Episode 02/14 (vom 10. & 17.01.) Run 49/5 & 50/1

Welcome back, omae!

Wir freuen uns, dass Du auch heute wieder rein schaust!

Derzeit On The Run sind: AvEraGe, Blackstone(*), Mystique, Starbuck*, TriXhot, Kami und Snowcat. Thunderstrike, Blood, Steel und FTW werden als BackUp dabei sein. (*Spieler war nicht anwesend, (*) der Spieler kam am zweiten Termin und äußerte sich nachträglich zum Geschehen.)

Datum in unsere SR-Timeline: 7.3.- 27.3.2073

Was bisher geschah: Die Runner von UC nehmen den Job an, in Istanbul das Artefakt, „Heart Of Darkness“ zu entwenden, als es auf dem Großen Basar von Istanbul verkauft wird. Während des Verkaufs taucht eine weitere Partei auf. Orks in Anzügen, die sich als Wespengeist-Verschmelzungen und später als Mitglieder der italienischen Mafia-Familie N’drnagitha entpuppen. Es kommt zum Kampf, wobei Blackstone dank Tuareg gerade noch dem Tod entrinnen kann. Allerdings ist Blackstone danach nicht mehr im Besitz seines Blacktooth-Daggers, seines Zeichen Symbol seiner Zugehörigkeit zu Assets Inc. Die Runner erlangen das Artefakt und töten dabei zehn Wespengeister. Nach dem Sammeln machen sich die Runner bereit, das Artefakt an ihren Kontakt Joanna zu übergeben. Beim Treffen mit Joanna kommt Snowcat etwas komisch vor. Bei einer Überprüfung entdeckt sie, dass Joannas bewaffnete Soldaten, die offenbar zur Spezialeinheit des UCAS Militär, den Shades gehören, Shedim sind. Um zu verhindern, dass das ‚Heart Of Darkness' in die Hände von Shedim gerät, begleiten die Runner Joanna vorsichtshalber zu ihrem Wagen und bieten ihren Schutz an. Unterwegs kommt es abermals zum Angriff durch Wespengeistverschmelzungen. Im Chaos des Kampfes sterben Tuareg und Butcher. Blackstone gerät unter den Einfluss der Wespenkönigin und nur ein beherzter Sprung von TriXhot kann seine Entführung verhindern. Joanna weiß von den Shedim, woraufhin Snowcat Joanna mit Pixiedust Vergessen bringt und sie mit dem Artefakt ziehen lässt. Männer der PKK erscheinen und ihr Commander Hamid bietet an, dass sich die Runner im Lager der PKK erholen können.

Wir schalten uns in das Geschehen in das Lager der PKK zurück, kurz nachdem wir die Runner das letzte Mal verlassen haben.

Wir erleben erneut alles aus den eisblauen Augen von Snowcat** mit. (**Einige Dialoge wurden nachträglich von den Spielern per Mail erspielt.)

Deine Kommentare zur Episode passen am besten unter „A Tale So Far Part VI“ [LINK].

Eine Beschreibung der Runner findest Du hier [LINK].

Hat ein Wort im Text eine andere Farbe, verbirgt sich darunter wahrscheinlich ein Link und es wird im Glossar erklärt. Du kennst ein anderes Wort aus dem Shadowslang nicht? Dann schau doch einfach auf gut Glück im Glossar vorbei. [LINK]

Bereit omae? Na dann los!


Snowcat fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht, bevor sie von der Ladefläche des LKW der PKK hüpfte. 

UC hatte zwei Tote zu beklagen und um die Leichname mussten sie sich schleunigst kümmern, denn nicht allzu weit von hier entfernt gab es Shedim.

Links nebenan umarmte Starbuck gerade TriXhot freundschaftlich, er lobte die junge Frau für ihr Handeln und erklärte ihr dabei, wie froh er sei, dass ihr nichts weiter passiert war. 

Dank Snowcats gutem Gehör verstand sie das Meiste von dem, was die beiden da sagten. Selbstverständlich hätte sie weghören können, aber wäre den beiden Menschen ihre Privatsphäre wichtiger gewesen, dann hätten sie sich sicher ein Stück entfernt.

Trixhot guckte Starbuck zunächst recht traurig an, aber dann lächelte sie ihm herzlich zu und erwiderte die Umarmung. Leise sagte die hübsche junge Frau, "Sei bitte niemals an der Stelle an der Tuareg vorhin war. Bitte tue mir…“, Trixhot stockte kurz und korrigierte sich, „uns den Gefallen.“

Starbuck intensivierte die Umarmung. Was freundschaftlich begonnen hatte, wurde herzlicher. Er sagte: „Du hast so Recht, lass es nicht dazu kommen, nicht für das Team, nicht für uns! Ich kann Deinen Schmerz nicht lindern. Alles was ich tun kann, ist mit Dir zu fühlen. Wut, Machtlosigkeit, nichts dagegen tun können, es hinnehmen, es nimmt einem dem Atem. In Gedanken bin ich bei Dir. Ich bin für Dich da, wenn Du jemanden zum Reden brauchst." Starbuck streichelte TriXhot zärtlich am Kopf. 

TriXhot sah ihn an und lächelte stärker, “Keine Sorge, ich bin ein großes Mädchen, ich kann 'ne Menge ab. Aber ... aber danke für das Angebot. Wer weiß, vielleicht komme ich ja darauf zurück." TriXhot grinste Starbuck nun schelmisch an und überlegte sichtlich für den Bruchteil einer Sekunde. Dann gab sie dem Zeige- und Mittelfinger ihrer rechten Hand einen Kuss und drückte dem attraktiven Mann - für einen Menschen attraktiv, dachte Snowcat als Reminiszenz an alte Zeiten-  diesen auf die Wange. Fröhlich sagte TriXhot, “Der hier bringt Glück. Sieht schicker als 'ne Haarspange an Dir aus. Bleib am Leben okay!“, dann löste sie sich freundlich, vorsichtig und zugleich bestimmt aus der Umarmung und drehte sich weg.

Snowcat zuckte innerlich mit den Schultern. Die zwei sahen hübsch zusammen aus, sie standen einander gut zu Gesicht.

Trixhot nahm ihre Haarspange ab. Die roten Haare ihres Ponys fielen ihr über die Augen und verdeckten sie fast, sie drehte sich ein letztes Mal um und fügte hinzu, "Sei so lieb und kümmere Dich bitte um Snowcat. Sie musste jetzt zweimal an einem Tag um ihren Freund Blackstone zittern. Ihr seid 'ne alte Gemeinschaft, alte beste Chummer und ... noch viel mehr... Ich helfe euch sehr gerne, aber ihr braucht glaube ich mal dringend ein paar Minuten nur für euch allein.“ 

Oh, nun zog Snowcat innerlich beide Augenbrauen hoch. In dem Satz lag viel, was man analysieren konnte. Schon der Begriff ‚alte Chummer‘ konnte auf viele Arten beleuchtet werden, doch Snowcat tat unbeteiligt. 

Nachdem TriXhot ihre Haarspange wieder in Position gebrach hatte und sich umdrehte, um beim Abladen zu helfen, kam sie bei Snowcat vorbei und klopfte ihr aufmunternd auf die Schulter.

Unterdessen blickte Starbuck nachdenklich in den Himmel.

Nachdem Starbuck sich um eine sichere Verbindung gekümmert hatte, setzte Snowcat Doc darüber ins Bild, dass sie zwei Teammitglieder verloren hatten. 

«Weißt Du irgendwas darüber, wie man Tuaregs Familie erreichen kann?», fragte sie.

Doc schüttelte den Kopf, „Nein. Aber ich könnte mir vorstellen, dass Blood, Steel oder Thunderstrike etwas wissen. Schließlich haben die vier eine Menge Zeit im Bootshaus miteinander verbracht oder zumindest weitestgehend dort zusammengelebt gelebt.»

Doc nahm sicherlich noch während seiner Worte mit Blood Kontakt auf und wenige Sekunden später erklärte er, «Ich habe Dir eine Comm-ID plus Verschlüsselung zu geschickt, dorthin möchtest Du bitte eine Nachricht und eine Kontaktmöglichkeit senden, man wird sich dann bei Dir melden. Was hast Du für Butcher geplant?»

In einer zarten Geste fuhr Snowcat sich durch ihr Haar, «Soweit ich weiß hat er keine Familie. Mystère hat vorgeschlagen ihn an die örtliche Ghoul-Community zu übergeben. Ich finde die Idee ganz gut, was meinst Du dazu?»

Doc nickte, «Das klingt nach einer guten Idee. Mach es so.- Wenn irgendwas ist, kannst Du Dich jederzeit melden. Wir sind auch für Notfälle gewappnet.»

Snowcat neigte leicht den Kopf, «Ich weiß. Danke erstmal und bis später.»

Snowcat hatte gerade die Verbindung beendet, als sie aus dem Augenwinkel erschrocken eine Bewegung registrierte. Butcher hatte sich unter seinem Leichentuch bewegt. 

Mystère, der eine dicke Zigarre rauchte, hob die Hand zum Gruß, „Keine Sorge Snowcat, die Körper stehen unter dem Schutz der Loa, die darüber wachen werden, bis unsere Kollegen beigesetzt sind.“

Snowcat atmete erleichtert auf. Das große, astrale Besetztzeichen würde es Shedim unmöglich machen einzusteigen.

Dennoch ließ sich Snowcat nicht mehr Zeit als unbedingt nötig. Sie formulierte eine Nachricht an Tuaregs Volk, verschlüsselte sie mit dem Code und schickte sie auf den Weg. Dann suchte sie nach Hamid, den sie nicht weit entfernt von der Baracke fand, die man den Runnern überlassen hatte. 

Aufmerksam und höflich wie immer kam Hamid Snowcat ein Stück entgegen. Als sie ihn nach einer örtlichen Ghoul-Gemeinde fragte, entglitten ihm kurz die Gesichtszüge. „Oh, wollt ihr eure Toten?…“ er fing sich, beschloss offenbar, dass ihn das nichts anging und meinte dann, „Hamid wissen wo man Ghoule in Istanbul finden kann. Ich kann zeigen Euch. Wollen aufbrechen gleich?“

Snowcat schüttelte den Kopf, „Nein, nicht sofort. Morgen vielleicht. Wenn wir denn so lange Eure großzügige Gastfreundschaft in Anspruch nehmen dürfen?“ Sie schickte ein besonders schönes Lächeln hinterher.

Hamid nickte eifrig, „Oh, Krieger wie ihr so lange bleiben können, wie wollen. Wir müssen im Kampf gegen Insektengeister zusammenhalten.“

Drei Stunden nachdem Snowcat eine Nachricht hinterlassen hatte, meldeten sich Tuaregs Leute bei ihr. Der Mann mit dem schweren, arabischen Akzent war dankbar benachrichtigt worden zu sein. Er erklärte, dass die Männer, die Tuaregs Leichnam abholen würden, in drei bis vier Tagen eintreffen könnten.  

„Gut, wir werden hier auf Sie warten.“, erwiderte Snowcat ohne zu zögern und sie war sicher, dass niemand aus ihrem Team etwas dagegen haben würde. 

„Ich werde eh hier bleiben, bis ich den Dolch wieder habe.“, gab Blackstone überraschend bekannt.

Snowcat hob eine Augenbraue und warf Blackstone einen fragenden Blick zu, dann lächelte sie den Zwerg an und versuchte ihn mit einer Kopfbewegung an zu stupsen.

FTW wand ein, „Ich versteh immer noch nicht, warum der so wichtig ist.“

Blackstone verschränkte die Arme und verzog das Gesicht. „Haben wir schon geklärt. Wie gesagt. Ich bleibe, Du kannst jederzeit gehen.“

Nun trat Snowcat an Blackstone heran und berührte ihn sanft am Arm. 

Blackstone schnaufte leise und meinte dann etwas netter, „Aber ich freue mich über jede Hilfe, die ich bekomme.“

Vor dem Schlafengehen saß Snowcat mit dem Rücken an die Baracke gelehnt und blickte in den Himmel am Stadtrand. Sie dachte über den vergangenen Tag nach. Er war lang und hart gewesen. Zwei von ihnen hatten ihr Leben gelassen. 

Doch nun leuchteten die Sterne am Himmel von Konstantinopel, als gäbe es keinen Kampf und keine bösen Geister. 

Das wundervolle Licht der Sterne hatte sich in den letzten Jahrhunderten kaum verändert und doch glich kein Funkeln dem in der Sekunde zuvor. Das Sternenlicht war vor tausend Jahren schön gewesen und es würde noch in Tausend Jahren schön sein. Völlig unabhängig von Toten und magischen Gefahren. Darin lag wahre, unvergängliche Schönheit. Schon allein für diesen Anblick lohnte es sich möglichst lange am Leben zu bleiben.

Starbuck trat an Snowcat heran und unterbrach damit die Gedankenkette. Sie lächelte ihn an und er setzte sich dann ohne ein Wort zu sagen neben sie. Sie saßen einen Augenblick schweigend beisammen, dann fragte der junge Mann leise. „Wie geht es Dir?“

Snowcat nahm den Kopf für einen Moment nach unten und horchte in sich hinein. Als sie wieder aufblickte lächelte sie leicht, "Wie es mir geht? So eine einfache Frage, die oft gestellt und schnell beantwortet wird, dabei ist es doch eigentlich gar nicht immer so leicht, sie ehrlich zu beantworten. Wegen unserer Verluste bin ich gerade nicht sonderlich fröhlich, aber es geht mir gut."

Starbuck nickte, „Mir geht es genauso.“ Auf seiner schwarzen Kleidung lag der Staub des Lagers, auch sein Tag war lang gewesen. 

„Machst Du Dir Sorgen um Blackstone?“, fragte er unvermittelt.

Snowcat hob überrascht die schmalen Augenbrauen und sah Starbuck kurz an, „Nein! Jedenfalls nicht gerade. Ich war vorhin um ihn besorgt."

Starbuck faltete die Hände über seinen Knie zusammen und scharrte mit den Füssen nachdenklich ein paar Steinchen hin und her. „Er ist irgendwie anders als ich ihn bisher kannte. Mir kommt es vor, als würde er sein Drake-sein verdrängen, vielleicht sogar ignorieren. Wie kann man ihm helfen?“

Snowcat überlegte einen Moment und sagte dann leise, "Sein Drake-sein hat ihn sicher verändert, mehr als ihm bewusst ist. Ich denke nicht, dass er sein Drake-sein verdrängt oder gar ignoriert. Ich glaube, er weiß nur nicht, wie schwerwiegend und bedeutend diese Veränderung für ihn ist. Vielleicht erfasst er auch nicht richtig, dass er nun für seine Umgebung etwas Anderes bedeutet." Snowcat strich sich nachdenklich eine der jetzt goldbraunen Strähnen ihres langen Haares hinter ihr spitzes Ohr, "Ich denke, wir helfen ihm schon, indem wir darüber hinweg sehen, dass er wortkarg ist und zum Beispiel im Bezug auf seinen Dolch dafür sorgen, dass alle aus dem Team nach dem Dolch suchen, auch wenn er nicht um Hilfe bittet.“ Sie lächelte Starbuck warm an, "Du hilfst ihm mit seinem Commlink und indem Du ansagst, was bei ihm los ist.“

Starbucks Gesicht erhellte sich,  "Wo Du das gerade ansprichst. Ich habe das Bildmaterial noch einmal angesehen und nach dem Dolch gesucht. Ich konnte nicht glauben, dass er so einfach verschwindet. Irgendeine Spur musste ich finden. Dort wo Blackstone glaubt, ist er meiner Meinung nach nicht.“ Starbuck zögerte kurz bevor er fortfuhr, „Ich bin mir nicht ganz sicher, doch ich glaube ein Jugendlicher steckt auf einer der Aufnahmen von danach etwas ein, was der Dolch sein könnte."

Snowcat strahlte Starbuck an, sie war nicht sicher, ob er das bei dem Sternenlicht überhaupt sehen konnte, aber zumindest konnte er die Freude in ihrer Stimme hören. „Wirklich? Das wären ja gute Neuigkeiten. Wenn der Junge ein bisschen Verstand hat, wird er erkennen, dass der Dolch etwas Besonderes ist und dann wird er ihn vielleicht verkaufen, wo er doch den Waffenmarkt gleich hier in der Nähe hat und wenn er das tut, dann können wir den Dolch dort finden." 

Und das hoffentlich bevor es jemand anderes tat und sich über ein Sammlerobjekt freute. Einen Blacktooth-Dagger bekam man eigentlich nur auf zwei Arten. Entweder wurde er einem von Ryan Mercury überreicht oder aber man entriss ihn einem toten Drake aus den Klauen, wobei man im zweiten Fall niemals lang genug lebte, um sich daran zu erfreuen. Es wäre doch zu dumm, wenn ausgerechnet Blackstone diese Legende zerstörte. Aber das erwähnte Snowcat besser nicht, da der Dolch noch nicht gefunden war. Es gab keinen Grund, den Druck zu erhöhen.

Starbuck lächelte Snowcat an, "Ein Rückkauf wäre dann mal eine relativ ungefährliche Lösung." Gleich darauf zeigten sich wieder kleine Sorgenfalten in Starbucks Gesicht und er fragte, "Wird Blackstone zu einem Risiko für den Run, für das Team, für sich?“

"Hmm?", Snowcat dachte einen Moment länger nach, dann lachte sie, "Das Risiko ist nicht größer als gewohnt." Sie wurde schlagartig wieder ernst. "Da jeder der astral wahrnehmen kann, sieht, dass er ein Drake, gibt es tatsächlich für alle ein großes Risiko. Daran das abzustellen, arbeitet Blackstone und damit wird sich dieses Problem bald gelöst haben. Natürlich weiß ich nicht, ob ihn das zufriedener sein lässt. Denn auch wenn ich mir keine Sorgen um ihn mache, so fehlt Blackstone doch die gute Laune vom Anfang." Snowcat stieß ein leises, perlendes Lachen aus, "Soweit man bei einem Zwerg wie ihm überhaupt von guter Laune sprechen kann." 

Snowcat beugte sich vor und sah Starbuck nun in die Augen, "Wie steht es eigentlich bei Dir? Kannst Du das hier alles verarbeiten und wie geht es Dir dabei?"

Starbuck dachte nicht lange nach, er antwortete aus dem Bauch heraus, “Ach Snowcat, ich arbeite mit einem verdammt guten Team zusammen. Wenn ich mit UC auf einen Run gehe, dann fühle ich mich immer sehr wohl. Irgendwie ist es wie eine Familie. Man kennt die Leute im Team, kämpft, leidet und siegt hoffentlich mit ihnen. In den Zeiten zwischen den Runs fühle ich mich oft einsam. Ich werde mich wohl öfter mit unseren Leuten von UC treffen. Ich glaube ich kann viel von den anderen Technomancern lernen. Aber da Du mich fragst, wie es mir geht … ich arbeite mit der schönsten Elfenfrau zusammen, die ich kenne!“ Starbuck drückte Snowcats Hand und lächelte sie an.

Snowcat zog einen spielerischen Schmollmund, "Der schönsten ELFENfrau, die Du KENNST? Nicht der schönsten Frau überhaupt? Naja, wenn es aus Deinem Mund kommt, bedeutet es vielleicht trotzdem etwas Gutes, da Du ja viele Frauen kennst." Ihr Mund verzog sich zu einem breiten Grinsen, dann legte sie den Kopf schief, lächelte verführerisch und zwinkerte Starbuck zu.

❄❄

Am nächsten Morgen machten sie sich noch vor Sonnenaufgang auf den Weg zur Ghoul-Gemeinschaft in Istanbul. Blackstone und Mystère blieben bei Tuareg. Dank Mystères Magie würde der Körper des Wüstenkriegers nicht all zu schnell verfallen und Dank der Loa, würde auch heute kein Shedim Besitz von diesem Körper ergreifen.

Der erste Kontakt mit den Ghoulen gestaltete sich als schwierig, sie waren mehr als misstrauisch und Hamid kannte niemanden von ihnen persönlich, aber am Ende gelang es an der richtigen Stelle den Kontakt herzustellen und danach ging Snowcat das Treffen erwartet leicht von der Hand. Sie wusste nicht, was die Ghoule mit Butchers Körper anstellten und ehrlich gesagt, wollte sie das auch gar nicht wissen. Manches stellte man sich besser gar nicht erst vor, schon allein, um nicht an die Grenzen der eigenen Toleranz zu geraten. 

Ihr nächstes Ziel war der Janissaires-Basar, diesmal hatten sie kein Treffen dort, sie wollten einfach nur shoppen gehen. Auf dem größten freien Waffenmarkt der 6.Welt sollte es alles geben, was das Herz begehrt. 

Auf der Shopping-List standen eine Pistole für Starbuck, - eine mit mehr ‚Bums‘ wie der junge Mann sich ausgedrückt hatte, - Dies und Das für FTW, wobei der Ork weder das Dies noch das Das näher definiert hatte und natürlich Blackstones Dolch.

Snowcat konnte nicht umhin immer mal wieder nach oben zu sehen. Aber zu ihrer Erleichterung zeigten sich auf den Dächern heute keine Orks in Anzügen.

Die Situation auf dem großen Basar hatte sich völlig normalisiert. Vielleicht gab es hier weiterhin ein wenig mehr Sicherheit. Allein der Janissaires Basar war so groß, dass man die Gegend um den gestrigen Kampf meiden konnte ohne auf eine unbeschreibliche Auswahl zu verzichten. 

Snowcat hatte heute Kopftuch und Co im Rucksack gelassen, stattdessen trug sie einen Catsuit und darüber ein geknotetes Armeehemd in waldtarn und ein dazu passendes Basecap, wobei sie sich Letzteres im Lager der PKK geliehen hatte.

Dank TriXhots Beratung hatte Starbuck die Pistole seiner Wahl schnell gefunden. Da sie nur zu viert waren blieben sie beisammen und so konnte Snowcat das Handeln übernehmen. 

FTW rieb sich immer mal wieder in freudiger Erwartung die Hände. Irgendwann blieb er an einem Monstrum von Battlerifle, einer Urban Hunter, stehen. FTW fing an mit dem Mann zu sprechen und es zeigte sich schnell, dass er nicht sonderlich viel Talent für das Handeln besaß. 

Snowcat nahm Augenkontakt mir dem Verkäufer auf und schon hatte sie auch hier die Gesprächsführung übernommen. 

Eine Dreiviertel Stunde später war das Geschäft unter Dach und Fach. Sie hatten zwei Urban Hunter, eine davon für den Waffenschrank im Bootshaus und 1000 Schuss High Power Munition, nebst 10 Clips erworben. Zudem hatten sie einen MGL 18-Granatwerfer und 18 wirklich sehr üble Monofilament-Granaten gekauft. Beim Gedanken an den tödlichen Monodraht, der sich in der Granate auf eine Spule befand und bei der Explosion wild abrollte, schüttelte es Snowcat innerlich. Wenn FTW diese Teile einsetzte, sollte man wohl besser nicht gut gefrühstückt haben, es wäre doch schade, wenn sich das leckere Frühstück im Anschluss auf dem Boden neben dem Leichen-Geschnetzelten wieder fand.

Als FTW die Waffen zufrieden verstaute, versprach Snowcat dem Ork, sie ihm zu Hause auf die außerordentliche Größe seiner Hände anzupassen. Das war zwar keine Spaßaufgabe und FTW hatte es auch nicht verdient, dass sie das machte. Aber immerhin war es eine gute Übung. 

Snowcat hatte zu dem Versprechen eigentlich eine schnippische Bemerkung wie ‚ich mache das nur, wenn du die Waffen im Kampf nicht wieder fallen lässt‘, machen wollen, aber dann war ihr irgendwie doch nicht danach gewesen. Der Moment der Sofort-Anweisung war längst ungenutzt vergangen und jetzt würde es wohl auf eine Diskussion oder gar Machtkampf hinaus laufen, den sie selbstverständlich gewinnen würde, aber darauf hatte sie eben gerade keine Lust. Oh, und wenn sie schon mal dabei war an FTW’s Waffen zu bauen, konnte sie ihm auch gleich Geckogrips einbauen, damit er die Waffe gar nicht mehr fallen lassen konnte. Sie schmunzelte, irgendwie färbte Liams Art zu bauen langsam aber sicher auf sie ab.

Katze sprang auf den Tisch schnüffelte mit wenig Interesse in der Auslage herum und blieb dann gähnend bei eine Duftkissen stehen, dass zwischen Waffenpflege-Sets lag. 

Hmm, das war vielleicht mal eine Idee? Waffenpflegeöl, das nach Rose oder Cranberrys duftete. An einem solchen Projekt würde sie sich mal versuchen. Sie dachte an ihren Dolch, dessen Griff nach Rosen duftete und lächelte zufrieden in sich hinein.

Ein wenig später blieb FTW an einem Stand für Drohnen stehen und das Spiel begann von vorn. Die Geschichte des Händlers, dass die sechs Lockid-Arachne-Drohnen mit einander aufgewachsen waren, lies Snowcat schmunzeln. Selbstverständlich handelte sie für das Gespann und die Kull-Drohne einen fairen Preis aus. 

Insgeheim hoffe Snowcat, dass FTW diese Dinge gar nicht ernst einsetzten musste, obwohl ihr natürlich klar war, dass all das schöne ‚Spielzeug‘ ihnen im Kampf weiter helfen würde.

Nach diesem Einkauf setzten sie ihre Runde über den Basar fort. Sie sahen sich nach exotischen Nahkampfwaffen um und fragte und fragten und fragten und … es war ja nicht so, dass sie so viel fragen mussten, weil sie etwas Illegales suchten oder man ihnen nicht weiterhelfen wollte, der Janissaires Basar war eben einfach nur so unglaublich groß und unübersichtlich.

Nach über drei Stunden verwies man sie an einen weiteren Stand, der auf besondere Einzelstücke spezialisiert war und der Mann holte nach einer Weile eine Waffe hervor, die in ein blaues Samttuch eingeschlagen war und als der Händler das Tuch öffnete musste Snowcat einen freudigen Aufschrei unterdrücken. Am liebsten hätte sie in die Hände geklatscht und ein Jubeltänzchen hingelegt. Da war er, Blackstones Blacktooth-Dagger. Es gab keinen Zweifel. Snowcat handelte ersthaft und konnte den Verkaüfer am Ende auf 8000¥ runter handeln. 

Eine Summe die Blackstone ihr nur all zu gern wieder gab, als sie ihm den Dolch im Lager reichte. Das Leuchten in den Augen des Zwergs zeugte davon, wie sehr es ihn freute, dass er diesen symbolkräftigen Gegenstand wieder hatte.

❄❄

Am nächsten Tag fragte Snowcat bei TriXhot nach, ob sie Lust habe mit ihr den Topkapi-Palast anzusehen. Die hübsche junge Frau zögerte nicht und sagte sofort ja, fügte aber gleich hinzu, „Ich bin zwar staatlich anerkannte Kunst- und Kulturbanausin, aber wenn Dich das nicht stört, komme ich gerne mit.“

Harlequin hatte das 69 Hektar große Gebiet, das getreu türkischer Tradition aus vier ‚Höfen‘, die einen großen Garten umschlossen, bestand, nur beiläufig erwähnt. Was im Nachhinein betrachtet schon ein wenig fies gewesen war, denn wie Snowcat gelesen hatte, war das 1453 erbaute Objekt schon allein wegen seines Gartens einen Besuch wert.

Das Original übertraf Snowcat´s Erwartungen bei Weitem. Der Palast wurde als Museum genutzt und da ihre SIN’s gut genug waren und TriXhot ihre Waffen abgab, erhielten die beiden Frauen Zutritt. Jede der Sammlungen von Porzellan, Handschriften, Gewändern, Juwelen und alten Waffen regte Snowcats Fantasie an und sie hätte in jedem einzelnen Hof Tage verbringen können. 

Der vierte Hof übertraf noch einmal alles. Hier gab es weitere Parkanlagen auf mehreren Terrassen und die Einrichtung der Räume zeugte vom Reichtum der osmanischen Herrscher. Feinster Marmor und edle Tropenhölzer waren als Baumaterial verwendet worden.

TriXhot machte jeden Gang tapfer mit und da Snowcat nicht die Absicht gehabt hatte den Museumsführer zu geben, konnten die zwei Frauen einfach die Schönheit genießen.

Wir wundervoll musste das hier des Nachts unter klarem Sternenhimmel sein? Über die Klippen war das Meer ganz nah und ohne den Lärm der Touristen würde deutlich zu hören sein, wie sich die Wellen an den Klippen brachen. Vielleicht würde sie ja eines Tages hierher zurück kommen und die Gelegenheit zu einem nächtlichen Besuch erhalten.

Die beiden Frauen kehrten zum Abschluss noch in einer orientalischen Teestube nahe des Palastes ein. Bei Datteln, Tee und frischem Feigenbrot kamen sie ins ungezwungene Plaudern. Snowcat Gedanken drifteten heimlich immer wieder in Richtung Harlequin ab. Er hätte sicher die eine oder andere Gesichte über geheimnisvolle Ereignisse im Topkapi Palast für sie gehabt. 

Um sich auf andere Gedanken zu bringen fragte sie TriXhot, „Was ist denn eigentlich mit Dark Shore, hast Du Dich mit ihm noch einmal getroffen?“

TriXhot schüttelte den Kopf und grinste dann frech, „Bisher noch nicht. Aber wir wollen mal zusammen zum Urban Brawl gehen. Extremsport ist immer klasse. - Der Typ ist echt riesig.“ Ihr Grinsen wurde noch breiter, „Ich mag große Kerle.“

Snowcat grinste TriXhot über ihre Teetasse hinweg an, „Also ein Date beim Urban Brawl?“

TriXhot zuckte mit den Schultern, „Ich weiß nicht. Aber ja, man könnte wohl Date dazu sagen. Ein Date bei dem richtig die Fetzen fliegen. Reeein sportlich gesehen natürlich!  - Och, wer weiß ... “ fügte sie verschmitzt hinzu.

Snowcat hob ihre Teetasse, „Dann trinke ich auf ein tolles Date, wann immer das sein mag und auf den Sieg der Mannschaft für die ihr seid.“ Snowcat trank einen tiefen Schluck. Der Tee schmeckte herrlich, fruchtig und süß, im Abgang fast schon wie Marzipan. Vielleicht sollte sie den Kellner fragen welche Sorte das war und sich etwas davon für zu Hause kaufen. 

Sie sah abermals über die Tasse hinweg zu der jungen Frau hinüber. „Und was hältst Du von Starbuck? Ich meine nicht als Kollege, sondern als Mann?“

TrIXhot öffnete ihr Haarspange und fixierte diese dann neu auf dem Schopf seidig roten Haares. Manchmal war das eine Geste der Verlegenheit, aber überwiegend war das wahrscheinlich ihre bewusste oder unterbewusste Art, Zeit zu gewinnen, „Och ja, der ist schon ein Sahnestückchen.“ Nun grinste sie wieder niedlich, „Ein Sahnestückchen an dem ein kleiner Don Juan verloren gegangen ist.“ TriXhot sah Snowcat ein Moment lang direkt in die Augen, „Weißt Du, ich spring zwar auf vorbeifliegende Drakes auf und hole sie vom Himmel,“ da war es wieder, das freche Grinsen, „was vielleicht im Nachhinein ziemlich verrückt gewesen sein mag,“ TriXhot holte kurz tief Luft, „aaaber, auf vorbeifahrende Beziehungszüge springe ich nicht auf und ich bringe sie schon gar nicht zum Entgleisen.“ Die junge Frau sprach nun etwas leiser, „Außerdem hat er Dich geküsst. Was ich supersüß von ihm fand. Er mag Dich unglaublich gern und wenn ich das so sage, ist das meine Untertreibung des Jahres. So siehts aus.“ 

Womit dieses Gespräch erstmal beendet war. Snowcat wechselte das Thema.

❄❄

Vier Männer von Tuaregs Volk kamen, um den Leichnam abzuholen. Das ganze ging unglaublich ruhig und erhaben von statten. Snowcat hatte Haut und Haar dunkel gelassen und Blackstone hatte sich gar nicht erst gezeigt, um die Wüstenmännern nicht auf einen Zusammenhang zwischen den Runnern und der Prophezeiung schließen zu lassen. Snowcat war es aber wichtig darauf hinzuweisen, dass Tuareg sein Leben im Kampf gegen böse Geister und zum Schutz eines Kampfgefährten gegeben hatte.

Kurz darauf ging ihr Shadow-Flight samt neuen Equipment zurück nach Seattle, wo sie am Nachmittag des 7.3.2073 landeten. 

Blood, Steel und Shark Finn kamen, um sie abzuholen. Shark begab sich sofort wieder an Snowcats Seite, völlig natürlich und ohne sich dabei aufzudrängen. Er wusste, dass Snowcat erstmal nach Hause wollen würde. 

Weder Tuareg noch Butcher waren richtige Party-Typen gewesen. Darum fand diese Gedenkparty noch am selben Abend im Lost Unicorn statt. An dem Ort, an dem sie die beiden kennengelernt hatten. 

Snowcat erschien im Catsuit.  

Ein wenig überrascht stellte Snowcat fest, dass der Barkeeper Blackstone grüßte, als käme dieser öfter hierher. Blackstone in einer Kneipe die von magisch Aktiven bevorzugt wurde? Interessant. Vielleicht kam er aber auch nur für das Microbrew her, denn das Bier war schön würzig mit einem fast schon erdigen Nachgeschmack.

Nach dem dritten Bier auf die Gefallenen und der zweiten Partie Dart bekam Snowcat das Gefühl, beobachtet zu werden. Das war an sich nichts wirklich Ungewöhnliches. Es kam oft vor, dass man sie beobachtete. Zwei Details waren allerdings anders als sonst. Erstens hatte Snowcat das Gefühl, nicht nur sie, sondern das komplett anwesende Team würde unter Beobachtung stehen und zweites konnte sie den Beobachter nicht erfassen. Niemand sah weg, niemand zwinkerte ihr zu und genau genommen war da auch niemand, der sie beobachtete. Da sich ihr die Nackenhaare nicht im Sinn von Gefahr aufstellten, bleib sie aufmerksam, kümmerte sich aber nicht weiter darum.

Nach der Feier verabschiedete sich Blackstone bei Snowcat für die nächsten Tage. Er würde gleich morgen früh zum Lake Louise zurückkehren um die Fähigkeit der Auramaskierung beherrschen zu lernen. 

Nach Hause folgte Snowcat jedenfalls niemand. Selbstverständlich brachte Shark Finn sie bis in Appartement.

❄❄

Am nächsten Tag besuchte Snowcat zunächst Mersey, Paladin und Patenkind Hope. Sie hatte der kleinen ein Bilderbuch aus echter Pappe und Papier vom Basar mitgebracht, das mit Passagen zum Fühlen und Entdecken versehen war. Sicher, die kleine Hope war noch nicht alt genug zu verstehen was dort passierte, aber irgendwann würde sie ja groß genug sein und an echte Bilderbücher kam man nicht jeden Tag. 

Es war für Snowcat ein merkwürdiges Gefühl Hope so behütet aufwachsen zu sehen. Es fühlte sich unvertraut, ja irgendwie schon völlig fremd an und dennoch war es total schön dies mitzuerleben. Zwischen Mersey und Hope bestand eine im Astralraum sichtbare Verbindung. Hopes Aura veränderte sich, wenn Mersey sie in den Armen hielt. Überhaupt nahm der kleine Erdenmensch jedes mal etwas von der Wärme in sich auf, wenn er auf den Arm genommen wurde. Ja, selbst Snowcats Zuneigung bewirkte etwas in der Aura von Hope, auch wenn der Effekt natürlich bei weitem nicht so stark war, wie wenn Mersey oder Paladin sich um ihr Kind kümmerten. 

Im Bootshaus hängten die Runner Tuaregs Stock mit dem Schwert darin und Butchers Dolch an die Erinnerungs-Waffenwand. Tuaregs andere magische Gegenstände hatte Snowcat seinen Leuten mitgegeben. Butchers Foki würde Snowcat beim Taliskrämer zu Geld machen und den Betrag dem beisteuern, was das TacNet für das ganze Team kosten würde. So würde man zukünftig vielleicht mehr von Starbucks Fähigkeiten Gebrauch machen können. Selbstverständlich würde Snowcat sich beim TacNet von Liam beraten lassen.

Snowcat machte sich gleich nach dem Aufhängen an die Arbeit FTW’s Waffen anzupassen. 

Draußen im Garten begannen die ersten Pflanzen zu sprießen. Sugmani würde schon dafür sorgen, dass das was Tuareg gesät hatte auch wirklich zu blühen begann. Die kleinen Knospen an einem der Sträucher erinnerten Snowcat an den wundervollen Garten von Professor Laverty, den sie vielleicht bald wiedersehen würde. Das waren schöne Aussichten. 

Für den frühen Abend setzte Doc ein Debriefing an. Snowcat erschien dort nicht. Sie hatte Doc schon vorher alles berichtet und wollte sich während der Zeit schon um die Besorgungen für das Team kümmern. Schließlich musste sie so bald wie möglich nach Boston zurück. Sie brannte darauf Ehran von einigen Dingen zu erzählen und außerdem zählte jeder Tag den sie nicht länger am MIT&T fehlte.

❄❄

Snowcat hatte vor den St.Patricks Day dieses Jahr in Seattle zu verbringen, also blieb sie trotz Uni noch zwei weitere Tage. Am Nachmittag des 16.3. nutze sie die Zeit und machte mit TriXhot, Sugmani, Average und Doc einen Spaziergang über den Pikesmarket.

Dann war da plötzlich wieder das Gefühl beobachtet zu werden. Das war seit dem Besuch des Lost Unicorn schon mehrmals vorgekommen. 

Snowcat drehte sich um und tat als sähe sie sich eine Kaffeetasse in der Auslage von Starcaf an und diesmal konnte sie ein Gesicht in der Menge ausmachen. Snowcat bewegte sich ein Stück, machte von der Gruppe von Metamenschen ein Foto, suchte das Gesicht heraus, markierte es und schnitt es aus. Diesen Bildausschnitt verteile sie über das Teamnetzwerk an ihre anwesenden Kollegen. ‚Der Typ folgt uns. - Und ja, ich meine wirklich uns als Gruppe.’

Alle waren Profi genug sich nicht umzudrehen. 

Doc sprach Suggi an, „Ich glaube dort hinten in diesem Geschäft bekommen wir was Du suchst.“

Ohne zu zögern zeigte die Orkin auf den Eingang in den Mark, ließ die anderen aber vorgehen.

Drinnen besprachen sie sich kurz, „Und nun?“, fragte Sugmani.

Doc hatte bereits einen Plan, „Er ist uns hier herein gefolgt, aber er ist wirklich gut. Nun gehen wir nacheinander im Abstand von 20 Sekunden hinaus. Irgendwann muss er einem von uns folgen, um uns nicht zu verlieren. Ich nehme an er entscheidet sich für Snowcat, also geht sie in der Mitte hinaus. Average geht zuerst, dann folgt TriXhot. Nach links raus kommt nach 20 Metern abermals links eine Gasse als Durchgang weiter zur Innenstadt, dahin biegt ihr ab.“

Alle nickten. 

„Na dann los!“, meinte Doc zu Average. 

Average setzte sich nicht in Bewegung. TriXhot schupste ihn an.

„Ach so, jetzt gleich.“, sagte Average überrascht. Er sah sich um und ging dann los.

Trixhot brauchte keinen Extra-Stups. Sie setzte sich pünktlich nach 20 Sekunden in Bewegung.

Snowcat setzte einen Counter und machte sich ebenfalls pünktlich auf den Weg.

«Er folgt Snowcat.», meldete Doc. 

«Wir folgen ihm, was nicht ganz leicht ist. Er bewegt sich nämlich echt geschickt.», fügte Sugmani hinzu. 

Sie warteten zu dritt in der Gasse. 

Ihr Verfolger geriet nicht in Panik. Er wäre wohlmöglich einfach weiter gegangen, hätte Snowcat sich ihm nicht in den Weg gestellt und ihn angesprochen. Sie lächelte, „Hallo. Ich dachte, wo Du uns seit Tagen folgst, ist es langsam mal an der Zeit, sich vorzustellen.“

Doc zündete sich mit einem Streichholz einen Zigarillo an, damit der Mann wusste, dass er sich in der Zange befand.

Wieder blieb der Typ ruhig. Der Elf lächelte sogar und entpuppte sich bei einem genaueren Blick als ziemlich attraktiv. Sein Haar war schwarz, gut vier bis sechs Zentimeter lang und es war perfekt auf unfrisiert gestylted worden, was wahrscheinlich einiges an Können brauchte. Er trug eine schwarze Motorradjacke, eine schwarze Jeans und schwarze Schuhe aus einem modernen Material, das beim Laufen wenig Geräusche machte. „Scharfe Augen.“, meinte er locker und grinste leicht. Seinem Akzent nach kam er von hier. 

„Ja, das auch.“, erwiderte Snowcat mit ein wenig mehr Timbre in der Stimme.

Der Elf beäugte Snowcat von oben bis und nickte beiläufig, „Der Rest sowieso noch mehr.“

Average brummte etwas in seinen nicht vorhandenen Bart.

Snowcat sah dem Elf in die Augen und er hielt dem stand, ernst sagte sie, „Also, wer bist Du und warum folgst Du uns?“

Er grinste, „Mein Name ist Kami und ich hab von Euch, von UC, gehört und würde gerne bei Euch mitmachen.“

Snowcat hob überrascht eine ihrer schmalen Augenbrauen, das war aber mal direkt und auch glaubwürdig. „Hallo Kami. Wer ich bin, wirst Du ja wissen, wenn Du von uns gehört hast.“

Der Elf nickte, „Bei Dir ist es leicht, aber auch bei einigen der anderen könnte ich einen Tipp abgeben.“

Bevor Snowcat etwas erwiderte ergriff Doc das Wort, „Wir sollten das Gespräch besser direkt am Wasser fortsetzten.“

TrIxhot grinste, „Wieso? Damit wir ihn schneller entsorgen können, falls es nicht so läuft?“ 

Doc neigte den Kopf leicht nach unten, so dass sein Hut tiefe Schatten auf sein Gesicht warf, dabei verzog er den Mund zu dem ihm eigenen, zynischen Lächeln, „Manchmal ist es besser die Pointe nicht auszusprechen, Grashopper.“ Mit einer lässigen Bewegung seiner rechten Hand, wies er in Richtung Wasser und die Gruppe setzte sich in Bewegung. Snowcat lief neben Kami, Doc blieb hinter ihnen.

„Haben wir denn eine Plane dabei?“, fragte Average unvermittelt.

Snowcat verdrehte innerlich die Augen. Was sollte das denn nun schon wieder? 

Auch Sugmani schien nicht zu wissen was das heißen sollte, „Wir brauchen keine Plane, darum gehen wir ja ans Wasser.“

Der leicht behäbige Mann erklärte, „Das ist ja der Trick dabei. Wir rollen die Plane aus, das macht ihm Sorgen und da er nicht drauf treten will, können wie ihn leichter im Wasser befördern.“

Sugmani schüttelte ihren Kopf und sah dabei irgendwie müde aus. 

Snowcat erinnerte sich plötzlich, es hatte diese Idee mit der Plane schon mal gegeben. Dabei sollte sie unter der Tür im Banshees liegen, um die neuen Anwärter für UC zu erschrecken und sie so auf ihren … was auch immer zu prüfen. Den Vorschlag von damals hatte Snowcat einfach nur verdrängt, was sie mit dem hier auch tun würde. 

Die Gruppe kam an einer ungestörten Stelle direkt am Wasser an. Es hatte leicht zu nieseln begonnen. Sugmani setzte sich ungeachtet dessen auf ein Stück Kaimauer. 

Snowcat lächelte Kami an und rückte den zum Kostüm passenden Hut zurecht. So ein Hut war schon praktisch. Er sah gut aus, verhinderte ein direkten Blick auf das Gesicht, besonders für all die Kameras von oben und er schütze vor Regen. „So, Du möchtest also bei uns mitmachen? Ich nehme mal an, Du weißt auch in welche Branche wir arbeiten?“

Er nickte.

„Dann hast Du sicher auch schon gehört, wie gut wir sind.“ 

Kami nicke abermals.

„Warum sollten wir Dich mit machen lassen?“, fragte Snowcat im provokativen Tonfall.

Kami ignorierte den Regen ebenfalls gekonnt, „Gerade weil ihr so gut seid, will ich ja mitmachen. Gleich und gleich und so. Ich bin auch gut! Wenn man sich in den richtigen Kreisen nach mir umhört, wird sich das bestätigen. Meine Reputation kann sich sehen lassen.“

Average entfuhr ein „Pfft!“.

TriXhot sah Average skeptisch an und raunte ihm dann etwas zu. Doc blickte den leicht behäbigen Mann auffordernd an, doch anscheinend verstand Average nicht.

Sugmani tippte etwas in ihr Commlink und kurz darauf flimmerte eine schriftliche Nachricht durch das Teamnetzwerk. ‘Er ist Adept.’

Kami ließ sich auch nicht vom ‚Pfft’ aus der Ruhe bringen, „Ich konnte Euch schon mal ungesehen folgen, habt ihr ja gesehen.“

Snowcat lächelte leicht, „Bis zu einem gewissen Punkt jedenfalls. - Hast Du ein Spezialgebiet?“

Kami grinste, „Schnell rein, schnell raus, keiner merkt was.“

„So’n Freund hatte ich auch mal.“, verkündete TriXhot locker.

Alle lachten, nur Average nicht. Halblaut sagte er zu TriXhot, „So einen brauchen wir nicht. Ich mag den nicht.“

TriXhot verzog das Gesicht, „Man Average, was ist denn heute mit Dir los? Komm, wir gehen mal nen Stück.“ Die junge Frau schob ihn ein wenig an. 

Das ungesunde Grau von Averages Haut trat bei Regen immer besonders stark hervor, so als wenn sein Körper sich nach der Sonne von L.A. sehnen würde. Er grummelte, aber er ließ sich schieben.

„Ich geb' Dir dahinten ein Eis aus.“, meinte TriXhot noch.

Doc rief den zweien hinterher, „Average, hast Du nicht was vergessen?“

Average schüttelte den Kopf und wedelte mit den Armen. Dann kam über Commlink, «Nee, hab ich nicht, die Rep sagt, er ist ein Infiltrationsspezialist aus Seattle. Die Rep ist okay. - Leider.»

Doc starrte Kami einige Sekunden an. Der junge Mann hielt lange durch. Doch dann zeigte er eine kleine Geste des Unwohlsein und wechselte von einen Fuß auf den anderen. 

Nachdem Doc erreicht hatte, was er wollte, sagte er, „Deine Reputation wurde bestätigt.“

Snowcat ergänzte, „Wenn wir den nächsten Job an der Hand haben bei dem wir Dich brauchen können, melden wir uns bei Dir.“

Kami freute sich sichtbar, „Oh super. Dann beam ich Euch noch ne Nummer zu.“

Doc deutete ein Schmunzeln an, „Das ist nicht nötig, aber eine nette Geste.“ Er gestikulierte und nahm die Nummer in Empfang.

„Okay. Dann zieh ich mal ab.“ Kami hob die Hand zum Gruß, „Bis dann.“ Er drehte sich um und verschwand auf leisen Sohlen. Snowcat hatte ihn schon bald aus den Augen verloren.

TriXhot und Average kamen zurück. Average wischte sich gerade noch die letzten Krümel Eiswaffel vom Kinn.

Doc sah ihn an, „Und?“, fragte er.

„Das Eis war lecker. Nur ein bisschen wenig, oder was meintest Du?“

Doc bedachte Average mit einem Lächeln, das im Gegensatz zu seinem stechenden Blick stand, „Hast Du Dich in das Commlink von Kami gehackt?“

Average nickte und sah dabei ein wenig missmutig drein. „Ja, hab ich. War aber nichts Besonderes drauf. Bisschen Mainstream-Musik, ein paar unauffällige Comm-IDs.“ Er machte eine Pause, „Ach ja und sämtliche Folgen vom TMNT. Sogar welche, die ich noch nicht kannte. Die hab ich mir gleich kopiert.“

Snowcat sah Average fragend an und Sugmani sprach sogleich den selben Gedanken aus, „Was ist TMNT?“

Average zuckte mit den Schultern, „Ach sorry, ich dachte das kennen alle, weil es so alt ist und vor’n paar Jahren neue Folgen rauskamen. Teenage Mutant Ninja Turtels. Das ist ein Cartoon.“ Nun verzog Averages Gesicht sich zu einem Grinsen, dann fragte er Doc in einem herausfordernden Ton, „Na Doc? Was gibt das für ein Profil, wenn jemand alle Folgen von TMNT hat?“

Doc schüttelte missbilligend den Kopf, „An einem einzigen Punkt kann man kein Profil festmachen. So etwas nennt man dann Spekulationen.“

„Schade.“, meinte Average mit einer Mischung aus Enttäuschung und Triumph.

Sugmani hüpfte von ihrem Platz auf der Kaimauer und klopfte sich Dreck von den Oberschenkeln.

„ …Glücklicherweise“, fuhr Doc fort, „sind mir ein paar weitere Punkte aufgefallen. …“

„Na dann,“ kam es von Sugmani seufzend, „setzte ich mich mal wieder. Und wenn ich zwischendurch sterbe, dann macht Euch nichts draus.“, sprach die Frau und setzte sich ein wenig schwerfällig wieder hin.

Doc hielt inne und sah die alte Orkin fragend an.

Die grinste freundlich und von ihren zahlreichen Lachfalten wurden einem warm ums Herz, „Los Doc, erzähl ruhig! Das wird bestimmt interessant. Wird eben nur ne Weile dauern, aber ich will das auch hören.“

Doc tippte sich anerkennend an den Hut und dozierte dann, „Seinem Akzent nach stammt er aus Seattle, zieht man Wortwahl und Haltung hinzu, wuchs er Strassennah in Puyallup oder Redmond auf. Er hat sich sicher durch die Strassen bewegt und wusste genau, wo das Wasser lag. Er kennt sich aus also in Seattle-Downtown aus. Als wir ihn in die Zange nahmen, wirkte er trotz unserer Nähe und den anderen Metamenschen nicht ängstlich, was bedeutet, dass er Fähigkeiten im Waffenlosen Kampf besitzt. Eine Beule unter seiner Jacke zeigt, dass er zumindest mit einer Art von Fernwaffen umgehen kann, denn jemand mit seinem Hintergrund trägt keine Waffe, die er nicht handhaben kann. Sein Name Kami, Japanisch für Geist, und die TMNT-Folgen lassen darauf schließen, dass er sich zur Ninja-Popkultur hingezogen fühlt und in die Richtung wird auch die Wahl seine Fern- und Nahkampfwaffen gehen. Er ist selbstbewusst und da er keine Narben hat, kann er sich das wohl auch leisten. Dass er Adept ist trägt sicher dazu bei. Für weitere Details müsste ich mich noch einige Minuten mit ihm unterhalten.“

Doc fixierte Average.

Der schien zumindest ein wenig beeindruck, sagte dann aber, „Schweigen ist Silber, Reden ist Gold.“

„Anders rum.“, korrigierte Sugmani.

Average verzog das Gesicht, „Naja ich wollt jetzt aber nichts über die sexuellen Präferenzen sagen.“

Die Native stand auf, „In meinem Alter hat man keine sexuellen Präferenzen mehr.“, dann klopfte sie sich abermals Dreck von den Oberschenkeln. 

Average machte den Mund auf und begann, „Das meinte ich zwar nicht aber in Deinem…“

Weiter kam er nicht, TriXhot buffte ihm heftig gegen den Oberarm, „Manche Pointen spricht man besser nicht aus.“

Doc bemerkte, „Weise, Grashüpfer. Weise.“

❄❄

Am Vormittag des St.Patricks Day 2073 schneite Snowcat in grüner Jeans und grünem T-Shirt in der Werkstatt bei Liam herein, um bereits den Tag mit den O’Nialls zu verbringen. Liam würde leckeres Essen kochen und abgesehen davon, würde er ihr heute die Ohrläppchen durchstechen. Die Zwillinge zeigten ihr stolz die kleinen, grünen Stecker in Form eines dreiblättrigen Kleeblatts, die Liam in die frischen Piercings tun würde. Da Liam das Ohrläppchen-piercen übernahm, umging Snowcat gleich noch die Gefahr, ihre Regel brechen zu müssen, sich selbst keinen Schmuck zu kaufen. 

Obwohl es gar nicht weh tat, hielt Snowcat kurz dem Atem an, als Liam ihr linkes Ohrläppchen anfasste. Immerhin verletzte sie zum ersten Mal in ihrem Leben freiwillig die Unversehrtheit ihres Körpers. Nachdem es vollbracht war, grinste sie in sich hinein. Klein fing es an. Heute das erste Piercing und in ein paar Jahren war sie wahrscheinlich von oben bis unten tätowiert. Dahin würde sie wohl ausweichen müssen, denn weitere Piercings lehnte sie strickt ab. 

Am späten Nachmittag ging es ins Haunted Mug, das heute für ‚Außenstehende‘ geschlossen hatte. Viele der anwesenden Gäste waren auch sonst oft hier. Stammgäste wahren offenbar nicht ‚außenstehend‘. So gut wie alle trugen irgendwas in Grün und das dunkle Bier floss in Strömen. Eine kleine Gruppe von Musikern spielte live irische Folklore. Natürlich waren Sparky, Arcade und Shark Finn da. Die Stimmung war ausgelassen und Snowcat war begehrter Tanzpartner. Es gab Stew und Backkartoffeln und Mac ließ es sich nicht nehmen nur Snowcat auch ein Stück Kuchen zu servieren. Irgendwann im Laufe des Abends fing jemand an irisch-gälische Zungenbrecher aufzusagen. Beim Dritten davon scheiterte Snowcat an der Aussprache. Die Zwillinge waren sich einig, dass das nur daran lag, dass Snowcat nicht genug Whisky getrunken hatte und so trank sie mehr und mehr und mehr. 

Spät in der Nacht bekam Snowcat nur noch am Rande mit, dass Shark Finn sie zum Wagen trug und nach Hause brachte.

❄❄

Am Vormittag des nächsten Tages wurde Snowcat durch das Klingeln ihres Weckers geweckt. Sie hatte keine Kopfschmerzen, aber als sie aufstand wurde ihr schwindlig. Verdammt. Doch es half nichts, sie musste ihren Flieger bekommen. 

Aus der Küche schwebte der Duft von Kaffee und Sauer-Scharf-Suppe zu ihr rüber. Snowcat war sich jedoch ziemlich sicher, bis auf den Kaffee nichts runter bekommen zu können. Sie war schon fast am Esszimmer in Richtung Bad vorbei geschlurft, als sie zu ihrer großen Überraschung gewaltigen Appetit auf den frischen Tomatensaft bekam, den Henry gerade einschenkte. 

Softpaw schnüffelte missmutig an der stark gewürzten Suppe. 

Snowcat aß alles auf und trank noch ein zweites Glas Saft, hinterher ging es ihr erstaunlich besser.

❄❄

Kaum dass Snowcat in ihrem Studentenappartement angekommen war, griff sie zum Commlink, um sich bei … Ehran zu melden. Sie konnte es kaum abwarten ihm von den vergangenen Ereignissen um Artefakt, Shedim und Insektengeistern zu berichten. 

Sie hatte großes Glück, Ehran ging persönlich ans Commlink und er würde gleich am morgigen Abend für sie Zeit haben. 

❄❄

Snowcat trug ein rotes schulterfreies Abendkleid, das am Bustier mit aufwendiger goldener Stickerei verziert war. Das Rot der Pumps mit 10 Zentimeter Absatz passte farblich ebenso zum Kleid, wie die Zylinderhandtasche. Ursprünglich hatte Snowcat dieses Kleid zum ersten Mal letzte Weihnachten tragen wollen, aber für eine Feier am Strand war es unpassend gewesen. 

Bei den Ohrsteckern von Liam konnte man praktischer Weise die Farbe verstellen und so war das Kleeblatt heute Rot. Shark Finn begleitete Snowcat als ihr Bodyguard. Ein solch großer Auftritt war für ein Restaurant wir das Fantasia angebracht. 

Das Vier-Sterne Restaurant Fantasia bot neben der hohen Küche und einer dem Ruf nach betörenden, hauseigenen Patisserie auch ein unglaublich privates Ambiente in zauberhafter Atmosphäre. Der Speisesaal war rund und die gläserne Außenwand wurde von einem drei Meter breiten Garten in einem Gewächshaus umgeben. Einzelne Nischen waren durch Holoware-Vorhänge von der Umgebung abgetrennt und diese konnten nach Bedarf verschoben werden. Der Raum für die Tische wurde stets großzügig bemessen. Durch die Holoware konnte man sein Mahl in über 50 unterschiedlichen Landschaften, zu unterschiedlichen Jahreszeiten zu sich nehmen und die Umgebung konnte man sogar zwischen den einzelnen Gängen wechseln lassen.

Snowcat hatte vom Fantasia bisher nur Gutes gehört. Gewesen war sie hier noch nie. Das Restaurant war auf Wochen hin ausgebucht. Doch selbst wenn Ehran nicht für heute vorbestellt hatte, würde man für ihn sicher jederzeit einen Tisch freimachen. 

Ganz Gentleman war Ehran bereits da, als Snowcat pünktlich um 18.00 Uhr zum Tisch geführt wurde. Der Tisch stand in einem Mischwald mit hohen Bäumen und zahllose Lichter glitzerten in den Baumkronen. Ehran trug heute einen dunkelgrünen Anzug, ein elfenbeinfarbenes Hemd, ein zart goldenes Lavallière, also eine weiche, breite, Schleifen-Krawatte und goldene Manschettenknöpfe. Er begrüßte Snowcat mit einem zärtlichen Kuss auf die Wange und half ihr dann formvollendet in den Stuhl. 

Die ersten Male bei denen Snowcat mit Ehran zusammen gegessen hatte, hatte sich sich geärgert nie mehr als die Matrixkurse im Benehmen besucht zu haben. Nach dieser Starthilfe hatte es für sie ‚learning by doing' geheißen und auch wenn sie wusste, dass man ihr Dank der ihr eigenen Grazie auch größere Fehler verzieh, wollte sie eben auch dem Buch nach perfekt sein und tadelloses Benehmen an den Tag legen. 

Nach einiger Zeit als Ehrans Apprentice hatte sie sich dann überwunden und Ehran gebeten auch Etikette in den Lehrplan aufzunehmen, um so viel Strasse wie möglich aus ihr rauszuholen. Ihr Mentor hatte sanft gelächelt und gemeint, leichte Korrekturen und gelegentlich eine Stunde hier und da würden völlig ausreichen, was er gerne selber übernehmen würde. 

Inzwischen hatte sich in ihr jegliche Unsicherheit bezüglich ihres eigenen Benehmens in Luft aufgelöst.

Die Speisekarte auf E-Papier war der Umgebung angepasst und wirkte als hätte man feinste Buchstaben in ein dünnes Stück Holz geschnitzt. Snowcat ließ die Vielfalt auf sich wirken und bat dann Ehran für sie auszuwählen. 

Entweder hatte er schon zuvor die Karte genauestens studiert oder er war schon mal hier gewesen. Jedenfalls bestellte er flüssig und für sie beide das Gleiche. 

Die Speisen waren wunderschön angerichtet und dekoriert und sie schmeckten noch besser als sie aussahen. 

Snowcat hielt ihre Aufregung im Zaum und wartete bis nach dem Zwischengang, bevor sie den einleitenden Satz sagte und gespannt auf die Reaktion ihres Mentors wartete.

Ehran trank einen Schluck Wein, stellte sein Glas ab und lehnte sich zurück. Er lächelte sie an und sagte im neutralen Ton eines geübten Dozenten, „Wo Du gerade von deiner Arbeit sprichst, sag, wie viel Zeit wendest Du im Verhältnis dazu für Dein Studium auf?“

Verdammt!

Snowcat hatte die Begriffe Artefakt, Schwarzes Herz, Shedim und Insektengeister in einem Satz erwähnt und er hatte ansatzlos das Thema gewechselt. Snowcat Gedanken rasten und sie war einmal mehr darüber froh, dass sie sich so gut unter Kontrolle hatte.

Snowcat unterdrückte den Drang auf dem Stuhl hin und her zu rutschen und setzte stattdessen ein Lächeln auf, das jeden anderen Mann entwaffnet hätte, „Ehrlich gesagt habe ich darüber noch nicht nachgedacht.“ Was nicht mal gelogen war, sie überschlug in Gedanken die Zeit und kam auf die Antwort ‚gleich viel‘, doch sie entschied sich für eine andere Antwort, da sie befürchtete, halb/halb könnte Ehran nicht gefallen, „Ich wende im Verhältnis genug Zeit auf. Ich versäume ja auch nichts, die meisten Vorlesungen kann man über die Matrix ansehen.“

Ehran legte die Fingerspitzen seiner Hände aneinander und sah sie fest und freundlich an, „Du versäumst nichts, meinst Du? Da befindest Du Dich im Irrtum, denn abgesehen von den Veranstaltungen die Du nicht im Nachhinein über die Matrix ansehen kannst, entgeht Dir immerhin die Atmosphäre der Universität, die geradezu geschaffen ist für inspiriertes Lernen. Nichts erweitert einen lernenden Geist mehr als diese Stimmung. “

Mist, Ehran rügte sie gerade, wenn auch auf eine sehr höfliche Art. Snowcat legte ihren Kopf eine Spur schief, „Da hast Du selbstverständlich Recht, die Atmosphäre ist einfach dafür geschaffen und ich nehme sie jedes Mal auf.“ Sie holte etwas tiefer Luft, „Ich habe keine Probleme damit, beides zu machen. Ich komme in allen Fächern gut mit.“

Ehran hob eine Augenbraue und Snowcat hätte sich am liebsten ganz klein gemacht. „Woran machst Du das fest?“, fragte er.

Es war so klar: Ehran war der Meinung, sie würde ihr Studium vernachlässigen. Sie wollte ihn doch nicht enttäuschen. „Meine Noten waren gut und bisher hat sich noch kein Lehrer beschwert oder mich darauf aufmerksam gemacht, dass ich nicht mehr mitkomme oder meine Leistungen nachlassen.“

Ein Hauch von Milde trat in Ehrans neutralen Gesichtsausdruck, „Snowcat, Lehrer egal welcher Rasse und welchen Geschlechts sind von Dir fasziniert. Niemand mag Dir Unbehagen bereiten. Wenn überhaupt, werden sie Dir erst spät sagen, dass Deine Leistungen abfallen. Und wenn sie es sagen, wirst Du merken, dass Du bereist über ein Jahr verloren hast.“

Snowcat schluckte schwer.

Ehran lächelte und meinte dann, „Aber nun sag, welche neuen Erkenntnisse hast Du nun aus Deiner Begegnung mit den Shedim und Invae mitgenommen?“

Snowcat erzählte ein bisschen. Sie aßen den Hauptgang und Ehran stellte Fragen und gab ihr Stichworte und wie immer, wenn er das tat, lenkte er ihre Gedanken ganz sanft und verhalf ihr so zu weiteren, neuen Erkenntnissen. Am Ende stand für sie fest, käme sie jemals nach Washington, würde sie die gewonnen Theorie überprüfen. 

Alles in Allem hatten sie beängstigende Neuigkeiten heraus gearbeitet, aber zumindest hatte Snowcat Ehran auch etwas sagen können, was er noch nicht gewusst hatte. Zumal Vermuten und Wissen zwei verschiedene Paar Schuhe waren. 

Beim Nachtisch, es war inzwischen 21.30 Uhr, fragte Snowcat. „Was sagst Du zu dem Artefakt? Ist Dir schon mal eines begegnet, was gar keine Aura hat?“

Ehran zog kurz die Augenbrauen zusammen, „Welches Artefakt war das noch mal?“

„Das schwarze Herz. Ich habe übrigens Kopfschmerzen bekommen, als ich die nicht vorhandene Aura studiert habe.“

Ehran blieb ernst, „Wie lange hattest Du denn Zeit es zu studieren?“

Snowcat zuckte mit den Schultern, „So 10, 15 Minuten.“

Ehran schüttelte ungewohnt heftig den Kopf, „Ach, immer diese menschliche Eile. Für so etwas muss man sich mehr Zeit nehmen.“

Snowcat grinste leicht, „Naja, ich musste es ja abgeben. Ich bin ja schon froh, dass ich es mir überhaupt ansehen konnte.“

Ehran seufzte ganz leicht, „Ach ja. Du musstest es ja abgeben.“, dann widmete er sich seinem Dessert.

Ehran ließ Snowcat offenbar zappeln. Details waren immer so schwer aus ihm heraus zu bekommen. Sie versuchte es vorsichtig mit, „Mein Kollege hat beim Studium des Artefakts übrigens keine Kopfschmerzen bekommen. Er ist Elf und Voodoo-Zauberer. Woran kann das liegen?“

Ehran legte die Dessert-Gabel weg und zog die Stirn kraus, „Das Artefakt? Ja?“ Er machte eine ungewöhnlich lange Pause, so als zögere er, etwas preis zu geben, aber vielleicht dachte er auch nur über etwas nach,  „Wir sollten das zu Hause in der Bibliothek weiter besprechen. Dort habe ich einige Informationen dazu. Du musst mich aber bitte unbedingt noch einmal darauf ansprechen wenn wir da sind.“

Snowcat nickte und aß den letzten bissen ihres Desserts. Kaum, dass sie runtergeschluckt hatte, war Ehran schon aufgestanden.

Snowcat musste Ehran tatsächlich erinnern.

In der gewaltigen Bibliothek dauerte es eine Weile, bis ihr Mentor gefunden hatte wonach er suchte. Zunächst hatte er in einem der Regale gesucht, doch dann war er an die Schubladen gegangen in denen sich identische Metallkästen befanden. Jedes dieser Kästchen war sowohl mit einer aufgeklebten Karteikarte, als auch mit einem TAG gekennzeichnet. Der TAG blendete hoch, wenn man die Schublade aufzog. Ehran hatte so einige Schubladen aufgezogen und dann wieder geschlossen. Letztendlich hatte er zwei Kästchen herausgenommen auf denen schlicht ein Zahlencode und die Aussage „Diverse“ gestanden hatte. 

Diverse, Snowcat zuckte mit den Schultern, das Artefakt schien nicht sonderlich bedeutend zu sein. 

In den Kästchen lagen Rollen aus Papier, die mit einem Band umschlossen waren. Ehran öffnete nacheinander drei davon, die er hochkonzentriert wieder zusammenrollte ohne ein Wort zu sagen. Snowcat hätte nur all zu gerne selber gesucht. Das wäre sicher spannend gewesen. Doch wenn ihr Mentor das gewollt hätte, hätte er ihr die Aufgabe von sich aus überlassen. 

Die vierte Schriftrolle gab er an Snowcat, „Ist das das Artefakt, mit dem zu tun hattest?“, fragte er. 

Snowcat entzifferte die Überschrift auf der in schön geschwungener Handschrift im alten Sperethiel ‚Herz der Dunkelheit‘ geschrieben stand. Darunter fand sich nicht sonderlich viel Text. Sie nickte. „Ja, das ist es.“

Ehran trat an ein Schreibpult, holte eine Reihe kleiner Tintenfässer darunter hervor und wies an, „Ergänze es bitte um das, was Du herausgefunden hast.“

Das überraschte Snowcat nun doch. Sie ging an das Pult, „In welcher Sprache?“, fragte sie noch.

„Wenn Du meinst, Dein Wortschatz im Ancient- Sperethiel wäre schon groß genug, dann darin. Doch Du kannst auch das moderne Sperethiel oder Englisch nehmen.“

Natürlich las sich sich zuerst durch was bereits vorhanden war. Leider stand dort nichts darüber, was das Artefakt konnte. Da waren ein paar Jahreszahlen und… 

Ehran trat hinter sie und wies mit seinem schlanken Finger auf einen Satz. Oh, der Fakt war extrem interessant. 

Sie tauchte die Feder in die Tinte und vergass wegen der Übersetzung ins alte Sperethiel fast, was sie hatte schreiben wollen. Im Anschluss an die Nicht-Aura-Beschreibung fügte sie noch eine Zeichnung des Herzens hinzu. Wirklich zufrieden war sie mit dem Ergebnis nicht. Es war erschreckend detailarm, was wahrscheinlich an der Feder lag, die eine Schreibfeder und keine Zeichenfeder war.

Ehran stand an einem der Regale und las in einem Buch. 

„Ich bin fertig. Möchtest Du Dir das Ergebnis ansehen?“

Er zögerte kurz, stellte dann das Buch weg und kam rüber. Er las den Text, runzelte die Stirn und meinte dann „Deine Ausdrucksweise ist gut, nicht perfekt, aber schon sehr gut.“ Er wies sie auf ein paar Feinheiten hin und las dann den Text ein weiteres Mal ganz langsam. Im Anschluss griff er in eine Lade unter dem Pult, holte ein Döschen mit einem feinen Pulver darunter hervor und bestäubte die frische Tinte damit.

Snowcat räusperte sich innerlich und fragte dann, „Hast Du nun eine Theorie zu den Kopfschmerzen, Meister?“

Ehran sah zu ihr hoch, „Was meinst Du bitte?“

„Warum ich bei der astralen Betrachtung des Artefakts,“ sie sah noch einmal auf das Pergament, „also des schwarzen Herzens, ziemlich schnell Kopfschmerzen bekomme und mein Kollege nicht.“

Ehran verschränkte die Arme hinter seinem Rücken und erklärte, „Das liegt an einer bestimmten Prädisposition. Einige wenige Elfen haben diese seltene Prädipoistion und bekommen die Kopfschmerzen. Ich bekäme sie übrigens auch.“ Ehran sah Snowcat streng an, „Und eh Du fragst, nein, Dein Kollege gehört nicht zur Gruppe diesen wenigen Elfen.“ 

Eine genetisch bedingte Anfälligkeit führte also bei der astralen Betrachtung eines bestimmten Objekts zu Kopfschmerzen? Merkwürdig. Doch es war zumindest selten und wenn es sie mit jemandem wie Ehran in eine Gruppe warf, war diese Prädisposition ja quasi schon eine Auszeichnung.

Ehran verstaute das Pergament sorgfältig und damit war dieses Thema für heute erledigt und sie gingen stattdessen zum politischen Weltgeschehen über. 

Als Snowcat sich einige Stunden später in ihr Bett in Ehrans Haus kuschelte, dachte sie über die Rüge nach die ihr Mentor ihr erteilt hatte. Versäumte sie wirklich etwas? Sie musste zugeben, dass nicht alle Professoren bereit waren die Vorlesungen in die Matrix zu stellen. Da hatte sie dann nur Daves Aufzeichnungen, jedenfalls in den Fächern, die sie gemeinsam hatte. Klar würden die meisten Metamenschen bemerken, ob sie in einer Vorlesung war oder nicht. Darauf kam es aber nicht an, es kam darauf, dass sie alles an Stoff lernte, was vermittelt wurde. Bei der Frage nach Anwesenheit könnte sie ihre Charme-Karte einfach voll ausspielen. doch wenn diese Karte in  Ehrans Beispiel dazu führte, dass man ihr nicht mitteilte, dass ihre Leistungen nachließen, durfte das aus Prinzip nicht sein. An sich war es natürlich nicht schlimm, wenn sie ein Jahr verlor, sie stand nicht unter Zeitdruck, wie Ehran sonst auch immer betonte. Aber es war ihr wichtig sehr gut zu sein und wenn es Ehran bereits missfiel, ging das nun mal gar nicht.

Snowcat war sich auch der Tatsache voll bewusst, dass sie auf zwei Hochzeiten gleichzeitig tanzte. Doch sie hatte keine Lust ein Parkett vorzeitig zu verlassen, dazu machte ihr das Tanzen auf beiden Hochzeiten einfach zu viel Spaß.

Sie würde mit Liam über das Problem sprechen.

❄❄

Gleich am Montag hängte sich Snowcat mit vollem Engagement ins Unileben. Auf eine Shopping-Tour und das Ausschlafen verzichtete sie.

Am Abend schnappte sie sich ihr Commlink und meldete sich bei Harlequin. Sie unterhielten sich über den Topkapi-Palast, sie schäkerten, flirteten und sie tauschten einige verbale Zärtlichkeiten aus. Als Snowcat nach zwei Stunden die Verbindung beendete, fühlte sie sich zufrieden und glücklich.

❄❄

Bereits am 27.3.2073, ein Montag, meldete sich Doc bei Snowcat. Er hatte einen neuen Job an Land gezogen und wieder hatte jemand ausdrücklich nach UC gefragt. 

Snowcat besuchte noch 3/4 ihrer Vorlesungen von diesem Tag, bevor sie mit Shark Finn zum Flughafen fuhr. Um 18.00 Uhr Seattler Ortszeit trafen die beiden im Bootshaus ein. Bis auf Blackstone, der sich noch vom Lake Louise auf dem Weg hierher befand, waren alle von UC anwesend.

„Haben wir etwas Spaßiges verpasst.“, fragte Snowcat in die Runde. 

„Nö was…“, „Spaßiges nicht gerade…“, „aber Doc hat uns was über…“, „diese Joanna erzählt.“, verkündeten Sparky und Arcade.

Doc nickte, „Das stimmt, aber Snowcat weiß das Alles schon. Da ich bereits vor zwei Wochen mit ihr darüber gesprochen habe.“

„PÖH!“, riefen die Zwillinge unisono und widmeten sich dann lieber wieder ihrem Müsliriegel.

Offenbar hatte Doc dem Team gerade mitgeteilt, dass es sich bei Joanna um Joanna Krstic handelte. Die Frau war von der DPIFA (UCAS- Defense Protective Inteligence Field Activity) und ihres Zeichens Station Chief für Afrika und den mittleren Osten. 

Plötzlich musste Snowcat schmunzeln. Sie dachte daran, wie sie Doc danach gefragt hatte, was er denn über die Shades herausbekommen hatte und er meinte, dass ihm keine Band mit dem Namen bekannt sei und er auch keine hatte finden können. 

Alle hatten sich um den großen Esstisch versammelt und Doc begann, „Da Blackstone erst im Laufe der Nacht eintrifft, fange ich mit dem wenigen an, was ich über den Job weiß. Mr.Johnson möchte, dass wir eine Befreiung vornehmen. Da es um sich um einen Gegenstand handelt, nenne ich es beim richtigen Namen, es geht also um einen Einbruch. Mr.Johnson sucht ausdrücklich nach einem Team mit sehr guten Ruf und am liebsten hätte er uns für den Job. Die Zeit scheint nicht sonderlich zu drängen, aber bei Interesse sollen wir heute um 21.00 Uhr ins Matchstick’s in Down Town kommen. Das Codewort lautet Talon.“

Snowcat meinte erfreut, „Wenn schon jemand direkt nach uns fragt, dann sollten wir wenigstens so nett sein und uns das alles anhören.“

Doc schmunzelte süffisant, „Das denke ich auch. Mr.Johnson wird auf jeden Fall mit Dir rechnen Snowcat und zudem werde ich mitgehen, ebenso wir TriXhot. Ferner sollte uns ein Hacker begleiten. Möchte jemand?“

Average nickte zweimal, „Klingt nach einem zivilisierten Meeting, da würde ich mitkommen.“

„Wie ist denn der Dresscode?“, wollte TriXhot wissen.

„Gut, dass Du fragst,“ meinte Doc mit einem Seitenblick auf Average, „das Matchstick’s ist ein privater Jazz-Club der gehobenen Klasse. Für Männer ist da ein Anzug in gedeckten Farben angebracht. Damen haben da mehr Möglichkeiten und unsere Ladies sind sowieso stilsicher genug.“ 

Wieder sah Doc zu Average und dieser reagierte nun, „Was willst Du damit sagen? Das ich nicht stilsicher bin?“

Snowcat grinste, „Du bist in jedem Fall sicher was Deinen eigenen Stils angeht. Doc wollte nur darauf hinaus, dass der Anzug einfarbig sein sollte und dass das Hemd dazu passen muss, was ein Hawaiihemd zum Beispiel nicht tut.“

„Das ist schon ein bisschen schade, wo ich doch jetzt so chice Hawaiihemden von Shark Finn bekommen hab. Aber ich weiß schon, so was passt nicht zu einem einfarbigen Anzug.“, erklärte Average und biss im Anschluss herzhaft in sein Sandwich.

Doc sah Average weiterhin an, „Ein Anzug in gedeckten Farben ist dabei ein wichtiger Parameter. Die Betonung lag auf gedeckt.“

Average sah enttäuscht drein, schluckte aber erst runter, bevor er meinte, „Was sind denn eigentlich gedeckte Farben?“

Snowcat half aus, „Unauffällige, dezente Farben und nichts Buntes. Gedeckt sind also Farben wie Schwarz, Grau, Beige und eingeschränkt Weiß. Ein Blaugrau oder Lindgrün mag auch noch durchgehen. Wobei Weiß für den Anzug eher nicht zu empfehlen ist, für das Hemd hingehen schon.“

Mit jedem von Snowcats Worten sah Average missmutiger drein. „Also ein öder Anzug. Schwarz ist nicht mal ne Farbe, Weiß auch nicht. Bei einfarbig hatte ich tatsächlich an meinen neuen …“, er warf einen Blick in die Runde. Alle sahen ihn erwartungsvoll an, „Hey, guckt nicht so! Nicht was ihr wieder denkt, nicht in Kanarienvogel-Gelb oder so. Sondern Schokoladenbraun, passend zu meinem Teint.“ Er seufzte kurz, „Jedenfalls so wie der mal war. -  Also dürfen wir gar nichts Buntes tragen. Bunte Farben können nämlich auch einfarbig sein.“

Snowcat lächelte, „Du hast recht Average, meine Ansage war total unpräzise. Doc hat das treffender bezeichnet. Aber wenn Du etwas Buntes tragen möchtest: die Krawatte oder Fliege dazu darf durchaus bunt sein und sogar gemustert.“

Doc grinste leicht zynisch, „Na jetzt wo Du Bescheid weißt Average, kann ja nichts schiefgehen und solltest Du nichts Passendes in Deinem Kleiderschrank finden, kann Mystère sicher nachhelfen und etwas Vorhandenes anpassen.“

Average schüttelte den Kopf, „Nein danke. Einen Anzug in einer gedeckten Farbe hab ich da, wie ich nun weiß.“

Da Snowcat sich noch umziehen musste und direkt vom Flughafen gekommen war, brach sie gleich im Anschluss an dieses Gespräch auf. 

Während der Fahrt fiel ihr ein, dass sie sich eigentlich mal wieder um ihr Versteck in den obersten Stockwerken des verlassenen South Wind Komplex in Tarislar kümmern musste. Nur, wenn sie Shark Finn dahin mitnahm, dann wäre es im Anschluss nicht mehr absolut geheim. 

Sie besprach das Thema ohne ins Detail zu gehen mit Shark Finn, der ihr Problem zunächst nicht sah, dann durchaus bereit war, es zu bewundern, ihr aber erklärte, er könne sie doch nirgendwo einfach allein hingehen lassen.

Was nun? Sollte sie heimlich irgendwann ohne Shark Finn los fahren? Schließlich fühlte sie sich in Tarislar immer noch wohl. Das war immer noch ihr altes zu Hause. Doch was war, wenn sie auf Ancients traf? Musste sie dann mit ihnen reden, als wäre es genau wie früher? Sollte sie dann fragen, „Hey wie geht es?“ Und was war, wenn sie nicht auf Ancients, sondern auf andere Gangs traf und völlig allein war? Immerhin lag der South Wind Komplex in einer wirklich miesen Gegend. Sollte sie sich dann auf die Ancients berufen? Oder einfach abhauen? Natürlich konnte sie das alles allein handhaben, sie kannte sich dort gut aus und wusste, wie man da überlebte. Aber das klang auf einmal alles so furchtbar anstrengend …

Katze sprang aufs Armaturenbrett, ‚Oh ja, Elfenmädchen, denk noch weiter über so unsinniges Zeug nach und zerbrich Dir Deinen schönen Kopf darüber, damit Du dann irgendwann doch allein da hochgehst, NUR um schnell EINMAL nach den Rechten zu sehen.’ Katze gähnte ausgiebig, ein Zeichen von absolutem Missfallen. 

‚Du meinst, ich soll Shark Finn einfach mitnehmen, Katze?’

Katze rümpfte die Nase und ihr Ton ertrank schon fast in Überheblichkeit, ‚Nein Elfenmädchen. Ich meine, Du brauchst kein Versteck mehr, das in irgendeiner schlechten Gegend liegt und nicht mal eine vernünftige Badewanne hat, dafür aber unglaublich geheim ist. Ich meine, wenn Du irgendwann mal vor irgendjemandem fliehen musst, dann rufst Du am Ende einfach einen Retter an und der soll gefälligst das schöne Versteck mit gutem Essen, schöner Kleidung, einem weichen Bett und einer luxuriösen Badewanne selber bereit stellen.’

‚Hmm, Katze, da hast Du eigentlich Recht.’

‚Ich habe nicht eigentlich Recht, ich habe selbstverständlich Recht, Elfenmädchen.’

Womit es dann beschlossenen Sache war. Snowcat würde das Safehouse aufgeben. 

❄❄

Pünktlich um 20.45 Uhr traf Snowcat vor dem Matchstick’s ein. Shark Finn, die ganze Zeit über im Anzug, um auf alles vorbereitet zu sein, übergab sie quasi direkt an Doc, TriXhot und Average.

Snowcat hatte ihr schwarzes, bodenlanges Cocktailkleid mit Spaghettiträgern und dem tiefen Rückenausschnitt aus der Moonsilverline angezogen. Die Kleeblätter in ihren Ohrläppchen glitzerten nun schwarz, was schwer zu sehen war, da der Großteil ihres hüftlangen, eisweißen Haars zwar hochgesteckt war, an beiden Seiten jedoch breite, gelockte Strähnen auf ihre Brust fielen. Da sie mit Doc und Average unterwegs war, hatte sie schwarze Pumps mit einem Absatz von 5 Zentimetern gewählt. Der Leder-Gehrock-Mantel war elegant und gleichzeitig warm genug, damit ihr nicht kalt wurde.

‚Nur für Mitglieder‘ postete ihnen das Matchstick’s über AR zu, als sie sich der Eingangstür näherten. 

Doc öffnete die Tür, die ihm von einem gut aussehendem Ork im Smoking mit rotem Jackett ‚abgenommen‘ wurde und der sie ihnen dann aufhielt. 

Wow, der sah wirklich gut aus, für einen Ork zumindest. 

Die Luft war warm und dennoch schwang ein Hauch von Frische darin. Man hatte wohl der Klimaanlage einen Duftstoff beigemischt, um dem heißen und kalten Rauch teurer Zigarren entgegen zu steuern.

Eine Frau mittleren Alters im schwarzen, schulterfreien Minikleid mit einer niedlichen weißer Schürze über dem Rock stand in der Garderobe hinter einer Theke aus dunklem, glänzendem Holz. Sie lächelte die Vier und sagte, „Willkommen im Matchstick’s, mein Name ist Rachel, was kann ich für sie tun?“

Snowcat lächelte zurück und antworte ruhig und mit mehr Timbre in der Stimme als gewohnt, „Guten Abend. Wir haben um 9.00 Uhr einen Termin mit Mr. Johnson. Das Codewort lautet ‚Talon‘.“

Rachel warf einen diskreten Blick auf ein für Snowcat unsichtbares AR-Display, dann nickte sie, „Es wird gleich jemand kommen um sie abzuholen. Möchten sie etwas ablegen?“

Doc half Snowcat aus dem Mantel und legte ihn auf den Tresen.

Auch die anderen gaben Jacken und Waffen ab. Die Waffen kamen in die üblichen Boxen aus Metal. Snowcat war sich ziemlich sicher, dass Doc und seine Apprentice noch das eine oder andere Waffenass im Ärmel hatten. Snowcat selbst hingegen gab weder eine Waffe ab, noch hatte sie eine dabei.

TriXhot trug einen schwarzen Anzug, nebst orangener Bluse und darüber ein schwarzes Unterbrust-Bustier. 

Doc war seinem Stil treu geblieben, er hatte einen schwarzen Dreiteiler mit Gehrock, ein weißes Hemd und eine rote Krawatte an.

Average hatte sich tatsächlich in einen Anzug in gedeckten Farben geschwungen, genauer gesagt in einen schwarzen Anzug und ein weißes Hemd. Dazu trug er eine schwarze Fliege. Ein Ensemble das ihm außerordentlich gut stand.

Als sich die mit Leder besetzte Tür ins Innere des Matchstick’s öffnete, klang Jazz der 30er zu ihnen rüber, Jazz der 1930er. 

Eine junge Frau im gleichen Outfit wie die Garderobiere trat zu ihnen. Ihr dunkles Haar war zu einem Bob geschnitten und ihr Mund war tiefrot geschminkt. „Hallo ich bin Olive. Wenn sie mir bitte folgen würden Ladies und Gentleman!“, sagte sie freundlich.

Das Matschstick’s war einem Jazzclub des Amerika von 1930 nach empfunden. Vom Flügel neben der Bühne, über schwere Vorhänge, dunkles Holz und echtem Leder, bis hin zu leicht bekleideten Service-Mädchen von denen einige sogar einen Bauchladen mit Zigaretten und Zigarren dabei hatten. Rauchen war hier sogar ausdrücklich erlaubt. An vielen Abenden fanden hier Live-Jazz-Konzerte statt. Heute kam die Musik allerdings vom Chip.

Der Club war für einen Montag-Abend überraschend gut besucht und ein Großteil der Gäste hatte sich den 30iger Jahren entsprechend zurecht gemacht. Trotz der starken Musikszene, die in Seattle schon Tradition war, ging Snowcat nicht davon, dass die Metamenschen hier waren, weil Jazz schon immer ihre große Leidenschaft gewesen war. Die 1930er galten so langsam aber sicher als IN. Ein Trend, der sich auch in den jüngsten Kollektionen der Modeszene abzeichnete. Zumindest der Fedora würde sich darüber freuen.

Unter den Klängen eines Klaviers, einer Trompete, einer wundervoll dunklen Männerstimme und einer melancholischen Melodie, geleitete Olive die vier Runner zu einer schwer einzusehenden ‚Bucht‘, die weit hinten im Club lag. Snowcat tippte auf den Notenschlüssel, den das System des Matchstick’s in die rechte obere Ecke des AR-Sichtschirms einblendete. So erfuhr sie, dass es sich bei dem Song um ‚I’m Confessin’ von Louis Armstrong‘ handelte. [LINK]

In der Bucht stand ein runder Tisch um den herum sechs dunkelbraune Ledersessel im Clubstil standen. Auf dem Tisch neben einem kristallenen Whiskyglas befand sich ein großer, schwerer Aschenbecher. 

Der Zwerg, der auf einem dieser Sessel gesessen hatte, legte seine Zigarre auf dem Aschenbecher ab und erhob sich, als man sie an den Tisch brachte. 

Bart und Haar von Mr.Johnson waren hellbraun, durchsetzt mit den ersten Spuren von silbernen Strähnen, eher konzernmäßig geschnitten und gut frisiert. Er trug einen dunkelgrauen Anzug mit feinen silbernen Streifen und ein hellgraues Hemd. Am Tisch lehnte ein Gehstock aus verdrehtem Holz, dessen Knauf mit Perlmutt verziert war.

Johnson zeigte sein schönstes Konzernlächeln und sagte mit leichten, kaum hörbaren, französischem Akzent, „Guten Abend, Snowcat. Ich freue mich sehr, dass sich unsere Wege endlich einmal kreuzen.“ 

Im Knoten der silbergrauen Krawatte steckte eine Nadel mit einem Smaragd. Die Ärmels des Hemdes wurden durch Manschettenknöpfe geschlossen, die unterschiedlich verziert waren. Links saß eine goldene Eidechse und auf dem rechten lag eine silberne Rose. Der Zwerg deutete auf den Sessel in seiner Nähe und wartete bis Snowcat sich gesetzt hatte, bevor er sich selbst wieder setzte.

Nachdem alle Platz genommen und ein Getränk ihrer Wahl erhalten hatten, in Snowcats Fall ein Sweet Martini, begann Mr.Johnson, „Ich habe ja schon so viel Gutes über UC gehört und war besonders angetan über ihre Reputation in Bezug auf Artefakte.“ 

Snowcat kannte den Akzent nur all zu gut, Mr.Johnson kam offenbar aus Quebec. 

„Nun würde ich ihr gutes Team gerne in Anspruch nehmen. Es geht, wie Sie vielleicht ahnen, um ein Artefakt. Ich kann Ihnen natürlich nicht sonderlich viel sagen, bevor wir uns nicht einig sind.“

Snowcat neigte dem Kopf huldvoll, „Selbstverständlich nicht. Was können Sie mir den sagen?“

Mr. Johnson nahm einen Zug von seiner Zigarre, „Das Artefakt befindet sich in einem Haus, welches noch auf diesem Kontinent steht. Jedenfalls heißt es, dass es sich dort befindet. Sie sollen nachsehen, ob es wirklich dort ist. Das heißt, sie werden suchen müssen und wenn es dort ist, sollen Sie es mitbringen. Ist es nicht dort, hoffe ich, Sie finden eine Spur.“

Snowcat fragte nach, „Um was für eine Art Haus handelt es sich?“

Mr. Johnson hob die Augenbrauen, „Wie meinen Sie das?“

Snowcat präzisierte, „Bei der Frage geht es mir um die Öffentlichkeit des Ortes. Ist es ein Museum, eine Bank, ein Privathaus?“

„Ah! Nun sagen wir mal am ehesten ein Privathaus. Allerdings ist von magischer Sicherheit auszugehen.“

Snowcat lächelte, „Gibt es eine Deadline?“

„Nein.“, Mr.Johnson schüttelte den Kopf. „Demnach gibt es auch keinen Zeitbonus wenn Sie sehr schnell sind. Allerdings gibt es einen Bonus, wenn Sie den Gegenstand tatsächlich mitbringen und sollte er nicht in dem Haus sein, Sie aber Hinweise finden, gibt es auch dafür einen Bonus. Und eventuell einen Folgejob, wenn Sie interessiert sind.“

Womit die Verhandlungen eröffnet waren. 

Mr.Johnson genoss es mit Snowcat zu verhandeln und er machte keinen Hehl daraus. 

Am Ende einigten sie sich auf eine Gesamtsumme von 130.000¥ für das Team für die Suche und einen Bonus von 40K¥ für eine Spur oder 80K¥ für das Artefakt selbst. 

Der Zwerg tank zufrieden seinen Whisky aus, „Nachdem wir uns nun einig sind, kann ich Ihnen die Details nennen. Das Artefakt soll im Belvedere Castle im Central Park von New York sein. Das Haus befindet sich im Besitz der Society Of Hawks. Es handelt sich um einen schwarzen Pfeil mit roter Befiederung und einer roten Spitze.“ Mr.Johnson fasste in die Tasche seines Jacketts und zog einen Chip hervor, den er auf den Tisch legte. „Hierauf befindet sich eine Comm-ID unter der sie mich erreichen können und ein Bild von dem Artefakt mit dem Namen ‚Arrow Of Red Dragon Slaying.“

Arrow of Red Dragon Slaying? Snowcat war beeindruckt, zeigte es aber nicht.

Bereits auf der Fahrt zum Bootshaus unterhielten sich die fünf Runner über den Auftrag. 

New York, Snowcat hatte keine guten Erinnerungen daran. Drei von ihnen waren dort gestorben. Craven hatte dort sein Leben zu ihrem Schutz gegeben. Es schmerzte seit einiger Zeit nicht mehr an Craven zu denken. An seinen Tod zu denken schmerzte hingegen immer noch. Es versetzte ihr einen Stich mitten ins Herz. 

Katze sprang auf ihrem Schoß und ließ sich darauf nieder.

Unabhängig davon war New York, genauer gesagt Manhattan, wo sich der Central Park befand, für Runner ein schwieriges Pflaster und für Runs an sich erst recht. Man musste sich die ganze Zeit ausweisen und brauchte zusätzlich zur SIN einen Metropolitan-Pass. Sie brauchten eine gute Geschichte um überhaupt ohne Stress in die Nähe dieses Castles zu kommen. Und noch während sie das dachte, entstand in Snowcats Hinterkopf eine Idee.

„Hat jemand schon von dieser Society Of Hawks gehört?“, wollte TriXhot wissen.

„Ja ich.“, gab Snowcat offen zu, „Allerdings nicht sonderlich viel. Soweit ich weiß, handelt es sich dabei um eine alteingesessene New Yorker Gesellschaft, die einer Loge gleichkommt und sich inzwischen mit der Förderung von Magie und den Magischbegabten von New York befasst. Ich betone hier immer New York, da die Mitglieder der Society lokale Patrioten sind, die ehrwürdige Kontakte zu den Reichen, Schönen und Einflussreichen besitzen. Spendengala und Wohltätigkeitsveranstaltungen inbegriffen. Von einer festen Verwurzelung mit NYPD Incorporated ist auszugehen.“

Zu fortgeschrittener Stunde kam das Team gemütlich in der Lounge des Bootshause zusammen. Wie eine große Familie. 

Wie eine große, ungewöhnliche Familie. 

Wieder fehlte nur Blackstone, aber die Maschine aus Calgary würde in wenigen Minuten in SeaTac landen. 

„So,“ meinte Average und rieb sich die Hände, „nach dem Hinweis von Snowcat auf Quebec und mit dem was wir noch so alles bemerkt haben, war’s gar nicht mal so schwer.“

Sparky und Arcade verdrehten die Augen.

Average fuhr fort, „Bei Mr. Johnson handelt es sich um Laurent Nazaire aus Quebec. Der war ursprünglich mal bei Cross Applied Technologies, aber als es sich andeutete, dass es mit dem Konzern den Bach runter geht, hat er rechtzeitig seine eigene Extraktion organisiert. Danach war er eine Zeit lang bei Mitsuhama. Inzwischen ist er aber bei der Atlantean Foundation gelandet, wo er vor fünf Jahren Direktor der Foundation hier in Seattle wurde.“ Average überlegte kurz, „Hab ich was vergessen? Ach ja, er soll Magier sein.“

Doc lobte, „Sehr gut. - Snowcat, TriXhot und ich haben inzwischen eine Datei über New York zusammen gestellt, die kann sich jeder mal eben durchlesen.“ Er zog die Datei [LINK] in den Verteiler und wischte sie ihnen zu. 

Fast alle begangen zu lesen und nach und nach wurde es still im Bootshaus.

Sugmani grinste, „Na wie gut, dass UC ne Menge Hacker hat, wer immer dahin geht, die Hacker werden alle gebraucht, damit man nicht bemerkt wird.“

Mystique wandte ein, „Nicht wenn wir uns unauffällig durch Manhattan bewegen.“

„Das geht aber nur für die ohne Draht,“ kam es von Blood. „oder wir müssen die entsprechenden Lizenzen bekommen und brauchen eine verdammt gute Geschichte.“

Thunderstrike ergänzte, „Genug Runner ohne Draht haben wir ja im Team, ein verdrahtetes Strike-Team kann ja für dem Notfall im Rotten Apple bereit stehen, dann braucht der Rest nur noch die gute Story.“

Sugmanis Grinsen wurde noch breiter, „Na ich bin da jedenfalls raus. Ich fall da auf, wie ein alter bunter Hund. Wobei mir einfällt, ist das nicht ne gute Gelegenheit diesen Kami ins Boot zu holen? Einbrecher und Inflitrationsspezialist klingt doch nach einer guten Kombination für `nen Diebstahl.“

Während TriXhot sagte, „Gute Idee.“, stieß Average gleichzeitig ein lautes, „Och nö!“ aus.

Avergae wurde überstimmt und so würden sie Kami eine Chance geben.

Snowcat wählte seine Comm-ID. Dort wo er war, war es ziemlich laut, weshalb er sie bat einen Moment zu warten. Kurz darauf war er sehr erfreut von ihr zu hören. Snowcat bot ihm laut Absprache mit dem Team 5000 ¥. Doch er wollte er kein Geld für den Proberun, den er sah es als Investition in die Zukunft sah. Sie verabredeten sich für den nächsten Tag in einem Stuffer Shack, um ihn über die Details ins Bild zu setzten. 

Als im Team die Diskussionen begannen, wer wie und mit welcher Story an einen Metropolitan Pass für seine SIN kam, wartete Snowcat eine Zeit lang und als ein wenig Ideenlosigkeit einkehrte, nutze sie den dramatischen Moment und sagte, „Ich hab da einen Vorschlag. Spinrad Industries gehört zum Manhattan Development Consortium. Mitarbeiter von Spinrad Industries können sicher Metropolitan Passes bekommen. Wenn wir also in New York für Spinrads Wing Suit Liga die Möglichkeiten in Manhattan checken und gleichzeitig dort einen Werbespot für die Liga drehen, sollten wir in den Central Park können.“ Sie machte eine kurze Pause. Alle hörten ihr interessiert zu. Gut. Sie fuhr fort, „Ich bin sicher Johnny besorgt uns echte Pässe, wenn wir wirklich ein Spot für ihn drehen.“

Average war skeptisch, „Du willst Spinrad sagen, dass Du einen Run in New York hast und dass wir den mit der Arbeit an einem Spot für ihn tarnen?“

Snowcat grinste, „Nicht ganz. Es ist immer die Frage, wie man etwas verkauft. Wenn ich ihm sage, dass ich so gerne im Central Park malen würde und wir das mit dem Dreh kombinieren, dann wird er sicher weich.“ Snowcat sah Average an, „Du hast doch genügend Ahnung vom Film, damit Du tatsächlich einen Spot abliefern kannst?“

Average nickte, „Klar, das ist sogar was, was ich nicht nur durchschnittlich gut, sondern besser kann.“

Doc nickte, „Ein Kamerateam kann Equipment mit in den Central Park nehmen.“

Eine halbe Stunde später stand fest: Average, Blackstone, Kami, Starbuck und Trixhot sollten das Dreh-Team stellen, während Snowcat mit ihrer Assistentin Mystique beim Projekt als künstlerische Beraterin tätig war und gleichzeitig in Manhattan malen würde, vorzugsweise im Central Park. 

Blood, Steel, FTW und Thunderstrike würden sich im Rotten Apple aufhalten, um als Strike- oder Raushol-Team bereit zu stehen.

Snowcat sah Average an, „Average, auch wenn Du der Regisseur bist, die Entscheidungsgewalt in Eurem Teilteam wird bei TriXhot liegen. Sie hat sich in den letzten Wochen als entscheidungsstark, ideenreich und clever bewiesen und zudem hat sie eine gute Intuition.“

Average verkniff sich eine Bemerkung und TriXhot freute sich über das Lob. 

Natürlich würde Snowcat noch mit Spinrad sprechen müssen, aber sie glaubte nicht, dass sie das am Ende mehr kosten würde, als ein verlängertes Wochenende mit dem Multimilliardär.

TriXhot hinterließ noch eine Nachricht bei ihrem Dad, um ihn nach Kontakten im Big Rotten Apple und einem Safehouse dort zu fragen. „Irgendwann in nächster Zeit wird er zurückrufen.“, erklärte die junge Frau, nachdem sie bereits nach drei Sekunden die Verbindung wieder unterbrochen hatte.

Doc schmunzelte fein.

Ausnahmsweise würden alle Runner im Bootshaus übernachten. Platzmangel hatten sie nicht, da Blood, Steel und Thunderstrike auf ihre beide Hausboote gehen würden, die vor dem Bootshaus ankerten.

Gerade als man sich zu verstreuen begann, erschien Blackstone in der Tür und zwar mit maskierter Aura, wie Snowcat nach einem kurzem astralen Blick feststellte. 

Er stellte seine Tasche im Flur ab, nahm sich ein Bier und setzte sich zu Snowcat.

Sie grinste ihn an, „Hey, Deine neue Aura steht Dir gut.“

Der Zwerg bleckte kurz die Zähne, was bei seinem schwarzen Teint immer beeindruckend aussah, dann aber grinste er schief. „Was steht an?“

Snowcat setzte ihn mit möglichst wenig Worten über die Job ins Bild. Bei der Erwähnung von New York brummte er. Beim Thema Sprinrad brummte er ein zweites Mal. Als das Thema auf die Team-Zusammenstellung kam, wandte er ein, „Ich will mit Mystique die Position tauschen.“

Mystique rief ihm von der Küche her zu, „Vergiss es! Dich will da keiner sehen.“ Sie kam rüber und fügte hinzu, „Ich kann super auf Snowcat aufpassen.“

Blackstone sah Mystique mit verkniffenem Mund an und warf einen Blick zu Shark Finn rüber, der noch mit SpArcade vor dem Trideo saß. Blackstone widersprach zwar nicht, doch zufrieden war er mit der Situation noch nicht, das war ihm anzusehen. Mystique wartete nicht länger, reagierte nicht und verabschiedete sich in den Whirl Pool. 

Eine der Putzdrohnen fuhr los und zog ihre Bahnen. Snowcat beobachtete sie einen Augenblick lang, zwinkerte Blackstone zu, steckte sich den zweiten Stöpsel ihres Commlinks ins Ohr und wollte gerade eine Datei aufrufen, als Blackstone sie fragte, „Hast Du eigentlich noch was über das Schwarze Herz herausbekommen?“

Snowcat nahm einen Ohrstöpsel wieder raus, „Über was für ein Teil?“

„Über das Schwarze Herz.“ 

Snowcat verstand nicht ganz und fragte nach, „Ich weiß nicht, was Du meinst. Von welchem Herz redest Du?“

Blackstone sah total überrascht drein, „Das letzte Artefakt, dass wie in Istanbul besorgt haben? DAS Schwarze Herz meine ich.“

Snowcat winkte gelangweilt ab, „Ach das. Nein, darüber gibts nicht Neues.“

Blackstone traute wohl seinen Ohren nicht, „So gar nichts? Du hast keine Ahnung, was es kann?“

Sie schüttelte den Kopf, „Nein. Du weißt doch, wie das bei Artefakten ist, selbst über die Interessanten ist wenig bekannt und über die Unbedeutenden ist eben noch weniger bekannt. - Was aber wirklich interessant ist, ist das mit den Shedim in der UCAS-Armee. Jetzt stell Dir doch mal vor, wie sich die Idee tote Soldaten von Shedim besetzen zu lassen, für einen General anhört? Der Soldat mag zwar tot sein, aber besessen geht weder sein Wissen, Können, noch seine teuere Ausbildung verloren und zudem ist er dann noch verstärkt. “

Blackstone zog die Stirn in Falten, „Jetzt, wo Du es so sagst, leuchtet es ein. Das ist eine sehr beunruhigende Idee. Leider traue ich den Metamenschen durchaus zu, dass sie so dumm und kurzsichtig sind.“

Snowcat lächelte fein, „Siehst Du, sag ich ja. Und für die Shedim ist es das Beste was ihnen passieren kann. Sie sind dann nämlich immer ganz dicht dran an noch mehr Toten, die sie wiederum besetzen können. Darum werden sie auch gerne darauf eingehen, dies Alles wirklich geheim zu halten.“

Blackstone nickte, „Das sollten wir im Auge behalten. Das ist tatsächlich eine komplett beunruhigende Entwicklung.“

Snowcat seufzte kurz. „Stimmt.“

Blackstone trank nachdenklich sein Bier aus, stand dann auf, ging an seine Tasche und stellte im Anschluss ein Schachbrett auf die Anrichte unter der Gedenkwand mit den Waffen.

Snowcat hob eine ihrer zarten Augenbrauen. Blackstone stellte nur die Figuren auf der weißen Seite auf, aber nicht alle weißen Figuren waren wirklich Weiß. Es gab weiße, elfenbeinfarbene und graue Figuren, zwei der Bauern waren sogar bunt.

Snowcat steckte den zweiten Ohrhörer wieder rein und rief nun die Datei auf.

Das aufflimmernde Bild zeigte das freundliche Gesicht von Dave, der fröhlich in die Kamera winkte. «Hey Cat.», er kratzte sich verlegen am Kopf, «Ja, äh, also. Also…», dann lächelte er, «also hier die erste Vorlesung, die ich aufgenommen hab. Hat super funktioniert, also nach anfänglichen Schwierigkeiten weil mir Tobias immer auf die Finger geguckt hat und gefragt hat warum ich mit einer Billard-Kugel spreche und … äh … ich finde es übrigens großartig, dass die magische Acht sogar wirklich noch die ..», er machte Anführungsstriche mit den Fingern, «Zukunft voraus sagen kann. Ich weiß zwar immer noch nicht warum Professor Saretti sich so hat und die Vorlesung nicht aufzeichnen lässt, aber was soll’s? … äh … Du kriegst sie ja nun zu sehen und darauf kommt’s an.» Dave machte eine kurze Pause und grinste danach breiter, «Ich hab auch schon `nen Platz gefunden, wo ich die Kugel in Kunstgeschichte hin packen kann, obwohl ich da nicht bin. Du verpasst also gar nichts mehr vom Stoff.», erklärte er stolz. Er kam der Kamera etwas näher, «Aber bitte komm deshalb nicht gar nicht mehr her. Wie vermissen Dich nämlich alle und Du verpasst ja uns.» Dave fuhr sich schüchtern durchs Haar, «Also ich vermisse Dich und Dein Lächeln und so wie die anderen immer gucken, vermissen die Dich auch. Äh … ach ja, ich hab Dir zusätzlich meine Notizen geschickt und bei Lucy nachgefragt und die ist so nett und wird mir ihre Notizen für Kunstgeschichte gegeben und Carlos gibt mir seine für Politologie. Erst wollte er nicht, aber dann hab ich gesagt, dass Du da mal reinsehen willst und da war er ganz stolz und hat gesagt, ich soll dich grüßen. Äh… ich glaub, jetzt hab ich alles.- Bis bald denn. Cat, pass auf Dich auf, ja?»

Dann ging der Film von der Vorlesung los. Die Qualität war großartig und Snowcat konnte sogar die Zwischenfragen der Studenten hervorragend verstehen. Liam hatte mit dem ‚Magischen Acht’ wieder mal ganze Arbeit geleistet.

Während der ‚Vorlesung‘ machte Snowcat sich noch einen Tee und ging dann zu dem Schachbrett, das Blackstone abgestellt hatte. Sie nahm den orangenen Bauern hoch und betrachtete ihn. Auf dem Boden der Figur stand etwas geschrieben. Sie drehte die Figur um … Arcade. 

Dann stand unter dem grünen Bauern sicher Sparky und genau so war es. 

Interessant. 

Natürlich musste Snowcat nun auch die anderen Figuren umdrehen.

Ein hellgrauer Bauer trug den Namen Average, der dunkelgrauer Bauer ‚hieß‘ FTW, der weiße Doc und die drei elfenbeinfarbenen Mystique, Mystère und Sugmani. Beide Türme waren weiß und unter ihnen standen die Namen Thunderstrike und Shark Finn. Auch beide Pferde waren weiß, sie trugen die Namen TriXhot und Starbuck. Beide Läufer waren Elfenbeinfarben und darunter war Blood und Steel zu lesen. 

Snowcat lächelte und während Professor Saretti sich gerade über einen Fakt bezüglich Magie und Rechtsprechung echauffierte, hob sie vorsichtig die weiße Königin an. Ihr Lächeln wurde breiter, denn da stand tatsächlich Snowcat.

Dann fehlte eigentlich nur noch der König. Leider fehlte er komplett, denn auf seiner Position stand keine Figur. 

Hmm? Na dann konnte man wenigstens nicht matt gesetzt werden.

Snowcats Lächeln verwandelte sich in ein Grinsen, wenn Kami festes Mitglied des Teams wurde, würde UC wohl sheeten und zumindest einen weiteren Bauern aufstellen müssen, denn der Platz des Königs war sicher nicht für ihn frei geblieben. 

Sie zuckte mit den Schulter. Wie sie Blackstone kannte, würde er nicht sheeten. Wahrscheinlich würde er einen Bauern orange und grün färben und SpArcade darunter schreiben.


                                                             UC - UNIVERSAL CONSULTANTS - UC

                              UC - Unknown Consequences -das TOP-Runnerteam aus Seattle- You See!


Was die Runner in New York erleben, ob sich der ‚Arrow Of Red Dragon Slaying‘ im Belvedere Castle befindet und wie sich Kami so macht wird demnächst hier zu lesen sein. Schau also bald wieder vorbei, omae.

*reckundstrekgenüsslich* Hoffe Ihr habt Spass; *knutschi*