackte den zweiten Wagen, ich rannte unter dem Schutz von Mr. Tea rüber zum ersten und knackte ihn - und beinah zeitgleich öffneten sich die Schlösser mit einem kleinen Klick. 

Da es keine physischen, metamenschlichen Gegner gab, gab es für Mr. Tea nicht viel zu tun. Natürlich ließ er sich es nicht nehmen, mir die Fahrertür aufzuhalten, nachdem das Schloss offen war, um dann rüber auf die andere Seite zu laufen, um neben mir einzusteigen.

Hamaka und Bloody Guts stiegen in den zweiten Wagen.

Ich ließ die Illusion mit einem gedanklichen Befehl enden, und schon machten wir uns auf den Weg zu unserer Zieladresse. 

Es juckte mich in den Fingern, zu erfahren, was wir geladen hatten. Doch mir fiel nichts ein, wie ich an das Geheimnis kommen und gleichzeitig jedes Risiko ausschalten konnte, dabei erwischt zu werden. Genau darum ließ ich es. Selbst, wenn es kein Test sein sollte, es war einfach viel zu uncool, sich offensichtlich nicht an die Anweisung eines Johnsons zu halten. Genau darum geht es bei Shadowrunnern: Sie erledigen, wozu sie beauftragt werden, ohne sich um das Wieso und Warum zu kümmern. 

Mit meiner Neugier hatte ich mich schon des Öfteren rumplagen müssen - und so ein Babyjob war es nun wirklich nicht wert, die Regeln der Shadowrunner zu brechen.

Dracheneier waren jedenfalls nicht geladen, denn den Kisten fehlte jegliche magische oder lebendige Aura. 

❄️

Am Übergabeort stand neben Han und einer Drei-Mann-Crew in Overalls, die offenbar das Umladen in einen LKW übernehmen würde, ein hochgewachsener, menschlicher Mann mit Fedora und schwarzem Trenchcoat.

Er lächelte zufrieden, als wir mit den beiden noch relativ intakten Wagen vorgefahren kamen. 

Ich nahm astral wahr. Trenchcoat war weder magisch noch sonderlich stark verdrahtet. Einzig etwas Cyberware im Kopf war vorhanden. Seine abwartende Zufriedenheit zeigte sich auch in der Aura. 

Han hingegen wirkte unglaublich erleichtert und dankbar.

Trenchcoat, den mir Han als seinen Kunden vorstellte und den ich natürlich mit Mr. Johnson ansprach, drückte seine Freude über unser schnelles und zuverlässiges Handeln aus.

Kurz nachdem die drei Männer mit dem Umladen in den LKW begonnen hatten, hellte sich die Miene von Trenchcoat noch ein wenig mehr auf. 

Ich verwette ein paar Designerschuhe darauf, dass er die Nachricht erhalten hatte, dass die Siegel an den Kisten ungebrochen waren.

„Das war wirklich sehr gute Arbeit!“, wiederholte Mr. Johnson darauf. Sein Ton war freundlich, aber auch ein wenig geschäftsmäßig und von oben herab, so wie ich ihn schon länger nicht mehr von einem Johnson zu hören bekommen hatte. Ich fühlte mich erneut an unseren Anfangszeiten im Runnergewerbe erinnerte. 

Mit einem kleinen Team auf der Straße stehen und sich das Lob von Johnson abholen, der dann gerne einen Tausender extra springen ließ: „Ich habe mir erlaubt, den Betrag aufzurunden. Ich denke, das ist in Ihrem Sinne.“

Ich lächelte bescheiden. „Vielen Dank!“ Ja, bescheiden, so als wäre ich kein Eliterunner von tadellosem Ruf. Was tut man nicht alles für eine alte Connection. Innerlich lachte ich perlend.  

„Ich bin sogar bereit, einen weiteren Tausender für jeden von Ihnen springen zu lassen“, fuhr Johnson fort. „Wenn Sie sich im Gegenzug bereiterklären, für die nächsten 48 Stunden keinen anderen Job anzunehmen, um mir eventuell für einen weiteren Job zur Verfügung zu stehen. Das Geld können Sie in jedem Fall behalten, egal ob ein neuer Auftrag zustande kommt oder nicht.“ 

Ich zögerte einen winzigen Moment. Das war jetzt wirklich wie in alten Zeiten. Sich für den nächsten Job bereithalten, meine ich. Wollte ich das wirklich?

Andererseits waren 1.000 NuYen fürs Warten etwas, worauf Holly Golightly stolz gewesen wäre. Also, warum dann nicht?

Ich ließ mir den zusätzlich Betrag überweisen und tauschte im Anschluss mit Johnson Comm-IDs für die direkte Kontaktaufnahme aus.

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Nachdem wir von dem Treffpunkt aus locker in eine verlassene Straße gebogen waren, betätigte ich eine virtuelle Taste meines Commlinks, um meinem SUV das Signal zu senden, damit es uns abholte. 


Ende der heutigen Episode.


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Ob Trenchcoat die Runner noch einmal beauftragt und ob beim nächsten Run ein Rigger dabei ist, wird demnächst hier zu lesen sein. 

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Wir freuen uns, dass du uns während dieser Geschichte begleitest hast, danken dir für’s Lesen und verbleiben bis zum nächsten Mal:

Snowcat und die Runner von UC.

An dieser Stelle bedanken sich die Spieler unserer Runde bei allen, die an der Entwicklung und Verarbeitung der Shadowrun®-Produkte mitgewirkt haben. Ohne ihre Arbeit wäre unser Spiel nicht möglich! 

We would like to thank the authors, artists and all others who are involved in the development of the Shadowrun® rules, adventures and stories. Without them, our game would not be possible.

Vielen Dank auch an @Vin für das Korrekturlesen. ;*

*reckundstrekgenüsslich* Hoffe Ihr habt Spass; *knutschi*