Episode 06/15 (vom 02.04.) Run 57/11

Welcome back, Omae!

Schön, dass Du wieder vorbei schaust.

Derzeit On The Run sind: Blackstone*, Bloody Guts, Chang*, Gunner, Metge**, Rubber Duck, Shark Finn, Snowcat, Thunderstrike, Tiernan, Triple S und TriXhot. (*Spieler war nicht anwesend. **Spieler ist nach 2/3 der Spielzeit gegangen.)

Datum in unserer SR-Timeline: 07.- 11.11.2073

Was bisher geschah: Der zweite Wunsch eines Auftraggebers gestaltet sich als langwierig. Die Runner suchen in Hong Kong nach einem Coin Of Luck und lokalisieren ihn am Hofe eines dämonischen Yama Kings in Kowloon Walled City. Beim ersten Versuch scheitert das Bergen an den Kräften des Yama Kings. Die Runner beschließen, den dämonischen Geist kurz vor dem nächsten Versuch zu beschwören, um ihn so abzulenken und von seinem Hof zu zwingen. Für das Beschwören entwickelt Qi 4 Money eine Formel. Die Zutaten für das passende Ritual müssen von den Runnern in ganz Asiens besorgt werden. Die nächste Zutat - die Schuppen eines Novadrakon - gibt es auf Kamchatka. Dafür reisen die Runner zunächst nach Vladivostok und kehren im Seven Seas ein, wo eine Einladung des Tzaren der Yory in den Nachtclub Eisbrecher auf sie wartet. Zunächst verläuft der Abend ereignislos, doch dann bemerken die Runner, dass zwei Gruppen von Asiaten sie beobachten. Das Team erfährt, dass es sich um Mitglieder der Yakuza und der Red Dragon Triade handelt. Letztere hat den Auftrag, die Augen nach einer großen Gruppe Ausländer offen zu halten, sie zu beobachten und ferner Chang lebend gefangen zu nehmen. Um ungesehen zu entkommen finden die Runner Unterschlupf auf einem Frachter der Tzaren, der innen luxuriös ausgestattet wurde. Dann reist man endlich nach Kamchatka, wo man sich am Abend vor dem Beginn der Jagd nach einem Novadrakon bei einem Lagerfeuer Geschichten erzählt.

Wir schalten uns genau in dem Moment in das Geschehen zurück, an dem wir die Runner das letzte Mal verlassen haben.

Dabei erleben wir wie immer alles aus den eisblauen Augen von Snowcat mit und nehmen wieder direkt an einem Part ihrer Gedanken teil.

Eine Beschreibung der Runner findest Du hier [LINK].

Hat ein Wort im Text eine andere Farbe, verbirgt sich darunter wahrscheinlich ein Link und es wird im Glossar erklärt. Du kennst ein anderes Wort aus dem Shadowslang nicht? Dann schau doch einfach auf gut Glück im Glossar vorbei. [LINK]

Noch eine Kleinigkeit: die Songs zum Text sollen lediglich zur Stimmung beitragen und sind keine versteckten Hinweise- jedenfalls meistens nicht. ;-) (Ich versuche immer Videos ohne störende Werbung raus zu suchen. Ich kann allerdings nicht garantieren, dass sie auch ohne Werbung bleiben. Manchmal werden die Videos von Songs sogar schneller komplett entfernt, als ich die Episode hoch laden kann, darum nenne ich vorsichtshalber Künstler und Titel neben dem Link. Wegen Lizenzrechten muss ich bei You Tube immer öfter auf Coverversionen oder schlechte Live-Varianten zurückgreifen, oder ich finde ein anderen Anbieter. Die komplette Episoden-Playlist findest Du hier [LINK].)

Bereit Omae? Na dann los!

TriXhot ließ Rubber Ducks Frage zunächst offen im Raum stehen.

Bloody Guts nutzte die entstandenen Lücke. Er hatte schon einen Moment länger zu Chang rüber gesehen und meinte ein wenig nachdenklich, „Wir müssen dich zukünftig besser verkleiden.“

Metge warf ein, „Nunä, izs kann da gerne behilflich szein. Eine kleine essezens-freundlichä Geszichts-Operatszion und szon erkennt Chang keiner mehr.“

Chang verzog das Gesicht. 

Doch Bloody Guts war begeistert, „Gute Idee. Die Haut zu färben ist auch leicht. Wie wäre es, wenn er zum Afrikaner wird und dann bekommt er Trollhörner und wir erzählen, er ist der kleinste Troll der Welt?“

Rubber Duck schüttelte den Kopf, „Keine Trollhörner. Nicht so etwas auffälliges. Afrikaner finde ich aber gar nicht so schlecht.“

Nun begann eine lustig-fröhliche Diskussion, die Chang ruhig ertrug. Auch ein Name wurde gleich gefunden. Zunächst war es Chango. 

Da man wegen Changs Art einen ruhigen Asiaten in die engere Wahl zog, stand bald ein Inuit hoch im Kurs, mit dem nicht nur Bloody Guts einverstanden war, „Gefrorene Fischstäbchen aus einem Eisloch angeln, klingt genau nach der richtigen Sache für Chang oder Chango.“, stellte der Troll zufrieden fest.

Für den anfänglich favorisierten Jamaikaner fehlte Chang die richtige Lockerheit, da war man sich schnell einig. Dann wurde wegen Changs Vorliebe für Tee ein Engländer ins Feld geworfen und Chang überraschte alle mit den Worten, „Die Idee zu einem Engländer zu werden, finde ich vorstellbar.“

Selbstverständlich war Chango kein passender Name für einen Engländer. Hier lag die Lösung nah und war klar festgeschrieben: Sie lautete ‚Mr. Tee‘. 

Ich hatte mich aus der Diskussion rausgehalten und musste nun stark schmunzeln, „Fein, da musst dir nur noch einen distinguierten Akzent zulegen Chang und ein paar neue Worte wie Fish and Chips lernen.“, bestätigte ich.

Auch wenn Metges Angebot durchaus ernst gemeint war, würden wir sicher nicht hier vor Ort auf einer verlassenen Landebahn irgendwo in Kamchatka eine OP abhalten, wenn es nicht unbedingt notwendig war. Chang hatte also noch Zeit, diese Idee sacken zu lassen.

[Song 1: John Powell/ Mr. & Mrs Smith Score - Assassins’s Tango] Was uns dann zurück zu Rubber Ducks Frage an TriXhot brachte, die er gerne wiederholte „So, nun aber. Was hast du nun in den letzten Wochen gemacht, als du mit Doc für UC unterwegs warst?“

TriXhot zögerte abermals, „Na, ich weiß nicht, ob das jetzt so hierher gehört.“

Rubber Duck grinste breit und meinte amüsiert, „Nee, nee. Das zieht jetzt nicht. Du hast neulich im Pub was angedeutet und als ich nachgefragt hab, wolltest du nichts sagen. Thunderstrike meinte, das wäre was, wenn wir mal am Lagerfeuer sind, und da hast du ‚Ja‘ gesagt. Nun kannst du dich nicht einfach davor drücken.“

Thunderstrike nickte bestätigend.

Tiernan hatte unterdes etwas aus seinem Gepäck geholt und baute daraus eine akustische Gitarre zusammen, die nicht nur wie eine Gitarre aussah, sondern auch funktionierte, wie er kurz darauf bewies, indem er ein paar spannend klingende Akkorde darauf klimperte. Eine Gitarre, die man in Einzelteile zerlegen und mit wenigen Handgriffen zusammen bauen konnte. Respekt

TriXhot lächelte kurz und begann dann, „ So viel ist da gar nicht. Doc, ein ziemlich bekannter Runner namens Yankee und ich …“

Hört, hört, dachte ich bei mir. Verständlicherweise posaunte sie nicht aus, dass Yankee ihr Vater ist.

„ … haben versucht eine Geschichte, die schon vor ein paar Wochen angefangen wurde zu Ende zu bringen.“

„Was?“, brauste Bloody Guts auf, „Habt ihr etwa unsere Rep beschädigt?“

Trixhot schüttelte ein wenig verwirrt den Kopf, „Nein, wie kommst du darauf? Im Gegenteil, wir waren sogar relativ erfolgreich.“

Bloody Guts erklärte, „Na weil du gesagt hast, ihr habt versucht.“

„Ach so. Nein, nein.“ Trixhot sah zu mir, „Snowcat kann bestätigen, dass wir erfolgreich waren und einen nicht gar nicht mal so kleinen Betrag in die Teamkasse gezahlt haben.“

Ich nickte, „Ja, das kann ich.“

Rubber Duck meinte, „Nun mal nicht vom Thema abbringen lassen. Erzähl bitte die Geschichte weiter.“

„Ja, mach ich ja. Ich hole nur etwas aus. Vor einigen Monaten waren Bubbles, Doc und ich in Neo Tokyo um dort eine Frau zu eliminieren, die sich am Ende als Double von Nadja Daviar herausstellte.“

Ich hob kurz die Hand und unterbrach, „Wissen alle, wer Nadja Daviar ist?“

Sie nickten. Ich lächelte, „Gut. Trixhot erzähl bitte weiter.“

Trixhot fuhr fort, „Ein paar Wochen später heuerte der bekannte Runner namens Yankee, Doc und mich erneut an, um an dem Job weiter zu machen. Es galt weitere Double aus dem Weg zu schaffen, die übrigens alle als Fixer gearbeitet haben. Wir schlugen drei Mal zu und zwar in London, Denver und Manhattan.“

„Wow!“, kam da von Bloody Guts beeindruckt, „Das wart ihr? Also ich meine, wir von UC?“

TriXhot nickte und fragte, „Du hast davon gehört? Was weißt du darüber?“

Bloody Guts zuckte mit den Schultern, „Nichts genaues. Nur, dass es passiert ist und, dass es ziemlich gute Arbeit war.“

„Und wie habt ihr sie ausgeschaltet?“, fragte Gunner.

„Gift, Gift und Schuss ins Gesicht.“, meinte Trixie knapp. Vielleicht behagte ihr das Thema nicht. Sie fuhr nahtlos fort, „Stimmt, wir waren gut. Einmal, bei der Sache in Denver, haben wir sogar noch eine falsche Fährte gelegt, die zu einem Mann namens Anton Gage führt. Das ist ein hohes Tier bei der Zone Defence Force in Denver. Da mussten wir vorher noch einbrechen und eine DNA-Probe besorgen.“

Thunderstrike blickte nachdenklich drei, „Womit die Spur dann letztendlich bei Ghostwalker endet oder man ihm das zumindest ankreiden kann.“, erklärte er.

Ich fügte dem hinzu, „Den Großen Drachen hat man seit den Ereignissen am DeeCee Drift immer noch nicht in der Öffentlichkeit gesehen. Selbstverständlich spricht man darüber nur hinter vorgehaltener Hand.“

Rubber Duck wollte wissen, „Weshalb hast du eben versucht gesagt, TriXhot? Das klingt ja doch alles sehr erfolgreich.“

Trixhot zögerte etwas länger und erklärte dann, „Naja, das Ganze endete in einem Streit zwischen Doc und Yankee. Yankee hatte nach der Sache in Manhattan noch ein Treffen, es sollte wohl noch weitere dieser Jobs in Auftrag gegeben werden. Mystique …“

Na sie mal einer an, Mystique war auch dort gewesen. Für mich stellte sich sofort die Frage, ob Doc sie als Back Up mit an Bord geholt hatte oder ob sie auf eigene Faust dort unterwegs gewesen war? In jedem Fall war das sehr interessant. Allerdings nicht interessant genug, um die Erzählung zu unterbrechen.

„ … tauchte plötzlich wieder in Manhattan auf, warnte uns, dass da was im Buch sei. Doc meinte darauf zu Yankee, er soll nicht zu dem Treffen gehen und Yankee wollte aber und es kam zum Streit. Wir sind dann zur Sicherheit mit und dann stellte sich heraus, dass Doc Recht hatte.“ Trixhot blickte ein wenig gedankenverloren ins Feuer und wurde nun beim Erzählen etwas leiser und abgehakter, Tiernan passte den Gitarrenklang an, „Doc erkannte die Reflexion des Schützen gerade noch rechtzeitig. Er konnte einen Warnruf ausstoßen. So konnte ich Yankee aus der Schusslinie schupsen. Während Doc sich um den Schützen gekümmert hat. Er hat ihn aber nicht erwischt. Wir sind dann alle entkommen.“ TriXhot sah jetzt wieder nach oben und fuhr fort, „Doc und ich haben uns getroffen und wir sind dann über Umwege zurück nach Seattle. Mystique meinte noch, dass der Schütze ein Mann namens Thorn war, der darauf angesetzt wurde, uns ausfindig zu machen. Darum machen wir die Jobs da erstmal nicht weiter und lassen Gras über die Sache wachsen.“

Eine verständliche Schlussfolgerung, wie ich fand.

„Gut für uns, denn darum bist du jetzt mit uns unterwegs.“, bemerkte Rubber Duck charmant in das entstandene Schweigen hinein.

Bloody Guts kratzte sich am Kopf und sah neugierig zu TriXhot hinüber, „Dann bist du also der Wetwork-Spezialist im Team?“

Ich grätschte ein, „Nein, unser Wetwork-Spezialist ist Doc. Aber Trixhot weiß eine Menge darüber, wie man einen Hinterhalt vorbereitet und so weiter.“

Bloody Guts grinste schief, „Okay, dann bist du eben der WzA, der Wetworker zur Ausbildung.“

Wir lachten alle kurz.

„Hat jemand schon mal von diesen Thorn gehört?“, fragte Trixhot.

Oh ja, das hatte ich und da ich einen guten Tag hatte und ausnahmsweise nicht so war, sagte ich, „Er ist ein Elf. Eine Strassenlegende - wie Yankee übrigens auch- und stammt soweit man hört aus Tir na N’Óg. Er soll eine Geheimdienstausbildung haben, früher mal ein Top-Agent für Tir gewesen sein, sich inzwischen aber mit ihnen überworfen haben oder zumindest nicht für sie arbeiten. Dem Ruf nach macht er auch Wetwork. Also ist es gut, wenn wir den Pfad dieser Jobs nicht weiter gehen.“

Trixhot nickte nachdenklich, dann sah sie zu Chang, „Jedenfalls hat Mystique das mit dem Verkleiden und Tarnen gut drauf. Sie hat uns zwischendurch bei den Jobs auch beim Verkleiden geholfen.“

Als ich etwas später TriXhot ein wenig abseits erwischte, fragte ich sie, „Hast du seitdem wieder irgendwas von Yankee gehört?“

Sie schüttelte den Kopf, „Nein. Aber das ist ja normal. Jetzt ist erstmal Funkstille und Ruhe bewahren angesagt.“

Sie hatte das tapfer und ruhig festgestellt, dennoch würde ihr die Sache nicht leicht fallen, immerhin war Yankee ihr Vater, „Und wie geht es dir damit?“, harkte ich nach.

Sie pustete sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht, „Ist okay. Der Streit der beiden war nicht schön, aber Doc hatte nun mal recht. Mein Vater lebt noch, also: alles gut. Ich bin sicher, dass er immer noch lebt, weiß du, wenn es anders wäre, dann würde ich das spüren.“

Ich lächelte aufmunternd, „So ist es richtig. Bei Doc und Yankee handelt es sich um zwei ganz besondere Alphamänner, da kann ein Streit nur unangenehm sein. Du warst mit Doc unterwegs, du bist mit ihm gegangen, dein Vater wird Verständnis dafür haben und ich denke auch, wäre ihm im Nachhinein etwas passiert, hättest du davon gehört.“

TriXhot nickte, „Ich weiß. Mein Dad kann ganz prima auf sich selbst aufpassen, also mache ich mir keine Sorgen.“

Zumindest keine großen, ergänzte ich gedanklich.

„Ich hab übrigens keinen der Hits durchgeführt. Die Zuarbeiten ja, aber die Hits nicht.“, fügte Trixhot ihrer Geschichte hinzu, „Gelernt hab’ ich aber ne Menge.“

„Das glaube ich dir sofort. Mir ist in erster Linie wichtig, wie du dich dabei fühlst. Es scheint alles in Ordnung zu sein, soweit das denn möglich ist, aber wenn du Sorgen oder Probleme hast, dann kannst du jederzeit zu mir kommen.“

Sie nickte und lächelte.

Einfach stellte ich es mir jedoch nicht vor. Sicher, Trixhot war mit einem Vater, der einen besonders gefährlichen Job hatte aufgewachsen, aber Sorgen konnte man sich trotzdem machen. Zudem hatte Trixhot mit dem moralischen Dilemma zu kämpfen. Sie versuchte das Töten zu vermeiden, ihr Vater verdiente seine Brötchen damit und sie selbst hatte in Pistolen ihre Berufung gefunden. Da musste man die Balance und seinen Platz erstmal finden. Doch für den Moment war Trixhot das offenbar gelungen.

Als wir zu den anderen ans Feuer zurück kehrten, meinte Bloody Guts gerade, „Man Rubber Duck. sollten wir jemals nach Schottland kommen, mach ich mir echt Sorgen um dich.“

Rubber Duck schüttelte den Kopf, „Du liegst da falsch. Ich bin gar nicht hinter jeder her, die einen Rock an hat.“

Trixhot grinste, „Nee stimmt, wen sie hübsch sind, dürfen sie auch Hosen anhaben.“

Alle lachten.

Dann meinte Rubber Duck, „Hey, wie wäre es mit ein paar Witzen. Ich kenn ein paar prima Zwergenwitze.“

Metge stemmte die Hände in die Hüften, „Szenior, ich versztehe nicht, wie szie gerade jetszt auf Szwergenwitze kommän.“

Rubber Duck ließ seinen Blick kurz über die anwesenden Zwerge schweifen, „Zumindest einen erzähl ich. Kommen zwei Zwerge in eine Minibar…“

Die Zwerge ließen diesen Lacher aus, da waren sie eigen. Blackstone konnte ich bei einem Schmunzeln erwischen.

Kurz bevor wir unser Feuer löschten und uns alle in der TransSky zur Ruhe begaben, kam Bloody Guts zu mir und sagte leise, „Snowcat, diesen Yankee, von dem TriXhot erzählt hat, kennst du den?“

Ich schüttelte den Kopf, „Nein, nicht persönlich, aber Doc kennt ihn schon länger.“

„Echt?“, meinte der Troll, „das ist nämlich wirklich ne richtige Legende und ein übler Killer.“

„Ja, das habe ich auch gehört. Aber du musst dir keine Gedanken machen, ob da von dieser Seite etwas nachkommt. Doc und Yankee waren mal zusammen im Smokersclub.“

Bloody Guts stieß einen leisen Pfiff aus, „Wow. Das ist ja cool. Nee, Sorgen habe ich mir nicht gemacht. Nur einen Backroundcheck von Yankee. Möchtest du die Ergebnisse trotzdem haben?“

Ich lächelte ernsthaft, „Ja, sehr gern.“

❄❄ 

Dank Metges Einfall herauszufinden, ob und wo in den vergangenen Jahren zoologische Expeditionen nach Novadraka stattgefunden hatten, hatten wir unser Suchgebiet erheblich eingrenzen können. Dennoch würden wir noch diverse Quadratkilometer absuchen müssen. Also machten wir uns früh am Morgen des 8.11.2073 auf den Weg,

Sicher waren die LSV’s und sie kamen in jedem Gelände gut voran, darum waren sie aber noch lange nicht bequem. Etwas, was mir Liam zum Glück nicht verschwiegen hatte und ich war froh darüber, dass wir Helme besorgt hatten. 

Nach den ersten 50 Kilometern war mir jedenfalls klar worauf ich mich da eingelassen hatte. Wir wurden alle heftig durchgeschüttelt und egal wie gut die Federung war, wenn wir nicht langsam fahren wollten, stieß man immer wieder irgendwo an. Das Meiste fing die Panzerung der Coldsuits ab, aber Spaß war anders. 

Da ich unseren Wagen von Hand steuerte, kam im meinem Fall eine erhöhte Anstrengung für die Armmuskulatur hinzu. Dauer-Cross-Fahren war nun einmal anstrengend. 

Diese Anstrengung in den Armen geriet mit der Anstrengung für die Beine in Balance, wenn wir anhielten, ausstiegen, Spuren suchten und untersuchten. 

[Song 2: James Newton Howard/Vertical Limit Soundtrack - Three Years Later] Die wunderschöne Natur entschädigte mich für so manchen Schmerz. Hier gab es keine Strassen und keine Zivilisation. Was bei der Fahrt ein Nachteil war, war für die Natur ein Riesen-Vorteil. Wir entdeckten Spuren von Tigern und Bären. 

In einiger Entfernung sahen wir dann sogar einen wunderschönen Grizzlybären. Ein majestätisches Tier, das ein paar Fische in einem Fluss fing. Ich betrachtete ihn durch das Zoom und war froh, dass Rubber Duck ein paar Aufnahmen von ihm machte.

Erst kurz vor dem Dunkelwerden kehrten wir in unsere Lager zurück. Selbst die, die dort geblieben waren, waren müde, denn sie hatten die gesamte Zeit auf die Monitore geblickt. 

Tiernan bereitete einen kräftigen, wohlschmeckenden Eintopf zu, der ebenso dabei half den Tag angenehm ausklingen zu lassen, wie das Lagerfeuer. Viel gesprochen wurde nicht, wie mussten uns erst an die anstrengende Jagd und die viele frische Luft gewöhnen.

Auch Chang wirkte erschöpft. Körperlich gehörte er zu den Fitten. Seine Erschöpfung hatte geistige Ursachen. Solche märchenhafte Natur war ihm völlig neu und seine internen Speicher mussten das erst mal verarbeiten.

„Schnee und Eis haben wir ja genug gefunden.“, meinte Gunner, „Nur das Feuer fehlt noch.“

„Ich könnte hier alles in Brand stecken, das lockt vielleicht einen Novadrakon an.“, schlug Triple S vor.

Bloody Guts runzelte die Stirn, „Warum willst du alles anzünden? Bist du Pyromane oder was?“

Triple S lächelte leicht, „Nein ich bin Pyromantiker.“

Wir lachten kurz, dann meinte ich, „Mit einem haben Gunner und Triple S aber recht, das Feuer fehlt uns noch. Morgen sollten wir uns eine Gegend mit mehr Bergen und Vulkan-Aktivität aussuchen.“ Ich gähnte ausgiebig.

Da wir wirklich müde und erschöpft waren, würden wir tief und fest schlafen. Das galt besonders für die acht von uns, die mit den LSV unterwegs gewesen waren. Wir würden schnell einschlafen und dann eben sehr tief und sehr fest schlafen und genau darum teilten wir Nachtwachen ein. In Zweierteams.

Erst waren TriXhot & Rubber Duck dran - ja, die zwei hatten gleich ein Team gebildet, da könnte wirklich etwas gehen - dann Shark Finn & ich, Triple S & Chang, Metge & Bloody Guts, Blackstone & Thunderstrike und zuletzt Gunner & Tiernan. 

❄❄

Am nächsten Tag fuhren wir in den LSV’s in eine Gegend, in der mehr Geysire vorkamen, die durch die Nähe eines Vulkans entstanden. Das Gelände wurde ruppiger, die Luft kühler und alles im allem wurde es noch ein wenig rauer als zuvor. 

Ich bin eine überdurchschnittlich gute Fahrerin, doch das Gelände verlangte mir so einiges ab. 

Rubber Duck steuerte das andere LSV und zudem noch eine Drohne, die uns einen Großteil der Beobachtungsarbeit abnahm. Die Drohne in der Luft stellte so etwas wie einen Ausguck dar und mehrere Augen blickten auf die Monitore. 

Natürlich hielten wir auch an diesem Tag immer wieder an, folgten Spuren oder erkundeten ein Stück Gelände, welches vom Fahrzeug aus nicht einzusehen war. 

Der Coldsuit sorgte dafür, dass mir warm war. Punkt.

Zum Glück war die Umgebung immer noch schön genug, dass ich weiter machen wollte. 

So verging Stunde um Stunde. Wie machten Pausen, um etwas zu essen und vor allem, um die Flüssigkeit wieder auf zu nehmen, die wir ausgeschwitzt hatten. Gunner hatte sogar mal ein Longarm-Shirt an und zwar in Schneetarn. Das war der schöne Anblick, den ich mir in jenen Pausen gönnte.

Thunderstrike hatte zwar von „zur Ruhe setzen gesprochen“, aber von irgendeiner Ruhe war nicht viel zu sehen. Der Zwerg konnte jedenfalls nicht viel davon gehabt haben, so fit wir er war. Thunderstrike gehörte neben Gunner und Blackstone zu denen, den die Anstrengung am Wenigsten ausmachte. Ach was, wenig. Sie störte sie gar nicht. Ich glaube, die beiden erstgenannten hatten sogar Freude an diesen Strapazen.

Tiernan setzte sich in den Pausen neben mich und bot mit einen Schlug aus seiner Falsche mit selbst gemischtem Energy Drink an, den ich gut gebrauchen konnte. Er war ähnlich erschöpft wie ich und das Getränk half. Für morgen versprach er eine doppelt so große Portion zu machen. Mir grauste ein wenig davor, dass wir morgen wieder raus mussten.

Beschwerden gab es keine. Auch nicht von Triple S. Natürlich rauchte er in den Pausen immer zumindest eine Zigarette, wenn möglich.

Sich zu beschweren oder gar zu Nörgeln oder auch nur unleidlich zu werden, kam für mich nicht in Frage. Es war nicht graziös, zu nörgeln.

❄❄

Am Nachmittag entdeckten wir dann etwas, was uns zeigte, dass wir auf dem richtigen Weg waren und was mein Herz höher schlagen ließ. 

Etwa 400 Meter entfernt von unserer Position balgten auf einer Felsnadel aus Vulkangestein zwei Firedraka. Zwei imposante, kräftige Echsenwesen, die etwas unbändiges hatten. Auch nach einem Blick durch ein Fernglas oder besser gesagt, durch das Zoom der TacNet-Brille, ließ sich nicht sagen, ob einer von ihnen vielleicht sogar ein Novadrakon war. Ich ging im Moment nicht davon aus, da keines der beiden Tiere nur irgendetwas von einem Icedrakon hatte und so viel Glück würden wir wohl nicht haben, gleich bei der ersten Drakasichtung erfolgreich zu sein, aber sicher war sicher.

„Siehst du dir beiden Tiere bitte etwas näher an, Triple S!“, bat ich.

Triple S nickte, lehnte sich an das LSV, wirkte einen Hellsichtzauber und ließ seine Sicht in die Ferne schweifen.

„Auch von Nahem ist da nicht eine helle Schuppe.“, sagte er an.

Die Tiere blickten hoch, wie ich durch das Zoom sehen konnte. Da die Draka dual waren, konnten sie den Zauber natürlich sehen und sie hatte ihn offenbar auch bemerkt. Ein Firedrakon schnappte danach. Ich sah zu Triple S und dieser runzelte die Stirn.

Dann gestikulierte der Magier erneut.

„Was machst du da?“, fragte ich und zoomte mir die Tiere wieder heran. Der Linke bekam von unsichtbarer Hand einen heftigen Schlag in die Seite. Das Tier fauchte, während das andere die schuppige Nase in die Luft hob, schnupperte und dann damit begann, sich einen Weg nach unten zu suchen und zwar ungefähr in unsere Richtung. 

„Ich locke sie an.“, antwortete Triple S auf meine Frage.

Ich schüttelte den Kopf, „Nein, du stänkerst. Das ist ein Tier Triple S. Warum musst du es ärgern?“ 

„Ich ärgere es nicht. Sie haben meinen Zaubern angegriffen und ich habe ein Zeichen gesetzt, mein Revier markiert und ihnen gezeigt, dass sie das mit mir nicht machen können.“, erklärte er mit einer Spur von Aggressivität in der Stimme. Er ließ das Tier dabei nicht aus den Augen.

„Ich nenne das stänkern. Wie gesagt, das ist ein Tier. Hättest du es nicht einfach in Ruhe lassen können?“

Er sah zu mir und seine Züge entspannten sich ein wenig, „Er hat an meiner Würde geknabbert. Würdest du das mit der Ruhe auch sagen, wenn sie dir an die Wäsche gegangen wären?“

Wow, was für ein Statement. Ich hatte nicht geahnt, dass er das so sehen würde. Ich hatte nicht geahnt, dass irgendwer das je so sehen könnte, „Du meinst, wenn jemand oder etwas deinen Zauber angreift, ist das ein Angriff auf deine Würde?“, fragte ich nach.

Triple S nickte.

Gut zu wissen, dass ich ihn nicht falsch verstanden hatte und noch besser zu wissen, dass dem so war, „Mir wäre es trotzdem lieber, du hättest das nicht getan. Angelockt hast du sie jedenfalls wirklich, lasst uns hier verschwinden, damit wir nicht gegen sie kämpfen müssen.“

«Ich hab den Punkt auf der Karte markiert.», sagte Rubber Duck.

Wir stiegen in die Wagen und setzten uns in Bewegung..

„Hoffentlich fahren wir jetzt nicht gleich über die Würde von Triple S.“, meinte Tiernan trocken.

Ich grinste breit.

Metges Stimme erklang, «Isz möchte ihre Aufmerkszamkeit auf einen zsibirischen Tiger lenken, der szie alle von einem Hügel in der Nähe ausz beochatät hat. Esz iszt ein wirklich groszes Exemplar. »

Rubber Duck schickte einige Nahaufnahmen ins Teamnetzwerk, die mir fast den Atem verschlugen. Dieses Wesen war unglaublich schön und tatsächlich überdurchschnittlich groß und so wie es uns beobachtete…, «Das könnte eventuell ein Gestaltwandler sein.», sagte ich an, «Aber von hier aus kann ich das unmöglich sehen. Dazu braucht es einen astralen Blick und selbst wenn ich ihn durch die Bäume entdecken würde, er ist für ein Ascannen zu weit weg.»

«Wenn wir noch mal anhalten, verlass ich meinen Körper und sehe nach.», meinte Triple S. 

So hielten wir, als wir außer Sichtweite des Hügels waren. Doch Triple S konnte den Tiger in all der Natur nicht finden.

❄❄

Niemand war uns gefolgt. Jedenfalls nicht im sichtbaren Abstand.

Als wir am frühen Abend in unser Camp zurückkehrten und die LSV’s verließen, schubste Gunner Triple S unvermittelt und sah ihn dann herausfordernd an. 

Triple S blickte zurück und fragte ein wenig verwirrt, „Was sollte das?“

Gunner grinste breit, „Ich wollte nur sehen, ob deine Würde auch hier so weit reicht.“

Triple S schüttelte ganz leicht den Kopf und ging dann weiter. Drei Schritte später blieb er stehen und sah noch mal zurück zu Gunner. Etwas leiser sagte er, „Aber danke fürs testen.“

Und noch mal: gut zu wissen.

❄❄

[Song 3: Alexandre Desplat/The Golden Compass - Lord Asriel] Wir hatten die Wacheinteilung wie in der Nacht zuvor belassen und so hatten Shark Finn und ich die zweite Schicht. In jedem Teil meines Körpers spürte ich einen leichten Schmerz, wie es nun nach einer Überanstrengung üblich war.

Wir saßen im hinteren Teil des Flugzeugs umringt von Monitoren. Eigentlich waren genug Stäbe und Drohnen aufgestellt, die das alles elektronisch überwachten und zu dem waren wir hier drin sicher, aber Vorsicht war besser als Nachsicht, also gab es auch heute Wachen.

Finn hatte ein großes Kissen mitgebracht und legte es neben sich. Ich bettete meinen Kopf darauf und war nur Sekunden später eingeschlafen.

Irgendwann merkte ich wie Finn mich auf mein Lager trug und in den Schlafsack legte. Ich wusste, dass ich in seinen Armen sicher war und darum machte ich mir gar nicht erst die Mühe richtig aufzuwachen. Katze rückte hoheitsvoll ein Stück, damit ich genug Platz hatte.

❄❄

Shark Finn rüttelte mich leicht. Ich war sofort wach. Wir lange ich wohl geschlafen hatte? 

In jedem Fall zu kurz.

„Keine Panik.“, sagte mein großer Beschützer sanft, „Metge und Bloody Guts haben während ihrer Schicht eine Gestalt bemerkt. Vermutlich der Tiger von heute Nachmittag. Wir müssen uns das mal ansehen.“

Ich schälte mich aus dem Schlafsack. 

‹So eine dumme Tigerkatze, Elfenmädchen. Wir hatten gerade so schön geschlafen. Warum muss sie sich da von Metge sehen lassen.›, beschwerte sich Katze gähnend.

Ich kletterte in den Coldsuit und gesellte mich zu den anderen, wo wir besprachen, was wir tun sollten und wie wir vorgehen wollten. Wie immer dauerte das, weil es hin und her ging - das stahl mir wertvollen Schlaf. Doch dann waren wir uns endlich einig und verließen bis auf Tiernan, Bloody Guts, Metge und Rubber Duck in geballter Macht das Flugzeug. 

Mit gesenkten Waffen überquerten wir das Flugfeld und bewegten uns auf die Position zu, an der der riesige Tiger lauerte, der nicht nur laut biometrischer Daten von Metge, sondern auch meiner Wahrnehmung nach das Wesen von heute Nachmittag war, das immerhin über 30 Kilometer lang unserer Spur gefolgt war. 

Ein von Triple S gewirkter Hellsichtzauber brachte keine weiteren Erkenntnisse, also hielt Shark Finn den Körper des Magiers fest und dieser projizierte sich abermals, um mit seinem Astralkörper nachsehen zu gehen. 

«Falls es wirklich ein Gestaltwandler ist, näherer dich so weit wie es geht von oben.», riet ich ihm noch bevor er ging.

Er blieb nicht lange fort.

Als das Leben in den Köper des Mannes zurückkehrte, verkündete er, «Ich konnte nichts identifizieren. Ich denke, ich hab nicht mal richtig seine Aura gesehen, denn der Tiger ist hoch gesprungen und hat sich aus dem Staub gemacht.»

Verdammt. Ich überlegte etwas zu rufen, aber ich wusste nicht welche Sprache ich sprechen oder was ich sagen sollte. Ich ging weiter davon aus, dass es sich um einen Gestaltwandler handelte, denn warum in aller Welt sollte uns ein normaler Tiger bis hierher folgen und uns die halbe Nacht beobachten?

Als wir an der Stelle ankamen, wo das Prachtexemplar von sibirischen Tiger gesessen hatte, war wirklich niemand mehr zu sehen, auch die Drohne konnte ihn nicht finden. Er war eben ein Meisterjäger und verstand sich zu tarnen. Ich nahm astral wahr und ascannte den Platz. Restspuren von Hellsichtmagie schimmerten über der Stelle und das war nicht die Signatur von Triple S. Der Tiger hatte Magie gewirkt und somit war klar, was ich vermutet hatte, «Das war ein Gestaltwandler.», teilte ich meinen Kollegen mit, «Und er kann zaubern.»

„Was machen wir jetzt?“, fragte Bloody Guts, als wir alle wieder in das Innere der Transsky zurück gekehrt waren. 

Ich überlegte nur kurz, „Wir machen weiter wie bisher. Mit einer Änderung, wenn wir morgen auf Tour sind, bleiben alle von Base One im Flugzeug. Und die gesamte Zeit über geht niemand von uns alleine irgendwo rum. Nicht mal aufs Klo und selbst dabei ist zumindest immer einer kampfbereit und behält die Umgebung im Auge. Vielleicht holt der Tiger jetzt seine Freunde. Doch selbst wenn er zurückkehrt, um an unser Flugzeug zu gelangen, muss er sich über das freie Gelände bewegen. Das erhöht die Chance, dass wir ihn sehen. Und um in das Flugzeug zu kommen, muss er sich verwandeln und die Tür anfassen. Das wird er sich überlegen. Genau, wie er sich zweimal überlegen wird, ob er uns angreift. Also warten wir ab, ob er noch mal wieder kommt und schauen dann, was er von uns möchte.“

Thunderstrike nickte, „So machen wir es. Ich stimme zu, wie wissen nicht was der Tiger will oder warum er hier war. Wie beobachten und warten ab.“

[Song 4: Bon Jovi - Bad Medicine (this left feels right version)] Selbstverständlich war ich neugierig darauf, was den Gestaltwandler dazu gebracht hatte, uns zu beobachten. War er ebenfalls nur neugierig? War er ein Wächter? Achtete er auf diese Gegend? Was für einen Hellsichtzauber hatte er gewirkt? Stand er im Dienste von Yakut? Glaubte er, dass wir Russen waren?

Oh, das war ein guter Ansatzpunkt, den sollte ich nicht einfach so unter den Tisch fallen lassen, also sagte ich, „Wir sollten vorsichtshalber kein Russisch sprechen.“ Ich lachte perlend und erklärte das nicht weiter, außer mir sprach hier eh niemand Russisch.

❄❄

Dank der Unterbrechung in der Nacht war ich bei meinem Morgenritual nicht ganz fit gewesen. Natürlich hatte ich es durchgezogen und dann Thunderstrike, Blackstone und Gunner beim Training zu gesehen. Chang beschränkte sich auf leichtes Tai Shi. Doch die Drei trainierten tatsächlich noch eine Runde bevor wir uns in eine stundenlange Expedition in die Wildnis stürzten.

Was wir im Anschluss ans Frühstück auch gleich taten. Wir brachen zu einer weiteren anspruchsvollen Tour auf, die im wahrsten Sinne des Wortes körperlich anstrengend war.

Diesmal fanden wir nichts von Belang. Wir sichteten keine gestaltwandelnden Tiger und keine Fire- oder Icedraka. Die Drohnenüberwachung der Stelle, wo gestern die Firedraka gewesen waren, hatte zumindest die Erkenntnis gebracht, dass unter diesen Firedraka kein Novadrakon lebte.

Als wir am Abend ins Lager zurück kehrten, hatte ich eine Menge mehr Natur gesehen und ich war wahnsinnig erschöpft.

Ich hatte es kaum erwarten können, mich endlich in die gewisse Intimität meines Schlafsackes zu begeben. Ich kuschelte mich ein, setzte die Kopfhörer meines Commlinks auf, schaltete es auf Privatmodus und rief endlich die Nachricht auf, die ich vor kurzem von Harlequin erhalten hatte.

Schon der Anblick seiner Handschrift ließ mich Lächeln und seine Worte erst. - Sie umschmeichelte mich und nahmen sich für mich ein. In meinem Unterleib begann es zu kribbeln und gleichzeitig wurde mir warm uns Herz.

Herzallerliebste,

wie gefällt es Dir im Schnee? Wie schlägst Du Dich bei den Schneeballschlachten? Falls Du ein paar Tipps brauchst... z.B. für super puffige Schneebälle, dann meld' Dich einfach ;-)

Für Halloween hab ich eine Idee. Kennst Du die Geschichte von Que Quartzo und der Venus?! Nein?! Na, ich erzähle sie Dir, sobald wir uns wiedersehen. Die Geschichte entfaltet sich erst richtig im silbernen Licht des Vollmonds. Ich suche uns schon mal ein paar schöne Plätze dafür aus...

Der aktuelle Abschnitt Deiner Suche ist ja eigentlich ein Heimspiel für Dich. Nicht viele Jäger können sich so perfekt tarnen. Falls es Dir zu lange dauert, kannst Du ja einfach fragen ;-)

Kannst Du den Mond schon sehen?

h.

I ain't got a fever, got a permanent disease

And it'll take more than a doctor to prescribe a remedy

I got lots of money but it isn't what I need

Gonna take more than a shot to get this poison outta me

And I got all the symptoms, count 'em, one, two, three

First you need (That's what you get for falling in love)

Then you bleed (You get a little and it's never enough)

And when you're on your knees (That's what you get for falling in love)

Now this boy's addicted 'cause your kiss is the drug. ▪︎

Ich las seine Zeilen viermal, obwohl ich sie schon nach dem ersten Mal auswendig kannte. Erst dann hörte ich mir die Audiodatei an, die er angefügt hatte. 

Seine männliche Stimme ließ mich erschaudern. Er sang den Song, dessen Text er in seinem Brief an mich verwendet hatte und er spielte dazu auf der Gitarre. Es war, als wiederhole und unterstrich er sein Liebeserklärung an mich noch einmal. Er hob sie auf einen höheren Level und ich schwebte wie auf Wolken. 

Meine Erschöpfung war wie weg geblasen. Ich holte den Stift aus meiner Tasche und rief die Schreibfunktion meines Commlinks auf, um Harlequin zu antworten. 

Ich ließ den Stift über das AR-Feld laufen, um etwas handschriftlich in die Datei zu bringen.

Im Anschluss würde ich mich nach einem Song umsehen, um unserer kleinen Tradition nach einige Textzeilen daraus auszuwählen, die ich ihm senden würde. Das war unsere ganz eigene Form eines Lyrik-Spiels. Harlequin war vor Wochen auf die Idee dazu gekommen und unsere beider Vorliebe für Rockklassiker hatte ihn darauf gebracht. Unsere Beschränkung war einfach, die ausgewählten Texte mussten aus einem Song stammen, der irgendwann einmal vor 2060 veröffentlicht worden war. Seitdem bereicherten wir unsere Briefe mit Auszügen aus Songs.

Geliebter, Liebster, My Knight,

ob ich den Mond schon sehen kann? Ja, ich kann. Im Moment nur, wenn ich aus dem Fenster der Flugzeuges sehe, doch ich weiß, dass er da ist, in all seiner Pracht, so wie ich weiß, dass du da bist. Wir schlafen drinnen, denn draußen ist es kalt. Ich habe meinen Schlafsack so gelegt, dass das Licht des Mondes zum Einschlafen auf mein Gesicht fällt und meine Haut zum Schimmern bringt.

Draußen leuchtet der Mond gegen das Funkeln der Sterne an und ich kann nicht sagen, was schöner ist. Vielleicht können wir das gemeinsam ergründen, wenn wir beisammen sind. Doch wie auch immer, darunter zu stehen ist eine Freude, denn das Funkeln reflektiert sich im Glitzern des Schnees.

Die Natur hat hier eine Menge schöner Dinge und Anblicke zu bieten, die all die Strapazen wert sind und ich befinde mich in einer der schönsten Gegenden der Welt. Doch die Betonung liegt auf Gegend und ich bin an so viel Gegend nicht sonderlich gewöhnt. Noch haben wir nicht gefunden, was wir suchen, doch morgen ist ein neuer Tag, der eine neue Chance bietet. 

Ein Heimspiel für mich? Ich glaube, das habe ich noch nicht ganz entschlüsselt, aber ich bin sicher, ich werde noch darauf kommen. 

Ich denke tatsächlich darüber nach, eine Schneeballschlacht anzufangen. Allerdings würde ich nur einen puffigen Schneeball werfen und gleich im Anschluss würde ich mich hinter Shark Finn verstecken und zusehen, was geschieht.

My Knight, ich wünschte du könntest jetzt hier sein und ich könnte in deinen Amen liegen. So wird meine Sehnsucht nach dir wieder mit jedem Tag ein wenig größer. Doch ich weiß ja nun wie süß empfundene Sehnsucht das Wiedersehen macht. Bis dahin träume ich von deinen Händen auf meiner Haut und von Deinen Lippen auf meinen. 

Ich bin nichts lieber, als Deine Medizin.

Gute Nacht, My Knight

Something strange is happening inside me

Don't know where you end and I begin

I want you to know

This love is more than chemical

It feels unusual

And I can't get enough

You know

This love is more than chemical

And we're unbreakable

Oh be forevermore

More than chemical ▪︎▪︎

Ich hängte diesem Brief die Karikatur meiner Dracoform an, die den Mond anheulte, dann drückte ich auf senden und schlief schon bald darauf unter dem Gesang von Harlequins Stimme ein. Ich hatte den Song auf Dauerschleife gestellt.

In dieser Nacht wurde ich nicht geweckt.

❄❄

Ich hatte ausgesprochen gut geschlafen, mein Morgenritual hatte mich zusätzlich erfrischt und Tiernans Frühstück hatte mir neue Kraft verliehen, die ich bei der heutigen Tour sicher gut brauchen konnte.

[Song 5: Linkin Park - Wastelands]I Das Planquadrat für heute war noch bergiger, als das am Tag zuvor und das Gestein unter uns war scharfkantiger. Schnee und Schneematsch wechselten sich ab und teilweise mussten wir unser Fahrtempo drosseln, wenn wir nicht Gefahr laufen wollten in einem Spalt zu stürzen oder im Matsch stecken zu bleiben. Kurz gesagt, dass Gelände verlangte meine volle Konzentration und mein gesamtes Können. 

Rubber Duck war mir da als Rigger um einiges voraus und er verstand sich zudem unglaublich gut aufs Fernsteuern.

Die Schönheit der Natur blieb, auch wenn sie hier deutlich lebensfeindlicher war, als die Gegenden der Tage zuvor. Ein astraler Blick strafte den Gedanken sofort Lüge. Das Leben tobte hier in allen Farben. Es war hier eben nur metamenschenfeindlicher. 

Die Luft stank nach Schwefel, was ich nicht riechen konnte, da ich wie alle anderen auch, einen Breezer aufgesetzt hatte. Der sauerstoffangereicherte Breezer war gerade nicht nur wegen der Höhenmeter ein Muss. Die Atemmasken in Kombination mit den Coldsuits, den Helmen und der TacNet-Ausrüstung ließen uns wie Aliens erscheinen, die in ein unbekanntes Habitat eindrangen. Schlecht war der Vergleich sicher nicht. 

‹Eigentlich ist der Vergleich sogar ausgesprochen gut, Elfenmädchen.›, bemerkte Katze beiläufig. 

An einigen Stellen standen bizarre Eisskulpturen, die entstanden, wenn das warme Wasser aus einem Geysir auf eine Eisfläche triff und dort abgekühlt wurde. Hier hatte die Natur sogar einen Faible für abstrakte Kunst.

Spuren hatten uns Hinweise gegeben. Oder besser, sie hatten Thunderstrike Hinweise gegeben. Er war hier bei UC der unangefochtene Fährtenleser. Ich hatte mich auf den Astralraum der Umgebung eingeschwungen und die Erkenntnis - eine Leylinie-  hatte unsere Route korrigiert und am frühen Nachmittag des 11. November 2073 hatten wir dann eine weitere Dracoform-Sichtung. 

Diesmal waren es zwei Icedraka, die halb in Schnee eingegraben vor einer Senke saßen. Wir hätten sie beinahe übersehen und waren nun bis auf 40 Meter dicht dran. 

Wir hielten sofort und verließen bis auf Tiernan alle die Wagen, um die Tiere besser ansehen zu können.

Die Drohne zeigte uns ein Gesamtbild von oben. 

Das was da vor uns lag, glich mehr einem Krater als einer Senke und wir befanden uns auf der südwestlichen Wand. Auf dem Kamm gegenüber, noch fast fünfhundert Meter entfernt, saßen drei weitere Draka und zwar Firedraka. Sie beobachteten die Umgebung. Zwei weitere Firedraka spielten in der Senke des Kraters, sie waren kleiner als die anderen, vielleicht waren sie noch nicht ganz ausgewachsen.

A pro pos Größe, der mittlere der Draka auf dem Kamm gegenüber war besonders groß und ungewöhnlich gezeichnet. Hier waren ganz schön viele Draka. 

Ich konzentrierte mich erneut auf die Schwingungen des Astralraums der Umgebung. Die Leyline befand sich hier ganz in der Nähe. Das erklärte einiges. Die Magie der Linie lockte die Draka an. Ich grinste in mich hinein. Icedraka und Firedraka so dicht bei einander? Dann konnte der Große da in der Mitte vielleicht sogar ein Novadrakon sein.

Ich nahm astral wahr.

Wir waren inzwischen alle ein paar Schritte von den Wagen weggetreten. Die Icedraka befanden sich immer noch 40 Meter schräg links voraus von mir. 

Die Farbenwelt des Astralraums entfaltete sich und rechts voraus, nicht mal 20 Meter entfernt, lauerten zwei Auren. 

Verdammt! 

Die Icedraka waren geduldige Jäger, schoss es mir in den Kopf. Ich war für den Bruchteil einer Sekunde wie erstarrt und dann sagte ich: «Achtung 20 m links zwei weitere Icedraka. »

Aber da hatten die Tiere sich schon in Bewegung gesetzt. Die zwei links UND die zwei rechts.

Wir nahmen alle einen Abwehrhaltung ein und machten uns kampfbereit. 

Ich ging ein paar Schritte rückwärts, bis ich das LSV hinter mir spüren konnte. 

Blackstone zog seinen Gladius und trat vor mich.

Triple S sagte an, «Mache Zauber auf mich.»

Tiernan trank einen Schluck aus einer Flasche.

Chang sprang hinten auf unseren Wagen und wurde augenblicklich von einem fünften Icedraka angegriffen.

Die Informationen trudelten nur so im Teamnetzwerk ein. 

Dem TacNet sei Dank!

Zwei Icedraka griffen Blackstone an. Sie flankierten ihn und schnappten zu. Den ersten Biss konnte er mit seinem Schwert abwehren, aber der zweite erwischte ihm an Bein. 

<Snowcat, mach dass du in den Wagen kommst!>, verlangte Shark Finn ruhig aber bestimmt über seinen Direktkanal zu mir.

Gunner würde von den anderen beiden Icedraka angegriffen. 

Verdammt waren die schnell und sie gingen koordiniert vor. Gunner schaffte es beide Bisse abzuwehren. Aber wenn die Biester gleich ihren Eisatem einsetzten, würden wir echt Probleme bekommen.

Rubber Duck meldete, «Der große in der Mitte da drüben hat weiße und braune Schuppen, das könnte ein Novadrakon sein.»

Chang versetzte dem Icedrakon noch in dessen Ansprung auf das Fahrzeug einen Tritt, der Biest segelte durch die Luft und pralle hart auf dem Boden auf, aber es war nicht tot.

«Zurück in die Wagen.», sagte ich an und ließ mich auf den Fahrersitz fallen.

Bestätigungen trafen ein.

Trixhot stellte sich neben ihrem Platz auf das Gestänge, klemmte sich mit einem Arm fest und schoss auf einen der Draka bei Gunner. Das entspannte die Situation dort.

Tiernan schnallte sich an.

Nach und nach zogen sich alle zurück in die Wagen

Der Icedrakon, den Chang als Ball genutzt hatte, rappelte sich wieder auf.

Trixhot schoss erneut.

«Ich kann beide Wagen fahren.», meinte Rubber Duck.

«Dann mach das.», bestätigte ich.

Da fuhr Bravo-Strike auch schon los. Gunner sprang behände auf das Trittbrett und hielt sich ebenso wie TriXhot fest. 

Triple S erklärte, «Wenn du günstig fährst Rubber Duck, kann ich mir den vermeidlichen Novadrakon holen und levitieren. Soll ich?»

Ich sah zu Tiernan, der sagte sogleich, «Ich kann ihn ascannen, aber für die Herstellung der Fesseln brauche ich Stunden.»

Ach was soll’s, wer nicht wagt, der nicht gewinnt, dachte ich bei mir und sagte, «Probieren wir es einfach. Rubber Duck, fahr den Wagen so, dass Triple S den Drakon ins Visier nehmen kann. Triple S, viel Erfolg.»

Die Icedraka wirkten ziemlich wütend und wenn sie ihren Atem einsetzten, konnte es immer noch böse werden. 

Trixhot schoss und hielt sich weiter mit einem Arm fest, um eine Schusslinie auf Ziele zu behalten. Das war nur stehend möglich, aber auch gefährlich, denn der beschleunigende Wagen sprang nur so herum.

Ich konzentrierte mich und verwirrte mit meinem Zauber gleich drei der Icedraka.

Shark Finn meldete, «Die Firedraka in der Mitte werden auf euch aufmerksam.»

Alpha Strike setzte sich in Bewegung.

«Steuere jetzt beide Wagen, hab die Drohne auf Autopilot.», gab Rubber Duck bekannt.

Die Wagen holperten heftig. Ich war abermals froh über den Helm. Wir gewannen deutlich an Geschwindigkeit.

«Ich hab ihn.», verkündete Triple S stolz, «Nun aber weg hier.»

Wie heizten über die unebene Landschaft aus Eis, Schnee und Schlamm und zogen einen wütend brüllenden Novadrakon wie einen Papierdrachen an einer unsichtbaren Schnur hinter uns her.

Und ja, es war ein Novadrakon, denn er wurde abwechselnd von Eis und Feuer umgeben

Tiernan nahm ihn mit der Fahrzeugkanone ins Visier. Er schoss und traf, sogleich wurde das wütende Tier von der Schaumasse umhüllt.

Soweit, so gut.

Aber ewig würde die Schaumkugel nicht halten. Wir hatten nur Sekunden gewonnen. Wir brauchten dringend einen Plan, um an die Schuppen zu kommen.

                                              UC - UNIVERSAL CONSULTANTS - UC

               UC - Unknown Consequences -das TOP-Runnerteam aus Seattle- You See!

Was sich die Runner einfallen lassen, wohin es danach geht und wie lange es noch dauert, die Zutaten für das Ritual zusammen zu bekommen, ist schon heute hier zu lesen. Schau einfach auf die nächste Seite, Omae.

Deine Kommentare zur Episode passen am Besten unter A Tale So Far Part X [LINK].


Die in den Briefen verwendeten Songtexte stammen aus:

▪︎ Bad Medicine by Bon Jovi

▪︎ ▪︎ Chemical by Kerli

Eine Liste der in den Briefen verwendeten und in den Story erwähnten Songs findest Du hier. [LINK]

(Die Rechte bleiben bei ihren Besitzern. Es wird keine Garantie für die Richtigkeit des Songtextes übernommen.)

*reckundstrekgenüsslich* Hoffe Ihr habt Spass; *knutschi*