Episode 18/13 (vom 26.07.) Run 46/2

Welcome back, omae.

Schön, dass Du auch heute wieder reinschaust.

Derzeit „On The Run“ sind: Blackstone, Average, FTW, TriXhot, Tuareg, Shark Finn, Thunderstrike, Starbuck*, Mystique und Snowcat. (*Spieler war nicht anwesend.) 

Datum in unserer SR-Timeline: 20.11.- 25.11.2072

Was bisher geschah: Die Runner erhalten von Johnny Spinrad höchstpersönlich den Auftrag ein Artefakt, den Cenotaph von Mentuhotep V., aus dem Museum für Ägyptisches Altertum in Kairo zu stehlen. Spinrad gibt freiwillig zu, dass er das Artefakt haben möchte, weil er gehört hat, dass sich Lofwyr dafür interessiert. 

UC stellt die Teilnehmer aus ihren Reihen zusammen und entwickelt den ersten Plan.

Wir schalten uns in dem Augenblick in das Geschehen ein, in dem Snowcat sich mit Blackstone in Calgary trifft, um die gemeinsame Reise nach Kairo anzutreten.

Erfahr nun, wie es mit dem Run weiter geht.

Wie immer erleben wir alles aus den eisblauen Augen von Snowcat mit.

Deine Kommentare hierzu passen unter ,A Tale So Far, Part IV‘ [LINK].

Eine Beschreibung unserer Runner findest Du hier [LINK].

Hat ein Wort im Text eine andere Farbe, verbirgt sich darunter wahrscheinlich ein Link und es wird im Glossary erklärt. Du kennst ein anderes Wort aus dem Shadowslang nicht? Dann schau doch einfach auf gut Glück im Glossary vorbei [LINK].

Bereit omae? Na dann los!


Snowcat traf sich mit Blackstone auf dem Flughafen. Assets hatte einen so guten Draht zu einigen Behörden in Calgary, dass Blackstone hier ohne Probleme einchecken konnte. Bevor sie ihr Gepäck aufgaben, überreichte Snowcat Blackstone noch eine Hülle für dessen Dolch, die Liam für ihn angefertigt hatte. Diese Hülle würde den Dolch vor Waffen- und Magiescannern verbergen. Snowcat hatte ebensolch eine für ihren Black-Tooth-Dagger von Liam erhalten. 

Die Ausreise aus dem AMC war für Blackstone also kein Problem, was natürlich nicht hieß, dass auch die Fluggesellschaft die Cyberware, die er trug auf die leichte Schulter nahm. Blackstone hatte die Wahl seine Cyberware abschalten oder sich selbst sedieren zu lassen. Eine Sedierung konnte Snowcat mit eignen medizinischen Mitteln beenden. Die Aktivitäten eines Hackers, der an Blackstone Systemen herum pfuschte, konnte sie hingegen nicht überprüfen oder gar unterbinden. Als Folge würde Blackstone während dieses Fluges sehr still sein. 

Snowcat verbrachte den Flug nach Paris lesend. Sie war mit der Bewältigung der Literatur-Liste von Ehran in den letzten Wochen gut vorangekommen, war aber noch lange nicht durch. Zudem standen für dieses Semester 5 Wälzer zur Kunstgeschichte auf dem Programm, die sie auch noch lesen konnte. 

Bei ihrer Landung in Paris regnete es. Dafür waren die Temperaturen für Mitte November recht mild. 

Sie checkten in einem kleinen Hotel nicht all zu weit vom Flughafen entfernt ein und blieben über Nacht. 

Am nächsten Morgen hatte Blackstone einen Termin im einen Bodyshop, um sich passend zu seiner deutschen SIN mit dem schönen Namen Armin Müller von Stahl, die er für Ägypten nutzen wollte, ummodeln zu lassen. Man tönte seine Haut deutlich heller und sein weißer Bart und sein weißes Haare wurden dunkelblond gefärbt. Eine Prozedur die weniger als eine Stunde dauerte und nur 500 NuYen kostete. 

Snowcat hatte über Paris reisen wollen, da sie sich eine neue SIN mit dem Namen Calleigh Duquesque, wohnhaft in Paris, zugelegt hatte. Die eigene Haut und Haarfarbe entsprechend zu ändern, dauerte Dank der ihr innewohnenden Magie nur wenige Minuten. Mit der Pariser SIN wollte sie ein paar kleinere Besorgungen machen und sich nebenbei gleich die nähere Umgebung ihres ,Wohnortes‘ ansehen. Schließlich war es immer gut zu wissen, wie es da war, wo man laut SIN herkam. 

Da Blackstone darauf bestanden hatte, Snowcat zu begleiten, hatte sie die Stunde im Bodyshop nicht einfach nutzen können. Also hatte sie im Bodyshop auf Blackstone gewartet und stattdessen die Origami-Figur geübt, die Harlequin ihr kürzlich gezeigt hatte. 

Eine schöne Rose zu falten dauerte auch für geübte, geschickte Finger einige Minuten. Sie nahm sich die Zeit und schwelgte in der Erinnerung. 

Harlequin hatte auf dem Boden im Schneidersitz dicht hinter ihr gesessen und auf einem Bett-Tablett hatten sie vierhändig die Rose gefaltet. Klassische Musik war im Hintergrund gelaufen und die beiden Elfen waren im Einklang mit sich, einander und dem wunderschönen, edlen Papier gewesen und hatten in voller Harmonie Falz um Falz gefertigt, bis daraus ein kleines Kunstwerk entstanden war.

Die Rose, die Snowcat nun gefaltet hatte war hingegen nur eine Fingerübung, was man ihr irgendwie auch ansah. Diese Rose war hübsch, aber ihr fehlte die Ausstrahlung.

Als Blackstone mit heller Haut zurück kam, erinnerte er sie sofort an den alten Duke, auch wenn Snowcat feststellen musste, dass der Zwerg sich optisch im Verglich zu 'damals' doch tatsächlich dennoch um einiges verändert hatte und dies in einem Zeitraum von zwei Jahren. 

Calleigh Duquesque war ihres Zeichens Kunsthistorikerin und war von Armin Müller von Stahl als Expertin engagiert worden. Sie sollte ihm bei seinem Kairoaufenthalt zu viel wie möglich über das alte Ägypten erzählen. So adlig und reich von Stahl laut Agenda auch immer sein mochte, auch diese Fluggesellschaft hatte Vorschriften und so erlebte Blackstone den zweiten Flug ebenso schlafend, wie den ersten. 

Kairo empfing sie mit Sonnenschein und angenehmen 17°C. Für jeden der Runner war ein Zimmer im Hotel Osiris gebucht worden. Das Hotel lag nur einen Fussweg von fünf Minuten vom Museum entfernt und gehörte zur oberen Mittelklasse.

Niemand von ihnen hatte bedenkliches Equipment mit auf die ,Reise‘ genommen. Bis auf die beiden Dolche von Blackstone und Snowcat in den abgeschirmten Taschen und Tuaregs Stab, den er als Gepäck aufgegeben hatte, hatten sie keinerlei Waffen mitgenommen. Ihr Plan sah kein Blutvergießen vor. Mystique würde natürlich dennoch Pistolen und Maschinenpistolen vor Ort über einen Kontakt besorgen. 

Einbruchsequipment hatten sie als Kletterzeug für eine Tour in den Alpen deklariert und Starbuck hatte kleine, harmlose Überwachungsdrohnen dabei, die er, so wie sämtliches andere elektronische Equipment, als Utensilien für ein Drohnenfussballspiel postuliert hatte. 

So sollte es eigentlich keinerlei größere Probleme an den Security Checks auf den diversen Flughäfen geben. 

Average, Tuareg, FTW und TriXhot reisten in einer Gruppe. Nicht nur in einer Gruppe, sondern wirklich als eine Gruppe. Ihre Bowling-Mannschaft, die Randy Bandits, hatte den zweiten Preis bei einem Wettbewerb gewonnen, der aus einer mehrtägigen Reise nach Ägypten bestand. 

Laut Plan sollten die vier schon einige Stunden vor Snowcat und Blackstone angekommen sein, ebenso wie Mystique und Starbuck, die die dritte Reisegruppe bildeten.

Tatsächlich konnte Snowcat die vier in ihren Bowling-Hemden bereits sehen und hören, als sie die Lobby des Hotel betraten. Sie benahmen sich ihrer Rolle entsprechend wie laute, auffällige Touristen. Snowcat war sich nicht ganz sicher, ob sie es dabei nicht ein wenig übertrieben. Von Mystique und Starbuck war hingegen noch nichts zu sehen.

Das Hotel Osiris war optisch eher altbacken und hatte den falschen Sandstein-Flair, der in Ägypten vor 150 Jahren so beliebt gewesen war. Alles war jedoch sehr sauber und fehlende Technik wurde durch zusätzliches, beflissenes Personal wett gemacht. 

Eine halbe Stunde nach ihrer Ankunft im Hotel betraten ,Calleigh‘ und ,Armin‘ das Hoteleigne Café.

TriXhot reagierte geistesgegenwärtig, sprang auf und kam Snowcat entgegen, „Entschuldigen Sie, sprechen sie Englisch?“

Snowcat nickte, „Ja.“

„Fein, dann verstehen sie mich ja. Wären Sie vielleicht so nett ein Bild von mir, meinen Freunden und der Bowling-Kugel zu machen?“

Snowcat warf einen Blick auf den Tisch auf dem tatsächlich eine original große Bowling-Kugel in einer Halterung stand. Auf der Kugel waren die Umrisse der Kontinente gefräst worden und nur Kairo fand sich als Markierung.

Average bat Snowcat darauf zu achten, dass man auf dem Bild die Kugel mit der Kairomarkierung gut erkennen konnte. 

Blackstone setzte sich an den Tisch und bestellte sich Kaffee. Nach dem ,Fotoshooting‘ stellte TriXhot ihre Reisegruppe vor. Zunächst zeigte sie auf Tuareg, der mit Breezer und Bowling-Hemd merkwürdig genug aussah, zumal er Schlangenkette und Armreif über dem Hemd mit dem bowlenden Waschbären trug. „Das hier sind Ali Bundi,“, sie wechselte zu FTW, „Julio Iglesias.“, Average kam an die Reihe, er kaute bereits an etwas, „Gustavo Ismael, den Sie vielleicht unter seinem Künstlernamen ,Le Croc‘ kennen könnten,“ TriXhot grinste, „Nein? Dann lernen Sie ihn vielleicht noch kennen, er hat nämlich einen ziemlich berühmten Blog über Essen. Und ich bin Jessica Fletcher.“

Snowcat stellte sich und von Stahl vor.

„Kelly? Wie schreibt man das?“, wollte Average wissen.

Snowcat lächelte charmant, „C a i l l e i g h!“

TriXhot fragte, „Wo kommt der Name her?“

Problemlos waren sie, wie sich zufällig treffende Reisende ins Gespräch gekommen. Nach einigen Minuten näherten sich ein Pater und eine Nonne dem Tisch. 

Snowcat musste ein Grinsen unterdrücken. Starbuck hatte so gerne mit Mystique reisen wollen. Als Paar. Mystique hatte locker mit, „Klar, können wir machen. Ich hab auch schon einen schönen schwarzen Anzug für Dich.“, geantwortet. Dann hatte die Elfe Snowcat zu gezwinkert und Snowcat hatte geahnt, dass das nicht so werden würde, wie Starbuck es sich vielleicht erhofft hatte.

Mystique war überhaupt nicht wieder zu erkennen, auch nicht für Snowcat. Sie sah aus wie eine menschliche, verhärmte Frau Mitte fünfzig, die unter den Nonnen im Kloster ein strenges Regiment führte. Ihre Hakennase war beeindruckend, ihre Lippen schmal und ihre Augen standen eng zusammen. 

Starbuck stand das schwarze Priester-Gewand ausgezeichnet und er war attraktiv wie eh und je, dennoch hielt auch er sich an seine Rolle. Mit sanfter Intonation fragte er, „Wenn ich die Bowling-Kugel richtig deute, dann sind Sie auch Amerikaner?“

TriXhot meinte sofort, „Nicht alle, Pater. Setzen Sie sich doch zu uns.“

„Vielen Dank meine Liebe, sehr gern. Ich bin Pater Brown und das hier ist Schwester Sarah.“

Schwester Sarah seufzte und lächelte missmutig. Ja, sie konnte missmutig lächeln. „Sie hatten tatsächlich Recht Pater und auch andere nehmen diese unbequeme Reise im November auf sich. Wenn ich darüber nachdenke, ist es wahrscheinlich viel weniger voll, als im Sommer. An der Besucherzahl im Museum für Altertum ändert das zwar nichts, aber das konnten wir wohl kaum erwarten.“

Snowcat schmunzelte und fragte, „Ach, Sie wollen auch ins Museum für Ägyptisches Altertum?“

Peter Brown grätschte ein, „Ja, das wollen wir.“

Schwester Sarah schnaufte.

Ungeachtet dessen fuhr Starbuck fort, „Wenn man sich mit dem Glauben auseinandersetzt, muss man sich irgendwann auch mit der Geschichte des Glaubens befassen, nur so kann sich einem der eigne Glaube an Gott völlig erschließen.- Wenn Sie auch ins Museum wollen, dann könnten wir vielleicht eine gemeinsame Gruppe bilden, wenn ich richtig hörte, sind Sie Kunsthistorikerin?“

Snowcat nickte, „Das haben Sie richtig verstanden. Ich kann jedoch nicht entscheiden, ob wir gemeinsam gehen können, dass ist von Herrn von Stahl abhängig, da er mich als privaten Experten engagiert hat.“

Selbstverständlich hatte ,von Stahl‘ nichts dagegen. 

Average riss die Aufmerksamkeit an sich. Er bestellte etwas zu essen, wobei er einen Querschnitt durch die Speisenkarte orderte. „Ihr müsst nicht gucken, erstens hab ich Hunger und zweitens brauch ich das alles für meinen Blog, wo ich über das Essen in der Welt berichte und nun endlich auch mal weg von zu Hause bin.“, dann erläuterte er seine Meinung zu einzelnen Landestypischen Spezialitäten, Frankreich schnitt dabei besonders schlecht ab. Average wartete wieder einmal mit einigen seiner für Snowcat teilweise sehr abstrusen Theorien auf. Wenn sie jemand abhören würde, wäre er spätestens jetzt verwirrt und fest davon überzeugt, dass zumindest die ,Bowler‘ nichts zu verbergen hatten.

Ein wenig später waren sie beim Thema Reiseverlauf angekommen. TriXhot berichtete, „Gustavo und Julio haben es beide nicht so mit dem Fliegen. Sie waren so furchtbar aufgeregt. Bei Julio war es so schlimm, dass er weder seinen Geburtstag, noch seinen Geburtsort wusste.“

Average nickte, „Stimmt, aber Tri, Tri, Tri- Jessica hatte zum Glück seine Tabletten bei und konnte den Sicherheitstypen gleich mit beruhigen.“

Es hatte offenbar Schwierigkeiten mit der SIN gegeben, aber TriXhot hatte die Probleme mit ihrem weiblichen Charme ausbügeln können. Es war sehr klug von Doc gewesen, die junge Frau der 'Reisegruppe' zuzuteilen.

Average fuhr fort, „Bei mir geht das mit dem Fliegen schon, allerdings hätte ich lieber den ersten Preis, die Reise nach Hong Kong gewonnen, da gäbe es auch besseres Material für meinen Blog. Obwohl dieses Schakschūka und das Bastrima echt lecker sind. Aber in Hong Kong gibt es so tolle Massagen.“

Selbstverständlich existierte der Gourmetblog von ,Le Croc‘ inzwischen tatsächlich. 

Tuareg grinste breit, „Hähä, ja. Hong Kong wäre besser gewesen!“

Blackstone meldete sich zu Wort, so als würde Herr von Stahl nun lieber das Thema wechseln, „Wie wäre es Calleigh, wenn wir uns zu einem kleinen Abendspaziergang aufmachen und uns die Umgebung des Hotels ansehen? Das Museum ist ja leider schon geschlossen, aber der Bazar drum herum soll doch sehenswert sein, wie Sie mir sagten.“

Snowcat lächelte, „Das ist eine ganz hervorragende Idee, Armin. Vielleicht möchte sich uns jemand anschließen, wenn Sie nicht dagegen haben?“

Die Idee wurde freudig aufgenommen, nur Schwester Sarah verzog den Mund verkniffen, „Ich werde mich sicher nicht beteiligen, meine alten Knochen brauchen Erholung.“ Sie sah Starbuck mit einen stechenden Blick an, „Natürlich nur, wenn Sie keine Einwände haben, Pater?“

Wo Snowcat soeben höflich und freundlich gefragt hatte, klang die Frage von Schwester Sarah wie eine Drohung.

,Pater Brown‘ hatte keine Einwände. Mystique zog sich zurück und die anderen gingen auf Erkundungstour.

Es war bereits dunkel und Kairo zeigte sich von seiner besten Seite. Die Innenstadt war sauber und man gab sich über AR Mühe einen alt-ägyptischen Eindruck zu erzielen. Der AR-Guide wartete mit der einen oder anderen historischen Anekdote auf, dafür fehlte die übliche Flut von Spam mit denen andere Städte daher kamen.

Die komplette Innenstadt war im RL wunderschön beleuchtet.

Der alte Bazar der Stadt existierte seit unglaublichen 700 Jahren. Entzückende Cafés, die Tee, arabischen Mokka, aber auch italienischen Cappuccino servierten, lagen neben Ständen, Restaurants und Geschäften in denen es vom Nippes über Gewürzen bis hin zu Antiquitäten alles gab. Da drauf geachtet wurde, dass keines der Geschäfte schäbig aussah oder nicht zum Stil passte, erhielt der Bazar ein einheitliches Flair und allein der Duft ließ Snowcat ins Träumen geraten. 

Snowcat fiel es leicht den Touristen zu spielen und sich mit Gewürzen, Tee, Türkischem Honig und Kaffee einzudecken. Außerdem erwarb sie ein ägyptisches Kalligrafie-Set mit einem Holzkästchen voll Schreibröhren und Tintenpulver samt Original-Rezepten.  

Das Beste an dem Bazar war, dass er 24 Stunden geöffnet war und das an jedem Tag im Jahr. So konnte sich das Team problemlos in der Umgebung des Museums aufhalten und beobachten, ohne aufzufallen. 

Beim Ägyptischen Museum für Altertum handelte es sich um ein rechteckiges Gebäude mit zwei Etagen, welches innen in unterschiedliche Sektionen aufgeteilt war. 

In einem Café in Sichtweite zum Haupteingang kehrten die sieben Runner ein. Starbuck schaltete sie zu einem Netzwerk zusammen und meldete, «Ich hab acht Commlinks im Gebäude, die sich im zwei Vierergruppen bewegen. Sonst ist da nichts wireless. Sie arbeiten also über Draht und außerdem werden sie wohl irgendwo eine abgeschirmte Zentrale haben, vermute ich mal.»

Snowcat nippte an ihrem Mokka und sandte ihr Gespür für die Manabewegung der Umgebung aus. Anschließend spürte sie auf beiden Ebenen nach aktiver Magie. Ein Teil des Gebäudes war von dem mächtigsten Hüter umgeben, mit dem Snowcat es jemals zu tun gehabt hatte. Sie stieß einen tonlosen Pfiff aus, «Da ist ein potenter Hüter. Ich nehme mal an, dass sich dahinter die berühmte Tutankhamun- Ausstellung nebst Mumien befindet. Natürlich ist die Anwesenheit eines Hüters an sich, trotz der Abneigung gegenüber Magie, nicht überraschend, da niemand riskieren möchte ein paar Jahrtausende alte Mumien durch Shedim besetzten zu lassen, die dann wie in klassischen Horrorfilmen durch die Stadt ziehen. Zumindest einen Sicherheitsmagier wird es also geben. Geister kann ich nicht spüren, weder auf dieser, noch auf der astralen Ebene. Außerdem ist das gesamte Gebäude eine Domäne, sprich unsere Magie wird dort drinnen erheblich gedämpft werden.»

Average, Tuareg und FTW zogen derweil sämtliche Register im auffälligen Verhalten von ungehobelten, amerikanischen Touristen. Selbst Tuareg schien seine Rolle Spaß zu machen. Trixhot hingegen zeigte, dass man wie ein Tourist wirken konnte, ohne sich ständig daneben zu benehmen und wirklich auch jedes unangenehme Klischee zu bedienen. 

Sie umrundeten das Museum großzügig und machten sich mit der Umgebung und den Gassen und Wegen vertraut. Snowcat sprach Blackstone an, „Der Hüter war wirklich mächtig. Wir zwei sollten uns die Mumien also zunächst nicht ansehen und Du solltest unter keinen Umständen durch eine der Türen in die dazugehörenden Ausstellungsräume gehen. Der Hüter würde Dich umhauen und Du könntest Dich nicht dagegen schützen. Außerdem wird Dich die Domäne Deiner sämtlichen Magie berauben, Du wirst weder astral wahrnehmen können, noch dazu in der Lage sein, Deine Gestalt zu ändern.“

Blackstone seufzte, „Puh, so was Dramatisches habe ich schon befürchtet.“

❅❅

Kurz vor Öffnung am nächsten Morgen stand die Gruppe, erneut ohne ,Schwester Sarah‘ vor dem Eingang, um gemeinsam das Museum zu betreten. Der Eintritt kostete pro Person 50 NuYen und jede Trideo/Fotogenehmigung kostete weitere 100 Nuyen. 

Als FTW und Blackstone an den Durchgang bei den Sicherheitsleuten traten, betätigte Snowcat den MAD-Jammer, den Liam ihr geliehen hatte. Die Cyberware der Beiden löste so keinen Alarm aus. Sämtliche Taschen die größer waren als eine kleine Handtasche, mussten angegeben werden.

Ein unangenehmes Kribbeln huschte Snowcats Nacken hinunter. Die Domäne zog an ihrer Magie. Zum Glück hatte sie die Information dazu bereits gestern Nacht erlangt, sonst hätte sie jetzt eine böse Überraschung erlebt und sowohl ihre Haut-, als auch ihre Haarfarbe hätten sich zurück in ihren Naturton verwandelt, da dies aber abzusehen gewesen war, hatte Mystique gleich noch in der Nacht mit Nanopaste und Farbe nachgeholfen.

Nachdem der Großteil des unangenehme Gefühls ein fremdes Reich betreten zu haben verflogen war, konnte sich Snowcat der an sich angenehmen und aufregenden Umgebung widmen. Sie nahm die Bilder in sich auf. Die Räumlichkeiten der sieben einzelnen Sektionen waren großzügig bemessen, gepaart mit der immensen Deckenhöhe bekam sie den Eindruck in einer hochherrschaftlichen Halle zu sein. Riesige Statuen zeugten von einem imposanten Zeitalter. Die Menge der Besucher verlief sich schnell. Ein Großteil bewegte sich zielstrebig in Richtung der Mumien. 

Ihre Gruppe sah sich gemächlich um. Diskrete Sicherheitsmänner in Uniformen achteten darauf, dass man den Sicherheitsabstand zu den einzelnen Ausstellungsstücken einhielt und diese nicht berührte. 

Snowcat nahm ein Flügelschlagen wahr und tatsächlich entdeckte sie einen Falken, der kurz zuvor auf einer der Statuen gelandet war. Sie war nicht die einzige aus dem Team, die ihn entdeckt hatte. Ein diskretes astrales Wahrnehmen zeigte, dass es sich bei dem Falken einzig und allein um einen echten, lebendigen Falken handelte. 

TriXhot scheute sich nicht, einen Wachmann darauf anzusprechen. Dieser erklärte ihr stolz, dass der nicht abgerichtete Falke hier lebe und man seine Gegenwart als gutes Zeichen verstehe. 

Snowcat fragte sich, was er wohl frass und wie schädlich sein Kot für die Ausstellungsstücke war, schließlich befand sich nur ein Teil der Stücke unter Glas, aber auch sie konnte nicht umhin, einen lebendigen Falken als gutes Omen zu verstehen.

Snowcat hätte Stunden in jeder Sektion bleiben können, soviel gab es hier zu sehen, zu entdecken, zu lernen und zu verstehen. 

Im Gebäude spürte sie noch einmal nach dem Hüter und ihr war umgehend klar, dass er ihr durchaus überlegen sein konnte. Nein, so einfach würde sie den Tutankhamun-Schatz nicht ansehen können. Sie müsste zunächst die Aura desjenigen studieren, der den Hüter erschaffen hatte, dann konnte sie ihre Aura als die desjenigen ausgeben und so vielleicht den Hüter austricksen. Zum Glück war ein solch mächtiger Hüter nur bei den Mumien aufgestellt worden. Da sie das Museum nun feinfühliger abscannte, bemerkte sie einen weiteren mächtigen Hüter unter sich. Lagen dort unter dem Museum etwa die sagenumwobenen Geheimkammern? Snowcats Neugier war geweckt, doch hier eilte nichts, das Museum würde in den nächsten Tagen, Wochen oder gar Jahren sicher nicht weglaufen. Warum also sollte sie gleich bei ihrem ersten Aufenthalt in Kairo zur Hauptausstellung müssen?

Katze sprang auf ein Podest neben einer wundervollen Bastet-Statuette und umrundete sie elegant „Weil Du es kannst Elfenmädchen. Einfach, weil Du es kannst!“

Snowcat lächelte sie an, „Ich muss mich aber vorbereiten, betrete ich die Bereiche mit den Hütern ohne Vorbereitung, könnte ich durchaus heftig eins übergebraten bekommen.“

Katze streckte sich leicht, setzte sich und kopierte exakt die Haltung der Statuette, „Natürlich musst Du Dich vorbereiten, Elfenmädchen. Aber der Magier wird sich hier schon irgendwo rumtreiben, Du stehst unter keinem Zeitdruck wegen des Jobs, also sollte es doch ein Leichtes für Dich sein, den Hüter so gut kennenzulernen, dass Du zu Tutankhamun kannst ohne geschlagen zu werden.“

Snowcat legte den Kopf leicht schief, Katze hatte selbstverständlich Recht, wie immer.

Nach fast zwei für Snowcat höchst interessanten Stunden im Museum näherten sie sich dem Bereich, in dem sich der Cenotaph befand. 

Sie hatten schon so einiges über die Sicherheit herausbekommen. Es gab zahlreiche, gut positionierte Kameras und keine davon war drahtlos zu erreichen. Die Wachleute waren über Commlinks miteinander verbunden, ihr Netzwerk war verschlüsselt. Starbuck und Average könnten die Commlinks also hacken, würden dadurch jedoch keinerlei Zugang zur Sicherheitszentrale erlangen, da diese nicht über die Commlinks erreichbar war.

Starbuck hatte bereits vor Öffnung des Museums eine Kamera vor dem Eingang deponiert. Darüber war zu sehen gewesen, dass der Grossteil des Sicherheitspersonals morgens um 6.00 Uhr eintraf. Mindestens acht Sicherheitsmänner mehr waren gekommen, als sie jetzt an Uniformierten mit Commlinks zählen konnten. 

Ihre Beobachtung in der Nacht hatte ergeben, dass die beiden Vierertrupps stets vor dem Wechsel in eine andere Sektion stehen geblieben waren und gewartet hatten. Höchstwahrscheinlich gab es also Bewegungsmelder, die ausgeschaltet werden mussten, doch auch diese waren nicht wireless zu erreichen. 

Der Cenotaph stand ohne von einer Vitrine umgeben zu sein auf einem Podest. So von Nahem wirkte er deutlich imposanter, als Snowcat es sich vorgestellt hatte. Das grüne Glas beeindruckte schon allein durch seine Farbgebung und Snowcat wurde bewusst, dass dieses Artefakt wahrscheinlich nur als so unbedeutend galt, weil es einem unbedeutenden König gehört hatte. 

Erneut spürte Snowcat zunächst auf beiden Ebenen vorsichtig nach Magie, bevor sie den Cenotaph assenste. 

In einem Radius von ungefähr fünf Metern umgab den Cenotaph ein einzigartiger magischer Effekt. Snowcat hatte etwas Ähnliches noch nicht einmal ansatzweise zuvor gespürt, sie hatte nicht einmal von einem solchen Effekt gehört. Der Einflussbereich schien eine Magiedämpfende Wirkung zu haben, aber das was sie da fühlte, war anders als jeder Void oder jede Domäne, mit der Snowcat jemals in Kontakt gekommen war. Das Bild war verwirrend und schien sich auf das komplette Sein auszubilden.

Average kam aufgeregt zu Starbuck gelaufen und flüsterte mit ihm. Starbuck zog die Stirn kraus und dann näherten sich die beiden Menschen gemeinsam dem Artefakt. Average starrte Starbuck eindringlich an. Was ging da vor?

Starbuck wäre nicht Starbuck, wenn er in einem solchen Fall nicht sofort zu Sache gekommen wäre. «Der Cenotaph beeinflusst irgendwie unseren Zugang zur Matrix, aber wir sind uns sicher, dass es sich um kein uns bekanntes Störfeld handelt, denn er besitzt keinerlei elektronisches oder elektromagnetisches Feld irgendeiner Art.»

Nun war es Snowcat, die innerlich die Stirn kraus zog. Was konnte wohl gleichzeitig Magie und Resonanz schwächen? Sie hatte das Gefühl, dass die Antwort simpel war, kam aber nicht darauf. 

TriXhot sah sich um. Die Sicherheitsleute in dem Raum waren auf Starbuck und Average aufmerksam geworden. Die junge Frau reagierte schnell, „Das Teil ist schön groß, ich mach mal ein Bild von Euch. Rückt mal ein Stück zusammen, bitte.“

Snowcat näherte sich dem Artefakt um einige Schritte und assenste es. Blackstone blieb an ihrer Seite. 

Das Artefakt besaß tatsächlich eine magische Aura, um genauer zu sein, handelte es sich dabei um einen sehr mächtigen Fokus zur Geisterbeschwörung und Geisterbindung. Auf der astralen Ebene war der Effekt um den Cenotaph nun deutlich zu erkennen, dennoch blieb seine Struktur einzigartig. Die Abdrücke zahlloser Auren zeichneten sich darauf ab. Sie waren im einzelnen kaum auszumachen. Über den Teamkanal sagte Snowcat, «Ich glaube, es beeinflusst oder besser schwächt auch Magie. Ich weiß aber noch nicht wie. Es scheint jedoch keine sehr starke Beeinflussung zu sein.» 

Snowcat konnte kaum ihre Augen von dem Cenotaph lassen, das Teil faszinierte sie.

Tuareg meldete über Commlink, »Ob und inwieweit es die Magie schwächt, lässt sich leicht herausfinden, wenn Du mich gleich beobachtetest Snowcat.« Laut sagte er „Jessica warte, ich will auch mit aufs Bild.“ 

„Ja Ali, gute Idee.“, meinte TriXhot fröhlich.

Snowcat beobachtete mit Astralsicht wie Tuareg den Einflussbereich des Cenotaph betrat. Seine Aura färbte sich dunkel und nun wurde es deutlich, auch die Auren von Average und Starbuck waren dunkler als gewohnt gewesen, als sie sich in dem Radius befunden hatten. 

Die Erkenntnis überrollte Snowcat. Das Artefakt beeinflusste weder Magie noch Resonanz der Metamenschen. Es dämpfte vielmehr deren körpereigne Metamenschlichkeit und schluckte einen Teil ihrer Essenz. 

Snowcat sah noch einen Moment länger hin. Der Effekt wurde nicht stärker und wenn sie nun die Auren von Average und Starbuck kontrollierte, stellte sie erleichtert fest, dass der Effekt nicht permanent war. Am liebsten hätte sie ihre Erkenntnis für sich behalten, aber das ging leider nicht und darum sagte sie ins Commlink, »Der Cenotaph dämpft die Essenz eines Lebewesens in der selben Art, wie es Cyberware tut.«

Average erschrak und quiekte sogar leise auf. Snowcat fuhr beruhigend fort »Keine Sorge, der Effekt bleibt nicht bestehen, wenn man den Einflussbereich des Artefakts wieder verlässt. Das ist also kein vampiristisches Artefakt! Allerdings könnte ich mir vorstellen, dass es für sehr stark verdrahtete Metamenschen wie Blood katastrophale Auswirkungen haben könnte dem Cenotaph zu Nahe zu kommen.«

FTW trat intuitiv einen Schritt von dem Artefakt weg. Snowcat wandte sich einem anderen Gegenstand in der Ausstellung zu. 

Da jeder von ihnen so getan hatte, als unterhielte er sich flüsternd mit seinem Nachbarn, waren ihre Commlinkgespräche nicht aufgefallen, besonders, da auch hier eine erhebliche Anzahl an anderen Besuchern umherlief. Aber wenn sie nun alle zu viel Interesse an dem offiziell unbedeutenden Artefakt zeigten, dann könnte dies auffallen und das wollten sie unter allen Umständen vermeiden. 

Vor einer Sammlung mit Skarabäen stehend fuhr Snowcat fort, »Nein FTW, keine Sorge! Deine Essenz ist hoch genug, Du würdest mit Sicherheit nicht mal etwas vom Essenzenentzug bemerken, wenn Du in dessen Nähe bist. Allerdings weiß ich jetzt gar nicht, wie das bei Fall Spinrad wäre.«

Sie zogen einen Raum weiter. Bevor Snowcat die Sektion verließ, warf sie einen weiteren astralen Blick auf das Artefakt. Ihre Vermutung bestätigte sich, denn tatsächlich hatten auch die Auren von Tuareg, Starbuck und Average ihren Abdruck auf der Aura des Cenotaph hinterlassen. Obwohl sie in dem Gewusel schwer auszumachen waren und Snowcat sie nur entdeckt hatte, weil sie deren Besitzer so gut kannte. 

Wie überaus interessant. 

Sie verließen das Museum gemeinsam zu einer Mittagspause. Averages Magen knurrte bereits. 

FTW ließ der Umstand mit der Essenz keine Ruhe, »Wenn man sich dem Artefakt nähert, was passiert dann genau?«, wollte er wissen, kaum dass sie sich gesetzt hatten.

Snowcat überlegte und antwortete vorsichtig, »Nun, wenn die Dämpfung stärker als das ist, was jemand noch an Essenz hat, dann könnte es sein, das derjenige tot umfällt. Allerdings weiß ich nicht, was geschieht, wenn man denjenigen rechtzeitig aus dem Einflussbereich entfernt. Das Risiko dies auszuprobieren wäre mir aber zu groß.»

Tuareg grätschte ein, «Es sei denn, man findet eine Testperson, die man nicht sonderlich leiden kann oder sowieso am liebsten loswerden würde.» 

Snowcat grinste leicht und fuhr fort, «Ich habe jedenfalls schon von misslungenen Implantationen von Cyberware gehört, nach denen der Patient genau aus diesen Gründen verstorben ist. Wenn nichts mehr von deiner Metamenschlichkeit übrig ist, bis du im Normalfall eben tot.«

FTW runzelte die Stirn, »Das ist doof für unseren Plan. Ich kann den Cenotaphen nun nicht mehr tragen.«

Snowcat sah FTW sanft an, »Doch, das kannst Du. Für Dich besteht keine Gefahr, wie ich vorhin bereits sagte, das Artefakt dämpft dafür nicht genug. Und wenn es so wäre, dass sich die Kraft des Feldes ändert, dann hätte man bereits davon gehört. Ein paar zumindest leicht Verdrahtete werden das Artefakt in den vergangenen Wochen schon angesehen haben und wären Besucher tot umgefallen, hätte sich das rumgesprochen. Allerdings sind eben nur die wenigsten Besucher so stark vercybert wie zum Beispiel Blood.«

FTW nickte, aber völlig beruhigt schien er nicht.

Average schluckte den ersten Bissen seines üppigen Mittagessens hinunter und meinte, »Vielleicht ist das dann doch eine Falle von ,ihr-wisst-schon-wem‘ für Spinrad?«

Snowcat schüttelte den Kopf, »Das glaube ich nicht. Aber natürlich kann ich es nicht ausschließen.«

Sie diskutierten den Punkt noch eine Weile, kamen jedoch zu keiner Erkenntnis. Wer konnte schon wissen, was Drachen im Schilde führten? 

Die anderen wollten sich unbedingt noch die Tutankhamun-Ausstellung und die Mumien ansehen. Snowcat war von den Geheimnissen um den Cenotaph abgelenkt genug, um ohne Neid mit Blackstone im Restaurant bleiben zu können. Außerdem beschäftigte sich ihr Hinterkopf bereits mit der Ausarbeitung eines völlig neuen Plans zum Diebstahl des Artefakts. Ein Einbruch schien unter den gegebenen Umständen wirklich langweilig und unnötig schwierig zu sein. Bisher hatten die Runner vorgehabt den Cenotaph zu stehlen, während eine Ablenkung in der Tutankhamun-Sektion lief. Dieser Plan scheiterte schon mal daran, dass sie ihre große Mana-Sheet-Tasche nicht einmal mit in die Ausstellung nehmen durften, es hätte also eine Änderung bedurft, da konnte Snowcat auch gleich mit einem neuen Ansatz beginnen.

Die anderen Runner waren schon fast im Museum, als Snowcat etwas einfiel. Sie sprang auf und rief laut über die Strasse hinweg, „Julio, Du hast Dein Medikament auf dem Tisch liegen lassen.“

FTW blieb zum Glück stehen. Snowcat rannte zu ihm und flüsterte ins Commlink. »Du brauchst meinen MAD-Jammer, sonst fliegt Deine Cyberware auf.«

FTW kratzte sich am Kopf, „Ach vielen Dank Calleigh, sicher ist sicher.“

Snowcat drückte ihm den Jammer in die Hand, »Einfach den Knopf drücken, wenn Du durch den Türrahmen gehst, das hab ich vorhin für Euch alle gemacht.« Laut sagte sie, „Ach was, nichts zu danken. Ich hoffe, Du brauchst es nicht.“

Puh, das war knapp gewesen! 

Zurück bei Blackstone widmete sie sich wieder ihrem Kuchen und spann weiter an ihrer Idee. Eine alte Muslime näherte sich ihrem Tisch, sie hatte eine Stab dabei, an dem dutzende von Tüchern hingen. Im gebrochenen Englisch sagte sie, „Sie, Miss, kaufen Tuch? Wollen hübsches Tuch kaufen?“

Die Hände und das Gesicht der alten Frau waren runzlig und sie war wegen der Anstrengung außer Atem. Snowcat lächelte und betrachtete die Tücher. 

Blackstone lächelte nicht, er beäugte die Frau misstrauisch und als sie ihn bat, den Stab zu halten, während Snowcat die Tücher ansah und ihr so die Last für einen Moment abzunehmen, reagierte er nicht.

Die alte Frau ließ eine Litanei an arabischen Flüchen los. Blackstone verzog keine Mine. Snowcat wählte ein Tuch aus und Mystiques Stimme fragte leise, „Wo sind denn die anderen?“

Snowcat grinste, sie hatte ihre Freundin wieder einmal nicht erkannt. Wie sollte sie auch. Sie zeigte auf einen Stuhl, „Bitte, setzen Sie sich doch und ruhen Sie sich einen Moment aus. Möchten Sie vielleicht ein Glas Wasser?“ Dann antwortete Snowcat flüsternd auf die Frage, „Sie sind noch mal zurück ins Museum.“

Die alte Muslime setzte sich kurz, lehnte das Wasser aber ab. Snowcat suchte sich noch ein weiteres Tuch aus und kaufte beide Tücher. Mystique hielt Blackstone den Stab hin, aber der schüttelte mürrisch den Kopf, woraufhin Mystique ihn wieder mit einer Flut von Flüchen beschimpfte. Einige davon musste Snowcat sich unbedingt merken. 

„Bis nachher im Hotel.“ Mystique zwinkerte Snowcat zu und schlurfte von dannen. 

Nach gut einer Stunde kamen Je ssica, Ali, Julio, Pater Brown und Gustavo aus dem Museum zurück. Abgesehen von ihrem Besuch bei den Mumien, hatten sie drei weitere Erkenntnisse mitgebracht. 

FTW konnte sich dem Cenotaph tatsächlich nähern, ohne tot umzufallen.

Auch in der Tutankhamun-Sektion gab es keine Wachgeister.

Das Sicherheitspersonal war beflissen, zuvorkommend und aufmerksam.

TriXhot wusste zu berichten, dass Average laut nach seinem Kumpel Ali gerufen hatte. Mehrmals. Zwei Sicherheitsmänner waren daraufhin diskret an ihn heran getreten und hatten ihn gebeten sich leiser zu verhalten. Average hatte nun geschildert, dass er seinen Freund vermisse. Er hatte nur einen Moment gedauert, dann hatte ihm der Sicherheitsmann auf seinem Commlink ein Bild von Tuareg/Ali im Eingangsbereich gezeigt, worauf Average erfreut, „Ja genau das ist er.“, ausgerufen hatte. Höflich wies der Sicherheitsmann Average darauf hin, dass sich sein Freund zwei Räume weiter befinden würde, wohin man ihn dann begleitet hatte.

Starbuck schlussfolgerte, »Sie kontaktieren über eine feste Leitung am Eingang die abgeschirmte Security-Area hinten und geben dann Bescheid und sie verfügen offenbar über eine gute Gesichtserkennungssoftware, denn sie haben Ali wirklich schnell lokalisiert. Zugang zum Netzwerk gibt es definitiv nur per Hardware. Aber wenn ich morgen noch mal ins Museum gehe und ein wenig magische Hilfe bekomme, dann kann ich mir schon mal über eines der Kabel die ich heute entdeckt habe, einen Zugang zum Netzwerk legen, auf den ich dann bei Bedarf zugreifen kann. Die haben ganz sicher einen Hacker im System, aber wenn es erstmal losgeht, sollte das kein Problem sein.«

Snowcat nickte, »Das ist eine gute Idee. Wir finden bestimmt auch noch etwas, womit wir Deinen Anschluss vor wachsamen Augen verbergen können.«

Tuareg hatte aufmerksam zugehört und meinte nun, »Mein Besuch bei Tutankhamun hat mich auf eine Idee gebracht. Ich verfüge über einen Zauber, mit dem es mir eigentlich gelingen müsste unbemerkt einen Blick in die von einem Hüter umgebene Sicherheitszentrale zu werfen. Ich brauche dazu nur ein wenig Ruhe und Raum zur Konzentration.«

Sie warteten mit dem Zauber bis zum Abend und kehrten dazu wieder in ihr kleines Café ein. Mystique war noch unterwegs und nur Starbuck und FTW waren im Hotel geblieben. Nach wenigen Minuten wusste Tuareg zu berichten, „Im Erdgeschoss, dort wo die Türen mit der Aufschrift ,Privat‘ sind, befindet sich tatsächlich eine Sicherheitszentrale. Ich habe acht Personen gezählt, die hauptsächlich damit beschäftigt waren, auf Monitore zu blicken. Einer von ihnen ist ein Magier. Ein weiterer wirkte weggetreten, ich nehme an, dass es sich bei ihm um den Hacker in der Matrix handelt. Des weiteren befindet sich dort ein Zugang zum Keller. Das Gelände dort scheint weitläufig zu sein, allerdings konnte ich nichts sehen, da es dort völlig dunkel war.«

Womit sie ihrem Bild ein weiteres Puzzleteil hinzufügen konnten.

Zurück im Hotel trafen sich alle in der kleinen Suite von Herrn von Stahl, um sich in aller Ruhe zu besprechen. Mystique hatte inzwischen Pistolen und Maschinenpistolen besorgt, die sie untereinander verteilten. FTW war mit seiner Wasserpistole zwar nicht sonderlich zufrieden, aber immerhin hatte Mystique etwas besorgen können, was er mit seinem für einen Ork außergewöhnlich großen Händen bedienen konnte. 

Ihren Madjammer hatte sich Snowcat von FTW schon längst wieder geben lassen, etwas zu verleihen, was Liam ihr geborgt hatte, bereitete ihr ein unbehagliches Gefühl. 

Sie trugen noch einmal die Fakten zusammen, die sie bisher beisammen hatten. 

Dann verkündete Snowcat ihre Idee, „Wie wäre es, wenn wir das Artefakt gar nicht über einen Einbruch stehlen, sondern stattdessen dafür sorgen, dass der Kurator des Museums den Cenotaph für uns entwendet?“ 

Im Verlauf der nächsten Minuten erläuterte sie ihre Gedanken, die die Runner gemeinsam aufgriffen, abänderten und verfeinerten. Wieder erschufen sie aus einer Idee heraus einen kompletten Plan, der selbstverständlich erst ins letzte Detail angepasst werden konnte, wenn sie auch die letzten Fakten beisammen hatten.

❅❅

Am nächsten Tag brachten Starbuck und Mystique einen Matrix-Zugang zum internen Sicherheitssystems des Museums an und tarnten ihn so, dass man ihn nur schwer entdecken konnte. 

Außerdem programmierte Starbuck eine seiner kleinen Drohnen so, dass sie in die Sicherheitszentrale lief als sich die Tür öffnete, dort mehrere Stunden aufzeichnete und dann bei einer weiteren Öffnung der Tür zur Sicherheitszentrale wieder heraus kam, um dann darauf zu warten, wieder eingesammelt zu werden. 

Es kostete Snowcat fast einen ganzen Tag Arbeit und viel Charme einen Termin für sich und Herrn von Stahl beim Chef-Kurator des Museums zu bekommen. Doch schließlich hatte sie ihr Ziel erreicht. 

Heute war Donnerstag und in gut 67 Stunden, am Sonntag um 10.00 Uhr hatten sie einen Termin. 

67 Stunden waren genug Zeit, um mit ständiger Beobachtung so gut wie alles über den Kurator herauszubekommen. Mystique war ein Quell des Wissens was Überwachung anging, ihre Ideen schienen unerschöpflich und minimierten das Risiko einer Entdeckung beinah auf Null.

67 Stunden boten Snowcat außerdem genug Zeit, neben ihren Überwachungsaufgaben den Hüter des Museums und den Magier zu studieren und sich immer wieder einzelnen Ausstellungsobjekten zu widmen. 

Innerhalb dieser 67 meldete sich auch ihre vierte Reisegruppe, die aus Thunderstrike und Shark Finn bestand, mit der Textnachricht: «Das neue Surfbrett ist galaktisch, wie reiten gleich die Welle.»

Perfekt, alles lief nach Plan.

Vorsichtshalber mieteten sie die Jeeps für ihre Gizeh-Tour und Fluchtroute bereits für Sonntag, man wusste schließlich nie, wie schnell es am Ende gehen musste und es wäre doch wirklich zu schade, wenn ihre geniale Idee zur Flucht letztendlich nur scheitern würde, weil alle Touren-Jeeps bereits ausgebucht waren. 


                                                             UC - UNIVERSAL CONSULTANTS - UC

                              UC - Unknown Consequences -das TOP-Runnerteam aus Seattle- You See!


Was es mit der Beobachtung des Kurators auf sich hat, ob die Runner erfolgreich sind, ob ,Le Croc‘ mit seinem Blog nun bald globales Aufsehen erregt und ob sich Spinrad dem Cenotaph überhaupt auf weniger als fünf Meter nähern kann, wird demnächst hier zu lesen sein. 

Schau also bald wieder rein, omae!

*reckundstrekgenüsslich* Hoffe Ihr habt Spass; *knutschi*