Episode 13/13 (vom 07.06.) Run 43

Welcome back, omae!

Schön, dass Du auch heute wieder reinschaust.

Derzeit „On The Run“ sind: Butcher*, Gumshoe, FTW, Tuareg, SpArcade, TriXhot, Sugmani und Snowcat. (*Spieler war nicht anwesend.)

Datum in unserer SR-Timeline: 05.08.-16.09.2072

Was bisher geschah: Die Runner haben den Run um den Shroud Of Shadows erfolgreich beendet und den frisch erwachten Drake Blackstone am Lake Louise in Sicherheit gebracht. Während Snowcat mit Blackstone und Harlequin auf der Assets Inc.-Seite des Sees ist, dürfen sich die anderen ein paar Tage im Vison Quest Theme Park erholen.

Wir schalten uns an der Stelle in das Geschehen ein, an dem Snowcat im Hotel auftaucht, um die anderen aufzusuchen, bevor sie abreisen.

Lies nun, was nach der aufregenden Jagd so passiert und erlebe dies aus den eisblauen Augen von Snowcat mit.

Der Kommentare zu dieser Episode finden Platz unter The Tale So Far Part IV [LINK]

Bereit omae? Na dann los! 

Snowcat setzte sich in ihrem langem, schwarz-weißen Kleid elegant auf einen der luxuriösen Korbstühle am Tisch zu den anderen Runnern. Die Sonne würde bald untergehen, die Luft hier am Lake Louise war kühl und frisch. Sie lächelte, als sie den anderen, -Doc, Mystère, Sugmani, Starbuck, Tuareg, Butcher, Average, dem bereits völlig genesenen FTW und TriXhot davon berichtete, dass Blackstone inzwischen Herr über seine Gestalt war und sich nicht mehr auf dem freien Markt für Drachen befand. Es war ein wohldosierten, freundliches Lächeln und unterschied sich nicht von denen, die sie sonst darbot, aber im Gegensatz zu manch anderem Lächeln kam es von Herzen und war einem Gefühl absoluter Glückseligkeit entsprungen. 

Sie hatten den Job um das Artefakt erledigt, Blackstone befand sich in Sicherheit, sie hatte Fly-Ball mit anderen Drakes gespielt und fantastischen Sex gehabt. Sie fühle sich glücklich und zwar vollkommen. Das Gefühl füllte sie aus und umhüllte sie, wie ein warmer Mantel.  

„Das mit Blackstone ist schön zu hören.“, bemerkte Tuareg, „Dann würde ich jetzt gerne auf die Infizierten zu sprechen kommen. Wird das Team Rache wollen, weil wir einen oder mehrere von ihnen getötet haben?“

Snowcat lehnte sich zurück und schlug in einer eleganten Bewegung die Beine übereinander. Sie überlegte kurz, alle Augen waren erwartungsvoll auf sie gerichtet, „Nein.“ 

Butcher, Average und einige andere entspannten sich. Snowcat dachte an das, was ihr Sal Fortuneshocker vor wenigen Stunden erzählt hatte und fasste es für ihre Kollegen zusammen, nach dem Nein würde das eine dramatische Wirkung erzielen. Doc schmunzelte, er ahnte offenbar, was kam. „Jedenfalls nicht aus Rache. Es könnte sogar sein, dass sie ihre Toten einfach ersetzten und neue Infizierte rekrutieren. Allerdings...“ sie zog das Wort ein wenig in die Länge und Docs Schmunzeln wurde breiter, „könnte es durchaus sein, dass wir ihnen so viel Jagdspass geboten haben, dass sie uns weiter jagen wollen. Ich weiß inzwischen, dass sich die Gruppe Dead Man Hunting nennt und ihr Kopf tatsächlich ein Nosferatu ist, der den Namen Orion trägt. Und es steht zu befürchten, dass UC nun auf der Trophäen-Wunsch-Liste von Orion ganz oben steht.“

Doc nickte, „Das könnte ich mir auch vorstellen.“

Tuareg beugte sich ein wenig nach vorne und sah Snowcat aufmerksam an, jedenfalls wirkte es aufmerksam, soweit man das über das Tuch vorm Gesicht hinweg beurteilen konnte, „Wenn ich das richtig verstanden habe, dann kennst du dich mit Infizierten aus. Wie wäre es, wenn du uns etwas über ihre Stärken und Schwächen erzählst?“

Snowcat nickte und begann mit ihren Ausführungen, die die anderen ergänzten. Sie zählten mehr Stärken als Schwächen. Zumindest teilten einige Runner Snowcats Meinung dass infiziert zu sein nicht gleichbedeutend mit ,böse sein‘, war. 

Im Anschluss an die Diskussion hing ein kurzes Schweigen über der Runde, dann war es erneut Tuareg, der das Wort ergriff. „Wenn die Dead Man Hunting uns jagen, wäre es da nicht günstig, wenn wir ihnen zuvor kämen und ihnen eine Falle aufbauen würden? Wir lassen durchblicken wo wir sind und warten darauf, dass sie kommen.“

Doc schüttelte den Kopf, „Da würden wir dann ziemlich lange warten. Sie lieben die Jagd, wenn sie jemanden töten hätten wollen, dann könnten sie das einfacher haben, als ihn zu stellen und dann laufen zu lassen. Genau dieser Willen nach unterhaltsamer Jagd ist der Grund, warum FTW noch lebt. Sie werden uns also nicht suchen und zu uns kommen. Sie haben Zeit und werden ihrerseits warten, bis es sich für sie lohnt. In eine Falle, die wir ihnen jetzt stellen, würden sie nie laufen.“

Tuareg seufzte, „Das heißt also, wir können nichts tun, als aufmerksam zu sein und uns ihnen zu erwehren, wenn sie kommen?“

Doc nickte, „Genauso ist es.“, er trank einen Schluck von seinem Whiskey, der ihm offenbar hervorragend schmeckte.

TriXhot grinste breit, „Aber hey, das ist doch dann also genau das, was wir sowieso immer machen müssen, aufmerksam und auf alles vorbereitet sein.“

Sie saßen noch eine Weile beisammen, um sich über dies und das zu unterhalten. Snowcat hatte bewusst in sich aufgenommen, wie zufrieden am heutigen Abend alle aussahen, trotz der Gefahren die da draußen noch lauern mochten. Erlebnisse wie in den letzten Tagen schweißten zusammen. Runs schweißten zusammen. 

Die anderen würden morgen früh abreisen, sie selbst und Blackstone würden noch hier bleiben. Da Snowcat noch in der Nacht zurück über den See fliegen würde, verabschiedete sie sich bereits jetzt von ihren Kollegen. Sie bedankte sich bei Sugmani für ihre Hilfe und umarmte vor allem Starbuck herzlich. Als sie zu Tuareg kam, verbeugte sich dieser und meinte, „Da du noch hier bleibst Snowcat, möchte ich zu deinem Schutz einen meiner Geister abstellen, der noch mehrere Dienste offen hat.“ 

Wow, mit einem solchen Angebot hatte Snowcat nicht gerechnet, das war wirklich großzügig und der Elf schien es mit dem Glauben an seine Prophezeiung wirklich ernst zu meinen, nicht dass Snowcat davon überrascht gewesen wäre, für so ernsthaft hatte sie ihn natürlich gehalten, aber es war eine Sache, ob man an so etwas glaubte und eine andere, ob man danach handelte.

Snowcat blickte Tuareg tief in seine dunklen Augen, legte ihre Hände flach an einander führte sie vor ihren Mund und verbeugte sich dann ganz leicht, Mit sanfter Stimme sagte sie, „Dein Angebot ehrt mich und ich bedanke mich sehr dafür. Diese Gabe ist hier jedoch verschwendet, da ich hier absolut sicher bin.“

Tuareg erwiderte die Geste, „So sei es. Dann ein ander Mal, wenn du weniger in Sicherheit bist.“ 

Snowcat befand sich kaum in der Luft, als Trouble bereits am Himmel auftauchte. Er war natürlich ,rein zufällig‘ hier und ihr in keinem Fall entgegen geflogen. Sie gewannen gemeinsam an Höhe und drehten eine Extra-Runde an den Wäldern der sie umgebenden Berge vorbei. Einer der Zentauren, ein besonders attraktiver, wie Snowcat fand, mit dem Namen Rhondo, ließ sich am Waldrand blicken und hob die Hand zum Gruß. Snowcat flog eine Pirouette und rief ihm dann ein freundliches ,Guten Abend‘ zu. 

Ein wenig später landeten Trouble und Snowcat nahe des Bootsstegs. Sie wandelten sich, nahmen die Rucksäcke ab und zogen sich an. 

Snowcats Haar flatterte im Wind, als sie auf das Haus zuging in dem ihr Gästezimmer untergebracht war. Da sie keine Schuhe angezogen hatte, berührte der Saum ihres Kleides den Boden, sie hob den Rock ein wenig hoch, damit er nicht schmutzig wurde. Trouble verabschiedete sich von ihr, sein Zimmer, war in einem anderen Haus untergebracht. 

Snowcat hatte die Holzveranda bereits zur Hälfte überschritten, als neben der Eingangstür  ein orangenes Licht aufglühte und einen Teil von Harlequins Gesicht beleuchte. Er saß auf einem Schaukelstuhl und rauchte. Seine Silhouette war im Mondlicht nun all zu deutlich zu erkennen. Sie hatte bis eben nicht einmal erahnt, dass er da gewesen war. Verdammt. 

„Hey!“, sagte sie einfach nur und stellte ihren Rucksack neben dem Stuhl hab.

Er kopierte ihren Tonfall exakt, „Hey.“ und grinste dabei, was in diesem Moment ein wenig gruselig aussah. Sie ignorierte das und hockte sich seitlich vor den Stuhl, anstatt sich in den zweiten daneben nieder zu lassen. 

Harlequin nahm einen tiefen Zug von der Zigarette und stieß den Rauch in Ringen aus. 

Snowcat lächelte und fragte leise, „Schmeckt die Zigarette so außergewöhnlich, wie sie riecht?“

Harlequin hielt ihr wortlos das offenbar selbst gedrehte Rauchwerk hin. Sie grinste niedlich, schob seine Hand sanft beiseite und kletterte auf seinen Schoß, um ihn leidenschaftlich zu küssen. Der Stuhl schaukelte leicht hin und her. 

Snowcat seufzte leise und schnurrte, „Ja, tut sie!“, dann kuschelte sie sich auf seinem Schoss zurecht, schwang ihre Beine über die Lehne des Schaukelstuhls und schmiegte sich mit ihrer Wange an seine Schulter.

Harlequin nahm erneut einen tiefen Zug, drückte seine geschlossenen Lippen kurz auf ihr Haar und stieß den Rauch dann erneut aus. Diesmal flogen jedoch keine Ringe davon, sondern kleine Herzen. Das letzte Herz holte das vorletzte ein und die beiden verschmolzen miteinander. 

So saßen sie eine Weile schweigend beisammen und nur das leise rhythmische Knarzen des Schaukelstuhls mischte sich mit denen der nächtlichen Natur. Die Sterne funkelten am Himmel. 

Irgendwann schon Harlequin seine Hand unter den Rock des Kleides und streichelte ihr fast schon verträumt über den Oberschenkel. Er rückte sich und sie ein wenig zurecht und drückte sie dann mit seinem freien Arm fest an sich.

Snowcat reckte sich ein wenig und küsste Harlequins Hals, dann arbeitete sie sich mit ihrer Zunge bis zum Ohr hinauf und wieder hinab. Sie konnte spüren, wie sich sein Puls beschleunigte, sein Atem brandete heiß gegen ihre perlweiße Haut. 

Harlequin griff Snowcat ins schneeweiße Haar, zog ihren Kopf ein wenig nach hinten und küsste nun seinerseits ihren Hals. Als er mit seiner Zunge über ihren Kehlkopf fuhr, stöhnte sie leise. Sie richtete sich auf und sah ihm in die grünen Augen, die das Licht der Sterne eingefangen zu haben schienen. Sie wusste, dass ihre eigenen Augen das auch vermochten und ob sie dies nun gerade taten oder nicht, er hielt ihren Blick fest. 

Eine knisternde Spannung baute sich zwischen den beiden Elfen auf, die sich leidenschaftlich entlud, nachdem Harlequin Snowcat ins Bett in ihrem Zimmer getragen hatte. 

❅❅

Ein paar Tage später betrat Snowcat Liams Werkstatt am Lake Louise. Sie hatte ein Trainingsschwert und zwei Dolche dabei. Liam grinste sie an, „Na, hast du wieder was kaputt gemacht?“

„Vorsicht, das klingt ja so als würde ich ständig etwas zerstören, was überhaupt nicht stimmt. Und nein, nicht wirklich, hier an dem Schwert ist die Gummierung am Schaft verrutscht, was ich selbst reparieren kann, natürlich nur, wenn ich dein Zeug benutzen darf und die beiden Dolche sind von Azadey die du und zwar ausdrücklich du bitte schärfen möchtest, wenn du Zeit dazu hast.“

Ohne von seiner Arbeit an Blackstones Rüstung aufzusehen meinte Liam, „Leg die Dolche auf den Tisch und wie das mit dem Reparieren geht, weißt du ja.“

Sie nickte und setzte sich an eine Werkbank. „Danke.“ 

Nach einer Pause fragte Snowcat, „Du Liam, wie ist das eigentlich, wie lange würde ich wohl brauchen, um ein eigenes Schwert zu schmieden?“

Er blickte weiter konzentriert auf das, was er da tat, „Ein paar Tage. Je nachdem.“ Dann hielt er mit seiner Arbeit inne und sah zu ihr rüber, „Was du bloß immer damit hast. Wenn du soweit bist, dann fahren wir gemeinsam nach Toledo und du arbeitest da unter meine AufsichtI Ich lass dich nämlich ganz sicher nicht alleine zu meiner Cousine fahren, damit du sie bequatscht und sie dann alles für dich macht.“

Snowcat zog einen Schmollmund, „Ich dachte sie ist inzwischen auch meine Cousine, da ich von Sparky und Arcade feierlich in die Familie aufgenommen wurde.“

Liam nickte, „Stimmt, aber zu unserer Cousine lass ich dich auch nicht fahren.“ Dann deutete mit dem Kopf in Richtung ihres Gesäßes und feixte, „Hat vorhin sicher ganz schön gezeckt, soll ich mir den blauen Fleck, der wahrscheinlich ein solcher Striemen ist, mal ansehen?“

Jetzt grinste Snowcat, „Nein, sollst du nicht. Ich werde den Schmerz mit Stolz tragen.“ Harlequin hatte ihr heute Morgen beim Training heftig mit der Breitseite des Schwertes auf den Hintern geschlagen. Leicht tat er das öfter, er war ihr im Schwertkampf einfach weit überlegen, obwohl sie täglich besser wurde. Diesmal hatte sie den Schlag erahnt und sich der Wucht entgegen gedreht, in der Hoffnung, Harlequin würde dann auf das Hinterklopfen verzichten. Doch das Gegenteil war der Fall gewesen, er hatte besonders kräftig zugeschlagen und das hatte wirklich weh getan. Um das Ganze komplett zu machen, hatte er ihr die Beine weggetreten und sie umgeschupst, worauf hin sie mit voller Wucht auf dem schon schmerzenden Hintern gelandet war. Böse grinsend und mit einer übertriebenen Verbeugung hatte er ihr aufgeholfen, dann hatte er sie an sich gezogen und gemeint, dass es durchaus Wesen auf der Welt gab, denen es scheißegal war, wie verdammt sexy sie sei. Der Kuss im Anschluss hatte Snowcat zumindest einen Teil der Schmerzen vergessen lassen.

„Und wenn ich es mir anders überlege, dann werde ich dir meinen nackten Po sicher nicht hier in der Werkstatt zeigen, wo jede Sekunde jemand reinschneien kann.“ 

Kurz darauf war Snowcat mit der Reparatur fertig und fragte, „Kann ich dir noch irgendwas helfen?“

Liam schüttelte den Kopf, „Du bist ja nicht hier, um die ganze Zeit mit mir in der Werkstatt zu hocken. Geh mal wieder raus und spiel mit den anderen Krabblern.“

Snowcat stemmte empört die Hände in die Hüften, „Hey, nun mach mal halb lang. Wir sind keine Krabbler, wir sind Flieger.“  

❅❅

Die nächsten August-Tage vergingen wie im Flug und das im doppelten Sinne des Wortes. So viel Spaß hatte ständiges trainieren noch nie gemacht. Sie flog mit den anderen Drakes umher, lernte von Harlequin mehr über den Umgang mit einem Schwert, verausgabte sich im Messerkampf mit Azadey, wo sie auch jedes Mal unterlag und brachte den anderen im Gegenzug einige Tricks im Umgang mit Metamenschen und in Puncto Heimlichkeit bei. 

Irgendwie war es einfach unglaublich, dass Blackstone ebenfalls ein Drake war, welche eigentümliche Wege das Leben doch manchmal ging.

Blackstone wollte zumindest auch noch den September über hier bleiben. Snowcat war am 1. September mit Ehran in Boston verabredet und sie hatte nicht vor das zu verschieben. Vorher wollte sie jedoch unbedingt noch shoppen gehen und zwar in Paris. Der Champs-Elysees war die Top-Adresse für Mode in ganz Europa, wenn nicht sogar der ganzen Welt, außerdem konnte sie dort im Künstlerviertel noch Farben und Papier kaufen. Es hatte sie zum Semesterende ein wenig Charme gekostet, einem ihrem Professoren seinen Geheimtipp für Künstlerbedarf zu entlocken, von dem er im Semester immer wieder geschwärmt hatte. 

Zu ihrer großen Freude und Überraschung hatte Harlequin zugestimmt mit nach Paris zu kommen, als sie ihn danach gefragt hatte und nach kurzem Zögern hatte er sich bereit erklärt, sich um das Hotel zu kümmern. 

Das entzückende Haus lag sogar mitten im Künstlerviertel. Das Doppelzimmer war nicht sonderlich groß, dafür aber modern ausgestattet, was man der Einrichtung im französischen Landhausstil nicht sofort angesehen hatte. Der Dachterrasse bot einen herrlichen Blick über die Dächer von Paris. 

Snowcat musste bewundernd feststellen, dass es den Franzosen gelungen war der gesamten Innenstadt ihr berühmtes Flair des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts zu erhalten. Man hatte strenge Baurichtlinien eingeführt, Neubauten krass limitiert und sehr viel Geld in die Restauration alter Gebäude investiert. 

Selbstverständlich hatte Harlequin auch in Paris die eine oder andere historische Anekdote zu erzählen, obwohl er Snowcat hier deutlich in sich gekehrter als zum Bespiel noch in Prag vorkam. Eine leichte Melancholie schien sich in ihm auszubreiten, die Snowcat nur schwer greifen konnte. Snowcat neigte nicht dazu, anderen ständig an der Stimmung zu drehen oder gar nervend nach der Ursache zu fragen. Sie harkte nicht nach, wenn sie nicht Eindruck hatte, dass die Stimmung lebensbedrohliche Ausmaße annehmen konnte oder dass der andere darüber reden wollte. Harlequin machte ihr seine eigentümliche Laune sogar schmackhaft, indem er weder die Finger von ihr lassen, noch genug von ihr bekommen konnte, wenn sie alleine waren. 

Da Snowcat noch nie ein geregeltes Leben mit festgelegten Essens,- Wach- und Schlafzeiten gehabt hatte, bereitete ihr die Zeitumstellung keine Schwierigkeiten und so etwas wie ein Jet Lag kannte sie nicht. Auch Harlequin schien nicht davon betroffen zu sein und so konnten sie die Shopping Zeit voll ausnutzen. 

Snowcat hatte sich einer Luxus-Shopping-Tour entsprechend in Schale geworfen, sie trug ein langes Sommerkleid von Zoé, nebst flachen Schuhen, passender Handtasche und Hut. Harlequin hingegen hatte eine Variation seines Lieblings-Outfits an. Seine Jeans war verwaschen und das ,used‘ war mehr als nur ein Look. Die Schlangenlederstiefel waren zwar geputzt, wirkten jedoch zumindest gut eingetragen, sein schwarzes T-Shirt hatte eine 2-D Aufschrift in der in weißen Buchstaben, ,Tell it to them straight‘ zu lesen war. Seine braune Lederjacke war wie immer mit Pins aller Art versehen, mit denen Snowcat meist nichts anfangen konnte. Der Smiley war niedlich und auch die Friedenstaube hatte ihren Sinn. Aber was bitte bedeutete ,Vote for Ike‘ oder worauf war ,ERA- Equality of rights under the law shall not be denied or abridged by the United States or by any State on account of sex‘ gemünzt? Um nur zwei der merkwürdiger Buttons zu nennen. Die Sonnenbrille verdeckte das rote Karo um sein Auge nicht völlig, und dass er unterwegs gelegentlich einen Zigarillo rauchte, komplettierte sein außergewöhnliches Erscheinungsbild, dem es dabei an Sexappeal und Ausstrahlung nicht mangelte.

Schon beim Betreten der Shopping-Meile warf ein livrierter Angestellter Harlequin einen merkwürdigen Blick zu, den er mit einem charmanten Lächeln quittierte. So blieb es die gesamte Zeit über, wo er mit seinem Äußeren aneckte, machte er das mit seinem Charme wieder weg. 

Als Snowcat sich dann in das ,Rosa-Baumkuchekleid‘ von J.P. verguckt hatte, der Verkäufer ihr aber voller Bedauern mitteilte, dass es sich dabei um ein Model handelte, dass der Designer Martin Jacobs gerade heute Morgen höchstpersönlich aufgehängt hatte und das nun Vorbestellungen in limitierter Anzahl entgegen genommen wurden, legte Harlequin seine Melancholie völlig ab. Es war, als hätte er einen Schalter umgelegt. Er fragte, ob der Designer noch im Hause sei und als der Verkäufer bejahte, bat er ihn zu holen und unterstützte diese Anfrage, in dem er mit einem Ebenholz-farbenen Credstick, winkte den er locker aus der Hosentasche gekramt hatte. Der Verkäufer lächelte und fragte mal nach. Wenige Minuten später erschien Martin Jacobs, seines Zeichens begnadeter Designer in vierter Generation. 

Harlequin empfing den Menschen mit dem Worten, „Ah, ein wahrer Künstler, das sehe ich gleich.“ Dann legte er ihm verschwörerisch den Arm um die Schulter und redete auf ihn ein, „Dann habe ich gute Neuigkeiten. Ein Traum geht heute für sie in Erfüllung. Sicher ist ihrem geschulten Auge die wahre Schönheit meiner Begleitung nicht entgangen. Ja ich weiß, die offensichtliche Schönheit dieser Elfe fällt sogar dem Bratwurtsverkäufer am Eifelturm auf, aber das wirklich Besondere das offenbart sich nur besonderen Metamenschen wie ihnen oder mir. Ihre Designs haben Seele und die Seele genau dieses Kleides sehnt sich danach von dieser Frau getragen zu werden.“ 

Harlequin schmeichelte Jacobs, lockte ihn mit Snowcats Schönheit und verführte ihn regelrecht. Im Anschluss versprach der Designer das Kleid bis morgen Vormittag höchstpersönlich auf Snowcats Maße angepasst zu haben und nicht nur das, Jacobs flitzte noch durch den Store und suchte passende Schuhe, Tasche und Hut für Snowcat aus. Und nicht einmal das war ihm genug, Jacobs warf Snowcat einen anhimmelnden Blick zu, bat darum, die passenden Dessous dafür entwerfen zu dürfen und schenkte Snowcat obendrauf ein paar goldene, lange Vintage-Ohrringe mit Halbedelsteinen und Zuchtperlen, die für die zusammengestellte Kombination wie geschaffen waren. Der Verkäufer bekam den Mund nicht mehr zu, als Mr.Jacobs dann auch noch darum bat, Snowcat den Angestellten-Rabatt einzuräumen. 

Vor dem Jean Paul Store küsste Snowcat Harlequin auf den Wange, „Was auch immer du mit dem Mann gemacht hast, danke.“

Harlequin winkte ab, „Ich habe rein gar nichts gemacht, außer dem Mann die Augen dafür zu öffnen, wie schön du bist, Liebste.“

Als sie an späten Abend des 2. Tages in ihr Hotelzimmer zurückkehrten, hatte Snowcat insgesamt 20.000 ¥ ausgegeben, 2000Y für Farbe und Papier 18.000 davor für Kleidung. Ohne das Einwirken von Harlequin hätte sie sicher weitaus mehr für die Modelle der Luxus-Designer zahlen müssen.

Harlequin zog Schlangenlederstiefel und T-Shirt aus, ließ sich auf einen Stuhl fallen und legte seine bloßen Füsse auf dem kleinen Sekretär ab, „Uns bleibt ein Tag, gibt es irgend etwas Bestimmtes, was du dir ansehen möchtest, Liebste?“

Snowcat hatte ihre Einkäufe ordentlich in den Schrank gestellt. Jetzt zog sie ebenfalls ihre Schuhe aus, entledigte sich ihres Rockes, trat vor dem Spiegel und tat so, als ob sie noch überlege, während sie den Knoten ihres Haares öffnete. Dann schritt sie, in Bluse, Dessous und Seidenstrümpfen, offenbar immer noch überlegend und außerordentlich hüftschwingend zu Harlequin rüber, stellte ihre rechte Fussspitze auf den Tisch strich ihren Seidenstrumpf glatt und richtete den Strumpfhalter neu. Mit dem linken Bein vollzog sie das selbe Ritual. Nun kniete sie sich neben Harlequin, küsste seinen wohl definierten Bauch und hauchte, „Ich denke...“, Snowcat deckte seine Brust mit Küssen ein, „wenn du mir in der Zukunft irgendwann einmal...“, sie schwang sich auf seinen Schoß und küsste seine Schultern, „ ,dein‘ Paris zeigen magst,“ nun küsste sie seinen Hals, „dann ist das immer noch früh genug mehr von der Stadt zu sehen.“ 

Harlequin schob seine Hände unter ihrer Bluse, ihre Brustwarzen drückten bereits von innen gegen die feine Spitze des BHs. Als Harlequin mit seinen Fingern ihren Busen berührte, wurde Snowcats Stimme zu einem Schnurren, „Bis zu unsere Abreise reicht mir dieses Zimmer also völlig.“ Sie kam Harlequins Gesicht mit ihrem ganz nah. Beide waren erregt, dass konnte sie spüren. Fast schon lautlos fügte sie hinzu, „Vielleicht machen wir die eine oder andere Ausnahme. Ich stehe dir mit Haut und Haar zur Verfügung, My Knight!“ 

„Wie du wünscht, Liebste.“, erwiderte Harlequin, dann küssten sie sich.

Tatsächlich verließen sie das Hotelzimmer zwischendurch nur zwei Mal, einmal um auf der Dachterrasse zu frühstücken und ein zweites Mal um einen nächtlichen Spaziergang im warmen Sommerregen zu unternehmen. 

Am Morgen des 1.Septembers brachte Harlequin Snowcat zum Flughafen. Die Elfe wusste nicht, wann und ob sie Harlequin jemals wieder sehen würde, aber der Abschiedskuss als Snowcats Flug nach Boston zum letzten Mal aufgerufen worden war, deutete von einem baldigen Wiedersehen. 

Die ältere Dame, ein Mensch, die kurz vor Snowcat eingecheckt war lächelte Snowcat an, als sie sich neben sie setze, „Hach, Junge Liebe, genau so verliebt wir ihr Freund und sie eben haben mein Peter, Gott hab ihn selig, und ich uns auch immer angesehen. Es gibt da nämlich Paare, zwischen denen ist etwas ganz Besonderes.“ 

Wie sich herausstellte war die Lady bereits 75 Jahre alt und hatte die gesamte Zeit über in Boston gelebt. Am Ende des Flugs hatte Snowcat nicht nur eine unterhaltsame kostenlose Stunde in Geschichte bekommen, sondern auch ein Einladung von Mrs. O‘Meara erhalten, sie doch einmal zum Tee zu besuchen. 

❅❅

Am Samstag dem 10. September 2072 flog Snowcat dann nach Seattle und rief zunächst einmal nach der Ankunft ihn ihrem Appartement in Downtown bei Johnny Spinrad an. Sie unterhielten sich fast eine Stunde lang über dies und das. Snowcat lachte ausgelassen über seine Scherze und versprach sich bald wieder zu melden und dann auch ein weiteres Treffen auszumachen. Sie musste sich den Mann mit der Deltaklinik schon alleine für Blood warmhalten, so war es sehr angenehm, dass Johnny es ihr durch seinen Charme so leicht machte. 

Im Anschluss begann Snowcat praktisch sofort damit Bilder zu malen. Teilweise werkelte sie an vier Staffeleien gleichzeitig und sie ging so ihn ihre Arbeit an den Bildern auf, dass Henry sie mehr als einmal am Tag dazu ermahnen musste, etwas zu essen. 

Bereits am Sonntag rief Liam bei ihr an und bestand darauf, dass sie sich zum Abendessen bei ihm und SpArcade und seinem derzeitigem Untermieter Sugmani blicken ließ, damit ihre Ausbildung bei ihm nicht völlig in Vergessenheit geriet. 

Da hierbei alle vier darauf achteten, dass sie ordentlich und in Ruhe aß, wurde sie den Verdacht nicht los, dass ihre Ausbildung gar nicht der Grund für ihre Einladung gewesen war, sondern dass Henry sich irgendwie mit Liam in Verbindung gesetzt hatte. Bestärkt wurde dieser Eindruck davon, dass Liam sie einen Werkzeugkasten einräumen ließ, nachdem sie fragte, was denn zu tun sein. Sugmani bestand sogar darauf, dass Snowcat eine zweite Portion aß, was Snowcat jedoch nicht Henry zuschrieb, sondern der Tatsache, dass die Orkin mehrmals betonte, dass Snowcat viel zu dünn sei. Das scharfe Essen war einfach viel zu gut, um dieser Aufforderung nicht nachzugehen.

❅❅

Dienstag traf sie sich mit Starbuck zu einer Runde Smalltalk in einem kleinen Café in Downtown. Am dringendsten interessierte den jungen Mann Blackstones Befinden. Snowcat erzählte ihm so viel sie vermochte ohne etwasGgeheimes zu verraten. Im Gegenzug berichtete er über das, was er von Riven und über die Gegend von Aztlan, in der diese sich gerade befand, gehört hatte. Snowcat würde das gleich noch am Abend an die schöne Zauberin weiter geben, wenn sie mit ihr sprach. Die beiden Frauen hielten regelmäßigen Kontakt, auch wenn es sich dabei stets um sehr kurze Gespräche handelte. Als Starbuck beim Smalltalk über seine Musik auf das Thema Gitarren zu sprechen kam, umschiffte Snowcat alles was mit Harlequin zu tun bekommen könnte. Starbuck war wirklich neugierig und kam dann auf Mystique zu sprechen. Es freute Snowcat zu hören, dass Starbuck sich inzwischen ein paar Mal mit der Elfe getroffen hatte und bei der Erwähnung ihres Namens ein wenig ins Schwärmen geriet.

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Als am späten Nachmittag des 14. Septembers Snowcats Commlink schellte, Katze dazu brachte, eine Augenbraue zu heben, Softpaw damit erschreckte, die gerade ihre Nase in einen Topf mit grüner Farbe getaucht hatte und die Melodie verkündete, dass Doc sich bei ihr meldete, hüpfte Snowcat enthusiastisch, den Kittel mit Farbe bekleckst und ein wenig atemlos zum Commlink, um in den Sichtbereich der kleinen Kamera zu gelangen. 

Doc lächelte, „Ich hoffe, ich rufe nicht gerade ungünstig an?“, fragte er höflich.

„Nein gar nicht. Ich freue mich sogar von dir zu hören. Gibt es etwas Spezielles oder rufst du nur an, um Hallo zu sagen?“

„Es gibt einen Grund. Ich hätte da einen kurzfristigen Job an der Hand und ich wollte dich fragen, was du davon hältst, wenn wir nur unsere Anwärter zu einem Teammeeting ins Banshees einladen. Einer von uns müsste natürlich mitmachen, wobei ich an dich dachte. Außerdem sind weder TiXhot, noch Tuareg, FTW, Butcher, Gumshoe oder Sugmani Hacker, also sollten wir SpArcade, Starbuck oder Average fragen, ob einer von ihnen den Job unterstützt.“

Snowcat musste nicht lange überlegen, „Die Idee unsere Neuen den Run durchziehen zu lassen finde ich großartig. Klar werfe ich gerne ein Auge auf alle. Anderen bei der Arbeit und Planung zusehen und dann auch noch darüber zu urteilen, das ist ja praktisch wie für mich gemacht. Oh, und ich bin für SpArcade als Matrix-Unterstützung.“ Sie lächelte.

Doc lächelte ebenfalls, „Dann verschick ich die Einladungen. Passt dir heute Abend um 21.00 Uhr im Banshees?“

„Ja, tut es.“

„Gut. - Übrigens, orange steht dir gut.“, Doc zwinkerte ihr zu und als Snowcat im dunklen Bildschirm ihr Spiegelbild erblickte, sah sie den Streifen orangene Kreidefarbe in ihrem Gesicht. Doc hatte recht, das stand ihr, vielleicht sollte sie es so lassen.

„Natürlich steht es dir, Elfenmädchen, da dir alles steht, aber du solltest es trotzdem abwaschen.“, kommentierte Katze trocken. 

Natürlich hatte Katze Recht. Doch bevor sie unter die Dusche sprang, würde sie dem zweiten Bild von Harlequin und Aina noch den letzten Schliff verpassen. Das Doppelbild war ihr gut gelungen. Ja, so sah Aina aus und sie war sich ziemlich sicher, dass sie auch die Beziehung oder besser die Chemie zwischen Harlequin und Aina mit auf die Leinwand hatte bringen können, zumindest ansatzweise. 

Snowcat bewunderte Aina. Hätte sie sich einen weiteren Lehrer für ihre Ausbildung aussuchen können, sie hätte Aina gewählt. Snowcat hätte die schwarze Elfe mit den weißen Haaren gerne näher kennengelernt, so sehr faszinierte sie diese Frau, aber vielleicht würde sie dazu eines Tages die Gelegenheit bekommen. In Snowcats Kindheit hatte es sehr wenige Momente gegeben, in denen sie sich ein Familienleben ausgemalt hatte, aber eines war klar, hätte Snowcat damals schon von Aina gewusst, hätte diese Elfe einen wichtigen Platz in ihrem Wunsch-Familienportrait eingenommen.

Kurz vor 21.00 Uhr betrat Snowcat das Banshees, sie war in einen extravaganten Hosenanzug in Rot gekleidet, die Hose war aus einem festen Stoff gefertigt worden, das Oberteil bestand aus einem taillierten Rollkragenpullover mit Ärmeln, die bis über die Fingerspitzen hinausgingen und ab dem Ellenbogen nach unter weiter wurden. Ferner mündete das Oberteil am Rücken in einer Art Schleppe, die ebenfalls weiter wurde und sich zum Boden hin zu einem weiten Rock aufwallte. Dazu trug sie geschlossene rot-braun-orange-karierte City-Pumps. Ihr schneeweißes Haar hatte sie erneut zu einem seitlichen Fischgräten-Zopf geflochten, der ihr über die Schulter nach vorn gelegt ein Stück weit bis über die Hüfte reichte.

TriXhots Outfit ließ Snowcat für einen Moment in schon fast nostalgische Erinnerung schwelgen. Die hübsche Frau trug eine enge schwarze Hose und darüber ein rote kurze Lederjacke. Das Rot biss sich nicht mit dem ihrer roten, glatten Haare, was gar nicht mal so einfach war. Nur wenige schafften es Rot und Rot gut zu kombinieren. Der lange Pony war mit eine schwarzen Blütenhaarespange zur Seite gesteckt.TriXhot verstand es, sich so zu kleiden, dass ihr Vorzüge voll zur Geltung kamen. 

Vor inzwischen fast zweieinhalb Jahren hatte Snowcat selbst, stets in Lack und Leder gekleidet, hier im Banshees gesessen und zugehört, was Mr.Johnson über den neuen Job zu berichten gehabt hatte. 

FTW trug sein weißes Hemd bis zum Bauchnabel offen, über der behaarten muskulösen Brust des Orks glänzte eine goldene Kette. -Haare auf der Brust, es sollte ja Frauen geben, die darauf standen. Snowcat gehörte nicht dazu, aber es war für sie zumindest auch kein abschreckendes Merkmal.

Butcher sah aus wie der freundliche Mann von nebenan. Die braunen Locken des Menschen trugen erheblich zu diesem Eindruck bei. Wahrscheinlich entsprach das Äußere  mehr seinem Wesen, als es seine eigentliche Gestalt je gekonnt hätte.

Sugmani stand ihre Abstammung von den amerikanischen Ureinwohnern ins Gesicht geschrieben und mit ihrer Kleidung hätte sie ein beispielhaftes Bild in einem Reiseführer der NAN abgegeben. Erneut stellte Snowcat fest, wie symmetrisch das faltige Gesicht der Orkin war. 

Auch Gumshoe zeigte nicht das klassische Äußere eines Shadowrunners. Der Mensch wirkte mehr wie ein Europäer mit Schreibtischjob auf UCAS-Reise. Eine Beschreibung, die von Snowcat in keiner Weise abwertend gemeint war.

Tuareg war wie all die Male zuvor, an denen Snowcat ihn gesehen hatte, unergründlich in seine blauen und schwarzen Gewänder gehüllt und beobachtete seine Umgebung in ruhiger Aufmerksamkeit.

SpArcade hätten auch gerade vor fünf Sekunden aus einem Manga gesprungen sein können. Ihre androgynen Körper unterschieden sich nur durch die leichte Wölbung von Arcades Busen und ihrer leicht schmaleren Taille. Um den zweiten Umstand zu bemerken, musste man schon ganz genau hinsehen. Sparky trug eine grüne Jeans und ein grün-weißes Freizeithemd von der Art, die nächsten Monat wahrscheinlich ,In‘ sein würde. Arcade trug ein orangenes Minikleid über einer weißen Röhrenjeans. Die Haare der Zwillinge waren heute schwarz und die Frisuren stammten aus dem aktuellen In-Style Magazin und waren unter ,Trends‘ zu finden. Beiden hatten ihre Augen mit schwarzen Kajal umrundet. Einige Accessoires rundeten das Bild ab. Jedenfalls auf AR und da die Zwillinge teure Holoware-Ganzkörperanzüge trugen, war auch ohne AR kaum ein Unterschied zu erkennen.

Doc war wie immer tadellos in einen extravaganten Dreiteiler mit Gehrock und AR-Hut gekleidet. 

Schmunzelnd stellte Snowcat fest, dass sie selbst und die vier Runner damals weitaus weniger kultiviert gewesen waren, als die Gruppe hier und heute. Bis auf Blackstone natürlich, der damals noch Duke gewesen war und seinem Namen mit seiner Kleidung alle Ehre gemacht hatte. Doch schon alleine Clicks in seinem Taucheranzug... 

Doc riss sie mit seinen Begrüßungsworten aus der Erinnerung. SpArcade hatten über ihren Köpfen Ausrufezeichen erscheinen lassen, um die Wichtigkeit seine Worte zu unterstreichen. Die Zwillinge verhielten sich heute eher dezent, wahrscheinlich lag das an Sugmanis Anwesenheit. Die Beiden hatten vor der Orkin, die sie liebevoll Granny nannten, eindeutig Respekt und wollten ihr offenbar zeigen, dass sie sich benehmen konnten.

Doc ließ seinen Blick über Gumshoe, Tuareg, Butcher, FTW, Sugmani und TriXhot schweifen und erklärte dann, „Jemand ist wegen eines kurzfristigen Jobs an uns herangetreten. Es wurde speziell nach UC gefragt, gerade weil wir als schnell und zuverlässig gelten. Soweit ich weiß, handelt es sich um eine Extraktion. Wenn wir interessiert sind, sollen wir morgen um 14.00 Uhr im Victoria Store im SCIRE in Kabine Nummer 3 erscheinen. Ich denke, dass es eine gute Idee ist, wenn unsere,“ er schmunzelte leicht und setzte das nächste Wort nicht nur mit der Betonung, sondern auch mit den Fingern in Anführungsstriche, „Anwärter, den Job unter der Beobachtung und Mitwirkung von Snowcat, die schon allein deshalb dabei sein wird, weil sie morgen diejenige ist, die die Kabine betritt und unter Mithilfe von Sparcade, durchziehen. Das gibt uns und euch ein besseres Bild in Bezug auf eine langfristige und feste Mitarbeit bei UC. Was haltet ihr davon?“

Bis auf Sugmani schienen alle mehr als nur einverstanden mit Docs Vorschlag zu sein. Die alte Orkin zuckte mit den Schultern, „Naja, ich weiß ja nicht, ob sich so ein Aufwand in meinem Alter noch lohnt. Ich würde einfach mit euch zusammenarbeiten, bis es vorbei ist. Aber, ich verstehe dass ihr das braucht, damit Sugmani Walks With Pride, also ich, eure Geheimnisse kennen lernen darf, also, werde ich morgen da sein!“ Sie klopfte sich zweimal mit der Faust gegen die Brust und streckte die Faust dann von sich. „Wort!“ Nach einer Pause fragte sie, „Doc, weißt du schon, ob es sich um eine freiwillige Extraktion handelt?“

Doc schüttelte den Kopf. „Leider nicht. Das erfahrt ihr alles morgen.“

Schnell war die Vorgehensweise für das morgige Treffen besprochen, im Anschluss saßen sie noch für eine Stunde gemütlich bei einem Bier oder anderen Getränk nach Wahl beisammen.

Zu Hause angekommen wollte Snowcat sich eigentlich gleich wieder ins Atelier begeben, doch nachdem sich Henry bereits zum zweiten Mal geräuspert hatte, nahm sie sich zunächst die Zeit für ein Nachtmahl, dass wieder einmal liebevoll dekoriert worden war. Zumal es nichts genützt hätte, hätte Snowcat Henry einfach ignoriert. In dem Fall hätte ihr der kleine Clown das leckere Essen einfach mitten auf die Farbpalette gestellt.

Als sie neben dem Teller am Tisch einen Umschlag aus teuren Papier entdeckte, auf dem ihn Name in schwarzer Tinte in einer wohl geratenen, ihr bekannten und männlichen  Handschrift geschrieben stand, begann ihr Herz ein wenig schneller zu schlagen. Neugierig öffnete sie den Umschlag, küsste den Brief und lächelte glücklich. Das erotische Gedicht würde sie nachher im Bett lesen. 

Kurz vor 14.00 Uhr näherte Snowcat sich der Kabine Nr.3, die wie erwartet auf ,Besetzt‘ stand. Sie trug ein Business-Kostüm in Grau von RhineGold aus der letzten Saison. Ihr Haare hatte sie mit einem relativ simplen Knoten hochgesteckt. Die einzige, die sie hierher begleitete war TriXhot, die jederzeit ohne Aufsehen zu erregen mit in die Kabine kommen konnte. Die anderen, also Tuareg, Sugmani, Gumshoe, FTW, Butcher und SpArcade, hatte sich in der Mall verteilt, wo sie unauffälligen Tätigkeiten, wie Matrix-Games  oder Kaffee trinken nachgingen. Sie würden im Notfall in wenigen Sekunden hier sein können. Selbstverständlich war ein verschlüsseltes Teamnetzwerk aufgebaut worden. Snowcat hoffte, dass es zu keiner störenden Kontrolle von Tuareg durch Sicherheitspersonal kommen würde, weil er verhüllt in einem Kaffee saß. Beunruhigt war Snowcat von dieser Tatsache jedoch nicht, da sie fest davon ausging, dass Tuareg eine solche Untersuchung seiner Person und seiner SIN einfach über sich ergehen lassen würde. 

Punkt 14.00 Uhr sprang die Anzeige über der Umkleide auf ,Frei‘, Snowcat hatte bereits zuvor drinnen nach Bewegung gespürt, aber nichts bemerkt, also betrat sie jetzt ohne zu zögern die Kabine. 

Auf der kleinen Ablage lag ein Commlink, welches sie einschaltete, nachdem Snowcat die Tür der Umkleide geschlossen hatte. ,Anruf annehmen?‘, fragte ein Schriftzug. Snowcat drückte auf ,Enter‘.

Die Kamera ging an und das Bild einer blonden Elfe kaukasischen Typs in einem blauen Kostüm und die Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden, erschein. „Ich glaube wir sind verabredet.“, sagte Mrs. Johnson in einem neutralen Tonfall.

Snowcat setzte sich auf den kleinen Hocker, der sich in der Umkleide befand, lächelte und nickte, „Wenn sie sich von mir nicht die neuesten Modelle von Victoria-Outdoos zeigen lassen wollen, so glaube ich das auch.“

Mrs. Johnsn lächelte zurück, „Gut, möchten sie ihre Teamkollegen zu einer Konferenzschaltung einladen?“

Snowcat nickte und noch bevor sie, „Einen Moment bitte!“, zu Ende gesagt hatte, hatte Arcade bereits alles arrangiert. Ihre Kollegen ließen das Gespräch jedoch auf Stumm geschaltet und Arcade hatte alles so eingerichtet, dass deren Fragen auf ihrem Bildschirm schriftlich sichtbar wurden, damit Snowcat der alleinige Verhandlungspartner blieb. 

Snowcat nickte und Mrs. Johnson begann mit der Jobbeschreibung, „Es geht um die Extraktion eine Mannes aus dem mittleren Management eines großen Konzerns.“

Snowcat stellte sogleich ihre erste Zwischenfrage, „Freiwillig oder unfreiwillig?“

Mrs. Johnson lächelte kurz, „Freiwillig. Sie können von seine vollständigen Kooperation ausgehen. Zeit ist ein entscheidender Faktor, der Job muss bis morgen um Mitternacht durchgezogen sein. Sie haben alles im allem also etwas weniger als 34 Stunden Zeit.“

Noch waren keine Fragen auf Snowcats Bildschirm erschienen. Sie freute sich darüber, dass die anderen zumindest nicht ungeduldig waren. „Ich nehme an, die Person hält sich derzeit in Seattle auf? Wird auch die Übergabe innerhalb von Seattle sein? Und ich schließe gleich eine weitere Frage an. In welcher Gegend der Stadt wird die Extraktion wahrscheinlich stattfinden?“

Mrs. Johnson zögerte mit ihren Antworten keine Sekunde, „Auch die Übergabe findet in Seattle statt und die Person wird sich wahrscheinlich in einer gesicherten Wohnanlage in Renton aufhalten. Ich bin bereit jedem Mitglied ihres Teams 10.000 Y für diese Job zu bezahlen. Sind sie interessiert?“

In Snowcats Bildschirm erschienen acht kleine Ampeln, die alle nach und nach auf grün sprangen. „Ja, das sind wir. Ich möchte sie jedoch darauf hinweisen, dass wir hierbei von acht Teammitgliedern sprechen.“ -Sparky und Arcade arbeiteten heute für einen Anteil.

Mrs. Johnson schien von der großen Zahl nicht überrascht zu sein, lächelte aber, „Danke, die Angabe ist sehr fair. - Gut. Es geht um Mr. Kosuke Ito, er ist 51 Jahre alt und lebt in den Fukushima Appartements in Renton.“ Die Frau machte eine wischende Handbewegung, „Ich schicke ihnen eine Datei mit weiteren Informationen zu, die einen Geländeplan enthält.“

Kaum war die Datei auf Snowcats Commlink eingeschlagen, da wurde sie auch schon von einem Cartoon-Affen-Mädchen in Minikleid gepflückt und in einen Korb gelegt. Snowcat schmunzelte innerlich amüsiert und sagte zu Mrs. Johnson „Danke. Wo wird nach Vollzug die Übergabe stattfinden?“

„Auf der Datei befindet sich ein Commcode, sie melden sich und dann nenne ich ihnen den Übergabe-Ort.“

Snowcat stellte eine weitere Frage, „Muss die Extraktion unbemerkt bleiben?“

Mrs. Johnson schüttelte den Kopf, „Nein, aber wenn sie tatsächlich für eine Zeit lang unbemerkt bliebe, wäre mit das einen Bonus wert.“

Womit die Verhandlung zwischen den beiden Frauen eröffnet war, an deren Ende der Preis pro Teammitglied auf 13.000¥ und ein Teambonus von 20.000¥ für nicht-bemerkt-werden vereinbart worden war.  

Sparky und Arcade schlugen das Haunted Mug für eine Besprechung vor.

Kaum hatte Snowcat sich an den runden Tisch gesetzt, kam Mac zu ihnen rüber und stellte ihr ein Stück Erdbeer-Kuchen hin, das er mit einer Kugel Zitronen-Eis servierte. 

Arcade meldete sich mit ausgestrecktem Arm und erhobenen Zeigefinger. Snowcat sah sie schmunzelnd an und fragte, „Was gibt es?“

„Ich hab die Datei gesichtet, soll ich erzählen, was da drin steht?“

„Ja, natürlich.“

Sparky nickte und dann begann Arcade, „Also Kosuke Ito wohnt im Appartement 113, was dann im ersten Stock des 7. Stockwerke hohen Wohngebäudes ziemlich genau in der Mitte der Etage liegt. Ito will sicher freiwillig da weg, wenn man der Datei traut, da von ihm die Informationen über das Wachpersonal stammen. Er lebt allein und ist geschieden. In einem zweiten Gebäude nebenan ist die Sicherheitszentrale untergebracht, das Haus steht komplett für Entertainment und Konferenzen bereit. Der Block gehört Shiawase. Ist als Ganzes von einem 3 Meter hohen Zaun umgeben und hat eben viel flachen, sauberen Garten drumrum. Ich hab euch das mal farblich aufgearbeitet und an euch verteilt.“

„Hübsch bunt.“, kommentierte Butcher, als er die Datei auf seinem Commlink betrachtete.

FTW fragte, „Hast du schon einen Backround-Check laufen lassen Arcade?“

Arcade schüttelte den Kopf und sah dann Snowcat an, „Soll ich?“

Snowcat nickte, „Mach ruhig, aber nur das, was du aus dem Netz fischen kannst ohne dich bei Shiawase einzuhacken.“

Arcade sah enttäuscht aus. 

Gumshoe studierte die Datei und kratzte sich am Kinn, „Die Infos über die Sicherheit sind ja ziemlich dürftig. Darüber sollten wir mehr in Erfahrung bringen.“

Snowcat gab zu bedenken, „Wenn Arcade das übernehmen soll, bedeutet es aber, dass sie sich bei Shiawase einhacken muss, was dann schlafende Hunde wecken könnte.“

Gumshoe sah zu Snowcat hoch, „Ich dachte jetzt gar nicht ans Hacken, sondern an die gute alte Beinarbeit vor Ort.“

Snowcat lächelte, Gumshoe war von der Veranlagung her eben ein Privatdetektiv und trug heute übrigens eher unauffällige hier in Seattle übliche Freizeitkleidung. 

Tuareg fragte nach, „Wissen wir denn überhaupt, ob der Mann zu Hause ist?“

Gumshoe schüttelte den Kopf, „Noch nicht, aber da sein Appartement wie hier auf der Karte zu sehen ist, Fenster nach außen hat, sollte das mit einem Fernglas rauszubekommen sein.“

Butcher warf ein, „Ja, es sei denn, die Scheiben sind verspiegelt.“

Sugmani gähnte und meinte dann, „Aber wenn das so ist, gibt es ja noch mich. Ich denk auch, eine Ortsbesichtigung wäre ne feine Sache.“

Butcher stimmte der Orkin hierbei zu, „Ja und zwar gleich, wenn Arcade mit den Infos wieder zurück ist. Haben wir eigentlich Drohnen?“

Sparky meldete sich erneut und ebenfalls wie in der Schule und schnippte dabei mit den Fingern, Snowcat nickte ihm zu, erst dann sagte er, „Ja, ich hab Überwachungsdrohnen dabei und würde die auch einsetzten, wenn ich darf. Arcade ist schon mit der Suche fertig.“

„Genau!“, kam es nun fröhlich von Arcade. „Also hört ihr mir alle zu? Snowcat nimmt das bestimmt mit in die Bewertung ...“ Sugmani warf Arcade einen Blick zu und diese bog darauf hin mit ihrem Satz einfach ab „ ...Ito ist in Japan geboren und hat Linguistik studiert und quasi direkt nach dem Studium bei Shiawase angefangen. Zu seiner Ex-Frau und seiner Tochter hat er so gut wie keinen Kontakt, beide leben wieder in Japan. Die Scheidung war vor vier Jahren. Er ist seit fünf Jahren in Seattle und gilt als begnadeter Marketing Experte.“

Snowcat überlegte kurz, „Bist du auf irgendeinen Hinweis gestoßen, warum Ito von Shiawase weg wollen würde?“

Arcade zuckte mit den Schultern, „So beim reinen Fischen nicht so richtig. Zeitlich passt die Entwicklung aber dazu, dass Ito als Anhänger von Ishiro Kiyomoto gilt und dieser erst kürzlich von Coltrane abgesägt wurde. Soll ich da noch mal nachharken?“

Snowcat schüttelte den Kopf, „Von meiner Seite aus nicht. Dass du überhaupt einen Grund finden konntest, reicht mir schon.“

Auch den anderen war das offenbar genug. Nach kurzen Hin und Her wollten sich alle an einer Vorort-Besichtigung beteiligen. Damit sie genug Fahrzeuge hatten, holte Snowcat den Toyota Coaster des Teams aus dem Bootshaus. 

Sie teilten sich in kleine Gruppen auf und begannen mit der Ortsbesichtigung und Überwachung, wobei Snowcat die gesamte Zeit über hinten im Coaster blieb und nur gelegentlich einen Hinweis einstreute, wenn ihr etwas einfiel. Aber so richtige Hilfe hatten die Runner wirklich nicht nötig. 

Kurz nach 21.00 Uhr hielten sie ein Teammeeting per Commlink ab. Folgendes hatten sie zusammengetragen:

-Ein Wassergeist patrouillierte das Gelände regelmäßig im Astralraum.

-Kosuke Ito war zu Hause und schien nicht zu beabsichtigen das in nächster Zeit zu ändern. Vielleicht wartete er bereits auf seine Extraktion.

-Auf dem Gelände gab es weder Parkplätze, noch Tiefgarage. Die Mitarbeiter von Shiawase wurde mit dem Shuttle-Bus abgeholt und zurückgefahren. Wenn sie außerhalb der Arbeit weg wollten, ließen die Bewohner ein Taxi oder einen anderweitigen Fahrdienst kommen.

-Am Eingang kontrollierten Wachen die Zugangsberechtigung, zusätzlich musste zumindest einer aus einer Gruppe einen Code in ein Schloss eingeben, wenn man eines der zwei Gebäude betreten wollte.

-Das Wachhäuschen war immer mit vier Mann besetzt.

-Am Zaun gab es Bewegungsmelder. Automatische Waffensysteme schien es nicht zu geben. Im Gebäude gab es Kameras, die von der Sicherheitszentrale aus beobachtet wurden. 

Zwei 2-Mann-Patrouillen bewegten sich über das Gelände.

Innerhalb von 25 Minuten stand der Plan. Das Team würde noch heute Nacht zuschlagen und wenn alles gut ging, würde UC seinem Ruf als schnelles Team wieder einmal gerecht werden. 

Looks Like Bear nahm die Gestalt eine Eule an und Snowcat stellte fasziniert fest, dass ihn so gar nichts von einer echten Eule unterschied. Jedenfalls auf der normalen Ebene, nahm man astral wahr, war Looks Like Bear sehr wohl als Geist zu erkennen. Um der Entdeckung durch den Wassergeist zu entgegen, würde Looks Like Bear sich also verschleiern müssen. Der Verbündete der Orkin flog vor und nahm auf einem Baum im Garten Platz, von dem aus er das Fenster von Ito beobachten konnte. Sugmani stand mit dem Geist in telepathischer Verbindung, sie gab weiter, was er sah. 

Sie mussten nicht lange warten, dann fuhr das erhoffte Taxi vorm Haupteingang vor und ein Pärchen in Party-Garderobe stieg ein. Sugmani und Butcher setzten sich in TriXhots Wagen in Bewegung. Sie würden das Paar solange verfolgen, bis diese wieder nach Hause fuhren, man würde das Tor für das Paar öffnen und diesen Augenblick würden sie nutzen, um mit Ito verschleiert das Gelände zu verlassen. 

Die heiße Phase des Runs hatte soeben begonnen. 

Gumshoe fuhr den Teamvan. Er parkte für einen Moment neben dem Zaun und tat, als wenn er etwas an der Hintertür kontrollieren musste. Snowcat, TriXhot und FTW stiegen durch einen Geist von Tuareg verschleiert aus und schlichen zum Zaun. Tuareg blieb bei Gumshoe im Wagen

Snowcat hatte sich inzwischen in einen ihrer schwarzen Catsuits geworfen, sie liebte das vertraute Gefühl in ihm durch die Gegend zu schleichen. Ihr Herz schlug schneller und das lag nicht nur daran, dass man sie mit einem Reflexe steigernden Zauber belegt hatte. Auf dem Run zu sein war immer wieder ein Kick der besonderen Art. 

FTW hockte sich vor den Zaun und katapultierte zunächst Snowcat darüber, sie landete butterweich und lautlos auf dem gepflegten Rasen. TriXhot folgte ihr auf dem Sprung und Snowcat musste neidlos anerkennen, dass das Mädchen es wirklich drauf hatte sich zu bewegen, TriXhot war sogar weitaus akrobatischer gewesen, als sie selbst. 

FTW machte sich behände daran, den Zaun hochzuklettern. Vorsichtig kletterte er über die Bewegungsmelder hinweg. „Fragg!“, zischte er ins Commlink. „Das könnte Alarm ausgelöst haben.“

Tatsächlich war der Ork kurz aus dem Gleichgewicht geraten und hatte sich umständlich festhalten müssen.

Sofort kam von Sugmani, „Looki gleicht das aus. Keine Panik.“ 

Fast völlig lautlos landete eine Eule nun genau dort auf dem Zaun, wo FTW gerade noch gewesen war. Die Wachleute würden also etwas relativ Unverfängliches auf den Bildern ihrer Kameras sehen und sollten sie so misstrauisch sein und den Geist nachsehen schicken, würde Looks Like Bear bereits verschwunden sein.

Snowcat, FTW und TriXhot huschten über das Gelände, bis zu Eingangstür des Wohnhauses. Dann gaben sie das Startsignal an Sparky und Arcade, die sich zu ihrer großen Freude um die Ablenkung zu kümmern hatten. Die Zwillinge starteten einen Farb-Bomben-Angriff mit AR-TAGs auf denen in großen Buchstaben Anti-Konzern Sprüche zu lesen waren. Sparky hatte dabei den Hauptspass, da er für den eigentlichen Angriff eingeteilt war. 

Die Aufmerksamkeit alle Sicherheitsmänner war nun umgeleitet und Snowcat konnte den Code in das Schloss eingeben, den Butcher bei seiner Überwachung am Nachmittag abgelesen hatte. 

Das Lämpchen sprang auf Grün und die Tür summte. Weiterhin verschleiert schlichen die drei Runner bis zum Appartement 113. 

Und landeten vor einem kleinen Problem, verschleiert würden sie Itos Aufmerksamkeit nicht erringen können, wurden sie zu früh sichtbar, konnte man sie auf den Kameras bemerken.

Snowcat wollte gerade nachfragen, was für Vorschläge die anderen hatten, als sich die Tür des Appartements weit öffnete, Ito in den Flur trat und rechts und links den Gang hinunter blickte, so, als wolle er irgendetwas nachsehen. Die Runner nutzten diese Chance. 

Von Sugmani kam, „Looks Like Bear sagt, gern geschehen!“, der clevere Verbündete war offenbar ein erfahrener Runner und hatte seinen Einfluss geltend gemacht. 

Snowcat flüsterte, „Richte ihm bitte unseren Dank aus.“

Während ihre Zielperson mit den Schultern zuckte, die Tür schloss und sich wieder wartend vor den Fernseher setzte, positionierte sich das Dreierteam und hielt nach Sicherheitskameras im Wohnzimmer Ausschau. Sie konnten keine entdecken, was auf die Schnelle natürlich auch ziemlich wahrscheinlich war, es gab jedoch keinen Anlass zur Beunruhigung, da sie mit keiner Überwachung in der Wohnung rechneten. 

Tuareg hatte den Geist erneut unter Snowcats Befehl gestellt, so oblag es ihr, die Verschleierung aufzuheben oder zu erweitern. Snowcat bat den Geist, Ito mit in die Verschleierung aufzunehmen. So würde er auch schwerer zu hören sein, falls er um Hilfe rief. Der Geist gewährte die Erweiterung und im gleichen Moment wurden die Runner für Ito sichtbar. Snowcat sprach mit möglichst beruhigender Stimme, „Bitte erschrecken sie nicht, wir sind das Team, dass sie abholt.“

Natürlich erschrak Ito dennoch, allerdings fing er sich schnell, blieb sogar in seinem Sessel sitzen und meinte für einen Mann japanischer Abstammung ungewohnt aufgeregt, „Oh ja, sehr schön, da steht mein Koffer.“, er zeigte auf einen kleinen Schrank. „Wollen wir gleich los?“

Snowcat schüttelte den Kopf, „Darf ich sie zunächst bitten, die Vorhänge zuzuziehen, damit uns niemand sieht.“

Er verbeugte sich leicht, „Natürlich.“

Er wies das Haussystem mit einem japanischen Wort dazu an. Doch aufgrund der Verschleierung sprach er zu leise. Er schüttelte verärgert den Kopf und drückte stattdessen einen Knopf auf eine Fernbedienung. 

Die Motoren summten leiser als eine Mücke, als sich die Vorhänge schlossen. Erst jetzt stand Ito auf, um seine Besucher in Augenschein zu nehmen.

Snowcat lächelte ihre Zielperson an, „Wir werden noch einen Moment hier bleiben und eine günstige Gelegenheit abwarten. In der Zwischenzeit können wir uns ihrem Security-TAG widmen. Wissen sie, ob und wo sie einen haben?“

Er nickte, deutete auf seinen Oberarm und holte dann einen transportablen Jammer hervor. Auch daran hatte der Mann also gedacht.

Snowcat trat dichter an Ito heran, hielt jedoch angemessenen Abstand. Gerade Japanern war es besonders wichtig, dass man ihre Wohlfühzone von etwa einer Armeslänge Abstand nicht unerlaubt beschnitt. „Bitte schalten sie das Gerät noch nicht ein, denn dann könnte man merken, das etwas nicht in Ordnung ist, da ihr Signal ausfällt. Am besten wäre es natürlich, wenn sie mir gestatten würden, dass ich den TAG entferne und wir ihn dann in ihrer Wohnung belassen.“

Ito zögerte.

Snowcat warf eine Kohle Lächeln nach und erklärte leicht distanziert und selbstbewusst, „Ich kann ihnen versichern, dass ich die medizinischen Kenntnisse dafür habe.“ Zu viel Charme oder Schmeichelei wäre hier völlig fehl am Platz gewesen.

Ito überlegte noch für einen Moment, aber Snowcat wusste, dass sie ihn am Haken hatten, er wollte wirklich weg, er nickte. 

Snowcat bat Mr. Ito sich zu setzten, dann nahm sie das Medkit aus dem Rucksack, zog Chirurgen-Handschuhe über und machte sich ans Werk. Nach 30 Minuten war sie fertig. Den blutigen TAG verstaute sie mit etwas Plasma aus dem Medkit in einem Probenröhren und stopfte diesen ihn eine Ritze im Fernsehsessel. Die Naht mit der sie den kleinen Einschnitt verschlossen hatte, war so winzig, es würde nicht mal eine Narbe zurückbleiben. Sämtliches benutztes Material steckte sie in einen Zipp-Lock-Beutel, den sie in ihrem Rucksack verstaute.

Tuareg meldete etwas über den Teamkanal, „Irgendetwas stimmt hier nicht, schlecht zu entdeckende Personen dringen soeben in das Gelände ein.“

Sparky ergänzte, „Ich hab zwei mal vier gezählt.“

Fragg, das war nie und nimmer ein Zufall. „Butcher, Suggi, Abbrechen der Überwachung, wie müssen bald hier weg. Arcade, schau mal, ob du mithören kannst. Alle anderen, wir kommen so raus, wie wir reingekommen sind, verschleiert über den Zaun.“ An Ito gewandt fuhr sie fort. „Wir brechen jetzt auf.“

Gefasst nickte der Japaner und wollte zu seinem Koffer gehen. 

FTW sagte ruhig, „Den nehm ich.“

Snowcat wies weiter an, „Okay, erstmal in den zweiten Stock, da warten wir, bis sie vorbei sind und wenn sie sich an der Tür zu schaffen machen, schleichen wir uns runter und raus.“

Von Arcade kam, „Dann los. Ich hör bei denen mit und die haben gerade gesagt, dass sie die Security-Zentrale übernommen haben. Sie haben übrigens Camouflage-Suits an und sind deshalb so schwer zu sehen.“

Sie beeilten sich. TriXhot ging vor, Snowcat lief neben der Zielperson und FTW kam zum Schluss. Ito bemühte sich leise zu sein und hatte kein Problem damit, dass die Runner nun alle dicht bei ihm waren.

Am Treppenabsatz spürte sie nach Bewegung und tatsächlich dauerte es kaum 20 Sekunden, bis sie vier Metamenschen große Subjekte spürte, die sich genau auf das Appartement zu bewegten, in dem sie gerade gewesen waren, jedenfalls so ungefähr. Wenn die jetzt nicht zufällig etwas von Itos Nachbarn wollten oder sich in der Etage geirrt hatten, war gerade ein zweites Team an dem Mann dran.  

Nun, wenn die Verschleierung der Beobachtungsgabe der Metamenschen vor den Bildschirmen standhielt, würden sie weg sein, bevor die etwas merkten. 

„Und nun im leisen Laufschritt, bitte.“

FTW schob Ito an.

Snowcat kreuzte die Finger, als sie die Klinke der Haustür runterdrückte, hoffentlich hatte die niemand abgeschlossen. 

Was zum Glück nicht geschehen war. 

Arcade blendete die Position ein, an der Tuareg und Gumshoe mit dem Wagen warteten. 

Sie rannten über das Gelände. 

FTW warf erneut zunächst Snowcat und dann TriXhot, eine Mithilfe der beiden Frauen war kaum notwendig, über den Zaun. 

Snowcat fragte, „Sugmani, kann Looks Like Bear vielleicht den Wagen ganz kurz verschleiern, aber so, dass wir ihn noch sehen können, bitte?“

Die Antwort kam prompt, „Klar, macht er.“

Auf Snowcats Anweisung fuhr Gumshoe mit dem Wagen dicht an den Zaun, FTW hob Ito hoch und TriXhot und Snowcat halfen ihm dann dabei, auf das Dach des Vans zu hüpfen. Alle stiegen ein, der Wagen wurde wieder sichtbar und sie fuhren los. 

Zwei Kreuzungen weiter trafen sie sich mit der Blitzkrieg von Sparky und Arcade und dem Wagen von TriXhot, den immer noch Sugmani fuhr. 

„Wohin jetzt?“, fragte Gumshoe. 

Snowcat erwiderte locker, „Wir fahren erstmal ein bisschen rum, in nicht all zu gute Gegenden, wenn ich bitten darf und wenn wir sicher sind, dass uns niemand folgt, rufe ich unseren Auftraggeber an.“

Eine schriftliche Nachricht von TriXhot flammte im System auf, „Ich bin ja mal gespannt, ob wir die sind, auf die Ito gewartet hat oder ob der eigentlich lieber mit den anderen mitgewollt hätte?“

Snowcat tippte eine Antwort ein, „Ich auch. Wer weiß, vielleicht bekommen wir das noch raus. Obwohl das natürlich überhaupt keine Rolle spielt. Immerhin ist er freiwillig mitgekommen, so wie Mrs. Johnson gesagt hat.“

Mrs. Johnson war sichtbar überrascht, als Snowcat sich so schnell wieder meldete und ihr erzählte, dass sie die Zielperson bereits hatten und zur Übergabe bereit waren. 

„Kommen sie bitte in einer Stunde ins Hilton. Ich brauche dafür die Daten ihrer SIN‘s, damit ich sie anmelden kann. Sie müssen dann einfach den Expressfahrstuhl mit der Nummer 5 nehmen. Dann Konferenzraum 3. - Als man mir versprach, sie seien schnell, ahnte ich nicht, wie schnell sie wirklich sind. Weit unter zwölf Stunden. Das ist wirklich sehr gut Arbeit. “

Snowcat lächelte und besprach sich nebenbei kurz mit dem Team. Butcher, Trixhot und Gumshoe würden sie in Hilton begleiten.

Snowcat versandte die Daten der SIN‘s und sagte dann noch, „Mrs. Johnson, eines sollten sie noch wissen. Ein anderes Team war bereits auf dem Weg zu der Zielperson, wir sind gerade noch rechtzeitig weggekommen, nur darum wird man die Abreise überhaupt bemerkt haben.“

Die Elfe am anderen Ende der Leitung zog nachdenklich die Augenbrauen zusammen.“Gut danke für die Warnung.“ Sie lächelte leicht, „Dann ist es ja wirklich doppelt gut, dass sie so schnell sind. Wir sehen uns in einer Stunde.“

Sie fuhren die ganze Zeit über umher. Kurz vor dem Hotel stiegen Gumshoe, Tuareg und Butcher um. Alle die nicht mit ins Hotel kamen, würden in der Nähe bleiben. In der Dreifach-A-Gegend in Downtown bedeutete das aber, dass sie weiter unauffällig umher fahren mussten und so eine ganze Zeit lang brauchen würden, um eingreifen zu können. Allerdings ging Snowcat nicht davon aus, dass es in einem Hotel wie dem Seattle Hilton bei einer freiwilligen Transaktion von Personal Ärger geben würde. Da man jedoch nie vorsichtig genug sein konnte, nahm sie Tuaregs Angebot, den Geist weiter in ihren Diensten zu lassen, gerne an. Außerdem ließ sie auch die Reflexe gesteigert. Dem Elf war anzumerken, dass es ihm gar nicht behagte, Snowcat schon wieder ohne ihn in der Gruppe losziehen zu lassen. offenbar wäre er lieber in ihrer Nähe geblieben. Aber seine Erscheinung war für das Hilton einfach viel zu auffällig. 

Sie kamen ohne Probleme in die Tiefgarage und als Snowcat ihre SIN vor den Scanner im Express Fahrstuhl hielt, fuhren sie ohne Probleme nach oben.  

Sie landeten in der 50. Etage in einem Bereich in dem sich sechs Konferenzräume befanden. Zielstrebig steuerten sie Konferenzraum Nummer 3 an. Wieder hielt Snowcat ihre SIN vor den Scanner an der Tür und wieder sprang das rote Lämpchen auf grün. Der Vorraum war leer und durch die offene Tür zum Raum dahinter war Mrs. Johnson zu sehen, die von zwei Bodyguards flankiert wurde.

Die Elfe begrüßte sowohl die Runner, als auch Mr. Ito geschäftsmäßig freundlich und bot ihnen sogar etwas zu trinken an. Gumshoe schloss die Tür, nachdem alle eingetreten waren.

Nach wenigen Worten Smalltalk wandte sich ihre Auftraggeberin lächelnd dem Japaner zu, „Nun Mr. Ito, das hat ja alles ganz hervorragend geklappt. Ich heiße sie herzlich bei Horizon willkommen, wenn sie hier,“ , sie reichte ihm ein Display rüber, „bitte noch mit Daumenabdruck und Unterschrift den Vertrag bestätigen würden, dann ist alles auch schon überstanden.“

Leicht lächelnd legte Kosuke Ito das Display auf dem Tisch ab und verbeugte sich höflich, „Ich möchte mich vielmals für ihre Mühe bedanken und dafür, dass sie mich bei Shiawase rausgeholt haben. Allerdings habe ich mich nun anders entschieden und werde hier nicht unterzeichnen.“

Snowcat konnte es nicht fassen, was für ein Fragger. Sie ergriff das Wort, noch bevor Mrs. Johnson etwas sagen konnte. Ihre Stimme klang so kalt und bedrohlich, dass Butcher überrascht eine Augenbraue hob. „Wie bitte? Was haben sie da gerade eben gesagt? Wiederholen sie das bitte!“

Mr. Ito wiederholte brav genau das was er zuvor gesagt hatte, allerdings war die Überlegenheit aus seiner Stimme verschwunden. 

Auch Mrs. Johnson klang nun deutlich kälter, „Hören sie, so einfach geht das nicht.“

Ito verbeugte sich abermals, er hatte seine Selbstbeherrschung wieder erlangt und offenbar war er es nicht gewöhnt, dass man ihm widersprach, „Es tut mir leid, wenn sie deshalb Unannehmlichkeiten hatten, aber ich habe mich inzwischen anders entschieden. Wie ich nun schon zweimal sagte. Ich danke ihnen für ihre Mühen und würde mich dann gerne verabschieden.“

In was für einer Welt lebte der Kerl eigentlich?

Snowcat machte Anstalten sich zu erheben, „Na wenn das so ist, dann bringen wir sie jetzt einfach zurück. Dann kann ihre ,andere Entscheidung‘ ja ein Team schicken, um sie rauszuholen.“ Snowcat sah ihn böse an, „Verstehen Sie, so geht es nicht. Wenn sie eine Wahl haben, dann nur die zwischen zurück oder unterschreiben.“

Überraschender Weise grinste Ito nun, „Nein, ganz und gar nicht.“

Mrs. Johnson wurde eine winzige Spur blasser im Gesicht, „Man meldet mir gerade, dass soeben zwei Teams, jeweils 6 Mann, eines auf dem Dach und eines in der Tiefgarage, abgesetzt wurden. Das Team vom Dach wird jeden Moment hier sein. Ich zahle ihnen noch einmal die komplette Summe, wenn sie mir die Zeit verschaffen, die ich brauche, um mit Mr.Ito einig zu werden.“

Snowcat seufzte innerlich. Sie hatten nicht mal Schusswaffen dabei. Sie sah Mrs, Johnson ernst an, „Ich glaube, dafür habe ich die falschen Leute hier.“ 

Snowcat überlegte, ob sie stattdessen anbieten sollte, Ito zu einer Unterschrift zu zwingen, als Butcher meinte, „Snowcat, TriXhot, auf ein Wort.“ Beide gingen die drei Schritte bis zu ihm, Gumshoe stand bereits neben Butcher. Butcher legte die Arme um die Schultern der beiden Frauen und raunte, „Hey, wir vier gegen irgendwelche sechs, die stoßen wir doch aus der Hose. Ich kann sie entwaffnen wenn sie kommen und dann ist doch alles halb so wild.“

Snowcat dachte kurz nach, eigentlich sollte das ja auch der Job der Neuen sein, so wäre es doch sehr passend, wenn sie den Job auf ihre Art zu Ende bringen würden. Sie nickte, „Versuchen wir es.“ sie drehte sich zu Mrs. Johnson um, „Wenn ihre Leute uns mal eben ein paar Waffen leihen können, halten wir sie auf.“

Auf ein Zeichen von Mrs. Johnson legte jeder der beiden Bodyguards einen Stunbutton und eine Pistole auf den Tisch. 

Ohne zu zögern griff TriXhot beide Feuerwaffen, warf dann aber einen fragenden Blick in die Runde. 

Gumshoe nahm sich einen der Stunbuttons. „Der hier reicht mir.“

Snowcat sagte, „Nimm ruhig beide Pistolen TriXhot, das ist am effektivsten.“ Sie und Butcher ließen den letzten Stunbutton auf dem Tisch zurück. Sie traten wieder in den Vorraum. 

„Wr sind unterwegs, werden aber nicht mehr eingreifen können!“, kam es von SpArcade über den Teamkanal. „Suggi schickt euch Looki!“

Da materialisierte sich der Geist auch schon im Vorraum und lächelte Snowcat charmant an.

Snowcat lächelte zurück, Looks Like Bear verfügte wirklich über ein ansprechendes Äußeres, „Schön, dass du bei uns bist! Würdest du bitte so freundlich sein, unsere Anwesenheit zu verschleiern?“

„Selbstverständlich!“ 

Fantastisch, so konnte Snowcat die Dienste von Tuaregs Geist für den Notfall sparen. Dann verteilten sie sich und suchten an unterschiedlichen Positionen Deckung.

Nach unendlich langsam verstreichenden Sekunden wurde die Tür aufgestoßen. Vier der sechs in schwarz gekleideten Männer, Snowcat taufte sie schnell Ninjas, da ihre Kampfkleidung an die der Ninjas erinnerte, betraten beinahe gleichzeitig den Raum. Die restlichen zwei blieben in der Tür stehen. Sie hatten Maschinenpistolen im Anschlag und trugen Katanas auf dem Rücken. 

Snowcat schlich sich hinter den ganz rechts, sprang lautlos auf den Tisch und zog ihm das Katana vom Rücken. Ihre Nackenhaare sträubten sich, als Butchers Zauber nach ihr griff. Sie konnte ihn, dank Butchers Spruchabwehr, abschütteln. 

Doch die Ninjas konnten das nicht. Alle sechs ließen ihre MP‘s fallen. 

TriXhot schoss vier mal und da die Bodyguards keine Stick n‘ Shock Munition geladen hatten, spritze bei zwei der überraschten Ninjas augenblicklich Blut auf und sie fielen getroffen zu Boden. 

Gumshoe griff den Ninja, der ihm am nächsten war, mit dem Stunbutton an, verfehlte ihn jedoch unglücklich. 

Einer der Gegner rannte plötzlich Angst erfüllt davon, offenbar hatte Looks Like Bear erfolgreich eine seiner Kräfte eingesetzt und das anscheinend wieder auf eignes Geheiß. 

Snowcat drängte den Mann, dem sie das Schwert abgenommen hatte, in einer schlechte Position. Trixhot zögerte nicht und schoss zwei mal auf ihn. Auch der war danach raus.

Gumshoes zweiter Angriff saß und der Mann ging bewusstlos zu Boden.

Der sechste im Bund stand für einen Moment lang unschlüssig in der Gegend rum, entschied sich dann aber, Snowcat wusste nicht ob freiwillig oder unfreiwillig, seinem rennende Kollegen zu folgen. 

So weit, so schnell, so gut.

Die zweite Welle von unten würden sie nicht so leicht ausschalten können, denn die würden vorbereitet und höchst wahrscheinlich zu acht sein. 

Snowcat klopfte und öffnete ohne auf ein ,Herein‘ zu warten die Tür zum eigentlichen Konferenzraum. 

Ihr zweifelsohne atemberaubender Anblick gab Ito den Rest, er drückte den Daumen auf das Pad und besiegelte damit seinen Vertrag bei Horizon. 

Mrs. Johnson strahlte Snowcat an, „Danke, das war wirklich sehr gut. Da wahrscheinlich jeden Augenblick die Sicherheit des Hotels oder aber das Team von unten auftauchen werden, überweise ich ihnen jetzt schnell noch den vereinbarten Betrag von 208.000 Nuyen. Ich möchte ihnen jedoch versichern, dass ich UC weiter empfehlen werde.“

TriXhot warf den beiden Bodyguards grinsend die gesicherten Pistolen zu, bei der zweiten erklärte sie, „Die hier verzieht ein bisschen nach links, nur, falls du es noch nicht wusstest.“, dann zwinkerte sie ihm zu.

Gumshoe legte den Stunbutton kommentarlos auf dem Tisch ab.

Der Expressfahrstuhl brachte sie ohne Probleme zurück in die Tiefgarage, die sie in lockerer Fahrt im Toyota Coaster verließen. Hier stellte Snowcat grinsend fest, dass sie nun doch noch zu einem Schwert gekommen war. Das erbeutete Katana war von annehmbarer Qualität. Natürlich würde Liam davon erfahren, schließlich hatte er diesmal sogar drei Spione im Team gehabt. Sie grinste. Sie würde das Schwert nicht mit auf Runs nehmen, aber sie würde es behalten und in einer Kiste aufbewahren. Kurz nachdem sie beschlossen hatte, ab jetzt zumindest die Klingenwaffen ihrer Gegner zu sammeln, arbeitete sie in ihrem Kopf bereits an dem Projekt, eine verzierte Sammelkiste zu bauen.

Am Vormittag des nächsten Tages traf Snowcat sich mit Doc und Mystère zum Brunch im Bootshaus. 

Doc hatte eisgekühlten Champagner mitgebracht und Mystère hatte das dazu passende Essen in einem Delikatessengeschäft eingekauft. Sie saßen auf der frisch fertig gestellten Veranda und genossen die laue Septemberluft. 

Doc hatte aufmerksam und höchst erfreut Snowcats Bericht über den Run gehört. „Nun, da haben doch alle solide bis außergewöhnliche Fähigkeiten an den Tag gelegt. Einige haben mich mehr überzeugt als andere, aber alles in allem sehe ich bei keinem von ihnen einen Grund, der ihrer Aufnahme bei UC im Wege steht. Wir sollten alo allen sechs eine Aufnahme anbieten.“

Snowcat trank einen Schluck und sagte dann, „Sehr schön zusammengefasst, aber sollten wir nicht zuvor die anderen von UC fragen, ob sie gegen den einen oder anderen ein Veto haben?“

Doc und Mystère schüttelten gleichermaßen den Kopf und Mystère erklärte, „UC ist auf eine Größe angestiegen, wo es auch meiner Meinung nach nur zu Unstimmigkeiten führt, wenn wir jedes Mal alle fragen und Mitglieder wie Sparky, Arcade oder auch Average dann ein Veto einlegen, weil ihnen gerade danach ist. Ich glaube, wir drei hier und Blackstone sind gut genug in der Lage, so etwas ab nun für das Team zu entscheiden.“

Doc ergänzte, „Das ist genau meine Meinung Mystère. Hinzu kommt noch der Aufwand, den wir jedes mal betreiben müssen, wenn wir jemanden aufnehmen wollen und alle erst fragen, ob sie einverstanden sind. Wem eine Entscheidung nicht passt, der kann UC gerne verlassen. Übrigens sollten wir jedem Anwärter“, Doc schmunzelte jedes mal bei diesem Wort, „nur einmal eine Aufnahme anbieten, dann heißt es ja oder nein.“

Mystère lächelte Snowcat an und fügte hinzu, „Ich habe übrigens noch einen Vorteil für dich in der Hinterhand, solltest du noch nicht überzeugt sein. Wenn wir vier die Entscheidung treffen, dann bleiben auch eventuell aufgedeckte Geheimnisse nur unter uns.“

Snowcat hob beschwichtigend die Hand, „Ich bin schon lange überzeugt, auch wenn das Argument durchaus ein Leckerbissen ist.“

„Gut, dann ist es beschlossen.“, meinte Doc, „Blackstone scheint mir derzeit anderweitig beschäftig, aber ich bin fest davon überzeugt, Blackstone traut unserem Urteil und darum werde ich unser Anwärter für heute Abend alle ins Hinterzimmer des Banshees einladen. Ich werde auch SpArade dazu bitten, damit sie das Ergebnis bunt verpackt an alle verschicken können.“ 

Doc lächelte Snowcat an, „Nun etwas völlig anderes - wenn du möchtest, dann sage ich dir noch, wer bei der Extraktion für welches Team gespielt hast?“

„Du weißt doch wie neugierig ich bin, natürlich möchte ich das sehr gern.“, sie sah ihm erwartungsvoll in die Augen.

Doc holte kurz Luft und erklärte dann, „Ito ist tatsächlich Anhänger von Ishiro Kiyomoto und als dieser dann von Nigel Coltrane 2068 endgültig abgesägt wurde, reifte in ihm die Idee Shiawase zumindest offiziell zu verlassen. Nebenbei gesagt löste Coltrane Kiyomoto bereits 2066 als Chef des Market Forecasting and Information Department kurz MFID bei Shiawase ab. Kiyomoto ist seitdem externer Sicherheitsberater für Shiawase und es gibt Gerüchte, dass er sein Wissen nun nur all zu gern an Shiawases Feinde verkauft, wenn die Ergebnisse die Position von Tadeshi im Konzern stärken, aber damit landen wir dann für diesen Run zu tief in internen Shiawase Angelegenheiten. Ito fand nach langer Zeit in Horizon die Mittel, Shiawase zu verlassen. Coltrane hatte inzwischen Wind bekommen, das Ito immer noch loyal zu Kiyomoto war und schickte darum ein Team, um Ito zu eliminieren und zwar die Männer, denen ihr in den Fukushima Gardens zuvor gekommen seid. Die Ninjas, wie du sie so passend genannt hast, waren Männer der Neo-Genyosha, so nennt sich ein Geheimdienst mit eigenen Eingreiftruppen innerhalb des MFID von Shiawase, dessen Anführer Kiyomoto ist. Sie sind gekommen, um Ito zu übernehmen, damit dieser für seinen Freund arbeiten kann.“

Snowcat hob überrascht die Augenbrauen, „Das heißt also, eigentlich war das alles nur ein ausgeklügelter Plan, um innerhalb von Shiawase vom offiziellen Nachrichtendienst zum inoffiziellen und nur gerüchteweise existierenden Geheimdienst zu wechseln?“

Doc lächelte süffisant, „So ist es.“ 

Nachdem Doc im Hinterzimmer des Banshees die veränderten Konditionen, in denen Doc, Snowcat, Mystère und Blackstone gemeinsam für die UC betreffenden Entscheidungen zuständig waren, vorgestellt hatte, kam er zur entscheidenden Frage. „Wir bieten jedem von euch nun die Mitgliedschaft bei UC an. Natürlich wird es weder Vertrag noch Unterschrift geben. Eure Antwort auf die Frage, ob ihr dabei sein möchtet, reicht aus.“

SpArcade meldeten sich gleichzeitig und hüpften beinah aufgeregt auf und ab. Doc hob eine Augenbraue: „Ja?“

Sie sprachen in der Art, wie sie nur ihnen gelegentlich zu eigen war, sie wechselten sich ab: „Sollten wie ihnen..“, „...der Fairniss halber ...“, „nicht das mit den ...“, „... DNA-Proben in Form eines Fingers...“,  „... für die rituelle Hexerei sagen?“

Doc grinste kurz und schüttelte dann den Kopf, „Nein, SpArcade, die Finger nehmen wir doch immer heimlich ab und ersetzten sie unbemerkt durch geklonte.“

Sparky und Arcade schlugen sich unisono gegenseitig gegen die Stirn. „Ach ja!- Mist. Vergesst was wir eben gesagt haben.“ Über AR fuhren riesige Radiergummis über imaginäre Denkblasen, die soeben über den Köpfen der Runner erschienen waren. 

TriXhot lachte und antworte zuerst, „Von mir gibt es ein ganz klares ,Ja‘ ich bin dabei‘ als Antwort. Und ich freue mich den Spitzenruf von UC zukünftig um den meiner Fähigkeiten zu erweitern.“

Tuareg verbeugte sich und meinte, „Es ist mir eine Ehre.“ Fast natürlich stellte sich bei Snowcat das Gefühl ein, dass er nur ja gesagt hatte, weil ihm das die Möglichkeit gab in ihrer und Blackstone Nähe zu sein.

Sugmani nickte, „Na, ich hab gehört ihr habt ein“, sie amte nun den Tonfall von SpArcade nach, „neues und total cooles Clubhaus am Wasser- mit Whirlpool,“ dann verfiel die Orkin wieder in ihre eher ruhige Art zu sprechen zurück, „und wenn ich das noch mal sehen will, dann muss ich wohl gleich ja sagen, eh es zu spät ist.“, sie grinste breit.

Von FTW kam nur ein, „Ja. Bin fest dabei“

Butcher zeigte mit dem Finger auf FTW, „Das ist meine Art von Antwort. - Ja. Ihr seid ganz cool, also bin ich auch dabei!“

Arcade hatte bereits eine Datei vorbereitet, - in der Docs wohlformulierte Einleitung über die Änderung in der Art der Teamführung zu lesen stand, die Snowcat wahrscheinlich selbst dann von der Idee überzeugt hätte, wenn sie anderer Meinung gewesen wäre- und trug die neuen Mitglieder umgehend darin ein. Am Ende der Datei stand bereits jetzt zu lesen: ,Achtung, diese Datei zerstört sich nach dem Lesen innerhalb von 10 Sekunden von selbst.“

Nun stand nur noch Gumshoes Antwort aus.


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                              UC - Unknown Consequences -das TOP-Runnerteam aus Seattle- You See!


Wie Gumshoe antwortet, welcher Run als nächstes auf UC wartet und wie es mit den persönlichen Beziehungen weiter geht, wird demnächst hier zu lesen sein. Schau also bald wieder rein, omae!

*reckundstrekgenüsslich* Hoffe Ihr habt Spass; *knutschi*