Tales of Snowcat 18: Diplomacy Skills (S3/E16)

TALES OF SNOWCAT (18)

PERIOD6: Magician

ERA6: Light Baroque

AGENDA12: Boston Lockdown

DATE1:  08/07 - 08/14/ 2076

BROADCAST6: Unter „SatHS in Danger“ wird Material als Dokumentation der Situation in Boston gedreht. Da es viel Material gibt und eine hohe Nachfrage besteht, werden die Abstände zwischen zwei Episoden immer wieder angepasst. Episode S3/E16 wird ab 09/25/2076 als Stream zu Verfügung gestellt.

ATTENTION: Einige Namen, Konzernlogos und Gesichter wurden aus Sicherheitsgründen unkenntlich gemacht. 

PRODUCTION: Spinrad Media

APPEARANCE2 : AveRage, Doc, Eden, Fang, Fierce, Foggy, Liam16, Mash, Mr. Tea, Shark Finn, Sinister, Snowcat, Tiernan;

SPECIAL APPEARANCE2;7: Phoenix13, Dana15, Kariwase17, Dave, Sionn16, Tango; 

SPOILER ALERT: Die Episode enthält massive Spoiler auf „Boston Lockdown“ von Catalyst Game Labs.

WARNING: Diese Trideoserie ist für Zuschauer unter 17 Jahren nicht geeignet. Sexualität, Gewalt, Magie, Tod, Kraftausdrücke und Drogenkonsum können vorkommen. Mitglieder der Howling Shadows sind in Waffen- und Magiegebrauch ausgebildet und sind sich der tödlichen Gefahr bewusst, mit der sie es während des Drehs zu tun haben. Zuschauer werden gebeten, diese Dinge nicht nachzumachen, es sei denn, es wird in einem Nachspannclip ausdrücklich erlaubt. Ferner ist absolut davon abzuraten, sich auf eigene Faust mit den gezeigten oder ähnlichen magischen Gefahren, Geistern und/oder Crittern anzulegen.

WAS BISHER GESCHAH:

Snowcat erfährt aus Matrixquellen frühzeitig von den Ereignissen in Boston. Als klar ist, dass der gesamte Sprawl wegen einer mysteriösen Krankheit, offiziell eine Version von Enzephalitis, abgeriegelt wird, beschließt Snowcat, nach Boston zu gehen, um nach Tango und Dave, zwei eingeschlossenen Freunden, zu sehen. Snowcat ruft das Team zusammen.

Alle UCler erklären sich sofort bereit, sich an der Mission zu beteiligen. Ein Teil bezieht in einem Lager außerhalb des Lockdown Stellung. Die Gruppe um Snowcat lässt sich nicht mal eine Woche nach dem Ereignis in Boston abwerfen. (Tag 1) Sie kapern Versorgungsdrohnen für ihre Reise in den abgeriegelten Sprawl. In Boston angekommen haben die Howling Shadows gleich den ersten Kontakt mit Shamblern, der wahren Bedrohung, die die Ursache für den Lockdown ist. Man kehrt schließlich bei Tango, dem Fechtlehrer von Snowcat, ein und baut dort das Basislager auf. Die Runner kommen schnell zu dem Schluss, dass es sich bei der ausgebrochenen Krankheit um eine veränderte Form von CFD handelt. Außerdem vermutet man, dass Experimente und Forschung von NeoNET sowie der Große Drache Celedyr und Cerberus für den Ausbruch verantwortlich sind. Das Team möchte unbedingt herausbekommen, was es mit all dem auf sich hat.

Innerhalb der nächsten Tage retten Snowcat und die Howling Shadows Dave (Tag 2) und den Hub-Blogger14 (Tag 4), letzteren aus der HCZ. Außerdem befestigen sie ihr Lager und bauen es aus.

Ein gewisser DJ, ein Elf und vornehmlich Detective bei Knight Errant, erfährt von diesem Einsatz in der HCZ. Er nimmt Kontakt zu Snowcat (Tag 5) auf und beauftragt sie, in die schlimmste Zone von Boston, die MCZ, zu gehen. Dort sollen die Runner neun Metamenschen rausholen. Bei dieser Mission wird den Runnern bewusst, wie viele Shambler und Rager es offenbar geben muss.

Kurz nach diesem Run meldet sich Zoh Rothberg, die Sprecherin des großen Drachen Celedyr, bei Snowcat. Sie hat gehört, dass unter dieser Nummer fähige Runner verfügbar sein sollen. Zoh beauftragt Snowcat, in das magische Labor Nummer 15 einzudringen und dort die Situation zu dokumentieren (Tag 7). Auf dem Weg zum Labor rettet man - quasi im Vorbeigehen - Max14 und Caroline. Auch dieser Job gelingt. Allerdings bringt er gleich zwei unschöne Erkenntnisse mit sich: Die Shambler können regenerieren, und AveRage ist schon seit längerem mit CFD infiziert. Er infizierte sich bereits, als er vor Jahren in einem NeoNET-Labor in Albuquerque gefangen gehalten wurde.

Da Tangos Studio nun schon 19 Metamenschen beherbergt, beschließt man, Wohnmobile zu besorgen, um mehr Schlafplätze, WCs und Betten zur Verfügung zu haben (Tag 9). Auch diese Mission wird erfolgreich abgeschlossen, verläuft aber ohne die Führung von Snowcat, Liam oder Doc chaotisch.

Eines schönen Morgens wird Eden auf ihrem Wachposten auf dem Dach via Matrix angegriffen, weitere Commlinks spielen verrückt (Tag 17). Als man den Angreifer stellt, entpuppt er sich als Sionn, ein Elf aus dem O’Niall-Clan, der ebenfalls in Boston gestrandet ist. Sionn bleibt. Als O’Niall genießt er einen Vertrauensbonus. Es ist klar, dass er zukünftig mit auf Missionen gehen wird.

Während der nächsten Mission möchte Snowcat herausbekommen, was es mit dem Technomancer in der MCZ auf sich hat, der offenbar eine Armee aus Shamblern kontrollieren kann (Tag 19). Man findet heraus, dass er von einem anderem Stamm von CFD infiziert ist und dass es sich bei ihm um einen „Manipulator“ handelt. Vor dem Durchgang in die Zone trifft man auf die Reporterin Alba Garcia Ruiz, die man später ebenso mit in Tangos Studio nimmt wie die überraschend aus dem Haus befreite Hexe Dana Flynn, Edens Freundin aus Kindertagen. Für die sechs weiteren geretteten Metamenschen erhält Snowcat sechs Paar Schuhe, da DJ inzwischen bereit ist, für jeden aus der Zone Befreiten ein Paar Schuhe zu bezahlen und die Personen danach unterzubringen.

Um das Leben in Boston für die Gruppe angenehmer und sicherer zu gestalten, und damit man nicht immer zu Fuß unterwegs sein muss, beschließt man, zwei Limousinen zu organisieren (Tag 21). Auf dem Weg zum Zielort bemerkt AveRage, dass seine Schuhe ihm Probleme bereiten. Neue Schuhe werden in einer Mall besorgt. Währenddessen trennt Columbo sich von der Gruppe, wird von einem Shambler angegriffen und stirbt, noch bevor die anderen zu seiner Hilfe eilen können. Die Mission wird dennoch fortgesetzt. Man verbrennt Columbo auf einem Baseballfeld und nimmt seine Asche in einer Ares-Munitionskiste mit. Der Zielort erweist sich als ehemalige Knight-Errant-Polizeiwache, die inzwischen von Wolverine Security betrieben wird. Im Host finden sich Informationen, dass dies nicht die ganze Wahrheit ist. Siebzehn menschliche Wachmänner halten achtzehn Personen anderer Rassen gefangen, vergewaltigen die Frauen und zeichnen das auf. Das Team ändert den ursprünglichen Plan und arbeitet an der Befreiung der Gefangenen. Am frühen Abend tauchen Mitglieder der Knights of the Red Branch auf. Spontan beschließt die kleine Gruppe Howling Shadows, sofort zuzuschlagen. Während der Aktion setzt man den Anführer der Red Branch und dessen Bodyguard fest, befreit die Gefangenen und entkommt mit den Limousinen. Sieben Gefangene haben keinen Ort, an den sie gehen können, darum nimmt man sie in Tangos Studio mit.

Nach der Rückkehr ins Studio halten die Howling Shadows und ihre neuen Gäste eine irische Wake für Columbo ab. Da das Haus langsam zu voll wird, plant man einen Umzug. Alba schlägt das Gelände der Clairmont Academy, Boston Elite vor. Eine Privatschule mit Internat, auf der Alba selbst gewesen ist. Da sich das große Gelände bestens eignet, startet der Umzug nach einem Balladenabend. Gut zwei Wochen später werden die Einzugsarbeiten durch einen Anruf von einem aztlanischen Johnson namens Sandellero unterbrochen, der einen Auftrag für die Runner hat. Sie sollen eine Datei in einen Host in der MCZ spielen. Die Adresse entpuppt sich als Back-Up-Station einer Knight-Errant-Polizeiwache, in der Shambler lernen, sich wie Metamenschen zu benehmen. Das Team spielt die Daten - eine Namensliste von Teilnehmern verschiedener Projekte, die letztendlich alle zum Ereignis des Boston-Lockdowns führten - trotzdem auf, verändert die Liste jedoch leicht. Auf dem Weg zum Grenzzaun bemerken die Runner eine Sprachnachricht, die in den Äther geblasen wird. Erneut wird ein Team für die MCZ gesucht. Zunächst informiert Snowcat sowohl Sergeant McNamara als auch DJ über die bedrohlichen Neuigkeiten über die Shambler. Zurück in der Academy probiert Snowcat noch vor dem Debriefing die Nummer des unbekannten Auftraggebers aus. Penelope Anne Xavier wirkt freundlich und ungeübt, als sie die Runnern damit beauftragt, einige Universitätsrechner, die in der MCZ stehen, wieder anzuschalten und ans Grid anzuschließen, damit ihre sechsköpfige Projektgruppe die Daten retten kann. Erst beim anschließenden Debriefing und gleichzeitiger Auftragsbesprechung wird den Runnern dank Eden klar, dass es sich bei dieser Auftraggeberin um die berüchtigte Technomancerin Pax handelt.

Nach einem Kriegsrat zieht noch in der selben Nacht ein kleines Team los, um die Server zu sprengen, damit die weiteren Pläne von Pax nicht umgesetzt werden können (Tag 36). An einem der Server entdeckt die Gruppe wieder eine FlySpy-Drohne. Als man sich nach erfolgreicher Verdrahtung der einzelnen Parts auf den Rückweg macht, entdeckt man einen einzelnen Shambler, der immer wieder "Hallo" ruft. Snowcat, weiterhin verschleiert, sprich über ihren Geist mit dem Shambler. Als der Geist antwortet, kehrt Intelligenz in den Shambler ein. Cereus steuert den Shambler. Er hat einen Auftrag für das Team. Er braucht saubere Naniten-Flüssigkeit und die Blutprobe eines funktionierenden mit Boston-CFD-Infizierten, um sich einen angemessenen Shambler zu erschaffen. Snowcat verspricht, zu überprüfen, ob sie den Job erledigen können. Sie sagt aber nur zu, da sie nicht sicher ist, ob man den Kontakt zu Cereus irgendwann mal gebrauchen kann, und sei es auch nur, um ihn zu fangen.

Beim nächsten Teammeeting besprechen die Howling Shadows, was die vergangenen Ereignisse bedeuten und was zu tun ist, um das Gelände der Academy sicherer zu machen. Die angestrebten Arbeiten müssen noch warten, da DJ einen neuen Auftrag für das Team hat. Die B-Station, in der die Shambler unauffälliges Verhalten ausbilden, soll ohne zivile Verluste dem Erdboden gleich gemacht werden. Bevor man wieder arbeitet, bekommt das Gelände der Academy einen neuen Namen und wird feierlich in Snow Haven umbenannt (Tag 35). Außerdem wird Fierce zu Snowcats erster Walküre ernannt. Nach einigen Vorbereitungen erledigen die O’Nialls den Job von DJ (Tag 38), wobei man Metamenschen befreit, von denen einige in Snow Haven einziehen. Am nächsten Tag nimmt man endlich Kontakt zu den Metamenschen des Community Centers auf, in dem man Wochen zuvor Dave fand. Alle 120 Personen dort dürfen mitsamt ihrem Equipment nach Snow Haven umziehen. Nachdem die meisten Umbauarbeiten an dem ehemaligen Schulgelände abgeschlossen sind, wird es Zeit, Kontakte zu knüpfen, um die Versorgung auch während eines längeren Aufenthaltes in Boston zu gewährleisten. Am Abend begibt man sich in die Innenstadt, um das Avalon aufzusuchen (Tag 45). Das Team bekommt von Smedley Pembrenton III. den Auftrag, etwas zu einem gewissen Dr. Brain in die MCZ zu bringen. Die Güter gibt es im Beaded Shamrock, einem Pub, in dem sich Mitglieder der O’Riley-Mafiafamilie treffen. Shane O’Connor hat gleich einen weiteren Job für die Howling Shadows: Sie sollen eine Gang aus einem Depot vertreiben. Da es sich laut Sionn um eine dissonante Gang handelt, nimmt man den Job sofort an. Shane bittet Snowcat, nicht mit in die MCZ zu gehen. Snowcat willigt ein, während der Runs im Pub zu warten. Als man mit beinahe allen Howling Shadows in den Pub zurückkehrt, ist Kyle O’Farrel, der Consiglieri der O’Rileys und ein alter Bekannter von Snowcat, anwesend. Er hat eine Einladung zum Essen beim Don für Snowcat dabei. Früh am Morgen des nächsten Tages kehren Snowcat und alle Howling Shadows lebend nach Snow Haven zurück. Alba geht in dieser Nacht auf ihren ersten richtigen Run und muss das Erlebte im Anschluss verarbeiten. Zudem hat Snow Haven nun vier weitere Bewohnerinnen, Studenten, die man aus dem Simmons College aufgenommen hat.

In den frühen Morgenstunden des Tages findet ein Debriefing mit den O’Nialls und Doc statt. Snowcat beschließt, Dr. Brain und Dr. Volt aus der MCZ auf eigene Kosten zu unterstützen. Nachdem man sich ausgeruht hat, findet am Abend eine Party statt, auf der das Leben an sich und Albas erster Kampfeinsatz gefeiert werden. Nach dem Musizieren gibt es plötzlich Applaus. Der Geist Squire Asher Benjamin Clay stellt sich vor. Er lebt schon lange in der Academy. Snowcat macht mit ihm einen Handel und erhält ein Spirit Mark. In einem Gespräch über die genauen Modalitäten der Abmachung kommt zufällig ein Geheimnis ans Licht. In der Academy gibt es eine unterirdische Anlage, in der noch Sicherheitsleute wohnen. Die Howling Shadows befreien die Sublevel und beanspruchen sie ab nun für sich. Man bekommt heraus, dass die Schüler der Academy auf Technomancer-Potenzial untersucht worden sind. Am Vormittag des folgenden Tages (Tag 47), führt Snowcat im Zen-Garten ein Gespräch mit Alba. 

Tiernan und Sionn organisieren zwei Food-Trucks, am Abend findet daraufhin eine Pool-Party mit allen Bewohnern von Snow-Haven statt (Tag 48). Liam findet heraus, dass Technomancer aus der Anlage unter Snow Haven in eine NeoNET-Anlage in Blue Hills gebracht worden. Das Team will die Technomancer befreien. Die Anlage und der Weg dorthin werden ausgescoutet. Der Hinweg führt durch die Rox, wo Snowcat Kontakt zu den Ancients sucht, um Drogen von ihnen zu kaufen. Als Bezahlung wollen die Ancients ein Meeting zwischen Lucky Liam und Don O’Riley. Snowcat sagt zu, für das Treffen zu sorgen. Vor der Blue-Hills-Facility entdeckt man zwei Raben, die magische mit jemandem verbunden sind. Die Spur führt zu einem Mann mit dem Namen Kariwase, der dank Grid-Guide mit seinen Tieren im jenem Wald gestrandet ist. Man freundet sich an und nimmt Kariwase und seine tierische Crew mit nach Snow Haven (Tag 51). 

Die Howling Shadows erkunden das Gelände der Blue Hills Facility so weit wie möglich im Voraus. Nachdem Brutus, das Familiar von Dana, die Technomancer auf dem Gelände lokalisiert hat, starten sie die Befreiung (Tag 54). Snowcat nimmt diesmal nur aus der Entfernung an der Aktion teil, ist aber durch Mindnet via ritueller Hexerei mit allen verbunden. Sie dirigiert das große Team quasi mit ihrem Geist. Mit viel Gestaltwandlungsmagie gelingt es die Technomancer und eine mit ihnen befreundete Wissenschaftlerin zu befreien. Sionn und Sinister gehen in das automatisierte Lager, um saubere Nanitenflüssigkeit zu besorgen. Als Sionn wertvolle Commlinks und ein Fairlight Paladin Cyberdeck entdeckt, lässt er drei Pakete zu Sinister liefern und trägt Liams Firma, beziehungsweise Alba, als Besitzer ein. Das Zweierteam wird während dieser Arbeit entdeckt und löst Alarm aus. Snowcat lässt die fest eingeplante Ablenkung starten. Man kann mit der Beute entkommen. Die Ablenkung hat Shambler angelockt, die das Außenteam zu überrennen drohen. Im Nahkampf bekommen sowohl Fang, als auch Fierce Shambler-Blut ab. Bei Fierce ist die Blutmenge erheblich größer. Zurück in Snow Haven diagnostiziert Teamarzt Mash bei Fierce eine Infektion mit Boston-CFD. 

Um kein Shambler werden zu müssen, bittet Fierce Mash, sie stattdessen mit HMHVV zu infizieren. Sie hat die Hoffnung, dass der Virus schneller als die Naniten sind. Nach einigem Überlegen willigt Mash ein. Der Plan funktioniert, Fierce wird infiziert und fällt ins Koma. Liam besteht darauf, dass Fang nun eine Lebensschuld für Fierce leisten muss, die er in Form von, vorzugsweise alkoholisiertem Blut, ableisten kann. Es ist klar, dass Fierce Essenz und Blut brauchen wird, wenn sie wieder aufwacht. Essenz-Nahrung soll besorgt werden. Man weiht die unwissenden Alba, Dana, Dave und Tango in das Vampir-Geheimnis ein, nachdem sie eine Verschwiegenheitserklärung unterschrieben haben. Danach kommt zu einem Disput mit Dana bezüglich der Opferwahl. Schließlich einigt man sich auf die Sicherheitsmänner in der Wolverine-Station, von der man vor einem Monat die Limousinen stahl und Metamenschen befreite. Dana besteht darauf, dass die Metamenschen die Wahl haben sollen, freiwillig Essen abzugeben oder zu sterben. Ein kleines Team zieht los. Beider Station stellt man fest, dass sie dort weiter Metamenschen gefangen halten, missbrauchen und foltern und dann weiter geben. Mit aller Macht nimmt das Team die Station ein, befreit die Metamenschen und nimmt die Gardisten, sowie die Flaming Swords, die zu Abholung kommen, gefangen (Tag 55).

Gleich am nächsten Tag feiert man die Genesung von Fierce. Nebenbei beschließt man auf der Party, dass es für Alba Zeit ist, sich einen Runnernamen zuzulegen (Tag 56). Man organisiert Tattoo-Equipment und künstliches Haar - und Alba wird zu Phoenix, was man mit einer erneuten Party feiert (Tag 57). Am Abend darauf gehen Phoenix, Vampir Fierce, Eden und Mash in den Club „Black Death“. Hier soll eine Spur für den White Rabbit gelegt und nach neuen Talenten für Snow Haven gesucht werden. Unter der Beobachtung durch Snowcat und einige andere auf einem Dach in der Nähe verhält sich das kleine Team absichtlich auffällig. Außerdem rekrutiert man in dieser Nacht eine Gruppe aus fünf magisch aktiven jungen Männern, die sich Five-by-Five nennen (Tag 58).

Anmerkungen:

1. Der Zeitstempel wird an unsere Zeitlinie angepasst und ist maximal an die offizielle Timeline angelehnt.

2. Die Episode wurde am 27.07. , 28.07., 17.08 und 18.08. erspielt. Neben mir und dem GM, waren am 1. Termin der Spieler von Fang & Sinister und die Spielerin von Phoenix anwesend. Am Tag danach ging das Spiel nur mit der Spielerin von Phoenix weiter. Am 3. Termin waren die Spieler von Fang & Sinister, AveRage & Dana und Eden & Mr.Tea anwesend. Der GM und ich spielten am 18.08 das Geschehen im Club Avalon aus. Wegen den Widrigkeiten und Schönheiten des RL können nur selten alle Spieler am Spielabend teilnehmen. Deshalb können Charaktere ohne weitere Erklärung auftauchen oder verschwinden. Darüber, welche Charaktere mit auf einen Run gehen, entscheiden die Spieler nach eigenem Gefallen. Das muss nicht immer die logistische Entscheidung sein. Manchmal ist ein Charakter mit auf einem Run, obwohl sein Spieler abwesend ist. In diesen Fällen wird der Charakter zwar mitgeführt, sein Handeln gerät, wenn möglich, aber in den Hintergrund. Der Spotlight soll auf Charakteren stehen, deren Spieler anwesend sind. Gegebenenfalls hinterlassen Spieler beim GM Regieanweisungen. 

Eine Beschreibung aller Charaktere und Marks findest du hier [LINK].

Eine Übersicht von Cast und Crew von SatHS findest Du hier [LINK].

3. Die verlinkten Songs sollen lediglich zu Stimmung beitragen und enthalten keine versteckten Hinweise. Jedenfalls meistens nicht :). Übrigens kaufen wir jeden in den Episoden verwendeten Song, sollte er sich nicht schon vorher in unserem Besitz befunden haben. Nicht nur, damit wir die Songs jeder Zeit auf all unseren Geräten abspielen können, sondern auch, weil wir damit den jeweiligen Künstler unterstützen möchten. Eine Liste mit dem kompletten SatHS Soundtrack findest du hier [LINK]. Eine YouTube Playlist zur aktuellen Season findest du hier [LINK].

4.Die Truppe mit der Captain America (Marvel) im zweiten Weltkrieg gegen Hydra ins Feld zieht, heißt „Captain America and the Howling Commandos". Daran angelehnt, entstammt die Titelidee eigentlich. Abgesehen davon, ist „Howling Shadows“ der Titel des aktuellen Shadowrun® -Critter Quellenbuchs von Catalyst. Wir fanden die Doppeldeutigkeit gerade bei der Zusammensetzung des Teams passend. 

5. Eine Übersicht des Steampunk- Journals findest Du hier [LINK].

6. In den ‚Tales of Snowcat’ erzählt Snowcat einem imaginären, nicht näher definierten Zuhörer die Ereignisse aus ihrer ganz persönlichen Sicht. Seit dem Weggang von Katze führt Snowcat auch Tagebuch. Was ihr zunehmend wichtiger wird, da ihr die Dialoge mit Katze fehlen. Man kann ToS demnach auch als Tagebuchauszug betrachten. ‚Period‘ beschreibt dabei den Lebensabschnitt auf dem sich Snowcat befindet. ‚Era' beschreibt das Farbthema, unter das Snowcat in dieser Zeit den Inhalt ihres Kleiderschranks gestellt hat. ‚Broadcast‘ fasst zusammen, was von dem per Drohne gedrehten Material dem Trideo-Zuschauer der Serie Snowcat and the Howling Shadows zur Verfügung gestellt wird und wann es gestreamt wird.

7. Einige der Namen, die in der Geschichte auftauchen, sind auch in der offiziellen Shadowrun-Welt ein Begriff. Ähnlichkeiten sind beabsichtig. Allerdings kann das hier dargestellte Bild auch deutlich von dem Bild im SR-Kanon abweichen, da es unserer Spielwelt angepasst wurde.

8. KE, kurz für Knight Errant, ein Sicherheitskonzern und Tochter von Ares Marcotechnologies.

9. Teilweise stehen Dialoge in diesen « » Textzeichen. Die gesprochenen Worte werden dann vornehmlich via Teamnetzwerk oder Commlink verbreitet und sind für Wesen, die keine Mitglieder im Teamnetzwerk sind, nicht oder nur schwer zu hören. Ferner stehen in < > schriftliche Nachrichten und in ‹ › stehen Dialoge via Geistesverbindung, wie zum Beispiel die mit einem Geist unter Kontrolle, Gespräche via Mindnet oder Dragonspeech. Wird zusätzlich eine andere Schriftart verwendet, handelt es sich um unausgesprochene Gedanken oder extra-persönliche Anmerkungen von Snowcat.

10. „AveRage“ hat seine Drohnen-Kamera-Einheiten, die je aus drei CU^3 bestehen, nach berühmten Kameramännern benannt.

11. Snowcat sieht die Geister, die einen Element zugeordnet sind als klassische Elementarwesen:  Luftgeister sind Sylphen, Erdgeister Gnome (früher Brownies), Feuergeister Salamander und Wassergeister sind Undinen. Jeder Geist, den sie beschwört, hat für sie zudem einen eigenen Namen. Guidance Spirits sieht Snowcat als weise Paten, die sie mit Godfather und Godmother betitelt. Guardian Spirits sind für sie Warden, also Krieger verschiedenen metamenschlichen Rassen. Die Warden tragen als Hommage an meine Lieblingsbuchsreihe den ‚Dresden Files‘ von Jim Butcher, die Namen von den Warden des White Council. Spirits of Man sind für sie Leprechauns (Kobolde) und Task Spirits sind Brownies. Beast Spirits bekommen den Titel Master und Plant Spirits den Titel Mother (z.B. Master Wolf oder Mother Oak). 

12. Schlagwort(e), Überschrift(en) unter denen die Episode steht.

13. Phoenix wird von der Spielerin T. geführt. Sie ist neu in der Gruppe und ein RPG-Frischling. Phoenix stieß als Reporterin Alba zum Team. 

14. NPC, der in Boston gerettet wurde und für den Verlauf der Geschichte keine namenhafte Rolle spielt. Max und Caroline sind eine Hommage an die Serie Two Broke Girls.

15. Nach dem Tod von Columbo übernimmt Spieler I. die Charakterführung von Dana, die ursprünglich als NPC gedacht war.

16. Die Gesichter von Liam und Sionn sind in der Trideoserie nicht zu erkennen. Beide tragen stets Halsbänder, die dafür sorgen, dass Kameras ihre Gesichter nur verpixelt aufnehmen. Liam wird in der Serie als Sapper geführt, Sionn als Anarchy. Wir gehen in den SatHS-Texten im CatPoint nicht auf die veränderten Namen ein, um nicht alles zu verkomplizieren.

17. Bei dem Charakter handelt es sich um einen Runner, den die Howling Shadows in Boston getroffen und mit nach Snow Haven genommen haben. Diese Charaktere werden vom GM oder von einem anwesenden Spieler geführt. Je nachdem, wer gerade Zeit zum Würfeln hat oder einen solchen Charakter ausprobieren mag.

POSTED BY SNOWCAT

Die Versammlungshalle von Snow Haven - also das, was zu Schulzeiten einmal die Aula gewesen war - diente als Multimedia-Studio für alle. Die AR-Werbung für den heutigen Tag schlug via Haussystem in meinem Commlink ein, als ich gerade einen Eintrag für meinen Art- und Fashion Blog erstellte, den Moxi für mich veröffentlichen sollte.

Heute war Kino-Abend. 

Die Academy war unglaublich gut ausgestattet, was Technik anging. Sponsored by NeoNET gab es eine riesige Trideoleinwand, die man in den Boden ablassen konnte, eine tolle Soundanlage, bequeme Stühle, Scheinwerferdrohnen und eine drehbare Bühne für die Theateraufführungen. Heute Abend wurde auf Wunsch der Bewohner von Snow Haven die zweite Staffel SatHS gezeigt. Zum dritten Mal in den vergangenen Wochen. Sie konnten gar nicht genug von uns bekommen. Bei den Frauen standen die Szenen mit ‚Captain Sioux‘ Iron Horse besonders hoch im Kurs. Nicht wenige bedauerten, dass er nicht mit hier in Boston war. Als Ausgleich scharten sie sich um Mr. Tea, der gerade in der ersten Staffel so einen feurigen Eindruck hinterlassen hatte, und der hier wenigsten greifbar war. Wir waren Helden zum Anfassen. Einige von uns sogar im wahrsten Sinn des Wortes. Was diesbezüglich Shark Finn und Liam anging: Sie achteten sehr wohl darauf, dass mir niemand zu nahe kam. Nur bei den Kindern machten sie Ausnahmen. Kinder durften mich umarmen oder nach meiner Hand greifen, wenn wir im Garten zusammen malten.

Wen wundert es, Wiederholungen standen im Kino von Snow Haven hoch im Kurs. Zum Glück hatte das Matrix-Archiv von Boston so einiges zu bieten, denn auch an ständige Wiederholungen würde man sich gewöhnen müssen. Es würde in der nächsten Zeit nichts anderes geben außer Wiederholungen. Bei Serien und Filmen ging das gerade noch. Anders sah es bei Sportübertragungen aus. Sportwiederholungen waren langweilig. Die Bostoner waren verrückt nach ihrem Sport. Frische Sportveranstaltungen machten sie glücklich. Da musste man doch was tun können? Eines der Wohnheime in Snow Haven war noch komplett frei. Wir konnten versuchen, Mitglieder von Sportteams zu finden und zu retten und sie dort einziehen lassen. Nun, wahrscheinlich waren die Sportteams inzwischen gut genug untergekommen. Immerhin gehörten sie meist irgendeinem Konzern. Der würde sich schon um sie kümmern, wenn sie denn nicht infiziert waren. Mit Sportlern Kontakt aufzunehmen, würde sich dennoch gut machen. Vielleicht konnte man zur Weihnachtszeit eine Sportveranstaltung organisieren, das alles aufnehmen und als Geschenk an die Bostoner in der Stadt verteilen und… da niemand meine Fantastereien unterbrach, unterbrach ich mich eben selber. Es war Zeit, meine Einträge für meinen Blog ruhen zu lassen und mich für den heutigen Besuch im Beaded Shamrock fertig zu machen. 

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[Song 1: The O’Reilleys and the Paddyhats - Irish Way3] Strahlend schön und in meinem ebenso strahlend weißen Hosenanzug [BILD] betrat ich am frühen Abend des 07. August 2076 in Begleitung von Liam, Shark Finn, Phoenix und Sinister den Pub.

Der Effekt bei unserer Ankunft war nicht mehr so groß wie bei unserem ersten Besuch. Aus der plötzlichen Totenstille war mehr so ein kurzes Innehalten mit einigen ‚Ahhs‘ und ‚Ohhs‘ geworden. Um letzteres wollte ich aber auch gebeten haben! 

Shane war - wie immer - zugegen. Er erhob sich sofort, als wir eintraten, und begrüßte uns begeistert. Seine Blicke blieben angemessen kurz an Sinister und Phoenix hängen, im Anschluss schenkte er mir seine volle Aufmerksamkeit und bat uns an seinen Tisch.

Nachdem das frisch gezapfte, dunkle Bier und der gute Irish Whiskey gebracht worden waren und wir angestoßen hatten, fragte Shane: „Und, was führt dich zu mir? Mehr als nur das gute Bier?“

Ich lächelte. „Tatsächlich ja. Allerdings hat mich der gute Geschmack gerade vergessen lassen, warum ich hier bin. Da muss ich heute wohl nur trinken und morgen wieder kommen.“

Shane lachte.

Ich hob mein Glas und wir stießen ein zweites Mal an. „Auf das Leben und die Liebe! Sláinte!“ verkündete ich. 

„Sláinte!“, meinte auch Shane. „Du bist hier jederzeit willkommen, Snowcat! Auch völlig ohne Grund.“

„Danke. - Mir ist jetzt auch wieder eingefallen, was ich wollte.“ Ich machte eine kurze Pause. „Ich würde gerne noch mal mit dem Don sprechen und möchte dich bitten, einen Termin mit ihm auszumachen.“

Shane hob überrascht eine Augenbraue. „Da kommst du zu mir? Ich meine, du könntest ein Treffen doch auch über deinen Freund arrangieren.“

Es war klar, dass er damit Kyle O’Farrel meinte. Ich lächelte charmant. „Ja, vielleicht könnte ich das. Aber in dem Fall würde ich es gerne über die offiziellen Kanäle laufen lassen. Ich habe einen geschäftlichen Vorschlag zu machen.“

Shane hob abermals eine Augenbraue. „Okay?!“, dann nickte er zufrieden. „Ich mache das sehr gern. Komm morgen einfach wieder her. Ungefähr um die gleiche Zeit. Dann habe ich sicher schon etwas ausgemacht.“

„Fantastisch!“, freute ich mich. 

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Ich betrieb noch ein wenig Smalltalk und ging dann zum Geplänkel über allgemeine Informationen über. Wobei ich erfuhr, dass sich eine Droge namens ‚Accelerator‘ auf der Straße breit machte, die aus den Stoffen in den Supplies gewonnen wurde und die noch besser sein sollte als Jazz. Davon würden wir wohl mal was besorgen müssen, um es zu analysieren und zu testen. Nicht, dass wir in das Geschäft einsteigen wollen würden, und wenn doch, dann maximal für den eigenen Gebrauch. 

Schließlich schlängelte ich mich zu den Informationen vor, die ich eigentlich von Shane erbeuten wollte. „Wie ist es eigentlich mit den Ancients?“, fragte ich im gleichbleibendem Plauderton, der klang wie zuvor. „Nicht allzu weit von hier habe ich sie schon fahren sehen. Kommen sie eigentlich auch hierher?“

Shane schüttelte den Kopf. „Das Beaded Shamrock liegt nicht auf ihrer …äh … Route.“

Ah, dem Gesichtsausdruck von Shane nach steckte mehr dahinter und er wusste, was das war. Also legte ich den Kopf schief. Mein eisweißes Haar fiel einer Kaskade gleich zur Seite und lag nun wie ein glitzernden Vorhang hinter mir. „Wieso? Gibt es ein Problem zwischen der Mafia und den Ancients hier in Boston?“

Shane zuckte mit den Schultern, doch ich hatte seine sozialen Mauern schon vor längerem überwunden. Darum rückte er mit der Sprache raus: „Don O’Riley ist auf den Boss der Ancients, Lucky Liam, nicht sonderlich gut zu sprechen.“

Ich ließ mir nicht anmerken, dass diese Information sehr wohl von großem Interesse für mich war. Ich lächelte süß. „Nanu? Warum denn nicht?“

Shane rang mit sich. Er wusste warum, wollte das aber eigentlich nicht verraten. 

Ich trank noch einen Schluck von meinem Whiskey. Da Shane mich mochte, kopierte er meine Handlung unterbewusst. Nachdem er geschluckt hatte, fügte ich hinzu: „Einfach nur so? Oder gibt es dafür einen Grund?“

Shane beugte sich vor und flüsterte beinah schon: „Das hat einen Grund!“

Ich kam ihm noch ein Stück entgehen, um die letzte Hemmschwelle zu überbrücken. „Oh, bitte erzähl! Was ist passiert?“

„Lucky Liam hat eine von diesen modernen On-Off-Beziehungen mit der ältesten Tochter vom Don, Fiona. …“

Was war ich in diesem Moment dankbar für mein Pokerface!

„… Das ist dem Don ein Dorn im Auge. Lucky Liam geht ihm aus dem Weg. Das ist auch gut so. Wären die zwei im selben Raum, ich wüsste nicht, ob sie den beide auch wieder lebend verlassen würden. Die Ancients lassen sich bei uns nicht sehen. Was ich auch gut finde, denn wir wollen doch kein unnötiges Blutvergießen. Mit dem Abstand können wir gut leben. Aber… das hast du nicht von mir!“

„Was denn jetzt genau?“, fragte ich, zwinkerte Shane zu und wechselte das Thema.

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Auf dem Weg zu unserer Limousine verdrehte Phoenix die Augen. „Ey, der Chain hat das mit dem Stress zwischen dem Don und Lucky Liam bestimmt gewusst!“

„Mit Sicherheit hat er das! Genau darum hat er Snowcat diesen Preis genannt“, bestätigte Sinister.

Shark Finn grinste böse. „Na, dann wird er eben lernen, dass Snowcat auch Unmögliches möglich macht!“

Ich war selbstbewusst genug, um es wie Shark Finn zu sehen. Doch ein Meeting zwischen Don O’Riley und Lucky Liam zu arrangieren würde deutlich anstrengender werden, als ich gedacht hatte. Ich hatte damit gerechnet, dass es ein Leichtes sein würde, da ich O’Riley bereits von meinem Charme überzeugt hatte. Doch bei Vätern, die die Lover ihrer Töchter nicht leiden konnten, spielte mein Charme eine untergeordnete Rolle. Väter waren immer eigen, wenn es um ihre Töchter ging. 

Ganz besonders, wenn sie Iren waren.

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Shane hatte gesagt, dass wir am nächsten Tag zur selben Zeit ins Beaded Shamrock kommen sollten. Wir mussten damit rechnen, dass bei unserer Ankunft bereits eine Limousine warten würde. Ich hatte Shane gebeten, drei Personen zum Meeting mit dem Don anzumelden. 

Als ich ihm die Zahl genannt hatte, hatte ich noch nicht entschieden gehabt, wen ich zu dem Treffen mitnehmen wollte. Gerade gefiel mir jedoch die Idee, Sinister und Phoenix mitzunehmen. Nur Frauen - ich fand, das hatte was. Zu einer Kämpferin und Elfe mit Sinister, hatte ich mit Phoenix einen Hacker dabei. Außerdem kombinierte ich so das Bekannte und Unbekannte, was uns für O’Riley unberechenbarer machte.  

❄️❄️

Im Gegensatz zu all den Annehmlichkeiten, die Snowcat Manor zu bieten hatte, ließ die Vielfalt meines Kleiderschranks in Boston zu wünschen übrig. Doch genau genommen machte das nichts. Solange ich die Kleidung sauber und weiß halten konnte, schadete es nicht, wenig dabei zu haben. Jedenfalls nicht, was das Bild nach außen anging. Meiner zarten Diva-Seele schadete es schon. Das Wissen darum, dass meine Babys zu Hause in meinem Haus im begehbaren Kleiderschrank hingen und darauf warteten, von mir getragen zu werden, schmerzte. Selbstverständlich scherze ich nur, denn all das war wieder ein reines Luxusproblem. Ich könnte Lumpen tragen und würde dennoch die schönste Frau am Tisch sein. 

Selbstbewusst lächelnd zog ich meinen weißen Chiffon-Rock [BILD] und die geblümte Korsage [BILD] an und betrachtete mich in Spiegel. 

Perfekt, wie immer!

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Wir - was in dem Fall erneut Phoenix, Sinister, Shark Finn, Liam und ich waren - erschienen pünktlich um 19.00 Uhr im Pub. Heute hatte man gewusst, dass wir kommen würden und so verstummte niemand, als wir auf der Bildfläche erscheinen. 

Da es zumindest Ahhs und Ohhs in Blicken gab, fühlten ich mich abermals nicht beleidigt. 

Sinister und Phoenix trugen ihre perfekt sitzenden Catsuits, hatten dezentes Make-Up aufgelegt, trugen ihr hüftlanges Haar offen und seidig - schwarz und dunkles Rot als Kontrast, schon allein darum zogen wir solche Blicke an. 

Für den Kontrast beim Don hatte ich darauf verzichtet, mein Haar offen zu tragen und ebenfalls meinen CatSuit anzuziehen. Aufgrund meiner Verhandlungsposition wollte ich mich abheben. Phoenix und Sinister traten als meine Leute und meine Bodyguards auf.  

Für einen Whiskey und einen paar nette Worte mit Shane war noch Zeit, bevor die vom Don geschickte Limousine samt Begleitfahrzeugen um 19.30 Uhr eintraf. Wie gut, dass ich vermutete hatte, dass das Meeting gleich heute stattfinden und dass man uns nicht bitten würde, ein weiteres mal wiederzukommen.

Wir verzichteten darauf, Liam und Shark Finn in die Begleitfahrzeuge einsteigen zu lassen. Finn behagte das zwar nicht völlig, aber da es für Liam okay war, konnte er sich damit abfinden.

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[Song 2Howard Shore /Spotlight OST - Summer Investigation3] Beinah geräuschlos fuhr die Limousine durch das große Tor in das abgeriegelte Villenviertel. Bewaffnete Orks in gepanzerten Anzügen, über die sie Panzerwesen gezogen hatten, achteten darauf, dass sich nichts durch das Tor bewegte, was nicht hinein gehörte. Seit meinem letzten Besuch hatte sich etwas verändert. Der Zaun wies jetzt einen zusätzlichen Draht auf. Offenbar konnten man ihn inzwischen unter Strom setzen. Die Sicherheitsgardisten hatten zusätzlich Taser dabei. Man hatte meinen Ratschlag zu den Shamblern also umgesetzt.

Kinder spielten auf den Wegen. Für eine Luxusgegend waren ziemlich viele Fahrzeuge sichtbar. Hier lebten nun mehr Metamenschen als vor dem Lockdown. Von dem, was Kyle das letzte Mal berichtet hatte, wusste ich, dass man eine beschauliche Mittelschicht-Reihenhaussiedlung mit in die Absperrung genommen hatte. Zwei Bäckereien, ein Pub, zwei Pizzerien, ein Restaurant und ein Supermarkt hatten sowieso schon mit zur Anlage gehört.

Zum Anwesen des Dons mussten wir durch eine weitere Einfahrt. Hier war die Sicherheit eher lax. Ein Zaun, ein Tor, welches sich automatisch öffnete, als die Limousine näher kam, ein Sicherheitshäuschen, in dem niemand saß. ‚Der Don ist beliebt, da braucht es keine weitere Sicherheit!‘, schien das alles zu sagen. Ich ging davon aus, dass wir über Kameras, eventuell in kleinen Drohnen, diskret überwacht wurden, und man innerhalb von Sekunden alles abriegeln konnte, wenn es nötig war.

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Mrs. O’Riley öffnete uns persönlich die Tür. Sie trug ein elegantes, halblanges Kleid und echten Schmuck. Dezent, aber doch so wertvoll, dass Neid in mir aufkam. 

Ich ließ es mir nicht nehmen, ihr ein Kompliment für ihr Aussehen und ihre geschmackvollen Garderobe zu machen. 

Mrs. O’Riley - eine attraktive, aber nicht übermäßig schöne Elfin übrigens, falls ich das noch nicht erwähnt hatte - lächelte freundlich. „Falls ihr alle hier wohnen würdet, könntet ihr auch so etwas tragen“, lockte sie und wiederholte damit das Angebot ihres Mannes. 

„Verlockend!“, erwiderte ich im charmanten Ton. „Wir denken mit Sicherheit noch einmal darüber nach!“ 

Das Lächeln von Mrs. O’Riley überzeugte durch ein attraktives Selbstbewusstsein. Sie hatte kein Problem damit, uns freundlich und zuvorkommend zu behandeln. Weder unser Status noch unsere geballte Schönheit waren ein Problem für sie.

Es war tatsächlich nett hier. Hierher umziehen würde ich dennoch nur in einem absoluten Notfall, der nicht eintreten würde. Oder wenn ich anstelle des Dons das Sagen bekäme. Als Königin sozusagen. Aber auch das war relativ unwahrscheinlich.

Überraschenderweise bot Mrs. O’Riley uns eine Führung durch ihre Villa an. Sie geleitete uns durch das komplette Haus. Zeigte uns so gut wie alles, sogar den Weinkeller.

Ich liebe mein Haus in Seattle. Unser Refugium in Boston ist großartig. Aber das hier war dann doch noch eine Kategorie höher. Mehr Luxus, allein das Schlafzimmer war riesig. Ich kannte solchen Luxus aus den Hotels, in denen ich mit Spinrad gewesen war, von Ehrans Anwesen, Ainas Burg, der Hazienda von Ding Ramos und von anderen Orten, an denen ich das eine oder andere Mal auf Runs hatte sein dürfen. Ich genoss den Luxus jedes Mal. Vielleicht würde ich irgendwann mal selbst solch ein luxuriöses Anwesen besitzen. 

Doch für den Moment stellte ich mich gegen jegliche Verlockungen, denen uns Mrs. O’Riley aussetzte. Die riesige Badewanne in dem gigantischen Bad verlangte mir dabei meine gesamte Willensstärke ab.

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Kyle und Don O’Riley warteten am gedeckten Tisch. Beide erhoben sich bei unserem Eintreten. Das Licht stand günstig, und ich konnte mir ein erneutes Bild davon machen, wie attraktiv und gutaussehend der Don war. Sein Gesicht war männlich markant und symmetrisch, seine Ohren wohlgeschwungen und spitz. Er hatte schulterlange, silberne Haare, die seine Extravaganz unterstrichen. Stilsicher trug er ein dunkellila Hemd, nebst silberner Weste und einer grauen Hose mit silbernen Effekten. Das Abziehbild eines elfischen Geschäftsmannes, welches dem elfenhassenden irischen Zweig in Boston ein Dorn im Auge sein musste.  

Kyle war nicht minder attraktiv als sein Boss. Sein blondes Haar trug er inzwischen deutlich kürzer als noch vor ein paar Jahren. Wenn er es offen tragen würde, reichte es ihm vermutlich gerade ein Stück über das Kinn hinaus. Wie so oft hatte er es ab dem Nacken zu einem Zopf geflochten. Den keltischen Knoten mit dem Symbol für Macht trug er hingegen immer noch im Ohr.

Kyle half mir in den Stuhl, der Don seiner Frau ebenfalls.

„Du siehst auch heute wieder bezaubernd aus!“, bemerkte Kyle. Ich konnte die Aufrichtigkeit in seinen Worten hören. 

Kyle war einer von wenigen Metamenschen, die jegliche Schritte in meiner Entwicklung in den letzten Jahren mitbekommen hatten. Er kannte mich als den Ganger im schwarzen Catsuit an der Seite von Craven. Damals, strotzend vor Sexappeal, Mut und dem Wunsch, etwas zu werden, aber ohne jegliche Manieren, hatte ich mit dem Team in einem seiner Nachtclubs, dem ‚Hell Has No Fury‘ gefeiert. Natürlich hatte er mich bemerkt und natürlich war ich einfach zu ihm geschlendert. Über ein Jahr nach Cravens Tod hatte ich ihn auf einer späteren Reise spontan besucht und etwas mit ihm angefangen. Ich hatte mich zwar schon besser benehmen können, war aber mehr eine Affäre gewesen, mit der man sich maximal in einem Nachtclub zeigen konnte, und die man besser durch den Hintereingang in eine Villa brachte. Nun saß ich hier, gebildet, mit Studienabschluss, ein Trideostar, mit Manieren und einer Ausstrahlung, mit der ich durch jedes soziale Haifischbecken navigieren konnte. Hinzu kam die magische Macht, die in mir steckte, und mit der ich alle hier Anwesenden töten und damit vermutlich sogar entkommen konnte. 

Obwohl Sinister zu töten vielleicht nicht ganz so einfach wäre - es sei denn, ich fing mit ihr an. - Bevor sich jetzt jemand Sorgen macht, nein, in mir herrscht plötzlich kein innerer Drang, jemanden zu töten. 

Kyle gehörte zudem zu denen, die schon seit Jahren eines meiner von mir kreierten Bilder besaßen. Ich hatte ihn mit dem Rücken zu mir stehend und von seinem Appartement aus über Boston blickend gemalt. Das Bild hatte ich ihm nach unserer dritten gemeinsamen ‚Nacht‘ zukommen lassen. Als Dankeschön - und als nachträglichen Tausch für eines seiner Hemden, welches ich hatte mitgehen lassen.

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Das Essen verlief mit wunderbarem Smalltalk über das Leben in der Stadt, vor und nach dem Lockdown. Phoenix hatte so einiges dazu beizutragen, während Sinister mehr den stillen Bodyguard gab. Kyle und der Don passten sicher perfekt in Sinisters Beuteschema, doch jegliches Flirten wäre unangebracht gewesen. Der Don war vergeben, seine Ehefrau war anwesend, und Kyle hatte diesbezüglich nur Augen für mich. Doch selbst, wenn dem nicht so gewesen wäre, die Männer hätten Sinister nicht die Aufmerksamkeit geschenkt, die die Elfin forderte und auch verdiente.

Nach dem Abendessen entschuldigte Mrs. O’Riley sich. Das hatte absolut nichts davon, dass sie bei Geschäften nicht mitredete. Diesen Eindruck machte sie nämlich ganz und gar nicht. Sie hatte noch anderes zu tun, was ich ihr glaubte.

Wir zogen in den kleinen Salon um. Connor schenkte Irish Whiskey in fünf schwere, kristallene Gläser. Eis bot er selbstverständlich nicht einmal an. Quellwasser hingegen schon, was keiner nahm.

Nach dem ersten Schluck sahen die beiden Männer mich erwartungsvoll an.

Ich lächelte einen Moment schweigend. „Es ist weniger ein geschäftlicher Vorschlag, denn mehr eine Idee. Was haltet ihr davon, wenn sich die O’Riley-Familie in diesen außergewöhnlichen Zeiten mit den Ancients zusammentut?“

Das Gesicht von Don O’Riley verhärtete sich augenblicklich. Nur Kyle sah mich weiter lächelnd an. „Wie kommst du denn auf die Idee?“, stellte er freundlich die Gegenfrage.

Tatsächlich hatte ich mir darüber bereits so meine Gedanken gemacht. Natürlich nicht dazu, wie ich auf die Idee kam, denn dass das eine Bezahlung für ein Drogengeschäft war, würde ich hier sicher nicht preisgeben. Ich hatte mir Gedanken über Argumente gemacht, welche Vorteile die Zusammenarbeit zwischen der Mafia und den Ancients für den Don haben konnte. Ich fand die Idee wirklich gut. Selbstverständlich trug ich meinen Vorschlag nun frei vor, so als wüsste ich nicht, welche Hürde es zum umschiffen galt. 

Ich weitete mein Lächeln zu einem Strahlen aus und begann: „Zuallererst denke ich, dass ihr aus eurer sicheren Enklave heraus ein paar gute, bewegliche Kuriere gebrauchen könnt. Die Zeit vergeht, der Lockdown wird noch länger bestehen, der Winter kommt, die Wege werden länger, mehr muss organisiert werden. Des Weiteren versuchen andere Organisationen, den Lockdown auszunutzen, um ihre Macht auszuweiten. Nicht zuletzt Gruppen wie die Knights of the Red Branch. Da können weitere Verbündete nicht schaden. Natürlich müssten die Ancients ihrerseits ihren Rassismus gegen Nicht-Elfen in den Hintergrund schieben, aber ich denke, dafür sind sie vernünftig genug.“

Kyle hörte mir aufmerksam zu. Er stellte Fragen und nickte meist zustimmend zu meinen Argumenten. Eindeutig Position bezog er jedoch nicht, denn der Don traf die Entscheidungen. Meine Argumente waren gut. Ich versuchte hier nicht einfach ein Date zu arrangieren. Ich fand die Idee wirklich gut. 

„Du siehst nicht überzeugt aus, Connor“, stellte ich irgendwann mit perfekt geneigtem Haupt fest. „Was stört dich?“

Connor O’Riley stellte langsam sein leeres Glas auf dem kleinen Tisch neben sich ab. Er sah mich an und erwiderte ruhig: „Kyle hat mir die Ancients schon öfter als Kuriere nahegelegt. Ich bin nicht überzeugt, weil ich nichts von ihrem Anführer als Geschäftsmann halte. Ich halte Lucky Liam für unzuverlässig und einen Aufschneider. Er ist in sich selbst und seine Peter-Pan-Attitüde verliebt. Ich glaube einfach nicht, dass man sich mit ihm ordentlich an einen Tisch setzen und über Geschäfte verhandeln kann.“

Ich hatte dem Don natürlich auch offen zugehört, und ich würde den Teufel tun, seine Aussage einfach in den Wind schlagen. „Deine Zweifel beziehen sich also mehr auf die Person als auf die geschäftliche Idee an sich? Habe ich das richtig verstanden?“

„So ist es!“ Connors Augen blitzen kalt. Er konnte Lucky Liam tatsächlich nicht ausstehen, und er glaubte, was er da sagte. „Er macht viel zu viel Wind - und es mangelt ihm an Respekt!“

„Ich kenne Lucky Liam bisher nicht persönlich!“, erklärte ich wahrheitsgemäß. „Doch ich kenne einige andere Ancients, die ich immer auch als Geschäftsleute kennengelernt habe. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Lucky Liam sich nicht zusammenreißen kann, wenn er ein gutes Geschäft vor sich hat! Und wie gesagt, ich halte ein Abkommen zwischen den Ancients und euch für ein wirklich gutes Geschäft für beide Seiten!“, schloss ich im sanften Ton.

Don O’Riley sah mich einen Moment lang an, dann entspannten sich seine Gesichtszüge ein wenig. „Du checkst, ob man mit ihm reden kann. Und wenn du sagst, dass er den nötigen Respekt zeigen kann, dann bin ich bereit, mich mit ihm zu treffen!“

Die Augen von Kyle weiteten sich kurz vor Überraschung. Er hatte offenbar nicht damit gerechnet, dass Connor solche Zugeständnisse machen würde. Dann lächelte Kyle zufrieden. 

Ich nickte. „Einverstanden. Ich mache mir ein Bild von ihm und melde mich dann noch mal.“

Kyle sah mich mit einer Mischung aus Bewunderung und Verehrung an, eine Spur Begehren konnte ich zudem in seinem Blick entdecken. „Wenn das Treffen und später ein Geschäft zustande kommen sollte, was versprichst du dir davon, oder anders ausgedrückt, was möchtest du dafür haben?“

„Nun, erst einmal verspreche ich mir davon, dass es wirklich gut für Boston ist und dass es die rassistischen Organisation schwächt.“ Ich führte aus, welche Gefahren ich für Boston im Lockdown sah und wie dieses Treffen da helfen konnte. Nun pausierte ich einen wohl bedachten Moment und fuhr dann fort: „Doch ich gebe zu, dass ich auch einen persönlichen Vorteil im Blick habe. Es geht um das Gelände der Claremont Academy in Revere. Das ist eine Privatschule, ich weiß nicht, ob euch das was sagt?“

Kyle nickte. „Ja, ich glaube, ich weiß, welches Gelände du meinst!“

„Wir bauen dort etwas auf, haben Metamenschen dorthin in Sicherheit gebracht. Ich denke diesbezüglich an die Zukunft. Wenn Boston wieder offen ist, möchte ich das Aufgebaute gerne erhalten. Darum hoffe ich, ihr könnt vielleicht eure Kontakte nutzen und eure Fühler ausstrecken, erfahren, wem das Gelände gehört und ob man es erwerben kann. Es geht mir nicht darum, dass ihr das finanzieren sollt. Das findet sich dann schon. Es geht mir nur um den Kontakt zum Besitzer.“

Kyle lächelte. „Ich bin sicher da lässt sich was machen.“

Connor sah mich lange und nachdenklich an. „Du bist eine bemerkenswerte und sehr weise Frau!“, stellte er fest. „Und du bist deinem Alter weit voraus. Das ist beeindruckend.“

Ich lächelte und bedankte mich für das wundervolle Kompliment. Ich liebe treffende Komplimente. Besonders, wenn sie mir in der Zukunft noch von Vorteil sein können.

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Ich hatte beschlossen, den nächsten Besuch bei den Ancients gleich hinter uns zu bringen. Nachdem die Limousine des Dons uns drei vor dem Beaded Shamrock abgesetzt hatte, nahmen wir noch ein Bier an der Bar. Im Anschluss stiegen wir mit Shark Finn und Liam in unsere eigene Limousine und fuhren in die Rox. 

Auf der Fahrt zog ich mich um. Ich tauschte mein aktuelles Outfit gegen meinen Catsuit. Selbstverständlich schalteten wir unser SatHS-Logo ein, immerhin sollte man uns erkennen.

Selbstverständlich schalteten wir unser SatHS-Logo ein, immerhin sollte man uns erkennen.

[Song 3: Barns Courtney - Sinners3] Noch bevor wir das Kerngebiet der Ancients erreicht hatten, wurden wir von vier Ancient-Bikes umschwärmt. Wir identifizierten uns, indem wir hinten ein Fenster runterließen und ich ihnen mein Gesicht zeigte. 

Kurz vor Mitternacht fuhren wir vor dem Kostum Road Bikes vor. Erneut stiegen nur wir drei Frauen aus. Drei fantastisch aussehende Frauen in Catsuits, in den Farben weiß, schwarz und dunkelrot, die selbstbewusst auf die Sitzecke aus alten Reifen zuschritten, waren ohne Zweifel ein Hammeranblick. Auch für die Ancients, obwohl eine von uns ‚nur‘ ein Mensch war. 

Phoenix war auf die Idee gekommen, für uns drei den gleichen Song via Commlink abspielen zu lassen. So schritten wir im Gleichklang, obwohl wir das vorher nicht geübt hatten. Das verstärkte den Effekt. 

Drei Ancients schraubten an ihren Bikes, zwei weitere saßen bei einem Bier an einer Feuertonne, dann waren da noch die sechs Ancients auf vier Bikes, die uns hierher begleitet hatten. Sie alle starrten uns an. Aber niemand kam, um zu begrüßen. Im Gegenteil, die beiden in der Reifenecke standen auf und schlenderten betont beiläufig in Richtung derer, die schraubten. Jedenfalls versuchten sie, beiläufig zu wirken. 

Auch die vier Bikes düsten wieder ab, zurück auf ihre Posten.

Einzig Dawantes Mohawk zeigte sich kurz durch die Tür der Werkstatt, dann grinste er und kam zu uns rüber gelaufen. Er umarmte überschwänglich jede, zeigte auf die Reifen-Lounge, meinte: „Setzt euch doch!“, und ließ sich dann selbst auf ein paar niedrigen Reifen nieder. 

Ich sah mich kurz um, zeigte dann auf eine Gruppe von Reifen, die uns höher sitzen ließ und die sonst wahrscheinlich den Lieutenants und Oberen vorbehalten war. Dort nahmen wir Platz. Nicht ganz oben, aber immerhin so weit oben, dass jeder, der nun zu uns gelaufen kam, zu uns aufblicken musste. 

„Na, wie gehts?“, fragte ich Dawante.

Der Elf strich sich einen der aufgestellten Spikes gerade, grinste leicht und meinte: „Jetzt gut. Ich freu mich, dass du wieder da bist. Und auch, dass du nicht alleine gekommen bist!“ 

Ich stellte Phoenix und Sinister vor. 

„Wow!“, freute Dawante sich. „Phoenix, was für ein heißer Name! Passt zu dir. Und Sinister, du siehst in echt noch mal schärfer aus!“

Sinister lächelte kurz. „Natürlich. - Sag mal, geht's euch so schlecht, dass es hier kein Bier gibt? Du bietest mir gar keines an.“

Dawante wurde rot und druckste: „Doch. Das gibt’s schon.“

Ich legte den Kopf schief. „Aber du darfst uns keines anbieten?“

Dawante kniff die Lippen zusammen und nickte verlegen.

Phoenix legt die Stirn in Falten. „Warum denn das?“

Sinister stieß die Luft aus. „Wahrscheinlich haben sie einfach wenig Bier und wollen nix abgeben. Was für ein mieser Ort, an dem eine schöne Elfe nicht mal ein Bier bekommen kann.“

Ich winkte ab. „Es ist ja nicht so, dass Dosenbier die Offenbarung wäre.“

So, so, Chain sah sich gezwungen, ein paar Machtspielchen zu spielen. Was dann wohl hieß, dass er sich von mir bedroht oder zumindest herausgefordert fühlte. 

Ich hatte kein Problem damit. 

Ich hatte Zeit. Genug Zeit, um zu ertragen, dass man uns warten ließ.

Phoenix plauderte mit Dawante, Sinister warf immer wieder beiläufig eine Bemerkung ein, behielt aber die Umgebung im Auge.

Und ich? Ich nutzte die Zeit, um mich an Dawantes Anblick zu erfreuen. Der Elf war ein ganzes Stück über 2 Meter groß. Schätzungsweise kratzte er an den 2.10 m - ohne Mohawk. Er trug weder Hemd noch Weste, also nur knackig sitzenden Bikerhose in schwarz und grün und passende Boots. Sein Körper war perfekt proportioniert. Wenn man es genau nahm, war er nahezu makellos. 

Ich sah noch einmal hin. Nahezu stimmte nicht. Er war makellos. Eine Fallstudie für den perfekten, männlichen Elfenkörper. Er war Captain Mohawk. Ich würde das demnächst bei meinen Umarmungen berücksichtigen. Wenn vielleicht auch nicht heute. 

❄️

Mehr als eine Dreiviertelstunde nach unserer Ankunft kamen zwei Elfen aus dem Kostum Road Bikes. Einer von ihnen war Chain. 

Der andere war knapp zwei Meter groß und eher schlaksig als grazil gebaut. Er hatte seine dunkelblonden Haare zu einem Zopf gebunden. Natürlich war auch er in die Farben der Ancients gekleidet, was hieß, dass er gepanzerte Biker-Klamotten in den Farben schwarz und grün trug. Als einzige weitere Auffälligkeit trug er mehrere Ohrringe und eine Kette. 

«Sinister, lenke die beiden bitte ab, damit ich astral wahrnehmen kann.»9, wies ich an.

Chain warf kurz einen grimmigen Blick auf Dawante. 

Dawante zuckte entschuldigend mit den Schultern. Seine Botschaft war klar: ‚Sieh dir die Frauen an, da musste ich mich einfach dazu setzen.‘

Offenbar verzieh ihm Chain gleich wieder.

Sinister erhob sich leicht, streckte sich und zog die Aufmerksamkeit von Chain und dem Neuankömmling gekonnt auf sich. 

Das verschaffte mir die gewünschte Gelegenheit astral wahrzunehmen. Der Neue war demnach der Mage. Er besaß ein annehmbares Magieattribut. Chain war mittelschwer verdrahtet. Die Qualität seiner Cyberware war gar nicht mal so schlecht.

„Hey, Chain!“, sagte ich locker, ohne mich zu erheben. Dann wandte ich meine Aufmerksamkeit kurz dem anderen zu. „Dich kenne ich noch nicht. Ich bin Snowcat, und du?“

Da Sinister es geschafft hatte, die Aufmerksamkeit des Mages zu fesseln, antwortete er ohne zu zögern: „Ich bin Slag!“

„Hi Slag, das sind Sinister und Phoenix“, stellte ich vor.

Slag und Chain kamen auf meine Reifen-Ebene, blieben aber zunächst stehen. „Was führt dich heute zu uns?“, fragte Chain.

Ich lehnte mich zurück, um leichter zu den beiden aufsehen zu können und erwiderte grinsend: „Das sage ich gleich. Bekommen wir jede erstmal ein Bier? Damit spricht es sich leichter.“

Chain verzog das Gesicht, nickte dann aber in Richtung Dawante, der sofort zu einer Kühlbox hechtete, um mit fünf Flaschen Bier wiederzukommen. Er öffnete alle Flaschen vor unseren Augen und verteilte sie dann. Die ersten zwei Flaschen übergab er natürlich Chain und Slag.

„Ist das auch wirklich okay?“, fragte Sinister Slag in einem verführerischen Ton, den man ihr nicht sofort zutrauen würde. „Nicht, dass ich dir was wegtrinke.“

„Nee, ist schon okay!“, antwortete Slag ein wenig unsicher.

Da die beiden Männer sich offenbar nicht zu mir setzen wollten, erhob ich mich, bedankte mich artig für das Bier, trank einen Schluck und meinte: „Ich bin vorbeigekommen, weil ich Lucky Liam sprechen will und einen Termin mit ihm ausmachen wollte.“

Ja, ich gebe gerne zu, ich nun hätte etwas diplomatischer eröffnen können. Aber hey, sie hatten mich über eine Dreiviertelstunde warten lassen, und wir hatten nicht mal ein Bier bekommen dürfen. Das mit dem Bier war wirklich ein Punkt. Ja, es ging hier ums Festigen der Positionen, und ich verstand, dass Chain meinetwegen nicht springen wollte, vielleicht nicht einmal konnte, weil er dann dumm dastehen würde. Doch kein Bier bei der Wartezeit, das war eine Frechheit! 

Chain verzog das Gesicht. 

Bevor er etwas sagte, fügte ich hinzu: „Ich habe inzwischen mit dem Don gesprochen.“

Jetzt hob Chain ein wenig ungläubig die Augenbrauen. „Und, was hat er gesagt?“

„Er hat einen Treffen zugestimmt, darum möchte ich jetzt auch mit Lucky Liam sprechen“, erklärte ich ruhig.

„Verstehe ich nicht. Du hast das doch mit mir verhandelt!“, meinte Chain nun in einem ziemlich pissigen Ton. 

Ich lächelte kühl. „Bisher ja. Ich sollte doch aber ein Treffen zwischen Lucky Liam und Don O’Riley arrangieren. Jetzt geht es um die Details - und die muss ich mit Lucky Liam persönlich besprechen!“

Chain schluckte, sein Unterkiefer schob sich vor. Das alles passte ihm gar nicht. Er hatte mit Sicherheit gehofft, dass ich mit dem Arrangement des Meeting scheiterte. Er war geübt genug, seine Abneigung nicht mega-offensichtlich zu zeigen. Man musste allerdings auch kein großer Diplomat sein, um seine Meinung mitzubekommen. Er zögerte und sagte dann: „Gut! Komm morgen Nachmittag wieder her!“

Jetzt lächelte ich zuckersüß und meinte freudig: „Fein. Dann bis morgen!“

Ich hüpfte locker von den Reifen und stellte mein angefangenes Bier irgendwo ab. 

Dawante grinste uns an. Er umarmte zunächst Phoenix zum Abschied, um dann auch Sinister zu umarmen, die ihn fest drückte.

Als Dawante zu mir kam, ließ ich ihn mich nicht umarmen. Ich hob die Hand, um ihn zu stoppen und küsste ihn stattdessen nur kurz auf die Wange. „Du hast heute schon genug gekuschelt, das muss auch noch etwas besonderes sein“, sagte ich sanft und leise.

Dawante zog einen niedlich Flunsch, der mich meine Meinung schon fast bereuen lies. Fast.

Chain wandte sich ab, doch Dawante und Slag sahen uns hinterher. 

Sinister war dicht an Slag vorbeigegangen und hatte ihn einen Blick auf die Haut ihres Hinterns werfen lassen, da sie die Fernbedienung ihres Catsuits betätigt hatte. Während meines Gespräches hatte sie Slag immer wieder Blicke zu geworfen, oder eine Bemerkung zu ihm gemacht. Was auch demnächst kommen würde, den hatte Sinister in der Tasche.

Ich hatte eine Fähigkeit an Sinister kennengelernt, die ich vorher nicht in dem Maß auf dem Schirm gehabt hatte. Das war gut zu wissen. Auch, wenn ich den Einsatz dieser Fähigkeiten lieber weiterhin ihrer spontanen Lust darauf überlassen würde.

❄️

Zurück in unserer Limousine meinte Phoenix: „Boah, die sind echt anstrengend.“

Liam lachte dreckig, „Eigentlich nicht. Jedenfalls nicht, wenn ich mit ihnen umgehe.“

Ein Grinsen huschte über mein Gesicht. „Sie zu töten, ist aber immer noch nicht unsere Absicht! Allerdings gebe ich gerne zu, dass mich Chain genervt hat. Ich hoffe, Lucky Liam ist umgänglicher!“

„Du solltest Chain herausfordern!“, schlug Sinister vor.

Überraschender Weise fügt Liam hinzu: „Am besten, indem du ihn auf dem Motorrad schlägst!“

Nun grinste ich breit. „Die Idee gefällt mir, besonders, wenn ich ihm sein Motorrad stehle, wobei ich aber eure Hilfe brauchen werde!“

❄️❄️

Beim nächsten Frühstücksmeeting ließ ich mich nicht sonderlich lange über die Treffen von gestern aus. Um vorhandene Missgunst nicht zu verstärken, regte ich mich auch nicht weiter über Chain auf. Ich stellte nur klar, dass ich Chain in seine Schranken weisen wollte, was allgemein gut ankam. Außerdem stellte ich klar, dass die Angelegenheit für mich mit dem Zustandekommen des Treffen an sich nicht vorbei war. Ich hatte keine Lust darauf, dass die beiden sich auf meine Vermittlung hin trafen, und am Ende mindestens einer von ihnen tot war. Ich beabsichtigte, die Sicherheit für das Meeting zu stellen und als Mediator zu fungieren. 

Niemand hatte etwas dagegen einzuwenden, also umriss ich kurz, was ich mir dazu gedacht hatte.

Im Anschluss kam ich zurück zu Chain.

Ich wollte Chain etwas Persönliches abnehmen, damit zu seinem Motorrad entkommen, das Phoenix zu diesem Zeitpunkt bereits gehackt haben sollte. - Warum machte das nicht Sionn, wo er doch der erfahrenere Hacker war? Nun, die Antwort war ganz einfach: Ich wollte nicht riskieren, dass Sionn in einer solch angespannten Situation die Nerven verlor und ausrastete. Er konnte arrogante Elfen nun mal nicht leiden. Abgesehen davon besaß Phoenix nun ein Top-Cyberdeck, damit machte ihr so leicht keiner etwas vor. 

„Weiß jemand, ob Chain irgendwelchen Schmuck trägt, den ich ihm abnehmen kann?“, fragte ich in die Runde.

„Noch nicht!“, meinte Phoenix sofort, „Aber ich habe alles aufgezeichnet. Ich gehe die Bilder mal eben durch.“

„Du hast alles aufgezeichnet? Cool, kann ich das mal sehen?“, wollte Sionn wissen. 

Ich schüttelte ganz leicht den Kopf. 

Phoenix verstand. „Nö, das ist nur für mich und ich lösch das dann auch bald wieder!“ 

Liam lachte. „Ehrlich, das letzte was wir wollen, ist, dass du die Aufnahmen siehst!“

„Wieso?“, wehrte Sionn sich. „Du warst dabei und die Ancients in Boston existieren noch. So schlimm kann es da nicht gewesen sein.“

„Yes!“, freute sich Phoenix plötzlich und warf ein Bildausschnitt ins Netzwerk. 

Dort war ganz klar der Verschluss einer schweren Halskette am Nacken von Chain zu sehen. „Meinst du, du kriegst das auf?“, fragte Sinister nun.

Ich nickte. „Ich bin mir sogar ziemlich sicher! Sie unbemerkt in meine Hand zu bekommen und dafür zu sorgen, dass er das fehlende Gewicht nicht bemerkt, bevor ich da weg bin, wird schon deutlich schwerer. Aber ich habe ja noch Zeit zum Trainieren!“

Der Arm von Sionn schoss in die Höhe, als wäre er ein übereifriger Schüler. „Ich stelle mich gern als Testobjekt zur Verfügung!“

„Vergiss es!“, sagte Liam sofort.

„Ich weiß ja, Freund, dass du nur auf mein Seelenheil bedacht bist“, erklärte Sionn, „Aber erstens bin ich selber ein ziemlich guter Taschendieb und habe zudem eine hohe Auffassungsgabe. Zweitens und wichtiger, habe ich als Übungsobjekt nun mal die richtige Körpergröße und Statur.“ 

Damit hatte Sionn verdammt Recht.

❄️

„Und?“, fragte Sinister Sionn ein paar Stunden später.

„Ich hatte auch keine Chance, was zu bemerken! Da ging es mir wie dir.“, erklärte er. 

Nachdem Sinister uns bei den Übungen zugesehen hatte, hatte ich sie gebeten, mir ebenfalls als Testobjekt zur Verfügung zu stehen. Nur für den Fall, dass Sionn zu abgelenkt von meiner Gegenwart sein würde. Doch auch ihr hatte ich die Testkette problemlos abnehmen können. Der leichten Unterstützung durch subtile und echte Magie sei dank. 

Phoenix hatte uns auch zugesehen und das Training sogar mit ihrer Kamera aufgenommen. „Ich checke nicht mal in Zeitlupe, wann du die Kette in die Hand nimmst!“, verkündete die hübsche Frau mit einem freundlichen Lachen.

„Das kannst du auch nicht!“, erklärte ich. „Denn das ist genau der Punkt, an dem die Illusionsmagie wirkt.“

„Das ist echt klasse! Jetzt muss er sich nur noch von dir anfassen lassen!“, stellte Phoenix fest.

Ich grinste. „Das wird er. Selbst, wenn er das nicht als angenehm empfinden würde, Chain würde sich lieber einen Eimer mit heißer Suppe über den Kopf kippen lassen, als wegzuspringen, wenn ich ihm näher komme. Die Blöße gibt er sich nicht!“

❄️

Tiernan und Liam waren in der Zwischenzeit nicht untätig gewesen. Stolz überreichten sie mir eine Hand voll Blütenranken, die aussahen, als seien sie aus weißem Leder gefertigt. 

„Da sind Medusa-Extensions!“, erklärte Liam. „Die kannst du dir in deine unendlich langen Haare machen und dann über dein Commlink steuern. Auf Befehl frisieren sie dann dein Haar. Deren Möglichkeiten sind begrenzt. Sie sind also nicht so, wie die neuen Kunsthaare von Phoenix, aber es reicht in jedem Fall, dass du dein Haar offen tragen kannst, und die Extensions dir die Haare aus dem Gesicht halten, wenn du was machst.“

Das war einfach nur wow! Ich umarmte beide überschwänglich. Wie immer hatte Liam die technischen Details bewerkstelligt und Tiernan hatte für das wunderbare, künstlerische Design gesorgt. Die Kirschblüten und Blätter konnte ich entweder flach auflegen oder als Schmuckblüten im Haar tragen. Außerdem konnte ich sie von komplett weiß und so perfekt zum Catsuit passend auf ‚Blütenmädchen‘ in grün, zartrosa und weiß stellen.

Ich wusste genau, dass mein erster Ritter und Waffenmeister dagegen war, dass ich mein Haar offen trug und es aus Sicherheitsgründen sogar hasste, dass es mir bis zu den Kniekehlen reichte. Trotzdem hatte er einen seiner genialen Einfälle dafür verwendet, damit ich meinen großen Aufritt mit offenem Haar fahren konnte. 

Ich liebte diesen Mann! 

Ja, ich liebte Liam! Und würde ich Harlequin nicht noch mehr lieben und wäre ich nicht zudem auch noch bis über beide spitzen Ohren verliebt in Harlequin, dann wäre Liam der Geliebte meiner Wahl.

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Da Phoenix in dieser Nacht in der Limousine bleiben würde, würde Tiernan uns statt ihrer begleiten. 

Chain hatte etwas von ‚Nachmittag‘ gesagt. Wir fuhren erst zu 18.00 Uhr hin. Nach ‚Irish Time’ war das immer noch Nachmittag genug. 

[Song 4: Halestorm - Daughters Of Darkness3] Im Kerngebiet der Ancient umschwärmte uns wieder die übliche Begleitung. Diesmal mussten wir nicht das Fenster runter lassen, um zu beweisen, dass wir wir waren.

Das Garagentor des Kostum Road Bikes war heute deutlich weiter geöffnet als an den Tagen zuvor. Wo gestern nur eine Handvoll Ancients an ihren Bikes geschraubt hatten, bastelten jetzt ein Dutzend an ihren Motorrädern. 

Drei weitere Elfen saßen in der Sitzecke aus Reifen und tranken Bier. Als die Limousine vorfuhr, stand einer von ihnen auf, stellte sein Bier ab und verschwand im Laden.

Wir waren noch nicht einmal ganz ausgestiegen, als Dawante auch schon aus der Garage gelaufen kam, um uns zu begrüßen. 

Phoenix und Liam blieben im Wagen.

Sinister, Tiernan und natürlich ich selbst waren ausgestiegen und schritten nun voller Selbstbewusstsein, Power und in perfekter Pose zu den Reifen. Tiernan trug zwei große Kühlboxen, die wir mit Bierflaschen vollgepackt hatten. Wir wollen nicht noch einmal warten müssen, bis man uns gnädig ein Bier ausgab. 

Sinister und ich waren wieder in unsere Catsuits gekleidet. Sinister in schwarz und ich in weiß. Tiernan trug Kilt, Panzerweste und Docks. Dank der Weste kamen seine mit keltischen Knoten tätowierten Arme gut zur Geltung. Da er die Kühlboxen trug, konnte man gar nicht darüber hinweg sehen, wie muskulös und trainiert Tiernan war. Er war wirklich attraktiv.

„Schön, dass ihr wiedergekommen seid!“, meinte Dawante fröhlich.  

Ich zwinkerte ihm zu. „Ja, damit habt ihr habt gar nicht gerechnet, nicht wahr?“

Dawantes Blick fiel auf die Kühlboxen. „Habt ihr selbst Bier mitgebracht?“, vermutete er richtig.

Ich nickte. „Ja! Möchtest du eines?“

„Au ja!“, meinte der gutaussehende Elf mit dem grünen Mohawk.  

Wir nahmen auf der Reifenburg Platz. Tiernan verteilte Bier an uns vier. 

„Cool, danke!“ Dawante zeigte auf die moderne Armbrust, die Tiernan über der Schulter zu hängen hatte. „Was willst du dann damit, bist du Robin Hood?“ 

„Nee, ich gebe ja nichts den Armen!“, erwiderte Tiernan trocken.

Wir tranken Bier und machten ein wenig Smalltalk über Bikes.  

„Du kannst also gut fahren?“, wollte Dawante irgendwann wissen. 

Ich zuckte mit den schmalen Schultern und schüttelte leicht den Kopf. „Ach, es geht. Ich fahr auch gerne Auto!“ 

Davon, wie gut ich wirklich fahren konnte, würde er sich hoffentlich gleich selber überzeugen können.

Wie auf Stichwort und nicht einmal 15 Minuten nach unserer Ankunft kamen die rothaarige Vic, Chain mit den lila Glitzerhaaren, Magier Slag und ein weiterer männlicher Elf aus dem Kostum Road Bikes geschlendert. Der ‚Neue’ hatte rötliches Haar, das zu Spikes aufgestellt war. Seine Augen waren unglaublich grün. Außergewöhnlicherweise hatte er einen roten, gepflegten Kinnbart. Männliche Elfen hatten selten überhaupt Bartwuchs. Noch seltener traf man auf Elfen, die eine gepflegten Bart zu bieten hatten. Der Bart stand ihm und verlieh ihm etwas Verwegenes. Obwohl er nicht der größte aller Elfen war, zeugte seine Ausstrahlung von Macht. Zudem bewegte er sich mit gefährlicher Eleganz. 

Die vier kamen auf uns zu. Wir erhoben uns angemessen rechtzeitig. Sinister und ich gingen ihnen ein Stück entgegen. Der giftige Blick, den uns Vic zuwarf, zeigte, wie gut wir aussahen. Alle Augen waren auf uns gerichtet.

«Hab sein Bike lokalisiert, gehackt und auf dein Commlink geslaved, Snowcat. Du kannst einfach drauf zurennen, dann startet es», meldete Phoenix. 

Fantastisch! Dafür würde ich die junge Frau nachher noch ausführlich loben.

Kinnbart streckte die Hand aus und meinte nicht weiter überraschend: „Ich bin Lucky Liam und bin erfreut, dich kennenzulernen!“ Auch der General der Ostküste hatte keltische Knoten tätowiert. Auch sein Akzent wies ihn Mann als irischer Herkunft aus. In einem Oberschenkelhalfter trug er übrigens eine Ares Crusader. 

Ich lächelte bezaubernd. „Hi, Lucky Liam. Ich bin auch sehr erfreut, dich kennenzulernen!“ 

«Halt ihm die Hand zum Handkuss hin», forderte Liam aus der Limousine heraus.

Was ich natürlich nicht tat. Ich gab ihm stattdessen die Hand.

«Feigling!», befand Liam. Ich konnte sein Grinsen in seiner Stimme hören. Allzu gern hätte er ein Konfrontation mit den Ancients provoziert. Wahrscheinlich war er sogar darauf vorbereitet, und höchstwahrscheinlich befand sich in den beiden Kühlkisten nicht nur Bier und Eis. 

Lucky Liam besaß einen männlichen Händedruck. Er roch auch männlich. Ein Kribbeln bahnte sich in meinem Unterleib an. - Ich war echt untervögelt. - Zum Glück war ich auch willensstark - und er nur ein Ancient. So konnte ich das aufkommende Gefühl problemlos beiseite drücken. 

Lucky Liam deutet auf die Reifen. „Setz dich doch!“

Ich hob in einer zarten Geste die Hand. „Ja gerne, aber einen Moment noch. Ich muss mal eben noch was mit Chain klären!“ 

Lucky Liam grinste neugierig und machte mir dann in einer übertriebenen Geste den Weg frei. „Natürlich, bitte! Wir haben ja Zeit.“

Sinister zwinkerte Slag zu, woraufhin dieser einen Schritt zur Seite machte und so Abstand von Chain gewann.

Chain war mit den anderen ein Stück hinter Lucky Liam stehen geblieben. Er gab sich Mühe, sein Pokerface aufrecht zu erhalten, aber ich konnte seine Unsicherheit riechen. 

Einem unterbewussten Impuls folgend trat Vic einen Schritt näher an Chain heran, aber auch das würde ihm nichts nützen. 

[Song 5: Lansdowne - Watch Me Burn3]„Weißt du, Chain“, sagte ich mit einem leichten Schnurren in der Stimme, das Vic und Chain ziemlich dumm aus Wäsche gucken ließ. „Wir haben irgendwie nicht den richtigen Draht zueinander.“ Ich legte den Kopf leicht schief und sah ihn einen Moment an, was ihn zusätzlich verunsicherte. Doch er schlug sich alles im allem noch ganz gut. „Was ich schon die ganze Zeit wissen möchte…“ Ich trat dicht an Chain heran. Sehr dicht. Wie vermutet wich er nicht zurück. Ich konnte ihn sogar leicht erregt tief einatmen hören. „ … ist der Glitzer eigentlich Gel oder deine Haarfarbe?“

Ich griff ihm ins Haar, ließ ein wenig mindere Magie fließen, öffnete die Kette, zog sie raus und ließ sie in meiner Hand verschwinden.

Hierbei kam mir zu Gute, dass Vic vor Eifersucht brodelte und das Chain hin- und hergerissen war dazwischen, mich wie eine Fliege zu verscheuchen oder meine Nähe zu genießen. Die beiden merkten jedenfalls nichts. 

Dafür war ich auch einfach viel zu gut. Ich änderte meine Haltung völlig, trat einen Schritt zurück und meinte in einem herausfordernden Ton. „Ich denke, du respektiert mich nicht!“ 

„Kann sein!“, erwiderte Chain.

Ich lächelte böse. „Das werden wir jetzt ändern!“ 

Dann ließ ich den Anhänger seiner Kette hinab fallen und kurz vor seinem Gesicht baumeln. „Komm, hol’s dir zurück!“, forderte ich. 

Ich drehte mich um, nahm Anlauf und sprang förmlich über einen Teil der Reifenburg hinweg.

Aus dem Augenwinkel konnte ich noch das belustigte Grinsen von Lucky Liam sehen.

Chain griff sich kurz an die Brust und fluchte dann: „Scheiße!“ Selbstverständlich rannte er mir hinterher.

Ich aktivierte die Medusa-Extensions, die sofort damit begangen, mein Haar aus dem Gesicht zu ziehen, es zu verdrehen und so am Kopf festzuhalten.

Dawante applaudierte in meine Richtung. Geschickt ‚ungeschickt‘ kippte er dabei ein Metallfass mit Ersatzteilen um, welches seinen Inhalt über den Boden vergoss. Die Elfen, die ihre Bikes ‚reparierten‘, würden schon mal einen Umweg in Kauf nehmen müssen, sollten sie mir hinterher wollen.

Während ich rannte, ließ ich die Kette in den Ausschnitt meiner zum Catsuit gehörenden Korsage fallen, die ich immer über den Catsuit zog, um besser geschützt zu sein - und natürlich, um meine extrem schlanke Taille zu betonen. 

Seine Maschine startete, als ich sie erreichte, wie von Phoenix versprochen. Die junge Frau jubelte kurz: «Ja!»

Ich fuhr los, gab aber nicht Vollgas. Chain sollte ja nicht chancenlos sein.

Ich holte ein bemaltes Papiertaschentuch als Gabe hervor, rief nach dem an mich gebundenen Leprechaun Brock und bat ihn, mich vor Unfällen zu schützen.

Chain fluchte wie die Hölle, als ihm bewusst wurde, dass ich auf seiner Maschine saß. Er sah sich kurz um und sprang dann auf ein Bike, dass sofort willig zu summen begann.

«Mann, Snowcat, der wird ein guter Fahrer sein. Fahr los!“, schimpfte Liam. 

Ich gab Gas. 

Ein Stück Vorsprung hatte ich ja noch. 

Doch der schrumpfte schnell. 

Ich hätte wohl doch früher und stärker beschleunigen sollen!

Ich war lange nicht gefahren. Sein Bike war mir fremd. Die Gegend ebenso. 

Er kannte die Gegend wie seine Hosentasche. Ja, Hose, welcher Ganger trägt schon eine Weste? 

Fragg. Chain war echt nah. Noch ein kleines Stück und er würde nur noch den Arm ausstrecken müsse, um nach mir zu fassen.

Würde ich jetzt echt Brock um einen weiteren Dienst bitten müssen, damit Chain einen Unfall baute? Das würde dann heftig an meinem Ego nagen. 

Ich musste dringend abbiegen, durfte das Manöver aber auf keinen Fall vorher durch meine Körpersprache andeuten. 

«Mach irgendwas Zackiges!», riet Phoenix. «Ich habe seine Reflexbooster ausgeschaltet, das weiß er aber nicht.»

«Danke, du bist wunderbar!», erwiderte ich und konnte die Erleichterung gerade noch verbergen.

Knapp vor einem Müllcontainer zog ich die Maschine rum und hoch. Ich sprang praktisch augenblicklich auf den schmalen Bürgersteig.

Chain reagierte nicht schnell genug und schoss auf der Straße an mir vorbei. Er fluchte. Einige Worte kannte ich gar nicht, die würde ich mir aber merken.

Den Moment hatte ich jedenfalls gebraucht.

Auf meinem Display erschien ein grüner Pfeil nach rechts.

Elegant und geübt legte ich mich zur Seite, bremste und driftete um die Ecke in die schmale Gasse.  

Ich beugte mich vor, legte mich auf die Maschine und gab Vollgas. 

Der Motor schnurrte zufrieden unter mir. Wir waren beinah eins. Es war egal, ob die Straßen in Seattle oder Boston lagen. Mich konnte niemand aufhalten! Ich war jung, begehrenswert und schön! 

Hallo Welt, leg dich mir zu Füßen!

Dass Chain hinter mir in die Gasse bog und ebenfalls beschleunigte, störte mich kaum. Er würde mich niemals einholen. 

Ein Ruck an der Bremse, das Gewicht verlagern und ich schoss um die nächste Ecke, mein Knie nur Millimeter über dem Boden. 

Wieder gab ich Gas. 

Chain kopierte mein Manöver. Er war ein guter Fahrer.

Nur eben nicht gut genug. Nicht gut genug für mich und meine Helfer. Ob ich gecheatet hatte? Man kann es so nennen, wenn man mag. Das Leben ist nun mal nicht rücksichtsvoll.

Ich flog nur so durch die Rox. Was für ein Spaß!

Ich konnte fliegen. Drachenmagie floss in meinen Adern. Ich war mächtig und …

… musste mich zusammenreißen, denn beinahe hätte ich mich verwandelt. 

Ich blickte über die Schulter. Chain war noch zu sehen, aber der Abstand war groß.

Wenn ich noch zwei, dreimal abbog, dann würde Chain mich verloren haben.

❄️

Selbstverständlich war ich einen Bogen gefahren, bevor ich zurückgekehrt war. Liam hatte via Drohne kontrolliert, dass Chain mir nicht irgendwie den Weg abschnitt. Natürlich hatte Liam alles aufgenommen. Die Ancients hier hatten von dem Rennen nicht viel gehabt, denn bevor sie auf der Straße gewesen waren, waren wir schon längst nicht mehr zu sehen gewesen. In einer unserer Episoden würde sich das Rennen aber auch gut machen. AveRage würde an dem Material seine Freude haben - und meine Howling Shadows wahrscheinlich auch.

Ich gab den Extensions den Befehl, mein Haar wieder zu öffnen und verabschiedete Brock auf seine Ebene.

Im Gegensatz zu seinen Leuten hatte Lucky Liam nicht einmal versucht, etwas zu sehen. Er hatte sich ganz oben in die Reifen gesetzt, weder mit Tiernan oder Sinister gesprochen und einfach gewartet. Er war ein Elf. Er hatte Zeit.

[Song 6: Zola Jesus - Hunger3] Nachdem ich die Maschine abgestellt hatte, schlenderte ich, noch mit leicht geröteten Wangen, zur Reifen-Lounge, hüpfte verspielten Schrittes zu Lucky Liam hoch, ließ mich ziemlich dicht neben ihm auf den Reifen nieder und meinte fröhlich: „Hi!“

Lucky Liam grinste. „Hi!“ Dann deutete er mit dem Kopf in Richtung von Tiernan und den Kühlboxen. „Ihr habt Bier mitgebracht?“ 

„Ja!“, erwiderte ich strahlend. „Sogar gutes Bier. Magst du eines haben?“

Lucky Liam nickte. „Ja klar!“

Ich musste nichts sagen. Sinister reichte uns bereits zwei Bierflaschen hoch.

Wir stießen an und tranken. „Also…“, begann ich kurz darauf. „Ich bin wegen des Treffens mit Don O’…“

Lucky Liam unterbrach mich. „Wie? Nee, warte mal! Ich dachte, wir machen erstmal Smalltalk!“

Ich lachte perlend, dabei bewegte ich meinen Kopf so, dass mein Haar zur Seite schwang und möglichst viel von meinem Duft zu Lucky Liam rüberwehte. Hatte ich schon erwähnt, dass ich dicht in seiner Nähe saß? Ich strich mir in einer weiblichen Geste mein eisweiß glänzendes Haar hinter meine Schulter, legte den Kopf schief und bot ihm so die perlweiße Haut meines perfekt geschwungenen Halses dar. Er hatte sich ziemlich gut im Griff. „Na klar!“, meinte ich weiterhin fröhlich. „Gerne auch das. Wie geht es denn so?“ 

Lucky Liam lehnte sich breitbeinig zurück und antwortete mit einem knappen „Gut!“, um dann ansatzlos zu „Green Lucifer hat erzählt, er verdient mächtig mit dir und SatHS. Jetzt, wo du hier bei uns bist, dachte ich, wir machen auch so einen Vertrag!“

Wow! Was für ein Arsch Lucky Liam doch war. Zum Glück war ich diplomatisch geschult genug, um das völlig an mir abprallen zu lassen. „Was ihr euch so alles erzählt! Das macht mich neugierig!“ Ich winkte ab, „Aber wie sein Vertrag mit SatHS aussieht, weiß ich gar nicht. Warum auch?“

„Na, irgendwer wird es wissen. Ich biete dir sogar eine Zusammenarbeit an. Ich würde also auch was dafür tun. Und ich meine, wir sind hier eingeschlossen, da lässt sich doch bestimmt was machen?“ Lucky Liam fixierte mich mit blitzenden Augen. Ich fing an zu verstehen, was der Don mit respektlos gemeint hatte. Lucky Liam checkte mich ab, forderte mich heraus. 

„Da muss ich erst mit meinen Leuten sprechen“, meinte ich desinteressiert. 

„Echt? Ich dachte, du entscheidest bei SatHS? In der Serie wirkt es so!“

„Ja, da ist es auch so, aber nicht, was Verträge angeht. Das machen die Anwälte.“

Lucky Liam beugte sich vor und kam mir so deutlich näher. Ernster als zuvor erklärte er: „Du warst vorher noch nie hier.“ Das war eindeutig ein Vorwurf gewesen.

„Es hat sich nicht früher ergeben. Wir mussten uns erst einrichten“, erklärte ich.

Nun winkte Lucky Liam ab. „Nicht jetzt. Ich meine generell. Das ist doch nicht dein erster Besuch in Boston. Du besuchst die Stadt, kommst nicht vorbei. Dann fängst du an, hier zu studieren und lässt dich nie blicken. …“

Hupps, das war jetzt aber irgendwie blöd, denn damit hatte er natürlich Recht. Ich hätte einen Anstandsbesuch machen können, als ich in der Stadt war. Doch das hatte ich nicht gewollt. Mein Mentor hätte mir wahrscheinlich sogar davon als unnötig abgeraten. 

„ … Jetzt bist du hier mir uns eingeschlossen und kommst nach Wochen vorbei, weil du Drogen kaufen willst. Wir sind doch kein Supermarkt!“ 

Auch ich nahm eine andere Haltung an. Ich wandte mich ihm zu, fuhr ein wenig runter und meinte im milden Ton. „Natürlich nicht. Ihr seid mein vertrauenswürdigster Kontakt. Ich musste mich einrichten, Sachen zusammensuchen. Hätte ich geahnt, wie es hier wird, ich hätte deutlich mehr Klamotten eingepackt. Außerdem bin ich eben nicht alleine hier. Ich habe andere dabei und nicht alle sind Elfen. Sogar nur die wenigsten.“ Den Vorwurf, früher nicht hergekommen zu sein, überging ich weiter.

Lucky Liam nickte. „Das weiß ich. Ihr könnt auch alle hier sein. Wir nehmen euch auf!“

Ich grinste ungläubig. „Ja? Wirklich? Auch die Trolle?“

Lucky Liam grinste böse. „Auch für die findet sich ein Platz!“

Ich lächelte. „Das ist gut zu wissen. Wir haben uns inzwischen aber gut eingerichtet!“ 

Lucky Liam blieb skeptisch. „Das klang gar nicht so!“ 

„Doch, das ist so. Das vorhin war nur eine Klamotten-Beschwerde.“

Lucky Liam scannte mich kurz ab, „Verstehe. Bei uns braucht man nicht viele verschiedene  Outfits. Noch ein Vorteil.“

Ich lachte, „Ja, das stimmt. - Trotzdem bleiben wir da, wo wir sind.“

„Also, wenn ihr nicht herkommt, dann kommen vielleicht ein paar von uns zu euch? Wie wäre es mit einer Lovestory von einem Ancient und einem von euch? Lovestorys kommen in der Serie bisher viel zu kurz.“

Ich überlegte einen Moment. „Das gibt es so gut wie gar nicht. Unseren Regisseur stört das auch schon. Von euch jemand zu uns? Ja, das könnte gehen. Der Ancient müsste natürlich gut aussehen.“

Lucky Liam grinste Richtung Vic. „Vic sieht gut aus.“ 

„Oh ja, das tut sie!“, bestätigte ich. „Richtig gut käme eine Lovestory natürlich zwischen einem Ancient und einem Troll. Denn wenn ihr bei uns mitmacht, müsst ihr den Rassismus schon beiseite legen.“

Vic verzog angewidert das Gesicht. 

„Gutes Aussehen reicht bei einer Lovestory aber nicht. Vic müsste eine gute Schauspielerin sein!“, befand ich.

Lucky Liam zuckte mit den Schultern. „Ach, wenn sie sich am Anfang ziert, hat das bestimmt auch was. Konflikte kommen auch gut. Und sie ist lernfähig.“

„Ja, ich glaub, sie bekommt das hin. Unser Troll müsste das natürlich auch schauspielern und nichts für ungut, er ist kein soo guter Schauspieler. Da muss Vic die große Liebe …“

„Ey! Hört doch mal auf damit!“, beschwerte sich Vic verärgert. „Ich bin doch hier! Sprecht nicht über mich, als wäre ich nicht da.“ 

Lucky Liam überging das, wechselte aber plötzlich sein Ziel. „Was ist mit Dawante? Der könnte bei euch mitmachen?“

Dawante setzte sich in Pose.

Vic nutzte den Moment und verzog sich ein Stück. Sie griff nach ihrem Commlink und flüsterte hinein.

Ich musste nichts sagen, denn da wurde das Gespräch auch schon zu mir durchgeroutet. Vic rief bei Chain an, landete aber nur auf der Mailbox. ‚Mann, wo bist du denn? Die ist schon lange wieder hier und zieht 'ne volle Show ab. Bewegt deinen Arsch hierher!‘, fauchte sie.

Ich grinste niedlich. „Ja, Dawante würden ich nehmen, den mag ich. Und er sieht fantastisch aus. Der macht das mit der Lovestory sicher gut. Aber auf die müssen wir vielleicht trotzdem verzichten, denn ehrlich gesagt, sind die meisten meiner Leute gut-aussehend und gut in dem, was sie tun, aber schlechte Schauspieler. Das kommt dann nicht gut rüber!“

Lucky Liam grinste mich an. „Bist du eine gute Schauspielerin?“

Ich lehnte mich ein wenig zurück und streckte keck die Beine aus. „Natürlich! - Aber bei mir müsste das mit der Lovestory schon jemand besonderes sein. Sonst passt es nicht in die Serie.“ Ich machte eine kurze Pause, überlegte offensichtlich und meinte dann: „Was ist mit dir, stehst du für eine Lovestory zur Verfügung?“ 

Nun grinste Lucky Liam frech. „Du meinst du und ich? - Na klar!“ 

Das war schnell und überzeugend rübergekommen. Irgendwie reizte mich der Gedanke, es tatsächlich drauf ankommen zu lassen und zu sehen, wir er sich schlug, wenn er sein ‚In-mich-verliebt-sein’ darstellen sollte. Doch das sagte ich selbstverständlich nicht. Ich deutete es nicht einmal an. Stattdessen zuckte ich leicht mit den Schultern. „Na, ich guck mal, was in die Serie passt und entscheide mich. Die Ancients einzubauen steht ab jetzt weit oben auf meiner Liste.“ Ich lächelte verspielt. „Am Ende machen eh alle, was ich sage!“ Mir war klar, dass ich damit die vorherige Aussage, ich müsse erst mit meinen Leuten sprechen, bestritten hatte.

Lucky Liam bedachte mich mit einem Blick, der schwer einzuschätzen war. Er besaß eine hohe Sozialkompetenz, die er unter dem Bad-Boy-Image verbarg. Er seufzte und lachte dann. „Das hätte ich auch gern. Den Trick musst du mir mal zeigen!“ 

Ich legte ihm meine Hand sanft auf den Oberschenkel. „Das mache ich. Es braucht zwar mehr als einen Trick, aber wir sind hier sicher noch eine ganze Weile zusammen eingeschlossen, da ist Zeit, dich zu unterrichten.“ Ich nahm die Hand wieder weg. „Kommen wir zum Treffen mit Don O’Riley. Er steht einem Treffen mit dir aufgeschlossen gegenüber, befürchtet aber, dass ihr beide Stress miteinander bekommen könntet, weil es dir an Respekt mangelt.“

Lucky Liam riss entsetzt die Augen auf und fasste sich dann auf die Brust. „MIR fehlt es an Respekt? Ich denke, er hat so gar keinen Respekt für mich. Jedenfalls zeigte er ihn bisher nie.“

Ich lächelte sanft und wog den Kopf hin und her. „Hmm? Nein, das glaube ich nicht. Ich denke, er respektiert dich schon, mag aber deine Art nicht!“ 

Lucky Liam verzog das Gesicht. „Eigentlich ist mir sein Respekt auch nicht wichtig. Ich will, dass ein Geschäft zustande kommt. Mir ist schon klar, dass wir da nicht gleichberechtigt auftreten.“

Sollte ich das wirklich glauben? Nein - nicht völlig. Am Geschäft war er sicher interessiert. Aber am Ende wollte er mit dem Don auf einer gleichberechtigten Ebene kommunizieren. Für alles andere war sein Ego viel zu groß. 

„Du denkst wirklich, er hat Respekt?“, hakte Lucky Liam nach.

„Ich denke, Don O’Riley muss nicht daran arbeiten, Respekt zu zeigen. Das kann er. Was hältst du davon: Ich werde ihm sagen, dass ich dich so einschätze, dass du das mit dem Respekt kannst. Dann machen wir einen Termin aus, und ihr trefft euch wirklich.“ 

Lucky Liam sah mich ernst an. Jeglicher Schalk war aus seinem Gesicht verschwunden. „Find ich gut!“

Ich lächelte zufrieden. „Fein! Damit bei dem Treffen nichts schief geht, schlage ich einen neutralen Ort vor. Ich kläre die Details und organisiere das Treffen. Wir stellen die Sicherheit vor Ort. Und obendrauf mache ich noch den Mediator für das Gespräch!“

Lucky Liam nickte zustimmend. „Find ich alles sehr gut. Du hast dir da schon richtig Gedanken zu gemacht!“ Anerkennung klang in seiner Stimme mit. „Was bringt dich zu dem Deal?“

„Na, er ist der Preis für die Drogen!“ Ich lachte perlend, doch dann antworte ich ihm ähnlich, wie dem Don zuvor. Ich erklärte, welche Lehren ich aus meinen Erfahrungen mit Chicago gezogen hatte, dass ich etwas aufbauen wollte, weil mir die Stadt am Herzen lag und dass ich das selbstverständlich am Liebsten mit Leuten tat, die mir selber etwas bedeuteten. 

Lucky Liam hörte mir aufmerksam zu. Ruhig befand er: „Du bist ziemlich klug!“

Ich lächelte strahlend. „Das hoffe ich!“

Damit war für heute alles geklärt. Ich würde mich erst noch einmal mit dem Don treffen müssen, bevor es weiterging. 

Ich erhob mich, und auch Lucky Liam stand auf. Ich zog Chains Kette aus meinem Dekolleté, stellte mit einem kurzen Blick fest, dass es sich bei dem Anhänger um den abgeschnittenen Daumen eines Trolls handelte, den man in durchsichtiges, grünes, Plastik gegossen hatte und überreichte sie Lucky Liam.

Der rothaarige Elf grinste kurz. „Geb ich ihm wieder!“, stellte er nüchtern fest.

 „Wollen wir uns zum Abschied umarmen?“, fragte ich im zarten Ton. „Oder ist das uncool?“

„Natürlich umarmen wir uns!“, erwiderte der Ancients-General der Ostküste. Er drückte mich fest und sogar herzlich. Leise sagte er: „Wenn du das nächste Mal kommst, dann kündige deinen Besuch nicht vorher an. Sonst sind am Ende noch mal mehr von uns hier, als überhaupt sein sollten!“

Ich lachte leicht. „Ja, geht klar!“

Sinister und ich verabschiedeten uns von Dawante mit einer Umarmung. Diesmal kostete ich die Umarmung voll aus, sollten die anderen doch eifersüchtig sein.

Tiernan bot Dawante hingegen keine Umarmung an, ließ den Ancients aber die Hälfte des Biers da. 

❄️

Chain hatte sich nicht mehr blicken lassen. Liam hielt die gesamte Rückfahrt Ausschau nach ihm. Zudem erhöhte er den Gefahrenlevel im Clan und bei SatHS. Alle hatten Chain ab da auf dem Schirm. Nur falls er dumm genug war, sich rächen zu wollen.

Die Frage lautet eben: „Bist du paranoid genug?“

❄️❄️

[Song 7: Ed Sheeran & Beyonce - Perfect Duet3] Ich stand am offenen Fenster im Chateau D’If und blickte über das Meer. Das goldene Licht der aufgehenden Sonne glitzerte auf den Wellen.

Der Duft von frischen Zimtschnecken und warmer Butter drang in meine Nase. Ich drehte mich um und lief beschwingten Schrittes hinunter in die Küche. Die alten Steine waren kühl unter meinen bloßen Füßen. Mein weißes, bodenlanges Sommerkleid tanzte mit jeder meiner Bewegungen.

Hausgeist Henry schwebte durch die Küche und tafelte auf, was ich am liebsten mochte. Er pfiff leise und zufrieden die Melodie von Sunday Morning.

Harlequin, in Jeans, mit freiem Oberkörper und ebenfalls barfuß, stieß sich lässig und so maskulin, wie nur er es konnte, von der Küchenzeile ab. Sein Karo-Clown-Make-up war zu einem Hauch verblasst, seine Haut war wie immer gebräunt von der Sonne, einige rotbraune Strähnen seines Haares hatten sich aus seinem Pferdeschwanz gelöst, „Na? Hunger?“, fragte er.

„Immer!“, erwiderte ich und beschleunigte meinen Schritt, ging zu meinem Geliebten und schlang ihm meine Arme um den Hals. Funkelnde, goldene Sterne blitzen in seinen sagenhaft grünen Augen auf. Er legte seine Arme um meine Taille, beugte mich ein wenig nach hinten und küsste mich. Die goldenen Sterne tanzten schneller. Harlequins Augen waren nicht von dieser Welt. Und seine Küsse waren es ebenso nicht.

Was kann dieser Mann küssen!

Harlequins Kuss machte mich atemlos, ließ mich alles vergessen, drang in die Tiefen meines Unterleibes vor, bis es dort wild kribbelte. Er streifte meine Seele, umschmeichelte sie, glitt bis an mein Herz, um es völlig zu erfüllen. 

Leben.

Unendlichkeit.

Ewigkeit.

Liebe! 

Mein Inneres seufzte mehrfach vor Glückseligkeit. 

Mit einem solchen Kuss hatte Harlequin mich verzaubert und mir mein Herz gestohlen. Zunächst nur für einen Augenblick. Später hatte ich es ihm freiwillig geschenkt. Jeder dieser Küsse allein war es wert, dass er es behalten durfte.

Als wir uns voneinander lösten, seufzte ich hörbar.

Er schob mir meinen Stuhl zurecht, zog sich selbst einen Stuhl heran und nahm schräg gegenüber von mir Platz. Er legte seine ausgesteckten Hände auf meine Schenkel und sah mich an.

Ich widmete mich einer Zimtschnecke. Mein Liebster sah mir gern beim Essen zu. 

„Und?“, fragte er nach einer Weile. „Dein Aufenthalt in Boston dauert nun doch länger, als du dachtest?“ 

Für einen Moment verwirrte die Frage mich. Ich sah zu ihm, neigte mein Haupt, und mein eisweißes Haar floss zur Seite. Harlequin fing es auf, damit es nicht in der Zimtbutter landete, die aus dem Gebäck geflossen war. Er strich es zart über meine Schulter.

„Ja. Ich hatte zwei Monate angenommen, aber nun werden es wohl eher vier Monate werden.“ Ich hielt ihm meine Zimtschnecke hin. Er biss ein riesiges Stück davon ab. Danach war nur ein Fitzelchen über. Ich aß es auf und nahm mir grinsend eine neue Zimtschnecke. „Ich gedenke nun, Halloween zu Hause zu sein. Rechtzeitig zur Party!“

Harlequin lächelte eigentümlich. „Noch zwei weitere Monate.“

Ich nickte. „Weißt du, es gibt noch so viel zu tun. Das Haus ist noch nicht sicher. Wir brauchen mehr Leute, die es beschützen, wenn wir abgereist sind. Winterkleidung, ausreichend Nahrung, sie müssen lernen, sich das alles selbst zu besorgen. Dann sind da noch Pax, die Suche nach dem Heilmittel und …“ Ich stockte und wurde dann sehr ernst und leise. „Ich hatte noch gar keine Zeit, dir davon zu berichten: Fierce, sie wurde vor einer Woche bei einer Befreiungsaktion mit CFD infiziert.“

Harlequin wurde ebenfalls ernst. Er verstärkte das Gewicht seiner Hände auf meinen Oberschenkeln.

„Sie hat zu viel Blut abbekommen. Die Nanitenkonzentration war zu hoch. Wir konnten es nicht mehr stoppen. Weder medizinisch, noch magisch. Fierce hatte dann die Idee, dass Mash sie mit HMHVV infiziert …“

Harlequin hob eine Augenbraue und das Kinn. Was größtes Interesse bedeutete. Nicht an dem Vorgang, sondern an dem, was mit Fierce passiert war. Er mochte die Orkin. Was etwas besonderes war, denn die meisten Metamenschen scherten ihn nicht.

„ … was tatsächlich funktioniert hat. Fierce wurde nicht zu einem sabbernden Shambler, sondern zu einem blutdürstenden Vampir.“

Harlequin fragte mich danach, wie Fierce damit klar kam und wie es Finn damit ging. 

Ich gab ein paar passende Geschichten zum Besten. Währenddessen hatte ich aufgegessen. 

Harlequin griff meine Hand, küsste meine Finger und führte mich im Anschluss zur Tür. 

Wir gingen Hand in Hand hinunter zum Strand. Der Sand war noch kalt von der Nacht, doch die Morgensonne wärmte unsere Füße. Plaudernd starteten wir die Umrundung der Insel.

❄️

„Gibt es hier etwas Neues?“, fragte ich irgendwann später leise seufzend, nachdem ein weiterer so wunderbarer Kuss geendet hatte.

„Nicht wirklich! Der alte Schwätzer hat sich in sein Sommerdomizil an der Westküste zurück gezogen. Es geht ihm gut, doch ich glaube, er macht sich Sorgen um dich. Du solltest ihm vielleicht auch mal wieder einen Brief schreiben!“

Ich legte meinen Kopf auf der Schulter meines Liebsten ab. „Er bekommt regelmäßig einen Bericht über die Ereignisse und CFD“, erklärte ich.

„Das mag sein, aber das reicht nicht, damit er sich keine Sorgen um dich macht. Du solltest ihm einen persönlichen Brief schreiben!“

„Das mache ich nachher gleich. Ich möchte nicht, dass er sich Sorgen macht“, versprach ich sanft und leise.  

Eine leichte Brise wirbelte mein knielanges Haar auf, es umspielte uns beide. 

Die Zeit stand still. 

Harlequin strich mir übers Haar. „Gut, dann freut der alte Schwätzer sich. - SpArcade sind ausgezeichnete Postillons, obwohl sich jedes Mal wundern, wenn ich sie so nenne.“

Ich sah zu Harlequin auf. „Sie werden einfach nicht wissen, was das Wort bedeutet und werden es in der Matrix nicht finden, vermute ich.“

„Ja, das vermute ich auch!“ 

Ich steckte mich etwas und flüsterte in sein Ohr, „Sie mögen ganz hervorragende Postillons sein, aber ich gebe ihnen dennoch nicht alle Seiten mit, die ich an dich schreibe!“

„Das ist weise von dir!“, flüsterte er zurück.

„Nicht wahr? Ja, so bin ich.“ 

„Liest du mir die nicht versendeten Parts bei unserem nächsten Treffen vor?“, fragte er. 

„Ja, das mache ich sehr gern. Und nun, My Knight, bitte ich Euch um einen weiteren Kuss!“

„Wir könnte ich diese Bitte abschlagen?“

❄️

Die Morgensonne stand unverändert am blauen Himmel der Cote D’Azur. Wir saßen aneinander geschmiegt auf einer Decke und blickten aufs Meer hinaus.  

„Sag mal, kannst du jemanden gegen seinen Willen in einem Frosch verwandeln?“, fragte ich neugierig. 

„Ja, warum nicht?“

„Na, weil man beim Gestaltwandlungszauber eigentlich ein willentliches Ziel braucht!“

Harlequin drückte mich sanft nach hinten in eine liegende Position und beugte sich dann über mich. „Eine Kröte ist eine bessere Wahl als ein Frosch. Frösche sind klein, da ist die Masse sehr beschränkt, und Gestaltwandlung ist nicht der Zauber, den ich spreche!“  

Unsere Nasen berührten sich fast. Ich liebte es, ihm so nahe zu sein. Beinahe hätte ich meinen nächsten Gedanken vergessen. „Kannst du mir den Zauber beibringen, wenn ich zurück bin?“ 

„Nein!“, antwortete er prompt. „Prinzessinnen können niemanden in Frösche verwandeln, sie können nur Frösche in Metamenschen zurückverwandeln.“

Prinzessin, er hatte mich als Prinzessin bezeichnet. Prinzessinnen können niemanden in Frösche verwandeln, gegen dieses einleuchtende Argument konnte ich nichts einwenden. Und für einen Moment fragte ich mich, ob mein Liebster nicht höchstpersönlich für den Ursprung der Märchen verantwortlich war, in denen Menschen in Frösche verwandelt wurden. Doch dann küsste er mich und ich vergaß wirklich alles um mich herum.

Leben.

Unendlichkeit.

Ewigkeit.

Liebe!

Unendliche Liebe!

❄️❄️

[Song 8: Rod Ladgrove - Here Comes The Sun3] Ich erwachte erholt und glücklich. 

Heute war der 10. August 2076 und unser 62. Tag im Boston Lockdown.

Zufrieden schwebte ich förmlich zu meinem Schreibtisch, setze mich daran, öffnete mein Postoffice-Program, wählte Briefpapier und AR-Stift aus und begann, wie versprochen einen Brief an meinem Mentor zu schreiben. 

Obwohl nicht die Gefahr bestand, dass SpArcade den Brief lesen würden und es auch keine Katastrophe wäre, wenn sie es taten, schieb ich den Brief in Ancient Sperethiel. Das war gut für meine grauen Zellen, und wer sonst sprach diese Sprache schon oder konnte gar in ihr schreiben, als mein Mentor?

Verehrter Meister Ehran!

Zwei Monate hatte ich berechnet, um Tango und Dave aus Boston herauszuholen und um Informationen über das Geschehen um den Lockdown in Erfahrung zu bringen.

Zwei Monate sind nun vergangen, und ich habe noch nicht einmal mit der Planung unserer Abreise begonnen. Obwohl wir Dave und Tango bereits vier Tage nach unserer Ankunft gefunden hatten, wie du ja weißt.

Es gibt noch so viel anderes zu tun!

Wie es um die Entwicklung von Boston-CFD und der Erkrankten steht, kannst du ja der monatlichen Abhandlung entnehmen, die ich dir zukommen lasse. Dort findest du auch alles, was wir über Ereigniskette erfahren haben, die zum Lockdown führte. 

Es sei dir zunächst einmal versichert: Es geht mir gut! 

So gut, wie es einem in einem Lockdown nur gehen kann.

Uns allen geht es gut.

Tango und Tiernan zaubern aus den Zutaten hier Mahlzeiten, die überaus wohlschmeckend sind. Unerwünschte Zusätze in den abgeworfenen Rationen entfernen wir in unserem eigenen Chemielabor.

Braumeister Tiernan ist ein doppelter Gewinn, er vermag dafür zu sorgen, dass uns die guten Getränke niemals ausgehen. 

Die Fähigkeiten von Waffenmeister Liam sind hier wertvoller denn je. Er zaubert aus dem, was wir organisieren können, Dinge, die man in keinem Geschäft kaufen kann.

Ein paar Wochen nach unserer Ankunft stieß ein weiteres Mitglied aus dem O’Niall-Clan zu uns. Sionn, ein Technomancer, ist ebenfalls hier gestrandet. 

Edens Freundin Dana, eine Hexe aus Salem, konnten wir inzwischen auch finden. Sie wohnt nun bei uns.

Fast schon nebenbei haben wir immer wieder Metamenschen gefunden oder aus unangenehmen Situationen befreit, die wir dann mit zu uns genommen haben. So wurde Tangos Studio bald zu klein. Wir haben das Studio verschlossen und uns eine neue Behausung gesucht.

Gefunden haben wir die Claremont Academy in Revere. Das Schulgelände ist ideal. Die Schlafhäuser der Schüler wurden zu Wohnheimen für unserer Schützlinge. Das Schulhaus zu ihrem Marktplatz. 

Die Howling Shadows und ich sind in das luxuriöse Wohnhaus der Lehrer gezogen. Hier fehlt es uns an nichts.

Wir haben die Zäune verstärkt, eine unterirdische Sicherheitsanlage entdeckt und diverse Teile der Schule für unsere Zwecke umgebaut. Es gibt viele Details, von denen ich dir berichten werde, wenn wir uns persönlich sehen.

Mittlerweile wohnen über 200 Metamenschen in Snow Haven, wie wir unser Refugium hier genannt haben. 200 weitere Metamenschen können hier noch Unterschlupf finden.

Diese Metamenschen sind auch der Grund, warum ich noch bleiben muss.

Wir müssen sie ausbilden, damit sie hier ohne uns zurecht kommen. Ferner brauchen wir andere begabte Metamenschen, die uns dabei helfen, hier alles sicherer zu machen. Lokale Shadowrunner, von denen ich hoffe, dass sie hier bleiben möchten, wenn wir gehen.

Ich möchte etwas aufbauen, das bestehen bleibt, wenn wir die Stadt verlassen. 

Abgesehen davon hoffe ich, hier in Boston ein Heilmittel für AveRage zu finden.

Leider hat sich hier bestätigt, was ich bereits vermutet hatte. AveRage ist an CFD erkrankt. Bisher bekamen wir nur einmal die Naniten-Persönlichkeit in ihm zu sehen. Sie scheint uns nicht feindlich gesonnen. Dennoch ist klar, dass die Verschlechterung der Krankheit nur eine Frage der Zeit ist. Somit steht fest, dass AveRage Boston nicht einfach wieder verlassen darf. Nicht, ohne dass wir ein Heilmittel haben oder er sich zumindest überwachen lässt.

Die Heilung von AveRage ist der zweite wichtige Grund, um noch zu bleiben. 

Vor ein paar Tagen haben wir neun Technomancer aus einer NeoNET-Anlage in Blue Hills befreit. Sie haben inzwischen die von uns bestimmte Quarantäne hinter sich gebracht. Zum Glück sind sie mit keiner Form von CFD infiziert.

Ich habe die Befreiungsmission zum ersten Mal von unserem Refugium aus geleitet. Wir hatten uns via ritueller Spruchzauberei per Mindnet miteinander verbunden. Eine faszinierende Erfahrung und eine Methode, die wir sicherlich noch öfter anwenden werden.

Eine schlechte Nachricht gab es bei dieser Mission allerdings. Beim Rückzug wurde das Team von einer Horde Ragern angegriffen. Fierce bekam viel Rager-Blut ab. Sie wurde dadurch mit Boston-CFD infiziert. Da die Naniten bereits ihr Gehirn erreicht hatten, fiel uns nur eine Lösung ein: Mash hat sie mit HMHVV infiziert. Fierce selbst schlug diese Lösung vor. Ansonsten wollte sie lieber sterben als ein Shambler zu werden. Tatsächlich hat das Retrovirus schnell genug seine Arbeit getan. Die Naniten zeigten im Anschluss keine Wirkung mehr und sind inzwischen abgestorben. Doctor Mash hat den Prozess wissenschaftlich dokumentiert. So können aus diesem Fall noch Erkenntnisse über HMHVV und CFD gezogen werden.

Fierce ist nun ein Vampir. Sie kommt mit ihrem neuen Ich überaus gut zurecht. Natürlich stehen wir ihr alle mit Rat und Tat zur Seite. Mit Doc haben wir ja sogar einen ausgebildeten Psychologen vor Ort. 

Es zeigt sich mit jedem Tag mehr, was für ein unglaubliches Team wir hier zusammen haben.

Der von Dr. Brain entwickelte ‚Crazy-Repeller‘ ist ein wahrer Schatz für Snow Haven. Wir haben unser Exemplar in unserer Quarantäne-Zone angebracht. Das gibt uns zusätzliche Sicherheit. Besonders, da einige unserer Schützlinge das Gelände ebenfalls verlassen müssen, um Besorgungen zu machen. Wir können sie zwar untersuchen, sie aber nicht jedes Mal wieder in Quarantäne stecken.

Die draconische Sicht auf die Magier scheint tatsächlich wie für mich gemacht. Ich statte der Dragonline immer wieder Besuche ab, um die darin fließenden Energie zu nutzen. Es fühlt sich für mich unglaublich gut an, in der Nähe der Dragonline zu sein. Darum habe ich mir selbst auferlegt, Maß zu halten, und achte darauf, die Abstände meiner Besuche nicht kleiner werden zu lassen.

Die Aula der Schule war reich mit Instrumenten bestückt. Papier, Stifte und Farben sind ebenfalls vorhanden. So bereichern Kunst und Musik unsere Freizeit.

Was meine persönliche Ausbildung angeht, so ruht diese ebenfalls nicht. Ich kann täglich mit Tango trainieren und von seinen unglaublichen Fähigkeiten lernen. 

Aktuell schule ich zudem meine diplomatischen Fähigkeiten, indem ich versuche, Lucky Liam und Don O’Riley an einen Verhandlungstisch zu bekommen. Ich denke, es wäre für beide gut, wenn sie in der jetzigen Situation zusammenarbeiten. Eingesehen haben sie das auch bereits. Ob das Bestand hat, wenn sie einander gegenüberstehen, wird sich noch zeigen.

Die gesamte soziale und politische Entwicklung im Sprawl ist interessant. Ich lerne täglich in mehreren Bereichen dazu.

Du siehst also, es mangelt mir hier an nichts.

Ich könnte dir noch so viel schreiben, doch für heute muss es genug sein, denn es ist gleich Zeit, zum Frühstücksmeeting zu gehen, um die Tagesaufgaben zu verteilen.

Zwei Fragen habe ich vor dem Ende dieses Briefes noch:

Da wir länger bleiben, würde ich deinem Anwesen am Stadtrand gerne einen Besuch abstatten, um Kleidung und ein paar andere persönliche Dinge von dort zu holen. Gibt es dabei irgendetwas zu beachten?

Ein paar der Metamenschen von Snow Haven haben in den vergangenen Wochen schreckliche Erfahrungen gemacht, mit denen sie nur schwer klarkommen. Ich würde ihnen gerne helfen, indem ich ihre schlimmsten Erinnerungen abmildere - in ihrer Zustimmung versteht sich. Weißt du zufällig, wo ich hier in Boston an die Formel für den Zauber ‚Alter Memory‘ kommen kann? 

Ich freue mich schon darauf, dir von all dem ausführlich und vis-à-vis zu berichten.

Bis bald!

In tiefer Zuneigung

Snowcat

❄️

Beschwingten Schrittes und strahlend schön lief ich die Treppe in den offenen Salon von Snowcat Manor hinunter, wo heute Morgen unser sehr lockeres Frühstücksmeeting stattfand.  

Liam bastelte gerade an etwas. Eigentlich bastelte er immer an etwas. Er lächelte kurz, dann verzog er skeptisch das Gesicht und sah seine männlichen Clanmitglieder der Reihe nach an. 

Er fixierte mich, als ich mich setzte. „Gut schaust du aus!“, kommentierte er.

„Danke!“, erwiderte ich glücklich lächelnd. „Ich habe auch außerordentlich gut geschlafen.“

Liam nickte zufrieden. „Schön!“

Tiernan brachte mir einen Teller voller duftender Pancakes. Doch er stellte sie nicht vor mir ab, sondern verschwand mit dem Teller spontan wieder in die Küche. Als er wieder zurückkam, hatte der oberste Pancake die Form einer Schneeflocke.

Ich schenkte Tiernan zum Dank ein strahlendes Lächeln. Es geht eben immer noch etwas strahlender.

Liam blickte ruckartig zu mir und fragte in ernstem Ton: „Müssen wir noch ein zusätzliches Gedeck auflegen?“

Wie in aller Welt kam er denn jetzt auf so was? „Nein!“, erwiderte ich grinsend.

War Liam jetzt erleichtert? Oder enttäuscht? Ich konnte es nicht sagen.

Irgendwann musste er mir wirklich mal erzählen, was er mit meinem Liebsten erlebt hatte.

„Geht hier irgendwas ab?“, fragte Sionn neugierig.  

„Nö!“, erwiderte Liam prompt.

Bevor Sionn noch etwas sagen konnte, meinte Eden: „Doch! Und zwar das Tagesmeeting.“ Die attraktive Menschin sah zu mir. „Was steht heute an, Skipper?“

„Ich möchte heute ins Avalon fahren und Pembrenton davon überzeugen, dass er uns seinen Club für das Meeting zur Verfügung stellt. Vorher fahren wir dann noch im Beaded Shamrock vorbei, um einen weiteren Termin mit dem Don auszumachen.“

„Und wenn das Treffen stattgefunden hat, dann musst du sicher noch einmal zu den Ancients“, stellte Dana fest. „Bleibt es dabei, dass wir die Sicherheit für das Treffen übernehmen?“, fragte sie nach.

„Ich habe es immer noch vor und bin sicher, beide Männer davon überzeugen zu können!“

Sionn reichte Eden die Kanne mit Sirup, lächelte Eden an und blickte dann ernst an ihr vorbei zu Dana. „Ist das denn ein Job, bei dem du mitmachst, weiße Hexe?“, wobei die Betonung auf dem Wort ‚weiße‘ lag.

„Wenn ich nicht anderweitig eingeteilt werde, ja“, antwortete sie. „Warum sagst du in letzter Zeit eigentlich immer weiße Hexe zu mir?“

Sionn zuckte gelangweilt mit den Schultern. „Ich geb doch den meisten einen Spitznamen, und du bist doch eine Hexe!“

Dana nickte freundlich. „Das stimmt. Das Wort ‚weiß‘ kommt von Weisheit, doch das weißt du ja auch.“ 

Fang winkte ab. "Weiß ist nicht gut. Weiß ist ein unbeschriebenes Blatt. Grün wäre besser.“

Da ich wusste, dass Sionn mit ‚weiß‘ auf den vermeintlichen Rassismus von Dana anspielte, passte grün gar nicht. Doch ich würde das hier nicht erwähnen, um kein Öl ins Feuer zu gießen. Zumal Fang ganz wundervoll vom dem Rassismus-Fakt abgelenkt hatte.

❄️

Beschwingten Schrittes und strahlend schön lief ich die Treppe in den offenen Salon von Snowcat Manor hinunter, wo heute Morgen unser sehr lockeres Frühstücksmeeting stattfand.  

Liam bastelte gerade an etwas. Eigentlich bastelte er immer an etwas. Er lächelte kurz, dann verzog er skeptisch das Gesicht und sah seine männlichen Clanmitglieder der Reihe nach an. 

Er fixierte mich, als ich mich setzte. „Gut schaust du aus!“, kommentierte er.

„Danke!“, erwiderte ich glücklich lächelnd. „Ich habe auch außerordentlich gut geschlafen.“

Liam nickte zufrieden. „Schön!“

Tiernan brachte mir einen Teller voller duftender Pancakes. Doch er stellte sie nicht vor mir ab, sondern verschwand mit dem Teller spontan wieder in die Küche. Als er wieder zurückkam, hatte der oberste Pancake die Form einer Schneeflocke.

Ich schenkte Tiernan zum Dank ein strahlendes Lächeln. Es geht eben immer noch etwas strahlender.

Liam blickte ruckartig zu mir und fragte in ernstem Ton: „Müssen wir noch ein zusätzliches Gedeck auflegen?“

Wie in aller Welt kam er denn jetzt auf so was? „Nein!“, erwiderte ich grinsend.

War Liam jetzt erleichtert? Oder enttäuscht? Ich konnte es nicht sagen.

Irgendwann musste er mir wirklich mal erzählen, was er mit meinem Liebsten erlebt hatte.

„Geht hier irgendwas ab?“, fragte Sionn neugierig.  

„Nö!“, erwiderte Liam prompt.

Bevor Sionn noch etwas sagen konnte, meinte Eden: „Doch! Und zwar das Tagesmeeting.“ Die attraktive Menschin sah zu mir. „Was steht heute an, Skipper?“

„Ich möchte heute ins Avalon fahren und Pembrenton davon überzeugen, dass er uns seinen Club für das Meeting zur Verfügung stellt. Vorher fahren wir dann noch im Beaded Shamrock vorbei, um einen weiteren Termin mit dem Don auszumachen.“

„Und wenn das Treffen stattgefunden hat, dann musst du sicher noch einmal zu den Ancients“, stellte Dana fest. „Bleibt es dabei, dass wir die Sicherheit für das Treffen übernehmen?“, fragte sie nach.

„Ich habe es immer noch vor und bin sicher, beide Männer davon überzeugen zu können!“

Sionn reichte Eden die Kanne mit Sirup, lächelte Eden an und blickte dann ernst an ihr vorbei zu Dana. „Ist das denn ein Job, bei dem du mitmachst, weiße Hexe?“, wobei die Betonung auf dem Wort ‚weiße‘ lag.

„Wenn ich nicht anderweitig eingeteilt werde, ja“, antwortete sie. „Warum sagst du in letzter Zeit eigentlich immer weiße Hexe zu mir?“

Sionn zuckte gelangweilt mit den Schultern. „Ich geb doch den meisten einen Spitznamen, und du bist doch eine Hexe!“

Dana nickte freundlich. „Das stimmt. Das Wort ‚weiß‘ kommt von Weisheit, doch das weißt du ja auch.“ 

Fang winkte ab. "Weiß ist nicht gut. Weiß ist ein unbeschriebenes Blatt. Grün wäre besser.“

Da ich wusste, dass Sionn mit ‚weiß‘ auf den vermeintlichen Rassismus von Dana anspielte, passte grün gar nicht. Doch ich würde das hier nicht erwähnen, um kein Öl ins Feuer zu gießen. Zumal Fang ganz wundervoll vom dem Rassismus-Fakt abgelenkt hatte.

❄️

[Song 9: Imagine Dragons - Natural3] Am frühen Nachmittag fuhren Sinister, Eden, Dana, Liam, Sionn, Shark Finn und ich zum Avalon am Rand des Hub. Der Umweg über das Beaded Shamrock in der Rox war eine reine Formsache. 

Smedley Pembrenton III. davon zu überzeugen, zumindest Shark Finn und mich in den Club zu lassen, sah dann schon ganz anders aus. Doch schließlich ließ er sich überzeugen und ließ uns nach längerem Zögern ein. 

Erfahren wie er war musste er erst so einiges an Barrikaden beiseite schieben, bevor wir eintreten konnten.

So von nahem und im Real Life war der gepflegte, muskulöse Troll mit einer Körpergröße von über drei Metern, das eine Horn nicht mitgerechnet, und im Maßanzug eine wirklich beeindruckende Erscheinung. Er war weder besonders schön noch hässlich für einen Troll. Seine Ausstrahlung zeugte von einer unglaublichen Lebenserfahrung, die von den interessanten Falten in seinem Gesicht noch unterstrichen wurden.

Er führte uns in den Hauptraum seines Clubs und bot uns Getränke jeglicher Wahl, aber mit beschränkter Garantie an. Das er selbstverständlich nicht mehr alles auf Lager hatte.

So ein Club ohne Clubgäste hat zugleich etwas Trauriges und Beruhigendes. Dem Avalon konnte man auch in diesem Zustand ansehen, was für ein toller Club es war. Die Bühne konnte sicherlich wunderbare Geschichten über Livemusik in den vergangenen Jahren erzählen.

Nach Smalltalk und ernstgemeinten Komplimenten auf beiden Seiten trug ich mein Anliegen vor.

Smedley sah mich an und fragte ungläubig: „Und wie sollte ein solches Treffen zustande kommen? Wo man doch allerorts aufatmet, wenn es bei einem zufälligen Treffen keine Toten gibt?“ 

Die Augen des Trolls würden immer größer, je mehr ich erzählte. Selbstverständlich glaubte er mir, stimmte dem Plan völlig zu und erbat als Miete Nachschub an Getränken.

Als er Finn und mich zur Tür brachte, lächelte er mich an. „Dein Ruf eilt dir voraus und wird dir dennoch nicht gerecht. Ich würde mich sehr freuen, wenn du irgendwann nach dem Meeting Zeit hast, etwas mit mir zu trinken. Ist es richtig, dass du gerne Champagner magst?“ 

„Das ist sogar ungeheuer richtig!“, bestätigte ich. 

„Wie gut, dass ich noch eine ganz besondere Flasche in meinem Vorräten habe. Die werde ich schon mal kaltstellen“, freute sich Pembrenton aufrichtig.

❄️

Shane hatte uns gebeten, gegen 18.00 Uhr ins Beaded Shamrock zurückzukommen, da er da bereits mehr wisse. 

Als wir zu einer passenden Zeit vorfuhren, stellten wir überrascht fest, dass die dunkle Limousine des Dons bereits vor dem Laden parkte. 

Im Pub wartete dann Kyle O’Farrel, der sich bei meinem Eintreffen strahlend lächelnd erhob.

„Wie schaffst du es nur, selbst in Zeiten wie diesen nicht nur wunderschön, sondern auch strahlend und erfrischt auszusehen?“, eröffnete er unser Meeting charmant. 

Ich lächelte bezaubernd. „Eine fröhliche innere Einstellung hilft!“, erklärte ich und zwinkerte mit langsamem Augenaufschlag. „Und ein bisschen Magie ist auch dabei. - Vielen Dank für das wundervolle Kompliment!“

Kyle war als Consiglieri der O’Riley-Familie verhandlungsberechtigt. Auch aber nicht nur wegen unserer gemeinsamen Vorgeschichte wurden wir uns schnell einig. Natürlich hatte ich mir bereits vorher über die Modalitäten Gedanken gemacht, so waren die Wünsche des Dons schnell ergänzt.

Das Meeting sollte am Freitag, den 14.08., um 21.00 Uhr im Avalon stattfinden.

Jeder durfte mit so vielen Personen am Parkplatz erscheinen wie er Lust hatte, allerdings durften nur je zwei Begleitpersonen mit den Club.

Waffen jeglicher Art waren erlaubt, Spruchzauberer nicht.

Die Howling Shadows sorgten für die Sicherheit der Personen im Avalon, waren aber nicht für die Gesundheit derer verantwortlich, die auf dem Parkplatz warteten.

Die Howling Shadows suchten den Parkplatz aus und machten den Weg zum Avalon frei. Der Parkplatz würde beiden Parteien am Vortag des Meetings zwischen 17.00 und 21.00 Uhr mitgeteilt werden. Die Parteien durften sich den Parkplatz im Anschluss jederzeit ansehen.

Nachdem wir das alles festgehalten hatten, war ich deutlich nervöser als zuvor. Natürlich ließ ich mir das nicht anmerken.

❄️

Weil es so schön war, weil wir es konnten und weil wir viele waren, fuhren wir gleich im Anschluss tiefer in die Rox, um die Details an Lucky Liam zu überbringen. 

Von meinem großen Freund Chain fehlte jede Spur. 

Dafür kamen sowohl Sonnenschein Dawante als auch Lucky Liam ziemlich zügig zum Reifenkreis. 

Der Ancient-Boss der Ostküste wirkte überrascht. So, als hätte er insgeheim nicht geglaubt, dass Don O’Riley zustimmen würde. Mit den Bedingungen war er komplett einverstanden.

Mein ungutes Gefühl verschlimmerte sich.

❄️❄️

Die nächsten drei Tage verbrachte ein Großteil der Howling Shadows damit, das Gelände abzusichern, den Parkplatz auszusuchen, den Fußweg zum Avalon freizuräumen, die vorhandenen Shambler wegzulocken und eine Sicherheitsstrategie zu erstellen.

Letzteres erweist sich als einfach, wenn man zwei Elitesoldaten, einen Attentäter und einen oder vielleicht sogar zwei Terroristen in seinen Reihen hat.

Um das, was draußen vorgehen würde, machte ich mir auch weniger Sorgen.

Am Donnerstag sandten wir Kuriere aus, die die Parkplatz-Koordinaten an das Beaded Shamrock und an das Kostum Road Bikes übergaben.

❄️

„Was ziehst du denn morgen Abend an?“, fragte Liam mich, als wir in Snowcat Manor noch bei einer Flasche Whiskey zusammen saßen.

Ich überlegte übertrieben lange und antwortete dann: „Eines von den vier Outfits, die ich hierher mitgenommen habe.“ Ich zwinkerte Liam zu und er sah ernst zurück. Ich seufzte. „Ich weiß noch nicht. Vielleicht nochmal den weißen Hosenanzug. Oder aber ich bleibe bei meinem Catsuit, das ist am sichersten!“

Liam nickte. „Wäre mir am liebsten!“ Er trank sein Glas leer und goss uns beiden nach. „Aber dir nicht, Prinzessin. Wir wäre es, wenn du ein neues Kleid trägst?“

Ich legte den Kopf leicht schief. „Habe ich denn ein neues Kleid? Bist du meine gute Fee und zauberst mir ein Kleid aus einem - nein, nicht aus einem Kürbis - das passt nicht zu dir - aus einer Schachtel Munition?“, fragte ich verspielt.

Liam sah mich entgeistert an. „Sehe ich etwa aus wie deine gute Fee?“, dann grinste er jungenhaft. „Ich bin natürlich der Boss von deiner guten Fee. Und ich habe Tiernan erlaubt, Stoff zu besorgen, damit er dir was zaubern kann.“

❄️❄️

Um 20.49 Uhr, am 14. August 2076, unserem 66. Tag im Boston Lockdown, saß ich gekleidet in ein entzückendes, kurzes Kleid aus Rüschen und Spitzen [Bild] und hellgrünen Highheels [Bild], in unserer BMW-Limousine und wartete auf die Ankunft der Protagonisten. Mein eisweißes Haar war kunstvoll zusammengesteckt und zu einem Zopf gedreht. Die Medusa-Extensions hielten es zusammen und gewährleisteten gleichzeitig die ständige Kommunikation mit meinem Team. Meine Fingernägel waren grün lackiert, mein Taschentuch zierte ein grünes Kleeblatt und die Ohrringe aus grünem Glas passten perfekt zu den Nägeln. Ich sah aus wie aus einem Modemagazin, und das im Boston Lockdown. 

Der Don würde begeistert sein, Lucky Liam das wahrscheinlich für überkandidelt halten. Um eine Brücke zu den Ancients zu bilden, hatte ich die Schuhe gewählt. Aber ich war mir nicht ganz sicher, ob Lucky Liam solche Zeichen zu schätzen wusste.

Meine Howling Shadows waren auf ihren Posten.

Meinetwegen konnte es losgehen.

❄️

[Song 10: Hans Zimmer /Inception Soundtrack - Dream is Collapsing3] Um 20.54 Uhr fuhr die Limousine des Don vor und hielt auf dem Parkplatz. 

Zwei Orks in Anzügen stiegen aus und bezogen vor der Limousine Position. Natürlich hatte O’Riley Orks als Begleiter ausgewählt.

Als um 21.02 Uhr von den Ancients noch immer nichts zu sehen war, lächelte ich milde. Sie würden zu spät kommen und den Don warten lassen. 

«Ich gehe rüber in die Limousine des Dons», sagte ich an.

Die Orks zögerten nicht, mich einsteigen zu lassen.

Mein Anblick verschlug Don O’Riley und Kyle für einen gerade noch höflich langen Moment die Sprache.

Ich hatte mir Themen zurecht gelegt. Mit denen hielt ich über die nächsten 17 Minuten charmant plaudernd ein Gespräch in Gang und die Stimmung oben. Worüber sollten sie sich beim Eintreffen der Ancients beschweren? Darüber, dass sie mehr Zeit mit mir hatten verbringen dürfen? Mit Sicherheit nicht. Dafür war der Don viel zu höflich.

Um 21.19 Uhr fuhren dann endlich sieben Motorräder vor, mit insgesamt 12 Ancients darauf. Slag war dabei, doch er würde nicht mit hinein kommen. Er stieg nicht einmal ab.

„Da sind sie ja!“, sagt ich lächelnd und fügte hinzu: „Wahrscheinlich war auf der 128 wieder mal Stau.“ Was von Kyle und Don O’Riley mit dem erhofften Gelächter belohnt wurde. 

Auf der Seite vom Don würden es Kyle und ein weiterer Ork-Bodyguard sein, die mit mir ins Avalon gingen. 

Lucky Liam stieg lässig ab und schlenderte ebenso lässig mit zwei weiteren mir namentlich unbekannten Ancients auf die Mitte der Straße.

Ein Ork öffnete uns die Tür, wir vier stiegen aus, Shark Finn kam hinzu und wir schritten nun ebenfalls auf die Mitte der Straße, wie bei einem Gefangenenaustausch. 

„Immer diese Rushhour!“, neckte ich Lucky Liam und küsste ihn zur Begrüßung auf die Wange, um ihm gleich wieder den Wind einer schnippischen Bemerkung aus den Segeln zu nehmen. 

Ich deutete voraus. „Bitte, Gentlemen!“

Unsere Gruppe begann ihren Fußweg in einer Reihe nebeneinander. Beinahe in einer Reihe. Shark Finn lief hinter mir. Er trug einen maßgeschneiderten Anzug und seine Profi-Sonnenbrille mit dem roten, sich bewegenden Punkt. 

Ich ging in der Mitte, rechts die Ancients, links die Mitglieder der O’Riley-Familie.

Auf mein zartes Nickten setzte sich mein Team in Bewegung. 

Eden trat auf dem Parkplatz zur Mafia. 

Sinister stellte sich zu den Ancients.

Mr. Tea kam aus dem Schatten heraus, rechts an uns heran. 

Fierce und Fang kamen uns vom Avalon aus mit dem Motorrad entgegen und würden uns gleich auf der linken Seite begleiten.

Phoenix, Sionn und Liam waren bereits auf Dächern positioniert. 

Mash stand als Backup bei unserer Limousine bereit. AveRage saß darin auf dem Fahrersitz.

Sionns Stimme erklang über den Teamkanal: «Der Don hat einen Colt Agent Special dabei, Kyle eine Ares Predator, der Ork-Bodyguard eine Browing Ultra Power und eine Ingram Smartgun, die Ancients haben alle Ares Crusader. Phoenix und ich fangen an, Marks zu setzen, nur für den Fall …»

Dann verstummte er plötzlich für einen kurzen Moment und fuhr dann fort: «Da nähert sich eine Drohne. Vom Avalon aus auf 12.00 Uhr.»

«Ich habe auch was», sagte Liam an. «Zwei Wagen der Bane Shidhe kommen von drei Uhr die Straße hoch zu unserer Position gefahren. ETA in 40 Sekunden.»

«Sollen wir sie ausschalten, Prinzessin?», fragte Sionn.

<Ja! Go!>, gab ich via Medusa-Extensions ins Teamnetwerk ein. 

Ein Stück die Straße waren wir ja schon entlang gegangen. Ich führte den Smalltalk fort, auch als der erste Schuss knallte und Sionn sofort meldete: «Drohne down. Die wurde gesteuert, sie haben also einen Rigger dabei!», sprach ich einfach weiter.

Die Anspannung meiner männlichen Begleiter stieg bereits, aber jeder von ihnen würde den Teufel tun, sich jetzt die Blöße geben und zu reagieren, während ich so tat, als hörte ich nichts.

«So ein Müll!», fluchte Fierce. «Die dürfen kämpfen und wir fahren Begleitschutz für welche zu Fuß.»

«Ist es in Ordnung, wenn Mash und BFF die Positionen tauschen?», fragte Liam.

<Natürlich!>

Fierce jubelte.

Es war, als teleportiere Mash förmlich zu uns. Er und Fierce klatschten sich ab, dann gab Fierce Gas, wendete einige Meter voraus, um dann mitten ins Kampfgeschehen zu brausen.

Es wurde geschossen. 

Ein Wagen crashte. 

Ein riesiger Troll mit einen Kampfaxt brüllte. 

Eine weitere Drohne und der zweite Wagen erschienen auf der Bildfläche. 

Es wurde noch mehr geschossen.

Völlig unbeeindruckt von all dem traten wir an die Tür des Avalon.

Mr. Tea und Mash blieben stehen, denn sie kamen nicht mit hinein.

❄️

[Song 11: Depeche Mode - Lie To Me ('The Pleasure of Her Private Shame' Remix)3] Smedley Pembrenton III öffnete uns. Er trug einen extravaganten, maßgeschneiderten Anzug und lächelte uns freundlich an. „Willkommen im Club Avalon, treten Sie ein und genießen Sie ihren Aufenthalt!“

Lucky Liam riss sich bei dessen Anblick sichtlich zusammen. Sein Mundwinkel zuckte ein wenig. 

„Snowcat, was für ein wunderbares Kleid du trägst. Die aufwendige Spitze betont deine edle Schönheit!“, bemerkte Smedley, als er uns in den Nachtclub führte. 

Das Licht im Club war gedämpft, einzig eine Ecke war hell erleuchtet. Hier hatte Pembrenton einen ovalen, großen Tisch aufgestellt. An einem Kopfende stand ein bequemer Stuhl, rechts und links je drei. Zwei Stühle für Trolle standen an der Seite bereit. Doch Shark Finn blieb lieber hinter mir stehen. Der Bodyguard des Don hielt es ebenso. 

Barmusik klang leise im Hintergrund.

„Was darf ich anbieten?“, fragte Smedley höflich.

„Ich nehme einen Whiskey, wenn Sie einen haben“, erwiderte Don O’Riley.

„Gerne!“

„Beim Whiskey schließe ich mich an. Und dann hätte ich gerne noch ein stilles Wasser!“, bestellte ich.

Alle nahmen Whiskey. Smedley schaltete den White-Noise-Generator ein, stellte den überzähligen Stuhl beiseite und begab sich kurz hinter die Bar, um alles zu holen.

„Wie ist denn die Versorgungslage?“, wollte Connor O’Riley wissen, als der Besitzer des Avalon servierte.

„Es geht, aber es könnte besser sein“, antwortete der Troll bescheiden.  

Ich lächelte. „Mr. Pembrenton hatte gebeten, ein paar Getränke für seine Bar zu organisieren. Quasi als Miete für heute abend.“

«Alle Gefahren ausgeschaltet. Keine nennenswerten Verletzen auf unserer Seite», meldete Eden.

Sionn fügte hinzu: «Das waren tatsächlich Bane Shidhe, die gerne wissen wollten, was die Ancients hier machen.»

„Da bin ich selbstverständlich gern behilflich!“, erklärte der Don unterdessen in einem freundlich-höflichen Ton.

Lucky Liam wollte sich nicht lumpen lassen: „Wir übernehmen die Hälfte. Da kannst du dich dann mit Razor abstimmen!“ Er deutete mit dem Kopf in Richtung des Elfen am Ende seiner Seite. „Damit es keine doppelten Sachen gibt oder Getränke, die nicht zueinander passen!“ 

Die Intention war schon mal richtig, an seinem Ton musste Lucky Liam aber noch arbeiten.

Kyle hob sein Glas. „Auf einen erfolgreichen Abend! Sláinte!“  

„Sláinte!“, erklang es von allen mit Glas in der Hand, zum großen Teil ein wenig unterkühlt.

Ich hielt es für gut, einen auf Irisch gesprochenen irischen Segen nachzulegen. 

Doch auch danach sahen sich die männlichen Elfen am Tisch alle ernst und schweigend an.

Also begann ich, eine Geschichte zu erzählen. 

Ich berichtete, ohne die Bebilderung durch Magie, von einem Run, bei dem wir ein gefährliche Tour über das Harding Icefield beschreiten hatten müssen. Ich ließ mir gut 10 Minuten Zeit. Die Männer lauschten mir aufmerksam. Wie sollten sie auch nicht? Ich beendete die Geschichte mit den Worten: „Und es ist dort wirklich, wirklich kalt. Der Atem fällt als Schnee herab und selbst verschütteter Kaffee gefriert, bevor er auf dem Boden aufgekommen ist.“ Ich sah die Männer der Reihe nach an. „Dort ist es also ungefähr so kalt, wie hier gerade.“

Der Don und Kyle lachten. Lucky Liam grinste lieber nur.

Connor lächelte mich an. „Danke für die erfrischenden Worte, Snowcat.“ Dann betrachtete er Lucky Liam zum ersten Mal mit einem neutralen Gesichtsausdruck. „Snowcat hat mir ans Herz gelegt, hier zu erscheinen. Ihr habt einen geschäftlichen Vorschlag. Also schlage ich nun vor, ihr fangt an!“

Eigentlich hätte es jetzt so schön losgehen können, doch Lucky Liam verzog spöttisch das Gesicht. „Ans Herz gelegt? Ich hoffe, nur metaphorisch.“ 

„Welch großer Wortschatz. Das hätte ich dir gar nicht zugetraut“, konterte der Don. 

Lucky Liam zuckte mit den Schultern. „Ach, ich helfe gerne aus. Um was ans Herz gelegt zu bekommen, muss man erstmal eines haben“

Na bravo. Ich musste eingreifen und hob die Hand. „Lucky Liam, ich kann dir versichern, dass Connor eines hat, aber für ein Meeting spielen Herzensangelegenheiten keine Rolle!“

„Welch weise Worte!“, stellte Kyle fest.

„Ich hoffe, die können wir uns alle bis zum Ende merken“, blaffte Lucky Liam herausfordernd.

Ich lächelte einnehmend und fasste dem General der Ancients kurz sanft auf den Unterarm. „Das können bestimmt alle. Wenn das Geschäftliche unter Dach und Fach ist, können wir uns gerne über alle anderen Probleme unterhalten, die dich beschäftigen. Und nun erzähl bitte! Was schwebt dir denn vor?“

Lucky Liam guckte mich verwundert an, sah dann zum Don und meinte hauptsächlich an diesen gewandt: „Ich dachte, das ist klar, aber okay, dann erkläre ich’s. Die Familie hat sich auf einen örtlich begrenzten Bereich zurückgezogen. Wir sind noch sehr mobil, wir bieten genau das, was dem Don fehlt: Mobilität, Kontakte, Zuverlässigkeit!“ 

Connor hob skeptisch eine Augenbraue. 

„Was?“, blaffte Lucky Liam. „Es gibt keinen, der schneller oben ist als wir!“ 

Kyle schaltete sich ein. „Woher kommt der plötzliche Wandel und das Interesse, für uns zu arbeiten?“

„Wie, für euch arbeiten? Ich hab von Partnerschaft geredet!“, verlangte Lucky Liam. 

„Nenn es, wie du willst!“ Kyle nahm eine abwehrende Haltung an.

„Wir waren schon immer bereit, mit euch zusammenzuarbeiten“, stellte Lucky Liam in scharfem Ton fest. 

Ich versuchte, eine kleine Brücke zu bauen, „Wie es früher war, spielt kaum eine Rolle. Wir haben nun andere Zeiten und es herrschen andere Umstände.“

Lucky Liam freute sich. „Ja, genau. Snowcat sagt es!“

Ich sah zu Kyle. „Dass ihr in einem abgeschlossenen Gebiet lebt, ist nicht von der Hand zu weisen.“

Kyles Haltung öffnete sich ein wenig, dennoch fragte er: „Das hat nichts damit zu tun, dass die Bane Shidhe euch einigen Ärger bereiten? Immerhin waren die vorhin ziemlich dicht an euch dran.“ 

Von uns hatte Kyle die Information nicht, aber seine Leute draußen waren nun mal auch nicht blind.

„Ach, das waren die Bane Shidhe?“ Lucky Liam versuchte, überrascht zu klingen, war dabei aber nicht sonderlich überzeugend.

Ich nickte, „Ja, das waren sie. Doch das bleiben Amateure, die meiner Meinung nach keine wirkliche Gefahr für die Ancients darstellen“, stellte ich fest.

Wieder bestätigte Lucky Liam mit einem lauten „Genau!“, was ihn nicht gerade erwachsen wirken ließ. 

Ich sah den General ernst an. „Wenn man durch das Geschäft den stark rassistischen Organisationen in der Stadt Einhalt gebieten könnte, wäre das ein schöner Nebeneffekt.“

Dann schwenkte ich zurück zum Thema, fasste zusammen, was ich über die Situation von beiden und der Stadt wusste und schaffte es sogar, die Männer zu beschwichtigen.

Innerhalb der nächsten 20 Minuten kamen sie dann endlich überein, dass sie die Geschäftsbeziehung tatsächlich auf beiden Seiten gebrauchen konnten. Selbstverständlich gab es immer wieder spitze Bemerkungen in beide Richtungen. 

Doch auch die konnte ich abfangen, da ich wusste, wie ich die einzelnen Herren zu nehmen hatte. 

„Was wollt ihr denn als Bezahlung?“, fragte Kyle schließlich.

„Die Bezahlung hätten wir am liebsten in Form von Naturalien wie Waffen, Ausrüstung und Munition. Vielleicht auch mal ein paar Leute, aber nur bei großen Transporten.“

„Auch Lebensmittel?“, fragte Kyle nach.

Lucky Liam schüttelte den Kopf. „Darum kümmern wir uns selbst. Lieber Sachen, die wir nicht besorgen können.“ 

„Und von denen ihr vermutet, dass wir sie im Überfluss haben?“, warf Connor ein.

Lucky Liam nickte. „Na, jedenfalls mehr, als ihr braucht. Für nur 25 Prozent des Warenwertes fahren wir euer Zeug wohin ihr wollt.“

Der Don lachte böse. „Für NUR 25 Prozent?“

„Die Zone ist jetzt anders und die Preise sind nun mal gestiegen!“, rechtfertigte sich Lucky Liam. 

„Aber das sind horrende Preise für eine einfache Kurierfahrt!“, meinte Connor.

Bevor sich die Fronten wieder total verhärteten, griff ich erneut ein. „Verzeihung, aber ich brauche eine Pause, um mich frisch zu machen. Entschuldigt mich kurz.“ Ich erhob mich. 

Der Don und Kyle standen ebenfalls sofort auf. 

„Vielleicht nutzt ihr die Gelegenheit, um euch alle einen Moment die Beine zu vertreten!“, schlug ich vor. Ich lächelte bezaubernd. „Und das am besten in verschiedenen Ecken des Clubs. Dann könnt ihr euch auch kurz untereinander besprechen.“

Lucky Liam wollte etwas Bissiges erwidern, doch als sein Blick auf mich fiel, schluckte er die Bemerkung runter, nickte und stand auf.

Pembrenton hatte die Veränderung von der Bar aus bemerkt, kam rüber und schaltete auf meine Bitte hin das Licht in zwei weiteren Bereichen des Clubs heller.

Unter dem Schutz von Shark Finn begab ich mich tatsächlich in den Waschraum für Damen. 

Auf dem Rückweg fing Smedley Pembrenton mich ab. „Ich bin beeindruckt!“, begann er. „Ich verstehe ja nichts von dem, was gesagt wird. Aber ich sehe, was geschieht. Es ist unglaublich, dass du sie überhaupt so lange an eine Tisch halten konntest. Und wie du sie eben wie zwei Boxer zum Abkühlen in verschiedene Ecken geschickt hast, das war großartig.“

„Danke sehr!“, erklärte ich ehrlich.

„Hast du schon mal daran gedacht damit dein Geld zu verdienen?“, fragte die Straßenlegende mich. 

„Damit, zu vermitteln, meinst du?“

Der Troll nickte. „Ich habe das mit diesem Maß an Geschick noch nie gesehen. Du könntest sehr viel erreichen. Wahrscheinlich könntest du sogar Kriege verhindern.“

Ich lachte perlend. „Das hätte sogar was. Aber nein, bisher habe ich noch nicht daran gedacht. Und ich weiß auch nicht, ob mir das nicht zu anstrengend wäre. Zum Wohl der Sechsten Welt muss man natürlich Opfer bringen. Wenn wir hier alle aus dem Lockdown raus sind, denke ich darüber nach. Und natürlich nur, wenn die beiden Parteien hier sich wirklich einig werden.“ 

Smedley beschenkte mich plötzlich mit einem warmherzigen Blick, den man einem Mann wie ihm kaum zugetraut hätte. „Wie du ja weißt, hat man mich früher auf der Straße Boom genannt. Ich würde mich freuen, wenn du mich so nennen würdest!“

„Es ist mir eine Ehre, Boom!“, erkläre ich wirklich erfreut.

Die Augen des großen, erfahrenen Mannes wurden feucht. „Ich kann dir sagen, ich hätte dich gerne mit jemanden ganz Bestimmten bekanntgemacht. Ich hätte dir nicht sagen können, unter welchen Umständen ein solches Treffen stattgefunden hätte, aber ich weiß, du hättest ihm sehr gefallen. Bei Zeiten würde ich dir gern ein paar Anekdoten erzählen!“

„Darauf freue ich mich schon!“ Natürlich wusste ich, dass er mit der bestimmten Person, über die er Geschichten kannte, den großen Drachen Dunkelzahn gemeint hatte. Das war ein schier unglaubliches Kompliment. Selbstverständliche hätte ich Big D. auch unglaublich gerne kennengelernt.

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Bevor ich wieder alle ein einen Tisch rief, wechselte ich noch mit jeder Partei ein paar beschwichtigende Worte. Ich wies besonders Lucky Liam darauf hin, dass dieser Deal eigentlich von ihm ausging.

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„Na, die Sachen müssen doch von A nach B gebracht, von C eingesammelt und dann wieder nach D gebracht werden. Das kostet halt.“, meinte Lucky Liam irgendwann, nachdem die Verhandlungen deutlich entspannter wieder aufgenommen worden waren.

Der Don lächelte. „Was benutzt ihr für die Kurierfahrten? T-Birds?“ 

„Was soll denn das mit der Kurierfahrt. Wir sind dann doch eure Logistikpartner - für die gesamte NEMA!“, erklärte Lucky Liam.

„Ihr habt also auch einen Weg in die Containment-Zone?“, wollte Kyle wissen. 

„Ja!“, erwiderte Lucky Liam sofort, was er durchaus ernst meinte. „Wir sind uns natürlich klar darüber, dass wir hier erst das Vertrauen gewinnen müssen, darum sind wir bereit, die ersten 10 Lieferungen für nur 5 Prozent des Werts zu machen. Egal, ob sich hinterher ein festes Geschäft  ergibt oder nicht:“

Nun zeichnete sich Überraschung auf Seiten des Dons ab. „Das heißt, deine Bikes transportieren 10 Lieferungen innerhalb der NEMA für 5 Prozent des Warenwertes?“ 

„Ja, und ihr werdet sehen, es gibt keine sichereren Logistikpartner. Wie nehmen es auf und bringen es wohin ihr wollt. Wenn ihr den Weg bestimmen wollt, kostet das extra.“ 

Kyle war noch nicht überzeugt. „Woher kommt diese zurückhaltende Einstellung?“

„Na, wir werden natürlich weder für Geld und gute Worte was riskieren. Wir haben das drauf und wollen unser Geschäft ausweiten. Es ist, wie Snowcat sagt. Die Zeiten haben sich geändert und wir wollen das Beste daraus machen.“

Connor nickte kaum merkbar. Dann meinte er: „Mir fehlen leider Garantien.“ 

Nun war es erneut an mir, die Bedenken abzuschwächen. „Nehmen wir einmal an, den Ancients ginge es darum, euch etwas abzunehmen. Wo sollten sie denn mit ihrer Beute hin? Wir sind hier eingeschlossen und niemand kann einfach etwas teurer nach außerhalb verkaufen. Ich weiß, wie die Ancients funktionieren. Sie arbeiten präzise und mit Gewinn. Ein Wort zählt etwas. Und nur um euch reinzulegen wäre der Aufwand viel zu groß.“

Der Don zögerte. Seine Abneigung gegen Lucky Liam war zu tief verwurzelt, als dass ich sie schon überwunden hätte. Doch viel fehlte nicht mehr. 

„Wie wäre es damit? Ihr versucht es miteinander. Und wenn wirklich etwas verloren geht …“ Ich hob die Hand, bevor Lucky Liam sich beschweren konnte und fuhr fort: „Damit meine ich nicht, dass die Ancients versuchen, zu betrügen. Machen wir uns nichts vor. Ich habe gesehen, wie ein einziger Shambler einem meiner Leute zum Verhängnis wurde und ihn tötete. Es kann etwas verloren gehen. Aber sollte dem so sein, dann kommen die Howling Shadows hinzu und helfen dabei, die Ladung wiederzufinden.“

Damit waren dann beide Parteien einverstanden. Sie gaben sich sogar die Hand darauf.

Ich wischte mir den geistigen Schweiß von der inneren Stirn. Das Gröbste war geschafft. Der Rest sollte eine Kleinigkeit werden.

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„Gegenseitige Hilfe bei Konflikten ist also nicht drin?“, hakte Kyle irgendwann nach.

„Das ist nicht unser Vorschlag“, antwortete Lucky Liam entspannt. „Aber wenn euch das wichtig wäre, bieten wir euch sogar Freundschaft!“ 

Don O’Riley verkniff sich eine Antwort und meinte stattdessen: „Ich möchte jetzt Pembrenton dazubitten. Ich denke, wir sollten das Avalon als Treffpunkt und ihn als Kontaktmann für unsere Geschäfte nutzen.“

„Was ist denn aus dem Beaded Shamrock geworden? Leute gehen doch immer noch gerne im Beaded Shamrock ein und aus. Das ist doch ein guter Punkt, um sich zu treffen!“

Ich wusste, dass Don O’Riley dabei nicht nachgeben wollte. „Das Beaded Shamrock steht doch mehr für die alten Verhältnisse der Familie, während das Avalon für etwas Bewährtes in Boston und zugleich für die Wurzel des neuen Geschäftsverhältnis steht. Außerdem ist es ein neutraler Ort für beide Parteien“, beschrieb ich.

Zu meiner großen Freude ließ sich Lucky Liam davon überzeugen.

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Als ich einige Zeit später in unserer Limousine mit meinen Howling Shadows Richtung Snow Haven fuhr, war es bereits nach Mitternacht.

Ich hatte etwas erreicht, was die meisten für unmöglich gehalten hätten. Ich war zufrieden, denn ich freute mich bereits auf das stolze Lächeln in Ehrans Gesicht, wenn ich ihm irgendwann davon erzählen würde.

Heute war der 15. August 2076 und somit unser 67. Tag im Boston Lockdown.

Ende der Episode

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Snowcat and the Howling Shadows

An dieser Stelle bedanken sich die Spieler unserer Runde bei allen, die an der Entwicklung und Verarbeitung der Shadowrun®-Produkte mitgewirkt haben. Ohne ihre Arbeit wäre unser Spiel nicht möglich! 

We would like to thank the authors, artists and all others who are involved in the development of the Shadowrun® rules, adventures and stories. Without them, our game would not be possible.

Vielen Dank auch an @Vin für das Korrekturlesen. ;*


*reckundstrekgenüsslich* Hoffe Ihr habt Spass; *knutschi*