Bridge: Rise and Fall

WELCOME BACK, CHUMMER!

ON THE RUN10:; Blackstone1, - Snowcat, Moxi, Shark Finn, Harlequin.

TIMESTAMP6: 01/01/2074, 00:00:05 - 01/11/2075,  08:56:11

SPOILER-ALERT: Die Bridge enthält zahlreiche Daten und Hinweise auf die Entwicklung im Drachenkonflikt3 bis 2075. Ferner sind massive Spoiler zur Schlacht um GeMiTo und den Kampf zwischen Lofwyr und Alamais.

TODAY’S HEADS UP: Über zwei Monate haben die Großen Drachen der 6.Welt sich nicht blicken lassen, bis vor zwei Tagen. Viel wissen wir noch nicht über die Zusammenhänge. Wir arbeiten daran, mehr Informationen zu beschaffen. Einige wissen bereits mehr. - Host

POSTED BY: SNOWCAT

Die großen Drachen sind von ihrer Versammlung zurück. Was ich heute erzählen werde, hängt tatsächlich direkt damit zusammen.

Bevor ich mit der eigentlichen Geschichte beginne, möchte ich Euch noch eine kleine Anekdote erzählen.

Vor ungefähr einem Dreiviertel Jahr kam ich auf die Idee mit Aufzeichnungen in einer Art Tagebuch-Form zu beginnen, damit all die fantastischen, unglaublichen Dinge, die ich auf Runs und im Privaten erleben darf, für die Nachwelt erhalten bleiben. Nur über das Format war ich mir noch nicht im Klaren. Immerhin würden die Texte eine Menge Geheimnisse beinhalten, die nicht für jedes Ohr bestimmt wären. Würde das Tagebuch gar in falsche Hände gelangen, kämen nicht nur die Geheimnisse ans Licht, sondern auch Beweise mit Namen und Daten für unsere Runs. 

Ein Sicherheitsrisiko, welches ich nicht einfach eingehen darf. 

Also wandte ich mich vertrauensvoll an meinen Lieblings-Technik-Experten Liam und fragte, „Gibt es eine Möglichkeit elektronische Texte sicher zu verschlüsseln und irgendwo zu speichern?“

„Nein.“, lautete seine simple Antwort. 

Liam liebt simple Antworten ohne weitere Erklärungen. 

Ich nicht. Was er weiß. 

Also sagt er, wie in dem Fall, nur „nein“ und ich mache dann große Augen und sehe ihn lieb an, lege den Kopf schief und klimpere mit den Wimpern. Das ganze Brimborium halt, auf das die Metamenschheit so abfährt und dann rückt er mit mehr Details raus. So läuft das zwischen uns. Jedes mal. 

„Es gibt keinen Code, den nicht irgendwer knacken kann. Denk nur mal an Arcade. Die Matrix ist eh nicht sicher.“, erläuterte er. 

Lustig übrigens, dass nur Monate später der gesamte Konzern-Gerichtshof zu behaupten begann, die Matrix sei seit Einführung der neuen Protokolle absolut sicher! Wir, als getreue anständige Bürger mit gültiger SIN, könnten all die Wireless-Boni und die Matrix so viel nutzen, wie wir wollten, ohne dass die Sicherheit jemals wieder gefährdet sei. Aber was erzähle ich? Ihr habt das ja alle mitbekommen. Vorsichtshalber wiederholen sie das seit dem 1. Dezember 2074 andauend und bleiben bei ihrer Aussage. 

Ich kann viele hier bei dem Spruch über die sichere Matrix jedes mal lachen hören. Aber selbst wenn nicht, Liam wird ohne Abstriche bei seiner Aussage bleiben. Die Matrix ist nicht sicher und Liams Wort ist mir mehr wert, als das jedes Konzerngerichtshofes. 

In der Matrix konnte ich mein Tagebuch also nicht sicher unterbringen. 

Als Shadowrunner weiß ich selber nur all zu gut, dass Gegenstände verloren gehen oder gestohlen werden können. Egal, ob sie so groß sind, wie ein handgeschriebenes Tagebuch auf Papier in Ancient Sperethiel oder so klein, wie ein verschlüsselter Chip.

Also war die Sache mit der generellen Aufzeichnung gestorben. 

Soweit die Anekdote.

Nun besitze ich ein photografisches Gedächtnis - genau gesagt, ist es sogar mehr als das, es ist eidetisch Gedächtnis, aber Details … - was bedeutet, dass ich so gut wie nichts vergesse. Nun ist das aber mit dem fleischlichen Speicher so eine Sache. Ich vergesse zwar nichts, lege jedoch manche Dinge tiefer vergraben ab als andere und wer weiß schon, ob der Speicherplatz wirklich völlig unbegrenzt ist? Allein für die Sortierung und Verarbeitung hat es sich als hilfreich erwiesen, erlebte Dinge zu reflektieren, sich ihrer bewusst zu machen und sie dann in einer imaginieren Bibliothek in meinem Kopf an registrierter Position abzustellen. Eine Technik, die ich von meinem Mentor und meinem Liebsten gelernt habe und jeden Morgen kurz nach Sonnenaufgang in einem Ritual für Körper und Geist anwende. 

So dachte ich mir, wenn ich das mit dem täglichen Geschehen und gewonnenem Wissen tue, um alles zu sortieren, warum dann nicht auch mit dem erzählenswerten Tagebuchgeschichten so verfahren? 

Genau! 

Also tippe ich Geschichten um Runs und Co in mein Commlink, drucke sie aus und lösche den Inhalt gleich wieder. Abzüglich einiger mehr oder weniger langer Auszüge, die ich tatsächlich für die Veröffentlichung in gewissen Foren bereit halte. Die Ausdrucke reflektiere ich, sortiere sie in meine Kopf-Bibliothek und verbrenne den Ausdruck dann während meines nächsten Morgenrituals feierlich. 

Siehe da, Sicherheit und Erhalt sind gewährleistet. 

Irgendwann in der Zukunft, wenn Daten und Beweiskraft an Brisanz verloren haben, schreibe ich die Geschichte dann vielleicht einfach aus dem Kopf ab und behalte dann das reale Material.

Ich habe gerade immer wieder von Tagebuch gesprochen. Tagebuch ist tatsächlich sehr altertümlich oder ‚total retro', wie Sparky und Arcade sagen würden. Metamenschen dieses Jahrtausends bloggen oder vloggen oder haben sogar MeFeeds, in denen sie live ihr Leben online stellen. In der modernen Welt behält man sein Leben nämlich nicht für sich und sperrt es nicht in ein geheimes Tagebuch. Gedanken oder gar sein gesamtes Leben zu teilen, ist immer noch IN.

Würde ich mein Leben live oder nahezu live mit der allgemeinen Öffentlichkeit teilen, ich hätte sicher Millionen von Followern. 

Doch Schatten überleben im Licht nicht sonderlich lange und würde ich mein unglaublich aufregendes Leben mit der Allgemeinheit teilen, was wäre daran noch geheimnisvoll? Wenn ich etwas teile, dann doch nur mit einem exklusiven Kreis, nicht wahr?

Nun aber endlich zu der Geschichte, die ich heute erzählen möchte. Eigentlich sind es sogar zwei Geschichten. Eine Traurige und eine schöne Geschichte mit überraschendem Ende.

‹Es tut mir leid, dass ich dich unterbrechen muss, Drachenkätzchen. Doch ich denke, du solltest zum besseren Verständnis zunächst die Fakten erläutern, die zu deinen Geschichten geführt haben.› 

‹Ja, da hast du wohl recht Katze. Leider.›

‹Natürlich habe ich das, Drachenkätzchen.›

[Song 1: Hans Zimmer & James Newton Horner/ The Dark Knight/ Remix - Wy So Serious2] Einleitend sei erwähnt, dass der Bürgerkrieg der Drachen genau genommen durch einen metamenschlichen Konflikt, dem Krieg zwischen Amazonien und Aztlan entfacht wurde. Ich würde jetzt nicht gerade sagen, dass darin sein Ursprung lag, doch der brutale Eingriff des Großen Drachen Sirrurg auf der Seite von Amazonien warf die Frage auf, in wieweit ein Drache ungestraft und ohne Anklage Metamenschen abschlachten darf.

Hestaby beantwortete die Frage am 23.07.2073 auf ihre Weise, indem sie bei ihrer Rede vor den Vereinten Nationen das Vorgehen von Sirrurg verurteilte und seine Auslieferung an die UN forderte, damit er als Kriegsverbrecher zur Rechenschaft gezogen werden könne. Dass Hestaby in der Rede auch verlangte, die aztlanische Seite habe sich ebenso für die Exekution und die Sezierung der Gefiederten Schlange Dzitbalchén zu verantworten, geriet ins Hintertreffen, denn zum ersten Mal hatte ein Drache etwas gegen einen Drachen gesagt.

Genau diese Forderung, man solle einen Drachen an ein metamenschliches Gericht ausliefern und von Metamenschen verurteilen lassen, war es, die den Großdrachen Lofwyr, seines Zeichen Loremaster der Drachen, sogleich so sehr erzürnte, dass er nur Minuten nach der Rede gegen Hestaby vorzugehen begann. Was eine Reaktion Hestabys erforderte und so kämpfte ein Großer Drache gegen einen anderen. Ich möchte hier noch mal darauf hinweisen, dass in dem langen Lofwyr - Hestaby Konflikt, Hestaby tunlichst darauf achtete, metamenschliche Verluste weitgehend zu vermeiden, während das bei Lofwyr eine eher untergeordnete Rolle spielte.

‹Ha, Drachenkätzchen, höre genau zu, was du da gerade sagst.›

‹Ja Katze, das tue ich eigentlich immer, genauer gesagt, denke ich sogar vorher über das nach, was ich erzähle.›

‹Dann hast du sicher auch nichts dagegen, wenn ich dich zukünftig an diesen Satz erinnere, Drachenkätzchen.›

‹Natürlich nicht, Katze.›

‹Gut.›

Der große Drache Alamais und gehasster Bruder Lofwyrs beantwortete die aufgeworfene Frage einige Wochen nach der Rede auf seine Weise. Er zog mit einem Gefolge erwachsener Drachen in GeMiTo ein, ließ sich dort nieder und begann damit Metamenschen in einer Großzahl zu fressen. Seine Position war schnell klar: Drachen gehört uneingeschränkt die Herrschaft über die Metamenschheit. Drachen stehen seiner Meinung nach eindeutig an der Spitze der Nahrungskette und niemand sonst. 

Wobei ich ihm genau genommen nur zustimmen kann. Denn auch ein ganzer Haufen Metamenschen kann gegen einen Großen Drachen nichts ausrichten. Was natürlich nicht heißt, dass die Gesellschaft an sich auch nichts ausrichten kann. Abgesehen davon sollte niemandem gestattet werden, die Metamenschheit zu unterdrücken.

Jedenfalls sahen alle Konzerne und Regierungen tatenlos zu, da nur SIN-lose gefressen wurden.

Nicht dass Lofwyr Alamais Ansicht mit der uneingeschränkten Herrschaft teilte - dazu macht ihm schon allein das Verschieben von metamenschlichen Spielfiguren viel zu viel Spaß - doch er sieht Drachen zumindest soweit über Metamenschen erhaben, dass ihnen kein Gericht über Drachen zusteht. Nichts desto Trotz forderte Lofwyr in seiner Eigenschaft als Loremaster Alamais schon bald auf, das öffentliche Fressen von Metamenschen unverzüglich zu beenden. Alamais und dessen Gefolgschaft ignorierten diverse dieser Aufforderungen und verstießen damit gegen die drachischen Traditionen und Gepflogenheiten. Diesen Umstand konnte Lofwyr nicht einfach auf sich sitzen lassen. 

Nach und nach wurden weitere Große Drachen in den Konflikt gezogen und mussten auf einer Seite Position beziehen. Waren Metamenschen nun bis zu einem gewissen Punkt gleichberechtigte Partner und Angestellte oder waren sie rechtlose Vasallen, Haustiere und Nutzvieh? 

Oder profaner ausgedrückt, waren Metamenschen Freunde oder Futter?

Die weiteren Fakten und Daten präsentiere ich am Besten kurz und sortiert. Ich beschränke mich auf die Dragon-Civil-War Stränge, die ich für diese Geschichte im Anschluss direkt relevant halte.

Fakten:

• Lung stellt sich eindeutig auf die Seite von Lofwyr. Andere versuchen den Drachenkonflikt auszunutzen. Interpol und weitere Sicherheitsbehörden führen verstärkt Angriffe gegen Lungs Triaden durch. Die Triaden verlieren viele Millionen von NuYen in allen Bereichen. Schmugglerrouten werden geschlossen. Rivalisierende Triaden nutzen wiederum diese Schwäche aus. Der Große Drache Ryumyo will ebenfalls Kapital aus der Sache schlagen und setzt Yakuza darauf an. Ein Syndicate-War in Südostasien bricht aus.

• Im Laufe des Jahres 2074 verschwinden immer wieder reiche Metamenschen samt Erben spurlos. Bis August 2074 zählt man 1000 vermisste Metamenschen und mit ihren wird ein Vermögen von 11 Milliarden NuYen unauffindbar.

• Der Umsatz von SK und NeoNet fällt 2074 insgesamt um je 6%. 

• 63 der raren Drakes werden allein bis zum Mitte des Jahres 2074 getötet. Die Dunkelziffer ist weitaus höher.

• Bis Ende 2074 werden 2 Dutzend Dracheneiner durch Runnerteams vernichtet.

• Organisationen wie Alamos 20 K, Humanis, Black Lodge und Human Nation versuchen immer wieder diverse Power Sites unter ihre Kontrolle zu bringen. Außerdem unternehmen solche Gruppen Anschläge auf Drachen-Höhlen.

• In nahezu allen Großstädten der westlichen Welt finden regelmäßig Antidrachen-Kundgebungen statt.

Daten:

• Anfang März 2074 erhält UC den Auftrag drei Gegenstände aus dem Hort auf Spitzbergen vom Großen Drachen Alamais zu stehlen.

• Am 08.April 2074 dringt UC auf Spitzbergen in den Hort von Alamais ein und entwendet die Gegenstände. Alamais taucht astral auf und droht, das Team zu finden und zu töten.

• Am 18.April 2074 lässt der Große Drache Lofwyr die von UC besorgten Waffen und den Ring der Nibelungen im Hauptquartier von Saeder Krupp ausstellen und offenbart sich so als Auftraggeber.

• Am 2.Mai 2074 statte ich meinem jetzigen Professor für Thaumaturgie, dem großen Drachen Schwartzkopf, meinen Antrittsbesuch ab. Er versichert mir sofort, dass er im bestehenden Drachenkonflikt eine neutrale Position einnimmt und ich von seiner Seite aus nichts zu befürchten habe.

• Von Mitte Mai bis Ende Juli 2074 attackiert der Große Drache Sirrurg die Aztlanischen Städte, Tucson, Roswell, El Paso, Las Cruces und Corpus Christie. Zudem greift er auch Städte in den CAS an.

• Im späten August 2074 sucht Hurricane Donald den Golf von Mexico heim. Sirrurg nutzt den Sturm als Tarnung und zerstört große Teile von Puerto Rico, u.a. die NatVat Food Fertility, die für 80 % der Aztlanischen Lebensmittelproduktion verantwortlich ist. Auf Puerto Rico, Roosevelt Roads, befindet sich das Hauptquartier des Free Marine Corps. Bei der Verteidigung ihrer Anlage tötet das FMC mehrere Wywern, Spirits und Drakes.

• Am 4. September 2074 erhalte ich einen Anruf von Mr.Grey, in dem er um ein geschäftliches Treffen bittet. Bei einer Matrixkonferenz teilt er mir mit, dass sein Auftraggeber mir das Wissen über den Hort von Alamais auf Spitzbergen gerne abkaufen würde. Ich willige ein, worauf ein reales Treffen mit Mr.Grey folgt.

• Während der ersten Septemberhälfte 2074 ändert Lofwyr seine Taktik. Er lässt davon ab nur Forderungen zu stellen und greift stattdessen Horte von Alamais an. Bis Ende Oktober 2074 nimmt Lofwyr 3 von Alamais Horten ein, unter anderem auch den auf Spitzbergen und räumt sie völlig aus. Im selben Zeitraum attackieren in Konkurrenz dazu die Großen Drachen Hestaby, Masaru und Rhonabwy ebenfalls Horte von Alamais. Lofwyr hat die Drachennase deutlich vorn. Er vereinnahmt gut 70 % des von Alamais gestohlenen Kuchen, während an Hestaby nur 30 % fallen. Mittellos zurück bleibt Alamais jedoch bei Weitem nicht. Ein Großteil seines Besitzes hat er zu diesem Zeitpunkt schon lange in seinen Stronghold in GeMiTo gebracht.

• Am 11. September 2074 bittet mich Professor Schwartzkopf in sein Büro. Im Gegensatz zu sonst möchte er mich nicht als Student, sondern als Shadowrunner sprechen. Alamais wollte von Schwartzkopf eine Stellungnahme im Konflikt erzwingen. Darum hatte Alamais metamenschliche Mitglieder von Schwartzkopfs magischem Geheimorden Benandanti XXV nahe Karlsruhe in den AGS entführt. Schwartzkopf will mein Team für einen Befreiungsrun engagieren. Ich informiere meinen Mentor und rufe nach meinen Kollegen von UC. Wir können zwei der vier Entführten noch lebend retten. Die anderen sind bei unserem Eintreffen bereits tot.

• Alamais schlägt am 19. September 2074 gegen Hestaby zurück.150 Angreifer, darunter Mitglieder von Winternight und radikale aus Tir, legen an 3 Stellen am erwachten Wald in Mount Shasta Feuer. 4200 Hektar Wald verbrennen. Waffen wie Surtr werden eingesetzt. Hestaby muss persönlich eingreifen. Sie wird dabei gezeigt, wie sie Metamenschen angreift. Die Bilder beschädigen ihr Image nachhaltig,

• Am 3.Oktober 2074, um 15.00 Uhr, startet Aztlan die Operation Marauder, den Angriff auf Sirrurg. Die Ground Task Force One greift Sirrurg nahe Roswell an. Blue 227, ein neues Arti-Drachen-Waffen-Gas wird eingesetzt. Es gibt ein stundenlanges Gefecht. Als Sirrurg seine gefürchtete Entropie-Kraft einsetzt, schlägt diese auf ihn zurück. Aztlan verwendet ein spezielles Ritual, welches über 1000 Blutopfer fordert und einen wilden Sturm, sowie einen Manasturm entstehen lässt. Sirrurg fällt bei dem Gefecht. Allerdings werden 2 Gestalten am Himmel im Sturm gesehen. 20 Minuten danach gibt Aztlan den Befehl für Operation Huntress, die letzte Schlacht um Bogota, die bis zum 28. Oktober dauert. Blue 227 hat Nebenwirkungen auf Metamenschen, wie die Runner-Legende Black Mamba kurz vor ihrem Tod verkündet. Sie löst Gewalt und Rage aus, die mit dazu beitragen, dass die Schlacht so brutal ist.

• Am 28.Oktober 2074 wird zwischen Amazonien und Aztlan ein Waffenstillstand ausgerufen. UN Peacekeeping Forces erscheinen in Bogota. Das FMC schickt seine Amphibious Readiness Group im Auftrag der UN, sozusagen als Blauhelme. Die CAS unterstützten die Gruppen mit einer Flugzeugträger-Battlegroup.

• Am 1.11.74 gibt Hestaby ein Interview, um ihr Image aufzupolieren. Hierbei gibt Lofwyr die Schuld am Tod von Eyes Of Wyrm.

• Am 3.11. 2074 sammeln sich um den Mount Shasta herum magische Energien. Zeitgleich erschüttert eine riesige Explosion den Stronghold von Alamais in GeMiTo. Er und zwei weitere Drachen werden verwundet und zwei weitere Drachen sterben. Nur wenige Stunden später gehen die Drachen in GeMiTo auf die Jagd. Brände brechen aus. Allein in dieser Nacht werden über 3000 Metamenschen getötet. Die Brände wüten fast zwei Tage.

So, ich glaube, jetzt habe ich alles. Es gibt zwar noch den ganzen Ereignisstrang um Ghostwalker oder Celedyr und auch weitere diverse Angriffe von Alamais auf Lofwyr und dessen Ressourcen, aber, wie Eingangs gesagt, sie spielen für das Folgende keine wichtige Rolle und außerdem möchte ich nun endlich zur eigentlichen Geschichte kommen.

[Song 2: DeVotschKa - Nightmare Revisitited/ Overture2] ‹Bist du sicher, Drachenkätzchen, dass du diese Geheimnisse nun auch noch hinaus posaunen möchtest, nachdem du doch nun schon so viele Geheimnisse in schnöden Fakten und Daten preisgegeben hast? Dir ist doch bewusst, dass diese gesamte Einsicht in die Dinge nur sehr Wenige haben?›

‹Ja Katze, das ist mir bewusst und ja, das bin ich. - Und hey, Moment mal Katze, die Fakten vor die Geschichte zu stellen, war doch deine Idee!›

‹Natürlich war es das. Es war ja auch ein sehr gute Idee. Wenn du schon etwas erzählst, Drachenkätzchen solltest du es richtig machen. Außerdem wird es mit Abstand gelesen beeindruckend sein, was du zum heutigen Zeitpunkt schon alles wusstest.›

❄❄❄

Prag, November 4, 2074, Sonntag.

Wir waren erst vor gut vor zwei Stunden aus Boston zurück gekommen und ich hatte vor wenigen Minuten mein Bad beendet, als am frühen Abend mein Commlink klingelte.

Ich war noch völlig berauscht von der vergangenen Nacht.

Wir, in dem Fall Dave - der ziemlich kurzfristig ebenfalls einen der raren Plätze für ein Auslandssemester in Prag bekommen hatte - Moxi, Shark Finn, Harlequin und ich - waren für ein Wochenende nach Boston geflogen, um dort die große Halloween-Campus-Party am Samstag zu besuchen. Harlequin und ich waren als Paar - Oberon, König der Elfen und Titania, Königin der Elfen aus Shakespeares „Ein Sommernachtstraum“ - zur Party erschienen. 

Ich hatte ein atemberaubendes Kleid [BILD] getragen und praktisch die ganze Nacht über freien Zugriff auf Harlequins trainierten Oberkörper gehabt, da sein Kostüm vorsah, dass er sein verziertes Jackett offen und darunter kein Hemd trug. Wundervoller Weise war Harlequin unserer kleinen Tradition treu geblieben und hatte mir zum Kostüm passenden Schmuck geschenkt und nun besaß ich tatsächlich eine bezaubernde Tiara [BILD], nebst Ohrringen [BILD], Ring [BILD], fünf Haarornamenten [BILD] und einer Brosche [BILD]. Die Stücke waren ein Vermögen wert und die Tiara und die Haarornamente hatte ich eigentlich nie wieder ablegen wollen. Nicht wegen ihres Wertes, ja okay, der spielte auch eine Rolle, aber nur eine kleine. Sondern einfach, weil sie so wunderschön waren.

Halloween selbst hatten wir in diesem Jahr übrigens keine Party besucht, sondern die Nacht mit fantasievollen Holzmasken geschmückt in einer der urigen Studentenkneipen in Prag verbracht und zwar ohne Harlequin11. Er war ein paar Tage zuvor wieder aus der Stadt abgereist und hatte uns ursprünglich erst in Boston treffen wollen, da er über All Hallows Eve hinaus etwas zu tun gehabt hatte. Überraschenderweise war mein Liebster dann gegen 22.00 Uhr im üblichen Outfit, aber mit Maske, doch in der Kneipe erscheinen. Seine Erklärung was simpel und romantisch gewesen. „Ich habe es mir anders überlegt.“, hatte er leise geflüstert, als er mir eine einzelne rote Rose überreichte, „Da es in dieser Nacht keinen Ort auf der Welt gibt, an dem ich lieber sein möchte, als den, an dem du bist.“ 

Bei der Erinnerung daran, beginne ich augenblicklich zu schnurren.

In Boston hatten wir die ganze Nacht getanzt, uns amüsiert und das Glück in vollen Zügen genossen. Ich will das jetzt nicht weiter ausführen, stellt euch einfach eine berauschende Ballnacht vor. Eines muss ich jedoch noch erwähnen. Neben hunderten von verkleideten Studenten und Professoren, tauchte völlig unerwartet und zu Harlequin und mir passend als Puck verkleidet, mein Mentor Ehran auf. Er nahm mich beiseite, sah mir in die Augen und erklärte, „Ich bin sehr stolz auf dich Snowcat. Auch wenn du noch gar nicht einschätzen kannst, was du für den Clown und für die Welt getan hast.“

Mysteriös, nicht war? Das wollte ich euch nicht vorenthalten.

Ich hatte die Nacht jedenfalls genossen und es aufregend und herrlich dekadent gefunden, praktisch gleich nach der Party in das Flugzeug Richtung Europa zu stiegen. Selbstverständlich 1. Klasse.

Vor dem Abflug hatten wir uns umgezogen, aber die Diamant-Sterne hatte ich im Haar behalten. Weil ich es eben konnte.

Nun war ich, wie gesagt, immer noch beschwingt von der Party. Das Jetlag tat ein übriges und ich war glücklich, dass Harlequin mit uns gekommen war und auch die nächsten Wochen bei mir bleiben würde. Während der ganzen letzten Monate in Prag war Harlequin immer wieder einige Tage bei mir gewesen und andere eben nicht. Doch was auch immer er in der Zeit getrieben hatte, mit seiner überraschenden Rückkehr an Halloween, schien sich sein Unternehmen erledigt zu haben, er wirkte ab da freier und eine Spur gelassener auf mich. 

Zurück zum 4.November in Prag. Ich trug eine hellgraue Jeans, eine weiße BoHo-Spitzenbluse, natürlich die Haarornamente, war barfuss und probierte vor dem Spiegel, wie die Tiara dazu passte, als eben mein Commlink piepte. 

Blackstone. 

[Song 3: Ben Howard - Oats In The Water2] Unglaublich gut gelaunt legte ich die Tiara auf ein Kissen, auf dem sich Katze eigentlich gerade hatte nieder lassen wollen, die darauf die Nase verärgert rümpfte. Ich verließ das Bad, durchquere mit wenigen Schritten das kleine Schlafzimmer der Altbauwohnung, in dem Harlequin in Jeans und mit nacktem Oberkörper auf dem Bett lag und mich angrinste, als ich an ihm vorbei schwebte. Ein Zimmer weiter trat ich an das große Sprossenfenster, setzte mich auf das Fensterbrett, lehnte mich an den Rahmen, schaltete das Bild ein und nahm ab.

«Hi Katze.», meldete Blackstone sich und kam ohne weitere Umschweife zur Sache, «Ein Problem wird sich lösen!»

Ich hob eine meiner zarten Augenbrauen, «Ein Problem? Hatten wir ein aktuelles Problem?», fragte ich charmant lächelnd, während mein Hochgefühl zu zerfasern begann. Blackstone klang ernst und sah auch so aus. «Ich weiß gerade nicht, von welchem Problem du sprichst.»

«Alamais …»

Die letzten beschwingten Überreste in mir wurden schwer und begannen einen Kloss zu bilden.

«… er wird uns nicht mehr suchen können, wenn das hier vorbei ist.», erklärte der Zwerg knapp.

Ich schluckte den Kloss runter, lächelte nur noch leicht weiter und fragte ruhig, «Es wird etwas gegen Alamais gestartet?»

«Genau. Ich unterstütze die Truppen.», bestätigte er. «Am Ende wird Alamais tot sein und wir müssen uns keine Sorgen machen, dass er uns sucht.»

«Oh, ich mache mir keine Sorgen und ich habe auch keine Angst. Alamais sucht uns nicht. Sein Hass richtet sich gegen seinen Bruder. Damit ist er viel zu beschäftigt.», meinte ich bewusst fröhlich.

«Stimmt, noch ist er beschäftigt, aber vielleicht wäre er es irgendwann nicht mehr. Aber das irgendwann, das endet bald!», betonte Blackstone bestimmt.

«Ich nehme an, sein Bruder ist der Auftraggeber?», fragte ich nach.

Blackstone nickte, «So ist es..»

Das Blackstone für Lofwyr arbeitete, war schon allein ein überraschender Umstand. Dass er irgendwelche Truppen unterstützte, umso mehr. Ich hatte bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal davon gehört, dass es überhaupt zu einer entscheidenden Aktion gehen Alamais kommen sollte, was - das gebe ich gerne zu - mich zusätzlich überraschte. Hier meine ich nicht die Tatsache, dass ich nichts gehört hatte. So etwas wurde natürlich so weit wie möglich geheim gehalten. Mich wunderte nur, dass Blackstone etwas darüber wusste, bevor ich davon erfahren hatte. Andererseits war dies offensichtlich ein Kampfeinsatz und ich war nicht für meine Kampfeinsätze bekannt. Einzig und allein, weil ich ich zwar kämpfen kann, aber reine Kampfeinsätze tatsächlich nichts für mich sind. 

‹Was ja auch eine pure Verschwendung wäre, Drachenkätzchen.›, kommentierte Katze.

Ich gestatte mir ein kurzes Grinsen, ‹Stimmt Katze. Blackstone wird wahrscheinlich von Ryan davon gehört haben.›

«Wann geht es los?», fragte ich an Blackstone gewandt.

Softpaw sprang auf meinen Schoß und schnüffelte an mir. Sie schien zufrieden und kuschelte sich zurecht. Draußen auf der Strasse zog eine Gruppe von Studenten vorbei, um in das kleine Kaffee an der Ecke zu gehen. 

Das war alles so normal! 

Das leichte, normale Leben. 

Blackstone war bereits unterwegs nach GeMiTo. 

In den weitläufigen Barrens des Sprawls war niemand fröhlich schwatzend in ein Kaffee unterwegs. Jeder dort würde erst einen besorgten Blick in den Himmel werfen, bevor er eilig geduckt über die Strasse flitzte. 

Im angemessen neutralen Ton sagte ich, «Ah, du bist bereits unterwegs. Deshalb klingt deine Umgebung so anders.»

«Genau. Es dauert nicht mehr lange, dann gehts los. Ich denke, wenn es durch ist, wirst du davon hören.»

«Kann sein.“ Ich wurde etwas leiser und bat eindringlich, „Melde dich bitte dennoch, wenn es vorbei ist, dann komm ich zum See und du kannst mir davon erzählen.»

«Mach ich.», bestätigte Blackstone. «Bis dann.»

«Bis dann.»

Er beendete die Verbindung. Mehr Worte waren nicht nötig gewesen. 

Kein ‚pass auf‘, denn es war selbstverständlich, dass er auf sich aufpasste. So gut es eben ging. Da weder ich noch irgendein anderer seiner Schutzbefohlenen mit ihm unterwegs sein würden, bestand auch nicht die Gefahr, dass Blackstone sich für jemanden opferte. Also blieb nur Blackstones Dickschädel übrig, der ihn zuweilen dazu zwang, etwas unbedingt durchziehen zu wollen, damit er wem auch immer etwas beweisen konnte. Doch diesen Dickschädel besaß er schon so lange, damit kam er klar und genau der Dickschädel half ihm ja auch beim Überleben.

Viel Erfolg wünschen würde ich in einem solchen Moment auch nicht.

Ich glaubte fest daran, dass er das überlebte.

Dennoch war da dieser Kloss in meinem Hals, der größer geworden war und nun auf meine Brust drückte. 

Es ging eben gegen einen Großen Drachen. Einen mächtigeren Gegner konnte ich mir nicht vorstellen.

Softpaw sprang von meinem Schoss, um Harlequin entgegen zu laufen, der sich gerade vom Türrahmen abstieß und auf mich zukam. Er ignorierte die Katze, trat zu mir, nahm mich in den Arm und küsste mich aufs Haar. „Was ist los?“, fragte er leise.

„Das war Blackstone. Offenbar zieht Lofwyr in eine Schlacht gegen seinen Bruder Und Blackstone zieht mit.“

Harlequin zog eine Augenbraue leicht hoch, „Interessant. Eine Entscheidungsschlacht.“

Ich seufzte leicht, „Ja. wir können unsere Augen schon mal nach GeMiTo richten. Lange wird es nicht mehr dauern. Blackstone ist bereits dorthin unterwegs.“ Ich stand auf.

Harlequin zog mich dicht an sich heran, „Blackstone ruft dich erst an, wenn er bereits unterwegs ist? Feigling.“

Ich lächelte sanft, „Du meinst, er hatte Angst, ich könnte es ihm ausreden? Ich hätte es wohl kaum versucht.“ 

Ich dachte daran, wie ich Blackstone einst ausgeredet hatte, seinen Vater zu töten. Das war eine gefühlte Ewigkeit her. Mein Lächeln wurde breiter. „Aber ich verstehe, wie Blackstone auf die Idee kommt.“

Der folgende Kuss löste den Kloss in meiner Brust. 

Eine Spur ungutes Gefühl blieb.

Ich drückte es beiseite.

❄❄

Prag, November 5 2074, Montag

Noch bevor ich zur Uni ging, loggte ich mich im JackPoint ein. 

Genau - in den berühmten JackPoint. Ich hatte die Ehre erhalten, eingeladen zu werden. Frosty hatte wohl den Anstoß dazu gegeben. Jedenfalls hatte sie mir die Einladung überbracht. Man muss zwar einige Geheimnisse in den Pool werfen, wenn man Mitglied ist, aber man bekommt im Gegenzug eine Menge Geheimnisse rausgefischt. 

Noch gab es nur wenige Gerüchte. Irgendetwas braute sich in GeMiTo zusammen. Anscheinend waren so einige Runner-Teams und Söldnergruppen dahin unterwegs. 

❄❄

Den ganzen Tag über tat sich gar nicht. 

In Erfahrung gebracht hatte ich bis zum Abend nur, dass Blackstone der einzige Drake von See war, der zu dem Unternehmen aufgebrochen war.

Ich hatte zu tun und so verging die Zeit schnell.

Um in Ruhe ein Auge auf alle Nachrichten haben zu können, hatte ich mir zur Freude von Hausgeist Henry gewünscht das Abendessen zu Hause einzunehmen. Selbstverständlich verbrachte ich extrem gerne Zeit allein mit Harlequin, aber das Abendessen nahmen wir dann doch oft mit Shark Finn und Moxi ein. In der Gemeinschaftswohnung, denn sie war die größte von allen auf dieser Etage. 

Mein Mentor hatte gleich ein ganze Etage mit fünf Wohnungen in einem schönen Altbau in der historischen Innenstadt und nahe des Campus für mich beziehungsweise uns gemietet. Einige der ursprünglich feudalen Zimmer waren irgendwann immer mal wieder geteilt worden und so relativ klein an Quadratmetern, aber die Decken waren hoch und die Türen breit, so dass es sich hier auch für Shark Finn gut leben ließ. 

Kurz nach 18.00 Uhr tat sich dann etwas. 

Über GeMiTo zogen Wolken auf, die bald so undurchdringlich waren, dass es keine Satelliten-Bilder von dort geben würde. Später berichteten einige unabhängige Newsfeeds, die besonders in Schattenkreisen beliebt waren, dass selbst die sonst so spärlichen Bilder aus GeMiTo nun völlig ausblieben. Nichts drang nach draußen und nicht kam hinein. 

Das änderte sich auch während der Nacht nicht.

Unter Ausschluss der Öffentlichkeit war die Schlacht um GeMiTo in vollem Gange.

❄❄

Prag, November 6 2074, Dienstag

Ich war nicht in die Vorlesung gegangen. Dave war da, das reichte ausnahmsweise aus. Wie immer stellte er keine Fragen, als ich ihm Bescheid gab. Es war großartig einen Freund wie ihn zu haben.

Gegen 10.30 Uhr gab es die ersten Meldungen, dass sich die undurchsichtigen Wolken langsam auflösten.

Ich griff zum Commlink und wählte Blackstones Nummer.

Nichts. 

Ich landete auf der Mailbox.

Um 11.13 Uhr bestätigten diverse NewsFeeds, dass in GeMiTo eine Schlacht stattgefunden haben musste. Niemand wusste genaueres. SK-Konzern-Truppen hatten alles abgeriegelt. Sie ließen niemanden rein, auch keine Drohnen, denn es war nicht erlaubt zu filmen. Da sich um GeMiTo immer noch kaum jemand scherte, gab es zwar augenblicklich Verschwörungstheorien, aber keine annähernd größere Agentur beschwerte sich und rief nach der Pressefreiheit. Was selbstverständlich eh nichts genützt hätte. Das Gebiet war ein Slum und Konzernrecht schlug automatisch das Recht der SIN-Losen.

Ich wählte erneut Blackstones Nummer.

Wieder nichts.

Ich stand auf, um mein feinstes Origami-Papier aus der Schublade zu holen. Es schien mir ein passender Moment, um magisch in die Zukunft zu blicken.

Katze sprang auf den Tisch und sah mir zu.

[Song 4: Sleeping at Last - All Through The Night2] „Und?“, fragte Harlequin etwas später, kaum dass ich mich auch der Trance gelöst hatte. 

Ich blickte auf die undefinierbaren Papierfiguren auf dem Tisch, holte tief Luft und sagte leise, „Nichts! Ich glaube, er hat es nicht geschafft. Aber vielleicht habe ich auch nur die falsche Frage gestellt. Ich hatte ja keinen materiellen Link parat.“

Harlequin griff nach meiner Hand und drückte sie. „Dann lass uns hinfahren und nachsehen.“

Ich schaute meinem Liebsten tief in die Augen, „Und wenn er wirklich tot ist?“

Harlequin erwiderte meinen Blick, führte meine Hand zu seinem Mund und küsste sie zart, „Dann bringen wir ihn nach Hause.“

Ich nickte dankbar, „Dann könnte ich ihn zumindest beisetzen.“

Doch noch hatte ich die Hoffnung nicht aufgegeben. 

Ich informierte Moxi und Shark Finn.

Während Moxi packte und Harlequin eigene Vorbereitungen traf, fuhr ich mit Finn in die Universität, suchte die medizinische Fakultät auf und schwatzte einem der Assistenten einen kühlbaren Bodybag ab. Sollte es wirklich Blackstones Leichnam sein, den wir fanden, wollte ich vorberietet sein.

❄❄

Zu Hause kontrollierte ich eher flüchtig den Inhalt meines Daypacks. Ich wusste, dass ich mich auf Moxi verlassen konnte. Ich schlüpfte in Form Fitting Body Armor, eine dunkelgraue Jeans, einen dunkelgrauen Pullover und meine dunkelgrauen-Chrom Dr.Martins.

Um 15.32 Uhr rief noch mal bei Blackstone an und da niemand ran ging, stiegen wir alle vier in unser SUV und fuhren Richtung Süd-Osten. 

Bis GeMiTo waren es etwas mehr als 1000 Kilometer.

Henry hatte uns Lunchpakete zusammen gestellt, die einfach richtig lecker waren. Das machte die Reise angenehmer. Doch obwohl das Essen schmeckte und ich mit meinem zwei besten Freunden und meinem Geliebten unterwegs war, wurde mein Herz von Kilometer zu Kilometer schwerer. Nicht weil wir GeMiTo näher kamen, dort wollte ich lieber früher als später sein. Nein, mit jedem Kilometer verging Zeit und jeder Augenblick war einer, an dem Blackstone sich nicht meldete und damit stieg die Wahrscheinlichkeit, dass er es wirklich nicht geschafft hatte. 

Doch da war weiter Hoffnung. Er konnte in einem Lazarett gelandet sein oder irgendwo in GeMITo verletzt liegen. Das waren keine tollen Aussuchten, aber genau für diesen Fall waren wir bereits unterwegs.

Ein gruseliger Gedanke schlich sich während der Fahrt ein. Alamais konnte gewonnen haben und Blackstone in Gefangenschaft geraten sein. Nein, das wollte ich nicht glauben. Die Truppen von SK hatten das Gelände abgeriegelt, das sprach doch für Lofwyr.

Ich schob diesen Gedanken beiseite. Ich hatte noch nie zu einer geistigen Achterbahnfahrt geneigt und auch dieser Tag war keiner, an dem ich damit beginnen würde. 

Ich konzentrierte mich stattdessen lieber auf den männlichen Duft von Harlequin, auf seine tröstende Gegenwart und darauf, dass es mit ihm an meiner Seite nichts gab, was ich nicht überwinden konnte. Ich kuschelte mich in seinen Arm und schlief tatsächlich ein.

Da Moxi und Shark Finn abwechselnd fuhren und beide nicht viel Schlaf brauchten, machten wir kaum Pausen und legten die 1000 Kilometer in unter 11 Stunden zurück. 

Harlequin war immer dicht neben mir gewesen. Das war ein gutes Gefühl.

GeMiTo, November 7 2074, Mittwoch

Wir erreichten die Ausläufer des Sprawl um 2.04 Uhr. 

Aus leicht erhöhter Position hatten wir einen guten Blick auf das riesige Gebiet

Der helle, umzäunte Fleck der Konzernenklaven hob sich strahlend von der Umgebung ab. Wir ließen ihn links liegen und nahmen Kurs auf den Bereich, der dicht am Gebirge und in Dunkelheit lag. Der Part hatte keinen Strom und die Luft darüber war rauchgeschwängert.

Wir waren den Großteil der Nacht unterwegs gewesen, direkt und ohne Umwege unser Ziel vor Augen.

Nun war es Zeit in die Grube hinab zu steigen und zu sehen, was dort wirklich wartete.

Gemeinsam würden wir es schaffen. Dessen war ich sicher.

 Die breite Schnellstrasse befand sich schon lange nicht mehr im besten Zustand. Einige ausgebrannte Fahrzeugwracks hatte man zur Seite geschoben und völlig ausgeschlachtet.

Wir waren vorbereitet, als wir uns dem ersten SK-Kontrollpunkt auf der Strasse näherten. Unser Wagen sah aus, wie ein Luxus SUV von SK. 

Harlequin, Moxi und Shark Finn waren unter den illusionären SK-Uniformen samt Helm nicht zu erkennen. Ich selbst saß hinten, trug ein Business-Kostüm, einen gepanzerten Mantel und sah aus wie Claudia Romanov. Natürlich alles auf Basis einer von mir gezauberten Körpermaske. 

Es war Harlequins Idee gewesen, dass ich bei den Kontrollen wie Lofwyrs Lieblings-High Society Elfe aussehen sollte. Dafür, dass man uns nicht weiter aufhielt, würde er schon mit entsprechender Magie sorgen.

Wir fuhren vor, ich ließ das Fenster runter und fragte den SK Mann frech nach dem Weg zur Basis.

Er zögerte nur kurz, meinte dann „Folgen sie einfach der Strasse. An der Kreuzung halten sie sich Richtung Nord-Osten, die Basis wurde 20 Kilometer weit Richtung Compound vorverlegt. Dann trat er beiseite und ließ uns durch, ohne einen Ausweis sehen zu wollen. 

Magie war schon etwas Feines.

[Song 5Steve Jablonsky/Transformers, Age Of Extinction - Honor To The End"] Wir passierten den Bereich, der vor Beginn als Basis gedient haben musste. Große Flächen waren frei geräumt worden. Leere Transportkisten standen umher.

Wir fuhren die Hauptstrasse entlang. 

Der Anblick der uns erwartete, war ernüchternd und deprimierend.

Die Häuser waren verbrannt und eingefallen. Teilweise waren Dächer aufgerissen, als wären sie Konservendosen. Überall lag Abfall herum. Keine Metamenschenseele war auf der Strasse zu sehen. Nirgends brannte Licht. Der Gestank nach verbranntem Fleisch und geschmolzenem Metall lag in der Luft.

Gegen diese Strassen waren die Barrens in Seattle das Paradies. Selbst in Chicago hatte es besser ausgesehen.

Je weiter wir fuhren, desto stärker häuften sich die Kampfspuren. 

So musste wohl die Hölle auf Erden aussehen, kurz nachdem man sie verlassen hat.

Ich nahm astral wahr. Die Verzweiflung war hier bereits eingemeißelt und über all dem lag ein weitaus höhere Hintergrundstrahlung voller Gewalt, Tod und zerstörender Magie, die sich bereits abzubauen begann. 

Bis auf einen gesicherten Konvoi, der uns nicht weiter beachtete, begegneten wir niemandem.

Wir fanden die Basis problemlos.

Erneut half uns Illusions- und beeinflussende Magie und eine Portion Charme durch die Absperrung. 

Im Lager waren eindeutig SK-Truppen stationiert, doch die Kräfte wirkten, als wären sich frisch und unversehrt. 

Anders sah es da bei den Männern und Frauen ohne SK Abzeichen aus. Alle wirkten erschöpft, sie waren verletzt und bandagiert und auch nicht einer von ihnen wirkte unversehrt. Einige saßen an eine Hauswand gelehnt, das Sturmgewehr noch auf dem Schoß. 

Und verdammt, das waren hier nur ein paar Hand voll Metamenschen. Ich hatte gedacht, dass hier viel mehr Leute sein würden, aber vielleicht waren sie auch schon zu einem großen Teil weg, auf dem Heimweg zum Beispiel. 

Wir parkten am Rand, passten unser Äußeres dem der anderen im Lager an und suchten die Reihen der Schwerverletzten ab. 

Wenn Blackstone hier war, musste er so schwer verletzt sein, dass er sein Commlink nicht nutzen konnte. Ein Grinsen huschte über mein Gesicht, oder sein Commlink war wieder mal kaputt gegangen. Blackstone besaß ein Händchen für kaputte Commlinks und wenn wieder mal eines kaputt gegangen war, dann konnte er natürlich auch nicht rangehen.

Ich hatte schon eine Menge schwer Verletzte nach Strassenschlachten gesehen. 

Das hier war schlimmer. 

Verbrennungen, Verätzungen, fehlende Gliedmaßen, riesige Schusswunden und aus einigen war einfach ein großes Stück raus gebissen worden. Die Medics taten, was sie konnten, aber sie hatten keine Magie und ehrlich gesagt, waren sie auch nicht gerade überragend ausgerüstet.

In den Reihen der Schwerverletzten fand ich Blackstone schon mal nicht. Das war weder gut, noch schlecht. Es besagte nur, dass er nicht darunter war.

Eine Art Leichenhalle in der die Toten gesammelt wurden, gab es nicht, also zogen wir weiter.

Wir bewegten uns an den linken Rand der Basis und ließen die Körpermasken fallen.

Shark Finn und Moxi behielten die Umgebung im Auge, aber es sah nicht danach aus, als würde uns irgendeine Art von Gefahr drohen.

Auf einem Autowrack saß ein kräftig gebauter, offenbar stark verdrahteter, menschlicher Mann, der von den Spuren des Kampfes schwer gezeichnet war. Ein Cyberarm hing völlig bewegungslos an ihm herab und er versuchte mit seinem funktionierenden Arm einen Verband an seinem Hals zu fixieren, der offenbar verrutscht war. Dieser Mann hatte definitiv an der Schlacht teilgenommen. Vielleicht wusste er irgendetwas, was uns dabei weiterhalf Blackstone zu finden und wenn es auch nur die Antwort auf die Frage war, wohin man die Leichen gebracht hatte.

Harlequin hielt Moxi und Shark Finn zurück, als sie vorgehen wollten, „Der sieht mir nach einem harten Kerl aus, der nicht viel redet. Lasst sie das alleine machen. Dann hat sie größere Chancen. Tun wird er ihr nichts.“

Also hielten meine drei Begleiter etwas Abstand. Etwas - sie alle wachten über mich.

„Hey.“, begann ich lächelnd, „darf ich dir mit dem Verband helfen?“

Mein Gegenüber kniff die Augen zusammen, eigentlich wollte er schon ablehnen, doch dann besann er sich, „Klar.“ Wow, seine Stimme war tief, er klang geschafft, aber das Testosteron in ihm war immer noch zu hören. „Ich weiß zwar nicht, warum, aber mach ruhig.“, ergänzte er. Dann beäugte er meine Begleiter skeptisch.   

Ich hockte mich zu ihm, holte mein Medkit vor und zog den Verband vorsichtig ab, um ihm zu erneuern. Seine Wange, sein Hals und seine Schulter waren verbrannt worden. „Ich sollte da was drauf tun, das eine Infektion verhindert und deine Schmerzen lindert.“, bot ich an, „Ich bin übrigens Snowcat.“

Er schluckte kurz, „Hallo Snowcat. Ich bin Helix4. Lass mal, das mit den Schmerzen halt ich aus.“ Er biss die Zähne zusammen, als ich die Verbrennung vorsichtig abdeckte. Dann entspannte er sich leicht. Er hatte mit größeren Schmerzen gerechnet. Ja, ich habe zarte Hände, die extrem sanft sein können, das bekam er zu spüren und natürlich gefiel es ihm.

„Dann bin ich schon fertig Helix.“ 

„Danke.“, meinte er knapp.

Ich seufzte, „Ich hatte gehofft, mehr für dich tun zu können, damit du mir im Austausch dafür erzählst, was hier passiert ist.“

Helix warf mir einen misstrauischen Blick zu, „Echt jetzt?“ Na hier hat ein verdammter Drachenkrieg stattgefunden. Darüber willst du was wissen? Bist du ein Reporter oder so was?“

Ich lächelte zart, „Nein.“, dann wurde ich etwas leiser, „Ein Freund von mir hat hier teil genommen. Ich habe gehofft, deine Geschichte könnte mir helfen ihn zu finden.“

Das Gesicht von Helix wurde noch ernster, „Mir ist zwar nicht danach darüber zu reden, aber das ist was anderes.“ Er machte eine kurze Pause, „Nur gut ein Viertel von uns hat überlebt.“, meinte er dann.

 Ich schluckte. 25 % Überlebenschance waren nicht sonderlich hoch, aber Runner scheren sich nicht um Chancen.

„Was willste denn wissen?“, fragte Helix nun.

„Hmm? Ich weiß nicht so genau. Am Besten alles von Anfang an?“

Helix hob skeptisch eine Augenbraue, doch dann nickte er, „Na gut. Ich erzähl was.“

Er lehnte sich zurück und ich setzte mich neben ihn. „Dürfen meine Freunde auch hören, was du zu sagen hast.“

Helix zuckte erst mit der intakten Schulter und nickte dann erneut.

Ich winkte meine Begleiter zu mir, dann reichte ich Helix eine Flasche mit Wasser und bot ihm schließlich eine Zigarette an, „Ist ne Snuff.“, kommentierte ich.

Helix lachte trocken, „Ja gern. Zur Abwechslung mal wieder `nen bisschen leckeren Rauch in netter Gesellschaft.“ Er warf Moxi einen anerkennenden Blick zu, wandte sich aber an mich, „Also, von Anfang.“

[Song 6: Steve Jablonsky/Lone Survivor - Lone Survivor2] Ich zog Cravens Zippo, das immer noch mein Begleiter war, aus meiner Gürteltasche, verbarg vorsichtshalber das Ancients-Symbol und gab Helix Feuer. 

Er nahm einen Zug und stieß nachdenklich den Rauch aus, „Es ist tatsächlich erst einen Tag her, als wir hier alle so nach und nach eingetroffen sind. Ich bin mit meinem Team, den Alphas, hier rein geschneit.“ Er hielt kurz inne, „Bin der einzige von uns, der überlebt hat.“ Dann grinste er, „Ich mein, ja, ein Auftrag für einen Drachen, aber die Summe war einfach so gewaltig, die allein ließ sich kaum ausschlagen. Dann das Angebot an einer solchen Schlacht teilzunehmen, da waren wir sofort dabei. Ging hier alles ziemlich unkoordiniert zu. Jeder hat sich `nen Zelt gesucht, selbst seine Ausrüstung aufgebaut, das Safe-Targeting-System geladen und das ganze Zeug. Dann haben wir gewartet. Irgendwann kamen dann die ersten Drachen. Richtig erwachsene Drachen. Das hat die Stimmung nicht grad verbessert. Wir kannten ja die Bilder aus den News, wo Drachen Metamenschen fressen und so. Die Drachen waren nicht gerade freundlich. Irgendwann ergab ein Wort das andere und bevor es überhaupt los gegangen war, killt ein Drache einen Menschen. Da war fast schon alles versaut. Aber die Bitch von Lofwyr…“ 

Helix sah zu mir und da ich nicht wusste, wen er meinte, erklärte er kurz, „dieser Scale, sein Drake und Troubelshooter, griff ein und schaffte es, alle zur Ruhe zu bewegen. Dann verurteilte er den Drachen im Namen von Lofwyr und befahl den anderen Drachen den Schuldigen zu exekutieren. Oh man, das war kein schöner Anblick wie die anderen Drachen den in Sekunden zerfetzt haben. Hässlich, aber irgendwie auch beeindruckend. Scale hat dann klar gemacht, dass Metamenschen, die gegen die Drachen vorgehen, das gleiche Schicksal erwartet. Es war auch bei Todesstrafe verboten Aufnahmen von den Kämpfen zu machen oder irgendwelches Material von Drachen mitzunehmen. Man denkt anders über das Einhalten von Regeln, wenn man gesehen hat, wie ein Drache von anderen zerfetzt wird.“ 

Helix grinste kurz wölfisch, „Ja, schöne Snowcat, das gilt auch für Kerle wie mich. Jedenfalls haben alle das Safe-Target-System geladen und wir haben gewartet und irgendwann gab es dann ein Rauschen am Himmel und Lofwyr persönlich kam an. Nicht in einer Limousine, wie man es aus dem Trid kennt, sondern leibhaftig in seiner goldenen Drachengestallt.“ 

Helix trat die Zigarettenkippe aus und trank einen Schluck Wasser. Erst dann fuhr er fort, „Man was für eine Präsenz. Und wir er da als Drache gelandet ist, so ein dramatischer Auftritt. Heftig.“

Lofwyr, seine Gegenwart allein könnte mich ein einen Ort locken. Nicht dass ich dann in die Schlacht gezogen wäre. Dennoch, ich war beeindruckt, denn wenn jemand wie Helix beeindruckt von der Präsenz von Lofwyr war, dann muss sie wirklich beeindruckend sein.

‹Im Gegensatz zu diesem Satz, der nun weniger beindruckend war, Drachenkätzchen.›, warf Katze ein.

Ich verzog das Gesicht, ‹Ich wollte nur ausdrücken, dass ich Lofwyr gerne mal treffen würde Katze.›

Katze rümpfte das Näschen, ‹DAS ist nun KEINE Überraschung, mein Drachenkätzchen.›

Helix trank noch einen Schluck und fuhr fort, „Lofwyr hat sich dann gleich mit Scale zurückgezogen, um das Vorgehen zu besprechen oder so. Später sind dann noch die Großen Drachen Lung …“

Ich hob überrascht eine meiner zarten Augenbrauen. Lung war auch hier gewesen? Wow.

„ … und Arleesh auch noch gekommen. Allerdings deutlich bescheidener und in metamenschlicher Gestalt. Tja und dann, um genau Achtzehnhundert am 5. ging es los.“

Nun begann Helix den weitaus weniger schönen Teil der Geschichte zu erzählen, der mit zunehmenden Worten furchtbarer wurde.

Bevor sie losmarschierten, waren die Wolken aufgezogen. Niemand sollte Bilder von der Sache machen können, auch keine Außenstehenden.

Ich erfuhr, dass das Lager zunächst 60 Kilometer von Alamais Stronghold entfernt gelegen hatte. Ein langer Weg.

Nach nicht mal einem Kilometer war die Zufahrt Richtung Berg breiter geworden. Man brauchte solchen Platz ja auch, wenn man eine Armee aus Söldnern und Runnern auf Panzer und T-Birds bewegen wollte. Darum hatte man diesen Weg wählen müssen.

Zunächst hatte es ausgesehen, als wäre das ein Easy-Job. Nichts geschah, niemand stellte sich ihnen in den Weg, Doch dann waren die ersten Panzer auf Mienen gelaufen und zerstört worden. Zu diesem Zeitpunkt war Helix klar geworden, dass Alamais sich verdammt gut vorbereitet hatte. 

Dann waren Geister gekommen und hatten einen Teppich aus Glasperlen auf dem Weg verteilt. Gasperlen, auf denen Zauber verankert worden waren, die ein Inferno entfacht hatten, wenn sie bei Berührung ausgelöst worden waren. 

Man hatte die Strasse also erst räumen müssen und inzwischen hatte die Wolkendecke sich weiter verdichtet.

[Song 7: Hans Zimmer/Black Hawk Down - Leave No Man Behind2] Als man 20 Kilometer des Wegs hinter sich gebracht hatte, waren feindliche Drachen auf der Mauer vor dem Compound aufgetaucht und die Angst war in den Reihen der befreienden Armee eingekehrt. Ich hörte von Helix, wie weitere Panzer erschienen waren und die Drachen sich in die Lüfte erhoben hatten.

Ein Luftabwehrkampf war entstanden. Man hatte Raketen auf Drachen abgefeuert. Doch die Armee war ebenfalls gnadenlos durch die feindlichen Drachen angegriffen worden. Feuer und Eis war auf die Runner herabgeregnet, hatte die Panzer zerstört und das Verderben über die Metamenschen gebracht. 

Lofwyr hatte der Schlacht aus sicherer Entfernung zugesehen und dann endlich eigene erwachsene Drachen geschickt. Doch die Freude darüber war nur kurz gewesen, denn die feindlichen Drachen waren um so vieles kräftiger, als die Drachen auf Lofwys Seite. So viel kräftiger, dass sich Helix an dieser Stelle der Erzählung fragte, ob das nicht bewies, dass Metamenschen tatsächlich die Nahrung waren, die für Drachen vorgesehen war.

Ich sag es euch ganz ehrlich, ich stellte mir in jenem Moment die selbe Frage.

Die Drachen von Alamais hatten unzählige Gegner zu Asche verbrannt, einige komplett gefressen, Gliedmaßen ab- und Oberkörper aufgerissen. 

Dabei hatten sie immer wieder besonders Jagd auf erwachte Gruppen gemacht.

Zwei der Drachen waren in den Reihen der Truppen gelandet und hatte gewütet. Gemeinsam war es den Männern und Frauen gelungen, einen der Drachen zu vernichten, woraufhin der andere geflohen war.

Nach drei Stunden Schlacht waren die Reihen auf der Seite von Lofwyr bereits erschöpft gewesen und dann waren wieder Geister gekommen.

Sie hatten sich inmitten von Gruppen magisch Aktiver manifestiert und hatten sie dann mit der Macht alle Elemente angegriffen. Helix hatte mit eigenen Augen gesehen wie 15 Geister sechs Spellslinger fertig gemacht hatten. Nach diesem Geisterangriff hatten die ersten Runner zu fliehen begonnen. Frische Drachen waren aufgetaucht und diese hatten zur Schau gestellt, wie viel Spaß es ihnen bereitete, sich aus den Reihen der Gegner gütlich zu tun.

Luftgeister waren gekommen und hatten neue Glasperlen auf die Angreifer herabregnen lassen. Abermals war ein Inferno ausgebrochen und die Medics, die erschienen waren, um zu helfen, hatten nur weitere Explosionen ausgelöst.

Obwohl Helix immer wieder Wasser trank, klang seine Stimme nun rau und trocken, „Dann war plötzlich ne halbe Stunde Pause. Das war gespenstisch. Dann kamen die Drachen zurück und diesmal haben sie Granaten auf uns fallen lassen. So was sollten Drachen nicht tun.“

Ich nickte und meinte mitfühlend, „Ich verstehe genau, was du meinst.“

Helix fuhr fort, „Eine der Granaten hat mir erstmal den Rest gegeben. Blackout. Ich kam beim Medic wieder zu mir. Da war mein Arm schon hin. Er hat ihn dann notdürftig geflickt, meinte `ne Weile wirds noch irgendwie gehen, aber dann brauch ich `nen Neuen.“ Helix verzog das Gesicht zu einem schiefen Grinsen, „Na, die Kohle hab ich ja jetzt.“ Er räusperte sich. „Plötzlich war dann Lofwyrs Stimme im meinem Kopf. In unser aller Köpfen. Er rief was von ‚wir müssen die linke Flanke halten!‘ Ich bin dann wieder los, direkt nach links und da waren dann Runner und Truppen von Alamais. Und die sind natürlich frisch. Das war schlimm.“ Helix schüttelte sich kurz, „Das ganze hat 4 Stunden gedauert. Uns ging die Muni aus und wir alle dachten schon, das wars, hier endet es jetzt. Tja und dann haben die Runner von Alamais plötzlich die Seiten gewechselt.“ 

Er grinste breit, „Die hatten wohl plötzlich so`ne Ahnung, sie könnten auf der Seite als Drachenfutter enden. Gemeinsam kamen wir weiter. Muni wurde geteilt und dann kamen auch verbündete Geister. Perfekt war es nicht. Es gab verschiedene Mienenfelder. Man es gab solchen Drek wie Ymir, Seven Seven und sogar Anti-Panzer-Mienen. Das hat und zu schaffen gemacht. Aber da war wieder Hoffnung und es ging voran.“ 

Helix trank den letzten Schluck aus der Wasserflasche und fuhr fort, „Lange Grund zum Freuen hatten wir aber nicht, kaum dass wir aus dem Gröbsten raus waren, erscheinen am Himmel 10 frische Drachen von Alamais und die wenden sich in Richtung von Lofwyr und den anderen Großen Drachen. Wir hatten keine Ahnung, was da abging. Die hoverten in der Luft. Wie bei so ner stummen Diskussion. Wir Runner ziehen uns alle ein Stück zurück, nutzen die Zeit und behandeln Verletzte. Das da am Himmel ging bestimmt ne halbe Stunde.“ Helix erschauderte kurz, „Danach war der Hass in den Augen der feindlichen Drachen gegen Metamenschen für alle erkennbar. Ich dachte, jetzt ist es aus, jetzt machen sie auch dich platt. Aber als die gerade auf uns herabstürzen wollen, schwingt sich der Große Drache Arleesh plötzlich in die Lüfte und geht dazwischen.“ 

Helix lachte trocken, „Ich glaub, das hat sie alle überrascht, auch die verbündeten Drachen. Tja, zwei von den Alamais-Drachen dachten wohl, dass sie sich nun gegen die Großen Drachen wenden können und jagen also auf Lung und Lofwyr zu.“

Helix sah mir in die Augen, „Ich hatte in der Nacht schon viel Unglaubliches gesehen, aber das übertraf alles. Lung wendet sich den Angreifern zu und ein riesiger roter Blitz kracht auf die herab und die zwei Drachen explodieren. Lösen sich auf. Einfach so. Als die Drachen im Gefolge von Alamais das sehen, wenden sie sich ab und machen, das sie weg kommen. Die fliehen einfach, aber da hatten sie die Rechnung ohne Arleesh gemacht, denn die ist hinterher.“

„Wow.“, bemerkte ich fast tonlos. 

Helix Grinsen wurde breiter, „Tja, ohne Drachen erreichen wir die Mauer vor dem Compound später dann. Lofwyr gab ne Zeit darauf Spezialteams die Anweisung die Mauer zu sprengen und dann sollten wir rein. In so einen Innenhof auf den Weg in den Berg. Der war wohl übersät mit solchen Glasperlen. Angeblich haben Magier dann mehr als ein Dutzend Geister geholt, um die Perlen aus dem Weg zu räumen.“ 

Nun lachte Helix5 laut und ich erschrak, „Tja aber das hab ich schon nicht mehr mitgemacht, sondern nur noch über Funk gehört. Denn kurz vor der Mauer gibt mein Arm dann völlig den Geist auf und ich kann mich nur noch zurück ziehen. Das nächste Spektakel fand ohne mich statt. Zu diesem Zeitpunkt waren meine Freunde schon alle tot.“ 

Helix richtete sich stolz auf, „Ich bin der letzte Lebende der Alphas.“

„Es tut mir leid, das keiner deiner Freunde es geschafft hat.“, sagte ich sanft.

Meine Begleiter hatte die Geschichte ebenfalls mitgenommen. Das war ihnen anzusehen. 

Dann grinste ich Helix an, „Aber du lebst und das solltest du feiern.“

Er grinste zurück, „Werd ich auch, wenn ich wieder halbwegs hergestellt bin.“ Er warf einen Blick nach oben Rechts, „Mein Abtransport wird bald da sein.“

Ich lächelte, „Du weißt also, wie du hier wegkommst. Das ist gut. Kannst du mir vielleicht noch auf der Karte markieren, wo der Compound ist?“, bat ich Helix und schob ihm via AR eine Karte zu. 

Der Sammie nickte, „Klar mach ich. Aber pass auf, es ist immer noch gefährlich da draußen.“

„Das mach ich und meine Freunde auch.“, versprach ich.

Helix erhob sich und schnappte mit dem funktionierenden Arm seine Sachen, „Weil du gerade Freund sagst, wie sieht er denn aus, dein Freund, der hier dabei war?“

„Er ist ein Zwerg. Als ich ihn das letzte mal gesehen hab, war seine Haut schwarz und Bart und Haar waren weiß. Doch ich kann mit vorstellen, dass er sich Bart und Haar für den Anlass auch schwarz gefärbt hat.“ Ich zeigte Helix ein Bild von Blackstone, das ich vorsichtshalber geladen hatte.

Helix riss die Augen auf, „Hey, den hab ich tatsächlich gesehen. Der lief am Anfang mit einer Gruppe von Zwergensöldnern rum. Ich bin mir sicher den sogar später noch kurz vor der Mauer gesehen zu haben. Bis dahin ist der harte Hund also gekommen.“

Ich küsste Helix zart auf die Wange, „Danke, das sind sehr gute Neuigkeiten.“

Wir hatten die Koordinaten. Es waren noch gut 40 Kilometer bis zum Ziel, also fuhren wir mit den Wagen.

Die Spuren der letzten Zeit und vor allem von der Schlacht vor einigen Stunden waren allgegenwärtig. Zu den Zerstörungen an Strassen und Häusern gab es verstümmelte und verkohlte Leichen. Explosionsflächen waren zudem überall zu sehen. 

Das drückte auch bei uns auf die Stimmung. 

Die Hintergrundstrahlung war hier noch höher, aber auch sie nahm bereits wieder ab. 

Wir fuhren vorsichtig und langsam. Ich hatte vorsichtshalber einen meiner Geister gebeten, uns Schutz vor Unfällen zu gewähren, auch wenn die Gefahr gering war, dass wir auf eine dieser Perlen oder eine Miene stießen. 

Selbst wenn die metamenschlichen Überreste beseitig werden würden - und ich hoffte wirklich sehr, dass dies geschah - würde das immer noch ein zerstörtes Gebiet sein.

Ich fuhr mit gemischten Gefühlen die Strasse runter. Einerseits hatte Helix Blackstone gestern Morgen noch gesehen. Andererseits, wenn er schon seit Stunden irgendwo lag und sich nicht meldete, musste es schlecht um ihn stehen. Aber vielleicht war wirklich nur sein Commlink kaputt oder er gehörte gar zu denen, die mit im Stronghold waren und dort ausräumten. 

Harlequin griff meine Hand. Das beruhigte mich sehr.

Als wir die zerstörte Mauer ein Stück vor dem Berg bereits sehen konnten, entdeckte Harlequin einen Troll in einer Seitengasse, der an die Überreste einer Häuserwand gelehnt war und offenbar schlief. Tot war er nämlich nicht, wie uns seine Aura verriet.

Wir parkten und näherten uns dem Troll langsam und ohne Körpermaske.

Als er uns kommen hörte, riss er seine Waffe hoch, doch er feuerte nicht.

Die Sonne war inzwischen aufgegangen. Das Tageslicht machte hier rein gar nichts besser. Es zeigte viel mehr, wie furchtbar alles war.

„Verschwindet!“, rief der Troll, ohne die Augen zu öffnen. „Ich hau erst ab, wenn ich ausgeschlafen hab.“

Ich kürze hier mal ab. Wir verschwanden nicht und es kostete mich zwar deutlich mehr Mühe, als bei Helix, aber am Ende erlag der Troll meinem Charme, auch wenn er mich und Harlequin als Löwenzahnfresser bezeichnete. Dann begann er irgendwann zu plaudern. Er war mit Sicherheit sonst kein Mann vieler Worte, doch Street Rage7, wie der Runner hieß, war dann doch irgendwie froh seine Geschichte erzählen zu können. 

Ich war meinerseits froh, sie hören zu dürfen, denn Street Rage war einer der Runner, die zuvor für Alamais gearbeitet hatten und übergelaufen waren. 

Er berichtete, dass ihn zunächst auch das Geld gelockt hatte und, dass für ihn ein Drache wie der andere gewesen war. Doch schon bald hatte er, hatten sie alle, geahnt, dass es hier doch eine falsche Seite gab. Diese Drachen hielten nichts von Metamenschen. Sie hatten sie als Vieh bezeichnet und auch so behandelt, als wären sie welches.

Während der Kämpfe war ihnen dann klar geworden, dass Alamais und seine Drachen gar nicht vorgehabt hatten, einen von ihnen zu bezahlen und da hatten sie beschlossen überzulaufen. Ohne direkte Absprache. Zunächst wäre dies beinahe an Lofwyrs Veto gescheitert, aber Scale - erinnert mich später bitte daran, dass ich Scale in die Liste der Männer aufnehmen muss, die es lohnt, kennen zu lernen - aber Scale hatte seinen Meister vom Gegenteil überzeugt und so hatten Lofwyrs Leute ihnen schließlich Deckung gegeben und ihnen das Überlaufen gestattet.

„Darum konnte ich dann das ganz große Ding sehen.“, berichtete Street Rage. Seine Stimme dröhnte tief in seinem Brustkorb. Er war ein gewaltiges Stück größer als Shark Finn und um ein vielfaches hässlicher. Was zwar unwichtig ist, ich hier aber der Form halber erwähnen wollte. 

[Song 8: Steve Jablonsky/ Transformers/Revenge Of The Fallen - I Rise, You Fall2] „Willste hören wie sich das abgespielt hat? Was hier los war, bevor sie all die Überreste davon beseitigt haben?“ Er spuckte zur Seite aus, was gute Manieren an den Tag legte. Das meine ich nicht ironisch, er hätte ja auch versuchen können, mich anzuspucken. „Natürlich nur den ganzen Drachenkrams, die niederen Leichen haben se liegen gelassen.“ Street Rage lachte bitter.

„Ich würde das gerne hören.“, sagte ich freundlich, „Wenn du es denn erzählen magst.“

„Man, bist du höflich.“, fuhr der Troll auf, „Aber weil du irgendwie auch, ach egal. ich erzähls, weil ich will. Also, stell dir vor, wir sind da alle vor der Mauer, noch vor der Sprengung, die anderen Drachen sind gerade weg und da taucht plötzlich die riesige, hässliche Gestalt von Alamais über der Mauer auf. Der goldene Lofwyr fackelt nicht lange und kommt dazu. Kabämm, ein Kampf Drache gegen Drache geht los. Wir strecken alle wir gebannt unsere Köpfe nach oben. Der Goldene legt gleich gut los, landet `nen bösen Biss in den Nacken von Alamais. Was fürn Glück, dass der nicht schwächer als seine Mistbratze von Bruder ist. Hätte man ja befürchten können, nachdem man die anderen Drachen im Vergleich gesehen hat. Klar auch Alamais landet Treffer, aber Lofwyr ist klar im Vorteil. Er trifft härter, blutiger und öfter. Man hat die Knochen bis hier unten brechen hören und das ist echt ein fieses Geräusch. Dann, nach über ner halben Stunde, kannste glaube, ich habs gestoppt, verpasst Lofwyr Alamais einen Biss in den Flügel. Er hat ihn bis hin zur Mitte zerrissen. Alamais stürzt ab und fällt ins eigene Mienenfeld.“ 

Mit zunehmenden Worten wurde Street Rage aufgeregter und temperamentvoller, „Aber keine dieser beschissenen Perlen geht hoch, als er drauf kracht. Lofwyr stürzt gleich hinterher und versucht Alamais bei der Kehle zu packen. Der nimmt den Schwanz hoch und drischt damit auf Lofwyr ein.“ 

Der Troll bleckte die Zähne, was wohl ein Grinsen darstellte, „Da feuerte die Menge Lofwyr schon lange an. Da war er unser Champion, keine Frage. Lofwyr lässt auch nicht locker, er drückt zu, gleich wird er ihm die Kehle rausreißen, denk ich so und dann, plötzlich, aus dem Nichts, kommt ein blendend weißes Licht vom Himmel und saust direkt in Lofwyr rein. Sein lautes Brüllen durchdringt unsere Köpfe. Man war das brutal - und alle zucken vor Schmerz zusammen. Die Kraft des Lichts bringt Lofwyr zum Stolpern und schubst ihn quasi von Alamais weg. - Man konnte sogar Knochen und Muskeln in der Wunde von Lofwyr sehen. - Alamais rappelt sich auf und stürzt auf Lofwyr zu. Doch der kann den Angriff ablenken und Alamais überschlägt sich. Lofwyr springt nun seinerseits auf Alamais und schlägt auf ihn ein. Ich habs gezählt. 30 Schläge haut er auf ihn drauf. Alamais rührt sich kaum noch. Ich stopp die Uhr, fast genau 45 Minuten hat der Drachenkampf gedauert.“ 

Street Rage sah mich an, um zu überprüfen, ob ich ihm glaubte. Ja, das tat ich und nicht nur das, ich war beeindruckt. 

Street Rage nickte zufrieden und erzählte weiter, „Lofwyr war auch nicht mehr ganz frisch, die Wunde war echt hässlich, er zieht sich dann zurück in Richtung Lung und dann erklingt in unseren Köpfen ein deutliches ‚Finish him’. Lung empfängt Lofwyr und fängt gleich an, ihn zu heilen. Aber das mit dem Drachen fertig machen, das hat mir gefallen, also pack ich meine Axt und lauf los und ich war nicht der einzige. Das kannst gerne glauben.“ 

Street Rage spuckte wieder aus, grinste diesmal aber breit dabei, „Alamais war immer noch gefährlich, obwohl er sich kaum rühren konnte. Gleich zwei Angreifer haut er mit Elemantarangriffen weg, drei weitere drischt er mit dem Schwanz gegen Landmienen und …“

Nun unterbrach ich den Troll zum ersten Mal, „Street Rage, du hast nicht zufällig einen schwarzen Zwerg in einer außergewöhnlichen Panzerung bei dem Sturm auf den verletzten Alamais mit machen sehen?“ 

Street Rage überlegte kurz.

Ich hielt den Atem an und konnte es kaum glauben, ach was, eigentlich glaubte ich es sofort, als der Troll nickte und meinte, „Jetzt, wo du es sagst, doch, das habe ich sogar. Ein Zwerg in schwarzer Panzerung. Ja, ich denk, das war der, der auch unter dem Visier schwarz war. Suchst du so einen?“

„Ja. das tue ich.“, erwiderte ich aufgeregt. „Er ist mein Freund. Ich bin nur darum hier.“

Street Rage deutete mit dem Kopf grob in Richtung der Mauer. „Ich hab ihn nicht weggehen sehen.“ Ernst fuhr er fort, „Der könnte da noch liegen.“ Dann zuckte er mit den Schultern, „Aber vielleicht ist er auch mit rein oder doch weg. Sorry, dass ich dir nicht mehr sagen kann.“

Ich stand auf, „Das macht nichts. Du hast mir schon sehr viel weiter geholfen. Ich danke dir für die Geschichte, doch jetzt muss ich erstmal los. Den Rest deiner Story müssen wir auf später verschieben.“

Street Rage9 nickte verständnisvoll, „Klar, mach mal. Ich drück die Daumen, dass’de ihn findest. Ich schätz mal, dass da jetzt alles voller SK Truppen ist, stört euch nicht?“

Ich grinste breit, „Da schätzt du richtig. Bis später.“

Als er die Hand zum Gruß hob, waren wir schon um die Ecke verschwunden.

Zu diesem Zeitpunkt schlug mein Herz bis zum Hals. Es war natürlich klar, dass Blackstone unbedingt bis zum Schluss gegen Alamais hatte dabei sein müssen. Aber zumindest hatte er es soweit geschafft. Da war vielleicht sogar noch mehr möglich. Street Rage hatte es ja auch überlebt.

Dass Alamais besiegt worden war, bedeutete zumindest, dass der richtige Drache gewonnen hatte. Mit aller Wahrscheinlichkeit war Alamais jetzt tot. Lofwyr und auch Lung hätten ihn so geschlagen nicht mehr entkommen lassen. Aber Blackstone musste nicht tot sein. Vielleicht hatte ihm jemand ein Traumapatch verpasst.

Die Saeder Krupp AROs warnten uns weit im Voraus. Gleich würden wir exterritoriales Gelände betreten. Lofwyr hatte das Land offenbar erst vor wenigen Stunden durch seinen Mega-Konzern SK kaufen lassen. Nun galt in dem Gebiet auch SK-Konzernrecht. Was in diesem Fall bedeutete, hätte Lofwyr die Todesstrafe für jeden ausgerufen, der das Gelände unberechtigt betrat, wurde er sie auch durchsetzten lassen dürfen. Es war, als betrete man ein anderes Land. Selbstverständlich hatte sich jeder Besucher selbst über bestehende Gesetzte zu informieren, die einem diverse TAGs gleich zum runterladen anboten. 

Wir betraten das Gelände wieder als Claudia Romanov und 3 SK-Angestellte. 

Als mich die beiden Konzerngardisten an den Ruinen der gesprengten Mauer nach meinem Ausweis fragen wollten, hob Harlequin die Hand, wischte langsam einen Halbkreis damit und flüsterte, „Ihr braucht ihren Ausweis nicht zu sehen, das sind nicht die Druiden, die ihr sucht.“

Worauf die beiden SK-Männer nickten und uns durch winkten. 

Das zufriedene Schmunzeln meines Liebsten konnte ich regelrecht spüren.

Vor dem eigentlichen Eingang in den Stronghold standen gepanzerte SK-Wagen, die von Personen und Drohnen mit diversen Kisten beladen wurden. Ich nahm an, dass da jemand den Hort von Alamais ausräumte und natürlich meinte ich mit jemanden Lofwyr, wenn auch nicht persönlich. Völlig ungesichert würde Alamais seine Schätze wahrscheinlich nicht gelassen haben. Oder vielleicht doch, da er selbst dort gewesen war? Ich glaubte eher nein, doch wenn er jetzt tot war, waren dann einige seiner Sicherheitsmaßnahmen mit ihm gestorben?

‹Nun, zumindest die Geister könnten mit seinem Tod verschwunden sein, Drachenkätzchen.›, erklärte Katze.

Womit sie natürlich wie immer recht hatte.

Solche Gedanken schwirrten durch meinen Kopf, als ich den Platz betrat. Doch dann ergriff mich die Präsenz des Ortes und nahm mich ein. 

Nicht nur, dass hier Monatelang diverse erwachsenen Drachen ein und aus gegangen waren, nein. Vor uns, über uns und hinter uns hatten zwei alte und Große Drachen gegeneinander gekämpft. Einer von ihnen war gestorben. 

Obwohl Alamais kein netter Drache gewesen war verspürte ich eine Art von Verlust bei dem Gedanken an seinen Tod. Vielleicht hätte ich mich über dessen Tod freuen sollen, doch das konnte ich nicht. Schon allein, weil so viel Wissen mit ihm die 6.Welt verlassen hatte.

Hier fand sich nirgends eine einzige Schuppe oder ein Blutstropfen, der einem Drachen gehört haben könnte. Das war alles verschwunden. Doch die Leichen der Metamenschen hatte man liegen lassen, sie gehörten wohl zu einem späteren Punkt des Aufräumprogramm.

[Song 9: Hans Zimmer/Pacific - Homecoming2] Ich musste nicht lange suchen. Ich erkannte Blackstones Körper sofort. Er war der einzige, der hier in einem Oyoroi-Panzer samt Kaputo Maske lag. Früher hatte Blackstone die für ihn angefertigte, teure Militär-Panzerung, die auch als moderne Samurai-Panzerung bezeichnet wurde, immer getragen, wenn es drauf angekommen war. Nachdem sein Drake-Gen ausgebrochen war, war er natürlich auf die Panzerungen umgestiegen, die Liam für ihn angefertigt hatte. Für einen Moment war die Hoffnung in mir aufgekeimt, das mein Gefühl mich täuschen könnte, doch gleich darauf war mir klar geworden, warum er auf die Drake-Armor verzichtet hatte.

Blackstone hätte sich in dieser Schlacht niemals seine Drake-Gestalt angenommen. Er hätte weder vor Fremden und zahlreichen Drachen dieses Wissen preisgegeben, noch als einer von Lofwyrs Drakes gelten wollen. Außerdem hätte ihm die Wandlung in einer solchen Situation viel zu wenig Vorteile gebracht. Es sei denn, er hätte abhauen wollen, was für Blackstone mit ziemlicher Sicherheit keine Option gewesen war. 

Die Art wie mein alter Freund - und bitte sagt jetzt nicht, bei nicht einmal fünf Jahren könne ich nicht von einem altem Freund sprechen, wenn man so viel miteinander erlebt hat wie wir, dann wächst die Freundschaft stärker als gewöhnlich in der selben Zeit - also die Art, wie mein alter Freund da lag, ließ meine restlichen Hoffnungen schwinden. 

Dennoch brauchte ich Gewissheit. Ich griff nach Harlequins Hand und nahm astral wahr. 

Da was sie, die Gewissheit.

Blackstone war tot.

Verdammt!

Die anderen Drei hatten sofort erkannt, wohin mein Blick gefallen war und auch wenn ich für sie nun aussah, wie Claudia Romanov, konnten sie in meinem Gesicht lesen, was ich nun wusste.

Blackstone war tot.

Das brauchte keine Worte.

Als wir ihn erreicht hatten, kniete ich mich zu ihm.

Seine Rüstung wies diverse elementare Spuren auf, aber da waren auch Beulen und Einschusslöcher. Den Black-Tooth-Dagger hatte er noch in der Hand. Er war kämpfend gestorben. 

Ich musste - na gut - ich wollte wissen wie.

„Ich würde gern an Ort und Stelle Psychometrie machen.“, meinte ich relativ leise. Shark Finn verlagerte sein Gewicht von einem auf den anderen Fuss, mein Vorschlag behagte ihm nicht. 

Harlequin erwiderte jedoch, „Mach ruhig.“

Auch Moxi wusste inzwischen, worum es ging. Wir hatten auf der Fahrt nach GeMiTo die Möglichkeiten erörtert, mit denen wir etwas heraus bekommen konnten. Psychometrie war eine davon gewesen.

Ich nahm kniend eine möglichst bequeme Position ein, sammelte mich, ließ mein mentales Schutzschild fallen und fasste dann nach Blackstones Hand, in der sich der Dolch befand. 

Die schwarze Klinge war frei von Blut.

❄❄❄

Ich bin erschöpft. 

Außer Atem. 

Verletzt. 

Doch wie gebannt blicke ich in den Himmel, wo der große, goldene Drache Lofwyr mit seinem Bruder kämpft. 

Oh nein, ich bin gewiss kein Freund von Großen Drachen, aber das, was ich da sehe ist ein beeindruckendes Schauspiel, das seines Gleichen sucht. 

Ich höre, wie die riesigen Körper aufeinander prallen. Ich spüre die Macht der Attacken in meinen eigenen Knochen. 

Als sich die ersten Anfeuerungsrufe breit machen, stimme ich mit ein. Lofwyr mag nicht mein Held sein, aber heute ist er auch mein Champion. 

Er muss siegen. 

Für die Metamenschheit! 

Für GeMiTo! 

Für UC! 

Für Snowcat! 

Für uns!

Ich jubele, als Lofwyr Alamais den Flügel aufreißt und der Drache zu Boden fällt.

Als plötzlich das weiße Licht Lofwyr vom Himmel holt, wo ich doch den Sieg schon beinahe sicher glaubte und dessen Schmerz erfülltes Brüllen ebenso schmerzhaft in meinen Ohren klingelt, setzt mein Herz einen Schlag aus. 

Doch mir ist sofort klar, sollte Lofwyr nicht weiter machen können, dann ist es an uns allen hier die Existenz von Alamais zu beenden. So weit am Boden werden wir ihn nie wieder haben. Hoffentlich kapieren die Andern das hier auch.

Erleichterung macht sich in mir breit, als Lofwyr den folgenden Angriff abwehren und gegen Alamais wenden kann. 

Mit jedem der 30 Schläge werde ich zufriedener. 

Lofwyr packt das.

Dann zieht sich Lofwyr von dem am Boden liegenden Alamais zurück.

‹Finish him!›, erklingt es in meinem Kopf. 

Ich finde es kurz schwach von ihm, dass er nicht Deutsch mit mir gesprochen hat, aber das lasse ich mir natürlich nicht zweimal sagen. Ich ziehe meinen Dolch und renne los.

Meine Beine fühlen sich auf den ersten Schritten schwer an, aber meine Erschöpfung ist wie weg geblasen und die Schmerzen sind schon lange nur noch ein Bummern im Hintergrund.

Ich bin froh, dass ich nicht der Einzige bin, der dem Ruf folgt. 

Dass die Anderen rechts und links neben mir fallen, treibt mich eher an, als dass es mich langsamer werden lässt. 

Ich weiche einem Hieb des Schwanzes aus. Hätte nicht gedacht, dass er den soweit rum kriegt, so wie er da liegt. 

Ich passe meinen Kurs an. 

Ein paar Idioten schießen, doch die Kugeln prallen ab. Man, gepanzert ist der doch immer noch. Hirn einschalten, sonst sterben hier noch welche im ‚Friendly Fire‘.

Der Ausläufer eines Feuerballs erwischt mich links, aber ich hab Glück und die Panzerung hält das Meiste ab. 

Wenn das vorbei ist werde ich ne neue Panzerung brauchen, die ist hin.

Ach Quatsch, wenn das vorbei ist, werde ich nie wieder so eine Art von Panzerung tragen.

Ich hab mir ne gute Stelle ausgesucht. Da ist schon eine Risswunde. Ich springe auf den Leib von Alamais und ramme ihm meinen Dolch tief hinein. 

Mehrere von uns bearbeiten Alamais. Mit Äxten, Schwertern, Messern. Das der überhaupt so viel aushält.

Nach meinem zweiten Treffer ändert das Blut seine Farbe. Es wird dunkler. Ich versteh nicht viel davon, aber ich bin sicher auf einem guten Weg. Ich steche noch mal zu und noch mal. Mancher meiner Hiebe rutscht an den harten Schuppen ab. Aber ein paart Treffer kann ich setzen.

Einer geht ganz besonders tief rein.

Der Drache zuckt im Todeskampf. Ich verliere beinah den Halt und dann merk ich nur, wie ich durch die Luft geschleudert werde.

Der verdammte Schwanz hat mich erwischt. Gezielt und mit voller Wucht.

Als ich ein paar Meter entfernt auf dem Boden aufschlage, meine Knochen zwar brechen höre, aber keinen Schmerz spüre, weiß ich, dass es vorbei ist. 

Ich grinse. 

Aber Alamais wird auch tot sein. Wie ich es gesagt habe.

Der Wurm sucht UC nicht mehr. 

Und die Katze ist vor ihm sicher. 

❄❄❄

Ich kehrte in die Realität zurück. 

Meine Augen waren feucht von frischen Tränen. Harlequin half mir auf und nahm mich in den Arm. 

Ich sah, wie Shark Finn erleichtert aufatmete. Moxi empfing mich mit den Worten, „Da bist du ja wieder.“

„War ich lange weg?“; fragte ich leise.

Harlequin schüttelte den Kopf, „Nicht sonderlich.“

Shark Finn entfaltete den gekühlten Bodybag, um Blackstone darin zu verstauen und meinte, „Na, wie man es nimmt. Das hat über eine Stunde gedauert. Aber da Harlequin entspannt war, bin ich es auch geblieben und die SKs haben uns irgendwie gar nicht beachtet.“

Harlequin wischte mir eine Träne von der Wange und zuckte dann mit den Schultern, „Die wissen halt, dass man einer Claudia Romanov besser nicht bei der Arbeit zusieht.“

Shark Finn schulterte sich den Leichensack. Das ging leicht, denn die Leichenstarre hatte sich bereits vor Stunden wieder zu lösen begonnen. 

Nachdem wir die Absperrung passiert hatten, hielten wir vor der ehemaligen Mauer Ausschau nach Street Rage, aber der Troll hatte inzwischen offenbar ausgeschlafen. 

Mehrere geschützte Transport-Konvois fuhren zum oder vom Compound wieder weg. 

Wir bewegten uns, als dürften wir hier sein D.rum behelligte uns niemand, auch nicht, als wir in unseren Wagen stiegen. 

Ich hoffte irgendwer würde sich irgendwann um die verbliebenen Leichen kümmern. Dann grinste ich zynisch. Irgendwann würde das sicher jemand tun, es fragte sich nur, wer. Zumindest das Konzerngelände würde man auf eine anständige Art säubern, dessen war ich mir ganz sicher. 

Wir hatten auch für diesen Fall, den Fall von Blackstones Tod einen Plan geschmiedet. Zunächst ging es zurück nach Prag und von da mit einer Privatmaschine von Harlequin zum Lake Louise. Dort würden wir Blackstone beisetzten.

Ryan trug die Nachricht über Blackstones Tod mit der gleichen professionellen Fassung, mit der wie den Leichnam transportierten. Sonderlich gute Stimmung kam bei der Fahrt Richtung Prag natürlich nicht auf.

Zunächst. 

Blackstone hatte seine Entscheidung gefällt. Vielleicht hatte er nicht damit gerechnet, wie groß die Gefahr für ihn werden würde, aber es war seine Entscheidung gewesen und sie hatte zu ihm gepasst. Ich wusste, dass er sein Vorhaben ganz genau überdacht hatte. Vielleicht nicht komplett geplant, aber ob er etwas tat oder ob nicht, hatte der Zwerg immer ganz genau bedacht, jedenfalls wenn die Zeit dafür vorhanden gewesen war.

Er hatte für sich entschieden, dass UC und ich ganz im Besonderen, sicherer war, wenn es Alamais nicht mehr gab. Abgesehen davon hatte ein Teil von ihm darauf gebrannt, jemandem wie Alamais eins auszuwischen. Irgendwie hatte in Blackstone immer ein kleiner Rebell gesteckt, der sein Problem mit Autoritäten gehabt hatte. Er wollte es den Großen beweisen und je größer desto besser. Je selbstbewusster und mächtiger sein Gegenüber gewesen war,desto mehr hatte Blackstone zeigen wollen, dass er besser war oder, dass er zumindest mithalten konnte.

Den „Großen“ eins auszuwischen war der Part gewesen, der ihm am Runnerdasein am besten gefallen hatte.

Sein Wunsch mich zu beschützen und sein Dickkopf es Alamais zu zeigen, hatten ihn dazu verleitet, dabei mitzumachen. Ob ich diesen Schutz wollte oder nicht, spielte dabei für ihn ebenso wenig eine Rolle, wie die Gefahr, dabei drauf zu gehen. Einige hatten es ja auch gepackt, wie man an Street Rage sehen konnte.

Bis zu diesem Zeitpunkt konnte man die Gedanken wohl als ziemlich trübsinnig zusammenfassen.

[Song 10: Billy Boyd - The Last Goodbye2]Die Welt war ohne jemanden wie Alamais deutlich besser dran und mein Freund Blackstone hatte einen großen Teil zu dessen Tod beigetragen. Blackstone hatte es ihm gezeigt!

Alamais tot zu wissen, eliminierte die Gefahr völlig, dass er sich irgendwann doch mit mir beschäftigen könnte. 

Im Nachhinein war ich durch Blackstone bei dieser großen Sache dabei gewesen. Ich wusste nun ziemlich genau, was in GeMiTo abgegangen war. Ich wusste, dass Lung an der Seite von Lofwyr gestanden hatte, was mir Hinweise auf dessen Ziele gab. 

Ich wusste nun mehr über die Schlacht von GeMiTo, als viele andere.

Schon allein dafür war ich meinem alten Freund dankbar. 

Alter Freund, der Begriff ließ mich zu dem Zeitpunkt zurück kehren, an dem ich Blackstone, damals noch Duke, kennen gelernt hatte. Ich begann sofort zu grinsen.

Die einzige, wahre Unsterblichkeit liegt darin, nicht in Vergessenheit zu geraten. Blackstone mochte gestorben sein, aber ich konnte dafür sorgen, dass er nicht in Vergessenheit geriet.

Damit konnte ich auch gleich hier auf der Fahrt beginnen. „Als ich Blackstone kennen gelernt habe, war er seine Hautfarbe noch weiß und sein Name noch Duke.“, begann ich ohne Ankündigung. „Ich fand ihn ziemlich attraktiv, jedenfalls für ein Zwerg. An dem Abend lernte ich nicht nur Duke, sondern auch Starbucks kennen und nicht nur das, in der Nacht ging ich auf meinen ersten, richtigen Run und das Meeting fand wunderbar standesgemäß im Club Penumbra statt …“

Moxi, Shark Finn und Harlequin freuten sich sehr, als ich nun ausführlich von meinem ersten Run erzählte. Wir alle hatten dabei so einiges zu lachen.

[Wer den 1. Run nachlesen möchte, das geht hier: LINK]

❄❄

Moxi und Shark Finn war es nicht gestattet, mit zum privaten Teil am Lake Louise zu kommen, auch nicht für Blackstones Bestattung. Das war uns von vornherein klar gewesen und die beiden waren Im Resort gut untergebracht.

Unterricht bei Professor Schwartzkopf verpasste ich übrigens nicht, denn der große Drache hatte sich am Morgen des 8.11. mit unbekanntem Aufenthaltsort zurück gezogen. So wie alle Großen Drachen. In seinem Fall hatte es zumindest eine offizielle Verlautbarung gegeben, der zu entnehmen war, dass Professor Schwartzkopf für unbestimmte Zeit nicht mehr dozieren würde. Seine Assistenten hatten Lehranweisungen erhalten. Was dann für ein freiwilliges Verschwinden sprach.

❄❄

Die Bestattung von Blackstone fand am Abend des 11.11.2074 statt.

Die Sterne funkelten am klaren Nachthimmel, als sein Körper auf zu zwei Metern Höhe aufgetürmten Holzscheiten aufgebahrt wurde. Alle Drakes vom See waren anwesend. Außerdem Harlequin, der Drache Rainwalker und ich.

Wir standen im Kreis um das kunstvoll aufgetürmte Holz herum. Bis auf Rainwalker und Harlequin hielt jeder von uns eine leuchtende Fackel in der Hand. 

Ich hatte Ryan darum gebeten, dass keine Reden gehalten wurden. Blackstone war kein Mann vieler Worte gewesen und lange, trauerschürende Reden hätte er mit Sicherheit nicht haben wollen.

Wir traten wortlos an das Holz heran. 

Mir gebührte die Ehre die Holzspäne als erste zu entzünden. „Machs gut, Fivestein.“ sagte ich, als ich die Fackel in das Holz drückte, das augenblicklich Feuer fing.

Die anderen Drakes folgten meinem Handeln wortlos. Das war ergreifend. Auch Schweigen konnte ergreifend sein.

Schon bald loderte das gesamte Gebilde. Funken stoben in die kühle Nachtluft davon.

Einige der Drakes vom See wandelten sich nach und nach, erhoben sich in den Himmel überkreisten das Feuer und flogen dann eine ‚Missing Man Formation‘ über den See, der dunkel und ruhig schimmerte. 

Blackstone würde nie wieder mir ihnen fliegen. Er würde nie wieder mit mir fliegen.

Es begann zu schneien. Dicke Flocken fielen zischend ins Feuer.

Beinahe wären mir doch noch ein paar Tränen gekommen. Doch ich hatte nicht einmal bei der Verbrennung von Craven vor den Anderen geweint. Ich würde auch an diesem Tag nicht damit beginnen.

Die Wärme des Wasser in der Dusche unserer Blockhütte am Lake Louise löste die innere Anspannung. Die Bilder aus GeMiTo, das Bewusstsein, dass in der Schlacht Hunderte von Metamenschen, diverse erwachsenen Drachen, ein großer Drache und ein alter Freund gestorben waren, konnten sich schon schwer auf eine Seele legen. Auch auf meine. 

Ich stellte mir generell nie vor, mit jemandem alt zu werden. Ich hatte es auch bei Blackstone nicht getan. Dennoch hatte er in den vergangenen Jahren den beständigsten Faktor gestellt und er war die letzte direkte Verbindung zu meinem alten Leben gewesen. 

Natürlich würde ich ihn vermissen. 

Und selbstverständlich begann ich bei diesem Gedanken zu weinen.

Doch diesmal blieb ich nicht allein mit meinen Tränen. 

Kaum, dass ich begonnen hatte, betrat Harlequin die Dusche. 

Nackt und schön. Die vielen Naben zeugten von einem ereignisreichen Leben. Nachdem er Aina verloren hatte, waren wir ebenfalls gemeinsam hier gewesen. 

Wir hatten einander. 

Wahre Liebe ist das größte Glück.

Ich empfing ihn mit offenen Armen und meine Trauer war nur einen Augenblick später gelindert.

Am nächsten Tag fand ich in Blackstones Zimmer tatsächlich ein Testament. Ein richtiges, notariell beglaubigtes Testament. Er hatte mir etwas hinterlassen. Das allein war keine Überraschung. Was er mir hinterlassen hatte hingegen schon. Er hatte einen Trust Fund für mich eingerichtet, von dem mir nach seinem Tod nun ein monatlicher Betrag ausgezahlt werden würde. 

Ich grinste breit. Mal sehen, wie ich nachweisen konnte, dass er verstorben war.

Einen Abschiedsbrief gab es natürlich nicht. Blackstone hatte ja nicht damit gerechnet, dass er nicht wieder kehren würde. Doch das Thema hatten wir ja schon.

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Blackstone Testament Foto


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Soweit das direkte Geschehen in der ersten Hälfte des Novembers 2074

Im Anschluss eines jeden Abschieds, geht das Leben weiter.  

Es dauert dabei meist eine Weile, bis man die Tatsache fest in sein Wissen aufgenommen hat. Jedenfalls meiner Erfahrung nach. 

Ich denke, wir alle kennen den Moment, wenn uns einfällt, das etwas oder jemand gar nicht mehr da ist. Zunächst erschreckt uns die Tatsache vielleicht noch, aber irgendwann nimmt das ab. Mit der Zeit hat man die Tatsache dann als gegeben abgespeichert und die Erinnerung an das davor gehört zu einer anderen Zeit. 

Übrigens war es ganz leicht gewesen die Anwaltskanzlei vom Tod von Frederick Ivo von Ehrenstein zu überzeugen. Auch da hatte Blackstone vorgesorgt. Er hatte verfügt, wenn Catherine Snow sich melden würde, dass dann keine weiteren Nachforschungen nötig wären. Mein von Assets ausgestellter Totenschein hatte problemlos ausgereicht, zumindest nachdem ich das Kamerabild meines Commlinks eingeschaltet hatte.

Das Fazit der Terror-Herrschaft von Alamais in GeMiTo zeugt übrigens auch im Nachhinein in seinen nackten Zahlen von dessen Schrecken,

Alamais und sein Anhang frassen und töteten im Laufe ihrer Zeit dort mehr als 90.000 Metamenschen. 

In der Nacht der Schlacht um GeMiTo starben 75 % der teilnehmenden Runner und Söldner. Die Überlebenden trugen Wunden und Narben davon. 

Insgesamt starben zudem 38 Drachen, einer von ihnen war der große Drache Alamais.

Noch mal zur Erinnerung, die Ereignisse um GeMiTo sind nur ein Aspekt des Dragon-Civil-War und mit der Befreiung von GeMiTo war das alles nicht zu Ende. 

Schon gar nicht, da die Drachen sich plötzlich aus der Öffentlichkeit zurück gezogen hatten. Der Mob-War in Südostasien weitete sich nach dem Verschwinden von Ryumyo und Lung noch aus. Ein Syndikat kann man nicht so einfach ohne seinen Kopf zurücklassen, obwohl die Drachen sicher ausreichend Anweisungen hinterlassen hatten, versuchten andere in die Lücke zu stoßen, wie zum Beispiel die Koreanischen Seoulpa Ringe oder gar die Polizei.

Obwohl sich die Drachen nicht mehr blicken ließen, bin ich sicher, dass sie dennoch so einige weltlichen Strippen direkt in der Hand hielten und daran zogen.

Anders kann ich mir Ereignisse kurz vor Weihnachten 2074 nicht erklären. 

Am 22.12. tauchte überraschend eine Streitmacht aus Runnern - von UC war allerdings keiner dabei - am Mount Shasta auf und machte sich auf den Weg zum Haupthort von Hestaby. 300 Shasta Shamans stellten sich den Runnern entgegen. 270 von ihnen wurden während der Kämpfe getötet. Die Shasta Lodge brannte ab und die Tir Force griff nicht ein. Was einen eindeutigen Hinweis darauf gab, dass es sich um eine Drachenangelegenheit handelte. Die angreifenden Runner kannten keine Gnade. Feuer brachen aus und vernichteten 20.000 Hektar Land. Über 200 Gypsies wurden ebenfalls getötet. Die Kämpfe allein dauerten 2 Tage. Die Streitmacht benötigte drei weitere Tage, um den Hort zu knacken und leer zu räumen.

Mir wird immer noch übel, wenn ich an die Bilder der brennenden Wälder denke.

Am Morgen des 9.1.2075 sah man Hestaby am Himmel über Mount Shasta. Aufnahmen zeigten, wie sie eine Runde über ihre zerstörte Heimat drehte und dann mit unbekanntem Ziel verschwand. Der Anblick zerriss mir das Herz.

Nach und nach tauchten weitere Große Drachen im Weltgeschehen auf. Doch im Gegensatz zu der freundlichen Hestaby entschwanden sie nicht ins Nirgendwo, sondern kehrten an ihren alten Schaffensort zurück.

Nach all der Gewalt, den Kämpfen und den Geschichten über den Tod, ist es nun an der Zeit zu der zweiten, weit aus schöneren Geschichte zu kommen. 

Der vom gestrigen Morgen.

Harlequin und ich saßen gemütlich beim Frühstück - er war noch nackt und darum waren wir nicht nach nebenan zu Shark Finn und Moxi gegangen … 

‹Ich möchte erwähnen, dass du auch nackt warst, Drachenkätzchen.›

‹Ja, stimmt, das war ich, allerdings wollte ich nicht durch falsche Gedanken von dem eigentlichen Event ablenken. ›

… Wir frühstückten also, Henry hatte belgische Waffeln gemacht, die ich inzwischen sogar noch lieber mag als Croissants, als mein Commlink mir eine Nachricht aus dem Büro von Professor Schwartzkopf anzeigte.

Zu meiner großen Freude war nun auch der Professor von seiner besonderen Klausurtagung zurück und fragte, ob ich noch am selben Tag um 10.00 Uhr bei ihm im Büro sein könnte. 

Na und ob ich konnte.

Lasst Euch das auf der Zunge zergehen, der Große Drache Schwartzkopf wünscht mich zu sprechen, kaum der er zurück ist.

Einfach genial.

[Song 11: The Rigs- Rise and Fall2] Ich erschien ungeheuer pünktlich und strahlend schön an der Bürotür, um im perfekten Augenblick zu klopfen.

Der tiefe Bariton des Professors sagte, „Komm rein, Snowcat.“

Schwartzkopfs metamenschliche Gestalt ist so beeindruckend, wie die eines Zwergs nur sein kann. Dabei ist er nicht größer oder gar breiter, als ein ‚normaler‘ Zwerg. Professor Schwartzkopf ist nur etwas über 1,20m groß. Er ist fit oder besser gesagt athletisch gebaut, seine Brust ist breit, seine Arme muskulös, auch wenn ein maßgeschneiderte Anzug das meist gut kaschiert. Ich schätze, er wird straffe 55-57 kg auf die Waage bringen. Unbekleidet natürlich und auch nur, wenn man ein zwergisches Mass annehmen darf. Ob das möglich ist, könnte ich jetzt abwägen, im Blut liegende Gestaltwandlung folgt anderen Gesetzen, als zum Beispiel ein Gestaltwandlungszauber, aber ich will nicht abschweifen. In dieser Gestalt hat der Professor tiefschwarzes Haar, welches er nie mehr als 2-3 Zentimeter lang geschnitten trägt. Die Frisuren variierten. Seine Augen sind von einem so dunklen Blau, dass sie je nach Lichteinfall oder Laune fast schwarz wirken können und sein schwarzer Bart ist gepflegt und lang, reicht ihm bei aufrechter Haltung aber nicht bis auf die Brust. Seine Gesichtshaut weißt kleinere Fältchen auf und ich würde ihn wohl so auf um die 60 Zwergenjahre schätzen, wäre er ein normaler Vertreter seiner Rasse. 

Schwartzkopf ist attraktiv und neben Duke damals wohl der attraktivste Zwerg, den ich je gesehen habe. Ein Bilderbuch-Mann von einem Zwerg und trotz all dem, ist da noch mehr.

So etwas nennt man Ausstrahlung. 

Er strahlt jedes Mal eine Erhabenheit und Überlegenheit aus, wie ich sie sonst nur von anderen Drachen oder vielleicht noch von meinem Mentor kenne. 

Ich mag es, in seiner Nähe zu sein.

‹Vielleicht solltest du ein Gedicht über ihn schreiben, um deinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen, Drachenkätzchen.›

‹Ach nein, besser nicht Katze, ich bin im Dichten nicht so gut.›

Ich öffnete die Tür und trat schwungvoll ein. „Guten Morgen, Professor.“, sagte ich auf Tschechisch. 

Schwartzkopf stand hinter seinem Schreibtisch, „Guten Morgen Snowcat, Schön, dass du es einrichten konntest.“ erwiderte er und wies mit seiner Hand auf die Sitzecke im Büro. 

Ich setzte mich auf die Couch. Professor Schwartzkopf nahm kurz darauf auf seinem Lieblingssessel Platz.

Kaffee, Tee und Gepäck standen auf dem Tisch bereit. Das war hier so üblich.

Nach sehr kurzem Smalltalk über das Wetter und darüber, wie meine Ferien über den Jahreswechsel gewesen waren, währenddessen ich Kaffee für uns einschenkte, teilte der Professor mir mit, wie erfreut er über meine guten Noten im vergangenen Jahr sei und wie überaus zufrieden er darüber war, dass ich auch während seiner Abwesenheit fleißig gewesen war. 

Es ist mir nahezu unmöglich etwas aus Schwartzkopfs metamenschlichen Gesichtszügen zu lesen. Zumindest, wenn er das nicht will.

Also nahm ich auch heute seine Reaktion so hin, wie er sie mir präsentierte. Er meinte das Lob ernst und wohlwollend und ich war ehrlich dankbar dafür.

Dann kam Professor Schwartzkopf zu dem Punkt, weshalb er mich eigentlich hatte sprechen wollen. 

Unglaublicher Weise - setzt euch bitte, solltet ihr nicht bereits sitzen oder haltet euch zumindest fest- zog mich der Drache über den Grund seiner Abwesenheit und über einige Entscheidungen der Drachen ins Vertrauen.

Man muss sich das vorstellen, ein Großer Drache offenbarte mir zumindest einige Dinge über die Zusammenkunft. 

Selbstverständlich tat er das nicht direkt. Er war mehr ein Art von Fragespiel, bei dem er mich etwas vermuten ließ und dann meinen Gedankengang lobte oder ablehnte. Ich kenne diese Lehrmethode bereits von meinem Mentor und bin ziemlich gut darin.

Ich werde das Gespräch jetzt nicht im Einzelnen wiedergeben. Ein paar Dinge muss ich ja auch für mich behalten.

Doch ich will hier verraten, was ich bei der Unterhaltung alles erfuhr.

Die Drachen hatten sich nach der Schlacht von GeMiTo zu einer geheimen Versammlung zurück gezogen. Sie hatten viel zu besprechen gehabt, doch im Großen und Ganzen hatten sie eine Entscheidung über ihre Beziehung zur Metamenschheit gefällt.

Sirrurg war während der Operation Marauder zwar gefallen, aber nicht gestorben. Er war von den Drachen verurteilt und eingesperrt worden. Wir genau so ein Drachengefängnis aussah, erfuhr ich nicht.

Lofwyr trat während der Versammlung der Drachen als Loremaster zurück. Er hatte allerdings mit seiner letzten Amtshandlung noch dafür gesorgt, dass Hestaby ihrerseits verbannt wurde. Ich habe keine Ahnung wie und vor allem wohin man einen Großen Drachen verbannt. Auch darüber wollte Schwartzkopf mir nichts verraten. Zum Verbannungs-Urteil gehört, dass dem betroffenen Drachen jeglicher Besitz weggenommen und aufgeteilt wird. Was dann das Geschehen vor Weihnachten erklärt, dieses aber nicht besser, sondern noch viel trauriger macht. 

Ausgerechnet Hestaby, es bricht mir wirklich das Herz!

Ich konnte dem ehrenwerten Professor Schwartzkopf entlocken, dass Lung vom Hestaby-Alamais-Kuchen mehr Anteile erhielt, als Ryumyo. Man kann also davon ausgehen, dass das Verhältnis der beiden nicht besser geworden ist.

Was Lofwyr und den hellen Blitz, der ihn während des Kampfes gegen seinen Bruder vom Himmel holte, anging, bestärkte der Professor meine Vermutung, dass die Black Lodge mit ritueller Hexerei für den Anschlag verantwortlich gewesen war.

Zum neuen Loremaster wurde der Große Drache Celedyr ernannt. Ich hab keine Ahnung, ob ein Loremaster gewählt wird, aber ich nehme es einmal an und ich glaube, dass das Votum des Vorgängers dabei eine besondere Rolle spielt.

Loremaster Celedyr erklärte am 25. Dezember 2074, dass im Laufen eines Jahres und eines Tages alle Gewalt der Drachen gegen die Metamenschen ende. Was nicht mehr und nicht weniger bedeutet, dass alle Drachen bis zum 26. Dezember dieses Jahres ihre Angelegenheiten mit den Metamenschen bereinigt haben müssen. Ich denke, die Black Lodge wird Lofwyrs Zeitdruck zu spüren bekommen und da werden so einige Runs gegen die Schwarzmagier in den Pott geworfen werden.

Ich schließe aus dem Ende der Gewalt gegen Metamenschen übrigens, dass dies nicht bedeutet, dass ab diesem Tag nie wieder ein Drache einem Metamenschen etwas tun darf. Allerdings halte ich die Gefahr von einem Großen Drachen gefressen zu werden, für gebannt. Gerade im Bezug auf meinem Wunsch weitere Drachen kennen zu lernen, sind das positive Nachrichten. Könnte ich doch eine Einladung zum Essen so leichteren Herzens annehmen.

Im Anschluss an dieses höchst eloquente Gespräch griff Professor Schwartzkopf in die Innentasche seines Jackets und zog ein simples Holzkästchen daraus hervor, das er mir reichte. „Ich bin gebeten worden, dir das zu kommen zu lassen“, sagte er knapp und fuhr in einem Atemzug fort, „Ich nehme an, ich sehe dich heute Nachmittag in der Vorlesung?“

Das war mein Zeichen zu gehen. Ich erhob mich, behielt das Kästchen fest in der linken Hand und unterdrückte den Wunsch, gleich nachzusehen, was sich darin befand. „Selbstverständlich, Professor Schwartzkopf, um nichts in der Welt möchte ich mir eine Vorlesung bei Euch entgehen lassen.“

Er lächelte fein, „Dann bis nachher.“

Ich entschwand ziemlich eiligen Schrittes.

Shark Finn musste mich mehrmals ermahnen, auf dem Fussweg zurück zu unseren Wohnungen nicht zu rennen.

In meiner Wohnung angekommen, ließ ich dir Tür ins Schloss fallen und öffnete sogleich das Kästchen.

Darin befand sich, ich traute meinen Augen kaum, der kleine Eisbeutel aus dem Hort von Alamais. Ich strich zärtlich darüber und flüsterte, „Wer hätte gedacht, das wir zwei und tatsächlich wieder sehen.“ Er fühlte sich genauso schön kühl an, wie in meiner Erinnerung.

Ich blickte auf und rief halblaut nach hinten, „My Knight, du glaubst nicht, was Professor Schwartzkopf mir mitgebracht hat. Ein Geschenk von Lofwyr.“

❄❄

Damit endet meine lange, aufregende Geschichte. 

Das Lüften vieler Geheimnisse und ein überraschendes Geschenk sind doch ein schönes Ende für eine Geschichte, oder?

Abgesehen davon war immerhin ein Krieg geendet, der die 6.Welt auf seine Art im Atem gehalten hatte. 

Die Sterne von Sirrurg, Hestaby und Alamais waren gefallen.

Zumindest der von Celedyr war aufgestiegen. Ob der von Lofwyr oder die von anderen Großen Drachen ebenfalls aufgestiegen waren, würde sich in der Zukunft zeigen.

Viele Drakes waren in den letzten Monaten gestorben, einer von ihnen war mein guter Freund Blackstone. 

Ich bin immer noch da!

Drakes waren nun noch seltener, als zuvor, doch zumindest zwischen den Großen Drachen schien ich mich sicher positioniert zu haben.

Mein Stern war im Aufstieg und hatte mit Sicherheit noch nicht seinen Zenit erreicht.

Eines noch. Solltet Ihr irgendwie in den Genuss der Geschichte kommen und dann auch noch das Glück haben, mir zu begegnen, sprecht mich bitte nicht darauf an. Ich würde alles abstreiten und am Ende glaubt man garantiert mir mehr, als jedem von Euch. Zwinkert mir lieber wissend zu, dann gibt es zur Belohnung ein bezauberndes Lächeln und die Gewissheit, dass wir einander verstehen.

01/11/2075,  08:56:11

Hier kannst Du Deine Kommentare zu Rise and Fall hinterlassen: The Tale Goes On, Part One [LINK].

Fussnoten:

1.: Die Bridge wurde unter Mitwirkung des Spielers von Blackstone am 04.12.15 „erspielt". Eigentlich war solcher Story-Hook nicht vorgesehen. Doch als der GM am Abend berichtete, dass „man" gegen Alamais in GeMiTo in den „Krieg“ gezogen sei, verkündete der Spieler von Blackstone, „Da will Blackstone mitmachen!“ Der GM hob eine Augenbraue und machte den Spieler auf die niedrigen Überlebenschancen aufmerksam. Der Spieler wollte seinen Charakter dennoch in die Schlacht schicken.  

2.: Die Songs sollen lediglich zur Stimmung beitragen und enthalten keine versteckten Hinweise. Jedenfalls meistens nicht. Eine komplette Episoden Playlist findest Du hier [LINK].

3.: Die Daten und Informationen über den Drachenkrieg stammen hauptsächlich aus den Büchern Clutch Of Dragons und Storm Front von Catalyst Game Labs. Das Geschehen wurde teilweise an unser Spielgeschehen angepasst. Die Daten sind nicht vollständig. Diese Geschichte kann also in keinem Fall Ersatz für den Erwerb der Quellenbücher sein.

4.: Helix und seine Geschichte sind eine freie Nacherzählung aus dem Shadowrun®-Quellenbuch Storm Front.

5.: Das Ende von Helix Geschichte wurde aus dramaturgischen Gründen abgewandelt.

6.: Die Timestamps sind unserer Timeline angepasst und stimmen nicht immer mit der offiziellen Zeitlinie der SR-Welt überein.

7.: Auch die Geschichte von Street Rage ist eine freie Nacherzählung von dessen Geschichte aus dem Shadowrun®-Quellenbuch Storm Front, die der GM mir vorgelesen hat.

8.: Das abgebildete Testament wurde vom Spieler von Blackstone entworfen.

9.: Die Darstellung der Charaktere Street Rage und Helix ist eine Eigeninterpretation. Sollte ihr Handeln weit von dem Abweichen, wie die Autoren sich die Charaktere gedacht haben, bitte ich dies zu entschuldigen.

10.: Eine Beschreibung aller Runner von UC findest Du hier [LINK]

11.:An dieser Stelle weicht unsere Variante der Shadowrun-Welt völlig von der offiziellen Entwicklung ab. Dort hatte Harlequin nämlich in Denver einer „Treffen“ mit dem Großen Drachen Ghostwalker.

P.S.: Wir danken den verantwortlichen Autoren von Shadowrun® für ihre wundervolle Arbeit und ihre spannenden Geschichten. Ohne sie wäre das hier nicht möglich.

*reckundstrekgenüsslich* Hoffe Ihr habt Spass; *knutschi*