Snowcat and the Howling Shadows S2/E4

TRIDEO SERIES

SNOWCAT AND THE HOWLING SHADOWS4

SEASON1: 2 (Erstbereitstellung April und Mai 2076, gedreht Februar und März 2076)

EPISODE: 4/The Capture: The Foul One (bereit gestellt ab 05/21/76, Do, 6PM/PDT)

PRIMARY MARK: Louis Hartfield

SECONDARY MARKS: The Foul One, Altar Boy and other targets of opportunity

SPOILER ALERT: Die Staffel enthält diverse Spoiler auf die Shadowrun Missions 0601-0606 & 0701-0705 und frühere Chicago Missions; 

CAST2: Bloody Guts, Fang, Iron Horse, Leatherface, Mash, Mr.Tea, Rubber Duck, Shark Finn, Thunderstrike; 

CREW2: Average, Moxi Blush, Franklin „Foggy“ Nelson, Tiernan;

SPECIAL  APPEARANCE2: Blue Sky, Eden, Red Velvet, Sapper7, Sinister;

PRODUCTION: Spinrad Media

PLOT SUMMARY: Snowcat und die Howling Shadows jagen auch in der zweiten Staffel einen toxischen Schamanen. Louis Hartfield scheint besonders gefährlich, denn er brach aus dem Blackstone Gefängnis aus und damit gelang ihm etwas, das zuvor als unmöglich galt. Hartfield floh nach Chicago, dem gefährlichen und besonderen Pflaster, das den Howling Shadows noch ganz andere Hindernisse in den Weg legen wird.

END CREDITS CLIPS: 1. Internationale Handzeichen mit Iron Horse; 2.Mash mischt Medizin: Kratzer und Bisswunden richtig behandeln; 3. Tiernans Tolle Tropfen: Magic Proof Coffee für Snowcat & betörende, heiße Schokolade, die Snowcat so liebt; 4. Tödliches Training mit Thunderstrike;

WARNING: Diese Trideo-Serie ist für Zuschauer unter 17 Jahren nicht geeignet. Sexualität, Gewalt, Magie, Tod, Kraftausdrücke und Drogenkonsum können vorkommen. Mitglieder der Howling Shadows sind in Waffen- und Magiegebrauch ausgebildet und sind sich über die tödliche Gefahr bewusst, mit der sie es während des Drehs zu tun haben. Zuschauer werden gebeten, diese Dinge nicht nachzumachen, es sei denn, es wird in einem Nachspann-Clip ausdrücklich erlaubt. Ferner ist absolut davon abzuraten, sich auf eigene Faust mit den gezeigten oder ähnlichen Magischen Gefahren, Geistern und/oder Crittern anzulegen.

Episode 4

[Song 22Turin Brakes - Dark On Fire3] Bei unserer Recherche und Suche nach ungewöhnlichen Ereignissen in den vergangenen sechs Monaten waren wir immer wieder auf Gerüchte über 'The Foul One' gestoßen. 

Das Monster sollte in den Calumet Swamps leben, eine Gang namens 'Swamp Thangs‘ sollte ihm dienen und eigentlich dachte man lange, er wäre einfach weg, verschwunden oder gar tot und inzwischen nur noch eine Spukgeschichte, mit der man die Kinder schreckte, die sich durch das normale Chicagoer Chaos nicht schrecken ließen.

Doch nun sollten die TAGs, Graffitis und Symbole der Gang wieder aufgetaucht sein. Bei dem Zeichen der Swamp Thangs handelte es sich um eine schwarze Monsterkralle, die über eine grüne Fläche gesprayt wurde. Im Kern von Chicago sprayte man die Zeichen tatsächlich noch, während man überall sonst auf der Welt nur noch TAGs hinterließ. 

Bei den Symbolen allein war es nicht geblieben. 'Will-o’-Wisp‘-Lichter waren aufgetaucht, Tiere mieden diese Gegend nun weitläufig, und jede Menge Metamenschen verschwanden aus der Umgebung der Sümpfe. Darum glaubten alle, der Foul One wäre wieder da.

Die Chicagoer behaupten, die Swamp Thangs wären Maden, also Metamenschen, die mit Insekten zusammen arbeiten, und somit wäre der Foul One ein Insektenschamane. Andere waren sich sicher, der Foul One sei ein toxischer Schamane. Dabei wusste man nicht einmal, ob es 'der' oder 'die' Foul One hieß, denn auf ein Geschlecht konnte man sich nicht einigen. Die einen behaupteten zudem, es handle sich um einen Troll, während wieder andere fest davon überzeugt waren, dass 'The Foul One‘ ein Ork sei. 

Wirklich einig war man sich nur in einer Hinsicht: 'The Foul One‘ war groß, gefährlich, mächtig und fürchterlich. 

Zudem existierte die obskure Theorie von Dr. Peterson, der gut drei Jahre zuvor hier gewesen war und die Möglichkeiten um Leeching-Metamagie studiert hatte. Seiner Meinung nach handelte es sich bei ‚The Foul One‘ nämlich um einen toxischen Insektenschamanen. Etwas, was ein absolutes Novum gewesen wäre, das die Sechste Welt bisher noch nicht gesehen hatte. Ich persönlich hielt die Theorie des Doktors, die Calumet Swamps seinen ein Testgebiet von Ares, die dort eine Waffe testeten, für deutlich weniger abstrus als den Gedanken, es gäbe so etwas wie einen toxischen Insektenschamanen.

Mit der Nennung der Stichworte ‚Troll‘, ‚seit einem ‚halben Jahr wieder zurückgekehrt‘ und ‚Leute verschwanden‘, waren gleich mehrere Fakten genannt worden, nach denen wir uns umgehört hatte, also beschlossen wir, dieser Sache nachzugehen.

Während Shark Finn, Liam, Mr. Tea, Eden und ich uns später am Tag erneut auf die Suche nach dem ‚Creepy Elf’ (s.S2/E3) machen würden, gingen Iron Horse, Fang, Sinister und Thunderstrike auf Erkundungsmission Richtung Calumet Swamps. Rubber Duck würde das Team per Drohne begleiten und so unterstützen. Wir anderen konnten nur via Teamnetzwerk zu schauen, doch wenn nicht gerade wieder ein Schneesturm kam, würde das völlig ausreichen.

Vier von uns zogen also los. 

Eine ungünstige Anzahl an Personen für ein Team, wenn man auf Red Velvet hörte. Sie betonte mehrfach, dass die Drohnenbegleitung via Rubber Duck es nicht wirklich besser machte. Als Japanerin würde sie selbstverständlich niemals direkt sagen, was sie davon hielt. Ihr ernster Blick sprach in meinen Augen jedoch Bände, denn er schien zu wissen, ‚ihr seid nun verloren!‘, als sich die Vier noch weit vor Morgengrauen am 12. Februar 2076 auf den Weg machten.

Insgesamt kamen 14 Quadratkilometer Fläche als Aufenthaltsort für ‚The Foul One‘ in Frage.

Das Team ließ sich mit dem Motorboot über den Lake Michigan bringen und sich dann ein Stück weit unter der Community ‚Little Earth‘ absetzen. Im Anschluss hieß es, 8 Kilometer strikt nach Süden zu laufen. Sie hatten schallgedämpfte Schusswaffen mitgenommen und legten ein straffes Tempo an den Tag, um beim ersten Tageslicht möglichst unauffällig im Zielgebiet aufzutauchen. 

Iron Horse sagte ‚Formation Overwatch‘ an und das Team teile sich auf. Thunderstrike lief als letzter der Gruppe und Rubber Duck flog mit der Überwachungsdrohne hinter oder über ihm. 

Würde jemand die Spuren im Schnee entdecken, würde er denken, da wäre ein einsamer Zwerg unterwegs. Thunderstrike war der einzige aus der Gruppe, der Fußspuren hinterließ.

«Cool»12, kommentierte Rubber Duck, «auch Fang wusste beim Kommando Overwatch genau, wohin er muss. Dabei ist er gar kein Special-Forces-Soldat.» 

„Ich hab ja beim Unterricht auch aufgepasst“, freute sich Fang. „Blöd nur, dass ich bei der Tarnpanzerung gar nicht eure schicken Hintern sehen kann.“

«Warum willst die schicken Hintern sehen? Ich meine, warum willst du den schicken Hintern von Iron Horse sehen?», wollte Rubber Duck wissen. 

Doch Fang kam zu keiner Antwort, denn Thunderstrike blaffte: „Also, ich kann deinen Hintern durchs Zielfernrohr ganz prima sehen, Fang. Soll ich dir ein zweites Arschloch schießen?“ 

Bloody Guts lachte laut und übersetzte dann, «Thunderstrike meint, du sollst Funkdisziplin wahren.»

❄️

Das Team hielt einmal in der Stunde an, um sich zu sammeln, zu besprechen und etwas zu trinken. Auch hier zeigte sich das unterschiedliche Wesen der einzelnen Teammitglieder, wenn auch nur in kleinen Details. 

Sinister hatte die gesamte Zeit über ein leicht spöttisches Lächeln auf den Lippen, Thunderstrike achtete auf Disziplin und scheute sich nicht, irgendjemanden zu ermahnen, was in dieser Konstellation fast ausschließlich Fang abbekam. Iron Horse war stolz, diszipliniert und ruhig. Oh - und Iron Horse sah auch über das teilweise krisselige Bild unglaublich gut aus, wie ich wieder einmal bemerken musste11.

Fang stellte sich bei jeder Pause mit dem Rücken gegen eine Hauswand und nörgelte, wenn das Signal zum Weitergehen gegeben wurde. Er betonte, dass er außer Atem sei und forderte längere Pausen. 

„Dafür ist keine Zeit“, kam dann sofort von Sinister.

„Wieso denn?“, maulte Fang, „Wir sind doch im Zeitplan!“

„Ja, und damit das so bleibt, bleibt es bei der angegebenen Pausenzeit“, betonte die Elfe.

Der Dialog wiederholte sich ähnlich bei den nächsten Pause, dann meinte Thunderstrike: „Wenn du das bei der dritten Pause wieder sagst, erstelle ich einen Trainingsplan, der dich zukünftig auf solche Dinge vorbereitet.“

Nur vorsichtshalber wiederholte Fang seine Ansage nicht mehr. 

❄️

Entweder war in der zweiten Hälfte der Nacht keiner wach oder aber niemand wollte sich unserem Team in den Weg stellen. Jedenfalls wurden sie auf der gesamten Strecke nicht behelligt.

Dann, wenige Minuten nach ihrer dritten Pause und kurz vor dem Erreichen des Zielgebietes, vernahm das kleine Team wütendes Geschrei. 

«Rubber Duck, flieg los und sieh, ob du die Quelle findest!», forderte Iron Horse leise.

«Copy», erwiderte der Rigger ohne zu zögern.

Ein schmerzerfüllter Schrei hallte durch den Morgen.

Es dauerte nicht lange, dann speiste Rubber Duck den Feed seiner Drohne ins Teamnetzwerk ein. 

Vier Trikes waren quer auf einer verschneiten Straße abgestellt. Den Spuren nach waren ein Ork und sieben Menschen von den Fahrzeugen abgesprungen, und nun umkreiste die Bikergang eine kleine Familie von Orks. Der Mann hatte sich offenbar vor die junge Orkin gestellt und war von dem Ganger-Ork zu Boden geschubst worden. Nun schützte die ältere Ork-Frau das Mädchen. Hier wurde offenbar eine Familie angegriffen.

Bloody Guts bat seinen Kumpel, das Kamerabild der Drohne auf eine der Jacken zu zoomen und erzählte dann: «Das sind Ramblers. Ne gemischte Go-Gang, die ihr Geld mit Pit-Fighting verdient und auch ein bisschen in Schutzgeld macht.»

«Ja, los, Jungs», kam sofort von Rubber Duck, «zwei Frauen in Nöten, da müssen wir helfen!»

„Negativ!“, erwiderte Sinister augenblicklich. „Das ist nicht unser Auftrag. Wir gehen unseren Weg weiter.“

„Ist zwar nicht unser Auftrag“, widersprach Fang, „aber ich bin auch dafür, zu helfen. Wir sind doch dicht dran.“

«Genau, Mann!», meinte Rubber Duck nun, «Snowcat sagt auch immer wir sollen was tun, und das kommt im Trideo immer gut. Wir könnten auch bei Snowcat nachfragen, aber die hatte grad Morgenritual und ist bestimmt unter der Dusche.»

Thunderstrike fuhr auf, „Komm bloß nicht auf die Idee, wegen jeder Kleinigkeit bei Snowcat nachzufragen. Die Mission steht unter dem Kommando von Iron Horse. Er entscheidet!“

„Ach echt?“, fragte Fang und Überraschung klang in seiner Stimme mit. Dass Iron Horse das Kommando hatte, war offenbar an ihm vorbeigegangen. 

Tatsächlich hatte ich niemanden direkt das Kommando übertragen. Ich hatte nur die Teams zusammengestellt0 oder vielmehr dabei geholfen. Thunderstrike hatte das Kommando allerdings noch vor der Abfahrt an Iron Horse gegeben. Special Forces mochten eine klare Kommandostruktur und schlecht war es sicher nicht, wenn drei von vier Metamenschen Ex-Soldaten waren. Zumal Fang und Rubber Duck ebenfalls wussten, was die einzelnen Befehle bedeuteten. Selbstverständlich hätte man mich jederzeit fragen können, die meiste Zeit über hörte und sah ich sogar zu. Doch mich nicht zu fragen, war tatsächlich besser, und meine Entscheidungen nicht zu brauchen, war das allerbeste.

[Song 23: Zayde Wolf- Born Ready3] Iron Horse hatte unterdessen schon längst entschieden. «Sinister, komm von der anderen Seite. Thunderstrike, du gehst auf Sniper-Position und schaltest die beiden beim Vater aus. Dein erster Schuss ist unser Go! Rubber Duck, verschaff uns Informationen mit der Drohne. Fang, du kommst mit mir. Wir nutzen Betäubungsmunition und stumpfe Nahkampfangriffe. Beim Kommando ‚Skalps‘ ziehen alle Klingenwaffen und setzen sie nach eigenem Ermessen ein.“ 

Alle bestätigten.

Rubber Duck meinte noch, «Macht schön viel Nahkampf, das betäubt auch und sieht im Trid besser aus. Besonders, wenn ihr darauf achtet, eine Show abzuliefern. Average findet das später bestimmt auch gut.»

Bloody Guts lachte. «Aber der findet das früh’stens gut, nachdem er fertig mit Meckern ist, weil du so viel Müll gefilmt hast.»

Raubtieren gleich huschten Fang, Iron Horse und Sinister leicht geduckt durch den Schnee.

Thunderstrike begann zu rennen und verschwand bald darauf in einem Haus, nur um wenig später auf dem Dach des Gebäudes aufzutauchen. Aufmerksam und ebenfalls leicht geduckt bewegte er sich auf den Rand des Daches zu. Tausendfach geübt legte er in einem einzigen Bewegungsfluss sein Equipment ab, nahm das Gewehr von der Schulter, machte die Waffe bereit und legte sich dann auf dem Dach zurecht. Drei Atemzüge beruhigten seinen Puls. «In Position!», sagte der Marine an. Via AR sprang sein Ampelsymbol auf Grün.

Auch Iron Horse meldete, dass sie in Position seien. 

Fang fügte ein geflüstertes „Und außer Atem!“ hinzu. Dass das stimmte, konnte man seinem Biomonitor entnehmen; dass er bei seiner Aussage grinste, konnte man hören.

Sinister hatte ebenfalls nach wenigen Metern zu rennen begonnen und traf nun an ihrer Ecke ein. Sie setzte ihre Ampel auf grün. 

Drei, zwei, eins. 

Thunderstrike drückte ab. Seine Kugel traf einen der beiden Männer beim Ork-Vater in den Kopf.

Mit einem überraschten Schrei fiel der Typ zu Boden. Der Schnee um ihn herum färbte sich nicht, denn Thunderstrike hatte mit Gel geschossen.

Sinister huschte übers Kamerabild. Sie war ungewohnt gut zu erkennen, denn sie hatte die Chamäleon-Funktion ihres Anzuges ausgeschaltet. Sie deckte den Anführer-Ork der Ramblers mit einer Reihe von Schlägen auf den Oberkörper ein. Dann holte sie mit einer Drehung Schwung und führte einen schnellen Tritt aus, der ihn mitten an der Brust traf. Mehrere Rippen knackten, als sie brachen. Mit einem dumpfen ‚Uff’ entwich die Luft aus seiner Lunge. Der Ramblers-Ork schlug auf dem Boden auf und blieb benommen und nach Luft ringend liegen.

In einer katzenhaften Bewegung ging Iron Horse in die Hocke, stützte sich mit den Händen auf dem Boden ab, vollführte eine geschmeidige Drehung, trat seinem Opfer - denn ein Gegner war der Mann nun wirklich nicht - die Beine weg und schickte es zu Boden.

Fang konzentrierte sich kurz, sprang vor, holte aus und schlug seinem Gegenüber unter einem Kampfschrei mit der flachen Hand gegen den Oberarm. 

Der Typ hatte gerade seine Schrotflinte heben wollen. Doch nun ließ er die Waffe zu seiner eigenen Überraschung fallen. Er starrte entsetzt auf seinen Arm, als wolle er sich davon überzeugen, dass dieser wirklich noch da war.

Rubber Duck meinte stolz: «Wow. Das sieht so cool aus. Ey, guck mal, Bloody Guts. Die machen alle, was ich gesagt habe!» 

«Alta, du bist so ein Anführer», kommentierte Bloody Guts lachend.

Thunderstrike schoss dem nächsten an den Kopf. 

Die letzten drei hatten keine Lust, sich so leicht fertigmachen zu lassen. Zwei sprangen auf das Trike in ihrer Nähe, der dritte suchte sein Heil in den Flucht zu Fuß. 

Iron Horse machte nur ein Handzeichen: Hinterher.

Ich beobachtete das Schauspiel aus der gemütlichen Geborgenheit des Airstreams, während Moxi mir das Haar trocknete. Fasziniert stellte ich fest, dass Iron Horse entgegen seiner sonstigen Art, jede Herausforderung anzunehmen, das Feld Sinister und Fang überlies. Besonders die beiden auf dem Trike wären in seiner Reichweite gewesen. 

Er verschaffte der ‚Neuen‘ die Gelegenheit, zu glänzen. 

Sinister nutzte den Moment vortrefflich. Sie rannte los und trat den Fahrer geradezu vom Trike.

Iron Horse begnügte sich damit, den Typen, der nun vor ihm an Boden lag, mit einem Tritt ins Reich der Träume zu befördern. 

Der zweite Trike-Typ entschied sich um, sprang vom Trike und begann ebenfalls zu laufen.

«Ruf Freeze oder sowas», riet Rubber Duck.

Fang versuchte es zumindest. „Hey, Fragger, bleib stehen!“, forderte er.

«Wie herrlich», erklärte Rubber Duck mit übertriebenem Schniefen in der Stimme, «mein Junge sagt jetzt Freeze. So, wie ich es wollte.» 

Bloody Guts sandte schwarze Herzchen durchs Teamnetzwerk.

Doch der Rambler blieb von Fangs Ruf unbeeindruckt und rannte weiter.

„Oh nö, nicht rennen!“, nörgelte Fang, zuckte dann mit den Schultern, rannte selbst, schnitt dem Mann den Weg ab und senste ihn mit einem Sprungangriff um. „Dann eben so. Hab doch keinen Bock, dir ewig hinterher zu rennen.“

Nur war nur noch ein Rambler auf den Beinen, und der war flink und hatte schon ein Stück Abstand zwischen sich und die Szenerie gebracht.

Mitten im Vollspeed wurde er von einer Gelkugel aus Thunderstrikes Gewehr am Kopf getroffen. Der Mann schlug der Länge nach hin und schlitterte durch den Schnee.

«Schneeball!», jubelte Rubber Duck, «Neee, wartet, Schneeengel … Nee das passt auch nicht … ah, jetzt hab ichs … Schneepflug!»

«Ruf das noch mal!», forderte Average, «Dein Timing war Scheiße, sonst muss ich das erst schneiden.»

«Ey Alta, kontrollierst du mich etwa?», fragte Rubber Duck in gespielter Empörung.

Bloody Guts lachte.

❄️

«Iron Horse, mach du das mit der Familie. Ich wette, die Frauen werden gern von dir gerettet», meinte Rubber Duck, nachdem er noch mal ‚Schneepflug‘ gerufen hatte. 

Während Fang und Sinister die Ramblers fesselten, half Iron Horse dem Vater hoch. Dann sah er nach den beiden Frauen und fragte: „Worum ging es hierbei denn?“

Das Mädchen erklärte. „Ich bin Betty und ich arbeite als Bedienung in der Pitfight-Arena. Und Scratcher, der Ork, der kämpft da und der hat mich da gesehen und aus irgendeinem Grund meinte er plötzlich, ich wäre seine Freundin und wollte mich immer abholen und so.“

Die Mutter meinte aufgebracht: „Dabei ist sie gerade mal zwölf Jahre alt und Scratcher ist sicher schon 19. Und ich sagte zu meinem Mann: So geht das nicht, und darum haben wir sie jetzt jede Nacht abgeholt. Wir zusammen, weil das sicherer ist.“

Der Vater erzählte weiter. „Heute hat Scratcher dann Stress gemacht, wollte meine Erlaubnis, mit Betty auszugehen. Ich hab natürlich abgelehnt. Und ihm gesagt er soll sich verpissen und die Finger von meiner Tochter lassen.“ Seine Frau legte ihm beschwichtigend die Hand auf die Schulter. „Und dann holt der Kerl Kumpels aus seiner Gang, weil er sich alleine nicht traut!“ Der Ork spuckte aus.

Die Mutter meinte dankbar: „Wenn sie nicht gekommen wären und geholfen hätten, dann hätten die Becky sicher mitgenommen. Also danke! Vielen, vielen Dank!“

Iron Horse nickte kurz, „Gern geschehen. Die Howling Shadows helfen, wo immer sie können.“

Auf Thunderstrikes Bitte um mehr Intel hin fragte Iron Horse die Familie noch, ob sie etwas über die Calumet Swamps wusste. Doch sie wussten nur, dass die Sümpfe noch gefährlicher waren als sonst, weil der Foul One zurückkehrt sei. Darum müsse man die Gegend weitläufig meiden.

Also bat Iron Horse die Orks, sich noch kurz zu gedulden, weil man sie gleich noch nach Hause bringen würde. 

Dann hockte er sich abseits zu dem Haufen gefesselter und überwiegend bewusstloser Ramblers und wandte sich an die beiden, die noch ansprechbar waren. 

Sinister stand etwas abseits, Fang bezog neben Iron Horse Position. 

„Wir nehmen euch jetzt eure Trikes und eure Waffen ab und kassieren sie ein. Für gute Antworten könnt ihr eine Waffe und Munition zurück gewinnen.“

Neugierig zoomte ich mir eine Nahaufnahme der Gesichter der beiden Ganger zurecht. Sie waren eingeschüchtert und sie wollten unbedingt eine Waffe haben. Sie nickten ernsthaft.

Iron Horse sah zu Fang. „Du kontrollierst, ob sie die Wahrheit sagen. Wenn sie das nicht tun, schießt du auf sie. Beginne mit dem linken Knie.“

Fang ließ sich nicht anmerken, dass er nur schwer kontrollieren konnte, ob sie die Wahrheit sagten. Dann wechselte er clevererweise auf Astralsicht. 

Als die Männer seine schamanische Wolfsmaske zu sehen bekamen, wurden sie blass um die Nase.

„Wir sagen alles, was wir wissen!“, versprach der eine sofort und der andere fügte hinzu: „Und wir lügen sicher nicht!“

Fang sah die beiden ernst an. „Das hoffe ich.“

Iron Horse musste demnach nur noch die Stichworte liefern. 

Er begann mit den Calumet Swamps: 

„Ah, nee, die meiden wir total. Das ist Swamp-Thangs-Gebiet.“ „Im Nordwesten ist es besonders gefährlich.“ „Die haben überall Schädel aufgespießt. An einigen ist noch Fleisch dran. Voll widerlich.“ „Und da stinkt es!“ „Wir sind ja nicht bescheuert, nee, mit denen legen wir uns nicht an.“ „Früher sind wir da auch durchgefahren, aber jetzt machen wir einen Umweg drum rum.“ 

The Foul One:

„Na, das ist es ja gerade. Der ist wieder da!“ „Nee, du meinst, die ist wieder da. Das ist doch 'ne Frau.“ „Weiß ich doch nicht, ob das 'ne Frau ist. Ich glaub, das ist ein Mann.“ „Nee, das ist 'ne Frau. Die kommt nachts und holt die Kinder und die Eltern und zieht ihnen die Haut ab.“ „Man hört auch immer Schreie aus den Sümpfen.“ „Genau! Das ist voll die hässliche Orkschlampe.“ „Nee, also der ist doch so groß, das ist in jedem Fall ein Troll.“

Damit hatten sie sich eine Waffe und acht Schuss Munition verdient, die Iron Horse einzeln in den Schnee warf. Ihre Hände hatte Fang mit Kabelbindern gefesselt, darum warf er ein Messer ebenfalls ein Stück weit entfernt in den Schnee. 

Dann nahm Iron Hose sich die Typen nochmal verbal zur Brust. „Eure Trikes bekommt die Familie, als Aufwandsentschädigung. Solltet ihr ihnen noch mal Ärger machen, sie irgendwie belästigen oder ihnen die Trikes wieder abnehmen, kommen wir zurück, schneiden jedem die Eier ab und werfen ihn eierlos in die Sümpfe oder in eine Käfergrube oder etwas in der Art. Verstanden?“

Die Männer waren so eingeschüchtert, dass sie wahrscheinlich noch Jahre später an die Rückkehr der Howling Shadows glauben würden.

Wenn sie es denn zurück nach Hause schafften. Das hier war Chicago. Da konnte es sein, dass ihnen acht Schuss nicht reichten. 

❄️

Die Howling Shadows brachten die Familie wie versprochen nach Hause. Mitsamt Trikes und Waffen. Damit hatten sie ein paar ‚Fans‘ fürs Leben gewonnen.

❄️

Bei den ersten Lebewesen, die das Team im Revier des Foul One entdeckte, handelte es sich um  sechs mit Pistolen bewaffnete menschliche Männer, die vor einem Lagerhaus an einem langen Steg für Schiffe Wache standen. Auf den Jacken prangte ein Patch mit dem Zeichen der Swamp Thangs. Zwei der sechs Menschen trugen Panzerwesten über ihren Winterjacken. Ihr Atem bildete kleine Rauchwolken und die Männer wärmten sich immer wieder an einer Feuertonne auf.

Das Team ging in Deckung. Thunderstrike holte eine Dragon Fly aus seiner Tasche und startete sie für Rubber Duck. Der Rigger sprang hinein und steuerte das kleine Fluggerät über die frierenden Swamp Thangs hinweg direkt in das Lagerhaus. 

Zunächst fiel der Scan der Sensoren auf vier Orks, einen Zwerg und sechs Menschen, die in Lumpen gekleidet, in Käfigen aus Gittern und Maschendraht gefangen gehalten wurden. Rechts neben den Käfigen standen zwei Tische. Vier Männer arbeiteten daran und teilten Fleisch mit Hackebeilen. Etwas weiter hinten im Lager waren weitere Tische zu sehen.

Es dauerte einen Moment, bis der Verstand registrierte, dass dort Metamenschen verarbeitet wurden. Die fertigen Einzelteile wurden in Tröge geworfen. Füße und Hände in den einen, Arme und Beine in einen weiteren. Es gab noch mehr Tröge, doch ich sah lieber nicht genauer hin. 

Es war das eine, einen Loup-Garou in seinen Reihen zu haben und ein Bein als Nahrung für ihn zu besorgen. Zuzusehen, wie Metamenschen als Massennahrung zerteilt wurden, war etwas ganz anderes. 

Abgesehen davon hätte ich aus dieser dreckigen Fleischerei nicht einmal etwas essen wollen, wenn es feinstes Kobe-Rind gewesen wäre.

Berge voller Kleidung, ebenfalls grob sortiert, säumten eine Wand.

An den hinteren Tischen wurde das vorsortierte Fleisch in praktischere Portionen geteilt. 

Vielleicht hätte ich Verständnis für die Fleischerei gehabt, wenn die Lebensumstände in Chicago noch schlechter gewesen wären und es nichts zu essen gegeben hätte.

Natürlich stellte sich mir dann auch die Frage, wen man mit all dem Fleisch versorgen wollte. Metamenschen, die zu Kannibalen geworden waren? Oder eine weitere große Community voller Infizierter? 

Nun, wir, respektive meine Leute, würden es bald herausfinden. Dessen war ich ganz sicher. 

❄️

Rubber Duck ließ die Kameradrohne auf Position, während sich das Team ein Stück zurückzog, um ungestörter beobachten zu können.

Einige der ‚handlichen‘ Portionen waren bereitgestellt worden und es dauerte nicht lange, dann kamen Leute, um sie abzuholen. Zunächst gut ein Dutzend Menschen, davon eine Familie mit zwei Kindern. Allerdings bekamen sie nicht so viel Fleisch zugeteilt, um davon satt werden zu können, hätte es sich bei ihnen allen um Infizierte gehandelt. Außerdem zeigte zumindest optisch keiner der Beschenkten Anzeichen, mit HMHVV infiziert zu sein. 

Der Swamp-Thang-Ork bei der ‚Ausgabe‘ meinte: „Das muss jetzt erstmal reichen, sie muss das frische Fleisch erst noch segnen.“ 

Mit dem frischen Fleisch meinte er offenbar sowohl das zerteilte Fleisch als auch die Metamenschen in den Käfigen. 

Rubber Duck kam eine Idee. «Segnen, Metamenschen-Fleisch. Klingt das nicht so wie das, was Snowcat über Mika in den Redmond Barrens erzählt hat? Iron Horse, frag doch mal nach!»

«Warum fragst du nicht selber nach?», wollte Fang wissen. «Du kannst sie doch sogar direkt fragen. Musst einfach nur rüber in den anderen Airstream gehen!», witzelte er.

Rubber Duck erwiderte, «Nee, das geht nicht. Erstens müsste ich dazu meinen Rigger-Kokon verlassen, was es zwar wert, aber unprofessionell wäre, und zweitens sind Snowcat und die anderen schon längst wieder los, um nach dem Creepy-Elf zu suchen.»

Iron Horse tat Rubber Duck den Gefallen, er funkte mich an. «Team Swamp an Team Market, wir brauchen einen Rat von Snowcat. »

Ich grinste kurz. «Hier Team Market. Das meiste habe ich mitbekommen. Ja, das Szenario ist dem des Summer Camps (s. Run 68) ähnlich. Das hört sich ganz nach einem Wendigo an. Wendigos scharen gerne eine Anhängerschaft um sich und lassen sich dann von ihnen wie ihr Gott anbeten. Eine solche Verbindung wird dann fast immer über Kannibalismus gefestigt. Noch einmal zur Erinnerung, Wendigos sind pelzige große Wesen, immer in irgendeiner Form magisch aktiv, und waren vor ihrer Infektion Orks.»

«Also halten wir fest, dass ‚The Foul One‘ nicht Hartfield ist. Denn die hat mindestens schon mal das falsche Geschlecht. Er hat ‚sie‘ muss es segnen gesag», stellte Rubber Duck klar.

«Zumindest ist es unwahrscheinlich», bestätigte ich.

«Sollen wir eine optische Bestätigung besorgen, dass der Foul One nicht Hartfield ist?», wollte Sinister wissen.

«Das sollt ihr in jedem Fall. Ich denke, wir nehmen uns der Foul One an, auch wenn sie nicht Hartfield ist, aber das besprechen wir dann im Basislager», entschied ich.

❄️

Das Team beließ die Dragon Fly im Lagerhaus. Sie suchten sich dann selbst eine erhöhte Position in einiger Entfernung auf einem Haus, auf dem sie weit genug weg waren, um sich zumindest leise unterhalten und etwas essen zu können, aber auch nah genug dran waren, um alles zu sehen, was sich dem Lagerhaus näherte.

Dann warteten sie.

❄️

Kurz nach Sonnenuntergang erschien die ‚Göttin‘ der Swamp Thangs und anderer Abscheulichkeiten, wie ich nun wieder aus der Gemütlichkeit des Mädchen-Airstreams beobachten konnte. Ihre Behausung lag offenbar nur eine Pier weiter, denn sie verließ eben ein Gebäude an jenem Pier mit einen Gruppe von Swamp Thangs.

Bepelzt und schmutzig weiß-grau wie sie war, schien es sich zu bestätigten, dass es sich bei ihr um einen Wendigo handelte. Das Geschlecht ließ sich dann viel schwerer bestätigen. Wer konnte bei all dem Fell und der winterlichen Kleidung schon sagen, ob es da sekundäre Geschlechtsmerkmale gab? Die Stimme der Foul One war, wie sich etwas später herausstellte, zumindest die einer alten Frau mit Chicagoer Akzent. 

Für die Gefährlichkeit der Foul One spielte das Geschlecht des Wendigos allerdings sowieso keine Rolle.

«Fang, siehst du sie dir bitte astral an!», wies ich an.

«Ja klar, kann ich machen», erwiderte er und robbte geschwind an den Dachrand, um darüber hinaus gucken zu können. «Oha!», meldete er kurz darauf, «Ihre Magie strahlt heftig und ihr Machtlevel ist höher als meiner und ihre Essenz ist so hoch, das hab ich überhaupt noch nicht gesehen.»

«Sie ist also gut genährt», kommentierte Leatherface. 

«Dann erkenne ich noch Zauber an ihr», fuhr Fang fort, «Ich glaub, das sind ein Armor, ein Increase Reflexes und Combat Sense.»

«Gut, dann wissen wir jetzt alles, was nötig ist. Rubber Duck, macht den Sea Sprite startklar. Es ist  Zeit, das Team ‚Sümpfe‘ abzuholen.»

❄️❄️

Selbstverständlich dauerte es noch eine ganze Weile, bis das andere Team im Lager ankam. Wenn wir mit dem Flieger keine Aufmerksamkeit erregen wollten, durften wir nicht gleich neben den Calumet Swamps landen. 

Die Vier hatten sich also erneut über eine Stunde durch die Dunkelheit des Chicago Core bewegt und waren dann eingesammelt worden. Mash hatte jeden von ihnen per Levitation an Bord des Sea Sprite geholt.

Ich hatte also genügend Zeit gehabt, meine ‚Alles hängt zusammen‘- Idee weiter auszuspinnen.

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[Song 25: Placebo - Life’s what you make it3] Als wir uns alle im Jungs-Airstream versammelten, um gemeinsam zu essen, war der Platz nicht sonderlich groß bemessen. Der Wohnbereich war für zwölf Personen gedacht. Wir waren achtzehn, und zwei davon waren Trolle. Aber Liam und Tiernan hatten etwas umgestellt, eine Zwischenwand Richtung Kojen rausgenommen und zwei von uns - Leatherface und Mash - brauchten kein Geschirr am Platz.

Wobei Leatherface übrigens freiwillig darauf verzichtete, mit uns zu essen. Im Gegensatz zu Mash vertrug der Loup-Garou ja normale Nahrung, er genoss sie einfach nur nicht mehr so, und Mash sollte nicht der einzige sein, der nicht mit uns aß. 

Auch wenn, wie ich eben sagte, Platz eng bemessen war, so war es an Gemütlichkeit und familiärer Atmosphäre nicht zu überbieten. Wie saßen am späten Abend beisammen, reichten duftende Schüsseln mit köstlichem Essen herum und unterhielten uns über unser Tagewerk und die Erkenntnisse daraus. 

Es ist einfach toll, wenn eine Familie gemeinsam an einem Projekt arbeitet. 

‹Nimm dir was vom Braten!›, forderte Katze8, justament ich die Schüssel hatte weiterreichen wollen.

‹Ich mag eigentlich gerade keinen Braten, Katze›, erwiderte ich, ‹aber dir zuliebe nehme ich etwas.› Ich tat mir eine kleine Scheibe auf, schob sie an den Rand des Tellers, damit Katze leicht daran kam, und hob meinen Arm ein Stück, damit Katze auch bequem auf meinen Schoß Platz nehmen konnte.

Als irgendwann nur noch ein paar Kleinigkeiten zum Naschen auf dem Tisch standen, da der Hauptgang bereits abgeräumt worden war, lehnte ich mich wohlig vollgegessen an Liam links neben mir und streckte lächelnd meine Beine über den Schoß von Mash rechts neben mir aus. Katze rollte sich auf meinem Schoß zusammen und schloss die Augen.

Ein wenig in Gedanken versunken trank ich einen Schluck wohltuenden Kräutertees, Sereni-Tea nannte Tiernan das. „Ich will die von uns zusammengetragenen Fakten mal zu einem Schreckensszenario zusammenfassen“, erklärte ich entspannt. 

Katze öffnete interessiert ein Auge. 

„Altar Boy ist ein Shedim, der mit der Foul One, einer Wendigo, und Louis Hartfield, einem toxischen Schamanen, unter Zuhilfenahme eines Artefakts mit dem Namen Jadekelch und Leeching-Metamagie in den Calumet Swamps einen neuen Riss erzeugen möchte, um ein Portal in die Heimatebene der Shedim zu öffnen.“ Ich machte eine Pause, um meine Worte sacken zu lassen.

„Du musst dir so etwas nicht ausdenken, um uns dazu zu bewegen, gegen die Foul One vorzugehen“, meinte Mr.Tea darauf, „Wir können sie uns einfach holen, wenn du das wünschst.“

Ich lächelte, „Ich weiß. Ich habe nur das Gefühl, dass hier etwas Großes im Gang ist und die Shedim wollen nichts mehr, als wieder Kontakt zu ihrer Heimatebene zu bekommen.“

„Aber brauchen sie dazu die Hilfe eines Wendigo und eines Toxischen Schamanen?“, fragte Mash nach.

Ich schüttelte den Kopf, „Nicht unbedingt, aber sie brauchen etwas, was sie vorher nicht hatten. Master-Shedim haben die Öffnung eines Portals oder eines Risses schon öfter versucht. Shedim arbeiteten an vielen Orten kontrolliert an einer Lösung für ihr Problem, unter anderem in Neah Bay.“ Ich sah in die Runde, „Einige von uns waren in Neah Bay und das war schon groß angelegt. Allerdings hat man dort versucht, erstmal die gesamte Ortschaft mitsamt Krankenhaus zu übernehmen. Was wir verhindert haben. Die Shedim wollen etwas ändern. Und hier in Chicago gibt es gleich diverse Gelegenheiten für Leeching-Metamagie, und wenn jemand verschwindet, fällt es nicht auf. Es ist nur logisch, dass Shedim früher oder später ihre Rettung in Chicago suchen.“

Mash legte locker seine Hände auf meinen Oberschenkeln ab. Seine Hautfarbe unterschied sich nur wenig von der Farbe meiner weißen Jeans.

Ein Lächeln huschte über mein Gesicht. Draußen heulte der Wind und wir hatten es hier drin unglaublich gut.

„Was ist Leeching-Metamagie?“, wollte Average wissen.

„Grob gesagt kanalisiert man mit Leeching die Magie eines Ortes und lenkt sie um, um damit sein eigenes Ritual voranzutreiben“, erklärte ich.

„Ah, verstehe! Das ist die magische Version von illegal Strom abziehen“, stellte Average zufrieden fest.

Ich nickte, „Genau! Doch nun genug davon. Kleine Schritte zuerst. Verstehe ich das richtig, dass alle dafür sind, sich Foul One zu schnappen?“, fragte ich in die Runde.

Rubber Duck meinte sofort: „Klar. Was die da mit dem Metamenschenfleisch-Essen abziehen, ist voll ekelhaft!“ Er sah zu unserem Loup-Garou und hob entschuldigend die Hand. „Sorry, nichts für ungut, Leatherface.“

❄️

Auch die anderen waren dafür, sich die Foul One zu schnappen.

„Fein, dann machen wir das. Da das immer noch nicht unser Hauptziel ist, schlage ich vor, wir gehen das gleich morgen an. Euch ist klar, dass die Wendigo gefährlich sein wird, wir aber keine Million für sie kassieren werden? Es sei denn, sie ist ein toxischer Schamane.“ Was ich aber wirklich nicht hoffte.

„Kann sie denn noch toxisch sein?“, fragte Fang.

„Rein theoretisch ja. Sie könnte auch ein Insektentotem haben. - Du hast sie angesehen, hattest du darauf irgendwelche Hinweise?“

Fang schüttelte den Kopf, „Ich hab nicht mehr erkannt, als ich angesagt habe. Toxisch schien mir das nicht. Aber sie war schon ziemlich weit weg von meiner Position aus, vielleicht hab ich die Aura auch nicht richtig erkennen können.“

„Irgendwas muss an ihr aber dran sein“, erklärte Bloody Guts, „Ares hat ein Kopfgeld von zwei Millionen auf ‚The Foul One‘ ausgesetzt."

Ich hob überrascht meine zarten Augenbrauen, „Zwei Millionen? Das ist erheblich! Steht da auch, wer oder was die Foul One sein soll?“

„Nope“, erwiderte Bloody Guts prompt, „aber das Kopfgeld besteht schon ´ne ganze Weile. Und die zwei Mios sind auch nicht das einzige, was die zahlen wollen. Die packen auch Ares-Equipment auf Verhandlungsbasis drauf.“

‹Hmm, da möchte aber jemand sicher stellen, dass der Foul One bei Ares abgegeben wird, Drachenkätzchen.›, kommentierte Katze.

‹Das heißt wahrscheinlich, dass Ares etwas über den Original-Fou-One weiß, was wir nicht wissen, Katze.›

‹Davon gehen ich auch aus, Drachenkätzchen.›

„Besteht denn das Kopfgeld noch?“, fragte ich. „Immerhin war The Foul One einige Zeit verschwunden.“

Bloody Guts zuckte mit den Schultern, „Soweit ich weiß ja. Ich habe nichts Gegenteiliges gefunden.“

„Vielleicht ist die Foul One ja auch ein entkommenen Experiment von Ares?“, überlegte Mr. Tea laut. 

Ich legte den Kopf ein wenig schief und mein Haar floss zur Seite. „Irgendetwas besonderes wird mit dem Wendigo sein. Vielleicht haben sie eine gemeinsame Geschichte oder genau dieser Wendigo verfügt über spezielle Fähigkeiten. Für irgendeinen Wendigo würden sie nie so viel zahlen.“

Red Velvet sagte ernst: „Renraku würde sich mit der Schmach eines missglückten Experiments niemals zufrieden geben. Sie würden sich selbst darum kümmern.“

Liam sah zu ihr. „Na, dann hoffen wir mal, dass du keines bist. Ein missglücktes Experiment für die Red Samurai, meine ich.“

Red Velvet starrte Liam kurz an. Das war ihre Version eines bösen Blicks. 

Liam erwiderte das mit einem wölfischen Grinsen. 

„Kann mich mal jemand aufklären?“, fragte Rubber Duck.

Eden stand auf und ging die wenigen Schritte zu dem Rigger hinüber. „Was möchtest du denn wissen?“, meinte sie mit einer deutlichen Portion Timbre in der Stimme.

Moxi überbot das mit ihrer verführerischen Stimme und einem intensiven Blick auf Eden. „Jetzt bin ich aber gespannt“, hauchte sie. 

Rubber Duck räusperte sich kurz und fuhr sich dann eine Spur verlegen durch sein volles schwarzes Haar, das augenblicklich wieder perfekt saß. „Äh, wie ist es denn mit dem Unterschied zwischen dem einen und dem anderen Wendigo? Also, einen Unterschied, den man leicht benennen und überprüfen kann. Nicht, dass wir den abgeben und Ares dann behauptet, dass wir den Falschen haben,“

Liam lachte kurz bitter. „Wenn du sagen wolltest, dass Ares versucht, uns zu bescheißen, hast du viel zu viele Worte dafür gebraucht!“

 „Wendigos unterscheiden sich durch genauso viele Merkmale wie andere Individuen voneinander“, erklärte ich. „Wenn sie uns kein Bild, keinen Fingerabdruck oder ähnliches zur Verfügung stellen, fangen wir den, der sich gerade als Foul One ausgibt. Sollten wir die Foul One bei Ares abgeben und die behaupten, das wäre nicht der richtige, diskutiere ich das zu dem Zeitpunkt mit ihnen aus.“

„Was heißt hier bei Ares abgeben sollten?“, hakte Fang nach. „Hallo! Zwei Millionen? Das sind ja gleich zwei Millionen Gründe mehr, die Pelztante zu fangen.“

„Wo wir gerade so über Ares sprechen … “, erzählte Bloody Guts, „in der Matrix existieren Gerüchte, dass Ares versucht, Pakte mit Insektengeistern abzuschließen, um perfekte Soldaten zu kreieren.“

Tiernan schüttelte angewidert den Kopf, „Die sind so bescheuert. Als wenn die das kontrollieren könnten.“

„Du hast recht, Tiernan!“, stimmte ich zu, „Sie sollten es nach ihren Erfahrungen mit Chicago und FAB besser wissen.“ Ich sah, dass Liam eine bissige Bemerkung auf den Lippen lag, doch ich konnte ihn mit einem leichten Kopfschütteln davon abhalten, sie kund zu tun, „Vielleicht ist The Foul One auch so interessant, weil sie eine Insektenschamanin ist“, analysierte ich. Dann sah ich zu Average, „Die Diskussion um Ares ist nichts fürs Trideo. Jedenfalls das meiste nicht.“

Average nickte, „Dachte ich mir schon. Ist zu brisant. - Mir ist da gerade noch eine Werbe-Idee gekommen“, meinte er spontan und sah zu Rubber Duck. „Rubber Duck sollte eine Haarpflege-Serie rausbringen oder zumindest für eine werben. Drei Tage im Riggerkokon und die Haare sitzen immer noch.“

Bloody Guts lachte und Fang und Rubber Duck fielen mit ein. „Ja, Mann!“, bestätigte der Rigger. „Das machen wir!“

Mr. Tea sah in die Runde, „Wo wir gerade von Styling sprechen. Beim Jägerball, werden dort klassische Tänze getanzt werden?“

Ich nickte. „Ja, sicherlich auch.“

„Könnte mir die Tänze denn noch jemand beibringen?“, wollte Mr. Tea wissen.

Moxi bot sich sogleich an. „Mach ich sehr gern.“

Damit war auch das geklärt, und für uns war es langsam an der Zeit, vor dem morgigen Kampf noch etwas Schlaf zu finden.

„Bevor wir hier gleich die Segel streichen, würde ich dich gerne unter vier Augen sprechen, Liam.“, bat ich. 

Liam nickte. „Klar.“ Dann klatschte er mehrmals in die Hände, „So, habt ihr gehört. Die Erwachsenen haben noch was zu besprechen, geht mal alle eben raus. Die Ladies können sich ja schon mal bettfertig machen und die Jungs noch einen Blick aufs Equipment im Iglu werfen, oder was auch immer. Husch, husch.“

Ich hob gedanklich eine Augenbraue. Damit, dass er alle rausschicken würde, hatte ich nicht gerechnet. Ich hatte vielmehr daran gedacht, dass wir uns zurückziehen oder in den Frauen-Airstream gehen würden.

Tatsächlich gingen alle hinaus. Entweder besaß Liam sehr viel Autorität oder sein Ruf war einschüchternder, als ich gedacht hatte.

‹Das Männchen hat die richtige Einstellung, Drachenkätzchen. Das stelle ich immer wieder fest›, meinte Katze zufrieden.

❄️

Nachdem Tiernan als letzter den Airstream verlassen und die Tür hinter sich geschlossen hatte, grinste ich Liam kurz an. „Beeindruckend! Wenn ich mal Probleme haben sollte, mich im Team durchzusetzen, weiß ich, wen ich um Hilfe bitten kann.“ Ich machte eine kurze Pause und wurde dann ernst, „Das Ancients-Chapter in Chicago scheint irgendwie in etwas extrem Unschönes verwickelt zu sein.“

Liam hob skeptisch beide Augenbrauen. „Unschön, das ist aber ein nettes Wort für den Bullshit, der da abgeht.“

Ich lächelte kurz. „Ja, ich bin gut darin, nette Worte zu finden. - Vielleicht ist es so, dass die Ancients hier von einem Shedim beeinflusst werden und darum nichts dafür können. Doch egal, was das ist, ich will es in jedem Fall klären. Und zwar so, dass es aufhört! Das liegt mir am Herzen. Ich möchte nicht, dass Ancients solchen…“, ich grinste kurz, „ … unschönen Bullshit machen. Schon gar nicht, wenn es nicht im Sinn aller Ancients ist und ich Gelegenheit bekomme, etwas dagegen zu tun.“

„Das mit dem Beenden klingt doch gut. Dann machen wir das“, erklärte Liam überzeugt.

„Gut. Ich möchte das vor den anderen nicht an die große Glocke hängen, darum wollte ich mit dir alleine sprechen.“

Liam nickte. „Ist klar, Cousine.“

„Ich möchte auch, dass die Ancients am Ende so gut wie möglich dabei wegkommen.“ Ich seufzte kurz, „Wenn das denn überhaupt möglich ist. Ich möchte mir von niemandem vorwerfen lassen, dass ich die Ancients schlecht aussehen lassen habe.“

Liam goss sich einen Whisky ein und trank einen Schluck. „Wer sollte dir das vorwerfen?“, fragte er und bot mir ebenfalls einen Whisky an. Doch ich lehnte lächelnd dankend ab.

„Irgendwelche Ancients“, erwiderte ich, „Ein Teil von mir wird sich ihnen immer zugehörig fühlen. Ich möchte sie hier in Chicago nicht alle töten müssen. Ach was, es sind Ancients, ich will sie überhaupt nicht töten.“ 

Liam sah mich direkt an. „Musst du ja auch nicht!“, meinte er ruhig. 

„Und wenn am Ende Ancients sterben müssen, damit es aufhört - also unabhängig von Kampfhandlungen, die sich nicht vermeiden lassen - möchte ich auch nicht mit ihrem Tod in Verbindung gebracht werden“, stellte ich klar. 

Liam nickte. „Das hab ich mir schon gedacht!“ 

Ich lächelte. „Ich schätze deine Voraussicht, falls du es noch nicht wusstest.“ Nach einer kurzen Pause fügte ich hinzu: „Liam, wenn sie unschuldig sind, dann wünsche ich mir, dass sie wenn möglich alle am Leben bleiben.“

Liam nickte wieder. „Hab ich verstanden.“ Nun machte er eine gedankenverlorene Pause und meinte dann: „Snowcat, wenn ein bestimmter Ancient am Leben bleiben soll, dann sagst du es mir, ja?“

Ich lächelte milde. „Ja! Das mache ich.“

‹Hat Liam da gerade gesagt, ich darf einen Ancient auswählen, den er am Leben lässt, auch wenn er entschieden hat, dass sie alle sterben müssen, Katze?›

‹Ja, so ungefähr!. Aber du kannst sicher sein, dass dich niemand mit dem Tod in Verbindung bringen wird. Vielleicht nicht einmal du selbst, Drachenkätzchen.›

Ich lachte stumm.

❄️❄️

[Song 26: Pharell Williams - Freedom3] Am Morgen des 13. Februar 2076, kurz nach meinem Morgenritual, saßen wir für eine Missionsbesprechung vor unserer Jagd auf den Wendigo mit dem Namen 'The Foul One' im Airstream beisammen.

„Wendigos haben Probleme mit Tageslicht und Eisen“, erklärte ich. „Tageslicht wird vorhanden sein, zumindest wenn es uns gelingt, sie aus ihrem Versteck zu locken.“

„Wenn nicht, blasen wir ihr das Dach über dem Kopf weg“, stellte Liam fest.

„Eine Waffe aus Eisen ist ja auch kein Problem“, kommentierte Fang. „Immerhin haben wir Iron Horse dabei.“

Wir lachten. Zumindest hatten wir die richtige Einstellung.

Keine Frage, wir würden Chicago mit der Gefangennahme der Foul One wieder um einiges sicherer machen und mit etwas Glück würden wir sogar direkt einige Metamenschen retten, jedenfalls wenn es uns gelang, auch nur noch einen der sich im Lagerhaus befindenden Gefangenen zu befreien.

Thunderstrike rief eine Karte der Docks auf und wir begannen mit der eigentlichen Planung. 

❄️

Am Ende hatten wir uns in zwei Teams geteilt. 

Team Smash hatte den Auftrag, die Foul One aufzuscheuchen und rauszutreiben, damit Team Grab sie dann schnappen konnte.

Team Smash bestand aus Shark Finn, Thunderstrike, Eden, Liam, Sinister und mir. Auf dem kleinen Fußmarsch bis zum Pier würde Sinister unsere Vorhut darstellen.

Team Grab war aus Iron Horse, Mr. Tea, Red Velvet, Fang und Leatherface zusammen gestellt. Wir hatten erneut darauf geachtete, dass Red Velvet in einer Fünfergruppe unterwegs war. Dort würde Iron Horse vorgehen. 

Kurz vor dem Abmarsch beschwor ich Godfather Zane herauf und bat den Guidance Spirit um Unterstützung bei der bevorstehenden Aufgabe.

❄️

Nachdem Rubber Duck uns abgesetzt hatte, machen wir uns auf Weg. Team Grab bekam etwas Vorsprung, da sie die Pier mit dem Lagerhaus, in dem wir die Behausung der Foul One vermuteten, umgehen würden. 

Wir würden unterdessen auf den Parkplatz an der Pier mit der ‚Fleischverarbeitung' zusteuern.

Mein Equipment-Rucksack war heute ein deutliches Stück leichter als sonst, da ich wegen Liams Anwesenheit einfach all meinen elektronischen Kram im Airstream gelassen hatte. 

Wir hatten uns für schallgedämpfte Waffen entschieden und bewegten uns zügig, aber in langsamen Bewegungen, also ohne zu rennen, durch die Straßen. Ganz so, wie wir es von den Special Forces gelernt hatten.

Liam signalisierte unserer kleinen Gruppe immer wieder mal, anzuhalten. Dann trat er an einen Pfeiler, einen alten Wagen oder etwas in der Art, kratzte Rost von einer Stelle ab und füllte ihn in einen Behälter. Auch eine Art, Eisen für eine schmutzige Bombe zu sammeln.

❄️

Noch einige hundert Meter von unserem Zielort entfernt stießen wir auf Höhe einer sumpfigen Wiese auf eine Swamp-Thang-Patrouille, die wir vorbeiziehen ließen.

Dann ging es geduckt, verschleiert und vorsichtig über den letzten Damm auf die ehemaligen Docks zu.

Zwölf Wachen standen vor der Fleischerei. 

Der kalte Gestank nach Blut, Exkrementen und brackigem Wasser, der durch den Wind zu uns herüber getragen wurde, war widerlich. 

Als ich ob der Kombination mein feines Näschen rümpfte, kam mir etwas in den Sinn. «Sollte die Foul One tatsächlich eine Insektenschamanin sein, wie einige Gerüchte behaupten, wäre ihr Totem sicherlich Moskito, so wie das Gelände am und ihr Gebäude teilweise über dem Wasser liegen», sagte ich leise im Teamnetzwerk an.

«Copy», kam von Iron Horse, «Heißt das, wir sollen vermehrt nach oben gucken?»

«Nicht mehr als sonst in Chicago», erwiderte ich. «Bei Moskito gehe ich nicht oder kaum von Mischformen mit Metamenschen aus und fliegen können Geister ja irgendwie alle. Soweit ich weiß, können Moskito-Geister Blut saugen und dadurch Lebenskraft rauben. Was aber einige Zeit dauert. Es könnte also durchaus sein, dass ein Geist versucht, ein Opfer von der Gruppe zu trennen, um in Ruhe von ihm trinken zu können.»

«Also nicht entführen lassen», kommentierte Fang. 

«So ist es.», bestätigte ich.

Wie es Thunderstrike am Tag zuvor getan hatte ließ ich nun eine von Rubber Ducks Dragon-Fly-Drohnen aufsteigen, damit sie in das Lagerhaus fliegen konnte.

Drinnen zeigte sich ein dem von gestern ähnliches Bild, wenn auch weniger geschäftig. Neun Gefangene, die mit ihrem Leben offenbar schon abgeschlossen hatten, saßen in den Käfigen, während zwei Ganger in einer Ecke herumlungerten und vor sich hin dösten.

«Ich schlage vor, wir nehmen das Gebäude ein und schalten die Wachen aus», meinte Thunderstrike. 

Ich überlegte kurz und entschied, «Gute Idee. Dann kann uns niemand in den Rücken fallen. Sinister meldete: «Ich schleiche vor, bewege mich ins Lager und übernehme die beiden dort. Dann bin ich schon drin, falls jemand dorthin flieht, wenn ihr zuschlagt.“

«Mach das, Sinister», bestätigte ich. 

Die Elfe setzte sich augenblicklich in Bewegung. Dank ihres Chamäleon-Suits verschmolz sie mit der Umgebung und auch mir fiel es schwer, sie im Auge zu behalten. Zusammen mit der Kraft der Verschleierung, unter deren Schutz wir noch standen, würde sie unmöglich zu entdecken sein. 

Thunderstrike erklärte: «Mit einem Stillezauber von mir sollte es auch kein Problem sein, die zwölf völlig lautlos auszuschalten.»

«Ich werde sie zudem ablenken“, sagte ich an. «Wenn mein Zauber aktiv ist, legt ihr los. Eden, Shark Finn, nutzt weiterhin Betäubungsmunition.»

«Copy», erwiderten beide beinahe gleichzeitig. 

Liam lehnte sich lässig gegen einen schiefen Laternenmast, um uns zuzusehen.

Average funkte dazwischen. «Kannst du die Verschleierung aufheben Snowcat? Sonst sieht man nicht, wie cool und schön ihr seid.»

Liam lachte. «Du bist doch nur zu faul, die Überarbeitung der Szene zu machen.»

«Das auch», gab der Decker zu, «Aber das ist auch echt die Hölle. Abgesehen davon ist Snowcat als Original unübertroffen.»

Katze trottete an mir vorbei. ‹Damit hat das Männchen sogar Recht, Drachenkätzchen.›

«Außerdem», fuhr Average fort, «macht ihr doch bestimmt wieder was Geniales draus. Das soll doch für alle im Trid zu sehen sein.»

Ich lachte, «Schon gut. Du hast mich überzeugt. Setzte Verschleierung jetzt aus», legte ich fest und bat meine Sylphe im Stillen, die Kraft aufzuheben.

Dann konzentrierte ich mich, kanalisierte die Magie und wob die Fäden zu einem verwirrenden, glitzernden Schneegestöber zusammen, das ich auf die Zwölfergruppe lenkte, um sie darin einzuhüllen. Ich hatte das Zentrum für den Zauber gut gewählt, denn ich erwischte sie alle.

«Chaos steht!», sagte ich an.

«Stille, Stille, Stille», meldete Thunderstrike auf die ihm übliche Art.

Eden betrat augenblicklich die stille Zone und schoss mit dem Ares Alpha je einen Burst auf zwei unterschiedliche Ziele. 

Beide fielen überrascht und ungehört zu Boden, wo sie dann dank der Elektrizität in der Stick-n’-Shock-Munition zuckend zusammenbrachen.

Das unterlegt mit der richtigen Musik würde sich im Trideo tatsächlich gut machen und es brachte mich wieder auf eine Idee.

[Song 27: Fitz and the Tantums - I Make Your Hands Clap3] Das war die Gelegenheit für einen kleinen aber feinen Manipulationszauber, den ich noch nicht all zu oft in Szene gesetzt hatte. Ich ließ das Chaos fallen und konzentrierte mich erneut.

Die beiden Swamp Thangs waren zwar lautlos zu Boden gefallen, aber die Tatsache an sich war den anderen nicht verborgen geblieben oder entging ihnen zumindest nicht, wo sie nicht mehr zusätzlich abgelenkt waren. Ihnen schwante, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zuging. Sie setzten sich in Bewegung. Oder wollten es zumindest tun.

Ich gestikulierte. Meiner Handbewegung folgend bildete sich auf dem Boden unter der Füßen der Swamp Thangs eine Eisschicht. 

Die Männer rutschten aus und schlitterten und purzelten durcheinander.

Shark Finn trat vor und achtete selbst darauf, die Eisfläche nicht zu betreten. Dann deckte er die gefallenen Swamp Thangs mit Stick-n’-Shock-Kugeln aus seinem LMG ein.

Sie zuckten weiter schlitternd über den Boden. Da man weder die Schüsse noch die wütenden Schreie hörte, sah es tatsächlich lustig aus.  

Einige Sekunden später lagen alle zwölf Swamp Thangs bewusst- und bewegungslos auf dem Eis. 

Sinister, die ihre beiden Ziele im Lagerhaus ebenfalls lautlos und heimlich ausgeschaltet hatte, lehnte sichtbar und lässig am Torrahmen des Lagerhauses und applaudierte. 

„Die Thangs müssen gefesselt und im Lagerhaus versteckt werden“, sagte ich an. „Fahrt eure Spikes aus den Schuhen aus, bevor ihr die Eisfläche betretet. Da es hier kalt ist, wird sie noch lange dort liegen bleiben.“

Eden, Thunderstrike, Sinister und Shark Finn bewegten sich auf der Eisschicht dank der Spikes ohne auch nur ansatzweise zu straucheln. 

Eden wollte sich zunächst den ersten bewusstlosen Ganger schnappen, unter seine Arme greifen und ihn über den Boden ziehen, als ihr eine Idee kam. Sie schubste den Mann leicht und stellte dabei fest, dass er sich beinahe wie von selbst über das Eis bewegte, „Hey guckt mal, wir können die übers Eis schlittern, so wie beim Eisschießen, und Shark Finn fängt sie beim Tor ab und erledigt den Rest.

So war die Arbeit des Verstauens schnell getan.

Ich trat noch zu den Käfigen mit den armen Metamenschen, die mit ihrem Leben eigentlich schon abgeschlossen hatten. Wir reichten ihnen Essen, Wasser und Decken in die Käfige. Doch wir ließen sie noch nicht frei. Immerhin wollten wir uns gleich noch eine Göttin schnappen und so fröhlich und lustig wir die Sache auch gerade nahmen, das würde gefährlich werden und in dem Käfig war für die Männer und Frauen der sicherste Platz. 

Sie glaubten mir sofort, dass wir sie noch befreien würden, und versprachen sogar, bis dahin ruhig zu bleiben. Die große Kanne mit heißem Paci-Tea, die Tiernan mir mit gegeben hatte, trug ein übriges dazu bei. 

Die 14 Swamp Thangs stapelten wir gefesselt und geknebelt in einem leeren Käfig. Höchstwahrscheinlich würden sie verschlafen, wie wir uns ihre Chefin schnappten.

Als Thunderstrike das Schloss des Käfigs prüfte, meine AveRage: «Und für unterwegs - Paleo Sticks, falls es mal wieder länger dauert.»

❄️

Von Pier zu Pier waren es gut 250 Meter. 

Liam wollte vorschleichen, um das Gebäude, in dem wir die Foul One vermuteten, zu verdrahten.

„Dann nimm dir aber Eden mit“, wies ich an.

Liam verdrehte die Augen. „Ich dachte, du gibst mir deinen Geist mit und der verschleiert mich.“

Ich nickte. „Mach ich auch. Aber nimm Eden dennoch mit.“

„Na gut.“, willigte er ein.

Sinister meinte: „Ich biete dir an, dich zu begleiten.“

Liam schüttelte dem Kopf. „Ich nehme ja Eden mit. Die ist UDT.“

„Ja schon“, sagte Sinister nun. „Aber Demolitions kannst du selber und unter Wasser kommt ihr ja wohl nicht. Und ich bin leiser! Du wirst mich nicht hören.“

Liam schüttelte den Kopf. „Ich höre dich doch die ganze Zeit.“

❄️

Bevor wir weitermachten, hielt ich noch eine kleine Ansprache an mein Team. Auch wenn mich nicht alle sehen konnten, konnten sie mich doch via Teamnetzwerk gut hören.

Ich wies noch mal darauf hin, dass wir gut vorbereitet waren, dass jeder bei seinen Kampfaktionen darauf achten sollte, gut auszusehen, und dass er darum auch bei einer Kampf- oder Einzelaktion etwas riskieren konnte. Wie viel, lag natürlich im Ermessen jedes Einzelnen. Ich erläuterte noch einmal, dass wir die Gegner wenn möglich nur betäuben und die Foul One lebend fangen wollten. Die Entscheidung, auf tödliche Gewalt umzusteigen, lag ebenfalls bei jedem allein. «Wir sind hier, um etwas zu bewirken und zu verändern und werden dabei auch noch fantastisch aussehen!», schloss ich meine Ansprache. «Doch denkt immer daran, am Ende ist das Wichtigste, dass jeder von uns diese gefährliche Aktion überlebt! A-hooh!» Ich zwinkerte Ballhaus10 1 mit langsamen Augenaufschlag zu. Wie so oft war die Drohne auf mein Gesicht fokussiert gewesen. 

«A-Hooh», erwiderte mein Team eindringlich, obwohl einige leise ins Commlink gesprochen hatten, um keine unnötige Aufmerksamkeit auf uns zu lenken.

❄️

Thunderstrike und Sinister kletterten auf das Dach des Lagerhauses, während wir - Eden, Liam, Shark Finn und ich - uns langsam und leise an die vordere Ecke des Gebäudes bewegten, um den anderen Pier näher in Augenschein nehmen zu können. 

Unterdessen meldete Team Grab, dass sie den letzten Haltepunkt erreicht hatten und nun erst auf unser Signal hin weiterziehen würden. 

Eden warf einen intensiven Blick auf den Strom sich kräuselnden Wassers, das sich vor dem Pier bewegte. «Es gibt trotz der Kälte keinerlei Eisschollen», stellte sie fest. «Das ist ein Zeichen dafür, dass in dem, was da fließt, kaum Wasser ist.» 

Ich wollte mir das astral ansehen.

‹Die Aura des Wassers stinkt bis in die mundane Welt, Drachenkätzchen. Lass doch da jemand anderen reingucken›, verlangte Katze. ‹Und Drachenkätzchen, du darfst in diese Brühe auf keinen Fall reinfallen. Den Dreck wirst du sonst in den nächsten Jahren nicht los.›

Also verzichtete ich darauf, mir die Sache astral anzusehen. Ich solchen Fällen hörte ich auf Katze. Schließlich war ich in der Vergangenheit immer gut damit gefahren. 

Das Zielhaus an der nächsten Pier war ein deutliches Stück höher als die anderen Häuser an den Stegen. Drei Orks und zwei Menschen mit Swamp-Thangs-Abzeichen standen vor einer Feuertonne und wärmten sich die Hände. Wache hielten sie mehr pro forma. 

«Oben auf dem Dach ist einer mit einem Gewehr», sagte Thunderstrike an. 

Ein Grund mehr, nach Leeree zu rufen und sie zu bitten, Liam und Eden zu verschleiern und sie vor Zauberangriffen zu schützen. 

Liam gab Eden seinen zweiten Rucksack, den zuvor Shark Finn getragen hatte, „Ab jetzt nicht hinfallen, nicht in den Rücken schießen lassen und nicht in großer Hitze aufhalten!“, hatte er böse grinsend zu ihr gesagt und ein lockeres, leicht zynisches, „Aber du kennst dich damit ja aus“, hinzugefügt.

Als die beiden für die Sensoren und unsere Sinne verschwunden waren und wir sie nur noch dank der Markierungen via AR verfolgen konnten, gab ich Team Grab das Signal, sich in Bewegung zu setzen.

❄️

Eigentlich hätte Team Grab sich möglichst leise und unauffällig bewegen sollen, dafür kamen jedoch ziemlich viele Bewegungsgeräusche über die Sensoren der Überwachungsdrohne rein.

Rubber Duck hatte den hohen Ausschlag ebenfalls registriert und meinte, «Ich höre jemanden laut atmen!» 

Fang erwiderte, «Das sind Red Velvet und Leatherface. Die atmen nicht, die seufzen.»

Rubber Duck lachte. «Okay, was haben die denn so zu seufzen?»

Woraufhin Thunderstrike bellte: «Dass ihr die Funkdisziplin nicht einhaltet. - Sie sind so leise, wie sie können und laufen darum hinten.»

❄️

Eden und Liam markierten auf ihrem Weg ums Zielhaus wichtige Punkte via AR und vervollständigten so die Karte. 

An der Mauer sagte Liam an: «Wir orten jetzt die tragenden Stellen, dann bringen wir dort die Sprengfallen an.»

Bald darauf hörte man Liam nörgeln, «Drück richtig gegen! … Höher… Mann, was hat man euch denn beigebracht?“ … 

Er routete den Ton sicher absichtlich durch. Dann wurde er plötzlich still. 

Es dauerte einen Moment und dann blendete er via AR ein schemenhaftes Bild ein, dass er offenbar mit Hilfe mehrerer Scans gemacht hatte und das einen unförmigen Berg auf einer großen Fläche zeigte.

«Entweder haben die da eine Müllhalde oder etwas anderes Organisches aufgeschichtet», kommentierte Liam. «Es scheint ihnen aber irgendwie wichtig zu sein. Ich bring da mal 'ne extra Ladung an. Vielleicht lenkt es sie ab, wenn wir ihren Hügel hochjagen.»

Das war sicher eine gute Idee. Ein organischer Berg von der Größe ließ mich sofort wieder an Insektengeister denken, die dort vielleicht eine Brutstätte besaßen. 

Rubber Duck aktualisierte die Geländeinformationen, damit Iron Horse den Weg für Team Grab entsprechend anpassen konnte.  

«Stopp! Bewegung auf dem Dach!», meldete Thunderstrike. «Der Schütze bewegt sich. Sie haben offenbar Wachwechsel.»

Also zogen wir uns in den Schutz von Gebäuden zurück und warteten.

❄️

«Wenn Liam die Sprengfallen fertig hat, jagt er alles hoch und dann laufen sie raus und Snowcat und Sinister treiben sie dann zu Team Grab? Habe ich das richtig verstanden?», fragte Rubber Duck, um die Wartezeit des Wachwechsels zu überbrücken. «Weil mir noch nicht ganz klar ist, wie wir sicherstellen, dass sie rauskommt.»

Ich lächelte leicht. «Das ist dir noch nicht ganz klar, weil ich euch in diesen Teil des Plans noch nicht richtig eingeweiht habe», erklärte ich. «Wir stellen sicher, dass sie rauskommt, weil ich mich vor ihr Haus stellen und nach ihr rufen werde», erzählte ich, was ich mit Liam auf einem Direktkanal besprochen hatte.

«Kannst du das wiederholen?», bat Thunderstrike und klang dabei irgendwie angespannt.

Selbstverständlich konnte ich das - und nicht nur das, ich ging sogar noch ins Detail.

❄️

[Song 28: Marilyn Manson feat Tyler Bates - Killing Strangers3] AveRage und Fang fanden die Idee cool, der Protest von Shark Finn hielt sich in Grenzen, nachdem ihm klar geworden war, dass der Oheim den Plan abgesegnet hatte, und Eden wollte am liebsten ihren Posten bei Liam verlassen, um mir beizustehen.

Ich versicherte Eden, dass ich mit Shark Finn und Sinister an meiner Seite sicher genug sei und sie später mit Liam zu uns stoßen würde, womit sie unseren Feinden de facto in den Rücken fallen konnte.

Thunderstrike gab wieder gewohnt ruhig bekannt: «Ich werde den Sniper im Visier haben. Wenn er die Waffe auf Snowcat richtet, ist er weg, bevor er den Finger krumm machen kann. Die Wachen haben Ruger Super Warhawks. Mehr als schwere Pistolen haben wir auch gestern nicht bei den Swamp Thangs gesehen.» Eine rote Linie erschien via AR auf unserer Karte, «Wenn Snowcat diese Linie nicht überschreitet, dann ist sie mit ihrer Panzerung vor den Kugeln sicher. Nahkampfangriffe wehren Sinister und Shark Finn dann ab.»

«Copy», erwiderte Sinister.

Iron Horse fasste den frischen Plan für den Part seines Teams wie folgt zusammen: «Wir nutzen die Ablenkung durch Snowcat, um unbemerkt über die freie Fläche vor der Pier bis zur letzten Deckung zu kommen und greifen an, wenn Liam das Gebäude sprengt.»

«Genau so ist es», bestätigte ich.

«Und ich sprenge das Haus doch gleich bei welchem Codewort?», fragte Liam.

Ich überlegte einen Moment. «Ich finde 'Feuerwerk' passend.»

Wir bewegten uns alle in die endgültige Startposition. Shark Finn, Sinister und mich hatte ich ebenfalls unter den Schutz von Verschleierung stellen lassen. 

Ich hatte mir einen schicken, umgestürzten und bis auf das Gerippe ausgeschlachteten Schulbus gesucht, der gut mit nassem, aber immerhin weißen Schnee gefüllt war. Auf ihn würde ich mich stellen, um mit der Foul One zu sprechen. Selbstverständlich lag er außerhalb der Kern-Reichweite von Super Warhawks.  

Das hier war mit Abstand der wärmste Ort draußen, den wir in den vergangenen Tagen in Chicago betreten hatten. Der Atmosphären-Scanner zeigte +1 Grad Celsius an.

Sinister sah zu Shark Finn und flüsterte, „Wenn die nicht auf Snowcat hören, dann treten wir raus und wenn sie gegen Snowcats Befehl näher kommen, sagen wir 'Halt, nur bis hierher und nicht weiter'. Okay?“.

Finn nickte, „So machen wir’s. Aber du musst noch viel lernen, junger Padawan. Die hören auf Snowcat. Und wenn sie das doch nicht tun, dann hören die auch nicht auf uns.“

Rubber Duck meldete, dass er die Kampf-Rotordrohne aus dem Sea Sprite gelassen hatte und sie in unter einer Minute bei uns sein würde.

Average meinte: «Sagen wir jetzt noch Ares bescheid? Wegen der Foul One und Moskito und so? Dann können wir die vielleicht heute noch um die Ecke abgeben?»

Foggy erwiderte: «Ich habe inzwischen schon mit Leuten bei Ares gesprochen. Ich weiß nun, dass das Kopfgeld tatsächlich noch besteht und auch, wo ich mich melden muss, wenn wir den Foul One abgeben wollen. Dazu muss das kein Insektenschamane sein. Allerdings hat Snowcat vorhin noch gesagt, wenn wir den Bären oder die Maus oder - na, es war irgendein Getier - haben, dann wollen wir noch mal ganz doll in uns gehen und über die Abgabe sprechen.“

❄️

Ich ließ mich von Shark Finn auf einen Radkasten des Busses heben und sah mir die Protagonisten an der Feuertonne genauer an. Sie hatten tatsächlich Pistolen dabei und zudem einen Gürtel, an dem je eine Flashbang- und eine Explosivgranate hingen. Außerdem entdeckte ich mehr oder weniger gut gepflegte Äxte oder Messer an ihren Gürteln.

Einer der fünf fiel mir besonders auf, denn er hatte mehr Granaten dabei und seine Axt hatte eine Doppelklinge und war mit vier blutigen Skalps geschmückt.

Ich ließ die Verschleierung abschalten und rief laut und tragend, mit einer Überheblichkeit, die gefährlich gewesen wäre, wäre ich durch mein Team nicht so gut geschützt gewesen: „Komm raus, komm raus, wo immer du bist!“

Als die fünf an der Feuertonne hektisch ihre Waffen zogen und sich umblickten, stieß ich einen lauten Pfiff aus und winkte.

Die Männer starrten zu mir. 

Ich hatte meinen pelzbesetzten Helm abgenommen und meine RIG-Maske lässig über die Stirn geschoben, damit man zumindest erahnen konnte, wie schön mein Gesicht war. 

„Hey Chummers! Danke für eure Aufmerksamkeit“, sagte ich fröhlich und ließ die Swamp Thangs damit zusammenzucken, da ich meine Stimme mit Hilfe von Magie direkt in ihre Mitte getragen hatte. 

Rubber Duck hatte eine seiner Dragonflys über die Gruppe bewegt. Selbst, wenn sie nun nur leise sprachen, würden wir sie hören können.

„Ich würde gerne eure Chefin, die Foul One sprechen“, erklärte ich. „Holt die doch mal.“

„Was willst’n du?“, fragte der mit den vier Skalps am Gürtel. „Komm doch mal runter zu uns“, forderte ein anderer.

Ich hatte einen Tanzmove vollführt und sagte langgezogen und in einer Manier, die Harlequin auf mich stolz machen würde, „Ach nöö! - Ich spreche nur mit der einzigartigen Foul One. Ich habe ihr ein Geschäft vorzuschlagen.“

Die fünf begangen zu tuscheln.

„Was machen wir denn jetzt?“ „Was für ein Geschäft?“ „Können wir sie holen?“ „Nein!“ „Ja!“ „Aber wenn es wichtig ist?“

Ich gähnte laut und pfiff dann noch mal, „Hallo, das Wetter ist schlecht für meinen Teint. Macht mal hin! Das Geschäft lohnt sich! Oder meint ihr, jemand würde es wagen, sich hierher zu stellen und nach der Foul One zu verlangen, wenn es sich nicht lohnen würde? Sehe ich etwa lebensmüde aus?“ Ich legte ein wenig Magie in meine Stimme. „Los, holt die Foul One!“

Four-Skalps, so hatte ich den Kerl mal eben schnell getauft, nickte. Dann rannte einer von den anderen los, rein in das Lagerhaus.

Ich holte drei mit Reis gefüllte, bunte Bälle aus einer meiner Taschen und begann, damit zu jonglieren. Als Ballhaus 2 mich in die Sensoren nahm, zwinkerte ich der kleinen CU^3 - Kameradrohne zu. Ich winkte sie mit einer Kopfbewegung näher und meinte an den Zuschauer gewandt: „Mal sehen, ob sie jetzt wirklich kommt und wie lange sie braucht, um Make-up aufzulegen. Was meinst du? Legt eine Frau mit integriertem Pelzmantel Wert auf Make-up?“ Ich lachte perlend. „Nein, wahrscheinlich nicht. Aber wenn sie ihr Fell bürstet, dann warte ich hier noch eine Weile.“ Dann zwinkerte ich mit langsamen Augenaufschlag.

❄️

Nach ein paar Minuten - ich hatte mich inzwischen zum Jonglieren auf den Wagenrand gesetzt und schlenkerte mit den Beinen - kam ein Troll aus dem Haus, umgeben von zwölf weiteren Swamp Thangs.

Ein Troll, ein Mann, in einem mit Federn geschmückten Mantel. Das war definitiv nicht die Foul One, es sei denn, sie hatte sich mit einer Illusion getarnt. Ich nahm astral wahr. Nein, das war keine Illusion und der Troll machte zwar einen bissigen Eindruck und besaß eine imposante Erscheinung, war aber so magisch wie ein Zitronenkuchen aus dem Stuffer Shack™. 

Ich machte Anstalten aufzustehen, ließ mich dann aber theatralisch zurücksinken. Schnee spritzte auf. „Falsche Rasse, falsches Geschlecht. Das ist ein schlechter Versuch, mich reinzulegen“, rief ich und ließ meine Stimme mit Hilfe von Magie wieder in die Mitte der Männer tragen. 

„Was willst du? Ich bin der Foul One“, sagte der Troll, sogar einigermaßen überzeugend. 

Ich unterdrückte ein Lachen und erwiderte freundlich, „Nichts für ungut, vielleicht bist du auch in irgendeiner Art foul, aber die Foul One bist du nicht.“ Ich schwang mich hoch, machte ein paar Schritte die Karosserie entlang und balancierte auf dem Skelett des Busses, „Aber ich verstehe, dass die großartige, gefürchtete Foul One nicht mit jedem spricht. Aber glaubt mir, ich bin es wert, dass sie sich zeigt und ich spreche nun mal nur mit ihr persönlich!“

«Zweiter Schütze kommt aufs Dach», meldete Thunderstrike. «Du dürftest ihre Aufmerksamkeit gewonnen haben.» 

Ich grinste kurz. „Also bitte holt euren Boss. Es lohnt sich für euch alle!“, versprach ich.

Einen Moment lang passierte nichts, doch dann kamen zwölf weitere Swamp Thangs aus der Vordertür und in ihrer Mitte überragte eine alte Orkfrau sie alle um einen Kopf. Sie hatte langes, grauschwarzes, verfilztes Haar, war in eine schmuddelige Winterjacke und dicke, flache Stiefel gekleidet und trug um den Hals eine Kette aus Knochen.

„Den Style-Award gewinnt sie schon mal nicht.“, raunte ich dem Zuschauer zu. 

«Wenn die nach hinten rausgehen würden, dann wäre es noch viel lustiger», kommentierte Liam.

Katze sprang zu mir auf den Bus. ‹Jetzt wird es interessant, Drachenkätzchen.›

Ich wollte nicht astral wahrnehmen und konzentrierte mich stattdessen auf die Tarnung meiner eigenen Aura. Im Anschluss spürte ich nach Magie in meiner Umgebung. 

Und tatsächlich, auf der Orkin lagen Zauber. 

Mein Gefühl sagte mir, dass sie keine zweite Täuschung versuchen würden. Außerdem war das, was da an Magie auf der mundanen Ebene zu mir rübergeschwappt kam, so beachtlich, dass es die Foul One sein musste.

Die Stimme von Godfather Zane erklang in meinem Bewusstsein. ‹Ihr habt wie immer Recht, Mylady, das dort ist ein Wendigo.› 

„Ich bin Kara, die rechte Hand der Meisterin. Meine Augen sind schon alt, komm doch ein wenig näher, Kind“, sagte die Orkin mit lockender Stimme, die sie sicher von der Knusperhäuschenhexe aus dem Märchen gelernt hatte.

Ich wandte mich der Foul One zu, klopfte mir den Schnee vom Popo und sagte: „Ich bin erfreut, dass du den Weg hinaus gemacht hast, um mich anzuhören.“

„Das habe ich. Willst du nicht runterkommen?“ 

Ich schüttelte den Kopf. „Nicht, bevor ich nicht weiß, was du von meiner Idee hältst.“ 

Die Foul One lachte leise. „Was für einen geschäftlichen Vorschlag hast du denn?“

Ich tippte auf das vorbereitete AR-Feld.

<Ready>

„Ach ich dachte, wie feiern ein Fest, wegen den Befreiung von den Bugs.“, erklärte ich.

The Foul One legte die runzlige Stirn in furchige Falten. „Du willst was?“, fragte sie argwöhnisch.

Ich nahm desinteressiert meinen Pelzhut in die Hand. „Mit dir und deinen Swamp Thangs ein Fest feiern“, wiederholte ich … 

<Steady>

… und zog mit einer geschmeidigen Bewegung meine RIG-Maske vors Gesicht, um gleich darauf meinen Pelzhut aufzusetzen. Mein taktisches AR-Display erwachte augenblicklich zum Leben.

Gekoppelt mit einer tanzenden Bewegung beschrieb ich, „So mit Partymusik und Feuerwerk!»

<GO!>

[Song 29: Yeah, Yeah, Yeahs - Mosquito3] «Na endlich!», kam von Liam.

Die Foul One ahnte, das etwas nicht stimmte.

Einige ihrer Ganger begannen, nach ihren Waffen zu greifen. 

Ein laute Explosion erschütterte die Pier. 

Swamp Thangs und Foul One rissen die Köpfe herum.

Dann gab es ein lautes Geräusch, als würde man einen riesigen Reißverschluss öffnen.

Es folgte eine zweite Explosion. 

Ein widerwärtiges, schrilles Kreischen hallte durch die Luft. Es war fremdartig und stammte nicht aus einer metamenschlichen Kehle.

Ich musste das Bedürfnis unterdrücken, mir die Ohren zuzuhalten. 

Das Gebäude ächzte und ging in die Knie. Staub wirbelte auf.

Via AR poppten die Punkte nur so hoch. Bloody Guts markierte die Gegner. 

Wir zählten insgesamt 30 Swamp Thangs vor der Pier, zwei weitere waren auf dem Dach des Gebäudes, hinzu kam die Foul One. Wer auch immer noch in dem Gebäude gewesen war, der würde sich nicht mehr zeigen.

‹Im Astralraum ist soeben ein großer Moskito-Geist aufgetaucht›, meldete mir Godfather Zane.

Ich gab die astrale Ankunft des Geistes via Netzwerk weiter.

Also tatsächlich Moskito.

Red Velvet kam als erste von Team Grab auf den Platz gelaufen. Doch eine unglückliche Bewegung brachte sie ins Straucheln. Sie ertrug den Patzer mit größtmöglicher Würde.

Ich feuerte mein Team zu Höchstleistungen an.

Rubber Duck flog mit einem Affenzahn eine Runde über das zukünftige Schlachtfeld. Das brachte zusätzliche Informationen für unser Teamnetzwerk.

Kara verwandelte sich - oder besser gesagt, sie ließ ihre Körpermaske fallen. Grau und pelzig, mit wutverzerrtem Gesicht, war sie nun der Wendigo, den wir erwartet hatten. Und davon, ihr Fell zu pflegen, hielt sie wahrlich nichts.

Doch sie tat etwas, womit ich niemals gerechnet hätte. Sie riß einem ihrer Leute mit einer Leichtigkeit den Kopf ab als wäre er eine Puppe und badete dann in seinem Blut.

Ich konnte es kaum fassen und starrte für einen Moment auf das entsetzliche Bild.

‹Glaub es ruhig, Drachenkätzchen - und nun handle und zögere nicht!›, verlangte Katze.

Die Foul One war eine Moskito-Schamanin, die Blutmagie praktizierte. Sollten wir sie fangen, würden wir sie auch bei der Draco Foundation abgeben können. Doch darüber konnte ich mir später noch Gedanken machen. Für den Kampf spielte die Information keine Rolle.

Sinister trat unter mir vor den Bus, legte an und feuerte. 

Und was war das für ein fantastischer Schuss! Die Kugel traf eine der Explosivgranaten an Four-Skalps Gürtel. Mit einer winzigen Verzögerung ging die Granate hoch. Drei weitere explodierten ebenfalls und rissen 6 Männer mit in den Tod.

Mr.Tea und Fang boosteten ihre körperlichen Fähigkeiten, wie mein magiegeschultes Auge an ihren konzentrierten Bewegungen erkannte.

Eden war schon vor der Sprengung des Hauses mit Liam auf die Pier gekommen. Noch immer durch meinen Geist verschleiert kopierte sie das Manöver von Sinister und zielte auf eine Granate. Es gab zwar keine Folge-Explosion, dennoch entfernte sie drei weitere Swamp Thangs von unserer Karte.

«Long Shot One down», meldete Thunderstrike. 

Die Zeit, zu kontrollieren, ob es ein tödlicher oder betäubender Schuss gewesen war, nahm ich mir nicht. Stattdessen hob ich die Verschleierung für Eden und Liam auf und sagte das an. Ich hatte aus dem Vorfall mit Cannonball für mein Leben gelernt. Niemand würde mehr unter Verschleierung eines unserer Geister sterben, nur weil ihn jemand anders nicht gesehen hatte.

Leatherface sprang förmlich in das Kampfgeschehen. Seine Vollrüstung, die an eine graue Zwangsjacke kombiniert mit einer Magiermaske erinnerte, ließ ihn wild und gefährlich wirken. Er senste seine Axt einem Swamp Thang in den Rücken. Beim Rausziehen zog er voll durch und teilte einen zweiten förmlich in der Mitte.

Nach und nach färbte sich der schmutzige Schnee blutrot.

‹Die meisten deiner Howling Shadows haben sich offenbar für tödliche Gewalt entschieden, Drachenkätzchen›, stellte Katze in einem neutralen Ton fest.

In die Swamp Thangs kam endgültig Bewegung. Sie versuchen, sich zum Tor zurückzuziehen. Einige griffen in ihre Taschen, um sich mit Drogen aufzupumpen.

Red Velvet setzte nach dem Straucheln ihren Weg fort, um nun auch endlich richtig ins Kampfgeschehen eingreifen zu können. 

Rubber Duck richtete die Sensoren der Rotordrohne auf die Foul One aus und markierte sie als Ziel.

Die Blut-Insekten-Schamanin sammelte magische Energie an. Sie würde sicher gleich zaubern oder beschwören und nach der Menge an Blut zu urteilen, mit dem sie besudelt war, würde das Übel groß werden. 

Es war Zeit, sie in ihrer Konzentration zu stören und wenn ich sie gefrieren ließ, konnte ich das gleich auch noch mit ein paar anderen tun. Ich griff in meine Tasche mit Zauberutensilien und zog einen Beutel mit feinstem, reinen Wüstensand heraus. Ich verteilte den Sand, während ich die magischen Fäden kanalisierte. Die Drams verstärkten meine Magie und so konnte ich den Entzug wie für einen deutlich schwächeren Zaubers abgleiten lassen. Ich freute mich, als eine Gruppe von Swamp Thangs mit einer Schicht Raureif überzogen wurden. 

Die Foul One hatte meinen Zauber allerdings problemlos abschütteln können.

Sinister hatte unterdessen erneut ihre Maschinenpistole gehoben und feuerte zwei mal auf ein Ziel. Der Swamp Thang brach von Stick-n’-Schock getroffen zuckend zusammen.

Auch Shark Finn hatte inzwischen in dem Kampf eingegriffen. Mit Dauerfeuer aus dem LMG trieb er gleich eine ganze Gruppe von Gangern zurück.

Mr. Tea tauchte in meinem peripheren Sichtfeld auf, er nahm den Weg, den zuvor Red Velvet gelaufen war. 

Iron Horse hatte bereits einen Elektro-Pfeil ins Feld gebracht. Mit dem nächsten visierte er die Foul One an. Der Pfeil hätte sicher genau ins ‚Graue‘ getroffen, wäre nicht in letzter Sekunde ein Swamp Thang in den Schuss gesprungen.

Thunderstrike sagte an: «Long Shot zwo, down.»

«Scheiße, sind die alle schnell», keuchte Fang fluchend, während er ein Messer zog. Ein paar Schritte brauchte er noch, um angreifen zu können. 

Die Swamp Thangs gingen wohl öfter gemeinsam vor. Denn gleich zwei von ihnen griffen nach ihren Flashbang-Granaten und warfen sie.

Eine flog in Richtung von Red Velvet. Die Japanerin holte mit dem Katana aus und zerteilte in einer schnellen, eleganten Bewegung die Granate, noch bevor sie explodiert war.

Die zweite Granate war in die Richtung von Mr. Tea geflogen und blieb vor ihm auf den Boden liegen. 

Geistesgegenwärtig trat Mr. Tea nach dem kleinen Teil und mit viel Können und einer Spur Glück, trat er sie in bester Fußballmanier und kickte sie so Richtung Wasser, wo sie in einiger Entfernung im Schnee hochging.

Leatherface hatte es nach seiner Aktion mit der Axt gleich mit drei Gegnern zu tun bekommen. Den ersten beiden Schlägen wich er aus. Der dritte Hieb trat ihn allerdings.

Red Velvet, edel und schön, hatte nun gänzlich zur großen Fechtkunst ausgeholt. Mit Posen und weichen Bewegungen zeigte sie den Kameras, wie sie das Katana zu schwingen verstand und hieb sich durch sage und schreibe vier Swamp Thangs eine Gasse frei.

Rubber Duck meldete sich zu Wort. «Die Foul One gestikuliert groß über der Karkasse ihres Anhängers, das sieht irgendwie gar nicht gut aus.»

«Sie wird einen Blutgeist rufen», vermutete ich laut. 

Mit Eis hatte ich sie nicht überziehen können, aber meine wahre Stärke lag in Illusionen. Ich konzentrierte mich erneut und als ich die Fäden nach meinem Willen geformt hatte, fand sich die Wendigo in eine Wolke aus Chaos eingehüllt.

Sinister ließ abermals einen Ganger zuckend zu Boden fallen.

Eden schoss einem Swamp Thang ins Bein.

Red Velvet vollzog einen Tanz und nahm es tatsächlich mit den vier Gegnern gleichzeitig auf, die zuvor versucht hatten, sich ihr in den Weg zu stellen.

Rubber Duck schoss ebenfalls und er traf die Foul One. Knisternde Elektrizität zog über den pelzigen Körper hinweg. Sie fauchte wütend und einer Bestie gleich auf. Geschwächt schien der Treffer sie kaum zu haben.

Sinister blieb bei ihrer Strategie und schoss abermals.

[Song 30: Ramin Djawadi /Dracula Untold - The Brood3] Bevor ich astral wahrnahm, zog ich meinen Blacktooth Dagger.

Beinahe direkt über mir materialisierte sich ein riesiger, weiblicher Moskitogeist. Weiblich, denn ich konnte ganz deutlich ihren zum Stechen und Saugen geeigneten Rüssel erkennen. 

Doch diese Mücke war nicht das Schlimmste, was ich sah.

Als wäre ein Mückengeist nicht schon gruselig genug, entstand direkt über der blutbesudelten Foul One ein weiterer weiblicher Mückengeist. Und dieses Biest war bizarr verdreht und nicht wie die Mücke über mir durchscheinend, sondern blutrot. Astrales Blut tropfte von ihr herab und pulsierte durch sie hindurch. 

Mein Blut gefror mir in den Adern, denn die Konzentration der Foul One hatte gehalten, der Blutgeist würde kommen.

«Blut-Moskito entsteht bei der Foul One. Magische Angriffe auf sie konzentrieren. Sie wird gefährlich sein und unbekannte Kräfte haben», sagte ich an und fasste den Griff meines Dolches fester, um den Angriff des Moskito-Geistes über mir zu parieren. 

Doch das musste ich nicht, denn Sinister hatte die Aufmerksamkeit des Moskitos auf sich gelenkt. Als der Geist auf uns herabstürzte, sprang sie ihm entgegen und fing den gesamten Angriff ab. 

«Copy. Konzentriere mich gleich auf Blut-Mücke», sagte Mr. Tea an und hüllte seinen Körper in Flammen ein. 

Doch zunächst musste er seine mundanen Gegner loswerden. Red Velvet sprang ihm zur Seite und gemeinsam schalteten sie zumindest zwei der Ganger im Handumdrehen aus. 

Damit ernteten sie von ganz allein die Aufmerksamkeit der Blut-Mücke und eines weiteren Mückengeistes, den ich zuvor nicht auf dem Schirm gehabt hatte und den die Foul One eben erst hinzugerufen haben musste. 

Ob es die rot-goldene Farbe von Red Velvets Rüstung war oder ein direkter Befehl der Foul One, jedenfalls beschlossen beide Geister, Red Velvet anzugreifen. Dem ‚Stich‘ der Blut-Mücke konnte sie ausweichen, doch der ‚Biss‘ des normalen Moskito-Geistes saß. 

Rubber Duck schoss aus der Drohne und nahm sich einen der Swamp Thangs vor, die bei Red Velvet standen. Er konnte den Geist zwar nicht ausschalten, aber ihr und Mr. Tea so den Rücken freiräumen.

Fang schloss unterdessen zu Leatherface auf und stach einem Ganger sein Messer in die Seite.

Red Velvet schwang ihr Katana trotz des Bisses mit einer Eleganz weiter, als wäre es ihr verlängerter Arm.

Eine Nachricht von Liam lief über mein AR-Sichtfeld. <Denk an die Sakura Fubuki!>, stand da geschrieben. Ich dankte ihm still für den Hinweis, denn eines meiner Magazine war mit Insektengift geladen.

„Ich treib sie dir zu, Snowcat!“, rief die durch den ersten Angriff der Mücke geschwächte Sinister mit Anspannung in der Stimme und begann, den Mückengeist mit Carromeleg-Schlägen einzudecken.  

„Verstanden!“, erwiderte ich und machte mich bereit.

Vier Swamp Thangs hatten mich in meiner immer noch leicht erhöhten Position auf dem Radkasten des verrotteten Busses als ihr Ziel ausgemacht. Sie rannten auf mich zu. Doch ich konnte mich noch nicht um sie kümmern, denn ich musste mich auf den Mückengeist konzentrieren.

Shark Finn machte einen großen Schritt nach vorn und zog den Abzug seines LMGs durch. Damit bratzelte er die Angreifer weg, bevor sie auch nur in meine Nähe gekommen waren.

Ich holte aus und stach dem Mücken-Geist in seinen riesigen, filigranen Hinterleib und hoffte, dass er zumindest halb so zerbrechlich war, wie er aussah. 

Dem war natürlich nicht so. Dennoch saß mein Stich ganz hervorragend und schwächte den Geist erheblich.  

Ein fremdartiges, schmerzerfülltes Quietschen entwich seiner nicht wirklich vorhandenen Kehle.

Offenbar änderte die Mücke ihre Absichten und anstatt sich wie erwartet mir zuzuwenden, konzentrierte sie sich auf Sinister. Sie überraschte die Elfe damit, dass sie nicht einfach zubiss, sondern stattdessen mit ihren dünnen, mit Widerhaken versehen Vorderbeinen nach ihr griff, um sie damit zu packen.

Die Mücke schnappte sich Sinister und flog mit ihr in den Himmel.

‚Verdammt‘, fluchte ich still und brüllte, «Mücke fliegt mit Sinister davon.»

Nur Rubber Duck fand sofort die Zeit, darauf zu reagieren. «Nehme Verfolgung auf!», sagte er an. Immerhin musste der Geist materialisiert bleiben, wenn er mit Sinister davonfliegen wollte.

Ich konzentrierte mich, zog so schnell ich konnte Magie um mich herum zusammen und verband sie zu einer eisigen Struktur, die ich auf den Geist schickte. Der ‚Körper‘ des Moskito überzog sich mit einer eisigen Schicht, was das Viech langsamer werden ließ. 

Thunderstrike raubte dem Geist durch den Einsatz von Magie ebenfalls Tempo. Den Moskito einfach vom Himmel zu pusten, ihn zu zerreißen, war nun keine Option mehr, dafür war er einfach zu hoch gestiegen. Ein Sturz aus dieser Höhe konnte Sinister, die anscheinend bereits bewusstlos war, durchaus das Leben kosten. 

Mr. Tea schlug formvollendet und mit brennender Hülle in den Moskito-Geist bei sich. Der Schlag reichte und der Geist löste sich kreischend auf.

Red Velvet hatte das Katana erhoben, um die Foul One anzugreifen. Da sie darauf achtete, unser Ziel nicht tödlich zu verletzen, konnte die Wendigo ausweichen. 

Die hässliche Blutmücke nutze die Gelegenheit, um ihrerseits die Angreiferin ihrer Schamanin zu attackieren. 

Das Unding stülpte sich regelrecht über Red Velvet, die so in den Leib des Moskitos geriet und von ihm verschlungen wurde.

Eden schoss auf die Foul One und traf. Doch die Alte sah immer noch ziemlich fit aus - und regenerieren konnte sie wahrscheinlich auch.

Fang wollte losrennen, um in das Haupt-Kampfgeschehen einzugreifen. Doch plötzlich und unerwartet wurde er von Leatherface angegriffen. Fang konnte dem Hieb gerade noch ausweichen.

Allerdings geriet er bei der Aktion ins Stolpern und stürzte beinah zu Boden.

Nur beinah, denn er konnte sich im Fallen hochreißen und hieb sogar noch mit seinem Dolch auf die Wendigo ein.

The Foul One lachte zufrieden und versprach dröhnend: „Du kommst mir gerade recht. Du wirst mir jetzt helfen und meine Macht mehren!“

Sie setzte zu dem Griff an, mit dem sie zuvor einem ihrer Anhänger den Kopf abgerissen hatte. 

Fang duckte sich im letzten Augenblick weg und so bekam sie seinen Kopf nicht zu fassen. Sie verpasste ihm stattdessen nur einen blutigen Striemen an der Schulter.

«Leatherface ist schuld. Der hat mich angegriffen», rief Fang, als wolle er sich entschuldigen.

«Leatherface steht wahrscheinlich unter dem Einfluss der Foul One», sagte ich an.

«Verstanden! Kümmere mich gleich darum», versprach Mr. Tea, sammelte sich und hieb dem Blutgeist mit der Faust in den blutigen Leib. Das Insekt biss nach ihm , doch er ignorierte den Schmerz und zog unter einem Kampfschrei die blutüberströmte Red Velvet aus dem Moskito.

Das Insekt zerplatze mit einem lauten Splash und besudelte alles in seiner Umgebung mit Blut.

Red Velvet war über und über mit Blut bedeckt. Ihr sonst so rabenschwarzes Haar troff förmlich davon. Doch sie nahm ihr Katana in eine Hand, ließ die Klinge nach unten zeigen, schlug mit der anderen, flach aufgestellten Hand gegen die Faust mit dem Schwert und verbeugte sich. „Ich danke dir für meine Rettung, Mr. Tea!“, erklärte sie.

Mr. Tea nahm sich die Zeit, den Bowler zu lupfen, „Gern geschehen. Darf ich das als Einladung zum Eröffnungstanz beim Jägerball verstehen?“, fragte er noch und zauberte damit trotz der noch angespannten Lage ein Lächeln auf mein Gesicht.

„Ja, das darfst du“, erwiderte Red Velvet.

Ein Pfeil zischte an den Beiden vorbei und traf den Swamp Thang am Kopf, der sich dem zukünftigen Tanzpaar genähert hatte. 

Das Brüllen von Leatherface riss uns aus der romantischen Szene. Sein Ziel war es immer noch, Fang anzugreifen, und zwar mit voller Wucht.

„Entschuldige mich kurz“, bat Mr.Tea und schmiss sich in den für Fang gedachten Angriff. Leatherface traf den feurigen Mr. Tea am Arm und riss diesen so tief auf, dass er ihn beinah abtrennte.

Leatherface selbst brüllte vor Schmerz, als er sich an der Flammenaura des Gentleman verbrannte. Das Feuer gab Leatherface des Rest und er brach ohnmächtig zusammen.

Mehr aus dem Augenwinkel sah ich, dass Iron Horse sein Tomahawk gezogen hatte und nun selbst mit einem ‚normalen‘ Moskito-Geist kämpfte.

Verdammt, wie viele Geister hatte die Foul One denn bereit gehalten?

«Denkt an eure Heil-Amulette!», erinnerte Mash aus dem Sea Sprite heraus.

«Und denkt an Sinister», forderte Rubber Duck, «Ich hab mich mit der Drohne positioniert und bin bereit, sie mit dem Fangnetz zu sichern, wenn einer die Mücke erschlägt», erklärte der Rigger selbstbewusst. «Den Betäubungsschaden des Netzes hat Bloody Guts deaktiviert.»

Ein gefährliches Manöver, doch das war die beste Chance, die Sinister bekommen konnte. 

«Copy, ich versuch die Mücke noch mal zu verlangsamen», sagte ich an. Dann konzentrierte ich mich und hätte dabei wegen der pochenden Kopfschmerzen, für die ich die Hintergrundstrahlung verantwortlich machte, beinahe den Chaos-Spruch fallen gelassen, mit dem ich die Foul One immer noch beschäftigte. Beinah. Denn ich schaffte es gerade noch, ihn zu halten, und überzog die Mücke am Himmel erneut mit einer kalten Schicht aus Raureif. 

Das war dem Insekt zu viel. Es lies Sinister los.

Ich kreuzte angespannt meine Finger und atmete augenblicklich erleichtert auf, als das abgefeuerte Netz die Elfe umschloss. Die Drohne ruckte kurz, doch dann fing sie sich und flog weiter, als wäre nichts gewesen. Sinister war in diesem Netz so sicher, wie man am Himmel von Chicago überhaupt nur sein konnte.

Mr. Tea ließ seine Feueraura erlöschen und den schwer verletzen Arm locker herabhängen. Dann sprang er hinter die Foul One.

Die Wendigo war noch damit beschäftigt, den zappelnden Fang in den Griff zu bekommen und so bemerkte sie nicht, wie Mr. Tea ihr gezielt in den Nacken griff. 

Offenbar saßen die Nerven auch bei einem Wendigo dort, wo Mr. Tea sie vermutet hatte, denn die blutrünstige Mosikito-Schamanin brach bewusstlos zusammen.

Es war unglaublich, was Mr. Tea im Nahkampf zu leisten vermochte.

Fang riss geistesgegenwärtig Kabelbinder von seinem Gürtel, um die Foul One zu fesseln.  

Die Mücke bei Iron Horse hatte sich aufgelöst, und so konnte er herbei eilen, um unser Ziel mit einer Magiermaske zu versehen, die Tiernan noch in der Nacht für die Maße eines Wendigos angepasst hatte.

Die übrigen Swamp Thangs waren ihrer Göttin beraubt und suchten ihr Heil in der Flucht.

Wir ließen sie ziehen.

❄️

[Song 31: Welshly Arms - Legendary3] Ich sammelte mich und schöpfte kurz Atem, bevor ich geschickt von dem Bus sprang. „Wow, was für ein Kampf“, sagte ich lächelnd an Ballhaus 1 gewandt.

Liam kam hinter dem Bus vor und grinste. Ich hatte nicht einmal registriert, dass er so sehr in meiner Nähe gewesen war.

Rubber Duck kam mit dem Sea Sprite geflogen. Mash stieg aus und kümmerte sich darum, dass unsere stärker Verletzen entsprechend versorgt und in den Sea Sprite verlegt wurden. Dann ging er die Reihe der Swamp Thangs ab, von denen viele überraschenderweise noch am Leben waren. Mash holte meine Erlaubnis ein, sich auch um diese vom Schicksal gebeutelten Wesen zu kümmern. 

Unterdessen sorgten Liam, Thunderstrike und Iron Horse dafür, unsere Beute artgerecht zu verladen. Shark Finn, Eden und ich gingen rüber auf die andere Pier, um die Gefangenen freizulassen, wie wir es versprochen hatten.

Als der Sea Sprite sich mit uns an Bord in den Himmel erhob, hatte die Sonne ihren Höchststand bereits überschritten. 

Ich warf einen Blick auf das gewaltige Schlachtfeld, welches wir hinterlassen hatten. 

Der schmutzige Schnee an der Pier mit dem Gebäude, das Liam dem Erdboden gleich gemacht hatte, war blutbesprenkelt. 

Ein Blutsee in der Mitte pulsierte dunkelrot, ja, fast schwarz, und bedrohlich.

Das war die Stelle, an der die Foul One einen ihrer Anhänger enthauptet und aus dessen Blut die Abscheulichkeit heraufbeschworen hatte. Der Astralraum an diesem Ort würde noch für einige Stunden befleckt sein. 

Irgendwann würde ich lernen, wie man solche Flecken beseitigte.

‹Darüber kannst du dir an einem anderen Tag Gedanken machen, Drachenkätzchen›, entschied Katze und rieb ihren weichen Kopf an meiner Wange.

❅❅

Sauber, erfrischt und teilweise bandagiert saßen wir bei einer Ladung Sandwiches und einem Heißgetränk nach Wahl im Jungs-Airstream beisammen. 

„Ihr habt heute spitzenmäßiges Material geliefert“, lobte Average. „Ich glaub, wir sollten der Foul One eine extra Episode widmen und die Staffel so auf sechs Folgen verlängern. Ich hab so viele einzelne Kampfszenen, das wird legendär.“

Ich lächelte, „Ich finde die Idee gut.“

„Ich auch!“ betonte Leatherface, „Mehr Folgen gleich mehr Geld für jeden.“

Average freute sich. „Ja, das kommt noch dazu. Welchen Abspannclip wollen wir für die Episode nehmen?“

Ich überlegte kurz. „Da wir und noch ausruhen wollen, sollten wir nichts nehmen, was wir noch drehen müssen. Wir haben doch eine Aufnahme ‚tödliches Training mit Thunderstrike‘ auf Vorrat da. Lass uns das nehmen!“

Rubber Duck grinste. „Au ja, finde ich super. Alle, die die Übungen nachmachen, werden hinterher so kotzen, weil das so scheiße anstrengend ist.“

Liam meinte trocken: „Aber die kotzen nur, wenn sie so kurzatmig sind wie du, oder noch schlimmer, wie Fang.“

„Ich bin sicher, Rubber Duck kommt mit den Übungen inzwischen viel besser klar. Seitdem wir mit dem Training begonnen haben, wird er mit jeden Tag fitter“, erzählte Iron Horse.

Leatherface sah zu Fang. „Es ärgert mich, dass ich mich dem Zwang des Wendigos nicht entziehen konnte. Ich bin froh, dass ich weder dich noch Mr. Tea töten konnte.“

Fang lachte. „Ja passt schon. So eine Beeinflussung ist eben immer übel. Aber so lange es gut ausgeht, soll es mir egal sein.“

Mr. Tea sah zu seinem Arm, den er noch etwas schonen sollte. „Ich spüre jedenfalls keinen Unterschied, falls das ein Trost ist für dich ist, Leatherface.“ Er wollte seine Tasse mit Tee auf dem Tisch abstellen, als seine Hand unkontrolliert zu zittern begann und die Tasse in heftiges Klappen versetze.

Ich glaubte, Red Velvet eine Spur besorgt zu sehen, tat aber so, als würde ich es nicht bemerken.

Dann lachte der Engländer. „Das war nur ein Scherz. Mit dem Arm ist alles in Ordnung.“ Er stellte die Tasse geräuschlos auf dem Tisch ab.

Eden sah in die Runde, „Jetzt haben wir sie - The Foul One! Und es war ein hartes Stück Arbeit für uns alle! Was machen wir jetzt damit? Wir wollten sie schließlich lebend fangen, um sie zu verkaufen.“ 

Foggy warf ein: „Wie ich bereits sagte, hatte ich schon unverbindlich mit den entsprechenden Stellen Kontakt aufgenommen. Ich besitze nun eine Möglichkeit, eine Übergabe an Ares zu vereinbaren.“  

„Klingt doch cool“, meinte Fang sofort.

Eden nickte. „Finde ich auch. Aber eins ist mir echt wichtig! Wenn Snowcat, unsere Anführerin, auch nur den kleinsten Zweifel an der Integrität des Verhandlungspartners hat, dann sollten wir die Foul One nicht an ihn verkaufen, sogar wenn wir keinen anderen Abnehmer finden. Snowcat sollte sicher sein, dass der Käufer für die Werte steht, für die wir als Howling Shadows stehen. Finden wir einen solchen Käufer nicht, dann sollten wir die Foul One töten.“

Iron Horse nickte Eden anerkennend zu. „Sehe ich auch so.“

Fang sah zu mir. „Hast du denn Zweifel an Ares als fairem Käufer?“

Ich stellte mein Tasse sanft auf dem Tisch ab. „Ich zweifle nicht an ihrer Fairness als Käufer. Doch ich habe tatsächlich Zweifel an ihrer Integrität in Bezug auf das, was sie mit der Foul One vorhaben. Ich bin mir allerdings noch nicht ganz im Klaren darüber, wie schwerwiegend die Zweifel sind. Da es sich bei der Wendigo aber um eine außergewöhnliche Kombination aus Insektenschamanin und Blutmagier handelt und die Draco Foundation auch auf Blutmagier ein Kopfgeld von einer Million ausgesetzt hat, ist Ares nicht unsere einzige Möglichkeit, sie zu verkaufen.“

Katze hatte es sich auf meinem Schoß gemütlich gemacht und öffnete nun halbwegs interessiert ein Auge.

Ich blickte meine Kollegen, die inzwischen vielmehr ausnahmslos meine Freunde waren, der Reihe nach an. „Was meint ihr denn dazu?“, wollte ich wissen. „Eden hat ihre Meinung ja schon geäußert, aber was meinen die anderen? Möchtet ihr die Foul One lieber bei Ares für zwei Millionen oder bei der DF für eine Million abgeben? Die Frage stelle ich vornehmlich allen, die offiziell zur Abteilung ‚Cast‘ gehören.“

Average antwortete zuerst. „Na bei Ares! Das ist eine Mio mehr und Ares hat immer das beste Equipment.“

Red Velvet widersprach. „Ich möchte sie auf keinen Fall bei Ares abgeben und ich denke, wir sollten darauf achten, dass niemand Schindluder mit ihr betreibt.“

Iron Horse runzelte die Stirn. „Mir ist es auch wichtig, dass niemand mit der Foul One Schindluder treibt. Allerdings wüsste ich nicht, was gegen Ares spricht.“

Bloody Guts meinte dazu, „Na das Gerücht, dass sie mit Insekten zusammen arbeiten, vielleicht?“

„Es ist, wie du sagst, ein Gerücht. Dem ich kaum Wahrheitsgehalt zuweise“, stellte Iron Horse fest.

Bloody Guts erklärte, „Ja, also, dass man Müll mit der Foul One macht, will ich auch nicht. Geld ist nett, aber wir nagen nun auch nicht gerade am Hungertuch. Ich vertraue da ganz Snowcat und was sie sagt, bekommt meine Stimme.“

Sinister, Mr. Tea, Mash und Thunderstrike schlossen sich dieser Meinung an und waren ebenso wie Eden bereit, die Foul One gegebenenfalls auch einfach nur zu töten. Auch Rubber Duck vertraute mir die endgültige Entscheidung an, gab aber zu, die Foul One wegen des Geldes und des Equipments eigentlich gerne bei Ares abgeben zu wollen.

Fang meinte trocken: „Also mir ist eigentlich egal wo. Hauptsache Snowcat holt zwei Millionen für uns raus.“

Leatherface bestätigte seine Zustimmung zu dieser Aussage, indem er auf den Tisch klopfte. 

Liam grinste kalt. „Die Mehrheit besteht darauf, dass man hinterher so wenig Müll wie möglich mit dem Monster macht, also ist ja klar, dass an die DF verkauft wird.“

„So sehe ich das auch!“, stellte Shark Finn fest. 

Moxi, Foggy und Tiernan gehörten zwar zur Crew, hielten es aber mit der Mehrheit und Tiernan fügte noch hinzu: „Wenn der Oheim und Shark Finn sagen, dass die DF cool ist, dann ist das auch so.“

‹Dieses Rudelgebaren ist einigermaßen interessant, Drachenkätzchen. Du fragst die Meinung aller Wölfe ab und am Ende entscheidest du so, wie du auch vorher entscheiden hättest.›

‹Nicht unbedingt, Katze. Es hätte ja sein können, das einer Argumente vorbringt, die meine Meinung ändern.›

‹Ah! Verstehe! Darum geht es Dir auch noch, Drachenkätzchen.›

Ich bemerkte, dass sich Schweiß auf der Stirn von Mr. Tea gebildet hatte und fragte mich, ob sein Arm doch noch schmerzte. Ich wollte den Engländer gerade danach fragen, als mir bewusst wurde, dass auch Red Velvet schwitze, die dicht neben Mr. Tea saß. 

Ich blickte mich um. Sinister war ebenfalls ungewöhnlich blass. 

Ich nahm Augenkontakt zu Mash auf und deutete dann zart mit dem Kopf in zwei Richtungen.

Mash kniff kurz die Augen zusammen und fragte, „Mr. Tea, wie fühlst du dich?“

Mr. Tea tupfte sich mit einer Serviette Schweiß von der Stirn. „Jetzt wo du fragst, bemerke ich bei mir ein unangenehmes Unwohlsein.“

Als ich eine Stunde später in den Jungs-Airstream zurück kehrte, blickten mich viele Augen besorgt an. 

Fang saß mit einem Bier in der Ecke und murmelte, „Watt’n Team. Ein Team. Ein Ziel. Nicht mal die Krankenstation kann uns trennen. Ich bin so stolz!“

Ich setzte mich neben ihn und sagte, „Ich bin auch sehr stolz und die Krankenstation kann uns nicht wirklich trennen. Doch das Wichtigste zuerst: Sie werden alle drei wieder gesund und können in wenigen Tagen weitermachen.“ Ich machte eine kurze Pause und erklärte dann: „Die Mückengeister haben mit Magie eine hochgradig ansteckende Krankheit übertragen. Allerdings wird sie erst ansteckend, nachdem sich die ersten Pusteln gebildet haben. Also waren wir anderen noch nicht in Gefahr. Zur Sicherheit werden Mash und Liam nachher dennoch jeden von uns untersuchen. Mash hat die drei erstmal auf unsere medizinischen Station im Dodge General in Quarantäne gesteckt. Dort können sie dann so ganz nebenbei die Foul One bewachen.“ Ich zwinkerte kurz. „Mash sagt, Besuchszeit ist 24 Stunden am Tag. Aber nur unter der Bedingung, dass jeder sich an seine Regeln hält, gewissenhaft die Schutzmaßnahmen vornimmt und Körperkontakt vermeidet.“

„Erster!“, erklärte Fang und ging rüber in den General, um Sinister, Red Velvet und Mr. Tea zu besuchen.

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Da ich mir nicht sicher gewesen war, ob ich die Foul One nun bei Ares abgeben sollte oder nicht, machte ich das, was ich in solchen Fällen immer tat: Ich meldete mich beim meinem Mentor und bat um Rückruf, der unerwartet schnell erfolgte.

Wie immer antwortete er mir nicht direkt auf meine Fragen, sondern half mir mit Fragen, die er mir stellte, Antworten zu finden.

Was Ares anging, hatte sich für mich schnell bestätigt, was ich vermutet hatte. Der Megakonzern hatten nur so ein hohes Kopfgeld auf ‚The Foul One’ ausgesetzt, weil sie eine Waffe aus ihr machen wollten. Etwas, was ich ihnen nicht erleichtern würde. Also stand mein Entschluss fest, stattdessen das Kopfgeld der Draco Foundation einzustreichen. Mein Mentor war sich ziemlich sicher, dass ich einen Bonus aushandeln könnte, auch wenn dieser sicher nicht einfach eine Million nu¥ betragen würde.

Meine Theorie darüber, dass Altar Boy, der neue Boss der Ancients, ein Master-Shedim sei, unterstützte mein Mentor, allerdings wies er mich darauf hin, wie äußerst ungewöhnlich die  Vorliebe eines Shedims für Teenager wäre.

Als ich Fringe und den Jadekelch erwähnte, horchte mein weiser Mentor auf und riet bezüglich der Shedim zur Vorsicht. Natürlich hatte er sowohl von Fringe als auch von dem Artefakt bereits gehört. 

So würde ich weiter auf den Tag warten müssen, an dem ich meinem Mentor etwas berichten konnte, was er noch nicht wusste.

Meine Idee, dass Hartfield, die Foul One und Altar Boy zusammenarbeiteten, hielt mein weiser Mentor für extrem unwahrscheinlich, schloss es jedoch nicht völlig aus, einfach, weil er niemals etwas völlig ausschloss.

Als ich ihm mitteilte, dass ich diesbezüglich morgen mehr wissen würde, da ich beabsichtigte, die Foul One zu verhören, erschien eine winzige Sorgenfalte auf seiner Stirn. Doch am Ende traute er meinen Fähigkeiten genug, um mir nicht von einem Verhör abzuraten.

Ich versprach, ihn auf dem Laufenden zu halten und beendete unser Gespräch nach weniger als 30 Minuten.

Nachdem ich gemeinsam mit Foggy mit der Draco Foundation Kontakt aufgenommen hatte, teilte ich dem Team die Gründe für meine Entscheidung mit. 

Etwas, was sie im Großen und Ganzen gelassen aufnahmen. Einzig Fang und Leatherface bedauerten, dass es nun keine zwei Millionen, sondern nur eine Million und ein Bonus in Form von magischen Gegenständen nach Wahl werden würden.

Dafür freute es alle, dass wir die Foul One bereits am folgenden Abend noch hier in der Nähe Chicagos abgeben konnten. 

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Für das Gespräch mit der Foul One betrieben wir relativ viel Sicherheitsaufwand. 

Thunderstrike, Iron Horse und Eden zogen sogar noch einmal los, um mir einen Swamp Thang zum ‚Üben‘ zu besorgen. 

Doch schon nach wenigen Worten war mir klar, dass die Wendigo mir nichts wirklich interessantes zu erzählen hatte. Gelohnt hatte sich der Aufwand für mich aber dennoch, denn nun wusste ich, dass zumindest die Foul One nichts mit einer ‚Shedim-Verschwörung‘ zu tun hatte.

🎬SatHS S2/E4 Vorschau 🎬

Snowcats Stimme sagt: „Und das passiert noch in der 2. Staffel von SatHS.“

Ausschnitt, Szene, 12 Sekunden: 

Einige Ramblers belagern und befeuern ein fünfstöckiges Haus. Etage 4 & 5 des Hauses sind verfallen. Der Sea Sprite nähert sich von hinten und setzt Iron Horse, Snowcat, Shark Finn, Red Velvet, Liam und Eden auf einer freien Fläche ab.

Ausschnitt, Szene, 10 Sekunden:

Kamerafahrt über einen Friedhof, auf dem die Leichen von gut 20 Ghoulen liegen.

Ausschnitt, Szene, 15 Sekunden

Das Innere eines leergeräumten Baumarkts. Spärliches Licht fällt von oben herab. 

Zwölf Ancients stehen auf einem Ritualkreis, der in den Boden eingelassen ist. In der Mitte des Kreises liegt der bewegungslose Körper eines menschlichen Mädchens. Ein Ancient im Teenager-Alter ist mit einem Ritual-Dolch bewaffnet und wird jeden Augenblick zustechen. Ein Pfeil zischt durchs Bild und triff den Teenager-Elfen im Rücken. Der Pfeil bleibt stecken. 

„Ey!“, schimpft der Elf und hebt den Kopf. Mit einen genervten Ausdruck auf dem Gesicht, zieht er den Pfeil aus Lederjacke und Messdienerkutte als wäre dieser ein Spielzeug.

Nach der erfolgreichen Übergabe der Foul One saßen wir dann erneut im Jungs-Airstream beisammen. Unsere Patienten waren noch ein wenig blass um die Nase, durften aber schon wieder bei uns sitzen. Wir feierten ein wenig. 

Immerhin hatten wir Chicago von einer echten Monster-Legende befreit.

Aber von dem Monster, für das wir nach Chicago gekommen waren, fehlte immer noch jede Spur. Ebenso, wie wir noch immer nicht wussten, wo sich die Ancients und Altar Boy versteckten.

‹Mach dir mal keine Sorgen, Drachenkätzchen. Früher oder später ist noch jede Maus aus ihrem Loch gekrochen.›

Ende der 4. Episode

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Fussnoten

0. Bei den Episoden handelt es sich um in Geschichten umgewandeltes Pen & Paper RPG. Durch die Umstellung von SR4A auf SR5 und zusätzlichen Regelerweiterungen, kann es in den Geschichten zu Unbeständigkeit oder Widersprüchen zu früheren Episoden kommen. So beherrscht zum Beispiel ein Charakter eine Fähigkeit nicht mehr, die er vorher konnte oder das Wirken einer Kraft hat andere Auswirkungen, als zuvor. Für den Charakter ist es aber so, als wäre es immer schon so wie nach den neuen Regeln gewesen. Wir spielen die aktuelle Kampagne im ‚cineastischen’ Stil, das heißt, eine tolle Szene zu haben, steht über der hundertprozentigen Regeltreue. 

1. Der Zeitstempel wird an unsere Zeitlinie angepasst und ist maximal an die offizielle Timeline angelehnt.

2. Die Staffel wurde (bisher) am 03.03., 31.03., 15.04., 21.04., 28.04.,12.05.; 24.05.; 09.06. und 16.06. erspielt. (Insgesamt fanden bisher 9 Spielabende statt. Der Spieler von Fang war am 1., 2., 4., 5., 7., 8. Abend; der Spieler von Leatherface war am 1.,2.,4.,6., 7., 9. Abend und der Spieler von Mr.Tea war am 1.,2.,3., 6., 7., 9. Abend anwesend.) Wegen den Widrigkeiten und Schönheiten des RL, können nur selten alle Spieler am Spielabend teilnehmen. Deshalb können Charaktere ohne weitere Erklärung auftauchen oder verschwinden. Darüber, welche Charaktere mit auf einen Run gehen, entscheiden die Spieler nach eigenem Gefallen. Das muss nicht immer die logistische Entscheidung sein. Manchmal ist ein Charakter mit auf einem Run, obwohl sein Spieler abwesend ist. In diesen Fällen wird der Charakter zwar mitgeführt, sein Handeln gerät, wenn möglich, aber in den Hintergrund. Der Spotlight soll auf Charakteren stehen, deren Spieler anwesend sind. Gegebenenfalls hinterlassen Spieler beim GM Regieanweisungen. 

Eine Beschreibung aller Charaktere und Marks findest du hier [LINK].

Eine Übersicht von Cast und Crew von SatHS findest Du hier [LINK].

3. Die verlinkten Songs sollen lediglich zu Stimmung beitragen und enthalten keine versteckten Hinweise. Jedenfalls meistens nicht :). Übrigens kaufen wir jeden in den Episoden verwendeten Song, sollte er sich nicht schon vorher in unserem Besitz befunden haben. Nicht nur, damit wir die Songs jeder Zeit auf all unseren Geräten abspielen können, sondern auch, weil wir damit den jeweiligen Künstler unterstützen möchten. Eine Liste mit dem kompletten SatHS Soundtrack findest du hier. [LINK].

4.Die Truppe mit der Captain America (Marvel) im zweiten Weltkrieg gegen Hydra ins Feld zieht, heißt „Captain America and the Howling Commandos". Daran angelehnt, entstammt die Titelidee eigentlich. Abgesehen davon, ist „Howling Shadows“ der Titel des aktuellen Shadowrun® -Critter Quellenbuchs von Catalyst. Wir fanden die Doppeldeutigkeit gerade bei der Zusammensetzung des Teams passend. 

5. Eine Übersicht des Steampunk- Journals findest Du hier [LINK].

6. Bei den Dear Diary-Texten handelt es sich um ganz private Texte, persönliche Erlebnisse und intime Gedanken von Snowcat, die nirgends nachzulesen oder zu sehen sind. Es sei denn, du findest den Platz unter den Dielen, wo Snowcat das Tagebuch versteckt hat und wagst es, darin zu lesen. :)

7. Bei Sapper handelt es sich um Liam, der während der Dreharbeiten ein spezielles Halstuch trägt, das verhindert, dass sein Gesicht auf den Trideoaufnahmen zu erkennen ist. Allerdings verhindert das nicht die Tonaufnahmen und so bekommt Average in Staffel 2 einiges an Extra-Arbeit, um jedes Liam durch ein Piep oder ein Sapper zu ersetzen.

8. Bei Katze handelt es sich um ein „Wesen“, das andere außer Snowcat weder hören, noch sehen können. Snowcat unterhält sich gedanklich ständig mit Katze, auch parallel zu anderen Gesprächen. Ob es sich bei Katze um ein Hirngespinst, dem Mentor-Spirit Katze oder irgendetwas anderem handelt, ist bisher nicht geklärt.

9. In der SR-Welt werden die Episoden einer Staffel mit genau eine Woche Abstand als Stream zur Verfügung gestellt. In unserer RL-Welt kommen andere Faktoren zum tragen. Ich werde versuchen einen 2 wöchigen Abstand zwischen den Folgen nicht zu überschreiten.

10. „AveRage“ hat seine Drohnen-Kamera-Einheiten, die je aus drei CU^3 bestehen, nach berühmten Kameramännern benannt.

11. Die Beobachtung folgt hier nur, damit Snowcat erzählen kann. Am Spielabend fand das Geschehen ohne ständigen Kontakt zum Basislager statt.

12. Teilweise stehen Dialoge in diesen « » Textzeichen. Die gesprochenen Worte werden dann vornehmlich via Teamnetzwerk verbreitet und sind für Wesen, die keine Mitglieder im Teamnetzwerk sind, nicht oder nur schwer zu hören. Ferner stehen in < > schriftliche Nachrichten und in ‹ › stehen Dialoge via Geistesverbindung, wie die mit Katze, einem Geist unter Kontrolle oder Dragonspeech. 

An dieser Stelle bedanken sich die Spieler unserer Runde bei allen, die an der Entwicklung und Verarbeitung der Shadowrun®-Produkte mitgewirkt haben. Ohne ihre Arbeit wäre unser Spiel nicht möglich! 

We would like to thank the authors, artists and all others who are involved in the development of the Shadowrun® rules, adventures and stories. Without them, our game would not be possible.

Vielen Dank an @Vin. ;*

*reckundstrekgenüsslich* Hoffe Ihr habt Spass; *knutschi*