Episode 04/14 (vom 21.02.) Run 50/3

Welcome back, omae!

Schön, dass Du auch heute wieder vorbeischaust!

Derzeit On The Run sind: AvEraGe, Blackstone*, Mystique, Starbuck*, TriXhot, Kami und Snowcat als Manhattan-Team. Thunderstrike, Blood, Steel und FTW werden sich als BackUp in der näheren Umgebung aufhalten. (*Spieler war nicht anwesend.)

Datum in unserer SR-Timeline: 02.04.- 06.04.2073

Was bisher geschah: UC erhält den Auftrag nach dem ‚Arrow Of Red Dragon Slaying‘ zu suchen, der sich im Belvedere Castel, welches sich im Besitz der Society Of Hawks befindet, in New York sein könnte. Um an die im ‚Big Rotten Apple‘ nötigen Metropolitan-Pässe zu kommen, trifft Snowcat sich mit Johnny Spinrad in Rom, wo dieser einen Ball mit ihr besucht. Johnny erklärt sich bereit die Pässe zu besorgen und dem Team sogar eine Wohnung zur Verfügung zu stellen. Im Gegenzug bittet er Snowcat um einen Gefallen. Das Team soll herausfinden was Simon Andrews, ein Troubelshooter für den großen Drachen Lofwyr, in New York macht und zudem, wenn möglich, eine DNA-Probe von dem Echsenmenschen besorgen. Das Team reist nach New York und bekommt dort Pässe, die sie als sogenannte ‚Corporate Sponsored Citiziens‘ ausweisen und ihnen Zugang zu sämtlichen Gebieten in New York gestatten. Als Unterkunft stellt Spinrad ihnen ein Luxus-Penthouse mit acht Schlafzimmern direkt am Central Park zur Verfügung. Nach einer ersten Sondierung des Zielgebietes, trifft sich das Manhattan-Team mit Glam Sam, einem Kontakt von Trixhot, den diese über ihren Vater erhalten hat. Glam Sam geht mit den Runnern essen und shoppen.

Wir schalten uns nur wenige Stunden nach dem wir die Runner in Manhattan das letzte Mal verlassen haben, in das Geschehen zurück.

Wir erleben dabei Alles aus den eisblauen Augen von Snowcat mit.

Deine Kommentare zur Episode passen am besten unter „A Tale So Far Part VI“ [LINK].

Eine Beschreibung der Runner findest Du hier [LINK].

Hat ein Wort im Text eine andere Farbe, verbirgt sich darunter wahrscheinlich ein Link und es wird im Glossar erklärt. Du kennst ein anderes Wort aus dem Shadowslang nicht? Dann schau doch einfach auf gut Glück im Glossar vorbei. [LINK]

Bereit omae? Na dann los!


[Song 1: Suzanne Vega-Zephyr And I] Das Wetter von New York war Snowcat hold, als sie den Pinsel am Montag-Nachmittag immer wieder in die Farbe tauchte, um Belvedere Castle auf die Leinwand zu bringen. Das Sonnenlicht brachte die Farben gut hervor und da Snowcat ihre Kontaktlinsen mit Vergrößerung in den Augen hatte, konnte sie sich unauffällig Details des Hauses heran zoomen und genauer betrachten. Eines war schon mal sicher, derzeit hielt sich niemand im Gebäude auf, wenn man von der Wetterstation einmal absah, denn hinter den Fenstern war keinerlei Bewegung zu erkennen.

Kami und TriXhot, das Mädchen war wegen ihrer SIN derzeit in ihrer natürlichen Haarfarbe Hellblond unterwegs, joggten locker auf dem 10 Meter entfernten Weg an Snowcat vorbei. 

TriXhot hellblond zu sehen verstärkte das ‚kleine Schwester‘-Gefühl, welches Snowcat langsam für das hübsche Mädchen entwickelte. ‚Kleine Schwester‘ spielte dabei weder auf TriXhots Fähigkeiten, noch auf ihr Verhalten an. Es spiegelte einfach nur Snowcat Beziehung zu der jungen Frau wieder. Snowcat mochte TriXhot und sie wirkte in ihrer Art jung auf sie, obwohl TriXhot wahrscheinlich sogar ein wenig älter als Snowcat selbst war.

Mystique saß in Snowcats Nähe auf einer Bank, las irgendetwas, stellte Dateien zusammen und behielt ihre ‚Chefin‘ dabei immer im Auge, wie es sich für eine perfekte Assistentin gehörte. Ein Umstand, der Snowcat daran erinnerte, sich nebenbei die jüngsten Vorlesungen anzusehen, die Dave ihr geschickt hatte.

Eichhörnchen hüpften zwischen den Bäumen hin und her. Das Füttern der possierlichen Tierchen war ausdrücklich erlaubt, jedenfalls, wenn man dafür das spezielle Central Park Futter an einem Stand oder Automaten erwarb. Neugierig beäugte eines der süßen Tiere Snowcat durch das frische Grün des Frühlings hinweg. 

Das Klappern von Hufen mischte sich über die Stimme der Professorin. Eine berittene NYPDInc. Patrouille kam erneut vorbei. Zum dritten Mal bereits seit Snowcat hier malte. Natürlich wusste Snowcat nicht, wie oft dieser Abschnitt normaler Weise auf einer Tour stand, doch es kam der Elfe zumindest ungewöhnlich oft vor. Was Snowcat in keiner Weise störte. Die Pferde waren ebenso attraktive Exemplare ihrer Gattung, wie ihrer männlichen, menschlichen Reiter. Interessanter Weise waren die Cops zu Pferd nicht einmal bewaffnet. Der Central Park schien tatsächlich einer der sichersten Orte der 6.Welt zu sein. Selbstverständlich nur, wenn man privilegiert genug war, sich hier aufhalten zu dürfen.

Zwei weitere Polizisten fielen Snowcat auf. Sie umrundeten zu Fuss und gemessenen Schrittes das Belvedere Castle und trugen dabei nicht die hier sonst üblichen Uniformen. Diese dort wirkten älter und zudem trugen die Männer ein goldenes Abzeichen mit einem sichtbar erkennbaren ‚Q‘ auf der Brust, die Snowcat bisher bei keinem anderen der Polizisten gesehen hatte. 

Nachdem die Männer Snowcat den Rücken zu wanden, senkte sie den Blick und spürte nach Magie. - Nichts. Dann verlagerte Snowcat ihre Sicht in den Astralraum und streckte erneut ihre Sinne aus, jedoch weiter ohne die Männer direkt anzusehen. - Wow, das waren gar keine Menschen. Bei diesen Cops handelte es sich um manifestierte Geister. - Wie überaus interessant.

Sonnenstrahlen brachen immer wieder zwischen den Bäumen hervor und zauberten glitzernde Reflexe in den Turtle Pond. Da Snowcat einen breiten Sonnenhut trug, konnte sie den Anblick voll in sich aufnehmen. Wind streichelte über sie hinweg und die Luft war erfüllt von Frühling und dem Duft von exotischem Essen, das von einem der Feed The World-Stände zu ihr herüber getragen wurde. 

Für einen kurzen Moment vermisste Snowcat Harlequin, sie seufzte lächelnd und sandte ihm einen stummen Kuss dorthin, wo auch immer er gerade war.

Als Snowcat in das Penthouse mit den acht Schlafzimmern zurückkehrte, waren die Kleider vom Vormittag bereits geliefert worden. Snowcat war begeistert. Allerdings würde sie keines der Ensembles heute Abend tragen. Das war nichts für ein Iron Gladiator Game, zu dem Glam Sam für heute Nacht geladen hatte und das sie tatsächlich besuchen würden, da Simon Andrews sich bisher noch nicht hatte blicken lassen. 

Vielleicht war es ja ein bisschen blauäugig darauf zu setzten, dass sich Simon Andrews in seiner außergewöhnlichen Gestalt in New York bewegen würde und darum von Averages Sprite gefunden werden konnte, aber immerhin hatten sie gehört, dass Andrews stolz auf sein Aussehen war. Und wenn sich Andrews in den nächsten drei Tagen noch nicht gezeigt hatte, war immer noch genügend Zeit etwas anderes zu versuchen. 

Snowcat schlüpfte in ihren Lackleder-Catsuit, der so eng saß, dass sich ihre Rippen darunter abzeichneten, nachdem sie die Reißverschlüsse an den Seiten geschlossen hatte. Sie flocht sich zwei Zöpfe und zog schwarze Ankleboots mit 9 Zentimeter Absatz an, die das simple, aber sexy Outfit komplettierten.

Als Assistentin hatte sich Mystique in eine dazu passende Zusammenstellung geworfen. Sie trug 

Lackleder-Hotpants, Gladiatoren-Stiefel, ein schwarzen, armfreien Body mit Stehkragen und dazu Fischernetz-Strumpfhosen.

Starbuck sah die beiden Frauen einen Moment lang an und meinte, „Vielleicht sollte ich mir das mit der Übernahme der Schicht doch noch mal überlegen und mit zu den Games kommen.“

Blackstone schüttelte den Kopf, „Kommt nicht in Frage, wie zwei bleiben hier, gesagt ist gesagt.“

Kami, der unauffällige Freizeitkleidung in Schwarz trug, die er heute erst irgendwo hier in der Stadt gekauft hatte, grinste breit. 

TriXhot, gekleidet in Jeans, Chucks, Tanktop, orangenes Bandana und Holzfällerhemd in Schwarz-Orange, welches sie locker zusammengeknotet hatte, bewunderte gerade noch einmal den mechanischen Drachen, den Average heute mitnehmen würde, da dieser das Highlight seines Blue Collar-Staempunk-Outfits war. Die junge Frau blickte zu den anderen rüber und meinte, „Eh ich’s vergesse. Vorhin beim Joggen haben wir Werbung für ein spezielles Essen im Rahmen der ‚Feed the World‘ Woche bekommen. Morgen findet im Astor ein Insekten-Buffet mit frittierten Vogelspinnen und Wurmpasteten statt, ob das was für den Simon ist?“

Average antwortete, „Bestimmt.“

Mystique sah Average skeptisch an und sagte im barschen Ton, „Warum das denn?“

Average zuckte mit den Schultern, „Weiß nicht. Wo er doch weiße Mäuse frisst.“

„Und was haben weiße Mäuse mit Insekten gemein?“, harkte Mystique zynisch nach.

„Stimmt schon, nicht viel,“, gab Average zu, „aber wenn er lebende Mäuse frisst, frisst er vielleicht auch lebende Insekten.“

Mystique grinste böse, „Ja und vielleicht steht er ja auf außergewöhnliche Jungs und dann bist Du später derjenige, der ganz locker die DNA-Probe besorgt.“

Average schluckte, zuckte dann aber mit den Schultern.

Starbuck schüttelte den Kopf, „Na, in Andrews Profil gab es nichts über Insekten oder Jungs. Er steht auf Frauen und zwar sehr. Es heißt, alles was weiblich und nicht bei drei auf den Bäumen ist, ist nicht vor ihm sicher.“

TriXhot grinste Starbuck an, verkniff sich die Bemerkung aber.

Average überlegte einen Moment und wechselte dann das Thema, „Ob ich bei den Iron-Gladiator auch mitkämpfen kann?“

Mystique grinste wölfisch, „Sicher kannst Du. Glam Sam hat gesagt, er hat dahin gute Kontakte. Möchtest Du?“

Average nickte, „Ja, würde mich interessieren. Ist bestimmt das Gegenteil von langweilig.“

Mystique rieb sich die Hände.

Starbuck erläuterte, „Ey Average, Du weißt aber schon, dass sich die Metamenschen da in Exoskelette setzten und richtig Nahkampf machen?“

Average riss entsetzt die Augen auf, „Nee, das wusste ich nicht. Ich dachte, das wären Kämpfe mit Drohnen. Ist ja doof. Einen passenden Chip werde ich wohl nicht mehr rechtzeitig besorgen können.“ Er strich sich über die Glatze und sah Mystique mit einem unschuldigen Blick an, der an ihr abprallte, „Ich merk gerade, dass mir mein Bein wehtut, dann kann ich wohl doch nicht kämpfen.“ Er setzte sich demonstrativ humpelnd in seinen Transis Steed, seine bequeme Rollstuhldrohne. 

Mystique ignorierte auch das, „Welches Bein tut weh?“, fragte sie kalt.

Average zögerte, „Das Linke.“

Sie fuhren mit Taxis zu dem Treffpunkt, den sie mit Glam Sam ausgemacht hatten, um ihn einzusammeln. Ohne den Transis Steed hätte ein Taxi gereicht, aber mit, nahmen sie lieber zwei, denn sonderlich klein ließ sich das Teil nicht zusammenklappen. 

Glam Sam machte seinem Name wieder alle Ehre. Er trug einen Steampunk-Anzug in Schwarz, samt passender Clockwork-Vest, weißem Rüschenhemd und Zylinder. Seine Hörner hatte er komplett in Chrom gefärbt und an den Hosenbeinen und Hufen befanden sich Zahnräder, die sich bewegten und Düsen, die hin und wieder Rauch ausstießen. Er lächelte breit und begrüßte zunächst die Damen mit einem Wangenkuss.

Als er TriXhot begrüßte und ihre Chucks sah, fror sein Lächeln fest, „Aber, was ist denn dir da passiert? Hat man dich ausgeraubt? Konntest du keine ordentlichen Schuhe bekommen?“

Trixhot war verwundert, „Äh, wieso, das sind ganz normale schwarze Chucks.“

„Ja eben. - Aber kein Problem, dann machen wir eben noch einen Zwischenstopp.“

Er nannte den Taxis eine Adresse und rief den Verkäufern im Schuhgeschäft bereits vom Eingang aus je zwei paar Aston-Prada und zwei Paar Jimmy Choos in TriXhots Größe zu, die er nach namentlicher Begrüßung hingestellt bekam.

Dann reichte Glam Sam TriXhot eine gemusterte Strumpfhose, schickte sie mit sanften Druck in eine Kabine zum Anprobieren und bat sie noch schnell um ihre Jeans.

„Ist sie sehr eigen mit ihren Sachen?“, fragte Sam Snowcat leise.

Snowcat überlegte kurz, „Sie hat ihren eigenen Stil. Aber ich glaube, sie ist vor allem verständnisvoll und kompromissbereit. Wieso?“

Glam Sam ließ Messerklauen aus seinen Fingern fahren, hielt die Hose hoch und kürzte dann locker aus dem Handgelenk die Jeans auf die Länge einer Hotpants, die er TriXhot in die Kabine zurückreichte. „Darum.“, sagte er noch.

TriXhot hatte sich für ein Paar Prada-Stiefel entschieden. Auf dem einem Bein der Stumpfhose war eine verwaschene Flagge der alten USA, die gelegentlich im Rauch wehte und auf dem anderen Bein eine Konföderierten Flagge zu sehen. Das orangene Bandana tauschte Glam Sam gegen ein ebenfalls orangenes Schultertuch aus, dessen Farben sich in keiner Weise mit denen des Hemdes bissen. Mit nur 1000 NuYen war TrIxhot dabei und ihre Chucks sah sie nicht wieder.

Vor dem Geschäft sah Glam Sam Kami an. „Genau! Du passt jetzt nicht mehr in unser schönes Bild, aber auch dir kann geholfen werden.“ Sam blickte in die Runde, „Kommt, wir Mädchen fahren zusammen.“, meinte er locker und stieg mit Trixhot, Snowcat und Mystique in das erste Taxi ein.

Im Wagen nahm Sam sich die Zeit, Snowcat aus sogenannten ‚Snakeskin Make Up‘ erhabene Zahnräder auf die linke Gesichtshälfte zu malen, etwas, worum sie ihn im Schuhgeschäft gebeten hatte. Das entsprechende Döschen nahm er aus einer Halterung an der Innenseite seines Jacketts, wo es neben zahlreichen anderen Flakons und Fläschchen auf seinen Einsatz wartete. 

Kami bekam eine braune enge Hose mit Kupferschnüren um die Oberschenkel, Lederstiefel, ein braunes Hemd und eine lederne Clockwork-Vest verpasst. Average suchte noch ein Zahnrad-Monokel und einen Gehstock für Kami aus. Das Modebewusstsein des Satyrs schien ansteckend zu wirken. Als Bonbon sahen die Kupferschnüre so aus, als würde immer mal wieder Flüssigkeit durch sie fließen und im Gehstock befand sich eine Klinge.

Kami behagte es gar nicht, dass er 4000 NuYen für auffällige Kleidung ausgeben sollte. Doch da er auf Snowcat nicht den Eindruck machte, als hätte er das Geld nicht, grätschte sie nicht ein und steuerte auch keinen Betrag bei. Kami war selbstbewusst genug, um den Mund aufzumachen, wenn ihm etwas nicht passte und außerdem sah er in den neuen Klamotten gut aus. 

Die Frau hinter dem Tresen warf Sam einen fragenden Blick zu. Der Satyr winkte abweisend mit der Hand, woraufhin die Frau Kamis alte Sachen diskret beim Abfall verschwinden ließ.

Im Gegensatz zum sogenannten ‚Terminal‘, der schlechten Gegend von Manhattan, zu der es nur vier befestigte Zugänge gab, waren die Übergänge nach „The Pit“ fließend. Die Taxis fuhren dennoch nur bis zu einem bestimmten Punkt, ab dem die Metamenschen zu Fuß unterwegs waren und das für einen Montag-Abend sogar reichlich. 

Hier gab es eindeutig weniger AR und weniger Sicherheit, aber das war nichts, wodurch die Runner sich unwohl fühlten. Das hier hatte eher etwas von Touristville in Redmond, als von einer Z-Zone. 

Glam Sam bot Snowcat seinen Arm an und gemeinsam liefen sie die Strasse hinunter. Die meisten der Metamenschen, die jetzt unterwegs waren, schienen den selben Weg zu haben. Sie folgten den AR-TAGs mit den kleinen Luftschiffen. Ansonsten war die Flut von Werbung hier erheblich niedriger, als außerhalb von ‚The Pit'. 

Average, Kami und Glam Sam waren nicht die einzigen, die Steampunk trugen, trotzdem war es kein weit verbreitetes Outfit, jedenfalls nicht in der hohen Qualität. „Wenn es verbreitet wäre, hätte ich es natürlich nicht ausgesucht.“, erklärte Sam. 

Die Schlange vor dem ‚Salon De Guerre‘ war mindestens 30 Meter lang. Eine rotgoldene Schrift verkündete, dass die Games in einer Stunde beginnen würden.

Über dem Gebäude tobte über AR ein gewaltiger Luftkampf an dem auch Kampfzeppeline beteiligt waren. Nebel und Rauch wurden sowohl in die reale, als auch in die AR-Luft gepustet.

Glam Sam machte überhaupt keine Anstalten, sich an der Schlange anzustellen. So gingen sie gemeinsam an den Wartenden vorbei und hielten direkt auf die beiden Trolle in altertümlichen Militär-Uniformen samt Pickelhauben zu. 

Einer der Trolle nahm die rote Kordel vor dem Einlass beiseite und winkte dem Satyr zu, „Hallo Sam.“

„Hallo Luigi.“

Luigi sah Snowcat einen Moment lang an und salutierte dann. Es knallte beachtlich laut, als er dabei die Hacken zusammenschlug. „Sam, Du hast Dich selber übertroffen. Was für eine wundervolle Begleitung Du da mitgebracht hast.“

Sam grinste, „Aber Luigi, das ist wirklich zu viel der Ehre. Ich kann doch einfach nur ihre Begleitung sein.“

Luigi nickte zustimmend, dann rief er dem Troll auf der anderen Seite zu, „Eh Mario, hast du bei dir Platz für den Rollstuhl?“

Average hatte sich justament von seinem Sitz erhoben.

Mario nickte und nahm Average den zusammengeklappten, fahrbaren Thron ab.  

Die Schlange hatte es angekündigt, der Laden war brechend voll. Laute Musik brandete ihnen entgegen. 

[Song 2: Timbaland-Give It A Go] In der Mitte befand sich eine Kampfarena, die zur Hälfte mit Gittern und dann bis zur Decke mit Netzen abgetrennt war. Tribünen und Flächen mit Tischen umgaben die Arena. Direkt um die Absperrung gab es eine Stehplatz-Zone für all die, die ganz nah dabei sein wollten. Der ‚Salon De Guerre‘ bot eine perfekte Mischung zwischen Steampunk und Post-Apokalypse. Die Bedienungen trugen Uniformen aus diversen Epochen, wenn sie männlich waren und Hotpants, Siefel, Bodys und Hosenträger, wenn sie weiblich waren. Manche Mädchen befanden offenbar, dass es sich bei gut sitzenden Hosenträger um ausreichend Oberbekleidung handelte. Zu Snowcats Freude konnten sich die Mädchen das von der Figur her leisten und somit stellte das Outfit eindeutig ein Plus für den Fight-Club dar, umso mehr wenn man es mit männlichen Augen betrachtete.

Mehrere der Mädchen winkten Glam Sam zu. Eine von ihnen, eine mit Body unter den Hosenträgern, kam zu der Gruppe rüber und geleitete sie alle an einen Tisch mit guter Sicht auf die Arena. Offenbar hatte Sam reserviert. Das Mädchen hockte sich hin, was ohne Body sicher ein ablenkender Anblick gewesen wäre und sagte, „Hi. Ich bin V.I. und ich betreu Euch heute Abend.“ Dann stellte V.I. einen rostigen Miniatur-Eifelturm auf den Tisch, der die Kämpfe der Nacht mitsamt den Wettquoten in die Luft projizierte. 

Snowcat lächelte V.I. an, „Was kannst du denn an Cocktails empfehlen?“

Sie beäugte Snowcat freundlich lächelnd und antwortete, „Der Spitefire ist lecker und könnte euch gefallen.“

Snowcat nickte, „Gut, dann eine Runde Spitfire zum Probieren, nur der junge Mann dort.“ Sie zeigte auf Average, „der nimmt etwas anderes.“

V.I. sah Average fragend an.

Dieser überlegte kurz und bestellte dann ein Double Energy- Nuke It. „Gibts auch etwas zu essen?“, wollte er dann wissen. 

Snowcat schmunzelte.

„Klar.“, erklärte V.I., „Wie wär’s mit der großen Brezelrunde für alle?“

Average war erst skeptisch, meinte aber dann, „Für den Anfang könnte es reichen.“

Es dauerte nicht lange, dann brachte V.I. sechs riesige Brezeln aus einem Laugenteig, wie sie erklärte und dazu ein Rondell mit 10 Soßen. Snowcat hatte so etwas noch nie gegessen. Es schmeckte gut, obwohl sie gar keinen sonderlich großen Hunger hatte. 

Glam Sam konnte ihnen so einiges über die teilnehmenden Kämpfer in den Exoskeletten sagen, allerdings war er nicht zum Wetten hier und kannte sich nicht mit den Kampffähigkeiten aus. Optisch fand er das blau-glänzende Kampfskelett am Besten, also setzten Snowcat und TriXhot auf den entsprechenden Kämpfer. Er gewann tatsächlich und so investierte Snowcat ihren Gewinn in weitere Getränke für den Abend.

Die Kämpfe waren so ganz anders, als die, die Snowcat aus den Mano-a-mano Arenen kannte. Wenn die Kontrahenten auf einander los gingen, flogen Metallstücke, Eisenspäne und Zahnräder umher. Öl spritze anstelle von Blut. Irgendwie hatte der Anblick der Männer und Frauen in den Gestängen etwas sehr reißvolles und Schäden konnte Snowcat frei von Mitleid registrieren. 

Noch mehr als Snowcat selbst, ging TriXhot bei den Kämpfen mit. Die junge Frau jubelte und feuerte an, bis sie heiser war und danach feuerte sie eben heiser weiter an. 

Snowcats Art war weitaus zurückhaltender, aber auch sie hatte ihren Spaß.

Im Laufe des Abends sah auch die Legende der Iron-Fighter vorbei: G-Man, ein Street-Art-Künstler, der solche Skelette entwarf und wohl die ursprüngliche Idee für die Kämpfe gehabt hatte. 

Die kleine Gruppe kehrte erst nach 2.00 Uhr in der Nacht in das Penthouse zurück. Zu Mystiques übertriebenem Bedauern war Averages linkes Bein nicht besser geworden und so hatte er nicht versucht an einem der Kämpfe teilzunehmen. 

Wahrscheinlich hätte ihm sowieso niemand eines seiner wertvollen Exoskelette zum Ausprobieren geliehen.

[Song 3: Kerli-Bulletproof] Snowcat wagte es nicht nackt zu schlafen. Also zog sie das neongrüne Herrenhemd über, welches einst Ghostfinger gehört hatte. 

Ihr Schlafzimmer war groß genug, um ein üppiges Doppelbett zu beherbergen und zudem noch genügend Platz zum Tanzen zu bieten. Sie hatte kein Licht an und betrachtete aus dem Fenster den nächtlichen Central Park und die Skyline dahinter. Die Sterne glitzerten am Himmel. Der Anblick war einfach wunderschön.

Manhattan. 

New York. 

Als sie vor fast drei Jahren zum ersten Mal hier gewesen war, war alles völlig anders gewesen. 

Snowcat stieß langsam den Atem aus und horchte auf ihren Herzschlag. 

Ohne Craven wäre sie jetzt nicht hier. Nicht nur, weil er ihr den Weg zum Runnerdasein gewiesen hatte, sondern vor allem, da er nicht weit von hier für sie gestorben war. 

Völlig lautlos vollführte Snowcat einen Rückwärtssalto, schlug ein Rad, streckte ihren Körper komplett durch, ließ sich rückwärts in eine Brücke fallen, berührte mit ihren Fingern ihre Fersen und drückte sich, immer noch völlig lautlos, in den Handstand, den sie für einige Sekunden hielt. Sie stellte sich kurz aufrecht hin, nahm in einer Drehung ein Bein fast senkrecht hoch, bevor sie sich im Zeitlupentempo in einen Längsspagat sinken ließ und ihren Oberkörper auf dem vorderen Bein entspannt ablegte. 

So verharrte Snowcat einen Moment, stand dann auf und trat im Anschluss langsam und hüftschwingend zurück ans Fenster. Sie streckte ihre Hand aus und spürte für einen Augenblick nach der Kälte der Scheibe, ohne sie zu berühren. 

Sie dachte an Harlequin, was vielleicht keine allzu gute Idee gewesen war, denn sie vermisste ihn sogleich wieder und diesmal war das Gefühl stark und anhaltend. 

Sie wusste so gut wie nichts über den geheimnisvollen Elfen, in den sie inzwischen bis über beide Ohrspitzen verliebt war. Doch für Snowcat hatte es noch nie eine Rolle gespielt, was sie über jemanden wusste und es war ihr auch egal, ob er ihre Liebe in irgend jemandes Augen verdient hatte oder nicht. Es zählte nur, dass sie seine Gegenwart und die Zeit mit ihm genoss und, dass er sie gut behandelte. Außerdem würde es Spaß machen, Harlequin nach und nach das eine oder andere Geheimnis zu entlocken.

Oh ja, sie genoss seine Gegenwart jedes Mal und ebenso die Geschichten, die er zu erzählen vermochte. Sie war verliebt in sein Lachen, sein Selbstbewusstsein und in seinen männlichen Duft. Es kribbelte in ihr, wenn sie sich vorstellte, von ihm berührt zu werden. Ein Kuss von ihm konnte sie alles vergessen lassen und das gemeinsame Liebesspiel entführte sie in eine Welt voller Lust und Leidenschaft und glich einem Flug direkt in den siebten Himmel.

Katze sprang auf das Fensterbrett und folgte Snowcats Blick über den Park, ‚Du kannst ruhig so etwas Unsinniges tun, wie ihn vermissen, Elfenmädchen, solange Du Dir von ihm nicht irgendwann das Herz brechen lässt.’

Snowcat lächelte mit einem liebevoll Blick zu Katze hinunter, ‚Na ich hoffe mal nicht, dass er vorhat, mir das Herz zu brechen Katze.’

Katze sah nun ein wenig überrascht zu Snowcat auf, ‚Oh! Du willst tatsächlich sagen, dass er in der Lage wäre, Dir das Herz zu brechen Elfenmädchen?’ 

Snowcat überlegte kurz. ‚Um ehrlich zu sein und zu Dir bin ich ja immer ehrlich Katze, hat er schon damals mit dem ersten Kuss auf dem Flughafen von Sarajevo etwas tief in mir berührt. Also ja, ich glaube, er könnte mir das Herz eventuell brechen, wenn er wollte. Doch im Moment bin ich einfach nur verliebt und vermisse ihn.’

Katzes Schwanz schlug langsam hin und her, sie beäugte Snowcat einen Augenblick und meinte dann, ‚Das gefällt mir nicht Elfenmädchen. Die wenigsten Männchen sind so dreist einer Frau freiwillig das Herz brechen zu wollen. Meistens tun sie das nur aus Dummheit oder, weil sie ihre Libedo nicht in dem Maß unter Kontrolle halten können, wie die Weibchen es gerne hätten.’

Snowcat lachte leise, ‚Dann musst Du Dir keine Sorgen machen Katze. Harlequin ist weder dumm, noch willensschwach.’ Sie hockte sich zu Katze hinunter und kraulte sie hinter den Ohren, ‚Doch selbst wenn Harlequin mir das Herz brechen sollte, wäre das doch nicht weiter schlimm. Dann hätte ich zumindest auch diese Erfahrung einmal gemacht und Liebeskummer soll ja sehr inspirierend sein.’ Snowcat sprach nun noch sanfter, ‚Weißt Du Katze, Liebe ist viel zu wundervoll, um sich wegen ein paar Gefahren nicht darauf einzulassen.’ 

Katze neigte leicht den Kopf, ‚ Und lieben zu können, ist eine Gabe. - Elfenmädchen, Du bist ziemlich weise für ein Elfenmädchen.’ Sie rieb sich schnurrend an Snowcat, bevor sie vom Fensterbrett sprang. 

Snowcat wischte über einen Sensor am Fenster und der schwere Vorhang schloss sich langsam und leise.

Sie krabbelte in das leere, große Bett, kontrollierte die Position ihres Daypacks daneben, verstaute das Commlink in seinem Case und schob das Paket unter eines der Kopfkissen. Erst dann kuschelte sie sich unter die Decke.

Bei den Iron-Gladiator-Games war ihr die Idee zu einem Gemälde gekommen. Zwei kämpfende Exoskelette in der Mitte des Bildes, umgeben von einer Gesellschaft aus Metamenschen, wie sie im 19.Jahrhunderts ausgesehen hätte und über all dem tobte eine Schlacht von Luftschiffen und mechanischen Dachen. Das Besondere an dem Bild wäre dabei, dass die ‚Blauzeichnungen‘ von Exoskeletten, Metamenschen, Schnittmustern der Kleidung und Konstruktionszeichnungen der Luftschiffe in das Realbild übergehen würden. 

Snowcat begann in Geist mit den ersten Skizzen. Das lenkte sie von den Gedanken an Harlequin und dem Verlangen nach Sex ab, der sich mit dem Verstreichen von Tagen und Nächsten ohne ihn zusätzlich in ihr breit machte. 

Ja, Snowcat vermisste Harlequin, was sich gut und schlecht zugleich anfühlte. Und auch wenn sie sich nicht davor fürchtete, dass er ihr Herz brach, so hoffte sie doch, dass er es nicht tun würde. 

❄❄

Am nächsten Morgen wurde sie von gedämpften Geräuschen geweckt. Nichts wirklich Greifbares, sie waren einfach nur Zeichen davon, dass Snowcat nicht allein in diesem gewaltig großen Penthouse war. 

Sie kuschelte sich noch einen Augenblick in ihrer eigenen Restwärme zusammen, bevor sie sich streckte und das Bett für einen Gang unter die Dusche verließ. Ihr Schlafzimmer hatte ein eigenes Bad, also war der Weg nicht sonderlich weit. 

Snowcat genoss das Gefühl, wie das warme Wasser ihren wohl proportionierten, schlanken Köper herunter lief. Sie wusch ihr schneeweißes Haar und ließ es im Anschluss mit der Warmluft der Duschkabine trocknen, allerdings nur so lange bis ihre perlweiße Haut völlig trocken war. Nachdem sie ihre Haut gewissenhaft mit der ‚Kiss Of Winter‘-Köperbutter verwöhnt hatte, zog sie frische Unterwäsche an und schlüpfte noch mal in das grüne Herrenhemd, bevor sie mit leicht feuchten, offenem Haar, zu den anderen in den Wohnbereich ging.

Es war bereits nach 11.00 Uhr. Auf dem blauen Himmel über dem Central Park spielten weiße Schäfchenwolken fangen.

 [Song 4:Deep Blue Something-Breakfast At Tiffanys]  Average saß am Küchentisch und war mit einer Portion Honey Puffs mit extra Schokoladenflocken beschäftigt. Sein Blick wanderte schon fast automatisch zu ihr. Er schien einen Moment abzuwarten und da nicht mehr als ein Lächeln über Snowcats Lippen kam, widmete er sich wieder seinen Cerialien. 

Kami, gekleidet in dunkle Jeans und ein eng sitzendes, schwarzes T-Shirt, - ein überaus leckerer Anblick- lümmelte sich lässig auf einer Couch vor dem Trideo, dessen Schirm irgendeinen asiatischen Ninja-Film zeigte. Er hustete kurz, denn er hatte sich bei Snowcats Eintreten an seinem Saft verschluckt, stellte nun aber sein Glas ab und behielt Snowcat aufmerksam im Auge. Er machte keinen Hehl daraus, dass ihm gefiel, was er da sah. 

Blackstone hatte eine schwarze Trainingshose und ein weißes T-Shirt an. Auf seiner dunklen Haut wirkte das weiß regelrecht strahlend. Er schaute von seinem News-E-Paper, in dem er auf der Sitzgruppe vor dem Fenster gelesen hatte, kurz zu Snowcat auf und lächelte, „Keine Zeit gehabt zum Anziehen? Wenn Du willst das Unfälle passieren, stell Dich ans Fenster.“ Es senkte seinen Blick, griff nach seinem Becher mit Kaffee und fügte deutlich hörbar hinzu, „Das ist nicht Boston. Vielleicht solltest du doch etwas mehr anziehen und die anderen nicht verwirren.“ Auf dem Teller an seinem Platz fanden sich die letzten Krümmel von dem dunklen Brot, dass er gegessen hatte und das schwer zu bekommen gewesen war und extra bestellt hatte werden müssen. Bei seinem Votum dafür, war er von TriXhot unterstützt worden.

Verwirrt sah nach Snowcats Ermessen überhaupt niemand aus, allerdings stand Starbuck in dunkler Jeans und mit freiem Oberkörper an einem der Fenster der breiten Front und blickte über den Central Park. Ein guter Grund, um wirklich ans Fenster zu treten.

Mystique, die sich ebenfalls auf auf einem der Sessel der Sitzgruppe am Fenster niedergelassen hatte, hob ob Blackstones Bemerkung eine Augenbraue und wischte Snowcat eine Datei rüber. Auf der Datei befand sich unter der Überschrift ‚Hallo Cathrine’, der Wetterbericht, die zu erwartenden Lichtverhältnisse im Central Park, die Top News von New York, die 20 meist aufgerufenen MeFeeds der vergangenen 24 Stunden und die Information darüber, dass sie 27 MeFeeds mit Bildern von Snowcat gefunden hatte. Letzteres war mit dem Vermerk, ‚Allerdings lasse ich eine sehr gute Gesichtserkennung laufen, schlechtere kann Dir wahrscheinlich nicht alle MeFeeds zuordnen‘ versehen. 

Snowcat lächelte Mystique an und nickte ihr dankend zu.

Starbuck hatte auf dem schmalen Fensterbrett einen Muffin und einen Becher Kaffee zu stehen, der, wie Snowcat ihn kannte, wahrscheinlich nicht sein erster Kaffee war. Als er Snowcat in der Spiegelung der Fensterscheibe erblickte, schluckte er unbewusst und holte im Anschluss tief Luft. 

Starbuck lächelte sie über die Schreibe hinweg an und drehte sich dann zu ihr um. Er sah noch ein wenig müde aus.

Snowcat legte den Kopf leicht schief und ihr eisweises Haar ergoss sich einer Kaskade gleich zur Seite, „Na, wenig geschlafen?“, fragte sie.

„Ja, bin ziemlich spät ins Bett. Ich habe ne Ewigkeit hier gesessen und den Ausblick genossen. Irgendwie hat es mich dann inspiriert und ich hab angefangen ein neues Musikstück zu erschaffen. Tja und dann konnte ich nicht aufhören. Der Ausblick mit RL und AR zusammen mit der Matrix in meinem Kopf, das war phantastisch. Ich hatte auf einmal ganz viele Ideen und habe vieles probiert. Ist ein ruhiges Lied und es hat noch keinen Titel. Mal sehen, vielleicht passt folgender „Das ist für Dich! Weil Du was ganz besonderes bist!“ Er schmunzelte und zwinkerte Snowcat zu.

Sie lächelte ihn im Gegenzug bezaubernd an.

Starbuck betrachtete Snowcat einen Augenblick und meinte dann, „Wie geht es Harlequin? Lass mich raten- es ist sein Hemd, oder?“

Snowcat wechselte zu einem geheimnisvollen Lächeln und schüttelte leicht den Kopf „Nein, das Hemd ist keins, was Harlequin mal gehört hat. Aber wie auch immer, jetzt ist es meins.“ Nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu, „Ist Dir der mögliche Text zu dem Song im Traum eingefallen?“

Starbuck überlegte einen Moment, „Nein, so etwas in der Art kam mir direkt beim Komponieren in den Sinn. Merkwürdiger Weise habe ich in letzter Zeit immer einen ähnlichen Traum. Aber ich kriege ihn nicht zu fassen. Ich erinnere mich an einen bestimmten Geruch. Er kommt mir bekannt vor und dann auch wieder nicht. Wenn ich dann aufwache, will ich immer gleich wieder einschlafen um den Traum wieder einzufangen. Das klappt aber nie.“

„Hmm? Vielleicht probierst du ja mal vor dem Einschlafen an den Traum zu denken und dabei stellst du dir vor, wir du die Szene fotografierst oder wie du für dich den Geruch beschreibst. Vielleicht kannst du dich dann irgendwann tatsächlich daran erinnern. Ich habe mal gelesen, dass das helfen soll.“

Er nickte, „Okay, das probier ich mal. Danke für den Tipp.“

„Immer gern.“, erwiderte sie und schlenderte dann hüftschwingend an den Kaffeevollautomaten, um einen Milchkaffee in Auftrag zu geben. Während der Zubereitung ging sie an den Kühlschrank, suchte eine Grapefruit heraus, halbierte diese und legte sich beide Hälften auf einen Teller, um sich dann mitsamt Tasse an den Küchentisch zu Average zu setzten.

Justament betrat TriXhot einen Fred Astaire Song pfeifend, den gemeinsamen Wohnbereich der Suite. Sie trug ein bauchfreies, schwarzes Tanktop und eine Basketballshorts aus dem Hause Bodyline. Ihr halblanges, blondes Haar war ebenfalls noch leicht feucht und sie hatte ein Handtuch um die Schultern gelegt, das sie nun abnahm und im Vorbeigehen mit einem breiten Grinsen auf den Lippen Starbuck auf den Hintern klatschte.

Starbuck beschwerte sich nicht und sagte stattdessen, „Guten Morgen! Schon so früh unterwegs? - Ja, ok es ist nicht mehr so früh.“

TriXhot lachte, „Das stimmt allerdings. Ich war schon mit Kami joggen, während du noch süß geschlummert hast.“ Die junge Frau nahm sich eine Schale mit Müsli und Obst und setzte sich dann ebenfalls an den Tisch. 

Ein Umstand, der Kami erfreute. Immerhin musste er nun seine Aufmerksamkeit nicht mehr zwischen TriXhot und Snowcat aufteilen und konnte beide Frauen gleichzeitig betrachten.

Starbuck gesellte sich mit Kaffee und Muffin zu ihnen. „Und, was steht heute so an?“, fragte er in die Runde und zugleich an Snowcat gewandt.

„Ein ähnliches Programm wie gestern, denke ich. Ich werde das Licht am Mittag und Nachmittag nutzen, um die Tarnung aufrecht zu erhalten und das Belvedere Castle zu malen. Vielleicht kann ich da noch etwas Relevantes herausbekommen. Einen speziellen Zeitplan für heute gibt es nicht. Wenn Andrews sich blicken lässt, müssen Average, Kami und TriXhot bereit stehen, sollten also in der Nähe sein, um loslegen zu können.“

Average nahm sich eine Cola aus dem Kühlschrank, „Es wäre ja mal interessant, zu wissen, wie es in dem Haus aussieht.“

Starbuck meinte sofort, „Daran arbeite ich ja. Ich muss erstmal einen kleinen Weg für eine Drohne da rein finden. Heute Nacht werde ich damit beginnen das Gebäude mit dem Ultra-Wideband-Radar zu vermessen. So gut es geht, sollte dann nach und nach ein Raumplan entstehen.“

Average verzog das Gesicht, „Na so richtige Informationen über das Innere des Hauses bekommen wir mit der Vermessung auch nicht. Und bevor wir da reingehen, sollen wir wissen, wie es da aussieht. Wir müssten mal mit jemanden sprechen, der schon da drin war.“

Snowcat sah Average an, „Hast Du auch einen Vorschlag, wen wir fragen sollen?“

„Nö, noch nicht, aber der lässt sich sicher leicht finden.“

Mystique horchte auf, „Ach was und wie findest Du den?“

Average blieb mega gelassen. „Ich frag einfach in der Matrix.“

Starbuck wandte ein, „Naja, Pläne gibt es in der Matrix jedenfalls nicht. Danach hab ich schon gesucht.“

„Ja, ich weiß doch,“ meinte Average nur, „darum will ich ja auch jemanden fragen.“

Mystique sagte sofort, „Das ist eine ausgezeichnete Idee. Mach das doch.“

Average war überrascht, „Echt? Jetzt gleich?“

Mystique hatte inzwischen fast schon ein diabolisches Grinsen aufgesetzt, „Ja, genau. Jetzt.“ Sie machte eine kurze Pause und fügte im harten Tonfall hinzu, „Aber natürlich nicht hier, sondern draußen. Zum Beispiel im Central Park.“

Average hatte es sich schon in einem Sessel bequem gemacht, „Häh? Wieso denn draußen?“, wollte er leicht schmollend wissen.

„Na weil ich keine Lust habe Stress zu bekommen, weil irgendwer Dich bis zum Penthouse verfolgt.“

Average war nicht begeistert, „Mir tun meine Füsse aber immer noch von Sonntag weh, wo wir die ganze Zeit durch den Park gelaufen sind.“

„Ach was, Du nimmt einfach wieder deinen Rollstuhl. Ich begleite dich auch und pass auf dich auf,“, lenkte TriXhot ein.

„Gut, dann los.“, Average stand auf und überbrückte die wenigen Schritte bis zu seinem fahrbaren Stuhl.

TriXhot hatte Average tatsächlich ein Eis gekauft, damit er sich unauffällig in der Matrix rumtreiben und auf seinem Stuhl an einer Stelle sitzen bleiben konnte. 

Über das Fernglas hatte Snowcat von hier oben im Penthouse einen guten Blick auf die Szene. Natürlich hätte sie das Fernglas nicht gebraucht, denn Starbuck hatte probeweise Eyeball-Drohnen, Sonnenbrillen und Ohrhörer für das taktische Netzwerk an das Manhattan-Team verteilt.

Mystique erklärte grinsend, «Wenn Du irgendwelchen Stress hast Average, heb einfach die Hand. Ich hab die Waffe durch die Eistüte hindurch direkt auf deinen Kopf gerichtet und kann im Nu alle Probleme lösen.»

«Manno,“, brummte Average, «Mystique ist ganz schön garstig zu mir. Ich hab etwas Angst.»

«Ach was,» beschwichtigte Snowcat, «Sie kommt Dir nur so gefährlich vor, weil man nie weiß, wer sie gerade ist. Manchmal geht sie sogar als Blackstone.»

«Ja. Und manchmal gehe ich sogar als Eistüte.», konterte Mystique.

Kami lachte ansteckend und er konnte sie kaum beruhigen, «Sorry.», erklärte er ein wenig atemlos, «Aber ich hab mir gerade vorgestellt, wie Average was erzählt und Mystiques Faust aus der Eistüte rauskommt und ihm eine donnert.»

Average zögerte, bevor er weiter an dem Eis leckte, allerdings überzeugte ihn dann wohl sein Appetit. 

Eine Stunde später erklärte der Afroamerikaner resigniert, «Nix. Ich bekomm aber auch so gar nix über das Innere des Belvedere Castle raus. Ich weiß gar nicht, wie unser Auftrag da klappen soll?»

«Man, warte es doch einfach ab.», sagte Starbuck daraufhin, «wir kriegen da schon noch was raus. Es dauert eben nur ein bisschen. Aber bis Samstag ist ja auch noch hin.»

Snowcat hatte sich inzwischen angezogen, - ein dunkelblaues, langärmliges Minikleid, nebst passenden Pumps und Seidenstrümpfen, das Wetter ließ es zu, dass sie weder Jacke noch Mantel benötigte- und saß wieder malend im Central Park. Sie hatte die Position im Vergleich zu gestern ein Stück gewechselt, um eine andere Perspektive zu erhalten und dennoch kam die berittene Patrouille mit den beiden schnieken, uniformierten Angestellten von NYPD-Incorporated regelmäßig und mehrmals in den knapp vier Stunden vorbei. 

Kurzerhand ließ Snowcat sich von Mystique ein Papier auf einen Rahmen ziehen und sich die Zeichenkreide geben. Schnell und mit den geübten Fingern eines Künstlers, skizzierte sie die beiden Männer zu Pferd, umgab sie mit ein wenig Central Park und deutete im Hintergrund die Skyline von ganz Manhattan an. So war es in der Realität nicht zu sehen, aber die Botschaft war klar: diese Helden wachten über den Sprawl. Im Anschluss gab sie die Skizze an ihre Assistentin. Beenden würde sie das spontane Werk später. 

Kami hatte noch etwas besorgen wollen, Starbuck hatte ihn begleitet und Snowcat hatte die beiden gebeten, ihr etwas von dem Stand mit den italienischen Kleingebäck für den Nachmittags-Espresso mitzubringen. 

Großzügig wie Starbuck in solchen Dingen war, hatte er eine Auswahl für alle mitgebracht und nun saßen sie gemütlich in der Lounge der Suite beisammen. Snowcat hatte ihre Schuhe ausgezogen und die Beine seitlich angewinkelt hochgenommen. Sie biss gerade in eine mit Mokkacreme gefüllte Profiterole, als Average aufgeregt aufsprang und dabei etwas von seinem Energydrink verschüttete. 

Es war 16.23 Uhr.

„Hey, hört mal, mein Helferlein hat gepingt. Vor genau zwei Stunden wurde Simon Andrews bei seiner Ankunft am JFK lokalisiert.“

Alle blieben ruhig und sahen Average erwartungsvoll an. „Und wo ist er jetzt?“, fragte Mystique als Average stumm blieb.

„Wo er jetzt ist, kann ich nicht sagen, aber er hat dann einen Heli genommen und ist nach Manhattan geflogen. Und … äh, vor jetzt genau 11 Minuten war er am Checkpoint in der 38. Strasse und hat von dort den ‚Terminal‘ betreten.“

Kami und TriXhot standen auf und griffen nach ihren bereit gestellten Taschen. „Na dann komm.“, forderte TriXhot Average auf.

Average zögerte, dann besann er sich, „Ach ja, ich kann ja Alles und soll sicher auch mit, weil ich mich in sein Commlink hacken und schnell mal Infos aus der Matrix ziehen kann.“ 

„Und weil Du Simon, wie besprochen, mit einer Drohne auch aus der Entfernung beobachten kannst.“, fügte Snowcat in sanften Tonfall hinzu.

Average zog die Stirn kraus, „Ja okay, aber mit welcher Drohne denn?“

Mit dieser Bemerkung hatte er alle Augen auf sich gerichtet. Auch die von Kami und TriXhot, die bereits in urbaner Freizeitkleidung an der Tür standen, wo TriXhot gerade noch ein Stück Panzerung an der Jeans befestigte und Kami ein Basecap der New York Mets aufsetzte.

„Hast Du keine Drohne mit?“, fragte Snowcat ruhig.

Average kratzte sich den Glatzkopf, „Nee, hab ich nicht.“

Verdammt, wie hatte Snowcat das nur nicht bemerken können. Sie sah zu Starbuck rüber und der sagte sofort, „Ich borg dir eine von meinen Dragonflys, aber wenn die kaputt geht, musst du sie mir ersetzten.“

Avarage nickte, „Ja, danke. Geht klar.“

Kami hatte sich vorhin tatsächlich noch einmal das selbe Outfit wie am Vortag besorgt. 

Mystique verabschiedete die Drei mit den Worten, „Lasst Euch bloss nicht von Glam Sam erwischen.“

Gut 10 Minuten später kam Mystique mit einer riesigen Schüssel Popcorn zur Sitzgruppe zurück und stellte sie auf den kleinen Tisch. Blackstone sah sie fragend an. Sie ließ sich in einen Sessel fallen und meinte locker, „Das macht man so, wenn sich Freunde zu einem gemütlichen Trideoabend in so guter Qualität zusammensetzten. Und ich bin sicher, Starbuck stellt uns immer den besten Blickwinkel zur Verfügung.“

Snowcat lächelte, streckte die Beine auf der Couch aus und nahm sich demonstrativ eine Handvoll Popcorn. Dank des TacNet konnten sie wirklich live dabei sein und, wenn nötig, sogar hilfreiche Anweisungen geben. Starbuck konnte dabei gleich mal testen, wie er die Informationen am besten verarbeitete. Den großen taktischen Vorteil konnten die Drei auf der Strasse allerdings noch nicht aus dem Netzwerk ziehen, dazu war ihre Gruppe zu klein.

Als TriXhot, Kami und Average, der zu seinem Leidwesen schon wieder zu Fuß unterwegs sein musste, die Z-Zone über den gesicherten Checkpoint betraten, schaltete Snowcat in einem kleineren Fenster eine weiteren Feed zu und ließ darin eine Vorlesung laufen. Das war für sie eine gute Übung, mit den Informationen aus zwei unterschiedlichen Monitoren gleichzeitig fertig zu werden.

Der Übergang in den Terminal war krass. [Song 5: 24 Soundtrack-Closing To Saunders] Die bunten AR-Bilder verschwanden fast vollstaändig und die Runner schalteten ihre Commlinks augenblicklich in den ‚hidden-mode‘. 

Das gepflegte Stadtbild von Manhattan war verschwunden und durch ein eigentümlich, düsteres, schmutzigeres, aber irgendwie auch verträumtes Bild aus vergangenen Tagen ersetzt worden. Das neue Bild hatte etwas von einer Mischung aus Hinterhof und Amüsiermeile. Joyboys und Girls jeglicher Couleur stürzten sich auf das frische Blut in Form von Average, TriXhot und Kami. Sie boten ihn verbal so einiges an, wurden dabei jedoch nicht allzu aufdringlich. Die reichliche Auswahl an Mädchen gab Snowcat einen ziemlich guten Hinweis darauf, wohin der erste Weg von Simon geführt haben konnte, aber TriXhot, Kami und Average einigten sich darauf, besser keine Frage nach dem Echsenmann zu stellen.

Sie hielten stattdessen nach einer Kneipe oder besser einem Pub Ausschau, fanden aber keinen englischen sondern nur einen irischen Pub. Wenn Simon durch und durch Engländer war, wäre er wohl nie in einen irischen Pub in New York gegangen, außer, um zu provozieren. Dennoch warf TriXhot geschwind einen vorsichtigen Blick hinein. Wie erwartet, war Simon dort keiner von den Gästen am frühen Abend.

Außer dem Pub war der kleinen Gruppe noch der Hinweis auf ein Café etwas tiefer im Terminal aufgefallen. Das ‚Apple Press Café‘ warb mit anarchistischen Slogans und schmackhaften Kaffeespezialitäten. 

Average öffnete mit Schwung die Tür, brachte das kleine Glöckchen darüber wild zum Klingeln und rief der jungen, einigermaßen hübschen Frau hinter der Theke zu, „Zwei Kakao und einen Kaffee bitte.“

Die zwölf einheimischen Gästen, Orks, Elfen, Menschen und Zwerge, die nicht in rassenspezifischen Gruppen beisammen saßen, hatten das Trio offenbar augenblicklich als ‚Touristen‘ katalogisiert. Die Gespräche verstummten, die Barista hielt in der Bewegung inne und alle starten die Neuankömmlinge an. Wäre die Musik nicht vom Chip gekommen, hätte wahrscheinlich auch sie aufgehört zu spielen. 

Trixhot lächelte tapfer und wäre offenbar am liebsten im Boden versunken. 

Kami hätte sich stattdessen wohl lieber in Luft aufgelöst, bewegte sich jetzt aber geschmeidig und schnell an einen Tisch und tat so, als würde er die beiden anderen nicht kennen, was ihm wahrscheinlich schon aus Prinzip niemand abnahm und dafür sorgte, dass Trixhot kurz die Lippen zusammenpresste.

Entweder fand Average diesen Auftritt überhaupt nicht schlimm oder aber, er ließ es sich nicht anmerken. Er trat lockeren Schrittes an die Theke und wiederholte nach einem freundlichen ‚Hallo‘ seine Bestellung.

Die Barista grinste, „Also zwei Kakao und einen Kaffe für Dich. Auch Kuchen? Unser Käsekuchen ist gut.“

Trixhot stellte sich neben Average, „Au ja, drei Stück Käsekuchen nehmen wir auch.“ Sie beugte sich mit verschwörerischer Miene vor, „Nicht wundern, der Elf ist mein Exfreund und wir haben uns tierisch gestritten und nun hat er sich ein bisschen albern und schmollt. Ich bring ihm sein Zeug dann an seinen Tisch.“

Einige der anderen Gäste hatten ihre Gespräche wieder aufgenommen, aber ein Teil der Leute hörte ihnen immer noch zu. 

Die Barista lächelte, „Ja okay. Mach das mal.“

TriXhot brachte Kami Kaffee und Kuchen und dieser blickte stur geradeaus. Average überwies den entsprechenden Betrag und dann setzten die beiden sich an einen anderen Tisch und dort echauffierte TriXhot sich gekonnt, „Nun sag doch mal ehrlich Jo, was soll ich denn sonst machen? Es geht doch nun mal gar nicht, dass Mic sich an so einen Scheiß-Konzern verkaufen will. Ich muss ihm doch wichtiger sein.“

Mystique begann leise zu lachen.

Average stieg sofort in die Szene mit ein und improvisierte. Im Tonfall eines bekifften Mediators antwortete er, „Du, ich verstehe dich total. Das geht nicht. So etwas darf man nicht machen, nur weil die Kohle stimmt. Konzernnutten sind ja auch nichts für dich.“

Nun sah sich Kami in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt, was ihm sichtbar nicht behagte.  Seine Körpersprache änderte sich. Zumindest passte das wenigstens zu seiner Rolle, die ihm spontan aufgezwungen worden war. Zwei Zwerginnen warfen ihm von ihrem Tisch aus besonders giftige Blicke zu. 

Average fragte unterdessen, „Wie läuft es denn sonst so zwischen euch? Wann hattet ihr das letzte Mal Sex?“

Snowcat und Mystique lachten gleichzeitig los und Mystique meinte noch, „Das ist ja noch unterhaltsamer, als ich dachte.“

TriXhot hustete und sagte entrüstet, „Was hat denn das jetzt damit zu tun?“ Und dann bauten die zwei ihr Gespräch tatsächlich aufs Vortrefflichste aus, bis Trixhot sich schließlich erbarmte und mit Average zu Kami an den Tisch trat, um mit ihm zu reden.

„Können wir das vielleicht draußen besprechen?“, fragte der süße Elf geistesgegenwärtig.

Das gab den Dreien die Gelegenheit, das ‚Apple Press Café‘ zu verlassen.

Draußen auf der Strasse, auf der keinerlei Fahrzeuge fuhren, fluchte TriXhot leise, „Oh man, war das da eben Scheiße von uns. Wir hatten ja überhaupt nichts abgesprochen. Wenn Andrews von uns hört, hält er uns für völlige Idioten.“

Kami zuckte mit den Schultern und atmete erstmal tief durch, „Egal, dann unterschätzt er uns wenigstens.“

TriXhot war nicht überzeugt, meinte dann aber, „Lasst uns mal dahinten in dem Hauseingang warten und gucken, ob wer nach unserem Besuch auffällig das Café verlässt. Vielleicht führt uns das ja weiter.“

Den Schluss konnte Snowcat nun gar nicht nachvollziehen, doch das spielte im Moment keine Rolle.

Sie drückten sich in einen Hauseingang, wo Average schnell mal in der Matrix verschwand. Kurz danach erzählte er, „Es gibt direkt an der Penstation ein Geschäft, das ‚Firesale', da kann man wohl gut alles an illegaler Software bekommen, was man mag. Damien, der Boss und Zwerg, hat es angeblich nicht so mit Technomancern. Ansonsten bekommt man auf dem Markt da an der Penstation auch Drogen, Waffen und solchen Kram, aber halt auch Essen.“ 

Tatsächlich verließen bald darauf die zwei Zwerginnen, die Kami beäugt hatten, das Café, sahen sich rechts und links um und liefen dann schräg rechts voraus die Strasse runter, um gleich in die nächste kleine Strasse abzubiegen.

Die drei Runner folgten ihnen im ausreichenden Abstand und landeten einige Minuten später mitten im Markt um Penstation, wo sie die Zwerginnen zunächst aus den Augen verloren.

Average wandte sich an einen der Drogenverkäufer und fragte ihn nach Partydrogen oder Potenz fördernden Mitteln für seine Freunde, ‚das zerstrittene Pärchen‘, was ihm ein Kopfschütteln von Kami, ein Augenverdrehen von TriXhot und 3 Päckchen Galak vom Händler einbrachte und Average 75 ¥ kostete. 

Nachdem Average bezahlt hatte, entdeckten Trixhot und Kami die beiden Zwergen-Mädchen an einem Stand mit Gemüse und Obst. Die Mädchen sahen gerade zu ihnen rüber und TriXhot winkte ihnen spontan zu.

So weit so gut. Als Trixhot nun mit ihren Jungs zu den Zwergen rüber ging, war Snowcat ein wenig verwundert. Aber sicher würde sich gleich aufklären, was sie damit bezweckte. Snowcat hätte auch nachfragen können, aber sie wollte die drei nicht glauben lassen, dass sie ihnen das nicht zutraute. 

Mystique warf breit grinsend ein Popcorn nach Snowcat.

„Nee, lass mal.“, sagte eine der Zwerginnen gerade zum Händler, „wir können uns nur einen Apfel leisten.“

TriXhot sprach die Mädchen an. Im Laufe des folgenden Gesprächs entschuldigte sie TriXhot für die Szene im Café und erklärte, dass nun alles wieder besser sei. Die zwei freundlichen kleinen Frauen boten ihre Hilfe an und wollten den Touristen gerne zeigen, wo man hier ein gutes Coffin-Hotel fand, in dem man preiswert übernachten konnte. Zum Dank bezahlte Average vier Äpfel, die 50 ¥ kosteten.

Hmm, worauf das wohl hinauslief? Snowcat zuckte mit den Schultern. Vielleicht musste Simon ja auch irgendwo unterkommen.

Also folgten die drei Runner den beiden Zwergen-Mädchen zwei Strassen weiter zu ‚Lacy’s Coffin Motel‘, wobei Motel natürlich völlig geprahlt war, hier gab es ja keine Autos.

Das Hotel wirkte alt, heruntergekommen und dennoch erträglich sauber. Hinter dem vergitterten Counter war ebenfalls ein Zwerg und in der kleinen Lobby saßen drei weitere und drei zusätzliche Exemplare hatten vor der Tür gestanden, die sich übrigens soeben aufmachten, den Runnern ins Haus zu folgen. [Song 6: Matrix Soundtrack-The Hotel Ambush]

Moment. Das war nie und nimmer ein Zufall. Neun Zwerge. Zwei weiblich, sieben männlich.

Die beiden Zwergen-Frauen zogen Waffen.

TriXhot tat es ihnen blitzschnell nach, preschte vor und hielt eine ihrer Pistolen in Richtung des Zwergs hinter dem Counter. „Freeze!“, zischte sie ihn an.

Kami zog ein Messer aus der Tasche, nahm den Arm nach unten und hielt es einer der Zwerginnen an den Hals.

Average hob gelassen die Hände und meinte wieder in seinem bekifften Tonfall, „Hey, hey, hey. Können wir das nicht friedlich regeln?“

Die Zwerge sahen allesamt nicht beeindruckt aus.

Der Typ hinter dem Counter ließ sich fallen.

Die Mädchen schlugen mit ihren Schlagstöcken auf Kami ein. Doch er wich beiden Hieben aus.

Die drei Zwerge in der Lobby zogen Taser und schossen sich auf TriXhot ein, die einen ihrer ästhetischen Ausweichtänze darbot und nicht getroffen wurde.

Die Männer von draußen stürmten rein. Zwei von ihnen fanden wohl, dass Kami noch mehr Zwerge vertragen konnte. Dem dritten Angriff wich Kami wieder locker aus, doch der vierte Schlag traf ihn überraschend gut und er ging wild zuckend zu Boden.

Der dritte Zwerg von draußen hatte es auf Average abgesehen und schlug ihm mit der Faust in den Unterleib. Average frass den Hieb wie ein Mann und schlug nun seinerseits heftig zu. Sein Gegner stöhnte und taumelte leicht.

TriXhot schoss zweien der Zwerge bei Kami die Waffen aus den Händen. Sie traf hervorragend. Blut spritze und die Jungs krümmten sich laut schreiend zusammen.

Average schlug ein weiteres Mal nach seinem Gegner und wieder musste der Zwerg aufstöhnen, er taumelte stärker und ging schließlich zu Boden.

Kami schaffte es nicht, sich aufzurichten, so gewaltig zuckte er vor sich hin.

TriXhot schoss zwei weiteren Zwergen in die Hände, die sofort jegliche Kampfhandlungen einstellten und sich vor Schmerzen und Schreck brüllend das hielten, was von ihren Armen übrig war.

TriXhot hatte in Windeseile die Munitionsart gewechselt. Nun schoss sie mit Stick’nShock auf die beiden Mädchen, die sie in diese Falle geführt hatten. Es zischte und stank nach verbrannten Fleisch, als die beiden Mädchen sich nun ebenfalls unkontrolliert am Boden wanden.

„Hey,“, rief Snowcat Starbuck zu, „gute Geruchsanalyse-Software.“

Noch drei Zwerge übrig.

Die zwei Zwergen-Boys, die noch standen und zu sehen waren, wollten ihr Panier ergreifen und fliehen.

Average schlug nach einem und hielt ihn so lange genug auf, dass TriXhot ihn schocken konnte. Die Blitze zuckten so heftig über den kleinen Mann hinweg, dass er zu kokeln begann.

Der zweite Zwerg entkam durch die Vordertür. 

Das Schreien in der Lobby ließ insgesamt nach.

Snowcat war froh, dass das TacNet den Gestank nicht übertrug. Das eisenhaltige Blut, das Ozon der Taser, das verbrannte Fleisch und der einziehende Tod, gaben sicher eine übelerregende Mischung ab. Unter Adrenalin machte einem das nicht sonderlich viel aus, aber hier, so auf der Couch, wäre das etwas ganz anderes.

Average hatte sich in die Nähe des Tresens begeben und sich sogar mit einem Taser bewaffnet, doch er wagte nicht, hinter den Tresen zu blicken oder gar zu treten.

Justament kam der Zwerg hinter der Theke hoch und zog den Abzug einer abgesägten Schrotflinte, die mit Knall und Rauch in weitem Choke ihren splittrigen Inhalt in der gesamten Lobby verteilte. 

Dann sprang der Typ praktisch durch die Hintertür ins Freie.

TriXhot hatte Glück. Ihre Panzerung hatte die kleinen Geschosse abgefangen, sie hatte jetzt zwar etwas von einem gespickten Igel, aber sie war unverletzt geblieben.

Auf Average Shirt machten sich hingegen Blutflecke breit, die nach und nach größer wurden.

Das Schreien hatte aufgehört. Die meisten der Zwerge waren bereits verstoben oder würden, ungepanzert wie sie gewesen waren, in den nächsten Sekunden ihren Verletzungen erliegen.

«Macht, dass ihr da wegkommt!», wies Snowcat an.

TriXhot drückte Kami ein Stimpatch auf und dann traten die Drei hinaus auf die Strasse, die inzwischen metamenschen-leer war.

Fragg.“, murmelte TriXhot, „Rot ist wirklich die Farbe von Mitleid.“

Die drei zogen sich in ein Stundenhotel in der Nähe zurück und mieteten das Zimmer für 200¥ für den ganzen Tag. 

Kami brauchte dringend Ruhe und zwar spätestens, wenn das Stimpatch nicht mehr wirkte. Averages Verletzungen mussten vielleicht auch versorgt werden, obwohl er meinte, es wäre nicht weiter wichtig. 

TriXhot begann bereits damit die Splitter aus ihrer Rüstung zu ziehen. Wahrscheinlich brauchte sie diese Arbeit sogar dazu, ihren Frust zu bewältigen, der in ihr zu gären schien. 

Ihr Stream zeigte, dass man besser gar nicht wissen wollte, mit welchem Müll der Zwerg seine Flinte geladen gehabt hatte.

Snowcat meldete sich über den Teamkanal bei den Dreien, «Hey Average, kannst du vielleicht die Drohne vor das ‚Apple Press Café‘ fliegen, damit sie nach Andrews die Sensoren offen hält? Ich denke, der Laden ist unsere beste Chance Andrews zu erwischen.»

Kami hielt der Drohne die Tür auf.

In der nun folgenden Pause warfen sie alle immer wieder einen Blick auf den Feed der Drohne. Snowcat spielte die Vorlesungen weiter ab und stellte ganz nebenbei das Polizisten-Bild fertig. Immerhin waren die anderen gerade relativ sicher.

❄❄

Gut drei Stunden waren seit dem Coffin-Motel-Fight vergangen, als sich vor dem ‚Apple Press Café’ jemand blicken ließ, der ihnen irgendwie auffiel. 

Ein in mehrere Schichten Klamotten gehüllter menschlicher Mann, kam die Strasse herunter und sah sich mehrmals um. Sein Mantel sah geflickt und viel getragen aus, sein Haar wirkte unfrisiert und saß dabei nicht ansatzweise so stylisch, wie das von Kami. Der Dreck unter seinen Fingernägel war über die Kamera der Drohne hinweg zu erkennen. Dennoch wirkte er nicht völlig ungepflegt. 

TriXhot stupste Average an und dieser schaltete das Lasermikrofon ein.

Das kleine Glöckchen über der Tür verkündete über die Musik hinweg einen neuen Besucher.  Es war nun schon längere Zeit dunkel draußen und da die Strassen im Terminal nicht gut beleuchtet waren, sah man von Innen nicht immer gleich jeden, der auf das Café zuging.

Die Barista hob den Kopf. Ein Lächeln zeigte sich und sie grüßte den Neuankömmling, „Hallo Serious. Na? Was darf es heute für dich sein?“

Serious rieb sich die Hände, die in fingerlosen Handschuhen steckten, „Heute gönne ich mir mal was.“ 

Die Barista kam an Serious Tisch und stellte ihm einen Becher mit Kaffee hin. „Der Käsekuchen ist gut.“, erklärte sie.

Serious flüsterte in seine Jacke.

In der sich wahrscheinlich irgendwo ein Nagetier verbarg, schlussfolgerte Snowcat.

Der Mann grinste, „Ja, wir nehmen ein Stück Käsekuchen.“

Welches die Frau kurze Zeit später brachte, zusätzlich stellte sie eine Untertasse und eine kleine Schüssel mit Wasser ab.

Als die Barista wieder hinter der Theke stand, krabbelte eine schwarzweiße Ratte aus der Jacke und machte sich über die Krümel her, die sich auf der Untertasse befanden. Dann schnüffelte sie am Wasser und rümpfte das niedliche Näschen. Serious kippte ihr etwas Kaffee ins Wasser und erst dann begann die Ratte zu trinken. 

«Ich vermute mal, Serious ist einer vom Rat-Pack. Einer der Rattenschamanen aus dem New Yorker Untergrund.», gab Snowcat bekannt.

Die Drohne meldete, dass abermals jemand die Strasse runterkam. [Song 7: Billy Idol-Rebell Yell]

Da ging er, mitten auf der Strasse, die Hände in den Taschen des langen Ledermantels ‚Rule Britania‘ singend: Simon Andrews. 

Seine Füsse steckten in Nieten besetzten Boots, über dem Mantel trug er eine Panzerweste und darunter ein Shirt mit einer verwaschenen, englischen Flagge. 

So einer war das also.

«Brecht Euer Quartier da sofort ab und begebt euch in Richtung ‚Apple Press Café‘. Haltet Euch bitte für den Notfall in der Nähe auf, bleibt aber erstmal im Hintergrund! Seid ihr Euch schon einig, wie ihr an die DNA-Probe kommt?», kam es von Snowcat über den Teamkanal.

«Noch nicht.», gab TriXhot zu.

Starbuck grätschte ein, «Das müsste Average doch mit den Beißzangen der Dragonfly machen können. Die machen zwar keinen großen Schaden, aber für ne DNA-Probe sollte es reichen.»

Average schnaufte, «Bist du sicher? Ich kenn mich mit Echsen nicht aus. Wie kräftig sind denn so ne Schuppen. Komm ich damit durch?»

Mystique verdrehte die Augen.

Snowcat erklärte, «Average, Andrews ist keine mutierte, im Labor gezüchtete Superechse mit Intelligenz, sondern ein durch SURGE verwandelter Metamensch. Niemand kann deshalb etwas genau voraussagen, da SURGE die unterschiedlichsten Dinge hervorgebracht hat. Aber wir haben bisher nicht gehört, dass Andrews eine Stahlhaut hat, also ist davon auszugehen, dass du mit dem Werkzeug durchkommst.»

«Okay, dann machen wir es so. Ich probiere es damit.», bestätigte Average.

Andrews stieß die Tür auf, ließ das Glöckchen wild tanzen, grüßte Serious im Vorbeigehen und lief schnurstracks an die Theke, wo er erst das Mädchen dahinter anzüglich angrinste und sich dann neugierig die Auslage von Kuchen und Sandwiches ansah. Er bewegte seinen Kopf dabei deutlich hin und her, um alles ganz genau sehen zu können und selbstverständlich stützte er sich mit seinen Händen auf der Theke ab und kam soweit rüber, dass er die Schuhe der Barista hätte sehen können, wenn er denn gewollt hätte. 

„Mäusekuchen habt ihr nicht zufällig?“, fragte er die Frau und kam ihrem Gesicht dabei ziemlich nahe, was diese möglichst gelassen über sich ergehen ließ.

Sie schüttelte den Kopf, „Nein. Aber der Käsekuchen ist gut.“

Der Echsenmann winkte ab, „Nee. Dann `nem ich so ein Lattegedöns mit allem Drum und Dran und…“, er hob seinen schuppigen Zeigefinger mit einem dicken, dunkelgrauen, aber gepflegten Nagel, „… mit einem Schuss Zitrone. Schließlich bin ich Engländer.“

Katze rümpfte das Näschen und Snowcat begann breit zu grinsen, was ihr einen langen Blick von Blackstone einbrachte.

Locker, lässig und selbstbewusst, schlenderte Simon zum Tisch, warf sich auf den Stuhl gegenüber von Serious, legte die Beine auf den Tisch und fing an zu kippeln.

Die Ratte verschwand vorsichtshalber lieber wieder unter der Jacke von Serious.

‚Ich seh schon, ein Mann nach deinem Geschmack, Elfenmädchen.’, kommentierte Katze süffisant.

Snowcat nickte niedlich grinsend, ‘Ja Katze, durchaus. Obwohl ihm einiges an Klasse und sicher auch so manches an gutem Aussehen fehlt. Aber er ist zumindest exotisch und interessant.’

Katze schüttelte leicht den Kopf, ‚Was für ein ‚Pech‘, dass du nicht diejenige bist, die die DNA-Probe besorgt Elfenmädchen. Allerdings hat dieser Simon bereits einen Herrn und Meister, da wird er dir kaum den passenden Wert beimessen.‘

„Weißt Du Serious,“, begann Andrews zu erzählen, „mein großer, goldener Boss lässt mich endlich mal was tun. In Seattle musste ich ja immer nur die Füsse still halten und beobachten, aber jetzt darf ich was tun. Ich darf es so richtig krachen lassen! Und Du und Deine Leute können mit helfen und mitmachen.“

Serious blieb zurückhaltend, „Okay und woran denkst du dabei so?“

Simon Andres strahlte seinen Enthusiasmus in Form von Gesten, Mimik und Stimme aus, er beugte sich vor, „Also erstmal sollt ihr nur Equipment transportieren, was unter der Stadt durch muss. Das könnt ihr doch, oder?“

Serious nickte und Andrews ließ sich in seine Lehne zurückfallen, „Wunderbar. Wie wäre es, wenn wir es mal so richtig krachen lassen, indem wie ne Party crashen? Wir zeigen den Bonzen, was die Neo-Anarchisten so drauf haben und setzten ein Zeichen, was keiner so schnell vergisst! Na, was meinst Du?“

Serious war noch nicht ganz überzeugt, „Äh, okay. Und woran denkst du da so genau?“ 

„Sagte ich doch, wir crashen ne Bonzenparty und zeigen denen wo der Hammer hängt. Ich dachte da so an 20 Mann, die bei der Sache mitmachen.“

Der Rattenfreund war sichtlich überrascht. „20 Männer? Oh ha.“

„Wieso oha? Sind 20 Männer ein Problem für Dich? Kriegst Du die nicht zusammen?“ 

„Doch schon, aber … welche Party willst Du denn crashen?“, Serious hatte weiter seine Zweifel.

Was der Begeisterung von Andrews keinen Abbruch tat, „Am Samstag hält die Society Of Hawks…“

«Bingo.»

„ … in ihrem Schuppen im Central Park ne Spendengala ab. Hinz und Kunz wird da sein. Deren Party cashen wir und lassen die Puppen für uns tanzen. Deren aufgedonnerte Puppen tanzen dann direkt nur für uns. Ich stell das Equipment, ist klar, oder? Na, klingt das nicht super?“

Serious fand langsam Gefallen an der Idee, „Ja, doch. Klingt gut.“

Andrews buffte seinem Gegenüber heftig auf den Arm, „Siehst’e, wusste ich doch. Ich dachte übrigens, dass in der Gruppe ein Illusionist sein sollte. Der kann das Statement perfekt machen und ein riesiges Neo-A über das Gebäude zaubern. Das wird die Schlagzeile!“

Serious nickte nun heftiger, „Ja, klingt gut, man. Und was springt für uns dabei raus?“

Andrews grinste süffisant, was bei seinem Echssengesicht ziemlich fies aussah, „Ich hab natürlich an ne zweite Kiste Equipment gedacht, die ihr erst transportieren sollt, dann aber als Preis einkassiert. Ich lass Euch doch nicht hängen.“

„Super. Dann machen wir es so.“, bestätigte Serious nun ebenfalls grinsend.

Average meldete, «Ich flieg die Drohne in Position. Die gehen sicher bald.»

«Copy.», bestätigte Snowcat.

Die beiden Männer verließen das Café gleichzeitig, verabschiedeten sich aber vor der Tür voneinander und gingen in entgegen gesetzten Richtungen die Strasse hinunter. 

Average wartete noch einen Moment, dann setzte er einen Sturzflug an und biss Andrews mit der Drohne in den Nacken.

„Au! What The Fuck?“, schrie Andrews wütend auf und schlug nach dem, was ihn da gestochen hatte, aber da war die Drohne bereits wieder in einem cleveren Manöver senkrecht nach oben geflogen. Da er nicht mehr kriegen konnte, was ihn gepeinigt hatte, schüttelte Andrews gelassen die Schultern, streckte den Arm aus und zeigte den Mittelfinger in die Luft. 

Noch bevor er den Arm wieder unter hatte, begann er zu singen. [Song 8: Anarchy In The UK-Sex Pistols] ‚Anarchy In The UK‘, grölte es durch die Nacht.

Puh, sie hatten die DNA-Probe. Schade, dass sie Andrews nicht hatten verwanzen können. Andererseits konnte so eine Wanze bemerkt werden und das wäre dann weniger gut gewesen und hätte Andrews nur stutzig gemacht. Etwas, was Snowcat auf die Idee brachte, Wanzen zu bauen, die sich irgendwann selbst auflösten. In Seattle würde sie Liam mal nach einem solchen Projekt fragen. Ihr Lehrmeister in Sachen Technik und Wunder würde sicher wissen, was man da tun konnte.

Die drei Runner hatten alles erreicht, weshalb sie ausgezogen waren. Nun mussten sie es nur noch unbeschadet heim schaffen.

«Wir machen uns mal ein bisschen Landfein.», gab Trixhot bekannt und die Drei begaben sich daraufhin zurück zum Markt, wo sie übergroße Sporttrikots unterschiedlicher New Yorker Mannschaften für jeden von ihnen kauften und diese überzogen. 

Kami hatte den Einkauf übernommen und zuvor noch schnell ein anderes Bascap aus einer Tasche gezogen. Er verschmolz mit der Menge und stellte so sicher, dass die kleine Gruppe nicht von irgendwelchen Zwergen erkannt wurde.

Dann näherten sie sich dem Checkpoint, über den sie den ‚Terminal‘ betreten hatten. 

Snowcat meldete sich noch mal, «Hey Average, denk bitte daran, vorher noch die Drogen zu entsorgen, die du vorhin gekauft hast.»

«Oh Shit, die hätte ich fast vergessen. Danke, mach ich noch.»

Die drei wurden genauestens kontrolliert. Kami zog man sogar noch in eine extra-Kabine und tastete ihn gründlich ab, doch auch seine SIN hielt und so betraten sie alle wieder das zivilisierte New York.

❆❆

Zurück im Penthouse diskutierten die Runner, wie sie nun vorgehen sollten. Schnell war klar, dass es das simpelste wäre, wenn Andrews für sie den Arrow stehlen würde und sie ihn ihm dann abnahmen.

„Dabei wäre es gut, wenn Snowcat nicht auf der Party ist, sondern irgendwo anders mit Spinrad gesehen wird.“, meinte Blackstone.

Snowcat sah das ähnlich. Ihre Anwesenheit auf einer solchen gecrashten Party konnte eskalierend wirken, wenn zum Beispiel einer der Neo-Anarchisten sie zum tanzen bringen wollte und irgendwer, es musste nicht mal Spinrad sein, den Helden gab, um sie zu beschützen.

„Stimmt,“, gab TriXhot zu, „aber dann haben wir gar keinen direkt vor Ort, falls etwas schief geht oder klar wird, dass der Arrow nicht da ist oder so was.“

Mystique hatte dazu eine Idee, „Na Kami könnte sich doch einfach als Neo-Anarchist verkleiden und sich anschließen, wenn die über das Gelände rennen, dann hätten wir jemanden flexibel vor Ort, der eingreifen kann.“

Kami hob den Daumen, „Gute Idee.“

„Nee.“, kam da von Average. „Ich denke, niemand von uns darf überhaupt in dem Gebäude sein. Andrews wird das Ding am Ende hochjagen, denn es darf doch keine Zeugen geben! Die will der Drache sicher nicht haben!“

Alle aus dem Team starrten Average einen Moment sprachlos an.

„So ein Quatsch.“, entfuhr es dann Mystique, „Warum sollte Lofwyr das jucken? Wenn später irgendwer behauptet, das das Andrews, der Agent von Lofwyr war, dann steht das Dementi doch jetzt schon fest. Und der Andrews läuft doch nicht umher und sagt allen, dass er das macht und zieht sein Fake-Statement durch, wenn heimliches Vorgehen verlangt wurde. Die Idee ist doch, den Diebstahl durch die Sache zu verschleiern, da wäre es doch dumm, wenn man am Ende alles hochjagt.“

„Außerdem,“ fügte Snowcat hinzu, „sprengt man so ein Gebäude nicht, indem man eine einzelne Bombe irgendwo anbringt. Für eine komplette Beseitigung muss man Experte sein und den Sprengstoff an statisch wichtigen Stellen verteilen.“

Average zuckte missmutig mit den Schultern, „Na wenn ihr euch da so sicher seid.“

Das waren sie, jedenfalls soweit man sicher sein konnte und sollten sie sich irren, würde Kami ja da sein, um ein abweichendes Vorgehen mitzubekommen. 

Snowcat war egal, warum Andrews laut, als er selbst, durch die Gegend zog. Viel interessanter war für sie die Frage, was der Kerl in den letzten Tagen unbemerkt in Seattle gemacht und wobei er die Füsse stillgehalten hatte.

„Informationen über das Innere des Castles wären aber trotzdem gut.“, sagte Average zum Abschluss.

„Ich arbeite daran.“, erklärte Starbuck ruhig.

Er begann noch in dieser Nacht mit der Ultra-Wide-Band-Vermessung des Gebäudes. Währenddessen machte sich Snowcat daran mit Average an den Einstellungen für den Dreh des Clips zu arbeiten. Schließlich war sie als künstlerischer Berater des Projekts für solche Dinge verantwortlich.

❄❄

Während das Team also beim hellen Licht des Miitwoch-Vormittag die ersten Einstellungen für den Promotion-Clip drehte, saß Snowcat auf einem Klappstuhl auf einer Wiese beim Belvedere Castle und stellte ihr Bild fertig und sie tat dies in dem weiß-schwarzen Ensemble, dass sie am Montag bei Zoe gekauft hatte, samt gestreiften Regenmantel und Hut.

Sie saß noch nicht sonderlich lange dort, als sich die beiden berittenen Cops wieder zeigten. 

Bei der dritten Runde erhob sich Snowcat und trat den beiden Menschen auf ihren Pferden entgegen. 

Partolman Phillip Cardillo und Patrolman John Skagen war überaus erfreut Snowcat zu sehen. Doch als sie ihnen das Bild als Dank für das Gefühl von Sicherheit schenken wollte, lehnten sie zunächst höflich ab, nahmen es aber ein schüchternes Lächeln später doch erfreut an. Und nicht nur das. Die beiden Polizisten boten Snowcat sogar eine Führung durch den Central Park nach Dienstschluss an, die Snowcat nach Terminabsprache mit ihrer ‚Assistentin‘ nun ihrerseits erfreut für den späten Nachmittag annahm.

Connections konnte man nie genug haben.

❆❆

Am Abend besuchten TriXhot, Mystique und Snowcat noch ein Theaterstück in einer Seitenstrasse des Broadway. TriXhot hatte die Idee gehabt und eigentlich eine große Show ansehen wollen, da sie ein totaler Fan von Fred Astaire war. Leider war so kurzfristig nichts mehr zu bekommen, die Shows waren auf Wochen in Voraus ausgebucht. 

Glam Sam hatte ihnen auf Grund seiner Beziehungen zumindest Karten für dieses kleine, aber durchaus feine Stück besorgt, indem sogar zu Fred Astaire Songs gesteppt wurde. Die beiden Schauspieler leisteten Großartiges und es gab kaum AR und so war ihre Leistung doppelt zu bewundern. 

❄❄

Donnerstag-Vormittag meldete sich Spinrad bei Snowcat und er war mehr als nur ein bisschen erfreut, dass sie bereits zum Lunch Zeit für ihn hatte. 

Die Seide des langen Aston-Kleides aus der Japanese-Blossom-Line fühlte sich auf Snowcats Haut einfach wundervoll an. 

Sie bändigte die Flut ihres schneeweißen Haares in einem komplizierten Knoten im Nacken und befestigte diesen mit einem Haarnetz, welches mit winzigen Kirschblüten verziert war. Selbst die Nadeln für den Hut zierten Kirschblüten. Sie stellte die Kleeblätter der Ohrringe auf ein zum Kleid passendes Rosa und drehte sich komplett angezogen vor dem Spiegel. Perfekt. Sie sah aus, als wäre sie justament aus einem Fifth Avenue-Fashion Magazin entsprungen, mit den feinen Unterschied, dass die wenigsten Models so gut aussahen, wie sie. [Song 9: Suzanne Vega-New York Is A Woman]

Johnny wartete in der Limousine und dann fuhr er mit ihr zu einem kleinen italienischen Bistro, das seinen guten Ruf, seinem exquisitem Essen und seiner private Atmosphäre verdankte. 

Mystique gesellte sich zu Spinrads Stab und darum saß Snowcat mit Johnny allein am Tisch, womit zu rechnen gewesen war.

Johnny trug ein aufwendig gestaltetes schwarz-grauses Shirt und eine passende Hose aus seinem eignen Modehaus. Eigentlich konnte Snowcat es gar nicht glauben, sie saß hier mit einem Konzernboss und Multimilliardär.

Johnny lächelte sie an, „Ich hab mitbekommen, dass du inzwischen schon auf einigen MeFeeds zu sehen warst.“

Sie schmunzelte, „Wenn ich mit Dir unterwegs bin, wird das sicher vermehrt vorkommen. - Oh, warte. Ich hab ja noch was für Dich.“ Sie griff nach ihrer Handtasche, erfreute sich an dem leisen Click des luxuriösen Verschlusses und holte das kleine Behältnis mit Andrews DNA-Probe hervor, die sie dann mit einem schelmischen Grinsen überreichte.

Spinrad lachte, „Wow, ihr seid echt gut. Ich nehme an, Du weißt auch, wen er hier getroffen hat und was er hier will?“

Snowcat vergewisserte sich, dass der White Noise-Generator auch wirklich lief und berichtete dann, mit wem sich Lofwyrs Agent getroffen und was er mit ihm besprochen hatte.

Johnny runzelte die Stirn, „Ich frage mich jetzt natürlich, was der alte Wurm für ein Interesse daran hat, eine Party crashen zu lassen.“

Snowcat nickte, „Das haben wir uns auch gefragt und nun glauben wir, dass es sich dabei um ein Ablenkungsmanöver handelt und es in Wirklichkeit darum geht, den Diebstahl eines Artefakt zu tarnen.“ Snowcat führte aus, wie sie darauf kamen und Spinrad war von dem Augenblick an begeistert, ab dem sie versprach, dass Andrews das Artefakt nicht bekommen sollte.

„Samstagnacht sagst du? Schade, da wollte ich eigentlich mit dir auf die Eröffnung des Horizon Theme Parks gehen.“

Snowcat strahlte ihn an, „Das würde ich sogar ausgesprochen gern tun und zwar nicht nur, weil das sicher ein tolles Erlebnis ist, sondern auch, weil das davon ablenkt, dass mein Team etwas mit dem Job um das Artefakt zu tun haben könnte. Ich habe also Zeit und werde maximal die eine oder andere Sekunde eine Spur abgelenkt sein. Doch eigentlich rechne ich nicht damit, dass das Team meine Hilfe braucht.“

Johnny war wirklich erfreut, „Das sind fantastische Neuigkeiten. Wenn Du darüber hinaus Zeit hast, hätte ich für heute gedacht, dass wir Dir für die Events der nächsten Tage etwas passendes zum Anziehen kaufen. Was jetzt ein wenig unhöflich klingt, wo du doch jedes Mal deinen hervorragenden Geschmack beweist und auch heute wieder ganz bezaubernd aussiehst.“

Snowcat lächelte charmant, „Vielen Dank für das Kompliment, aber keine Sorge, ich weiß ja, dass Du weißt, dass man mir mit Shopping immer eine Freude machen kann.“

Johnny neigte den Kopf zum Dank und fuhr dann fort, „Wenn Du magst, gehen wir dazu in den Bodyline-Shop hier, was ich wirklich nicht jeder anbieten würde.“

„Sehr gern.“

„Was hast du von New York schon gesehen? Nicht das ich etwas zeige, was du schon kennst.“

Snowcat trank einen Schluck Wasser und erwiderte dann, „Sagen wir mal so, ich kenne den Central Park ziemlich gut, aber das war es auch schon.“

„Ah, umso besser. Für heute Abend habe ich Karten für eine Broadway-Show und danach wäre ich für einen Hubschrauber-Rundflug bei Nacht über Manhattan. Morgen würde ich Dir dann gerne das MoMA (Museum of Modern Art) und einige Galerien zeigen. Am Abend könnten wir eine weitere Show ansehen, wenn Du magst und im Anschluss könnten wir dann noch einige Nachtclubs besuchen. Ob und wie oft wir den Nachtclub wechseln, ist natürlich optional.“ 

Snowcat war begeistert und zeigte das mit ihrem allerschönsten Lächeln und einem zarten Kuss auf Johnnys Wange.


                                                             UC - UNIVERSAL CONSULTANTS - UC

                              UC - Unknown Consequences -das TOP-Runnerteam aus Seattle- You See!


Wie die Zeit mit Johnny wird, ob es alles so klappt, wie die Runner sich das vorstellen, ob es Simon Andrews gelingt an den Arrow zu kommen und ob die Runner ihm das Artefakt abnehmen können, wir demnächst hier zu lesen sein. Schau also bald wieder rein, omae.

*reckundstrekgenüsslich* Hoffe Ihr habt Spass; *knutschi*