Episode 22/14 (vom 19.09.) Run 55

Welcome back, Omae!

Schön, dass Du auch heute wieder dabei bist.

Derzeit On The Run sind: Average, Blood, Chang, Harlequin, FTW und Snowcat. (Mystère, Shark Finn, SpArcade, Sugmani, Steel und Thunderstrike sind immer noch mit dem Sextanten der Welten unterwegs.)

Datum in unserer SR-Timeline: 15.-18.7.2073

Was bisher geschah: Die Runner erledigen zwei Aufträge für Aina. Während ein Teil von UC immer noch damit beschäftigt ist, den Sextanten der Welten auf dem Meer umher zu fahren, schließt ein anderer Teil seinen Part ab und besorgt die Formel für ein von Aztlan geplantes Ritual. Einige Runner von UC finden sogar noch die Zeit einen weiteren Run in Neo-Tokyo durchzuziehen. Währenddessen begibt sich Snowcat mit Harlequin auf eine erlebnisreiche Reise.

Wir schalten uns ein paar Tage nach der Ankunft von Snowcat und Harlequin in DeeCee in das Geschehen zurück.

Wie so oft erleben wir Alles aus dem eisblauen Augen von Snowcat mit.

Deine Kommentare zur Episode passen am Besten unter ‚A Tale So Far, Part IX‘ [LINK].

Eine Beschreibung der Runner findest Du hier [LINK].

Hat ein Wort im Text eine andere Farbe, verbirgt sich darunter wahrscheinlich ein Link und es wird im Glossar erklärt. Du kennst ein anderes Wort aus dem Shadowslang nicht? Dann schau doch einfach auf gut Glück im Glossar vorbei. [LINK]

Noch eine Kleinigkeit: die Songs zum Text sollen lediglich zur Stimmung beitragen und sind keine versteckten Hinweise- jedenfalls meistens nicht. ;-) (Ich versuche immer Videos ohne störende Werbung raus zu suchen. Ich kann allerdings nicht garantieren, dass sie auch ohne Werbung bleiben. Manchmal werden die Videos von Songs sogar schneller komplett entfernt, als ich die Episode hoch laden kann, darum nenne ich vorsichtshalber Künstler und Titel neben dem Link. Wegen Lizenzrechten muss ich bei You Tube immer öfter auf Coverversionen oder schlechte Live-Varianten zurückgreifen, oder ich finde ein anderen Anbieter. Die komplette Episoden-Playlist findest Du hier [LINK].)

HINWEIS: Diese Episode enthält möglicherweise Spoiler für Abenteuer in ‚Artifacts Unbound‘ und für die SR-Welt relevante Ereignisse.

Bereit für einen aufregenden Run und die überraschende Ereignisse, Omae.

Dann schnall Dich an und los geht’s!

Snowcat hatte in den letzten Tagen viel von der Hauptstadt der UCAS, Federal District of Columbia, kurz DeeCee, gesehen. Das Herz des Sprawls war und blieb der Kern, der ehemals Washington DC genannt worden war.

Dank Ainas außergewöhnlich guten Beziehungen hier, hatte Snowcat sogar Zugang zu einigen Regierungsstätten bekommen, bei deren Betreten man sonst wohl stärker kontrolliert worden wäre. 

In den Bunker um den Rift war Snowcat aber nicht gekommen. Sie hatte ein winziges bisschen gehofft, Aina hätte ihr zufälliger Weise auch ein Blick in den Bunker ermöglichen können. Das hatte auf Ainas Sight Seeing Tour jedoch nicht gestanden. Snowcat hatte allerdings auch nicht explizit danach gefragt. 

Snowcat konnte den Rift trotz der Hüter und der Betonmauer spüren. Ihr Nackenhaare stellten sich auf, er musste also gewaltig sein.

Dafür hatte Aina Snowcat bei einer Tasse Tee auf dem Hotelzimmer darüber berichtet, was sie über die Formel, die die Runner in La Paz besorgt hatten, herausgefunden hatte und darauf war Snowcat wirklich richtig neugierig gewesen.

Nachdem Snowcat den White-Noise Generator eingeschaltet hatte, hatte Aina berichtet: „Das Ritual soll den Fluch des Sextanten nutzen und ihn verstärken, um die ‚Twist Of Fate‘-Power von Sirrurg zu unterdrücken. Das Ganze sieht sehr zusammen gesetzt aus. Wahrscheinlich könnte man die anderen Artefakte einfach ersetzten. Nur der Sextant ist ein Muss. Natürlich bräuchte man immer einen materiellen Link zu Sirrurg und das Ritual beinhaltet selbstverständlich jede Menge Blut.“

Snowcat hatte nachdenklich genickt. So übel klang das Ritual auf einmal gar nicht mehr. Ja, das Blut würde mit Gewalt genommen werden. Doch auch Sirrurgs Twist Of Fate-Power nahm Leben, selbst wenn es im Anschluss nicht nach Gewalt, sondern stets nach natürlicher Todesursache ausgesehen hatte, war das gleichzeitige erzwungene Sterben von Frauen, Männern und Kindern doch ein höchst gewalttätiger Akt und ohne Zweifel unmetamenschlich. 

Snowcat war sich nach dieser Erläuterung also nicht mehr ganz sicher gewesen, ob es nicht sogar besser wäre, den Aztlanern Artefakt und Ritual zurück zu geben. Spontan hätte sie es vielleicht getan. Aztlan wollte den Großen Drachen Sirrurg ja nicht mal töten. Andererseits, wer wusste schon, was die Aztlaner mit dem Ritual als Basis alles noch entwickeln konnte? Oder was dabei schief gehen würde? Davor wäre man wohl nur geschützt, wenn man das Ritual selbst durchführte und es danach vernichtete und … 

An dieser Stelle hatte sie den Gedankengang dann beendet. Vielleicht würde sie das Thema irgendwann in einem Gespräch mit Ehran oder Katze noch einmal aufgreifen.

[Song 1: Kerli- The Creationist ] Am Vormittag des 15.07.2073 erschien eine geschäftliche Nachricht auf Snowcats Commlink. Es handelte sich um eine Termineinladung von einem ihrer Schieber. Da sie in jedem Fall neugierig war, gab Snowcat den erforderlichen Code ein und rief die Nachricht ab.

 - Ein kurzfristiges Jobangebot liegt vor. Es wurde extra nach UC gefragt. Bedingung: Snowcat muss bei der Verhandlung anwesend sein. Meeting heute Abend 21.00 Uhr, Club Penumbra. [Ja] ? [Vielleicht] ? [Nein] ? -

Snowcat wollte schon auf ‚Nein‘ drücken, da sie eigentlich in DC geblieben war, um auf die Gruppe mit dem Sextanten zu warten, aber die würde frühestens am 17. hier sein. Außerdem war ihre Anwesenheit bei der Übergabe kein Muss. 

‹Sag ja, Elfenmädchen.›, mischte sich Katze ein. ‹Wer weiß, was es ist?›

Snowcat sah zu Katze auf, die es sich auf der Ablage über dem Trideoschirm im Hotelzimmer gemütlich gemacht hatte. ‹Du musst das nicht betonen, Katze. Ich bin allein neugierig genug.›

Katze rümpfte das Näschen und sah danach aus, als würde sie grinsen. 

Snowcat wandte sich Harlequin zu, der anscheinend gerade darüber nachdachte, ob er seine Zimtschnecke nun mit Butter bestreichen sollte oder nicht. „Wenn ich jetzt spontan wegen eines Jobangebot nach Seattle reisen würde, würdest du mich dann begleiten?“, fragte sie.

„Wo immer du hingehst, werde auch ich hingehen, meine Sonne.“, erwiderte er ernst und entschied sich dann dafür in die Zimtschnecke zu beißen, ohne sie mit Butter bestrichen zu haben.

Snowcat drückte auf ‚Ja‘ und erhielt postwendend ein Codewort: ‚Bonehanded knife'.

Sie grinste, ob das wohl auf etwas anspielte? Snowcat tänzelte zu Harlequin rüber und küsste ihn zart auf die Wange, „Du bist wundervoll, My Knight.“ Im Anschluss stibitzte sie ihm die Zimtschnecke aus der Hand und beeilte sich damit ins Bad zu kommen. Immerhin musste sie noch packen. 

Harlequin sah auf seine leere Hand, zuckte mit den Schultern, griff sich eine weitere Zimtschnecke vom Teller und bestrich diese nun mit Butter. 

Auf dem Weg ins Bad buchte Snowcat schnell die Flüge. Wie gut, dass der Zucker, der nun an ihrer linken Hand klebte den Sensor des AR-Handschuhs auf der Fingerspitze nicht beeinträchtigte. 

Kurz darauf traf die Buchungsbestätigung ein. Snowcat steckte noch einmal den Kopf aus der Badezimmertür. Niedlich grinsend sagte sie zu Harlequin, „Auch wenn du nie viel zu packen hast, wenn du mit der Zimtschnecke fertig bist, solltest du dir zumindest etwas anziehen. Unser Flieger geht in knapp zwei Stunden.“

Harlequin sah zu ihr rüber, dann an sich herunter und fragte, „Du meinst also, die Gesellschaft nimmt immer noch Anstoß daran, wenn ich nackt reisen möchte?“

Snowcat plinkerte mit den Wimpern, „Keine Ahnung. Verklemmte sterben wahrscheinlich nie aus. Wir könnten es testen, aber ich befürchte, wir werden unseren Flieger verpassen, wenn ich schon im Taxi ständig über dich herfalle.“

❄❄

Die Gruppe, die hier am späten Nachmittag im Bootshaus zusammen gekommen war, war zahlenmäßig für UC ungewohnt klein. 

Sugmani, Steel, Sparcade, Mystère, Thunderstrike und Shark Finn waren noch mit dem Boot unterwegs. TriXhot und Doc trieben sich in einer eigenen Angelegenheit herum. Metge gehörte noch nicht zu UC und musste zudem in der Klinik Dienst schieben. Mystique war ‚nur die Orakel wussten wo‘ und Blackstone befand sich immer noch am Lake Louise.

Average, FTW, Blood und Chang waren dafür aber vollständig anwesend, wie Snowcat zufrieden grinsend feststellte. 

Blood hatte Snowcat bei ihrem Eintreten freundlich angesehen, doch dann hatte er Harlequin entdeckt und Bloods Blick war stechend geworden und seine Lippen schmal. Er empfand irgend etwas zwischen Ärger und Wut. Abneigung gegenüber Harlequin spielte ebenso eine Rolle, wie Zorn darüber, dass Snowcat jemanden, der nicht zu UC gehörte, mit ins Bootshaus gebracht hatte und natürlich war da auch ein gewisses Maß an Eifersucht. 

Es dauerte einen Moment bis Blood sich wieder gefangen hatte. Snowcat war sich ziemlich sicher, dass er mit Absicht so lange brauchte. Denn wenn er wollte, konnte er seine Emotionen ziemlich gut kontrollieren. 

Snowcat wischte all das mit einem Lächeln und einer Umarmung beiseite. Die Eifersucht schmeichelte ihr und jeden anderen ihrer Bodyguards hätte sie ebenfalls mit ins Bootshaus gebracht, abgesehen davon, dass sie sich eh nicht rechtfertigen würde und dies auch niemand von ihr verlangen würde. Ob andere die gleichen Rechte hatten? Natürlich nicht.

Einzig und allein Bloods Abneigung gegenüber Harlequin konnte zu einem Problem werden, dies aber nur, wenn Harlequin Blood piesackte und in jenem Fall wäre Snowcat ja immer noch da, um einzulenken.

Chang hatte sich optisch verändert. Jedenfalls soweit es ihm möglich war. Sein Haar war nun braun und kürzer. Er trug ein ziemlich auffälliges, gelbes Hemd im weiten, asiatischen Schnitt und dazu eine blaue Jeans.

Da Snowcat noch nichts über den Job wusste, gab es auch nicht sonderlich viel zu besprechen. Doch das Meeting in wenigen Stunden konnte man zumindest planen. 

„Ich denke, wenn wir zu viert erscheinen, sollte das reichen. Club Penumbra in DownTown im Schatten der Renraku Archology, ist ein fast schon ein legendärer Nachtclub, was Shadowrunner angeht und die Hinterzimmer mieten Johnsons schon seit 25 Jahren, um ihre Geschäfte abzuwickeln.“ Snowcats Erinnerung schweiften kurz zu ihrem ersten, richtigen Run zurück. Das Meeting dazu hatte auch im Club Penumbra stattgefunden. Sie gönnte sich ein verschmitztes Lächeln und fragte dann, „Zur direkten Verhandlung sollten nicht mehr als vier gehen. Wer von euch möchte mich denn zum Meeting begleiten?“

Chang nahm Augenkontakt mit Snowcat auf und verbeugte sich leicht. Er würde sie also gerne begleiten. Eine stärkere Äußerung seines Willens würde Snowcat nicht so schnell von ihm bekommen, sie lächelte und sagte, „Ich denke Chang ist ein gute Wahl, er sollte mitkommen.“

Average meinte, „Das Penumbra ist jetzt nicht so toll. Die Räume hinten sind abgeschirmt. Ich warte im Wagen.“

„Dafür würde ich gerne mitkommen.“, warf FTW ein.

Snowcat nickte, „Gut.“

Blood sah Harlequin mit einem stechenden Blick an, „Was ist mit dir?“

Harlequin behielt seine schon fast aufreißend entspannte Haltung bei, „Was mit mir ist? Ich werde Snowcat begleiten. Ich will ja nicht wortbrüchig werden.“

Blood schüttelte mit angespannten Gesichtszügen den Kopf, „Gut, dann warte ich eben auch im Wagen.“

Harlequin sah ihn an, „Ist das ein Problem? Traust Du dir das nicht zu?“

Blood grinste kurz wölfisch, „Doch ich traue mir das durchaus zu. Nur Average … aber passt schon.“

Average sah auf, „Ach ich traue mir auch zu im Wagen zu warten, nur ob es der gleiche Wagen ist, wie der in dem Blood sitz, weil ich noch nicht.“

Blood lachte trocken und dafür, dass gerade Average etwas gesagt hatte, lachte er sogar ziemlich herzlich.

Harlequins weiß-rote Gesichtsbemalung würde im Penumbra niemanden aufstoßen. Er trug Blue Jeans und ein Maria Mercurial -T-Shirt, mit Werbung für ihre erste Tour. Das Shirt hatte immerhin schon seine 20 Jahre auf dem Buckel. Harlequin trug also bereits das Outfit, dass er auch den Abend über anbehalten würde. Bei Blood, Average und FTW war das ebenso. 

Snowcat war hingehen noch nicht passend angezogen, denn sie würde nicht in den Shorts und und dem bedrucktem T-Shirt gehen, die sie gerade anhatte. „Ich gehe mich noch umziehen.“, teilte sie ihren Kollegen mit.

Harlequin erhob sich und folgte Snowcat nach hinten.

Es war ein merkwürdiges Gefühl Harlequin hier mit im Bootshaus zu haben und sich auf ein Meeting vorzubereiten. Merkwürdig, aufregend, kribbelnd und schön.

Sie stellte ihren Fuss auf einem Stuhl ab, um den zarten Strumpf hochzuziehen und ihn mit dem Strumpfband zu fixieren.

Über den Spiegel, der hier im Hauptschlafraum hing, konnte sie sehen, wie Harlequin sie genauestens beobachtete. Sie zwinkerte ihm zu, nahm den Fuss runter und strich den Mini-Rock des silbernen Designerkleides glatt. Ihr Haar war bereits locker hochgesteckt. Sie betrachtete sich selbst im Spiegel. Eventuell war die Frisur noch eine Spur zu ordentlich, doch im Laufe des Abends würden sich schon ein paar Strähnen lösen und auch so würde sich jeder nach Snowcat umdrehen. Das Designerkleid war armfrei und am Rücken tief ausgeschnitten, vielleicht wäre es zu elegant für das Penumbra gewesen, wenn Snowcat nicht ihr silbernen Doc Martens aus London dazu tragen würde. Die Seidenstrümpfe schütze sie mit silberfarbenen Socken, die sie nur für diesen Zweck gekauft hatte. Zum Abschluss befestigte Snowcat noch die Weißgold-Larimar-Diamantsplitter-Stecker im den Ohrläppchen und … fertig.

Das Icon der Uhr in ihrem linken oberen Sichtfeld verriet, dass sie eigentlich noch genug Zeit hatte um …

Snowcat stöhnte leise, als Harlequin plötzlich dicht hinter ihr stand, mit seinen Händen über die Innenseiten ihrer Oberschenkel strich und ihren Hals küsste.

Manchmal schien es Snowcat, als wenn der kleinste Funke ihrer aufkommenden Lust zu ihm übersprang.

Als sie Minuten später das Zimmer verließen, war es an der Zeit aufzubrechen. Snowcats Wagen waren leicht gerötet und ihre Frisur war ein wenig zerzauster. Perfekt.

[Song 2: Black Sabbath- Paranoid] Gut 15 Minuten vor Beginn des Meetings betraten Snowcat, Harlequin, FTW und Chang die Mondlandschaft des altehrwürdigen Nachtclubs im Schatten der Renraku-Archology. 

Harlequin huschte ein verschmitztes Lächeln übers Gesicht, als sich der schwere, schwarze Vorhang hinter ihnen schloss.

Der Vorhang schluckte mehr Sound, als man annehmen würde. Im Eingangsbereich mit Garderobe war die Musik nur ein leises Bummern gewesen. Jetzt hämmerte Hardrock laut in ihren Ohren.

Der schwere Geruch vom kalten Rauch lag ebenso in der Luft, wie der von Trockeneis, welches die fast schon antike Nebelmaschine regelmässig nutze, um ihren Rauch auf die Tanzfläche zu blasen. 

Zu so früher Stunde wirkte der Nachtclub nicht sonderlich voll. Nur drei Jugendliche in Retro-Punk-Klamotten hüpften auf der Tanzfläche umher. Allerdings konnte der leere Eindruck täuschen. Die kleinen Tische in den Nischen und Kratern lagen zu tief in den Schatten des spärlichen Lichtes verborgen, um sofort zu erkennen, ob an ihnen jemand saß. 

Die Frau in dem knackigen roten Lederoutfit, die gerade mit raubtierhaften Bewegungen aufgestanden war, hatte Snowcat zum Beispiel nicht gesehen, bevor diese sich bewegt hatte. 

Im selbstbewussten, hüftschwingenden Gang eines Models machte sich Snowcat ihrerseits auf den Weg an die Bar.

Wenn man den Frontbereich verlassen hatte und nicht gerade die Tanzfläche ansteuerte, reduzierte sich die Lautstärke der Musik auf ein erträgliches Maß, bei dem man sich sogar unterhalten konnte.

Der blonde Mann an der Bar war attraktiv, - für einen Menschen. Snowcat kannte ihn bereits von ihrem ersten Besuch hier. Vor über drei Jahren. Sein Name war Steve.

Steves Augen weiteten sich vor Freude und vor Wiedererkennen, als Snowcat auf ihn zukam. „Hey, du bist ja gar nicht nur ein Traumbild. Du bist real. Und eine Lady geworden. Wow.“

Snowcat lächelte, „Hallo Steve, ich freu mich auch, dich wieder zu sehen.“

„Du kennst sogar meinen Namen. Krass. Leider kenne ich deinen nicht.“, er sah sie entschuldigend an.

Snowcat legte den Kopf kokett ein wenig zur Seite, „Das könnte daran liegen, dass ich ihn dir nie genannt habe.“

Steve seufzte, „Ja, daran muss es liegen, denn ich hätt' auch deinen Namen nie im Leben vergessen.“ Steve sah Snowcat in die Augen und begann zu grinsen, dann riss er sich los. „Darf ich dir einen Cocktail mixen. Der geht auch auf mich.“

Snowcat lächelte, „Du lädst mich ein? Gerne. Aber ich trink den Cocktail dann hinten.“

Steve hatte schon eine Shaker rausgeholt und ihn mit Eis gefüllt, hielt jetzt inne und sah Snowcat überrascht an, „Du bist geschäftlich hier? Nee, oder?“

„Doch bin ich.“

„Dann aber inzwischen als Johnson, oder?“

Snowcats Lächeln wurde breiter, „Nein.“ Sie sah auf die Uhr, es war an der Zeit nach hinten zu gehen, wenn sie pünktlich sein wollten. „Wir haben auf den Namen ‚bonehanded knife‘ reserviert.“, sagte sie leise.

Steve sah sich um, „Für vier?“, fragte er nach.

„Ganz genau.“, schnurrte Snowcat.

 „Okay, Raum 7.“, Steve gab dem Troll vor der Tür nach Hinten ein Zeichen und drückte dann vier mal einen Summer unter der Bar. Die Anlage war noch aus der ‚vor-Wireless-AR-für-alle-Ära’, so wie der gesamte Club. Snowcat ging fest davon aus, dass der Troll im Anzug zusätzlich zur Kanone unter dem Jackett, noch einen Knopf im Ohr hatte.

Gleich hinter der Tür landete man in einem 3 Meter breiten, langen Gang, dessen Wände wie die im Club, dunkelblau gestrichen waren. Das Sternenmuster war hier weggelassen worden und stattdessen waren runde Leuchten in die Decke eingelassen. Für Augen mit Normalsicht war es hier immer noch spärlich beleuchtet. 

Weiter links, an der Tür zum Hinterausgang, standen zwei Orks Wache. Ansonsten war niemand im Gang zu sehen. 

Über den durchweg schwarz gestrichenen Türen leuchteten Zahlen wie Hausnummern. Die ‚7‘ lag rechts von ihnen. 

[Song 3: Ford Minor - Remember The Name] FTW ging vor, klopfte, öffnete die Tür, warf einen Blick hinein und hielt sie den anderen dann auf. 

Die Hinterzimmer waren hell und alle durchweg mit runden Tischen eingerichtet, an die sechs bis acht Stühle passten. Zwei Stühle für Trolle und zwei weitere für Zwerge standen zumindest in der 7 an den Wänden bereit. 

Auch wenn die Bestellung hier noch am Tisch über einen Monitor an die Bar gesendet wurde, war zumindest die Abschirmung SOTA. 

Der Kontakt zu ihren Teamkollegen nach draußen wurde so stark gedämpft, dass man gerade noch eine Textnachricht abschicken konnte, - wenn man Glück hatte. Zusätzlich stand ein White Noise Generator bereit. Hüter kosteten extra und musste eine Woche im Voraus bestellt werden. 

Für Zimmer 7 war heute kein Hüter bestellt, denn Snowcat hatte sich durch keinen drücken müssen. 

Mr. Johnson lächelte, als die Gruppe von Runnern eintrat. Der Mann war ein Mensch, aber gut 1,90 m groß und sehr schlank. Er trug eine, ‚stone washed‘-Jeans, ein weißes T-Shirt, darüber eine schwarze Lederweste, mit einer silbernen Schließe, Cowboystiefel und ein indianisches Knochenhalsband. Seine nativen Features waren nicht zu übersehen. Er hatte eine lange Nase und schwarzes Haar, das er offen trug und ihm bis über Schultern reichte. Er verwitterter Cowboyhut stellte die Krönung des Outfits dar. 

Mr.Johnsons Blick fiel auf Snowcat und sein Lächeln wurde noch breiter, „Ah, Lady Charming, ich bin ja so erfreut sie kennen zu lernen.“ Er wies auf einen der acht Stühle, „Bitte, setzten sie sich.“

„Möchten sie etwas trinken?“

Lady Charming, der Name gefiel Snowcat. Er gefiel ihr sogar außerordentlich gut. Hätte sie ihn vor ihrer Karriere als Runner gehört, hätte sie ihn vielleicht zu ihrem Runner-Namen gemacht und so einen Namen gehabt, der sie von ihrem Strassennamen unterschied, der ja genau genommen ihr einziger Name war.

Sie bestellten. Bald darauf klopfte es und die Getränke wurde gebracht. Snowcat bekam zusätzlich zu ihrem Wasser ein Glas mit einem cremigen, weißen Cocktail, der nach Mandeln und Kakao duftete und mit einer Cocktail-Kirsche dekoriert war. 

Erst als die Tür wieder geschlossen war, sagte Mr.Johnson, „Als erstes muss ich wissen, ob sie kurzfristig verfügbar sind.“

Snowcat zögerte einen winzigen Augenblick und erwiderte dann, „Ja. Sind wir.“

Mr.Johnson war erfreut, „Sehr gut.“ Er grinste kurz übertrieben, „Der Job, den ich anzubieten habe, ist eigentlich ganz einfach. Aber er ist auch kurzfristig und ein wenig delikat.“

Snowcat hob eine ihrer zarten Augenbrauen, „Darf ich zunächst fragen, warum sie unbedingt uns wollten?“

„Aber ja doch. Wie gesagt, der Job ist etwas kurzfristig und mein Klient hat von ihrem ausgezeichneten Ruf gehört, was das schnelle und erfolgreiche Erledigen selbst von delikaten Angelegenheit angeht.“

Snowcat lächelte. Das erklärte zwar nicht warum man auf ihre Anwesenheit bestanden hatte, aber das war nicht weiter wichtig. „Da hat ihr Klient zweifelsohne richtig gehört. Bitte Mr.Johnson, fahren sie fort.“

„Es geht darum, ein bestimmtes Gepäckstück zu finden und das Siegel darauf unbemerkt von seinen Kurieren zu brechen. Sind sie interessiert?“

„Ja, durchaus. Ich habe zuvor noch zwei Fragen. Wird der Transport hier in Seattle stattfinden?“

Mr. Johnson schüttelte den Kopf und die Feder an seinem Hut wackelte leicht, „Nein, außerhalb, aber in den UCAS.“

„Und wann ungefähr?“

„In ungefähr 48 Stunden startet das Zeitfenster, in dem der Transport stattfinden wird.“

FTW sandte Snowcat gleich mehrere Fragen auf ihr Commlink, da er sie zum Glück nicht laut dazwischen brabbelte, oblag die Entscheidung ob und wann sie die Fragen stellte, ihr. 

Von UC waren derzeit zwar wenige verfügbar, aber das klang nicht nach einem Job, für den man ein Riesenaufgebot brauchte. Die meisten Runnerteams bestanden generell nur aus 4-5 Mitgliedern. Sie lächelte erneut, „Verstehe. Dann sind wir im Geschäft, denn ich bin sicher, über die Bezahlung können wir uns einigen.“

„Hervorragend.“, Mr Johnson rieb sich die Hände. Er wirkte erfreut, auch wenn die Emotionen auf seinem Gesicht nicht sonderlich ausgeprägt zu erkennen waren. „Sie sollten morgen Abend in er Nähe von DeeCee sein. Von da an wird dort innerhalb der nächsten 48 Stunden ein Kurier-Team bestehend aus vier Personen etwas von der Größe eines großen Aktenkoffers oder einer Sporttasche transportieren. Das Innere wird unter einem magischer Schutz, beziehungsweise Siegel liegen. Dieses Siegel sollen sie unbemerkt von den Kurieren aufbrechen. Mein Klient ist bereit ihnen dafür 50.000¥ zu zahlen.“ 

Snowcat stellte noch ein paar Fragen, einige von ihnen hatte FTW ihr zugeschickt.

Mr.Johnson erwartete morgen Abend die letzten Details über das Kurierteam und den Aufenthaltsort der Gruppe. Mehr Informationen hatte er nicht zu bieten. Snowcat überzeugte ihn davon, die Gesamtsumme auf 60.000¥ zu erhöhen und zudem noch Reisespesen von je 3000 ¥ pro Teammitglied bereits zu stellen. Am Ende der Verhandlung erhielt sie noch eine Comm-ID, unter der sie sich melden konnte, falls es noch weitere Fragen gab oder, um zumindest am Ende den Erfolg zu verkünden. „Das Zimmer ist noch für eine Weile gebucht und die Getränke gehen auf mich.“, schloss Mr.Johnson mit einem Lächeln, dass diverse Lachfalten in seine Native-American Züge zauberte. „Es war mir wirklich eine Freude mit ihnen zu verhandeln, Lady Charming und ich hoffe, wir werden uns irgendwann wieder sehen.“

Mr.Johnsons Abgang war ein wenig O-beinig, so, als wären seine Oberschenkel zu sehr daran gewöhnt auf einem Pferd zu reiten.

Snowcat sandte an Blood und Average eine Nachricht. Sie sollten nun doch noch ins Penumbra zum Hinterzimmer kommen. Wenn sie morgen Abend bereits in DeeCee sein sollten, hatten sie keine Zeit zu verlieren. Im Anschluss informierte Snowcat Steve an der Bar über das Haussystem, dass sie noch zwei Gäste erwarteten.

DeeCee also. Die Stadt aus der Snowcat erst vor wenigen Stunden gekommen war und genau die Stadt, zu der der Sextant gebracht wurde. Ob das wohl ein reiner Zufall war?

„Interessanterweise handelte es sich bei Mr.Johnson um einen freien Geist.“, verkündete Harlequin fröhlich, nachdem sich Blood und Average gesetzt und Snowcat sie über den Job informiert hatte.

„Echt?“, fragte Average überrascht, „Was kann denn das für ein Siegel sein, dass da kaputt gemacht werden muss?“, wollte er dann wissen. „Kann das Siegel was mit dem Geist zu tun haben?“

Snowcat überlegte kurz, „Rein theoretisch schon, aber es ist relativ unwahrscheinlich. Ich vermute viel mehr, dass es darum geht, die Versiegelung einer Mana Sheath Tasche zu zerstören, damit die Aura, Magie oder was auch immer, durchscheinen kann.“

„Also es ist kann nicht etwas sein, was wir dann freilassen?“, fragte er nach.

Sie diskutierten ein paar Möglichkeiten unter denen auch die war, dass sie die Versiegelung um den Sextanten der Welten brechen sollten.

„Und wenn das der Fall ist, was machen wir dann?“, fragte Average.

Snowcat zuckte mit den Schultern, „Dann versuchen wir die Versiegelung zu öffnen ohne dabei den Job der Anderen zu gefährden. Da es da auf Details ankommt, entscheiden wir das, wenn es soweit ist.“

Snowcat war äußerlich ganz locker geblieben. Im Inneren behagte ihr der Gedanke, es könne dabei wirklich um den Sextanten gehen, gar nicht. Für den Teil von ihr, der Aina mochte, wäre es auch noch ein Problem, wenn sie eine Lösung fänden, die beide Jobs erledigte. Snowcat wollte nicht, dass Aina etwas geschah oder man ihr den Sextanten wieder weg nahm, bevor sie ihn hatte. Natürlich schob Snowcat alle Gedanken daran erstmal beiseite. Es war unwahrscheinlich und wenn doch, hatte es Zeit, bis es soweit war.

Snowcat konzentrierte sich auf Average, der seine Ausführungen, denen Snowcat wieder mal nicht ganz hatte folgen können, gerade mit dem Satz, „Vielleicht sollten wir den Job dann einfach gar nicht machen und nur sagen, wir haben das Siegel gebrochen?“

Snowcat sah ihn entgeistert an. „Das geht in keinem Fall! Mal abgesehen davon, dass es dafür auch gar keinen Grund gibt.“

Average verzog das Gesicht, „Aber es könnte doch eine Falle für uns sein. Da müssen wir den Job doch wohl nicht machen.“

Blood fuhr auf, „Man kann doch `nen Job nicht wegen ‚könnte‘ einfach nicht machen. Dann würden wir wohl gar nichts machen, ‚könnte‘ kann ja immer sein.“

Averages Mundwinkel zogen sich weiter nach unten, „Aber Snowcat hat vorhin gesagt, dass wir für bestimmte Sachen einen Magier brauchen und den haben wir ja auch nicht dabei.“

Snowcat hob eine ihrer schmalen Augenbrauen, lächelte dann aber, „Ich habe gesagt, dass ich selbst nichts entzaubern kann, aber das wird bei der Brechung des Siegels auch nicht nötig sein, kaputt machen kann ich auch so, indem ich es im Astralkampf angreife.“

Harlequin hatte sich während des gesamten Gesprächs prächtig amüsiert, ihm war anzusehen, dass er das Ganze interessant und vielleicht sogar ein wenig aufregend fand, jetzt meinte er, „Ich habe doch gesagt, dass ich dabei bin. Und ich kann entzaubern.“

Blood zog kurz die Stirn in Falten, entspannte sich dann wieder, allerdings nicht völlig, denn er tippte immer mal wieder eine Zeit lang mit dem rechten Bein auf den Boden.

„Nun, da das geklärt ist, kümmern wir uns um die wichtigen Dinge. Es spricht nichts dagegen, dass wir Rogue Six fragen, ob er uns fliegen kann?“

Alle schüttelten den Kopf.

„Gut, dann wäre das soweit auch erledigt. Was ist, wenn es wirklich nur eine Mana Sheath Tasche ist? Soweit ich weiß, verbirgt die Tasche die Magie, da sich zwischen zwei Schichten irgendein Bakterium befindet. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob es reicht, die Tasche aufzuschneiden, um die Versiegelung zu brechen. Hat da irgendwer eine Idee?“

Harlequin trank sein Bier aus, -das Bier im Penumbra war nämlich wirklich gut, - dann sagte er, „Der Waffenmeister hat mal erzählt, dass er ein Flüssigkeit entwickelt hat, die diese Bakterien zerstört, wenn man sie in die Tasche spritzt.“

Snowcat grinste ihn an, „Liam der Waffenmeister?“

Harlequin nickte, „Welcher sonst!“

„Dann würde ich sagen, ich ruf ihn vom Auto aus gleich mal an. Wenn er Zeit hat, dann können wir gleich vorbei fahren. Und bei ihm können wir auch alles weitere besprechen.“

„Wie aufregend.“, verkündete Harlequin erfreut.

❄❄

Rouge Six erklärte sich sogar gerne bereit sie zu fliegen und auch Liam hatte Zeit und nicht nur das. In seiner Werkstatt angekommen, klärten sie so einige Details und später rückte Liam tatsächlich eine Injektionsnadel mit einer Flüssigkeit raus, deren Inhalt das Siegel der Mana Sheath zerstören würde. „Für alles andere auf das ihr trefft und du nicht magisch lösen kannst, musst du dann anrufen.“, fügte er hinzu.

Snowcat küsste ihn zum Dank auf die Wange, worauf hin er sich seine Brille zurecht rückte. 

Bevor sie aufbrachen, um den Teamwagen, Snowcats Motorrad, Struppi-I und anderes Equipment zu holen, fasste Snowcat noch einmal zusammen, was sie inzwischen über DeeCee wusste. 

„Das Erste, was man wissen muss, ist, dass in DeeCee ausschließlich mit Dollar bezahlt wird. Ja, es ist sogar noch eine Menge Bargeld im Umlauf und mit NuYen strandet man nicht nur sofort, nein, man wird auch noch angesehen, als hätte man eine schlimme Krankheit. Ferner spricht man in DeeCee Englisch, das mag jetzt spaßig klingen, ist aber nicht so gemeint. Es läuft im Endeffekt darauf hinaus, dass man mit südamerikanischem oder ameri-indianischem Akzent ebenfalls dumm angesehen wird. Was dann wieder ein Zeichen dafür ist, dass es in DeeCee von Vorurteilen gegen alle, die nicht dem klassischen Aussehen eines Amerikaners entsprechen, nur so wimmelt. Die Rasse spielt dabei ein extrem untergeordnete Rolle. Im Kern des Spawls kann man keine tote Katze rum schleudern,“, Snowcat grinste kurz breit, als sie das sagte, „ohne einen Politiker und zwei Sicherheitsmänner zu treffen. Außerhalb von Downtown gibt es gute und schlechte Gegenden, wie in jedem anderen Sprawl auch. Geografisch zentriert sich der Federal District of Columbia (FDC), wie die Hauptstadt der United Canadian and American States genau genommen heißt, um den Potomac River und beinhaltet Teile von Maryland und Nord Virginia. Als Sitz der politischen Macht, ist FDC oder der DeeCee-Sprawl, wie er eben üblicher Weise genannt wird, die Heimat für alle Arten von Politikern. Gleich zwei große, erwachte Organisationen haben ihren Hauptsitz in DeeCee, die Draco Foundation und die Illuminati of the New Dawn. Dann gibt es da natürlich noch den Watergate Rift am Watergate Komplex. Er entstand, wie ihr wahrscheinlich alle wisst, als die Limousine mit dem frisch zum Präsidenten gewählten Große Drachen Dunkelzahn explodierte. Der Rift gilt als permanente Verbindung zwischen der Physischen Welt und den Metaebenen und Magier und Gelehrte aus aller Welt kamen nach Dunkelzahns Tod, um den Ort zu studieren. Im Jahr des Kometen geschahen am Rift ungewöhnliche Dinge. Geister traten daraus hervor, - unter anderem auch die ersten Shedim - und Metamenschen wurden hineingezogen. Am Weihnachtsabend 2061 tauchte der Große Drache Ghostwalker aus dem Rift auf. Nach diesen Ereignissen beschloss die UCAS-Regierung den Rift für andere unzugänglich zu machen und ließ einen Sicherheits-Bunker darum bauen.“ Snowcat holte tief Luft und beendete ihren Vortrag mit den Worten, „Soweit das, was man über DeeCee wissen muss.“

Harlequin nickte zustimmend und lächelte zufrieden.

Als Average auf Probleme während einiger letzter Runs hinwies und betonte, dass es ihm gar nicht behage, dass er so wenig über das ‚wie‘ und ‚wo‘ wisse, platze Blood beinah der Kragen.

Changs warf mit seiner ruhigen Art zu sprechen ein, „Mach dir über die Vergangenheit keine Sorge, wende dich der Zukunft zu.“

Das brachte beide zum Schweigen.

❄❄

Kurz nach 1.00 Uhr in der Nacht befand sich das Team bereits mit Sack und Pack auf einem Flugfeld in Redmond. Sie fuhren mit dem Wagen direkt bis in den Container, nahmen dann aber selbst im Hubschrauber Platz. Um keine Fahrzeuge mieten zu müssen, hatten sie beschlossen, selbst Fahrzeuge mitzunehmen. 

Strupp-I, der E-Doc hüpfte aufgeregt zwischen ihnen herum und versuchte jeden der Runner zu überreden, ihm ein Leckerlie zu geben, in dem er ein Pommes-Icon auf AR über sich aufblenden ließ. Zudem tauchte plötzlich Werbung für Hundefutter in ihren Commlinks auf. Das änderte sich erst, als Harlequin sich zu Strupp-I hockte und ein paar Worte mit ihm wechselte.

Ein Flug auf die andere Seite des Kontinents war auch mit einem Helikopter kein Katzensprung und so würden sie mit all den Zwischenladungen gut 24 Stunden unterwegs sein. 

Bereits auf dem ersten Abschnitt begannen wieder Diskussionen und irgendwie war auch ein wenig Planung dabei. Snowcat war viel zu entspannt und zufrieden, um sich über das Durchkauen einzelner Punkte, die doch nur ein Wenn-Dann-Spiel waren, zu ärgern. Sie suchte lieber Harlequins Nähe und mit jeder Meile in der Luft, kam Blood besser damit klar. 

Bei ihrem letzten Tankstopp vor dem Ziel kam eine Meldung von Mr.Johnson rein: Die Kuriere haben für den Abend des 17. im Twinbrook-Coffin-Motel fünf Coffins für 24 Stunden reserviert. Es sind vier Kuriere, eine Frau und drei Männer und an Rassen, ein Mensch, ein Elf, ein Zwerg und ein Ork.

Das klang zumindest nicht nach UC, obwohl das Boot-Team die Rollen durchaus hätte besetzten können.

[Song 4: James Newton Howard - Salt/Go Get Em] Sie landeten kurz nach Mitternacht etwas außerhalb von DeeCee auf einem Feld nahe eines verlassenen Hauses.

Snowcat trug jetzt ihre hellblaue Jeans, ein simples weißes T-Shirt und dunkelblaue Docs. Ihr Haar war zu zwei Zöpfen geflochten und natürlich trug sie ganz spezielle „Unterwäsche“. Die Form-Fitting-Body-Amor würde sich einer Wandlung zum Drake anpassen. 

Snowcat gab Harlequin eines ihrer verschlüsselten Team-Commlinks und wies ihn in die Nutzung des TacNets ein.

Harlequin hörte ihr aufmerksam zu und machte den Eindruck eines Kindes, dem man ein neues Spielzeug erklärte. Ja, er wirkte total bei der Sache, aber zwischendurch war da auch wieder ganz kurz dieses eigentümliche Schmunzeln gewesen.

Blood beobachtete sie und fragte dann plötzlich im leicht genervten Ton, „Harlequin hast du eigentlich irgendwelche Kampferfahrung?“

Harlequin sah zu Blood rüber und fixierte ihn, „Du willst wissen, ob ich schon an Schlachten teilgenommen habe?“

Blood zog die Augen skeptisch zusammen, „Schlachten? Meinetwegen auch das. Mir ging es ums Kämpfen und Vorgehen im Team, Anweisungen folgen und so weiter.“

Harlequin nickte ernst, „Ja, ich habe schon an Schlachten teilgenommen.“ Mit Stolz geschwellter Brust fügte er hinzu, „Ich bin bereits Level 73 in Dawn Of The Atlantis X, City Of Spires.“

Blood strafte Harlequin mit angewiderten Blick. Er setzte zu einer Erwiderung an, doch Average kam ihm zuvor, „Level 73. Echt? Respekt! Das ist wirklich eine Leistung. Besonders für jeden Nicht-Hacker.“ 

Nun sah Blood giftig zu Average und Harlequin lenkte ein, „Ach so, nur Real-Life Schlachten zählen. Ja auch das. Zum Beispiel vor den Toren Wiens.“

Das Fragezeichen stand Blood ins Gesicht geschrieben.

Harlequin sah ihn noch eindringlicher an. „Wien? Sagt dir das was? Das liegt in Europa.“

Blood zuckte mit den Schultern, „Ah, du meinst du hast an den Euro-Wars teilgenommen.“ Er schob das Kinn ein wenig vor, „Respekt, das kann man problemlos als Kampferfahrung bezeichnen.“

Damit war das dann geklärt. Allerdings war sich Snowcat nicht ganz sicher, ob die beiden da gerade eben wirklich vom gleichen Krieg gesprochen hatten.

❄❄

Kurz nach Sonnenaufgang machten sich Blood, FTW, Chang, Average, Snowcat und Harlequin auf den Weg zum Coffin-Motel. Blood hatte versucht dafür zu sorgen, dass Snowcat mit ihm auf dem Bike fuhr, aber das hatte Harlequin ebenso locker abgeschmettert, wie Bloods Erklärung, dass Snowcat unbedingt im Wagen fahren müsse, um die anderen bei einer Kontrolle zu helfen.

❄❄

So früh am Morgen hätte das Coffin-Motel auch ein Friedhof sein können. Es war absolut nichts los.

Sie hielten in der Nähe, um Average die Gelegenheit zu geben, sich im System des Motels umzusehen. Es war nicht sonderlich gut geschützt.

Derzeit waren nur sechs der 100 Schlaf-Särge besetzt. Für den Abend waren tatsächlich 5 Särge in drei nebeneinander liegenden Reihen reserviert. Im Motel lagen immer 2 Schlafkabinen übereinander und die Kuriere hatten zwei, einen und zwei Särge reserviert. Sie konnten also mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, dass der freie Schlafplatz in der Mitte auch frei bleiben würde.

Das Coffin- Motel sah aus, als wäre es einst ein Motel mit Zimmern gewesen und wäre dann später zu einem Coffin-Motel umgebaut worden. Das erklärte die Architektur, und dass es vor jedem Coffin-Turm einen Parkplatz gab

Average mietete seinerseits zwei Särge direkt neben der Reservierung und zwei weitere Särge etwas entfernt. 

Nur Harlequin und Snowcat konnten astral wahrnehmen. damit sie das unbemerkt tun konnten, wäre es am besten, wenn sie dafür im Teamwagen blieben, also beschlossen sie spontan umzusteigen.

Chang und Blood wechselten aufs Motorrad, Snowcat und Harlequin stiegen in den Wagen um, und da sie nun mitten auf dem Run waren, versuchte Blood nicht mal ansatzweise irgendetwas daran zu ändern. 

Sie parkten das SUV links neben den reservierten Reihen. Sie ließen die Flyspy-Drohne raus und Blood platzierte zwei Eyeballs an unterschiedlichen Stellen, um die Gehwege im Augen behalten zu können. Average stellte die Feeds ins Teamnetzwerk, das TacNet lief, alles war vorbereitet und die Wartezeit ging los.

Average begann nach wenigen Minuten der Überwachung über Hunger zu klagen, woraufhin FTW mit ihm und Strupp-I zum Automaten-Restaurant ging. 

Die Auswahl an Gerichten war groß und gut, wenn man denn Dinge mochte, die mindestens 5 Jahre haltbar waren. Zudem hingen hier Trideoschirme diverser Größe, auf denen Motel-Gäste nicht nur Trideo ansehen, sondern auch gemeinsam oder allein AR-Spiele zocken konnten. Es wäre also unauffällig, wenn sich jemand hier lange Zeit aufhalten würde. Strupp-I bekam eine Portion frisch frittierte Pommes, als ehemaliger Strassenhund konnte er so etwas vertragen.

Zumindest kehrte Average mit einer Best-Of Auswahl an Automaten-Gerichten ins Team-SUV zurück und Snowcat probierte dekadenter Weise mehrere davon.

Ab dem frühen Nachmittag verzog sich Blood mit samt geladener MP in einen der Särge die sie gemietet hatten. 

FTW, Average und Strupp-I suchten erneut das Automaten-Restaurant auf und Chang gesellte sich etwas später dazu, denn von dort aus konnte man unbeobachteter die Umgebung im Blick behalten. 

Was im Umkehrschluss bedeutete, dass Harlequin und Snowcat allein im Wagen zurück blieben.

Küssend verging die Zeit nicht nur schneller, sondern auch viel angenehmer und die beiden Elfen erwiesen sich als ausdauernd, was den Austausch von Zärtlichkeiten im Überwachungswagen anging.

Unbemerkt von den anderen im Team, wurde die Turtelei kurz nach 17.00 Uhr von einem Anruf unterbrochen. 

Aina meldete sich, um für morgen Mittag die Übergabe des Sextanten zu vereinbaren. «Wirst Du auch da sein?», fragte Aina nachdem die Details geklärt waren.

«Nein! Es sei denn, du hättest es gerne so.»

Aina winkte ab, „Nein, nein. Ich werde ja selbst auch nicht da sein.»

«Aus wie vielen Personen besteht denn eigentlich dein Abholteam.“, fragte Snowcat vorsichtshalber nach.

«Das sind vier Personen.», erwiderte Aina.

Snowcats Herzschlag beschleunigte sich ein wenig. Ihre Stimme blieb unverändert, «Kannst du mir zufällig ihre Rassen nennen, auch wenn das jetzt vielleicht ungewöhnlich klingt?» Snowcat hielt den Atem an.

Aina lachte kurz, «Klar. Es handelt sich um zwei Orks und zwei Menschen.»

Wunderbar, Snowcat atmete entspannt weiter. Die Jobs schienen nichts mit einander zu tun zu haben. Zumindest warteten sie hier nicht, um die Kuriere des Sextanten abzupassen. «Gut, danke.»

«Sag mal», begann Aina, «ist Harlequin zufällig in deiner Nähe?»

Das konnte man wahrscheinlich so sagen, immerhin saß sie gerade auf seinem Schoß. Das erwähnte Snowcat natürlich nicht, stattdessen sagte sie nur, «Ja, rein zufällig ist er das.»

«Könnt ihr vielleicht morgen um acht Uhr am Abend zum Watergate Komplex kommen und mich dort treffen?»

Snowcat fragte nicht extra bei Harlequin nach, der Job würde bis dahin erledigt sein, doch sie gab ihm die Möglichkeit zu intervenieren, indem sie wiederholte, «Morgen um 20.00 Uhr am Watergate-Komplex?», Harlequin küsste kopfnickend Snowcats Hals und sie fuhr fort, «Ja na klar, gern.»

Aina freute sich sichtlich, «Gut, dann bis morgen.»

„Ich bin morgen also mit Aina verabredet und sie hat nicht gesagt, worum es geht.“, erklärte Snowcat nachdem die Verbindung beendet war, „Allerdings glaube ich, sie würde gerne, dass du auch da bist. Das ‚ihr‘ hat so was angedeutet.“

Harlequin zuckte mit den Schultern, nickte und küsste Snowcat dann lieber weiter. 

❄❄

[Song 5: James Newton Howard- Salt/Chase Across DC ] Es waren schon einige Fahrzeuge gekommen oder gegangen, doch kurz vor 18.00 Uhr meldete eine der Spotter-Drohnen, dass ein dunkler Van mit verdunkelten Scheiben auf das Gelände fuhr. Der Wagen bekam sofort die Aufmerksamkeit aller Runner, Harlequin und Snowcat stellten sogar das Knutschen ein. 

Natürlich parkten sie auf dem Mittleren der drei möglichen Plätze. 

Die Hecktür öffnete sich und ein kompakt gebauter Ork in Panzerjacke und mit Sonnenbrille schälte sich heraus. 

Ihre Flyspy konnte einen Blick in das Innere erhaschen und blickte beinah direkt in die Sensoren einer bewaffneten Steel-Lynx-Kampfdrohne, die über den Innenraum wachte.

Ein menschlicher Mann, mit dunklen Haaren und im langen schwarzen Mantel, den Snowcat auf Mitte 30 schätze und der recht appetitlich aussah, -appetitlich für einen Menschen-, stieg auf der Beifahrerseite aus, trat vor das Gebäude und sicherte nach rechts und links. Selbstverständlich ohne eine Waffe zu ziehen und natürlich hatte auch er eine Sonnenbrille auf.

Hinten streckte ein Zwerg mit braunen Haaren, braunem Bart und Sonnenbrille den Kopf aus der Tür, sah sich aufmerksam um und reichte dem Ork im Anschluss eine große Sporttasche raus, bevor er vom Wagen hüpfte und die Tür hinter sich schloss. 

Durch das inzwischen offene Fenster der Beifahrertür starteten zwei Dragonfly-Drohnen. Dann schloss sich das Fenster sofort wieder.  

Ein vorsichtiger astraler Blick von Snowcat ergab, dass der Zwerg magisch aktiv war und von einem Feuer und einem Luftgeist begleitet wurde. 

Die Kuriere gingen geschickt vor und einiges wäre Snowcat und ihrem Jungs verborgen geblieben, hätten sie nicht so viele wachsame Augen dabei gehabt. 

Der Elf des Kurier-Teams ließ sich nicht blicken und es war zu vermuten, dass er oder sie auf dem Fahrersitz einfach Platz behalten hatte. 

Die drei anderen bewegten sich auf die Särge zu, verstauten die Tasche in dem Coffin, den sie zuviel hatten, warfen dann ihr persönliches Gepäck, welches jeder dabei gehabt hatte hinein und krabbelten danach erstmal selbst in je eine Koje.

«Hatte ich eigentlich schon gesagt, dass die Einrichtung des Sargs in dem Komplex in Neo-Tokyo gut 1000 mal komfortabler war, als das Teil, in dem ich grade lieg?», fragte Blood spontan.

Snowcat schloss die Augen und konzentrierte sich auf den Astralraum und den Energiefluss der Umgebung, bis sie ihn förmlich auf ihrer Haut spüren konnte. Sie legte den Kopf leicht schief, lächelte und verkündete dann über den Teamkanal, «Das Zielobjekt ist nicht im Coffin, die Tasche ist eine falsche Fährte. Das, was wir suchen befindet sich immer noch im Van, ungefähr auf Höhe der Schiebetür, aber auf der davon abgewandten Seite.»

«Habe verstanden.», bestätigte FTW

«Bist du sicher?», fragte Average nach.

Snowcat schmunzelte breit, «Ja, soweit man das sein kann. Zumindest spüre ich hinten im Wagen etwas, was weder Geist noch Zauber ist und sich anfühlt, wie eine durch eine Mana Sheath Tasche gedämpfte, magische Aura.» Das mit der Tasche war eigentlich nur eine Vermutung, die zwar höchst wahrscheinlich war, aber eine Vermutung blieb. Das würde sie jetzt jedoch mit Sicherheit nicht zugeben.

Der Mensch und der Zwerg kamen wieder aus ihren Särgen und machten sich zum Automaten-Restaurant auf. Blood sagte das an, doch die meisten von ihnen hatten das Geschehen wahrscheinlich schon zuvor auf den Feeds der Drohnen entdeckt.

«Können wir irgendwie in den Van der Kuriere blicken?», fragte Snowcat.

Harlequin antwortete, «Ich kann dir dazu verhelfen.»

Snowcat verlagerte ihre Sicht in den Astralraum und spürte nach den Geistern des Zwergen-Mage, aber die hielten offenbar beim Coffin mit dem Köder Wache und über dem Auto kreiste nur ein Watcher, ein minderer Geist, die bekannter Maßen nicht sonderlich klug waren. Sie konnten einen Zauber riskieren. Snowcat nickte Harlequin zu, «Machen wir das.»

Dank Mystère war Snowcat daran gewöhnt, nur ihre Sicht zu bewegen. 

Als diese das Innere des Vans erreicht hatte, beschrieb Snowcat, was sie sah, «Auf der Fahrerseite sitz eine Elfe mit blonden kurzen Haare. Offenbar der Rigger. Bis auf die Verpackung eines Tree Shadowrunner-Bars im Fussraum der Beifahrerseite und eine halb volle Wasserflasche auf einem der Einzelsitze, ist der Wagen aufgeräumt. An der Karosserie auf der Fahrerseite sind Regale mit allerlei Equipment angebracht. Einige Gepäckstücke liegen in einem Netz unter dem Dach. Dann sind da vier drehbare Einzelsitze. Ansonsten steht in der Mitte des Vans die Steel-Lynx und zeigt mit dem Lauf eines LMG nach hinten. Ungefähr gegenüber der Schiebetür an der Seite unten im Regal steht so etwas wie eine Sporttasche für Bowlingkugeln und zwar genau dort, wo ich kurz zuvor die Besonderheit gespürt habe.»

«Sie haben ihre Einkäufe betätigt und kommen jetzt wieder zurück.», sagte Chang seinerseits an.

Snowcat blieb mit ihrem Blick noch eine Weile wo sie war und konnte dann beobachten, wie der Mensch zu der Elfe in den Wagen stieg und ihr etwas zu essen reichte. Sie unterhielten sich und lachten gelegentlich. Sie schienen öfter zusammen zu arbeiten oder kannten sich zumindest schon eine Weile.

Irgendwann zog Snowcat ihre Sicht in sich zurück und fragte, «Okay Jungs, ich würde vermuten, die Elfe bleibt die ganze Zeit über im Wagen. Wir wissen nicht, wann die wieder weg wollen, also sollten wir uns schon mal Gedanken machen, wie wir vorgehen wollen. Das größte Problem sehe ich im Rigger, der spüren würde, wenn wir eine der Van-Türen öffnen, solange er mit dem Wagen verbunden ist. Sonst hätte ich gesagt, ich gehe unsichtbar in den Van. Natürlich nur, wenn du mich auf irgendeine Art verschleiern oder unsichtbar machen kannst, Harlequin?»

«Ja, kann ich.», erwiderte Harlequin artig.

«Na die Drohne würde ja auch sehen, wenn die Tür aufgeht, selbst wenn sie dich nicht sieht.», mahnte Average.

«Nicht, wenn du die Drohne zu diesem Zeitpunkt bereits übernommen hast.», erklärte Snowcat.

Average erwiderte sofort, «Das könnte ich wohl tun, aber das wird die Elfe ja auch merken, oder?»

Snowcat lächelte, «Nur wenn sie dann gerade in der Drohne ist und nicht im Van. Sie kann auch VR nur an einem Ort gleichzeitig sein. Aber wie ich bereits sagte, ist der Rigger unser größtes Problem.»

Womit die Planungs-Diskussion eröffnet war.

Sie überlegten, ein Loch in den Van zu bohren, sich als Polizisten auszugeben, einen Gangangriff zu starten und noch so einiges andere. 

Als es wieder damit los ging, dass man sich in Kleinigkeiten verlor und aufzählte, was alles nicht ging, wurde Snowcat immer ungeduldiger. 

Der Mensch war inzwischen in seinen Coffin gestiegen und zudem würde es gleich dunkel werden und sie hatten immer noch keinen finalen Plan.

Harlequin zog Snowcat wieder auf seinen Schoss und nahm sie in den Arm. Snowcat atmete durch und fasste zusammen, «Wir bleiben bei folgender Idee: Average verschafft sich Zugang zur Steel-Lynx und übernimmt aufs Stichwort die Kontrolle. Wenn der Rigger abgelenkt ist- wie genau es dazu kommt oder ob wir einfach auf einen Wachwechsel warten, legen wir noch fest - schleichen Harlequin und ich unsichtbar zum Wagen rüber und ich öffne die Hecktür des Vans wobei ich gegebenen Falls den Sequencer benutze. Wenn Harlequin Sichtkontakt auf den Rigger oder andere metamenschliche Wachen im Van hat, sorgt er dafür, dass diese sich nicht bewegen oder sonst etwas tun können und ich öffne die Tasche um Liams Substanz in die Mana Sheath Tasche zu spritzen. Im Anschluss verabreiche ich der oder den Wachen im Wagen Pixiedust und wir verschwinden lautlos und von allen Kurieren unbemerkt. Soweit der Plan.» 

«Werden wir auch Looten?», fragte Harlequin unvermittelt.

Snowcat musste herzhaft lachen, «Nein, heute nicht, die Kuriere sollen ja nichts merken.»

«Ach, ja. Dann vielleicht nächstes Mal.»

«Ja, vielleicht.», Snowcat wartete einen Moment, aber es kamen endlich keine weiteren Ansagen oder Fragen. 

Jetzt konnte sie locker damit umgehen, dass sie sich darüber, wie die Ablenkung aussehen sollte, noch lange nicht einig waren und so schnell auch nicht werden würden. 

Sie beschlossen zuzuschlagen, wenn man den Rigger ablöste oder aber spätestens um 3.00 Uhr in der Früh, wenn sich zumindest deren Biorhythmus auf einem Tiefpunkt befinden würde. Snowcat war sich ziemlich sicher, dass die Kuriere auch Runner waren und so würde das mit dem Biorhythmus kein großartiger Vorteil sein, aber sie hatten sich eine Deadline gesetzt und würden sich dann eben kurz bevor sie zuschlugen auf eine Ablenkung einigen müssen.

❆❆

Irgendwann unterbrach Changs ruhige Art zu sprechen Snowcat und Harlequin bei einem besonders süßen Kuss. 

Ein Blick auf den Timestamp verriet Snowcat, dass es genau 23.01 Uhr war. 

«Ich habe einen Wagen bemerkt, der bereits zum dritten Mal das Motel umkreist. Ich möchte mir Strupp-I von Average ausborgen, wenn erlaubt und mit ihm eine Runde um den Komplex drehen, um mir den Wagen näher anzusehen, wenn er wieder vorbei fährt.»

«Gute Idee, mach das bitte.», bat Snowcat. Sie war sich ziemlich sicher, das weder Average noch Strupp-I etwas gegen den Plan einzuwenden hatten.

Chang verließ das Automaten-Restaurant, um mit der Promenaden-Mischung Strupp-I an der Leine Gassi zu gehen. Da Chang bis auf seine Hände unbewaffnet war und auch unauffällig wirkte, würde wohl niemand etwas seltsam oder gar bedrohlich daran finden können.

Kurze Zeit später meldete Chang sich, «Da ist er wieder.» Bilder aus der Kamera von Changs Eyeball trafen im Teamnetzwerk ein. 

Ein dunkles SUV war sicher nichts Ungewöhnliches. Drei davon standen derzeit auf den Parkplätzen des Motels und aus einem war eine fünfköpfige Familie auf der Durchreise gestiegen. Aber wenn genau das gleiche SUV innerhalb einer Stunde vier Mal, wenn auch in unregelmäßigen Abständen, um das Gelände fuhr, war das sehr wohl ungewöhnlich. Zwar sah ein SUV aus wie das andere, doch wenn Chang sich sicher war, dass es sich dabei um ein und das selbe Fahrzeug handelte, würde es genau so sein. 

«Möchtest du einen Blick in das SUV werfen?», fragte Harlequin. 

Snowcat hob überrascht eine Augenbraue, «Ja, sehr gern.» Sie hatte gar nicht daran gedacht, dass der Zauber soweit reichen konnte.

Harlequin berührte sie am Oberschenkel und dann raste Snowcat mit ihrer Sicht die Einfahrt hinunter, bog links ab und jagte dem Wagen hinterher, der gerade an Chang und Strupp-I vorbei gefahren war. 

Vorsichtshalber sah sie von hinten aus in den Wagen hinein. Im Gegenteil zu den Malen, wenn Mystère oder Sugmani diesen Zauber auf sie gewirkt hatte, hatte Snowcat diesmal ihre Restlichtsicht behalten. 

Details waren also kein Problem. Snowcat konnte auf den ersten Blick Kletterzeug, Waffen- und Munitionskisten erkennen, die im Gepäckraum des Wagen lagen. Sowohl auf der Fahrer- als auch auf der Beifahrerseite saßen Elfen im leichten Militärpanzer, ohne Helm, sonst hätte Snowcat die spitzen Ohren nicht erkennen können. Eine Frau mit rotbraunen Haar und ein braunhaariger Mann mit …

Snowcat stockte. Nein! 

Das konnte doch nicht sein, oder?

Vorsichtig bewegte sie sich mit der Sicht nach Vorne in den Wagen und ….

Tatsächlich. 

Das waren Alexander Tintagel und Felicia McGuinness

Snowcat lachte leise. 

«Okay, Team. Wir müssen umgehend zuschlagen, den Plan umsetzten und eine Ablenkung für den Rigger improvisieren. Das da im Wagen sind Tintagel… » 

Nun war es Harlequin, der eine Augenbraue hob und dann zu grinsen begann.

«… und McGuinness. Für Chang ganz schnell: das sind zwei elfische Elite-Soldaten mit denen wir schon mehrmals zu tun hatten. Beide sind magisch aktiv. - Was immer die hier wollen, es ist kein Zufall und sie sollten nicht bemerken, dass wir hier sind. »

Chang meldete, «Habe verstanden. Bin bereits unterwegs zurück zum Parkplatz.»

Snowcat hatte gesprochen, ohne ihre Sicht zurück zuziehen und konnte nun beobachten, wie Tintagel und McGuinness an einer von der Strasse schlecht einzusehenden Stelle anhielten und die Helme aufsetzten. Nun zog Snowcat ihre Sicht zurück, denn sie wollte in keinem Fall, dass einer der beiden den Zauber entdeckte, da er vor dem Aussteigen astral wahrnahm.

FTW hatte inzwischen ihre FlySpy auf dem Dach des Motels so positioniert, dass sie den Wagen von Tintagel im Blick hatte. Da das TacNet deren Position kannte, hatte er nicht lange suchen müssen. 

Die Elfen stiegen aus, traten nach hinten an das Fahrzeug und bewaffneten sich mit einer unglaublichen Eleganz und Selbstverständlichkeit. Dann wurden sie für die Sensoren der Drohne unsichtbar. Sie verschmolzen quasi mit der Umgebung. Sie hatten wohl die Tarnung ihrer Panzerungen eingeschaltet. 

Doch neidisch musste Snowcat auf diese Perfektion nicht werden, denn auch ihr Team arbeitete, jetzt wo es darauf ankam, schnell, präzise und zuverlässig.

[Song 6: James Newron Howard -Salt/Mano a Mano] Average meldete, «Hab die Steel-Lynx unter meinem Kommando.»

Von Chang kam, «Bin gleich da. Werde Strupp-I zur Ablenkung auf die Motorhaube setzten, es sei denn, von Average kommt ein Widerspruch.»

«Nee, mach das mal. - Strupp-I hörst du, du musst dich da auf den Wagen setzten lassen und Blödsinn machen. », wies Average den Hund an.

Strupp-I bellte zwei mal. 

Snowcat huschte ein warmherziges Schmunzeln übers Gesicht. 

«Bin kampfbereit. Falls was schief geht, komm ich auf eurer Zeichen raus.», erklärte Blood.

FTW sagte an, «Erreiche gleich unser SUV, mache euch die Tür hinten rechts auf. »

Harlequin nahm Snowcat an die Hand, „Komm Liebste.“, sagte er leise.

In dem Moment setzte ein leicht torkelnder Chang Strupp-I auf die Motorhaube des Kurier-Van, gleichzeitig öffnete FTW die angesagte Tür. 

Harlequin und Snowcat schlüpften hinaus. 

FTW schmiss locker seine Jacke auf einen Rücksitz, warf die Tür wieder zu und schlenderte dann hinten um den Wagen rum, und näherte sich der Fahrertür. 

Strupp-I wedelte mit dem Schwanz, kläffte aufgeregt und dann hob er das Bein, um Pipi zu machen. 

Direkt auf die Frontscheibe. 

Diese Tatsache allein wäre wohl schon ablenkend für die Elfe gewesen, doch da Strupp-I kein normaler Hund, sondern ein E-Doc, also ein so genannter Technocritter war, war sein Pipi auch über AR-sichtbar und spammte das Sichtfeld nun mit neongelben ARO’s zu. 

Das würde den Rigger mit Sicherheit ablenken. 

Snowcat hatte bereist ihren Sequencer in der Hand, als Average verkündete, «Tür ist auf.»

Super. 

Die Elfe auf dem Vordersitz wollte anfangen zu fluchen und zu schimpfen. Sie verstummte, bevor sie richtig laut geworden war, versteifte sich und blieb dann genau so. 

Snowcat hatte die Hecktür aufgezogen und somit für Harlequin den Blick auf den Rigger frei gegeben.

Chang empörte sich mehr oder weniger gekonnt über ‚seinen Hund‘.

FTW meldete, «Ich glaub, ich habe gerade zwei Gestalten den kleinen Hügel hochkommen sehen. Ihr habt noch drei oder vier Minuten.»

Das sollte hoffentlich reichen. 

«Die anderen Kuriere sind noch ruhig.», bestätigte Blood.

Snowcat bewegte sich vorsichtig an der bewaffneten Drohne vorbei. 

Sie hockte sich vor die Tasche und zog ohne zu zögern den Reißverschluss auf. In der Tasche befand sich eine kleine Metallkiste die mit einem MAG-Schloss verschlossen war. Zum Glück hatte sie den Sequencer dabei.

Snowcat zog das Teil vom Tool-Gürtel ab und hielt es davor. Die Sekunden, die das Gerät zum Entschlüsseln des Codes brauchte, kamen ihr ewig vor. Doch dann sprang das AR Symbol endlich um. 

Snowcat klappte den Deckel hoch. 

Wie erwartet fand sie eine Mana Sheath Tasche vor. Snowcat zog die Injektionsnadel heraus, entfernte die Kappe und spritze den Inhalt in den Stoff. 

Viel Zeit war nicht mehr, aber sie musste einfach nachsehen. 

Snowcat löste das Verschlussbändchen, klappte die Tasche auf und schlug vorsichtig und so schnell wie möglich das Tuch auf, in den der Gegenstand gewickelt worden war.

Wow, noch ein alter Bekannter. Hier wurde gerade Shantayas Kompass transportiert.

Nachdem ihre Neugier gestillt war, versetzte sie alles in den Ausgangszustand zurück. 

«Fertig und Abgang!», sagte sie an. 

Snowcat drehte sich etwas, pustete der in der Bewegung erstarrten Elfe Pixie-Dust ins Gesicht und zwinkerte Harlequin zu.

Chang war bereits mit Strupp-I in den Wagen zu FTW gestiegen und auch Blood hatte schon den Abgang gemacht und sich zu ihnen gesetzt.

«Ihr holt Average ab, Snowcat und ich nehmen das Motorrad.», wies Harlequin an. 

«Copy. Wollen wir die Flyspy noch da lassen und sie später holen, um zu sehen, was passiert?», fragte FTW.

«Eine ausgezeichnete Idee.», erwiderte Snowcat.

Average hatte sogar von sich aus daran gedacht, sämtliche Kameras nach Bildern von ihnen zu kontrollieren, um diese zu löschen. Es geschahen noch Zeichen und Wunder.

Nachdem sie einige Meilen Abstand gewonnen hatten, sammelten sie sich im Wagen. 

Snowcat informierte Mr.Johnson über den erfolgreichen Abschluss des Jobs und der sendete ihn schon bald darauf die Zugangsdaten, mit denen sie an ihre Bezahlung gelangen konnten. 

Die Aufzeichnung der Flyspy zeigte, dass Tintagel und McGuinnes sich bis zum Wachwechsel auf dem Dach des Motels versteckt und gnadenlos zugeschlagen hatten, als dieser gekommen war. Sie stahlen die Tasche im Van innerhalb von wenigen Sekunden. Die vier Kuriere hatten keine Chance. Die Elfen gingen kühl und präzise vor. Sie legten es nicht darauf an, die Kuriere zu exekutieren, aber es kümmerte sie auch nicht, wenn diese draufgingen.

Snowcat fragte sich insgeheim, ob es wohl ein Zufall war, dass Sextant und Kompass  innerhalb von wenigen Stunden in DeeCee auftauchten. 

Wahrscheinlich eher nicht, doch andererseits, …

Da Snowcat den anderen nichts von dem Inhalt der Tasche erzählte, konnte sie es zwar auch nicht mit ihnen diskutieren, aber das hätte sie auch gar nicht gewollt.

❄❄

Rogue Six willigte ein, noch auf das Boot-Team zu warten und gleich alle gemeinsam zurück nach Seattle zu bringen. 

Die Yacht des Teams konnte problemlos eine Weile im Yachthafen von DeeCee ankern und die Bootscrew hatte es nach so langer Zeit einfach verdient, einen erholsamen Rückflug zu bekommen.

❄❆

Am Nachmittag meldete sich Thunderstrike und teilte ihnen mit, dass die Übergabe des Sextanten ruhig und friedlich verlaufen war und man sie jetzt abholen können. 

Es war 14.07 Uhr.

Da sie insgesamt sieben Metamenschen und jede Menge Equipment transportieren mussten, planten FTW und Blood drei Touren mit dem SUV ein.

Blood war zumindest eine leichte Vorfreude auf seinen Kumpel Steel anzusehen. 

Snowcat fühlte sich euphorisch. UC hatte wieder mal tolle Arbeit geleistet und das gleich auf mehreren Ebenen und sie hatte soeben mit ihrem Lover gemeinsam einen Run durchgezogen. Selbst wenn das für Harlequin nur ein leichtes Spiel gewesen war, hatte er sich super ins Team eingefügt und die tadellose Leistung eines Magiers abgeliefert. 

Snowcat war realistisch genug, um sich nicht dem Traum von einem festen Einstieg von Harlequin ins Team hinzugeben. Für einen solchen Job war er wahrscheinlich völlig überqualifiziert und eventuell zu unbeständig. Aber an der Erinnerung an die heutige Nacht, konnte sie sich zukünftig immer dann erfreuen, wenn alle erotischen Gedanken an ihn unpassend waren.

Mit der ersten Fuhre erschienen Shark Finn und SpArcade im Sammellager von UC. Die Zwillinge wuselten umher, begrüßten jeden, außer Average, überschwänglich und fragten Rogue Six in ihrer unverwechselbaren Art abwechselnd zu sprechen, „Bist du…“ „.. jetzt fest bei UC…“ „.. oder nur …“ „… ausgeliehen?“

Rogue Six lächelte, „Auch diesmal bin ich nur für diesen Flug gebucht.“

Klar, dass Sparky und Arcade Harlequin die selbe Frage stellten. 

Auch Harlequin grinste, „Ich? Ach ich bin hier nur der Lehrling zur Ausbildung.“

Fast schien es Snowcat, als könnte sie hören, wie Blood erleichtert aufatmete.

Nachdem Shark Finn beim Umladen geholfen hatte, kam er zu Harlequin und Snowcat rüber. 

„Ich bin dann soweit.“, sagte der Fomori, der in den letzten Wochen überall wo Haut zu sehen war, verdammt braun geworden war, freundlich grinsend. Die Hautfarbe unterstrich sein gutes Surfer-Boy-Aussehen noch mal.

Harlequin hob auf die Ansage von Shark Finn jedenfalls die Hand, der Fomori schlug ein und somit war die Übergabe von Snowcats Schutz soeben erfolgt.

Mit der nächsten Fuhre kamen Sugmani und Mystère.

Suggi ließ ihren Ally-Spirit Looks Like Bear das Ausladen übernehmen und kam zu Snowcat und Harlequin rüber gestampft. 

„Du bist ja schon wieder hier, alter Mann.“, stellte Sugmani lachend fest. „Da es nicht am Essen liegen wird, muss es wohl Snowcat sein, die dich immer wieder zu UC zieht.“ Die beiden umarmten sich herzlich. 

Sugmani sah an sich herunter, „Ich bin noch nicht ganz davon überzeugt, dass ich wirklich wieder festen Boden unter den Füßen habe. Es schaukelt irgendwie a ….“

Die Erde unter ihnen bebte leicht.

Für einen Augenblick war es totenstill. 

Dann stoben überall in der Umgebung die Vögel auf und erhoben sich kreischend in den Himmel.

Sowohl Harlequin als auch Shark Finn traten dichter an Snowcat heran.

Dann wackelte der Boden abermals, diesmal heftiger und länger. 

Bis auf ein paar Taschen, die von den Kisten auf denen sie lagen, gerüttelt wurden, konnte jeder  seine Position halten.

Alle warteten ab.

Dann rief Arcade aus, was Snowcat geahnt hatte, „Ein Erdbeben. In der Trix heißt es, das Epizentrum lag irgendwo mitten in Downtown DeeCee. Ich such mal nach Bildern.“

„Was ist, Liebste?“, fragte Harlequin Snowcat sanft, da sie immer noch wie erstarrt stehen geblieben war, obwohl die Erde kein drittes Mal gewackelt hatte.

Snowcat war schwindlig. Ihre Nackenhaare hatten sich aufgestellt und die Erde bebte zwar nicht mehr, schien sich nun aber zu drehen. Snowcat sah Harlequin an und fokussierte sich in seinen grünen Augen. Dann sagte sie, „Auf der Astralebene ist das pure Chaos ausgebrochen. Die Energien wirbeln nur so umher.“

Es war 16.04 Uhr. 

Nachdem Arcade die ersten Nachrichtenfeeds über Satellit aufgefangen und in das Teamnetzwerk eingespeist hatte, war klar, dass im Kern von DC gerade eine Menge abging. 

Thunderstrike und Steel blieben erstmal wo sie waren, FTW und Blood sollten sie abholen, wenn man mehr wusste oder zumindest etwas mehr Ruhe eingetreten war. 

❄❄❄

[Song 7: Trevor Jones- The League Of The Extraordinary Gentleman/Dawn Of A New Century] Hier spricht Tori Sanders live für UCN.

Ich stehe hier mitten im Herzen von DeeCee, wo vor wenigen Minuten die Erde gebebt hat. 

Der ohrenbetäubende Lärm, den ich zu überschreien versuche, stammt von den zahlreichen Alarmanlagen, die während des Bebens losgegangen sind und von denen sich einige nicht abstellen lassen. Hinzu kommen die Sirenen von Polizei, Krankenwagen und Feuerwehr, die aussehen, als würden sie ziellos umher fahren, aber in Wahrheit einfach versuchen zum nächsten Einsatz zu gelangen.

Innerhalb von Minuten gingen mehr Notrufe in der Zentrale ein, als sonst an einem ganzen Tag.

Über die Zahl von Opfern lässt sich noch nichts sagen. Das Erdbeben selbst scheint glimpflich abgelaufen zu sein. Bis auf zwei Männer, die ums Leben kamen, als ihr Wagen von einer Brücke in den Potomac stürzte, wurden nur leichte bis mittelschwere Verletzungen gemeldet.

Dafür häufen sich die Meldungen über merkwürdige Ereignisse, die offenbar einen magischen Ursprung haben.

-Was? -Bist du sicher? -Okay. 

Gerade bekommen wir die Meldung rein, dass es mindestens drei weitere Opfer zu beklagen gibt. Vor einem Kaffeestand am Albert Einstein Memorial hat sich plötzlich ein Riss in der Landschaft aufgetan und den Inhaber des Standes, den Stand und zwei seiner Kunden hineingezogen. Dann schloss sich der Riss wieder, als …

-Was?- Wiederhole das bitte! - Das ganze Haus? -Wo? - Ja, wir fahren gleich hin.

Sie werden es genauso wenig glauben wie ich, aber die Regie hat mir gerade mitgeteilt, dass in der Virginia Avenue ein ganzes Haus einfach verschwunden ist. Niemand weiß, wie viele Metamenschen sich darin befunden haben. Wir spielen ihnen jetzt die Live-Feed der Gridlink-Kamera aus der Virginia Avenue ein, den uns Horizon freundlicherweise zur Verfügung stellt.

Sehen sie das? Da fehlt ein tatsächlich ein großes Stück Haus. Es sieht aus, als hätte eine überdimensionierte Hand einfach ein Stück Haus rausgerissen. 

Martin, schnell, schalt zurück zu mir.

Es wird immer verrückter, Sie können das rechts hinter mir wahrscheinlich nicht richtig sehen, aber hier läuft gerade ein vollbewaffneter Zug der Konföderierten-Armee durch den Park und bewegt sich direkt auf das Washington-Monument zu.

Immer mehr Meldungen über ungewöhnliche Sichtungen kommen rein. 

Wir werden jetzt versuchen, in die Virginia Avenue zu fahren um von dort zu berichten.

Das war Tori Sanders für UCN live aus Dee Cee.

Ich gebe zurück zu Tom ins Studio.

❄❄❄

Es dauerte einen Moment, aber dann hatte Snowcat sich an die wuselnden Energien gewöhnt und es geschafft, ihre sensible Wahrnehmung davor zu verschließen. Übrig lieb ein unheimliches Kribbeln auf der Haut, dass sie gut ignorieren konnte.

Die von dem Umständen doch ein bisschen überraschten Runner, hatten alles in den Transporthubschrauber verladen und Rogue Six wartete startbereit in seinem Riggerkokon. Nur für den Fall, dass man es hier nicht mehr aushalten konnte.

Doch bisher war hier draußen alles ziemlich ruhig.

Snowcat und Harlequin hatten beschlossen, den Termin mit Aina wahrzunehmen, - wenn möglich und das Team würde warten, bis sie zurück gekehrt waren und sie Thunderstrike und Steel abholen konnten, - ebenfalls wenn möglich.

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Doc rief Bei Snowcat an, «Ihr habt es ja aufregend bei euch. Alles in Ordnung soweit? Seid ihr wohlauf?»

Snowcat lächelte, «Ja, danke der Nachfrage, wir sind hier weit genug weg vom Schuss, um es ruhig zu haben. Allerdings sind noch nicht alle Schafe beisammen und ich hab auch noch einen Termin, also bleiben wir trotz der Lage noch ein bisschen. Und ja, natürlich passen wir auf.»

Doc grinste, «Bei der Mannstärke, mit der ihr jetzt da seid, mache ich mir um das Aufpassen keine Sorgen. Natürlich gibt es eine Menge Gerüchte, was bei euch in der Gegend genau los ist. Jemand hat mir die Aufzeichnung eines Gesprächs zukommen lassen, das von Kay St.Illregular und Pistons abgefangen wurde und nicht weit von euch stattgefunden hat. Hört es euch an, ich bin davon überzeugt, dass es euch interessiert. Nebenbei bemerkt, hat bisher keine Medienanstalt diese Nachricht übernommen oder auch nur irgendwie erwähnt. Zudem wird der Nexus angegriffen. Da will jemand verhindern, dass dies irgendwie an die Öffentlichkeit gelangt.»

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Auf jeden Fall wurden die Identitäten von sechs dieser sieben kleinen intriganten Verschwörer bestätigt. Es sind UCAS Congressman Thomas Lincoln (Stimme 1), UCAS Speaker of the House Joseph W. Ellis (Stimme 2), UCAS Senate Majority Leader Jennifer Henry (Stimme 3), UCAS Senate President Pro Tem Nathaniel Sherman (Stimme 4), UCAS House Majority Leader Samantha Payne (Stimme 5), and UCAS House Intelligence Committee Chairman Richard Franklin. Es gab ein siebtes Mitglied, das an dem Gespräch teilgenommen, aber während der Aufzeichnung kein Wort gesprochen hat. Es wird vermutet, dass es sich dabei um UCAS Congressman Samuel Ruthledge handelt, aber es gibt natürlich keine zwingende Beweise dafür. Ohne weitere Erklärungen, hier die Aufzeichnung - hör zu und erfahre, warum ich geglaubt habe, dass wir sie unbedingt als erstes haben müssen.

Beginn der Audio Aufzeichnung.

Timestamp: 17.00, am 18.July 2073

Elektronische Stimme, Identität bestätigt: Speaker of the House Joseph W. Ellis: Einen Moment bitte [statisches Rauschen und einige elektronische Zirplaute sind für die nächsten 30 Sekunden zu hören.] 

Freigabe erteilt, Mr. Speaker. [Das Geräusch einer sich öffnenden Tür, vermutlich einer Sicherheitstür ist zu hören. Dann folgen dreißig Sekunden relativer Ruhe, in denen man die Geräusche von Schritten auf einem Flur, gefolgt von dem Betätigen eines Türknaufs und dem Öffnen einer weiteren Tür hören kann.] 

Lincoln: Mr. Speaker [Hier gibt es eine Audio-Verzerrung bei der Aufnahme. Andere Sektionen der Aufnahme sind weitaus besser verständlich als andere. Die Störungen sind wahrscheinlich durch die Nutzung eines White Noise Generator entstanden.]

Ellis: Bitte benutzen sie nicht diesen Titel während dieses Meetings. Trotz aller Spontanität ist dies immer noch ein formales Treffen der Lodge Of Morgana, der Lodge of the All-Seeing Eye.

Lincoln: Ich entschuldige mich aufrichtig. Ich wollte nicht respektlos sein.

Ellis: Nichts für ungut, Novize Lincoln. Ich musste dieses spontane Meeting einberufen, da Master Henry Neuigkeiten für uns hat, die auch den Rest unserer Loge betreffen. Neuigkeiten, die zu sensibel sind, um sie elektronisch zu übermitteln. Master Henry, sie haben das Wort.

Henry: Verehrter Judge, liebe Logen-Mitglieder, unsere Kuriere aus [Aufnahme verstümmelt] und [Aufnahme verstümmelt] haben innerhalb der letzten Stunde Kontakt mit mir aufgenommen. Ein Team hat die Phaistos Disk erfolgreich wieder beschafft und wird [Aufnahme verstümmelt]  in DeeCee ankommen. Das andere Team hat Shantayas Kompass leider erneut kurz vor DeeCee verloren und versucht bereits dessen Spur wieder aufzunehmen. In bin zuversichtlich, was ihren Erfolg angeht. Zur erwarteten Stunde wird das oder hoffentlich die Kurier-Teams an der Union Station sein, um dort die Artefakte an unsere Kontaktpersonen zu übergeben. Die Kontakte werden die Artefakte dann das letzte Stück des Wegs bis Mount Vernon bringen, wo sie in unseren arkanen Hallen sicher verwahrt werden. Der Schlüssel zum Diskus findet sich bereits im Besitz unserer Freunde vom FBI und sie werden ihn innerhalb der nächsten Stunde im Mount Vernon abliefern.

Ellis: Master Henry, sie haben zumindest in zwei von drei Punkten hervorragenden Arbeit geleistet und offenbar ausgezeichnete Team angeheuert. Ich werde veranlassen, dass ihre Leistung der Organisation mitgeteilt wird und werde sie mit eigner Hand in die Archive eintragen und werde es zudem unserem verehrten Penultimate Master zur Kenntnis bringen. Ich bin sicher [Aufnahme verstümmelt]

Henry: Danke für die freundlichen Worte, Jugde.

Sherman: Bei allem Respekt, Judge Ellis, ich muss dem Vorhaben, gegebenen Falls beide Artefakte nach Mount Vernon zu bringen, widersprechen. Bei diesem starken, globalen Interesse an den Artefakten wäre es gescheiter, nur eines dort zu lagern. Das andere sollte besser in Monticello, der Georgetown Universität oder auch [Aufnahme verstümmelt] verwahrt werden, also an Orten, an denen die Meisten nicht einmal damit rechnen würden, das wir dort aktive Operationen zu laufen haben. 

Ellis: Zweifeln sie die Weisheit der Loge an, Warden Sherman?

Sherman: Natürlich nicht, Euer Ehren. Mount Vernon ist ein Zentrum unserer Macht. Jeder, der verrückt genug ist, dort einzubrechen, wird wahrscheinlich sterben. Aber ich glaube auch, dass man bei solchen Dingen gar nicht vorsichtig genug sein kann. Besonders bei solchen Artefakten, die sich sogar für Drachen als schwer fassbar erwiesen haben. Wir sollten das Schicksal nicht herausfordern und gleich zwei davon an einem Ort aufbewahren. 

Ellis: Wie ich bereits sagte, der Orden von Merlin hat ihre Anfrage bereits gewissenhaft geprüft und sie abgelehnt. Mount Vernon ist der sicherste Ort für diese Artefakte und die arkanen Höhlen werden die spezifischen Verteidigungen der Artefakte dämpfen.

Sherman: Dann bitte ich aufrichtig um Entschuldigung. Ich werde zukünftig kein Wort mehr über diese Sache verlieren.

Ellis: Und was ist mir den anderen zwei Artefakten, die sie für uns beschaffen sollten, Master Payne?

Payne: Beide von mir angeheuerten Teams konnten sie bis zu dieser Stunde noch nicht beschaffen, Verehrter Judge. Ich fürchte, dass ich zugeben muss, dass sie versagt haben.

Ellis: Master Payne. Ich bin schwer enttäuscht. Warum auch immer diese Teams versagt haben, sei es nun Unfall, Unvermögen oder höhere Gewalt, im Endeffekt haben sie versagt. In Folge dessen müssen sie bestraft werden. Ich ordne hiermit an, dass dies ihre letzte Amtszeit im Kongress gewesen ist. Sie werden zurücktreten, um mehr Zeit mit ihrer Familie verbringen zu können. Sie werden im Orden verbleiben und können sich in jedem Mega-Konzern eine Anstellung suchen, solange er Büros in Nord Amerika besitzt. Aber sie werden in die Lodge of Mordred degradiert. Ich werde ihren bisherigen Orden informieren und ihren Nachfolger bestimmen. Sie werden den Titel Master verlieren und wieder den Titel Warden annehmen, bis sie ihre Verfehlung wieder gut gemacht haben.

Payne: Ich akzeptiere ihr Urteil, Judge und ich bedanke mich für ihre Nachsichtigkeit.

Ellis: Wegen des Versagens von Warden Payne fällt die Aufgabe den Sextanten der Welten und die Piri Reis Karte zu besorgen an sie, Warden [Aufnahme verstümmelt]

Franklin: Ich danke Ihnen Judge. Ich freue mich auf diese Herausforderung und werde meine Aufgabe erfüllen.

Ellis: Wenn sie bei der Aufgabe bis zu ihrer nächsten Initiation Erfolg haben, wird ihnen erlaubt werden, den Titel Master zu tragen. Ich hoffe, sie erweisen sich diesen Titels würdig. Mit der Ankunft der ersten zwei Artefakte ist es an der Zeit mit den Vorbereitungen für das Master-Ritual zu beginnen. Der Orden muss in der Lage sein, das Ritual umgehend durchzuführen, wenn alle vier Artefakte beisammen sind. Der Amtsstab des Repräsentantenhauses ist bereits in den Bunker des Weißen Hauses gebracht worden und befindet sich somit in der Position für das Ritual. Warden Sherman, sie sind verantwortlich dafür, die anderen Logen in Nord Armerika über unseren heutigen Erfolg hier zu informieren. Sie sollen damit beginnen ihre Mitglieder in Mount Vernon zusammen zu rufen. Mit etwas Glück ist das Warten in wenigen Tagen vorbei. Die Novizen Lincoln und Ruthledge werden sofort wenn dieses Meeting vorbei ist nach Mount Vernon aufbrechen. Wenn die Artefakte ankommen, werden sie ihre individuellen Fähigkeiten nutzen, um die Schriftrollen und Bücher zu entschlüsseln, die wir aus der Großen Bibliothek von Alexandria retten konnten. Dann werden sie die wahren Namen der Geister, nach denen wir suchen, auf den Metaebenen beschaffen. Ich werde nach Monticello reisen, um die Schriftrollen für das Master-Ritual abzuholen. Wenn alle Artefakte beisammen sind, wird unser ehrenwerter Penultimale Master in DeeCee eintreffen, um das Master-Ritual persönlich zu überwachen. Das wird das Zeichen für den Beginn des glorreichen Zeitalters der [Aufnahme verstümmelt]

[Ein Buzzer summt]

Ellis: Es scheint, als würden die nächsten Abstimmungen bereits in fünf Minuten beginnen. Wir müssen diese Sitzung also unterbrechen, um unsere mundänen Pflichten zu erfüllen. Master Henry, Warden Payne, sie sind dafür verantwortlich, dass sämtliche Kameraaufzeichnungen aus den Fluren und Räumen von unserem Kommen und Gehen gelöscht werden, so als wenn dieses Meeting niemals stattgefunden hätte. Ferner tragen sie Sorge dafür, dass die Sicherheitsmänner sich nicht an ihre Ohnmacht erinnern können.

Henry und Perry: So soll es geschehen, Judge.

[Ende der Audi-Übertragung]

Es war 18.12 Uhr.

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Die UCAS Regierung war also von einer geheimen Loge unterlaufen, die versucht hatte, mehrere Artefakte in ihren Besitzt zu bekommen und die sie dann gemeinsam im Mount Vernon lagern wollten, um damit irgendein Ritual durchzuführen. Noch ein Ritual mit Artefakten? Das war wohl zum Lieblings-Hobby für geheime, magische Orden geworden. 

Der Smoking Mirror, den Blood auf dem Flug hierher bei seinem Bericht über den LaPaz-Run erwähnt hatte, würde hier sicher nicht dahinter stehen. Snowcat tippte spontan, dass sie hier eben ein Gespräch der Black Lodge mitgehört hatten. Die Nähe zu DeeCee warf dann die Frage auf, inwieweit die Black Lodge die Illuminati Of The New Dawn, den größten offiziellen magischen Orden der Welt, unterlaufen hatten, oder inwieweit sich die Namen der Mitglieder sogar gar deckten oder inwieweit sie zumindest zusammen arbeiteten. Vielleicht würde sich auch in der Draco Foundation mal ein Blick auf die Mitgliederliste lohnen?

Aber zum Spekulieren war später noch Zeit. Jetzt war nur wichtig, dass irgendwelche Fäden hier in DeeCee zusammen liefen oder zusammen gelaufen waren. Die Black Lodge hatte drei der vier Artefakte verloren, aber wer hatte sie dann? Bis auf den Sextanten der Welten war die Antwort auf diese Fragen offen. 

Ein weiterer Gedanke machte sich in Snowcat breit. War die Nähe von zumindest zwei Artefakten zueinander im Zusammenspiel mit der Nähe zum Rift - denn Snowcat konnte spüren dass das Chaos auf der Astralebene sein Zentrum beim Rift hatte - für die Ereignisse der letzten zwei Stunden verantwortlich?

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Hier ist Tori Sanders live aus DeeCee für UCN.

DeeCee kämpft weiter mit den teilweise dramatischen Auswirkungen der MMA, der ‚Mysteriösen Magischen Attacken‘. 

Die Zahl der Opfer steigt ständig, doch größtenteils kann man noch nicht von Todesopfern sprechen, da es sich bei den meisten Opfern um Metamenschen handelt, die einfach in sich plötzlich auftuenden Rissen verschwunden sind, die sich bald darauf wieder schlossen. 

Zwei weitere Tote sind allerdings bestätigt. 

Nachdem sich der Riss schloss, blieb ein Mann zur Hälfte in einer Wand stecken und starb, als seine Familie versuchte, ihn eigenhändig zu befreien. 

Eine Frau starb, weil nur ihre untere Hälfte von einem Riss verschluckt wurde. 

An dieser Stelle noch mal die Warnung, dass die zugehörigen UCN-Feeds nicht für Kinder und Metamenschen mit schwachen Nerven geeignet sind.

Experten sind sich einig, dass die MMA irgendwie mit dem Rift am Watergate Komplex zusammenhängen. Leider ist es ja nicht das erste Mal, dass der Rift DeeCee Ärger macht.

Ich stehe hier jetzt außerhalb der 7 Meile-Zone, die FedPol über das Gebiet verhängt hat. 

Der Bevölkerung, die sich innerhalb der Zone befindet, wird geraten, diese freiwillig zu verlassen. Noch ist keine Zwangsevakuierung angeordnet, aber ich gehe davon aus, dass es dazu noch kommen wird, wenn die MMA nicht abnehmen. 

Allerdings weiß niemand, ob es hinter dieser Zone überhaupt sicherer ist. Die MMA’s führen immer wieder zu massiven Veränderungen der Gravitation. Entweder beginnt alles zu schweben, oder alles wird wie von einer unsichtbaren Faust zusammen gedrückt und auf den Boden gepresst. Dutzende von Häusern sind bereits beschädigt und bisher dürfen sieben Bauwerke nicht mehr betreten werden, da ihre Stabilität laut Feuerwehr nicht mehr gewährleistet ist. Details über die genaue Lokalisation entnehmen sie bitte der Karte.

Bisher führten die Gravitaionsschübe bei Metamenschen zu Knochenbrüchen und Quetschungen. Wir wissen von vier Metamenschen, die sich in Lebensgefahr befinden und in Krankenhäusern dementsprechend versorgt werden. 

Der Kern von DeeCee ist zu einer Geisterstadt im wahrsten Sinne des Wortes geworden. Überall konnten Erscheinungen gesichtet werden. Einige Geister sind jedoch manifest. Darum hier noch mal die offizielle Bitte, nicht auf Geistersoldaten zuzugehen. Zwei Jugendliche wurde bereits von Kugeln einer Muskete verletzt. 

-Ahhhhhhhhhh- Hilfe- Oh mein Gott- ich schwebe- gerade habe ich noch davon berichtet und nun geschieht es mir selbst, wie sie sehen. Es handelt sich nicht um ….

…. Ja, danke, - nein, - es ist alles in Ordnung. Zum Glück war es ja nicht mal ganz ein Meter. Aber nicht auszudenken, wenn ich höher geschwebt wäre.  

Das Haus direkt hinter mir stand übrigens vor gut 30 Minuten noch nicht da. Es passt eindeutig nicht ins Strassenbild und stammt vermutlich aus dem 17. Jahrhundert und wurde plötzlich gegen das eigentliche Haus ausgetauscht. 

Sehen sie hierzu auch unseren aktuelle Experten- Feed, wo Maximilian Hurt, Professor der Thaumaturgie, Auskunft über verschiedene magische Phänomene gibt.

Wenn ich nicht von einem Riss verschluckt oder einem Gravitationsschub erschlagen werde, melde ich mich in wenigen Minuten von der Notfall-Einsatzzentrale des UCAS-Militärs wieder, wo weitere Maßnahmen bekannt gegeben werden.

Das war Tori Sanders live aus DeeCee für UCN.

UCN, immer live dabei mit über 20 Feeds. 

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Es war 18.39 Uhr.

Trotz der widrig gewordenen Umstände hatte Snowcat sich umgezogen. Sie hatte sich für eine wollweiße Skinny- Lederhose von Jean Paul und eine aufwendig verarbeitete Rüschenbluse mit Schoß von der gleichen Farbe entschieden. Unter die Bluse hatte sie allerdings ein ärmelloses Shirt gezogen, damit die Form Fitting Body Armor durch die Rüschen nicht zu sehen war. Dazu trug Snowcat High Heels mit Spitzenstoff, eine Vintage Handtasche und eine Vintage Sonnenbrille. Nur den perfekt dazu passenden 20iger Jahre Hut beließ sie im Koffer. Immerhin wusste Snowcat nicht, was oder wer sie bei dem Treffen erwartete

Snowcat lächelte Harlequin an, „Wenn wir pünktlich zu unserer Verabredung wollen, dann sollten wir jetzt langsam aufbrechen.“

Harlequin, der sich natürlich nicht umgezogen hatte, sondern Bluejeans, Cowboystiefel und ein T-Shirt mit einem ‚Pussy Rior‘ Schriftzug trug, nickte und meinte fröhlich, „Da Shark Finn fährt, können wir zusammen hinten sitzen.“, er hob zwei mal schnell hintereinander die Augenbrauen. Da sein Karo-Harlekin-Make Up gerade kräftig in weiß und rot strahlte, sah das ein kleines bisschen unheimlich aus. 

Suggi sah die beiden Elfen an, „Ihr wollt wirklich los? Das könnte aber ne ziemlich gefährliche Fahrt werden.“

Harlequin winkte ab, „Da mache ich mir keine Sorgen. Mir ihrem feinen Gespür wird Snowcat einen Riss oder Gravitationsschub bemerken, bevor er auftritt.“

Suggi nickte, „Gut, dann macht das. Wir warten hier auf euch. Meldet euch auch, wenn ihr Hilfe braucht.“

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[Song 8: Thousand Foot Krutch - Smack Down] Je näher sie dem Kern von DeeCee kamen, desto häufiger mussten sie spontan abbiegen, da Snowcat spürte, dass sich auf der Astralebene etwas zusammenbraute. Dafür wurden die Strassen immer leerer, jedenfalls in Richtung Innenstadt.

Raus begannen die Wege bereits zu verstopfen, da die Evakuierung nun doch angelaufen war. Obwohl freiwillig, verließ ein Großteil der Metamenschen den Bereich, da inzwischen von mehreren Hundert Vermissten gesprochen wurde und auch die Zahl der Toten sich erhöht hatte, da es zu Explosionen, Bränden, starken Winden und heftigen Gravitationsschüben gekommen war. Die Einflüsse des Astralebene auf die physische Welt waren deutlich stärker geworden.

Snowcat staunte nicht schlecht, als sie eine Strasse weiter links tatsächlich einen Trupp von Soldaten aus der Zeit des Bürgerkriegs marschieren sah.

Überall in der Stadt tauchten Zonen mit magischer Hintergrund-Strahlung auf und zwar positiver und negativer Art.

Den Strassen, Gebäuden und Brücken konnten man die Umstände teilweise schon ansehen und sie erinnerten Snowcat an Gegenden in deren Nähe eine Bombe hoch gegangen war.

Sie parkten den Wagen auf dem relativ leeren Hauptparkplatz des Watergate Komplexes.

Trotz der zunehmenden Militär-Präsenz hatte sie niemand angehalten oder versucht aufzuhalten. Nur Grid-Guide hatte ihnen immer wieder AR-Warnungen geschickt und die ARO’s waren jedes mal röter und größer geworden.

Sich dem Bunker um den Rift zu nähern, hatte etwas davon, in das Auge eines Sturms zu treten. Eine unheimliche Erfahrung, zumal Snowcat spüren konnte, wie die Energien des Rifts unter der Oberfläche brodelten. 

Die Wachmänner vor der Tür des Bunkers waren verschwunden und nicht nur das, die Tür war sogar einen Spalt offen.

Es war 19.53 Uhr.

Harlequin trat ein Stück in die Tür, sah sich rechts und links um und streckte dann eine Hand in Richtung Snowcat aus. 

Hinter der Tür landete man in einem vier Meter breitem Gang, mit kahlen Betonwänden, der Rechst und Links abging.

Links folgte nach wenigen Metern eine Stahlgitter-Treppe nach oben, rechts knickte der Gang ab.

‚Main Surveillance‘ stand unter dem ARO nach Links zu lesen. 

Snowcat fühlte nach Bewegung, aber bis auf ein generelles unangenehmes Hintergrund-Prickeln spürte sie nichts. Außer ihnen schien niemand hier zu sein.

Harlequin zuckte mit den Schultern und wandte sich dann nach links die Treppe rauf, dabei hielt er weiter Snowcats Hand.

Snowcats Herz klopfte vor Aufregung schneller. Angst spürte sie nicht. Das hier war mehr eine angespannte Art von Neugier. 

Die Treppe endete an einer Stahltür, in die ein Sichtfenster eingelassen war, doch auch diese Tür war offen und mit einem Keil in der Position befestigt.

Ohne zu zögern betrat Harlequin den lang gestreckten, mit Geräten gespickten Überwachungsraum. 

‚Komm doch herein!‘, sagte die Spinne zu Fliege’ schoss es Snowcat kurz durch den Kopf. 

‹Dein großer Beschützer steht direkt hinter dir, Elfenmädchen. Halt dich einfach an ihn, wenn was passiert.›, kommentierte Katze.

Links durch die Oberfenster kam etwas Tageslicht herein. Auch hier war außer ihnen niemand. Zahlreiche Messgeräte summten und blinkten von sich hin. Da Snowcat jedoch nicht am System des Bunkers angemeldet war, konnte sie die Anzeigen via AR nicht ablesen. 

Nicht weiter wichtig, denn ihr Blick wurde magisch von der milchige Aussichts-Fensterfront rechts angezogen, die den Blick auf den Rift freigab. 

Eine schwebende, silbergraue, wabernde Substanz, in der interne Blitze umher zuckten. Ein astraler Blick brachte keine weiteren Erkenntnisse, denn die Fenster waren mit einem potenten Hüter umgeben, der den Blick trübte.

Harlequin zog Snowcat sanft weiter. 

Auch die Tür auf der anderen Seite des Raumes war offen und verkeilt. 

Dahinter öffnete sich eine Art Balkon, von mehreren Metern Durchmesser, auf dem man noch näher an den Spalt heran treten konnte. 

Snowcat warf einen Blick nach oben. Die Decke des Bunkers war überraschend weit entfernt.

Sie traten etwas weiter auf den Balkon hinaus, allerdings gingen sie auf die Bitte von Shark Finn dabei nicht auf die Fläche, die frei über dem Boden schwebte. Finn selbst stellte sich sogar so, dass er eine Wand im Rücken hatte. Safety First.

„Guck ruhig astral.“, forderte Harlequin Snowcat auf, als wenn er ihr Zögern gespürt hätte.

Snowcat verlagerte ihre Sicht. 

Es war, als stünde sie dicht vor einem riesigen, tosenden Wasserfall, nur dass das Wasser in viele Richtungen fließen konnte, statt nur von oben nach untern.

Dann näherte sich von hinten links eine magisch aktive Präsenz der Macht und Snowcat kehrte augenblicklich in die normale Sicht zurück und drehte sich um.

Eine schlanke, junge, menschliche Frau mit freundlichen Gesichtszügen trat von nun rechts auf die Aussichtsplattform. Sie trug eine ockerfarbene Tunika und eine sandbraune Hose im aktuellen Schnitt, die das warme Braun ihres langen, leicht lockigen Haar betonte. Optisch höchst sympathisch, strahlte die Frau dennoch eine unglaubliche Macht aus. „Wie, heute kein schnippisches Wort? Keine sarkastische Bemerkung zur Begrüßung aus deinem Mund?“, fragte sie in Richtung Harlequin.

Harlequin verzog das Gesicht zu einem eigentümlichen Grinsen, dabei zuckte er mit den Schultern, „Hallo Hestaby.“, grüßte er nur.

Das erklärte zumindest die Orange-Goldenen Augen. Hestaby kam auf Snowcat zu, „Snowcat, schön dich wieder zu sehen. Du hast dich seit unserem letzten Treffen weiter entwickelt und du bist inzwischen sehr weit gekommen. Mach weiter damit.“ 

Schon nach wenigen Schritten die Hestaby auf Snowcat zugegangen war, war ihr klar gewesen, dass sie diese Frau schon einmal gesehen hatte. Doc hatte sie Snowcat damals im Dark Light als Shastaty vorgestellt und von ihr hatten sie den Auftrag bekommen, wenn möglich Thursday zu finden (siehe Termin 23/10 Intermezzo). Hestaby, Mount Shasta, Shastaty, jetzt fiel es Snowcat natürlich wie die Schuppen vom Drakeschwanz, dennoch hätte Liam, der Schuft ja ruhig mal was sagen können. 

Snowcat fing sich schnell. Sie verneigte sich leicht, „Vielen Dank, das werde ich. Die Entwicklung ging für ich in eine ebenso überraschende Richtung, wie eben das Erkennen um Eure Identität.“

Hestaby lachte freundlich, „Bis du mit ihm hier?“ Sie deutete mit dem Kopf in Richtung Harlequin.

„Ja. Oder er mit mir!“, antwortete Snowcat.

Hestaby grinste leicht, „Gute Antwort.“

Harlequin erklärte, „Wir sind der selben Einladung gefolgt wie du. Ich finde es hier gefährlich.“

Innerlich hob Snowcat überrascht eine Augenbraue. Harlequin empfand es hier gefährlich? Das hatte sie ihm gar nicht angemerkt.

Eine wohl temperierte, männliche Stimme riss Snowcat aus ihren Gedanken. Sie erschrak sogar.

„Als wenn dein Urteil etwas wert wäre.“, sagte Ehran mit einer Spur von Ärger in der Stimme.

Ihren Mentor hier zu treffen, löste eine Welle von Gefühlen in Snowcat aus.

Frosty war bei ihm und sie lief sofort auf Snowcat zu, um sie herzlich zu umarmen. Das entspannte. 

Ehran ergänzte, „Ich bin von deiner Einschätzung…“, Ehran warf einen Seitenblick auf Snowcat,  „… weder überrascht, noch beeindruckt.“

Na wunderbar, Ehran hielt es für falsch, dass Harlequin Snowcat mitgebracht hatte.

Harlequin hob gelassen die Hände, „Verurteile nicht mich. Die Einladung hierher ging an Snowcat.“

Snowcat hatte sich inzwischen Ehran zugewandt, „Meister, schön Euch hier zu sehen.“

Ehran quittiere die Worte mit einem warmen Lächeln. 

Weitere Schritte waren zu hören. Die nächste Gruppe gab sich nicht sonderlich viel Mühe leise zu sein und zudem waren es ein Dutzend Metamenschen, die jetzt den Balkon betraten.

Der halbe Kern der Gruppe war Snowcat zumindest bekannt, denn das waren Lugh Surehand und Tintagel an seiner Seite. Das Kästchen, welches Tintagel unter den Arm geklemmt hatte, hatte Snowcat erst vor wenigen Stunden geöffnet, um hinein zu sehen. 

Snowcat zwinkerte Tintagel zu. Eine Geste die eventuell an Wirkung verlor, da Harlequin ihm auch zu zwinkerte. 

Auf der anderen Seite neben Surehand lief ein weiterer Elf. Sein hellbraunes Haar war mit einem silbrigen Glanz überzogen. Er war über 1.90 groß, sehr schlank und er hatte klare, grau-blaue Augen, deren stechender Blick von einer gewissen Grausamkeit zeugte. An der anderen Seite des Unbekannten stand wiederum eine Elfe, die rein von der Körpersprache, im selben Verhältnis zu dem Elf stand, wie Tintagel zu Surehand.

Ehran beugte sich zu Snowcat und erläuterte leise, „Das ist Jonathan Reed, ehemaliger Protegé von Surehand und jetzt seine Nemesis.“

Surehand nickte Snowcat unter der Andeutung eines Lächelns zu, womit er ihr mehr Anerkennung zeugte, als jedem anderen hier. Sie neigte ihrerseits huldvoll und lächelnd ihr Haupt.

Von Shantayas Kompass unter Tintagels Arm ging eine Art magisches Vibrieren aus, das Snowcat spüren konnte, obwohl der Rift nebenan solches Brimborium veranstaltete. Irgendwie schien der Kompass angeschaltet zu sein.

Der Rest der großen Gruppe bestand aus insgesamt acht Runnern oder Bodyguards oder wie auch immer man sie betiteln wollte. Zwei aus der Gruppe stachen heraus. 

Zu einem, ein ziemlich hässlicher Troll im Post-Apokalyptischen-Outfit, der einen arg mitgenommen Teddybären als Kettenanhänger trug und der ein unglaublich freundliches Lächeln besaß. Der Troll, nicht der Teddy. Dem Teddy hingen sowohl Zunge als auch linkes Auge aus dem Plüsch-Kopf. 

Zum anderen stach ein Mensch heraus, der eigentlich durch und durch unauffällig gewesen wäre, hatte er nicht die Phaistos Disk in den Händen gehalten. 

Snowcat grinste in sich hinein, Judge Ellis hatte wohl noch einen Grund zum Ärgern bekommen und Warden Henry würde wohl noch eine Weile länger Warden bleiben. 

Der Rift hatte die Anwesenheit der Artefakte inzwischen auch bemerkt. Für mundäne Augen unsichtbar, reagierte er im Astralraum darauf und richtete sich spürbar darauf aus.

Herrischen Schrittes betrat eine hochgewachsene Frau, offensichtlich persischer Herkunft, mit langem, dunklem Haar, gekleidet in ein weites, langes, besticktes Gewand, die Platform. Sie hatte nur ein knappes Nicken für Hestaby und ignorierte einer Königin gleich, alle anderen. „Sterbliche sollten nicht hier sein!“, stellte Aden im kalten Ton fest.

Der Rift reagierte auf das Kästchen, das Aden in den Händen hielt und dessen Sichtung Surehand hatte lächeln lassen. 

Diesmal war die Reaktion für alle erkennbar. Hellblaue Blitze schossen aus dem Rift hervor und verlöschten mit einem Zischen ohne irgendwo eingeschlagen zu sein.

Wie auf ein unsichtbares Zeichen hin waren Harlequin und Ehran näher gerückt und hatten Snowcat und Frosty dichter zusammen geschoben. 

Zudem konnte Snowcat Shark Finn wie einen ruhigen Fels hinter sich spüren.

Surehands Stimme stand der von Aden an Kälte und Abscheu in nichts nach, als er erwiderte, „Auch ihr solltet nicht hier sein. Lofwyr und die Menschen scharren dort draußen bereits ihre Armeen zusammen, um uns die Artefakte aus den Händen zu reißen. Wenn er wüsste, dass Ihr hier seid, würde er die Stadt von oben vernichten lassen, nur um Euch zu töten.“

Hestaby hob beschwichtigend die Hand. „Das ist ein Irrtum, denn Lofwyr weiß es besser.“

Aden hatte sich während dieser Worte ein wenig auf ihre Gruppe zu bewegt. 

Snowcat verneigte sich, um das gebührend zu würdigen.

Snowcat konnte kaum glauben, was dann geschah. Aden flüsterte ihr zu, „Ihr solltet Eure Kunstfertigkeit weiter fördern, Eure Arbeit hat mich erfreut.“

Snowcat legte die Hände aufeinander und verbeugte sich nochmals leicht, wie es im arabischen Raum üblich war und erwiderte kaum hörbar, „Danke. Ihr seid zu großzugig.“

Die Stimmung auf der Platform war zweifelsohne immer noch angespannt.

Aina trat von links herein und sagte, „Bitte, alle sollten doch ein Mindestmaß an Decorum halten.“

Ob nun alle durch das griechischen Wort für schickliches Verhalten entzückt waren, oder ob es an an der Autorität lag, die die zarte Person ausstrahlte, die giftigen Blicke nahmen ab und man verkniff sich die nächste Bemerkung. 

Begleitet wurde Aina von einem sehr düster aussehenden Menschen mit Bart, der den Sextanten der Welten dabei hatte. 

Harlequin starrte den Menschen an. Er murmelte, nur halb an Snowcat gewandt, „Ich kenn den irgendwo her. Wenn ich bloss wüsste woher!“ 

Aina blieb kurz bei Snowcat stehen, „Schön, dass du es einrichten konntest.“ Sie lächelte Snowcat freundlich zu. 

Snowcat lächele dankbar zurück. Trotz der brodelnden Gefahr, hätte sie diese Zusammenkunft um nichts in der Welt versäumen wollen. Natürlich fragte sie sich, was Aina hier geplant hatte, denn sie schien ja zumindest ein Großteil der Einladungen ausgesprochen zu haben. 

Harlequin berührte Snowcat sanft am Oberschenkel und raunte ihr zu, „Ha, jetzt weiß ich es wieder. Ich habe mit ihm Seite an Seite gekämpft. Und zwar vor den Toren Wiens. Genau!“

Ehran sah zu Surehand hinüber und schüttelte dezent den Kopf, „Nun wo er mit allen eine Rechnung offen hat, ist er sehr ungeduldig geworden. Als Hoher Prinz besaß er viel mehr Geduld.“, sinnierte er

[Song 9: Hans Zimmer - Inception/Time ] Er knallte.

Snowcat unterdrückte den Impuls sich zu ducken.

Der Rift sandte weitere Blitze aus und tobte umher, wie ein bockendes Pferd. Splitter wurden aus den Beton-Bunkern gefetzt. 

Das Gebäude bebte gewaltig.

Snowcat zwang sich ruhig die Haltung zu bewahren und dabei noch möglichst edel auszusehen. Ihre Instinkte waren gut genug, um erst im letzten Moment beiseite springen zu können.

Die Körpersprache der Elfe hinter Reed hatte Snowcat nicht getäuscht. Sie war bereit jederzeit einzugreifen.

In die acht Runner, die Reed und Surehand mitgebracht hatten, kam zumindest etwas Bewegung. Einige hatten gezuckt oder sich weg geduckt.

Plötzlich erklang ein ohrenbetäubendes Ratschen. 

Snowcat sah noch oben. Licht brach durch die Decke und dann stürzte das Dach ein.

Snowcat hielt den Atem an.

Große, kleine und sehr große Betonklötze fielen rasend schnell zu Boden. Irgendwie hoben alle die Hände. Doch während einige sie nur über den Köpfen zusammen schlugen, streckten andere, unter ihnen auch Harlequin und Ehran, ihre Arme aus und die Stücke zerbröselten zu feinem Staub.

Dort, wo zuvor noch das Dach gewesen war, schwebte nun ein gewaltiger Schatten. 

Die knochenfarbige Gestalt des großen Drachen Ghostwalker flog ein Stück herab und hooverte über der Gruppe aus Metamenschen und Drachen in ihrer metamenschlicher Gestalt. 

Harlequin raunte Snowcat zu. „Wetten, er hat alle ausgetrickst! Er will die Artefakte! - Er hat das gesamte manipulierende Pack ausgetrickst, wie es sonst nur noch sein Clutchmate konnte.“

Merkwürdiger Weise stabilisierte der Rift sich nun. 

Snowcat konnte die Piri Reis Karte in einer von Ghostwalkers Klauen erkennen.

Der helle Drache nickte Aina zu und auf ihr Zeichen hob der bärtige Mann den Sextanten der Welten und dieser schwebte hoch in die linke fordere Klaue des Drachen, genau dorthin wo sich bereits die Piri Reis Karte befand.

Reed gab dem Runner hinter sich ein Zeichen und der Phaistos Diskus folgte dem Sextanten nach oben. Er landete in seiner rechten Klaue, wohin auch Shantayas Kompass schwebte, den Surehand ohne zu zögern frei gegeben hatte. Zum Schluss ließ Aden das geschlossene Kästchen los. 

Der Rift gab ein dumpfes, gurgelndes Geräusch von sich und dann begann er zu wachsen.

Harlequin und Ehran stellten sich schützend von Snowcat und Frosty und die beiden Frauen wurden dabei sanft, aber bestimmt weiter nach hinten geschoben. 

Snowcat konnte die Schuhspitzen von Shark Finn an den Absätzen ihrer High Heels spüren.

Der Rift streckte sich weiter aus. Er erreichte Ghostwalker und bildete einen Tunnel um ihn herum.

Alle sahen nach oben. 

Snowcat blickte sich mehr aus den Augenwinkeln um und erschrak heftig. War das da etwa Furcht in Ainas und Hestabys Augen? 

Snowcat Herz schlug rasend. Ihre Kehle schnürte sich zu und sie konnte es nicht unterdrücken.

Katze fauchte auf und zog sich rennend zurück. Snowcat hatte Katze noch nie rennen sehen.

Energien aus dem Rift umwickelten Ghostwalker. 

Sie sponnen ihn regelrecht ein.

Ghostwalker entstofflichte.

Dann zog sich das komplette Gebilde aus Rift, Artefakten und Ghostwalker zusammen, bis es zu einem kleinen Lichtpunkt verschmolzen war.

Die Zeit stand still.

Vielleicht wäre Snowcat jetzt auch geflohen, wenn sie sich noch hätte bewegen können. 

Doch das konnte sie nicht. Sie stand starr und bewegungslos da und konnte sich nicht einmal minimal bewegen. Irgendetwas hielt sie fest.

Ihr ging es nicht als einzige so. Niemand bewegte sich. Nicht einmal Aden oder Hestaby. 

Snowcat konnte sich so wenig bewegen, dass sie sich nicht umsehen konnte, aber sie wusste instinktiv, dass niemand sich bewegen konnte.

Harlequin schaffte es irgendwie dennoch, Snowcats Hand zu nehmen. 

Plötzlich breitete sich ein gewaltiger Blast puren Manas über ihnen aus.

In diesem Moment konnte Snowcat sich und alle anderen auf der Platform spüren. Sie wusste wo sie waren und wer sie waren. Sie waren einzeln und doch waren sie verbunden. Vielleicht waren sie sogar eins.

Aina wirkte Magie und ließ ein Geflecht von goldenen Schutz-Fäden über ihnen entstehen.

Snowcat hörte, nein sie spürte, wie Harlequin sagte, ‹Konzentrier dich, sammle deinen Willen um dich zu schützen, wie du es gelernt hast.›

Snowcat fokussierte sich auf sich selbst und fand tatsächlich in ihrem Inneren Kraft und Stärke, die sie wie ein Schild vor sich zog.

Snowcat hörte und spürte wie Harlequin zu ihr dachte, ‹Mistkerl! Er hat nicht mal gesagt was passiert, wenn er die Tür schließt. Das Gleichgewicht muss bewahrt werden. Die Energie der Nukelarwaffe, die Dunkelzahn genutzt hat, um den Rift zu öffnen, müssen irgendwo hin. ›

Die Umgebung, sie selbst und alles wurde plötzlich heller, so als drehe man die Belichtung an einem Bild höher und höher.

Da war Aina, die bündelte und beschützte. 

Das Licht wurde heller.


Heller!


Noch heller!


Gleißend!


Überstrahlend!


Und dann … 


… die Dunkelheit.


War das das Ende?


……..



Oder ein Anfang?

*reckundstrekgenüsslich* Hoffe Ihr habt Spass; *knutschi*