Tales of Snowcat 24: Follow the Lead (Run 74)

TALES OF SNOWCAT (24)

PERIOD4: Magician

ERA4: Modern Baroque

AGENDA8: Boston Lockdown

TIMESTAMP1: 10/15-20/2076

RUN NO: 74

ON THE RUN2: Eden, Fang, Liam, Sionn, Snowcat;

APPEARANCE2: AveRage, Dana10, Doc, Eden, Fang, Foggy, Hamaka, Liam, Medaron13, Mr. Tea, Phoenix9, Shark Finn, Sinister, Sionn, Snowcat, Tiernan;

SPECIAL APPEARANCE2;5:Dave, Five by Five12 (Fuego, Mississippi, Rock, Sirrus, Stalker✝︎), Kariwase12, Tango; 

SPOILER ALERT: Die Episode enthält massive Spoiler auf „Boston Lockdown“ von Catalyst Game Labs.

WARNING: Dieser Text ist für Leser unter 17 Jahren nicht geeignet. Sexualität, Gewalt, Magie, Tod, Kraftausdrücke, Folter, Rassismus, Alkohol- und Drogenkonsum können vorkommen.

DAS GESCHAH ZULETZT:

Snowcat begleitet Fang zu der Fenris-Wölfin, die am Tag zuvor mit 18 Hundewelpen befreit wurde. Nach einer Runde lockerem Pub-Quiz und einem intensiven Frage-und-Antwort-Spiel, bei dem so einige Geheimnisse ans Licht kommen, legt man den Geburtstag von Dawante auf den nächsten Tag fest (Tag 85). Einen Tag nach der Geburtstagsfeier macht man sich in einer Gruppe von sieben Runnern ins McGregor's Octagon auf, um etwas über ‚We Own the Night‘ zu erfahren. Schnell trifft man auf Rock Knight, ein Mitglied besagter ‚Gang‘. ‚We Own the Night‘ sind bereits an SatHS und Snow Haven interessiert. Ein Treffen mit Medaron und Co am nächsten Abend soll eine Falle sein. Der Boggle Duda folgt dem Team, welches nur bis zu einem Lagerhaus fährt, astral. Er schlägt einen Pakt vor. Er verrät dem Team, wo die Queen lebt, wenn man verspricht, zu verhindern, dass die Queen ihn jemals wieder rufen kann. Der Boggle ist unfreundlich gegenüber Snowcat. Der Pakt mit Dana wird geschlossen. Man erfährt, dass die Queen auf dem Oak Grove Cemetary lebt. Ein weiterer Pakt zwischen Medaron und Duda wird vereinbart (Tag 87). Die Howling Shadows beschließen, schon am nächsten Tag, gleich nach dem nächsten Treffen mit Duda, zuzuschlagen. Vorbereitungen werden getroffen. Duda verrät, dass die Queen eine Nosferatu und Blutmagierin ist. Bei der Erkundung einer Stelle am See schrecken Sinister und Sionn einen Blutgeist auf. Da die Queen und ihre Schergen nun wissen, dass jemand unterwegs ist, geht man zu Plan B über, einem sofortigen Angriff ohne vorher Tageslicht in den Unterschlupf zu bringen. Die Howling Shadows schalten alles aus, was ihnen entgegen gestellt wird. Als man bereit ist, die kleine Kirche zu stürmen, hält Snowcat inne. Sie glaubt, dass das alles zu leicht war und dass die Queen bereits den Standpunkt von Snow Haven kennt. Snowcat bittet die anderen, sich zu beeilen, lässt sich verschleiern, nimmt ihre Drake-Form an und fliegt Richtung Snow Haven davon. (Tag 88).

In Snow Haven angekommen haben die Queen und ‚We Own the Night‘ bereits die vier Gebäude der Market Hall eingenommen und damit angefangen, die Bewohner von Snow Haben zusammenzutreiben. Bei einer Rettungsaktion für Familie Line werden Mash und Fierce auf dem Motorrad mit einem Raketenwerfer abgeschossen und getötet. Nachdem das restliche Team eingetroffen ist, zieht man sich nach Snow Haven zurück. Bei Verhandlungen mit der Queen stellt sich heraus, dass Ethan und Leila, die vor Jahren entführten Geschwister von Eden und Phoenix, jetzt zu den Anhängern der Queen gehören und sich als ihre Kinder fühlen. Genau diese beiden sind auch für den Tod von Mash und Fierce verantwortlich. Außerdem stellt sich heraus, das Pax und der White Rabbit eine Allianz mit der Queen eingegangen sind. Die Howling Shadows beschließen nach einem Vorschlag von AveRage, die Queen zu ihrem Ziel von Staffel 3 zu machen. Es gelingt letztendlich, die Queen, Pax und alle deren mitgebrachte Anhänger zu töten, die Geiseln zu befreien und Snow Haven zurückzuerobern. Einzig Amanda, das dritte ‚Kind‘ der Queen, entkommt. Bei einer Durchsuchung entdeckt man Hamaka, einen Ork und Nekromanten, den die Queen jahrelang per Zauber versklavt hatte. Mit der Wikinger-Bestattung von Fierce und Mash endet die 3. Staffel von Snowcat and the Howling Shadows (Tag 89).

Aus den Daten, die Pax bei sich hatte, konnten Doc und Liam vier Orte ausmachen, an denen am Tag des Ausbruchs magische Rituale stattgefunden haben sollen. In kleinen Teams suchen die Runner die Orte auf, können bestätigen, dass es dort Rituale gegeben hat und dokumentieren, was sie herausfinden. Dann Snowcats Ausbildung und ihrem Wissen lässt sich das alles zu einem plausiblen Bild zusammensetzen. Am letzten der vier Ort entdeckten sie einen weiteren Hinweis. In den Evo-Docks soll es einen Cold Storage mit den gesamten Daten der Einzelprojekte zum Gesamtritual geben, mit denen man Namen und Projektdaten zuordnen kann. Die Runner beschließen, die Daten zu holen und sich dabei gleich noch um den Hivemind zu kümmern (Tag 125). 

Anmerkungen:

1. Der Zeitstempel wird an unsere Zeitlinie angepasst und ist maximal an die offizielle Timeline angelehnt.

2. Die Episode wurde am 22.02 erspielt. Neben mir und dem GM waren die Spieler von Eden/Mr. Tea und Fang/Sinister anwesend. Da wir eine große Gruppe von 8 Spielern sind, nimmt jeder Spieler meist nur einen Charakter mit auf den Run. (Unter Umständen kann ein weiterer Charakter für den Run notwendig sein.) So sollen zu viele gleichzeitige Handlungsstränge vermieden werden. Nur in der ausgespielten Downtime kann ein Spieler alle seine aktiven Charaktere ausspielen. Wegen den Widrigkeiten und Schönheiten des RL können nur selten alle Spieler am Spielabend teilnehmen. Deshalb können Charaktere ohne weitere Erklärung auftauchen oder verschwinden. Darüber, welche Charaktere mit auf einen Run gehen, entscheiden die Spieler nach eigenem Gefallen. Das muss nicht immer die logistische Entscheidung sein. Manchmal ist ein Charakter mit auf einem Run, obwohl sein Spieler abwesend ist. In diesen Fällen wird der Charakter zwar mitgeführt, sein Handeln gerät, wenn möglich, aber in den Hintergrund. Das Spotlight soll auf Charakteren liegen, deren Spieler anwesend sind. Gegebenenfalls hinterlassen Spieler beim GM Regieanweisungen. 

Eine Beschreibung aller Charaktere findest du hier [LINK].

3. Die verlinkten Songs sollen lediglich zu Stimmung beitragen und enthalten keine versteckten Hinweise. Jedenfalls meistens nicht :). Übrigens kaufen wir jeden in den Episoden verwendeten Song, sollte er sich nicht schon vorher in unserem Besitz befunden haben. Nicht nur, damit wir die Songs jeder Zeit auf all unseren Geräten abspielen können, sondern auch, weil wir damit den jeweiligen Künstler unterstützen möchten. Eine Liste mit dem kompletten SatHS Soundtrack findest du hier [LINK]. Eine YouTube Playlist zur aktuellen Season findest du hier [LINK].

4. In den ‚Tales of Snowcat’ erzählt Snowcat einem imaginären, nicht näher definierten Zuhörer die Ereignisse aus ihrer ganz persönlichen Sicht. Seit dem Weggang von Katze führt Snowcat auch Tagebuch. Was ihr zunehmend wichtiger wird, da ihr die Dialoge mit Katze fehlen. Man kann ToS demnach auch als Tagebuchauszug betrachten. ‚Period‘ beschreibt dabei den Lebensabschnitt auf dem sich Snowcat befindet. ‚Era' beschreibt das Thema, unter das Snowcat in dieser Zeit den Inhalt ihres Kleiderschranks gestellt hat. ‚Broadcast‘ fasst zusammen, was von dem per Drohne gedrehten Material dem Trideo-Zuschauer der Serie Snowcat and the Howling Shadows zur Verfügung gestellt wird und wann es gestreamt wird.

5. Einige der Namen, die in der Geschichte auftauchen, sind auch in der offiziellen Shadowrun-Welt ein Begriff. Ähnlichkeiten sind beabsichtig. Allerdings kann das hier dargestellte Bild auch deutlich von dem Bild im SR-Kanon abweichen, da es unserer Spielwelt angepasst wurde.

6. Teilweise stehen Dialoge in diesen « » Textzeichen. Die gesprochenen Worte werden dann vornehmlich via Teamnetzwerk oder Commlink verbreitet und sind für Wesen, die keine Mitglieder im Teamnetzwerk sind, nicht oder nur schwer zu hören. Ferner stehen in < > schriftliche Nachrichten und in ‹ › stehen Dialoge via Geistesverbindung, wie zum Beispiel die mit einem Geist unter Kontrolle, Gespräche via Mindnet oder Dragonspeech. Wird zusätzlich eine andere Schriftart verwendet, handelt es sich um unausgesprochene Gedanken oder extra-persönliche Anmerkungen von Snowcat.

7. Snowcat sieht die Geister, die einen Element zugeordnet sind als klassische Elementarwesen:  Luftgeister sind Sylphen, Erdgeister Gnome (früher Brownies), Feuergeister Salamander und Wassergeister sind Undinen. Jeder Geist, den sie beschwört, hat für sie zudem einen eigenen Namen. Guidance Spirits sieht Snowcat als weise Paten, die sie mit Godfather und Godmother betitelt. Guardian Spirits sind für sie Warden, also Krieger verschiedenen metamenschlichen Rassen. Die Warden tragen als Hommage an meine Lieblingsbuchsreihe den ‚Dresden Files‘ von Jim Butcher, die Namen von den Warden des White Council. Spirits of Man sind für sie Leprechauns (Kobolde) und Task Spirits sind Brownies. Beast Spirits bekommen den Titel Master und Plant Spirits den Titel Mother (z.B. Master Wolf oder Mother Oak). 

8. Schlagwort(e), Überschrift(en) unter denen die Episode steht.

9. Phoenix wird von der Spielerin T. geführt. Sie ist neu in der Gruppe und ein RPG-Frischling. Phoenix stieß als Reporterin Alba zum Team. 

10. NPC, der in Boston gerettet wurde und für den Verlauf der Geschichte keine wichtige Rolle spielt. Max und Caroline sind eine Hommage an die Serie: Two Broke Girls.

11. Nach dem Tod von Columbo übernahm Spieler I. die Charakterführung von Dana, die ursprünglich als NPC gedacht war.

12. Bei dem Charakter handelt es sich um einen Runner, den die Howling Shadows in Boston getroffen und mit nach Snow Haven genommen haben. Diese Charaktere werden vom GM oder von einem anwesenden Spieler geführt. Je nachdem, wer gerade Zeit zum Würfeln hat oder einen solchen Charakter ausprobieren mag.

13. Medaron wird von dem Spieler M2 geführt. Auch M2 ist ein RPG-Frischling. 

14. Ganz so stellt sich das laut SR-Regeln nicht dar. Bei der Ausschmückung der Szene handelt es sich um künstlerische Freiheit.

• Weitere Begriffserklärungen findest Du dort: [LINK].

POSTED BY SNOWCAT

[Song 1: Fiddler’s Green - One Fine Day3] Am Vormittag des 15.10.2076, unserem 128. Tag im Boston Lockdown, saßen wir für unsere Verhältnisse früh beim Brunch zusammen. Obwohl der Alkohol gestern Abend in Strömen geflossen war und wir bis in die frühen Morgenstunden beisammen gesessen waren, waren wir ziemlich fit und strahlend schön. Zumindest waren alle O’Nialls fit, und ich war zudem strahlend schön. 

Dawante strahlte auch, nämlich jedes Mal, wenn einer von uns den Raum betrat. Dann stand er auf, ging zu dem Neuankömmling hin und bot ihm eine Umarmung an. 

Hamaka hatte es mit der Fitness nicht ganz so gut getroffen. Er hatte Augenringe und einen leicht glasigen Blick. Vielleicht hatte er sich ja auch ein ‚Vor-dem-Brunch-Pfeifchen‘ gegönnt.

Mr. Tea sah natürlich aus wie aus dem Ei gepellt, auch an diesem Tag trug er einen Anzug. 

Ebenso wie Doc, der außerdem seinen AR-Hut aufgesetzt hatte. 

Phoenix kuschelte sich an Fang. 

Sionn saß zwischen Eden und Sinister. Er verteilte seine Aufmerksamkeit auf eine natürlich wirkende Weise so gleichmäßig zwischen den beiden Damen, dass ich mich unwillkürlich fragte, ob er nicht intern eine Schachuhr zu laufen hatte.  

AveRage hatte seine eigenen Damen, seine drei Engel, mitgebracht, die sich in der Nähe des eigenwilligen Technomancer aufhielten. Da sie selbst nichts aßen, halfen sie charmant beim Auftragen der Speisen.

Überhaupt wirkten alle gelassen, sogar Medaron, der hier beim Brunch ausnahmsweise mal nicht von seiner Ungeduld gequält wurde. 

Eine illustre Runde. Wir hätten eine Familienshow sein können, wären wir nicht alle bewaffnet gewesen. 

„Wir wollen uns jetzt auch die Daten holen, oder?“, fragte Fang, schob seinen leeren Teller von sich und legte den Arm um Phoenix.

Ich lächelte zufrieden. „In jedem Fall. Ich habe zwar schon eine gute Vorstellung davon, was bei dem Ritual alles so geschehen ist, aber das Ganze mit Fakten zu belegen, würde das Bild komplettieren.“

„Abgesehen davon sind die Daten viel wert!“, erklärte Liam.

Ich winkte ab. „Ach, Geld, wer braucht schon Geld? Geld weckt nur falsche Erwartungen!“

„Ich brauch’ Geld!“, sagte Fang. „Geld kann man immer brauchen. Wenn es viel Geld ist, kann man sich eine ganze Stadt kaufen. Das wäre doch was.“

Ich lächelte über meine Kaffeetasse hinweg. „Was hast du davon, wenn ich mir eine Stadt kaufe? Denn selbst wenn wir viel bekommen, dann reicht es niemals dafür, dass sich jeder von uns eine Stadt kaufen kann.“ 

Fang zog einen gespielten Schmollmund. „Schade!“

Es war schön zu sehen, dass langsam aber sicher wieder der alte, unbeschwerte Fang zum Vorschein kam. Er war noch lange nicht der, der er vor dem Tod von Fierce gewesen war, doch langsam wurde es. „Hast du vor, dich zur Ruhe zu setzen?“, fragte ich sanft.

Fang schüttelte dem Kopf. „Nö!“

Ich grinste niedlich. „Na siehst du, dann brauchst du auch kein Geld!“

Fang grinste ebenfalls und nickte dann, „Doch, hab ich ja schon gesagt, Geld kann man immer brauchen! Je mehr, desto besser!“ 

Liam verzog das Gesicht. „Na, sag an, wofür genau brauchst du Geld?“ 

Sionn kam Fang zuvor. „Na, damit er es sich mit Phoenix irgendwo bequem machen kann. Und für die Kids. So ein College ist teuer!“

„Kein College. Phoenix muss nicht auf’s College“, konterte Fang. Für die freche Bemerkung knuffte die rothaarige Deckerin ihn. 

Liam grinste wölfisch. „Hier ist die Gelegenheit grad günstig für ‚College‘. Havard ist zur Zeit billig!“

Wir lachten. 

Mr. Tea ergänzte: „Nur der Ruf hat gelitten!“ 

„Ja, aber doch nicht außerhalb von Boston“, stellte Fang fröhlich fest. „Die wissen ja nicht, wie verwahrlost der Campus inzwischen ist! - Aber echt mal, ich will mich nicht zur Ruhe setzen. Also jedenfalls bis jetzt nicht. “

„Auch nicht, wenn wir kein SatHS mehr drehen?“, hakte ich nach.

„Nee, glaub nicht. Dann werd ich auch als normaler Runner weitermachen. Ich gehöre immerhin auch zu UC“, erwiderte er.

Sionn nahm sich frischen Kaffee und meinte beiläufig: „Vielleicht überlegst du dir das noch mal, Fang? Wenn UC demnächst mit einer Horde voll Hasenkadaver in rosa Ballettröckchen auf Runs gehen will?“

Fang lachte. „Das hatte ich verdrängt!“

„Niemand hat etwas von rosa Ballettröckchen gesagt“, korrigierte ich lachend. „Aber es stimmt, von Kostümen für die toten Hasen haben wir gesprochen.“

„Hamaka, könntest du eigentlich auch tote Drachen nutzen?“, wollte Fang nun wissen.

Hamaka kniff die Augen zusammen und überlegte kurz. „Ich weiß nicht, also als Tiere gelten sie sicher nicht!“ Er sah zu mir. „Sind das Metamenschen, Snowcat?“

Ich zuckte mit den Schultern. „Hmm, ich bin mir nicht ganz sicher. Ich glaube eher nicht. Zumindest würden Drachen nicht so bezeichnet werden wollen.“ 

„So ein Drachenskelett, das für dich kämpft, hätte aber was!“, freute Fang sich.

„Ich hätte gerne damit probiert, aber Snowcat wollte mir ja keinen Knochen aus dem Keller mitbringen.“, erklärte Hamaka.

„Wir können ja noch mal hin!“, schlug Tiernan vor.

Ich hob eine meiner wohlgeschwungenen Augenbrauen. „Nein, das können wir nicht. Jedenfalls nicht, um Knochen aus dem Skelett zu brechen …“

Tiernan holte Luft.

Ich hob die Hand, um ihm Einhalt zu gebieten. „Und auch nicht, um das gesamte Skelett mitzunehmen.“

„Aus so einem toten Drachen kann man sicher ziemlich viele Rippchen schneiden.“, stellte Sionn fest.

Tiernan verzog das Gesicht. „Ja, aber vielleicht garen sie schlechter, weil sie feuerresistent sind. Ich denke, das werden sie sein, wenn sie Feuer speien.“

„Nicht alle Drachen speien Feuer“, erklärte ich. 

Liam schüttelte missbilligend den Kopf. „Wir werden alle sterben! Ihr unterhaltet euch über die falschen Themen.“

Sionn hatten inzwischen eine Karte der Dockanlagen aufgerufen und ins Teamnetzwerk geworfen. „In einem hast du recht, Liam, Drachen sind intelligente Wesen, da ist es keine Option, sie zu essen. - Wer geht denn heute mit auf den Ausflug an die Docks?“, fragte Sionn nun und sah mich an.

„Liam, Eden, Fang, du und ich2“, schlug ich vor.

Damit waren alle einverstanden, sogar Shark Finn. 

Sionn wippte mit den Augenbrauen zwei mal schnell auf und ab. „Eden, wenn du dabei bist, können wir ja auf dem Wasserweg dahin.“

„Damit uns eins der Kriegsschiffe sofort mit einem Torpedo abschießt?“, fragte Liam in einem sarkastischen Ton.

„Nee, die bemerken uns ja gar nicht. So ein Schlauchboot ist leise!“, rechtfertigte Sionn sich. „Aber tauchen kann ich eh nicht und ich bin auch kein guter Schwimmer. Schade, dass wir kein U-Boot haben.“

Tiernan begann zu strahlen: „Wir könnten ein U-Boot bau ..“

Weiter kam er nicht, eine von Liams gefürchteten Papierkugeln traf ihn am Kopf.

❄️❄️

[Song 2: Alan Silvestri/Avengers -They Called It3] Gut drei Stunden später saßen und lagen Liam, Sionn, Eden, Fang und ich nebeneinander auf dem Boden und beobachteten das Treiben in den Trockendocks. Unser Blickfeld war zwar nicht optimal, da es in der Nähe keine passenden Häuser gegeben hatte, auf die wir hatten gehen können, aber es reichte, um sich einen Überblick verschaffen zu können. 

Denn vor dem Planen kam das Beobachten.

Nach der Entdeckung des Hiveminds hatten wir uns die Docks schon einmal angesehen, doch das war nun schon ein paar Wochen her. 

Zunächst einmal gab es in der Gegend kaum Shambler. Wahrscheinlich hatten sie versucht, in den Hive aufzunehmen, was immer ihnen möglich gewesen war. Wir besaßen ja keine Sicht in das Innere der Schiffe. Der größte Unterschied zwischen den Docks und allen anderen Bereichen in Boston bestand jedoch darin, dass es hier keinerlei zusätzliche Barrikaden gab. Man konnte die Evo-Trockendocks einfach betreten und musste nur an einem Wachposten in einem Wachhäuschen vorbei. Jedenfalls, wenn man den offiziellen Weg nutzte.

Vier Kriegsschiffe lagen im wahrsten Sinn des Wortes auf dem Trockenen. Auf dem gesamten Gelände wurde gearbeitet. Die Schiffe wurden beladen, repariert und geputzt. Waren wurden transportiert und jede Menge Arbeiter in Overalls von ‚Yamatetsu Naval Technologies‘ gingen diversen Tätigkeiten nach. Automatisierte Transporte bewegten Material. Außerdem fand sich Sicherheitspersonal, welches in Zweierteams seine Patrouillen zog. Sie waren mit Tasern, schweren Pistolen, Schrotflinten oder Sturmgewehren bewaffnet und hatten Panzerwesten übergezogen. Vor jedem Pier zu den Trockendocks standen jeweils vier Evo Marines. In allen Fällen handelte es sich dabei um Orks in leichter Militärpanzerung. Es war schwer zu sagen, ob die Auswahl der Rasse Absicht oder Zufall war. 

Auf der Wasserseite fielen uns Knight-Errant-Drohnen auf, die flach über der Oberfläche flogen. Das sah mehr nach einer normalen Patrouille aus, als dass daran irgendetwas ungewöhnlich gewesen wäre. Knight Errant besaß nun mal den Polizeilkontrakt für den Sprawl.

Überhaupt wirkte hier alles ziemlich normal. Nur, wenn man wusste, worauf man achten musste, konnte man den Unterschied sehen. Wenn sich ein Arbeiter oder Wachmann in Bewegung setzte, dann tat er das niemals allein, sondern immer absolut synchron mit ein bis drei oder in manchen Fällen sogar noch mehreren anderen Metamenschen. Dabei war es vor allem die Initialbewegung, die so perfekt getaktet war. Sie hoben gleichzeitig den Kopf, setzten sich gleichzeitig in Bewegung und liefen danach ihrem eigenen Rhythmus folgend weiter. Das machte es so schwer, den Unterschied zu nicht-infizierten Metamenschen zu bemerken. 

So war es meist mehr das Unterbewusstsein, das feststellte, dass irgendetwas unnatürlich war. 

Außerdem sprach niemand jemals sichtbar ein einziges Wort. Sie agierten, als führten sie Gespräche, aber ihre Lippen bewegten sich nie. 

«Habt ihr gesehen, dass diese beiden Maschinenshops stärker angefahren werden als die anderen?», fragte Fang via Teamnetzwerk und markierte darauf sogleich die entsprechenden Gebäude auf der Karte. «Außerdem ist das Lagerhaus da auch öfter dran», fügte er hinzu.

Ein Foodtruck näherte sich dem Gelände, fuhr wie selbstverständlich in die Nähe eines Piers und stoppte dort. Niemand achtete darauf. Erst, nachdem zwei Personen aus dem Truck gestiegen waren und die Seiten geöffnet hatten, hörten 30 Arbeiter gleichzeitig mit ihrer Tätigkeit auf, gingen in Zweierreihen zum Truck und ließen sich dort Essen und Trinken austeilen. Wieder traten die Zweierteams synchron an den Truck, dann aber endete das gemeinsame Protokoll, denn sie suchten sich offenbar einzeln etwas von der Karte aus, warteten dann aber wieder auf ihren Partner, um sich mit ihm einem Platz zur Nahrungsaufnahme zu suchen. Von den Bewegungen her schienen sie sich auch dabei zu unterhalten. Sie wanden die Köpfe einander zu, blickten zur Seite oder nahmen irgendetwas wahr.

❄️

Nach zwei Stunden Beobachtung war uns klar, dass der Hivemind genau das umsetzte, was wir vermutet hatten. 

Sie machten die Kriegsschiffe einsatz- und kampfbereit. 

Überall wurde gewerkelt und gebaut. Da wir keinen genauen Überblick über die Menge an Personal auf und in den Schiffen und auf dem Trockendock besaßen, konnten wir nicht sagen, ob sie inzwischen mehr geworden waren. Laut Eden entsprach zumindest die Besatzung der Schiffe in ihrer Anzahl der, die in solchen Fällen üblich war. Genau darum hielt sich die Anzahl an Marines in überschaubaren Grenzen. 

Am frühen Abend vernahmen wir das Geräusch, welches für Boston inzwischen so charakteristisch war: Drohnenmotoren kündigten die Lieferung für Supply-Drops an. 

Als die Drohnen sich dem Abwurfpunkt über den Docks näherten, kam synchron Leben in die Arbeiter, um die Waren entgegenzunehmen und anschließend auszupacken. 

Gespenstischerweise verließen einige der CFD-infizierten Metamenschen ihre Formationen, wandten den Kopf gen Himmel, formten ihre Lippen zu einem Lächeln und begangen zu winken. 

So würden die Metamenschen außerhalb von Boston nicht einmal erahnen, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zuging.

❄️

Lebensmittelnachschub über die Luft und dazu noch das, was so ein Schiff an Vorräten gebunkert  hatte, damit würden sie es monatelang aushalten können. Der Hivemind war nicht darauf angewiesen, andere Metamenschen oder gar Möbel anzuknabbern. Wenn sie jemanden infizierten, dann machten sie das zivilisiert, mit einer Spritze voller Nanitenflüssigkeit. 

Kein Wunder, dass die Metamenschen des Hiveminds so sauber und gepflegt aussahen. Die riesigen Schiffe waren dazu gefertigt worden, um lange auf dem Wasser ausharren zu können. Es gab Wäschereien, Kantinen und jede Menge Material.

❄️❄️

[Song 3: State of Mine - Rise3] Einige Stunden später, nach noch mehr Überwachung und einer Mütze voll Schlaf, traf sich unser kleines Team zu einem Extra-Frühstück in einem der kleineren Besprechungsräume von Snowcat Manor. 

Obwohl wir einige spektakuläre Vorgehensweisen erwogen, war bald klar, dass wir die Daten möglichst leise und unauffällig besorgen wollten. 

Außerdem wollten wir das Ganze gleich mit unserem Versuch koppeln, den Hivemind aufzuhalten oder zumindest dessen Fortschritte zu verlangsamen. Dafür würden wir die von unseren Deckern mit falschen Informationen gefütterten Naniten in den Vorrat von Nanitenflüssigkeit des Hiveminds bringen müssen. Praktischerweise waren die vormals sauberen Naniten, die wir aus der Blue Hills Facility hatten mitgehen lassen, bereits fertig programmiert.

Doc und Liam hatten die gefälschten Informationen sorgfältig zusammengestellt. Wir hatten ja erfahren, dass die AI, die wir hinter der Steuerung des Hiveminds vermuteten, zwei Pläne verfolgte. Erstens ihren Ausbruch aus Boston - oder besser gesagt ihrer Verbreitung über Boston hinaus - unter Zuhilfenahme der Kriegsschiffe, und zweitens die Heilung der anderen Shambler, indem sie sie in den Hivemind integrierte. 

Für die Heilung war sie noch auf der Suche nach einem Weg, die Naniten in den kranken Shamblern mit den Informationen der Hivemind-Naniten zu überschrieben. Genau hier setzte unser Plan an. Falsche Informationen, die dann über Frischinfizierte in das System gelangten, sollten den Hivemind glauben machen, dass es tatsächlich eine Heilung für alle CFD-Infizierten in Boston gab. Wir fütterten ihre Forschung quasi mit Informationen, die die AI hoffentlich auf eine völlig falsche Fährte führte und ihre Forschung in einer Sackgasse enden ließ. Mit viel Glück würde der Hivemind mehr Shambler aufnehmen, als er vertrug und so von den ‚normalen‘ Shamblern übernommen werden. Im schlechtesten Fall verlangsamten wir den Hivemind einfach, da er von seinen Ausbruchsplänen abließ und sich zumindest eine Zeit lang voll auf die Heilung der anderen konzentrierte.

Erledigten wir beide Jobs auf einem Run, mussten wir nur einmal die Anlage infiltrieren und wären zugleich selbst einen großen Schritt Richtung Abreise gegangen, da wir den Punkt ‚Hivemind‘ auf unserer Liste abhaken konnten.

Ich war also höchst motiviert.

❄️

„Da es dort überhaupt keine Magie gab, dürfte uns Magie einen großen Vorteil bringen!“, stellte ich irgendwann während der Besprechung fest. „Vielleicht können CFD-Infizierte gar keine Magie nutzen, weil das Resonanz-Phänomen und die Naniten jegliche Magie unterbindeen?“, überlegte ich laut.

Liam verzog das Gesicht. „Wenn die Boston-Naniten jegliche Magie unterbinden, wäre es aber ganz schön blöd gewesen, sie überhaupt einzusetzen!“

Ich grinste kurz. „Ach ja, da hast du natürlich völlig recht. Immerhin sollte ein Drachenbewusstsein von der Matrix in einen Körper umziehen.- Nichtsdestotrotz gab es auf den Trockendocks keine Magie, und der Hivemind sollte sich damit auch nicht sonderlich gut auskennen.“

Sionn streckte sich. „Ich fänd’ aber trotzdem gut, wenn Eden auf den horizontalen Überführungssteg geht und dem Einsatzteam unten mit einem Gewehr, den Rücken deckt.“

„Ich auch!“, bestätigte ich.

„Vielleicht begleitest du sie ja?“, schlug Liam vor. „Dann ist sie da oben nicht so allein, du kannst spotten und gleichzeitig Edens Equipment vor Matrix-Angriffen schützen.“

Sionn nickte. „Find’ ich an sich gut. Ich bin nur leider ein ziemlich mieser Taucher.“

„Dann helfe ich dir durch’s Wasser!“, bot Eden bezaubernd lächelnd an.

Liam griente. „Genau, ich habe noch einen wasserdichten Bodybag. Dadrin kann sie dich ziehen. Wie man sich darin verhält, weißt du ja zur Genüge.“ 

„Gut, dann wäre soweit alles klar, dann müssen wir nur noch das Scharfschützengewehr besorgen“, fasste ich zusammen.

❄️❄️

Smedley Pembrenton III. und das Avalon waren unsere erste Anlaufstelle, was das Besorgen von Equipment anging. Zu meiner großen Freude versprach der Ex-Runner, uns innerhalb von Stunden ein Scharfschützengewehr zu besorgen. 

Mehr noch, er hielt, was er versprach. Noch am Abend des selben Tages hatten wir ein Remington 950 in den Händen, mitsamt Munition. Wir mussten nicht einmal dafür bezahlen.

Liam nutze den nächsten halben Tag, um das Gewehr für Eden anzupassen, einen Schalldämpfer dafür zu bauen und es mit Tarnfarbe anzumalen. 

Den anderen halben Tag nutzte Eden, um mit dem Gewehr zu trainieren. 

Neben unseren üblichen magischen Getränkewünschen fertigte Tiernan für Eden noch zehn magisch verbesserte Kugeln und ein spezielles Waffenöl an.

Damit waren wir mehr als nur gut ausgerüstet.

❄️❄️

Wir waren durch einen Mindnet-Zauber verbunden. Damit kommunizierten wir genau genommen wie der Hivemind, ohne die Lippen zu bewegen. Als Tarnung reichte das selbstverständlich nicht aus. Sie würden uns sofort als Eindringlinge identifizieren, sobald sie uns auch nur sahen. Wir strahlten einfach nicht die passenden Persona aus.

Die Undine Flush7 stand im Astralraum zu meinen Diensten bereit. Die drei Motorräder, mit denen wir gekommen waren, warteten in einiger Nähe, unter einer Tarndecke versteckt, auf unsere Rückkehr. Damit konnte die heiße Phase unseres Runs beginnen. 

Meine Sinne waren wach, meine Muskeln warm und angespannt, mein Puls leicht beschleunigt. Alle notwendigen Zauberspeicher waren gefüllt, jegliche Ausrüstung saß an dem Platz, den ich für sie vorgesehen hatte. Dann war da noch ein gewisser Druck in meinem Hinterkopf, der von der Konzentration herrührte, die ich für das Aufrechterhalten des Zaubers benötigte. 

Genau so fühlte es sich an, auf einem Run zu sein. Ich liebte es.

Ich konnte die Präsenz von Sionn, Eden, Fang und Liam in meinem Gedanken spüren, so wie sie mich und alle andren aus der Gruppe in ihren Köpfen spüren konnten. Je öfter man mit dieser Verbindung gearbeitet hatte, desto besser kam man damit zurecht. Zu wissen, dass sie da waren, die Gewissheit, Ideen und Gedanken miteinander teilen zu können, fühlte sich einfach nur gut an.

Ich lächelte. Das alles fühlte sich gut an.

Und wenn ich in die Gesichter meiner Kollegen blickte, dann war mir klar, dass es ihnen ebenso ging. Allen voran Liam, denn er liebte diesen Job einfach.

Auf den Trockendocks war in der Nacht deutlich weniger los. Die Beleuchtung war auf ein Minimum heruntergedreht, schon allein um Energie zu sparen. Ein paar einsame Drohnen zogen ihre Kreise. Wenige Arbeiter werkelten auf den Schiffen. Selbstverständlich drehte das Sicherheitspersonal dennoch seine Runden.

Bereits ein paar Meter vor dem Gelände teilten wir uns auf. Sionn und Eden würden über die Wasserseite an die Docks gelangen und sich von dort aus auf den Pier ziehen, um auf den horizontalen Kran zu klettern.

❄️

Geduckt und beinahe lautlos waren Fang, Liam und ich an das Gebäude des Zentralamtes getreten. 

Ich behielt die Umgebung im Auge. Mein Blick fiel auf den Lastenkran, der über dem ganz linken Trockendock positioniert war. ‹Da oben auf dem Kran würde ich mich optisch bestimmt gut machen6›, dachte ich in die Runde.

Liam grinste böse. ‹Is klar. Am besten noch mit wehendem Haar.›

Ich hatte dafür zwar mehr meine drakonische Gestalt im Kopf gehabt, aber als Elfe mit wehendem Haar würde es sicher auch gut aussehen.

Liam lehnte sich gegen das Haus und legte seine Hand auf die Außenwand, so tauchte er in die Matrix ab.

Kurz darauf meldete er sich mit den von uns gesuchten Informationen. ‹Wir müssen in die Lagerhäuser unter Dock Drei und Vier, gleich hier gegenüber auf der anderen Seite des Beckens. In dem unter der Drei befindet sich die saubere Nanitenflüssigkeit, in dem unter der Vier muss irgendwo der Cold Storage sein.› 

Bevor es nun wirklich richtig losging, warteten wir noch, bis Sionn und Eden in Position waren.

❄️

[Song 4: Alan Silvestri/ Avengers - Don’t Take My Stuff3] Sionn war ohne zu Zögern in den Leichensack gestiegen, hatte seinen Breezer aufgesetzt und Edens Gewehr mitgenommen, um sich dann von Eden, die ihren gepanzerten Taucheranzug trug, durch das dreckige Hafenwasser ziehen zu lassen. 

Zurück an Land konnte sich der Technomancer nun wieder ganz hervorragend alleine bewegen. Behände kletterte er parallel zu Eden auf das metallene Gestell, welches diverse Meter hoch und waagerecht über das Trockendock führte. Man musste schon selbstbewusst und schwindelfrei sein, um sich dort oben mit einem sicheren Gefühl niederzulassen. 

Nachdem die beiden es sich so bequem wie möglich gemacht hatten und das Gewehr ausgerichtet war, legte Sionn noch eine Tarndecke über sich und Eden. So waren sie auch gegen Blicke von oben geschützt.

‹Ich habe es hier sehr schön›, kommentierte Sionn und meldete dann: ‹Wir sind in Position.›

Das war unser Stichwort. 

Auch wir drei setzten uns in Bewegung. 

Der Weg bis zum anderen Pier war frei. Wir hielten uns immer dicht an der Kaimauer, um möglichst tief in die Schatten abtauchen zu können. Wäre nicht gerade Lockdown, wäre dieser Bereich vermutlich eher starker beleuchtet, damit niemand versehentlich ins Wasser stürzen konnte, aber aktuell war es hier angenehm dunkel.  

Nachdem wir die gut 150 Meter lange Biegung entlanggeschlichen waren, nutzen wir die natürliche Deckung, die uns die Lagerhäuser selbst boten. Wir bewegten uns also hinter den Gebäuden entlang.

So kamen wir zuerst am Haus vorbei, in dem die Nanitenflüssigkeit gelagert wurde.

Erneut legte Liam die Hand auf die Wand. Was Liam konnte, war wie Magie. 

Okay, Technomancer wirken selbstverständlich keine Magie. Sie manipulieren die Matrix mit der Kraft ihres Gehirns. Liam wirkte demnach keinen Hellsichtzauber, er scannte die Umgebung, doch wenn er dies über bloßes Handauflegen tat, sah es eben aus wie Magie.

‹Da sind sechs Metamenschen drin, sie sind alle bewaffnet›, sagte Liam an und projizierte sogleich via Mindnet ein schemenhaftes Bild in unsere Köpfe.

Das Lagerhaus hatte offenbar nur einen Raum, und es gab nur die eine Tür vorn. Wenn wir die Tür öffneten, würden uns die CFDler dort in jedem Fall sehen. ‹Lasst uns erst das andere Lagerhaus checken›, sagte ich an.

Gut 200 Meter Fußweg später legte Liam zum dritten Mal seine Hand auf ein Haus. ‹Hier sind zwei Metamenschen drin. Sie halten sich oben auf und sind nicht bewaffnet.›

Da es hier eine Hintertür gab, die von der Dockseite aus nicht einsehbar war, wurde die Datenbeschaffung zu unserem ersten Ziel.

Nun bat ich die Undine, uns zu verschleiern. Unsichtbar zu sein brachte zwar immer ein gewisses Risiko mit sich, da man so leicht auch unter ‚Friendly Fire‘ geraten konnte, aber hier, in dieser Konstellation, überwogen die Vorteile. Sollte der Hivemind uns überhaupt nicht bemerken oder zumindest nicht wissen, was unser Ziel gewesen war, stiegen unsere Chancen, ihn durch unsere Naniten beeinflussen zu können, deutlich. 

Das Schloss stellte für Liam kein Problem dar. 

Fang öffnete die Tür und trat zuerst hindurch. Als nächste war ich an der Reihe, dann folgte Liam. 

Wir bewegten uns weiterhin so heimlich wie möglich. Noch mal zur Erinnerung: Verschleierung löste sich auf, sobald man durch irgendetwas oder irgendjemanden entdeckt worden war. Also war es ratsam, keine unnötige Aufmerksamkeit zu erregen. 

Wir blickten uns vorsichtig um. Es gab eine Metallgittertreppe nach oben. Dort saßen ein Mensch und ein Troll an Schreibtischen in einem offenen Büro. 

Hier unten gab es Kisten, Regale und Container. 

Auf einen dieser Container, mit Blick auf die Treppe und das Geländer, kletterte ich und nahm Platz. Von hier aus konnte ich das Personal im Auge behalten und eingreifen, sollte ihnen irgendetwas auffallen.

Hier gab es viele Kisten und Regale. Zum Glück zeigten AROs an, was in ihnen steckte.

Liam und Fang machen sich auf die Suche.

Nach fünf unendlich dauernden Minuten markierte Liam einen extra abgeriegelten Bereich, der in etwa die Größe eines kleinen begehbaren Kleiderschranks hatte. 

Laut den ARO’s lagerte man dort Schwermetall, Schotts und andere große Teile. Doch warum bei allen Drachen der Sechsten Welt sollte man davor ein weiteres Schloss anbringen und den Inhalt zudem vor neugierigen Blicken schützen?

Dort musste unser Schatz versteckt sein.

Vorsichtig und paranoid, wie wir nun einmal waren, schob Liam eine Endoskopkamera unter der Tür durch. Da er weder Sprengfallen noch andere Sicherheitsvorkehrungen fand, machte er sich an dem Türschloss zu schaffen. 

Nur wenige Sekunden später konnten Liam und Fang eintreten. Liam dachte ein Bild ins Mindnet, damit Fang wusste, was er nun suchen musste.

Es dauerte Minuten, die mir erneut lang vorkamen, doch schließlich hatten sie den Cold Storage gefunden. 

Liam holte sechs unbenutzte Commlinks aus seinem Rucksack und begann damit, die Daten von der Speicherplatte zu ziehen. 

Tick, tack, tick, tack - Commlink Nummer 1.

Die Typen oben gingen ihrer Arbeit nach.

Tick, tack, tick, tack - Commlink Nummer 2.

Sie redeten nicht miteinander.

Tick, tack, tick, tack - Commlink Nummer 3.

Zum Glück arbeiteten sie effizient und hintereinander weg, so wie man es von Wesen erwarten konnte, die von einer künstlichen Intelligenz optimiert worden waren.

Tick, tack, tick, tack - Commlink Nummer 4.

‹So, fertig›, sagte Liam an.

Leise kehrten Fang und Liam zu mir zurück. Natürlich hatte Liam nicht vergessen, die Tür wieder zu schließen und die Verkleidung wieder ordnungsgemäß an das Schloss zu schrauben.

‹Auf dem Gelände verhalten sich alle planmäßig, ihr habt also keinen Alarm ausgelöst›, erklärte Eden.

❄️

Problemlos gelangten wir zurück nach hinten, an die Ecke des anderen Lagerhauses. Die sechs Wachmänner waren immer noch da.

‹Schade, dass das Lager nicht auch noch eine Hintertür hat›, stellte Fang fest.

Ich nickte. ‹Oder eine Dachluke. Wenn wir von oben rein könnten, würden sie uns vielleicht nicht bemerken.›

Liam war nicht überzeugt: ‹Sehe ich nicht so. Wir wissen ja nicht, wo die ihre Nanitenflüssigkeit haben. Wenn du da zwei Meter unter der Decke schwebst, musst du ja auch immer noch suchen und die Flüssigkeit irgendwo einfüllen.›

Ich seufzte kurz. ‹Stimmt auch wieder. - Ich könnte einen meiner Wardens beschwören. Der kann uns verschleiern und zudem andere beeinflussen. Darüber könnte ich die drinnen dazu bringen, uns die Tür zu öffnen und keinen Alarm auszulösen, wenn sie das tun oder uns anderswie registrieren.›

Fang nickte. ‹Klingt doch gut.›

Also entließ ich meine Undine und rief stattdessen einen Warden. Dass wir für einige Momente nicht mehr verschleiert waren, stellte kein Problem dar, da wir uns ja noch hinter dem Lagerhaus befanden.

Wir waren schon fast um die zweite Ecke rum und warteten nur noch auf die Ansage durch Eden und Sionn, dass der Weg frei war, als mir eine andere Idee kam.

‹Mir behagt das mit dem Timing der Einflussnahme durch den Geist nicht›, erzählte ich. ‹Mein Geist kann nur einen nach dem anderen unter seinen Einfluss bringen. Das könnte bei sechs Gegnern kritisch werden. Ich würde stattdessen lieber ein Loch in die Wand bohren und dann über meine Magesight-Goggles einen Chaoszauber auf alle da drinnen legen, der sie hoffentlich alle gleichzeitig so stark ablenkt, dass sie nur bewegungslos rumstehen.›

Diesmal war es Liam, der nickte. ‹Der Plan gefällt mir viel besser.› 

Passendes Equipment hatte ich dabei. Die Verschleierung des Geistes reichte aus, um die Geräusche des Akkubohrers zu unterdrücken. Nachdem wir uns für die Umsetzung in einer bessere Postion gebracht hatten, war es alles nur noch eine Frage der passenden Kraftstufe. Zum Glück hatte ich ausreichend Reagenzien dabei, so konnte ich die ablenkende Wirkung des Zaubers stark, dessen Radius und den Entzug für mich aber klein gestalten.

❄️

‹Okay, der Zauber sitzt›, gab ich bald darauf bekannt. Die Anstrengung, zwei Zauber aufrecht zu halten, war mir zwar nicht anzuhören, dennoch wies ich von ganz alleine darauf hin. Ich konnte nun leicht ins Stolpern geraten und würde schwer mitbekommen, was um mich herum geschah.

Liam nahm meine Hand.

❄️

‹Euer Weg ist frei! Go, go, go›, sagte Eden an. 

Wir huschten zur Vordertür, Liam checkte das Schloss. Die Tür war nicht verschlossen. Er hackte das Schloss trotzdem, um im System die Nachricht zu unterdrücken, dass die Tür überhaupt geöffnet wurde.

Fang zog die Tür auf, wir gingen hinein.

Drinnen standen sechs Personen, zwei Trolle und vier Orks, die fasziniert und reglos in die Luft starrten.

Gut.

Liam stellte mich neben der Tür ab und machte sich dann mit Fang auf die Suche nach dem Tank mit Nanitenflüssigkeit.

Tick, tack, tick, tack, tick, tack.

Die beiden hatten gerade erst den entsprechenden Tank offen, als Eden meldete: ‹Ein Troll-Security-Duo hat eben seine normale Route verlassen und hält auf eure Position zu. Sieht nach einer Kontrolle aus. Sie bewegen sich im Schritttempo.›

Offenbar war aus irgendeinem Grund aufgefallen, dass die hier drinnen sich nicht normal benahmen. Vielleicht gab es für die neue Richtung auch irgendeinen anderen Grund. Doch zumindest hatte es noch keinen Alarm gegeben, der alles in Bewegung setzte. 

Nur, wenn sie hier reinkamen, waren wir aufgeflogen.

‹Eden, schalte sie aus!›, wies ich an.

‹Copy, ich schalte die beiden Trolle aus›, bestätigte Eden.

Ein paar Sekunden vergingen, dann meldete Eden ruhig: ‹Tango eins down.›

Wir hatten nicht mal einen Schuss gehört.

‹Tango zwei down.›

Wieder war nichts zu hören gewesen.

‹Das hat keinen Alarm ausgelöst›, kommentierte Sionn. ‹Ihr habt drei-min-dreißig, bis auffallen kann, dass sie nicht an einem Checkpoint vorbei kommen. Sechs Minuten, bis ein anderes Team zwangsläufig die Leichen sieht.›

Uns reichten zwei Minuten und zwanzig Sekunden. Dann waren wir wieder aus dem Lagerhaus raus.

Zügig und verschleiert, aber ohne zu rennen, folgte ich Liam und Fang den Weg zurück zu unseren Bikes. 

Erst als wir sie erreicht hatten und Sionn und Eden wieder bei uns waren, ließ ich den Chaoszauber fallen. Dann umarmte ich die beiden herzlich. 

Inzwischen war auf den Trockendocks Alarm ausgelöst worden. 

Unter leiser werdendem Sirenengeheul fuhren wir zufrieden Richtung Snow Haven.

Edens Fähigkeiten hatten uns unsere knackigen Hintern gedeckt und waren letztendlich dafür ausschlaggebend gewesen, dass dieser Doppelrun so glatt gelaufen war.

❄️❄️

Geduscht und strahlend schön erschien ich zwei Stunden später in Tiernans Bar in Snowcat Manor.

Wir hatten etwas zu feiern.

„Und, ist alles an Daten dabei, was wir erhofft haben?“, wollte ich von Liam wissen.

Liam grinste jungenhaft. „Ich habe es nur überflogen, weil es Tonnen von Daten sind, aber ja, es scheint alles da zu sein, um alle Projekte mit Daten zu belegen. Allerdings fehlen jegliche Bilder aus dem Labor mit dem Drachen. Das Ergebnis des Rituals ist also nicht zu sehen.“

Ich seufzte übertrieben. „Schade, dabei wollte ich doch so gerne sehen, wie der Drache zum Leben erwacht.“ 

„Das wäre auch deutlich mehr wert!“, kommentierte Liam.

Ich winkte ab. „Ja, das auch, aber das Wissen und das Erkennen, das hätte ich gern.“ Ich griff nach meinem Whiskeyglas. 

„Wie gut, dass ich gleich zwei Möglichkeiten gefunden habe, mit denen wir an das Wissen kommen können“, meinte Liam nun.

Ich hielt neugierig in meiner Bewegung inne. „Und die wären?“

„Einmal gibt es da einen Dr. Gaiden Alcoval, einen Aztechnology-Mitarbeiter, den einzigen Überlebenden aus dem Hauptlabor, der also Augenzeuge des Ausbruchs geworden ist und nun im NeoNET-Tower 4 leben soll. Zum anderen liegen die Videos des Ausbruchs noch im Labor in der MCZ, da sie zwar aufgenommen, aber nicht mehr hochgeladen werden konnten, da die Verbindung weg war“, berichtete Liam.

Ich strahlte über das ganze Gesicht. „Na, das sollte uns doch noch einen weiteren Ausflug wert sein, nicht wahr?“ Ich hob mein Glas. „Sláinte!“

Heute war der 20.10. 2076 und unser 132. Tag im Boston Lockdown.


Ende der Geschichte. 

❄️❄️❄️

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Wir freuen uns, dass du uns während dieser Geschichte begleitest hast, danken dir für’s Lesen und verbleiben bis zum nächsten Mal:

Snowcat und die Runner von UC.

An dieser Stelle bedanken sich die Spieler unserer Runde bei allen, die an der Entwicklung und Verarbeitung der Shadowrun®-Produkte mitgewirkt haben. Ohne ihre Arbeit wäre unser Spiel nicht möglich! 

We would like to thank the authors, artists and all others who are involved in the development of the Shadowrun® rules, adventures and stories. Without them, our game would not be possible.

Vielen Dank auch an @Vin für das Korrekturlesen. ;*

*reckundstrekgenüsslich* Hoffe Ihr habt Spass; *knutschi*