Termin 25/12 Intermezzo

Hier sind wieder ein paar Extra-Geschichten, die von den Spielern zwischen den Spielterminen geschrieben wurden. Viel Spaß beim Lesen.

Von Sunrise:

3/28/72, irgendwann in der Nacht und irgendwann am Morgen, Hotel Peninsula, Hong Kong.

Auf dem Weg zu meinem Zimmer schwirrten mir unzählige Gedanken durch den Kopf. Zu Gumshoe entwickelt sich langsam eine Art Freundschaft. Ich muss aufpassen! So was macht einen angreifbar. Doch was bringt einen ein Leben ohne Ziel. Meine Rache liegt noch in so weiter Ferne, doch was wenn ich das Verlangen nach Vergeltung endlich stillen konnte. Was dann? Ich schüttelte die Gedanken bei Seite. Im Hotelzimmer angekommen, plünderte ich die Bar und suchte nach ordentlichen Wodka. Zwei Flaschen waren noch von meiner letzten Bestellung vorrätig. Nachdem ich mich in den bequemen Sessel gesetzt hatte, stellte ich eine der beiden Flaschen neben mich auf einen kleinen Tisch und nahm aus der anderen einen kräftigen Schluck. Mein Blick starrte ins Leere. Wie an so vielen Abenden zuvor schon leerte ich die erste Flasche im nu, in der Hoffnung das mich meine Alpträume nicht wieder in der Nacht quälen würden. Die Hoffnung, dass der Umzug nach Seattle den Schmerz etwas lindern könnte war leider vergebens. Auch in Seattle suchten mich die Träume heim. Und nun der Besuch in Hong Kong machte die ganze Sache nicht einfacher. So nah ... zu nah. Die zweite Flasche wurde geöffnet. Langsam trübten sich die Sinne. Doch die Gedanken verblieben in meinem Kopf. War es klug die Leute in Gefahr zu bringen die dir einen Neuanfang ermöglichen konnten. Die Kugel liegen zu lassen war nicht grade ungefährlich, aber die beste Möglichkeit den Wolf aus seinem Bau zu locken. Es musste einfach getan werden. Ich setzte die Flasche erneut an, doch kam kein einziger Tropfen mehr an meinen Gaumen. Verwirrt blickte ich auf die Flasche und musste feststellen, dass auch diese bereits geleert war. "Warum ist immer der Wodka alle?" Ich stand auf um erneut die Bar nach einer weiteren Flasche zu durchsuchen. Der Kopf drehte sich, als ich aufstand. Mit einem leichten torkeln riss ich die leere Flasche vom Tisch und schwankte erheblich. "Oh ... deswegen". Ich grinste leicht. "Das sollte für heute genügen" murmelte ich lallend vor mich hin. Mit schwankenden Schrittes ließ ich mich in das große Bett fallen und schlief im selben Moment ein.

Doch auch diese Nacht, trotz des Alkohols ließen mich meine Träume nicht in Ruhe. Ich sah wieder meine Mutter am Tisch sitzen. Die Dunkelheit ließ nur ihre Silhouette erahnen, als ich durch das Küchenfenster schaute. Ich hörte meinen Vater durchs Haus hetzen. "NJET NJET ... NJET" schrie er ständig. Der brennende Van, die Schreie ... Ich schreckte Schweiß gebadet im Bett hoch.

Mein Kopf brummte, allerdings nicht vom Wodka. "Diese Träume werden mich noch irgendwann verrückt machen." Ich setzte mich langsam im Bett auf und wollte mein Gesicht in meine Hände legen, doch diese spürten nicht mein Gesicht sondern etwas spitzes metallisches. Ich hielt kurz inne, als die Finger langsam das "Ding" ertasteten. Ein stechender Schmerz breitete sich an meiner Stirn aus, als ich es versuchte zu bewegen. "Was zur ..." Ich stand auf und ging ins Bad und starrte in den Spiegel als ich eine meiner "Köderpatronen" an meiner Stirn sah. An der Spitze zu allem Überfluss noch ein Tag der mich als „Mertvo idiota!“ bezeichnete. Ich schloss kurz die Augen. Kein Idiot, nur verzweifelt. Nach kurzem schweifenden Blick im Badezimmer suchte ich nach einer Möglichkeit mich von meinem Dilemma zu befreien. Ich zog leicht an der Patrone, doch die Haut dehnte sich mit dabei. Sie klebte bombenfest. Auch die Versuche mit meinen Messer vorsichtig zwischen Patrone und Haut zu gelangen gab ich nach dem ersten kleinen Schnitt schnell wieder auf. Kaltes Wasser über die Stirn laufen lassen blieb ebenso erfolglos. "дерьмо!!!"

Mir fiel nichts mehr ein um mich aus dieser misslichen Lage zu befreien. Mir war klar, dass es einer aus dem Team getan haben musste, doch über das wer, konnte ich nur spekulieren. Allerdings war ich mir ziemlich sicher, dass Gumshoe es nicht gewesen sein konnte. Die Genugtuung werde ich dem "Täter" nicht gönnen, mich als Vollhorst da stehen zu lassen. Ich bat Gumshoe mit einer kleinen Comlink-Nachricht auf mein Zimmer und schloss mich ins Bad ein. *KNOCK KNOCK KNOCK*

"Komm rein ist offen" rief ich hinter der verschlossenen Badezimmertür hindurch. "Was denn los Sunrise, wo bist du denn?" und er schaute sich dabei im Zimmer um. 

"Ich glaube ich .... habe etwas zu tief ins Glas geschaut und ... naja dabei ist mir ein kleines Missgeschick passiert". Gumshoe meinte daraufhin "Aha und deswegen versteckst du dich?". 

"Naja .. es ist mir schon ziemlich peinlich, vor allem weil ich mich nicht mehr erinnern kann wie es dazu gekommen ist" sagte ich mit etwas nervöser Stimme. "Weißt du wie man Kleber von der Haut lösen kann, ohne dass dabei mehr Haut als Kleber verloren geht?" Gumshoe sichtlich verwirrt "Ähm .. man sollte den Kleber möglichst vereisen, damit er porös wird. Aber ohne Haut hmmm schwer.". 

"Mach die Tür zu, ich komm raus, aber KEIN leises Wörtchen an einen von den anderen. Ist das klar?".

Gumshoe schloss die Tür des Hotelzimmers "Na nu mach keinen Staatsakt daraus." 

Ich öffnete die Tür und sagte leise "Komm rein, aber wehe du lachst". 

Gumshoe betrat das Bad "Na feststecken tust du ja nicht in irgendetwas also was ist ...." er hielt inne als ich mich umdrehte. "Ach du ... wie ist das denn passiert". 

Als Antwort gab ich nur ein Schulterzucken. "Bekommst du das Teil ab? Aber lass den Kopf bitte dabei dran!" 

Gumshoe schlich um mich herum und betrachte mit einem leichten Grinsen auf den Lippen, die Patrone aus allen Blickwinkeln. "Verzwickte Lage" und Gumshoe drehte vorsichtig an der Patrone. 

"Auu ... man das hab ich schon versucht, das Teil sitzt fest wie 5 Tage alte Borschtsch im Topf". 

"Hast du schon versucht den Kopf unter kaltes Wasser ... ". 

Ich nickte nur heftig, so dass Gumshoe ein Stück zurückweichen musste um nicht die Patrone abzubekommen. "Es muss doch irgendwas geben was diesen Scheißkleber lösen kann!?". 

Gumshoe schien in diesem Moment kurz abwesend zu sein. "In der Tat gibt es da etwas, aber ich glaube nicht das es hier so leicht zu bekommen wäre. Vielleicht sollten wir einfach zu nem Doc." 

"Du glaubst doch nicht das ich so auf die Straße gehe?" 

"Naja du kannst dir ja eine Mütze drüber ziehen." 

"Und dann auch noch wiehern wenn mich die Leute angaffen und Ihnen das Einhorn machen? Keine Chance!" 

Gumshoe grübelte sichtlich betroffen. "Ich hab eine Idee" und rief über Comlink den Zimmerservice "Wir haben hier einen kleinen Unfall mit Kleber, könnten sie bitte jemanden hochschicken?" Meine Augen wurden zu engen aggressiven Streifen zusammengekniffen, aber ich hielt mich erst einmal zurück. 

"Vertrau mir einfach" zwinkerte er mir zu.

*KNOCK KNOCK*

Gumshoe ging zu Tür um Einlass zu gewähren, während ich vorsichtig mit dem Kopf gegen den Spiegel schlagen wollte, doch in 20 cm Abstand musste ich inne halten, da ein leise *KLING KLING* die Bewegung stoppte. Ein Techniker, kleiner Asiat Mitte 30, in einem grauen Overall unterhielt sich kurz mit Gumshoe "Na wo haben wir den Kleber denn verschüttet?" 

Gumshoe deutete aufs Bad. "Na wenn hier etwas zu Bruch gegangen ist, hätten sie mich doch einfach nur rufen müssen und nicht selber versuchen zu ..." Er stoppte mitten im Satz als er mich sah. Es vergingen ein paar Sekunden bis er aus seiner Starre erwachte. "Ich verstehe, aber wie ..." 

"Die Party war gestern anscheinend etwas ... wilder gewesen als erwartet" Anscheinend gab er sich mit der Antwort zufrieden. 

"Und wenn er Mist baut können wir ihn immer noch ausknipsen" sagte Gumshoe übers Com. 

"Solang alles da bleibt wo es vorher war, wird das nicht nötig sein. Über das FALLS NICHT denke ich lieber noch nicht nach." gab ich per Com zurück. 

Der Techniker schaute sich die Lage genau an und öffnete seinen kleinen Metallkoffer und holte eine kleine Paste hervor. "Würden sie sich bitte etwas für mich senken? Ansonsten .." 

"DA" gab ich als Einverständnis und kniete mich nieder. "Aber seien sie bitte vorsichtig der Kopf sollte schon noch dran bleiben" gab ich ihm als kleine Warnung mit auf dem Weg. 

Er verteilte etwas von der Paste um die Patrone herum "Jetzt etwas einwirken lassen". Nach ein paar Minuten des stillen Wartens "Würden sie bitte die Patrone etwas ziehen, damit ich noch mehr in die freigeworden Stellen verteilen kann". Ich zog etwas an der Patrone und hatte das Gefühl, das sie sich, wenn auch nur wenig, etwas gelöst hatte. Diese Prozedur wurde noch zig mal wiederholt, bis letztendlich nach gut einer Stunde die Patrone sich von der Stirn löste. Zurück blieb lediglich eine schleimige Stirn mit einen großen runden Fleck der durch die Reizung des Lösens entstanden war. Ich atmete daraufhin einmal kurz durch. 

"Na siehst du, war doch ne Klasse Idee oder?", meinte Gumshoe der es sich im Sessel bequem gemacht hatte. 

"Danke Mitbewohner, Du hast was gut bei mir. Aber bitte kein Wort zu..." 

"Ja ist schon klar. Was in Hong Kong passiert bleibt in Hong Kong" grinste er. 

Der Techniker wollte grade das Bad verlassen als ich ihm auch meinen Dank ausrichtete. "Vielen Dank das sie mir so gut geholfen haben ..." ich überwies auf sein Comlink 1000 Nuyen "... aber das bleibt unter uns!" 

Er schaute mich mit großen Augen an "Vielen Dank Mister, und falls sie wieder einmal ... wilde Parties in Hong Kong planen, stehe ich ihnen gerne wieder zur Verfügung" und verbeugte sich tief und verließ die Suite. 

"Auch wenn es das ganze verursacht hat, darauf muss ich erstmal einen trinken" sagte ich erleichtert zu Gumshoe. Dieser stimmte gleich mit ein und holte zwei Gläser hervor. "Nastarovje mein Freund". Freund, diese Worte sind schon lange nicht mehr von meinen Lippen gekommen. Daraufhin suchte ich noch eine meiner Wollmützen zog sie tief über die Stirn und wir gingen zum Frühstück um uns mit den Rest des Teams zu treffen. Ich schob alle Gedanken beiseite als ich durch die Tür zum Konferenzraum schritt.


von Snowcat:

3/29/72; Irgendwann in der Nacht, irgendwo in Karavan

Snowcat raste hinweg über den Canyon, es ruckelte und wackelte und es war laut, so laut. Eine gewaltige Faust schlug nach dem Lobo, sie wollte ein Loch in ihn schlagen, Platz schaffen, nach Shantayas Anhänger greifen, ihn Snowcat entreißen, aber sie waren schneller. Average war schneller. Sie hatte den Anhänger noch, doch er hatte seine Bestimmung verloren, denn ohne seine Kette war er nur noch ein einfaches Schmuckstück.

Sie flog dahin über fantastische Landschaften, bunt und fremdartig, manchmal gezähmt und manchmal wild, doch von hier oben war alles im Einklang. Sie flog und schwebte zugleich. Sie war mit unbändigem Stolz erfüllt, sie war stolz auf sich und ihre Gefährten. Sie waren Helden und dennoch waren sie nur ein paar unter vielen. Jeder Anblick unter ihr erfüllte sie mit Freude, sie quoll über davon. Alles war schön, alles war es wert, entdeckt zu werden. Wege zu finden, die niemand zuvor gefunden hatte und sie auch zu gehen. Sie suchte Wege, Orte und Wissen um deren Willen und nicht, weil sie genau diesen Weg brauchte, genau dieses Wissen suchte. Wissen um des Wissens Willen, Geheimnisse, der Geheimnisse wegen. Es gab kein unwichtiges Wissen, keine uninteressanten Geheimnisse. Neues zu entdecken, Unbekanntes zu ergründen und die Wege und Orte aufzuzeichnen, damit andere sie neu gehen konnten, um noch mehr zu sehen, war die wunderbare Möglichkeit, Nichts zum Vergessen zu verurteilen. Sie war so stolz, doch niemals würde sie überheblich sein.

Das Zeithalter der Helden verging und andere Zeitalter kamen, doch seine Bestimmung blieb. Orte und Wege wurden gefunden und versanken im Fluss der Zeit und Neue stiegen daraus empor. Es sah Kriege und Königreiche, und er als schlief, wollte er gefunden werden, denn er wollte Wege finden, selbst wenn sie mit Blut getränkt waren.

Sie sah einen weiteren Krieg, jeder Krieg war ein Stück wie der vorher, doch jeder war auch völlig anderes. Krieg ließ die Metamenschen vergessen, dass es mehr gab, als zu überleben. Aber es gab so viel mehr. 

Die Kälte kroch ihr die Knochen hoch, das Mädchen kuschelte sich tiefer in die Decke, doch es brachte nicht viel. Sie fror und sie wollte zurück in die Welt ihres behaglichen Traums. Dort war es so warm gewesen. „Nein, Elfenmädchen, Du musst aufwachen, aufstehen, sonst erfrierst Du.“ 

„Geh weg Katze, wenn ich aufwache, dann ist da wieder der Hunger.“ 

Katze fauchte: „Das ist egal, Elfenmädchen. Wer hungert lebt noch. Du kannst den Hunger einfach ignorieren, aber das Leben darfst Du nicht ignorieren, wach auf.“

Sie erwachte, ihre Finger waren steif, Feuchtigkeit war in die Nische gekrochen, irgendwo kam Regen durch. Sie zog die große Wollmütze tiefer in ihr Gesicht, schob jeder Locke ihres weißen Haare darunter und mit jeder dieser Gesten schob sie den Hunger weiter weg. Sie stieß den Atem aus, er bildete kleine Wölkchen, denen sie fasziniert hinterher sah. Sie probierte verspielt, ob sie andere Formen pusten konnte, doch das klappte leider gar nicht, nicht mal, wenn sie es bei einem Kopfstand versuchte. Sie griff nach ihrer Decke, die war nass und kalt. Es war hier wirklich zu kalt. Sie hüpfte ein paar Mal auf und ab, legte die Decke ordentlich zusammen, befestigte sich oben an ihrer Tasche und machte sich dann daran ihre kalte Schlafstätte zu verlassen. 

Sie holte tief Luft. Ja, es war kalt, aber es war auch sicher und ruhig. Gleich um die Ecke würde es nicht mehr sicher sein. „Nun komm schon, Elfenmädchen, beeil Dich, sonst frierst Du noch fest.“

„Ja, ich komme schon, Katze!“, beherzt kroch sie durch das Loch hinaus. Von links erklang das charakteristische Fauchen und Fiepen von Teufelsratten beim Fressen, ihr Magen knurrte kurz. Möglichst leise schlich sie davon. Ein Gruppe von Teufelsratten konnte einem Metamenschen ihrer Größe leicht gefährlich werden. Von Rechts hallten Schüsse, doch sie waren viel zu weit weg. Leise, fast lautlos bewegte sie sich durch die Kanalisation und Katakomben unter der Stadt. 

Nach 10 Minuten des Laufens war ihr deutlich wärmer, ihr Atem bildete jetzt eher einen Strahl, als kleine Wolken. Hinter der nächsten Ecke lockte gelber Schein. Katze sprang neben sie: „Los geh dahin! Da ist sicher ein Feuer, Elfenmädchen.“

Sie zögerte: „Und wenn das Körperfresser sind, Katze? Die gibt es hier in der Gegend. Ich weiß die essen das Fleisch von Toten, aber das könnten sie schnell ändern, das ich lebe, meine ich.“

Katze schnaufte, „Nutz deine Sinne, Elfenmädchen, die riechen nicht so und wenn du zuhörst, kannst du junge Metamenschen sprechen hören, das sind sicher Namenlose. Und nun schleich hin und sieh nach.“

Sie schluckte und dann hüpfte sie beschwingt über ein wenig Matsch hinweg, um die Turnschuhe nicht völlig zu ruinieren. Sie huschte zu nächsten Ecke und da waren tatsächlich andere Kinder und Jugendliche, die sich dicht in einer Höhle um eine Feuertonne scharrten. Einer legte gerade Brennmaterial nach. Sie waren alle deutlich älter als sie selbst, aber das war nicht weiter schlimm. 

Vorsichtig trat sie um die Ecke und sofort drehten sich viele zu ihr um, bereit zum Sprung. Sie entspannten sich, als sie sahen, wer da gekommen war.

„Hey, komm ruhig her.“, sagte ein nettes Menschen-Mädchen im dem hier typischen Stadtsprech.

Die Wärme war wirklich verlockend. Sie machte die ersten Schritte doch ein Trolljunge, rief: „Halt du musst bezahlen, wie wir alle. Was zu essen oder was zum verbrennen, was aba nich qualmen darf. Haste was?“ 

Sie blieb stehen und schüttelte den Kopf. 

Ein Ork, der bestimmt fast doppelt so alt war, wie sie selbst, sie schätze ihn auf 12 oder 13, als Ork war er also fast schon ein Mann, blickte den Troll an: „Benutz deine große Birne. Die hat nichts, aber sie nimmt uns auch nichts weg, so klein und dürr wie die ist. Außerdem hab ich vorhin schon mal gesagt, wir weisen keinen Namenlosen ab.“ Dann sah der Ork sie an und meinte: „Komm, setzt dich zu uns.“

Das Menschen-Mädchen winkte sie sogar heran: „Komm ich wärm Dich ein bisschen. Ist Deine Decke nass?“ 

Sie nickte zur Bestätigung. 

„Dann hängen wir sie an der Leine übers Feuer, damit sie trocknen kann.“ Das Mädchen half ihr dabei.

Sie zählte die Kinder. Sie zählte vier mal, es waren 17 oder 18, sie war sich nicht ganz sicher. 

„Sind Deine Schuhe auch nass, Kleine?“, fragte das Mädchen. Sie zuckte mit den Schultern.

Der Ork blickte zu ihnen rüber, „Schieb Deine Füsse an die Tonne, aber nicht zu dicht. Sonst geht die Schuhsohle kaputt.“ Dann griff der Ork in seine Tasche und holte drei Paar bunte Wollsocken daraus hervor. „Hier, die kannste haben. Mir sind die viel zu klein.“

„Ich hab nichts zum tauschen.“, sagte sie leise. 

„Hab ich gesagt, dass ich tauschen will? Ich hab gesagt, die sind so klein, die passen Dir und sonst keinem hier. Und zum Verbrennen taugen die auch nicht.“

Sie lächelte: „Danke!“

Der Ork grunzte nur, aber es klang irgendwie freundlich.

Sie saßen eine Weile zusammen. Die ,Großen‘ tauschten Geschichten aus, berichteten sich, wo man Essen bekommen konnte und wo es gefährlich war. Einige aßen etwas, aber niemand hatte genug zum Teilen.

Sie war fast in den Armen des Mädchens eingeschlafen, als Katze zischte: „Horch, Elfenmädchen!“ 

Sie zuckte hoch und augenblicklich verstummten alle Gespräche. Alle Namenlosen lauschten angespannt. Es waren Schritte zu hören. Jeder griff nach seinen Sachen auf der Leine über dem Feuer und hielt sie fest. 

Ein Namenloser spähte um die Ecken. Er flüsterte: „Sind ein Haufen betrunkener Penner.“

„So viele wie wir?“, fragte der Ork leise.

„Weiß nich, eher weniger. Aber es sind paar richtig Große dabei.“ 

„Dann hau‘n war besser ab.“ Niemand widersprach, nur der Troll zuckte kurz. Alle rafften ihr Zeug zusammen und stoben davon. Nach dem Gesetzt der Strasse gewann immer der Stärkere.

Das Mädchen fasste nach ihrer Hand, „Komm mit mir, ich kenn da vielleicht `nen Platz für Dich.“

Sie rannten ein paar Minuten gemeinsam. Dann hielt das Mädchen an. „Fass mal die Wand an. Die ist warm. Dahinter liegt die große Wäscherei. Kenn‘ste die?“ Sie nickte. „Da oben, da ist ne Nische. Da ist es eigentlich ziemlich warm. Ich bin inzwischen zu groß dafür, aber für Dich klitzekleinen Elfen müsste es noch bequem sein. Ich helfe Dir noch hoch.“ Das Mädchen machte eine Räuberleiter und schob sie zur Nische. 

„Man sieht sich. Vielleicht!“, war der klassische Abschiedsgruß unter den namenlosen Kindern dieser Stadt.

Es war wirklich gemütlich hier und wärmer. Die Decke war auch trocken und die Socken waren nicht nur wunderbar bunt, sondern auch schön dick. Sie zog sie über. Der Hunger war vergessen...

Dennoch fror sie irgendwie immer noch. Warum nur?

***

Blackstone sah sich im Lager der Runner um, Snowcat war offenbar kalt. Er stand auf, sein Blick fiel auf Twinbow, der dicht bei Riven lag, einen Arm um sie gelegt hatte und teilweise mit unter ihrer Decke lag. Eine Decke würde den beiden völlig reichen. Blackstone zog Twinbow kurzer Hand die Decke weg. Twinbow murrte im Schlaf, kuschelte sich aber wie erwartet dichter an Riven. Blackstone trat an Snowcat und deckte sie sanft mit nun zwei Decken zu.

***

Bunte, prächtige Farben flossen unter ihr hinweg. Eine Landschaft war schöner als die andere und irgendwo am Horizont wartete ein neues Abenteuer auf sie. Ein neues, unentdecktes Etwas. Sie war so stolz.

Sie sah eine bunte Wüste, flog über Ayers Rock hinweg, schwebte über Hong Kong, Gesichter, Städte, Landschaften, da war noch so viel zu entdecken. Sie hatte gerade erst damit begonnen.

Ja, da Leben hatte so unendlich viel zu bieten. Man musste einfach nur lange genug überleben. 

Snowcat hatte vor, so viel wie möglich davon mitzunehmen und jeden Augenblick davon zu genießen. 

*reckundstrekgenüsslich* Hoffe Ihr habt Spass; *knutschi*